Post on 05-Feb-2021
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Laborübungen aus Physikalischer Chemie Karl-Franzens-Universität Graz
Karl-Franzens Universität Graz
Kalorimetrie
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Thermodynamik: Kalorimetrie Ziel des Experimentes In diesem Experiment wird die Verbrennungsenenergie verschiedener organischer Substanzen in einem anisotropen Bombenkalorimeter (IKA C4000) bestimmt.
• Zunächst wird das IKA C4000 dazu mit Benzoesäure kalibriert; • damit wird dann die molare und spezifische Verbrennungsenthalpie einer
bekannten Substanz (Saccharose) bestimmt und die Ergebnisse mit Literaturwerten verglichen;
• anschliessend wird die spezifische Verbrennungsenthalpie einer unbekannten organischen Kohlenstoffverbindung bestimmt.
• In einem Laborbuch sind die technischen Informationen zur Durchführung des Experimentes sowie die Messdaten zu dokumentieren.
• Im Arbeitsbericht sind Hintergrund des Experimentes, Messdaten und erzielte Ergebnisse numerisch und graphisch darzustellen und zu besprechen.
• Alle Ergebnisse sind mit Genauigkeiten darzustellen und dazu die Vorgangsweise, wie diese Genauigkeiten berechnet wurden, zu beschreiben.
Literatur • Peter W. Atkins, Julio De Paula, Physikalische Chemie; Wiley-VCH Verlag GmbH & Co.
KGaA; 5. Auflage; Weinheim, Germany, 2013 Hintergrund Formal wird im Konzept der Thermodynamik zwischen abgeschlossene oder isolierte Systemen (weder Stoff noch Energieaustausch mit der Umgebung), geschlossenen Systemen (Energieaustausch; Wärme, Arbeit) und offenen Systemen (sowohl Stoff- als auch Energieaustausch mit der Umgebung) unterschieden. Für geschlossene und offene Systeme wird schliesslich unterschieden, wie der Austausch stattfindet:
• Systeme, die Stoffe und Arbeit, aber keine Wärme austauschen, werden als adiabatische (wärmedichte) Systeme bezeichnet;
• arbeitsdichte oder rigide Systeme tauschen keine (ausser Schubarbeit in stationären Fließprozessen) Arbeit mit der Umgebung aus;
• diatherme Systeme tauschen nur Wärme mit der Systemumgebung aus.
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Das Konzept der Thermodynamik ermöglicht mit seinen Hauptsätzen und daraus abgeleiteten Zustandsgleichungen sowie der Einbeziehung von Gleichgewichtsbedingungen Aussagen darüber, welche chemischen Reaktionen oder Phasenübergänge spontan ablaufen, welche nicht und wie gross dabei beteiligte Zustandsgrössen sind. Konkret können frei werdende Wärmeenergie und Änderungen von Druck, Temperatur oder Volumen für technische Systeme (chemische Prozesse, Wärmekraftmaschinen) berechnet werden.
Wenn ein System seinen Zustand von einer Ausgangssituation (A) in einen Endzustand (B)
verändert, kann dies nach Gl.1, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine reine T-Änderung,
einen Phasenübergang oder eine chemische Reaktion handelt, mit dem ersten Hauptsatz der
Thermodynamik und dabei mit der Zustandsgrösse Innere Energie (U) und den Prozessgrössen
Wärme (Q) und Arbeit (W) beschrieben werden
dU Q Wδ δ= + Gl. 1
Zustandsgleichungen beschreiben den funktionalen Zusammenhang zwischen Zustandsgrößen
eines thermodynamischen Systems, mit einer der Zustandsgrößen als Zustandsfunktion und den
anderen, von ihr abhängigen Zustandsgrößen, als Zustandsvariablen. Die Gesamtheit aller
Zustandsgleichungen eines Systems beschreibt das thermodynamische Potenzial dieses Systems.
Temperaturänderungen bei chemischen Reaktionen sind mit dem Energieunterschied zwischen
Ausgangs- und Endzustand dieser Reaktion verknüpft. Aus der Messung solcher
Temperaturänderungen sind einige Kenndaten dieser Reaktionen unmittelbar zugänglich –
beispielsweise, ob die Reaktion endotherm oder exotherm ist, oder, wie groß die umgesetzte
Wärmemenge ist - andere können daraus berechnet werden. Dazu wird beispielsweise nach Gl.2a
die Enthalpie (H) als Zustandsgrösse, zusammengesetzt aus den Beiträgen Innere Energie (U),
Druck (p) und Volumen (V) des Systems formuliert.
H U + pV≡ Gl. 2a
Mit der Annahme, dass sich die bei einer Reaktion gebildeten Gase (in erster Näherung) ideal
verhalten, wird daraus der Zusammenhang nach Gl.2b.
H U + n RT≡ Gl. 2b
In realen Prozessen erfolgt der Wärmeumsatz einer chemischen Reaktion üblicherweise bei
konstantem Druck (isobar), Untersuchungen des Energieinhaltes werden aber zumeist bei
konstantem Volumen (isochor) durchgeführt. Dazu wird die chemische Reaktion (z.B. Oxidation) in
einem geschlossenen und stabilen Behälter (kalorimetrische Bombe) und, um die quantitative
Umsetzung sicherzustellen, im Überschuss des Reagens (O2) durchgeführt. Dabei wird aufgrund
des stabilen Reaktionsgefässes keine Volumsarbeit geleistet und die in das umgebende
Wasserbad abgeleitete Reaktionswärme (QV) ist nach Gl.3 über die isochore Wärmekapazität (CV)
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und der Temperaturänderung des umgebenden Wasserbades (∆T ) mit der Änderung der Inneren
Energie der Reaktion ( V∆U ) verknüpft.
V V v∆U = Q = C ∆T Gl. 3
Die Wärmekapazität des Systems (Ccal) ist der Proportionalitätsfaktor, mit dem die (übertragene)
Wärmemenge aufgrund einer chemischen Reaktion in einem Reaktionsgefäss mit der daraus
resultierenden Temperaturänderung des umgebenden Systems (Wasserbad) errechnet werden
kann.
caldQ = C dT Gl. 4
Dabei gilt für isochore Prozesse nach Gl.5a:
[ ]cal VU
C = C = J/KT V
∂ ∂
Gl. 5a
Für isobare Prozesse (dp=0) gilt nach Gl.5b, dass Arbeit nur als Volumenarbeit δW= –p dV
auftreten kann und eine allenfalls ausgetauschte Wärmemenge der Änderung der Enthalpie
(dHp=δQ) entspricht.
[ ]cal p HC = C = J/KT p∂ ∂
Gl. 5b
Die Wärmekapazität (Ccal), eine extensive Grösse, wird, um Vergleichbarkeit herzustellen,
üblicherweise in eine intensive Grösse, entweder die spezifische Wärmekapazität (Ccal / Masse →
[J K-1 g-1]) oder die molare Wärmekapazität (Ccal / mol → [J K-1 mol-1]), umgewandelt.
Bestimmung der Verbrennungsenergie mit einem anisothermen Kalorimeter
Für die Bestimmung der Verbrennungsenergie chemischer Verbindungen wird oft eine Anordnung
wie Abb.1a und 1b. skizziert, gewählt, bei der sich ein Reaktionsgefäss mit konstantem Volumen in
ständigem Wärmeaustausch mit einem umgebenden Wasserbad befindet. Nach vorhergehender
Kalibrierung des Systems (Bestimmung der Wärmekapazität) kann aus der Temperaturänderung
dieses Wasserbades im Zuge des Verlaufes einer (Verbrennungs)Reaktion im Reaktionsgefäss
auf den Energieinhalt der Umsetzung und der dabei involvierten Edukte und Produkte geschlossen
werden.
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Kalorimeter IKA C4000
1 Netzschalter
2 Zündtaste
3 - LED gelb: Zündung läuft / erfolgt
4 - LED rot: Störung / Fehler
5 - LED grün : Messung aktiv / beendet
6 Probennummer
7 Bombennummer
8 Messzellennummer
9 Leitfähigkeit des Elektrolyten
10 relative Temperaturanzeige
11 T-Sensor 1 (Mess-Sensor)
12 T-Sensor 2
13 T-Sensor 3
14 Zündkontakte
15 Innenkesselrührer
16 Einfüllöffnung für den Elektrolyt
17 Aussenmantel
18 Frontplattenverschluss
Abb.1a Kalorimeter IKA C4000
Kalorimetrische Bombe
1 Sechskantmutter
2 Sprengring
3 O-Ring
4 Flachdichtung
5 Dichtungsring
6 Klemmnippel
7 Gummifeder
8 O-Ring
9 Lagerbuchse
10 Unterteil-Aufschluss/Reaktionsgefäss
11 Deckel - Aufschluss/Reaktionsgefäss
12 Überwurfmutter
13 Auslassventil
14 Druckring
15 Elektrode
16 Schalenträger
Abb.1b Kalorimetrische Bombe: Reaktionsgefäss für das Kalorimeter IKA C4000
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Für die Berechnung der Energieinhalte der Reaktion ist die Temperaturänderung (∆T ) im
umgebenden Wasserbad des Kalorimeters folgendermassen festzustellen:
• der Drift der Vorlaufphase wird linear (in Richtung Reaktionsphase) extrapoliert • der Drift der Nachlaufphase wird linear (in Richtung Reaktionsphase) extrapoliert • bei ca. 60% der Gesamt-T-Änderung wird ∆T und die Temperatur (Td) für die Berechnung
der Enthalpiewerte aus dem Abstand der beiden Extrapolationen ausgelesen.
Vorlaufphase:
Permanenter Wärmeaustausch
des Reaktionsgefässes mit dem
Wasserbad bewirkt einen
geringfügigen, in Zeiträumen von
Minuten in erster Näherung
linearen Temerpaturdrift im
Wasserbad
Reaktionsphase:
Temerperaturänderung im
Wasserbad aufgrund von
Wärmetransfer aus dem
Reaktionsgefäss
Nachlaufphase:
T-Stabilisierung + Nachlauf-T-
Drift, ähnlich wie in der
Vorlaufphase
Abb.2 Temperaturverlauf des umgebenden Wasserbades aufgrund der übertragenen
Reaktionswärme einer chemischen Reaktion in einer anisothermen kalorimetrischen Bombe
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Aufgaben 1. Kalibrieren des Kalorimeters Für die korrekte Umrechnung festgestellter ∆T -Werte zu Verbrennungsenergie bzw. Verbrennungsenthalpiewerten untersuchter Substanzen muss nach Gl.7 der Beitrag der Wärmekapazität der Experimentalanordnung in der kalorimetrischen Bombe (Ccal) mit der Verbrennungsenthalpie eines Standardmaterials, z.B. Benzoesäure (Hst [J/g]), Masse des Standards (mSt [g]) und Verbrennungsenthalpie des Zündfadens (ewire [J]) berücksichtigt werden.
st st wirecal
H m + eC =
∆T
Gl. 7
Die Ermittlung der Wärmekapazität des verwendeten Kalorimeters Ccal wird mit einer Substanz bekannter Verbrennungsenergie durchgeführt:
Benzoesäure: ∆U = –3226 kJ mol-1 bzw. -2.657 kJ g-1 molare Masse / Molekulargewicht: 122.1 g/mol
Verbrennungsenergie des Zündfadens (ewire): spez.Verbrennungsenergie . Masse …. J g-1
zu dokumentieren bzw. festzustellen:
• stöchiometrische Reaktionsgleichung der vollständigen Oxidation von Benzoesäure
Cx Hy Oz (s) + n O2 (g) x CO2 (g) + y/2 H2O (g) + Energie
• Wärmekapazität ( calC ± StD) des Systems: Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5 Bestimmungen
2. Bestimmung der Verbrennungsenthalpie einer bekannten Verbindung: Saccharose Zu dokumentieren bzw. festzustellen:
• Reaktionsgleichung der vollständigen Oxidation von Saccharose (Molmasse: 342 g/mol) • Spezifische & molare Verbrennungsenenthalpie (Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5
Bestimmungen)
dH = U n R T∆ ∆ + ∆ Gl.8
• Vergleich mit Literaturwert: molare & spezifische Verbrennungsenthalpie (-5640 kJ/mol bzw. -34.8 kJ/g) von Saccharose
3. Bestimmung der Verbrennungsenthalpie einer unbekannten organischen Verbindung Zu dokumentieren bzw. festzustellen:
• Spezifische Verbrennungsenthalpie (Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5 Bestimmungen)
4. Laborbuch: Dokumentation der technischen Aspekte des Experimentes + Messdaten 5. Arbeitsbericht
Laborbuch.xls + Arbeitsbericht.doc an: anton.huber@uni-graz.at