7. Wachstum von Aggregaten - dlr.de · (Matsushita et al. 1984) Selbstähnliche Struktur ähnlich...

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7. Wachstum von AggregatenBegriffe:AggregationBildung von Teilchenverbunden (Clustern)AgglomerationBildung von fest gebundenen Aggregaten (die nicht wieder zerfallen)

Beispiele für das Wachstum von Aggregaten:-Elektrodeposition-Bildung von Aerosolen (z.B. Ruß, Pigmente)-Kolloide-biologische Wachstumsprozesse-Wachstum von Gesteinschlüssen-Verdrängung von Flüssigkeiten-elektrische Durchschläge

Eigenschaften der Aggregate bedingt durch:-Wachstumskinetik (Diffusionskontrolle, Reaktionskontrolle)-Wachstumsmechanismen-Zerfallswahrscheinlichkeit der Partikel (Bindungsstärke)

Modelle zur Beschreibung von Aggregation

Partikel - Aggregation Eden-Modell Diffusionslimitierte Aggregation(DLA) (Witten-Sander Modell)

Cluster - Aggregation Chemische Clusterung Clusterung von Clustern

Reaktionslimitierte DiffusionskontrollierteAggregation Aggregation

*Kombination der reinen Modelle möglich!*Bei allen genannten Modellen ist die Anlagerung irreversibel (starke Bindungen)

Das Eden Modell

Beschreibung von:- biologische Wachstumsprozesse (z.B. Ausbreitung von Schimmel)

Methode:*Das erste Teilchen des Aggregats wird im Koordinatenursprung eines gegebenen (z.B. quadratischen oder kubischen Gitters) platziert und stellt den Keim des Aggregats dar.

*In den folgenden Schritten werden weitere Partikel an zufällig ausgewählten Plätzen, die an das im vorausgehenden Schritt gebildete Aggregat angrenzen, platziert.

*Eden Cluster besitzen eine unregelmäßige Oberfläche*Zunächst vorhandene Hohlräume im Innern des Clusters werden im Laufe der Zeit aufgefüllt ⇒ innen kompakt*Keine Skalenvarianz (nur selbstaffine Struktur)!

Eden Cluster

Diffusions-Limitierte Aggregation (DLA)(Whitten und Sander, 1981)

Beschreibung von

- Elektrodeposition- Verdrängen von Flüssigkeiten- elektrische Durchbrüche (Blitze)- Wachstum von Bakteriekollonien

Elektrischer Durchbruch in zwei-dimensionalerGeometrie(Lichtenbergfigur)

Gitterversion des DLA Modells

Methode:

*Das erste Teilchen des Aggregats wird im Koordinatenursprung eines gegebenen (z.B. quadratisches oder kubischen Gitters) platiert und stellt den Keim des Aggregats dar.

* Weitere Teilchen werden an zufälligen Orten, die auf einem Kreis bzw. auf einer Kugelfläsche mit Radius rl um den Ursprung liegen, freigesetzt

* Die freigesetzten Teilchen führen anschließend stochastische Sprünge (random walks) auf den Gitterplätzen aus (Diffusion durch das Gitter)

* Wenn diese Partikel während der Diffusion auf an das Aggregat an- grenzende Gitterplätze gelangen, bleiben sie an dem Aggregat haften

* Die Anlagerung ist irreversibel (starke Bindungen)

* Falls die diffundierenden Partikel sich zu weit vom Ursprung entfernen (d > r2 > r1) werden sie eliminiert, um Rechenzeit zu sparen.

* Es werden solange neue Teilchen freigesetzt, bis das Aggregat die gewünschte Größe erreicht hat.

DLA-Cluster sind selbstähnlich!

Dichtekorrelationsfubktion C(r) eineszweidimensionalen DLA-Clusters aufeinem quadratischen Gitter als Funktiondes Abstands r vom Keim

C ( r ) = < (r‘) (r‘ + r) > ~r df - d

Fraktale Dimension des DLA-ClustersD = 2: df = 1.66

Zweidimensionaler DLACluster auf einemQuadratischen Gitter

Variation der Gitterversion des DLA-Modells:1.) DLA-Modell kombiniert mit reaktionskontrollierter Anlagerung

Teilchen bleiben mit einer Anlagerungswahrscheinlichkeit W < 100% am Aggregat haften.

W = 10% W = 1%W = 5%

Bei unterschiedlichen Anlagerungswahrscheinlichkeiten W gewachsene DLA-Cluster

Cluster werden kompakter bei sinkender Anlagerungswahrscheinlichkeiten W

Teilchen können tiefer ins Zentrum des Clusters diffundieren, bevor sie endgültigeingefangen werden.

Fraktale Dimension: d = 2: df > 2 für W > 0

2.) Andere Randbedingungen/GeometrieBeispiel: Teilchen diffundieren von einer Seite einer Platte zu Aggregaten, die auf dergegenüberliegenden, absorbierenden Plattenseite wachsen.Simulation des Wachstums von Metalloxideinschlüssen in Kalkstein (Video: Max Kolb)Verdrängen von Flüssigkeiten in porösen Medien durch Gase oder niederviskosere Flüssigkeiten(Saffmann-Taylor Instabilität der Grenzfläche)Gasdruck Gradient der Teilchenkonzentration außerhalb des absorbierenden ClustersDLA: Zufallsbewegung der TeilchenPoröse Medien: Zufallsanordnung der Poren

a.) Verdrängung von Öl durch Luft in einem zweidimensionalen porösen Medium

b.) hydrodynamische Simulation

c.) DLA Simulation

Kontinuumsversion des DLA-Modells

• Partikel besitzen den Radius a• Bei jedem Schritt des Random Walks werden Sprungrichtung und Sprungweite (≤ a) zufällig gewählt.• Ein diffundierendes Teilchen bleibt am Aggregat haften, falls sein Zentrum Abstand kleiner als a zum Aggregat besitzt.

Fraktale Dimension:

Numerische Bestimmung (Meakin et al.) d = 2: df = 1.715±0.003 d = 3: df = 2.5 ± 0.1

Molekularfeldansatz (Muthukumar, 1983): df = (d2 + 1)/(d + 1) ==> d = 2: df = 5/3 ≈ 1.67 d = 3: df = 2.5

Elektrodeposition

ExperimentelleAnordnung:

Durch Elektrodeposition hergestelltes Zink-“Blatt“(Matsushita et al. 1984)

Selbstähnliche Struktur ähnlich der von numerisch erzeugten DLA-Clustern

Dichte-Korrelationsfunktion des Zink-Blatts

Fraktale Dimension: df = 2 - 0.37 = 1.63

Ballistisches Wachstum

Modellannahme des DLA-Modells: Partikel führen Random walks aus,d.h. sie diffundieren frei im Medium

Elektrisches Feld in der elektrolytischen Zelle==> Vorzugsrichtung der Ionenbewegung entlang der elektrischen Feldlinien

Niedrige Spannung über der elektrolytischen Zelle==> Voraussetzungen des DLA-Modells näherungsweise erfüllt==> Gute Beschreibung der Struktur der elektrolytisch abgeschiedenen Metallblätter durch DLA-ModelleHohe Spannung über der elektrolytischen Zelle==> Ballistisches Wachstum

Bei hoher Spannung elektrolytisch niedergeschlagene Struktur

Clusterung von Clustern

Beschreibung von z. B. Aerosolen (z.B. Russbildung) und Kolloiden

Methode:• Ausgangssituation: auf einem Gitter diffundieren Einzelteilchen• wenn zwei Partikel sich berühren, bilden sie Cluster aus zwei Teilchen, die ebenfalls diffundieren• Falls ein Cluster einen anderen Cluster oder ein Einzelteilchen trifft, wird aus beiden ein größeres Aggregat gebildet.• Die Masse bleibt während der Aggregation konstant

Beispiel: Bildung von Metall-Aerosolen• Metalle werden unter einer Gasatmosphäre verdampft.• Zunächst ballistische Wanderung der verdampften Metallpartikel ( ≈ 35 Å) von der Quelle weg• In einiger Entfernung (ca. 1cm) von der Quelle: - Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts - Diffusion der Metallpartikel in der Gasatmosphäre - Agglomeration der Teilchen bei zufälliger Annäherung

Parameter der Simulation:• Konzentration der Teilchen• Diffusionsgeschwindigkeit (kann abhängig von der Clustergröße gewählt werden)

Verschiedene Stadiender Clusterung von Clustern

Fraktale Dimension von Aggregaten, Die durch Clustererung von Clustern entstehen. (M. Kolb, R. Jullien, 1984)d = 2: df = 1.42 ± 0.03d = 3: df = 1.78 ± 0.05d = 4: df = 2.04 ± 0.08d = 5: df = 2.30 ± 0.20d = 6: df = 2.60 ± 0.30

Varianten des Modells:• Verzicht auf Irreversibilität der Agglomeration, Bindungen lösen sich mit einer Wahrscheinlichkeit p, so dass die Cluster in Fragmente zerfallen (schwach gebundene Aggregate) ==> dynamisches Gleichgewicht

Agglomeration von Goldkolloiden• Goldteilchen befinden sich in einer geeigneten Lösung• Agglomeration der Goldpartikel durch van der Waals-Wechselwirkungen

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Goldkolloiden(Weitz et al., 1985)

Struktur ähnlich der von Modellen der Clusterung von Clustern

Fraktale Dimension:df = 1.75 (in d = 3)

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Agglomerats vonMetallpartikeln sowie Analyse der Fraktalen Dimension(Forrest und Witten, 1979)

Fraktale Dimension: df = 1.65 - 1.70 (in d = 3)

Chemisches Clustern• Reaktionsbegrenztes Wachstum: Aggregate bleiben mit einer Anlagerungswahrscheinlichkeit p < 100% an anderen Aggregaten, mit denen sie kollidieren, haften.• Sonst ähnlich zum Modell der Cluster Aggregation

diffusionskontrolliert chemischMit unterschiedlicher Kinetik durch Cluster Aggregation gewachsene Cluster;Chemische Clusterung liefert kompaktere Aggregate als diffusionskontrolliertgewachsene Cluster.Fraktale Dimension (M. Kolb, R. Jullien, 1984)d = 2: df = 1.55 ± 0.06; d = 3: df = 2.00 ± 0.06; d = 4: df = 2.32 ± 0.06

Zufallswege (Random Walk)

Weg eines Betrunkenen durch die Straßen von New York• d-dimensionales quadratisches Gitter (d = 2 im Falle der Straßen von New York)• das Teilchen (der Betrunkene) wird im Koordinatenursprung (der Bar) frei- gesetzt (rausgeschmissen)• das Teilchen (der Betrunkene) wandert ziellos in willkürliche Richtungen auf dem Gitter (den Straßen) zum nächsten Gitterpunkt (Straßenkreuzung)• Am Gitterpunkt (Kreuzung) angelangt, wandert das Teilchen (der Betrunkene) wiederum in einer willkürlich gewählten Richtung zum nächsten Gitterpunkt (Kreuzung)• der letzte Schritt wird beliebig oft wiederholt

Zufallsweg auf einem quadratischen Gitter

Varianten des Zufallslaufs:

a) Kontinuumsmodel: Sprungweite und -richtung werden willkürlich gewählt (kein Gitter)

b) Willkürliche Wahl der Zeit zwischen zwei Schritten (aus Laufzeit folgt nicht mehr die genaue Zahl der Schritte).

Brownsche MolekularbewegungRobert Brown (1773-1858)• Beobachtung von stochastischen Bewegungen von Pollenkörnern in Wasser• Kleinere (leichtere) Körner bewegen sich schneller als größere (schwerere) Körner

Weitere Beispiele für Brownsche Bewegung:• Staub/Rauchpartikel in Luft• Tusche in Wasser

Einstein (1905):Deutung der Brownschen Bewegung im Rahmen der molekularkinetischenTheorie der Wärme;Stochastische Bewegung der Partikel resultiert aus Stößen mit denMolekühlen des umgebenden Mediums

Schematische Darstellung der Brownschen Molekularbewegung

Random Walks ist ein geeignetes Modell zur Beschreibung derBrownschen Molekularbewegung!

Aufenthaltswahrscheinlichkeit des IrrläufersZeitliche Entwicklung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei r:

∂∂tP(r) = P(r + εi ,t) ⋅w(r + εi > r) − P(r,t) ⋅w(r > r + εi[ ]

i=1

Z

∑P(r): Wahrscheinlichkeit den Irrläufer am Ort r zu findenW(ab): Wahrscheinlichkeit eines Sprungs vom Ort a zum Ort bZ: Zahl der verschiedenen möglichen Sprungvektoren εi: mögliche Sprungvektoren

w(r + εi > r) = w(r > r + εi ) =ωZ

ω: Sprungfrequenz

Taylorentwicklung von P(r,t):

P(r + ε,t) ≈ P(r,t) + ε ⋅∆P +12(ε ⋅∆)2 P + ......

∂∂tP(r,t) = ω

Zεi ⋅∆P +

12(εi ⋅∆)

2P⎡⎣⎢

⎤⎦⎥i=1

Z

Sprungwahrscheinlichkeiten:

∂∂tP(r,t) = ω

Z(εi

i=1

Z

∑ ⋅∆)2 PInversionssymmetrie:In ε lineare Terme verschwinden:

Annahme: Bewegung auf othogonalem Gitter mit Gitterkonstante a im d-dimensionalen Raum

∂∂tP(r,t) = ωa2

2d∆P

Zufallswege genügen einer Diffusionsgleichung (Laplacegleichung)!

Diffusionskonstante: D =ωa2

2d∆P

Random Walks: Geeignet zur Modellierung von Prozessen, die einerLaplacegleichung genügen, z.B.• Diffusionsprozesse• Verdrängen von Flüssigkeiten• Elektrische DurchbrücheDLR-Anwendung von Random Walks u.a. in Modellen!