Alles wandelt sich

Post on 02-May-2022

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In Brecht'scher Mission: Andrea Held aus Glienicke sang Lieder des großen Dramatikers. Mehr als 50Zuhörer folgten dem in der Bibliothek des Ortes. FOTO: KARL PFITZMANN

Alles wandelt sichAndrea Held singt und rezitiert Lieder und Gedichte von Bertolt Brecht

ROTRAUD WIELAND

GLIENICKE • Am Ende derVeranstaltung drückte Schau-spielerin Andrea Held denmehr als 50 Besuchern denText der „Moritat von MackieMesser" in die Hand. Undnoch einmal bediente PianistFrank Günther die Tasten sei-nes Instrumentes zum vielkeh-ligen Abgesang einer litera-risch-musikalischen Hom-mage an einen der größten Dra-matiker. Das hätte BertoltBrecht gefallen. Auch dieSchauspielerin Andrea Heldhätte ihm in diesem Augen-blick außerordentlich gefal-len. Nun, wo sie gezeichnetvon den Anstrengungen eineseineinhalbstündigen Non-stop-Programms alles Necki-sche und mit dem PublikumKokettierende abgelegt hatte

und ganz unprätentiös dasSchicksal der minderjährigenWitwe beklagte, „... deren Na-men jeder weiß / Wachte aufund war geschändet / Mackie,welches war dein Preis?"

Mit Mackie Messer undSongs aus der Dreigroschen-oper hatte dieser Freitagabendin der Gemeindebibliothek be-gonnen: Vor angedeutetemschwarzen Bühnenbild, andem als einziger Schmuck dastypisch Brecht'sche Brillenge-stell hing. Davor ein Stuhl mitdurchgesessener Sitzflächeund ein pinkfarbener Schal.Um in der Rolle der Seeräuber-Jenny, der Polly Peachumoder Nanna zu schlüpfen,warf sich Andrea Held nichtnur einen Ledermantel übersEtuikleid, sondern trug überhochhackigen Schnürstiefelet-ten schwarze Netzstrümpfe

als Zeichen weiblicher Ver-ruchtheit.

Die Schauspielerin singt be-kannte, aber auch weniger be-kannte, von Brecht geschrie-bene und von Kurt Weill,Hanns Eisler oder Paul Dessaukomponierte Songs. Dabeikommt ihr die feinfühlige Be-gleitweise ihres Pianisten sehrzugute, der oft bewusst leisebleibt, um dem gesungenenWort den Vorrang zu lassen.Manchmal erhält auch er ei-nen Gesangspart, etwa zusam-men mit dem aus dem Publi-kum nach vorne gebetenenSchauspieler Lutz Schneiderbeim „Kanonensong" oder beider „Ballade vom Förster undder schönen Gräfin".

Ohne dass, frei nach Brecht,romantisch geglotzt wird, bie-tet dieser Abend beste Unter-haltung, zum Teil mit Texten,

die nichts von ihrer mahnen-den Aktualität verloren ha-ben. Andrea Held huldigt demDichter auf ihre Weise undwird damit im Laufe desAbends immer besser. Gibt siesich zunächst ein wenig zu me-lodramatisch, so ist sie, wennsie vom „Lob des Lernens"singt, die „Bitten der Kinder"oder ihr Lieblingsgedicht „Al-les wandelt sich" interpretiert,sehr authentisch. Mit einigenvon Brechts zart-anrührendenLiebesversen, die ohne jedesPathos auskommen, beendetsie das Programm.

Nicht aber, ohne am Schlusseinen „Guten Ratschlag" vonFran<;ois Villon zu singen, ver-tont von ihrem anwesenden,ehemaligen Hochschuldozen-ten Christian Kozik, den sie in

T Wiedersehensfreude innigumarmt.