Humboldt-Universität zu Berlin FG Bodenkunde und Standortlehre 1

Bewirtschaftung von Moorstandorten – Folgen der Entwässerung und

Herausforderungen

2

(nach Bodenkundlicher Kartieranleitung Deutschland, 5.Ausgabe 2005)

• Torf:

sedentäres organisches Material mit ≥ 30 M.-% OBS

(Humus)

(Mudde: limnisches Sediment mit 5…30 M.-% OBS (organo-

mineralische M.) oder ≥ 30 M.-% (organische M.))

Wann ist ein Moor ein Moor?

WICHTIG FÜR:

• Anforderungen nach Natur- und Bodenschutzgesetzgebung

• CC-Anforderungen (z.B. Umbruchverbot Grünland)

• Einstufung besonders zu schützender Biotope

Moorböden: Böden aus ≥ 3 dm Torf

Wann ist ein Moor ein Moor?

3

Go Gr Gr

Ah Go-Aa H

Gley Anmoorgley 15…30 % OBS

Moorgley ≥ 30 % OBS

≤ 3 dm mächtig

Gr

H

Gr

(Nieder-) Moor ≥ 30 % OBS

≥ 3 dm mächtig

4

Radizellen-(Seggen-)torf mit Zersetzungsgrad 3-4 (Foto: Zeitz)

Wann ist ein Moor ein Moor?

Moorsubstrate (Auswahl; Fotos: aus Luthardt & Zeitz, 2014)

Torfmoostorf Braunmoostorf

Birkenbruchtorf Erlenbruchtorf

Häufige Moortypen in BB

6

Versumpfungsmoor:

geringmächtiger Torf

über Sand

Verlandungsmoor:

geringmächtiger Torf

über

mächtiger Mudde

(aus Zeitz & Möller, 2014)

Wo ist ein Moor ein Moor?

7

Lehstsee-Niederung bei Lychen; Foto: R. Mauersberger

Wo ist ein Moor ein Moor?

8

Welseniederung; Einsicht während des Baus der Opaltrasse (Foto: J. Zeitz)

Wo ist ein Moor ein Moor?

9

Möllersches Luch; elektrische Leitfähigkeiten von organ. und nicht organischen Substraten gewonnen mittels Geoelektrik (J. Walter, 2012)

Wo ist ein Moor ein Moor?

10

Wie viel Moor ist in einem Feldblock ?

NICHT-Moor

3 – 7 dm

7 – 12 dm

>> 12 dm

Mächtigkeit

11

Parameter Sandboden Moorboden naturnah

Porenvolumen (Vol.%) 40 85 – 95

Trockenrohdichte (g/cm 3) 1,50 0,1 – 0,3

org. Substanz (Humus) (Gew.-%)

1 > 30 - 95

darin N (Niedermoor) (kg/ ha *10 cm)

< 150 16.000

Eigenschaften naturnaher Moore

12

Was wird durch Entwässerung verursacht?

Grundwasser erfülltes Moor

13

Grundwasserabsenkung und Verlust des Auftriebes

Was wird durch Entwässerung verursacht?

14

Schrumpfung;

Was wird durch Entwässerung verursacht?

15

Bildung einer Stauschicht im Oberboden

Was wird durch Entwässerung verursacht?

16

Stauschicht im Oberboden verhindert Infiltration

Was wird durch Entwässerung verursacht?

17

Stauschicht im Oberboden verhindert kapillare Nachlieferung

Was wird durch Entwässerung verursacht?

18

Bei starker Austrocknung: hydrophober Oberboden

Was wird durch Entwässerung verursacht?

19

Was wird durch Landnutzung verursacht?

(nach Succow 1988; aus Steckbriefe BB; 2012)

20

Moorschwund von 0,8 m; 10 Jahre nach Komplexmelioration (Große Rosin am Kummerower See) (Foto: Succow 1978)

Was wird durch Landnutzung verursacht?

21

Durch Moorschwund freigelegter Findling auf Intensiv-Grünland im Randow-Welse-Bruch (Foto: Wallor, 2010)

Was wird durch Landnutzung verursacht?

22

Vermulmter Oberboden mit „Einzelkorn-Gefüge“; Gefahr der Winderosion

Durch Austrocknung entstandene Bröckel im Unterbodenhorizont

Durch Entwässerung verändertes Gefüge in Niedermooren (Fotos: Zeitz)

Was wird durch Landnutzung verursacht?

nHm (schwach) nHa nHa

ca. 6 dm

24

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Staunässe nach Starkregen und nach Fahrschäden (Fotos: P. Schulze)

25

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Foto: Maik Stegemann

26

Moormächtigkeit und Höhennivellement eines Transektes im Versumpfungsmoor Oberes Rhinluch (nach Zeitz, 2001)

SAND

TORF

Was wird durch Landnutzung verursacht?

27

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Überflutetes Grünland

Wehr A1; Fehrbellin ohne Überfall, 29. 5. 2012

Beispiel: WBV Rhin-/Havelluch

…UND KLIMAWANDEL

28

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Land- schaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

29

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

rGM:oj-ss(Hn,Sf) \ff-ss(Sf)

rGM:oj-ss(Hn,Sf) \fl-Fmt(Fmt)/ff-ss(Sf)

rGH:og-Ha(Hn) \fl-Fmt(Fmt) (Fell u.a. 2015)

MOOR-FOLGE-BÖDEN

30

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Bodentyp 1935-1986 Fläche (ha)

Fläche 2013 (ha)

Differenz (ha)

Saldo (%)

Anmoorgley 17.000 47.900 + 30.900 + 182

Moorgleye 29.000 49.050 + 20.050 + 69

Niedermoore < 7dm 73.000 44.950 - 28.050 - 38

Niedermoore < 10 dm 43.000 26.500 - 16.500 - 38

Niedermoore > 10 dm 110.000 91.700 - 18.300 - 17

Summe Niedermoore

226.000

163.150

- 62.850

- 28

Flächen der Niedermoore und assoziierter anmooriger Böden (MIL 2013; ELER

Projekt „Schaffung einer Datengrundlage für die Ableitung von AUM auf Moor-

Standorten in BB“; aus Fell u.a. 2015)

31

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Moorböden zum Erhebungszeitpunkt, „Buschgraben“ (dunkelgrün: > 100 cm

Torf; grün: 100-70 cm Torf; hellgrün: 70-30 cm Torf; blau: 30-10 cm;

Torf: rosa: < 10 cm Torf) (Fell et al., 2015)

32

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Aktuelle Situation, „Buschgraben“(dunkelgrün: > 100 cm Torf; grün: 100-70 cm

Torf; hellgrün: 70-30 cm Torf; blau: 30-10 cm; Torf: rosa: < 10 cm Torf)

(Fell et al., 2015)

33

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Veränderung der Landschaftsausstattung mit Mooren und assoziierten

hydromorphen Böden (aus Bauriegel, 2012)

1935-64 2013

34

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Bezogen auf GL: 0,32 0,50 0,76 1,09

n: 412 1104 386 698

Bezogen auf AL: 0,33 0,57 1,13 2,81 (aus Fell u.a. 2015)

n: 191 367 33 28

35

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

36

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Profile: LBGR; A. Bauriegel)

Standort; Bodentyp Tiefe (cm)

Horizont Humus (M.-%)

TRD (g/cm3)

Körzin; Erdniedermoor (tief) 3 nHv1 64 0,25

12 nHv2 78 0,21

Dobbrikow; Mulmniedermoor 10 nHm 69 0,37

(tief) 20 nHa 80 0,31

40 nHat 78 0,28

80 nHr 82 0,20

Trebbin; Relikt-Moorgley 15 nHm 53 0,48

25 nHa 52 0,45

Stücken; Moorgley („Abmoor“) 20 erAa 18 0,78

30 erFr°Go 11 0,33

Ergebnisse von 4 Böden in „Entwicklungsfolge“ ; LBGR 2016

37

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Profile: LBGR; A. Bauriegel) Moorfolgeböden; links: Stücken; rechts: Trebbin (Foto: Bauriegel, 11.10.2016)

38

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Wasserretentionskurven von zwei Torfen in Dummerstorf (FG Bodenkunde, unverö.) nHw:Hnr5 mittel zersetzter Seggentorf im GW-Schwankungsbereich nFK= 60 Vol.% nHm:Ha10 hoch zersetzter Torf in einem Vermulmungshorizont nFK= 33 Vol.%

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

0 1 2 3 4 5 6 7

Was

serg

eh

alt i

n v

ol.

%

Matrixpotential (pF)

nHm:Ha10

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

0 1 2 3 4 5 6 7

Wa

sse

rge

hal

t in

vo

l. %

Matrixpotential (pF)

nHw:Hnr5

39

[cm]

nHa

(Hnle

7-8)

nHm

(Ham)

• effektive Durchwurzelungstiefe: 20cm

• kapillare Aufstiegshöhe für den nHa- Horizont bei einer

Aufstiegsrate von 2 mm: 2,5 dm (nHr- Horizont analog 5,5 dm)

0

10

20

30

40

Was wird durch Landnutzung verursacht?

40

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Nach FLESSA et al. (2007)

41

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Einfluß differenzierter Grundwasserstände auf die Netto-CO2-Freisetzung aus

einem mittelmächtigen Torfsubstrat (Rhin-Havelluch) und einem sehr mächtigen

Torfsubstrat (Friedländer Große Wiese) in der Lysimeteranlage Paulinenaue

(Nutzungsform: Grasland, modifiziert nach Mundel 1976)

Moorschwund in

cm/a:

0,5 m Moormä.:

0,18 (30 cm GW)

0,24 (60 cm GW)

0,31 (90 cm GW)

1,5 m Moormä.:

0,41 (30 cm GW)

0,59 (60 cm GW)

0,70 (90 cm GW)

42

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Normniedermoor Belziger Landschaftswiesen

Relikt-Moorgley Randow Bruch

Nutzung mittlerer

Wasserstand

(m unter Flur)

summarische Klimawirkung

(t CO2-Äquivalente/ha/a)

Acker - 0,29 30,9 (21,3 – 40,7)

GL intensiv/mittel - 0,49 33,8 (14,2 – 50,0)

GL extensiv trocken - 0,70 22,5 (19,5 – 30,9)

GL extensiv nass - 0,11 10,3 (5,8 – 16,3)

(Drösler et al. 2013)

Moorschwund und durchschnittliche Kohlenstoff-verlustrate (Beispielfläche Randow-Welse-Bruch)

43

1913

1981

2003

durchschnittliche jährliche Verlustraten:

6,9 t Corg /ha/a (aus Kluge (2003)

Was wird durch Landnutzung verursacht?

Für die landwirtschaftliche Nutzung:

• verschlechtere Wasserbewegung – Infiltration UND kapillare

Wassernachlieferung

• Stauwasser ÜBER Grundwasser und Ausfaulen der Grasnarbe

• schlechtere Befahr- und Beweidbarkeit, insb. bei vermulmten

Oberböden

• geringere und instabile Grünlanderträge

• höhere Aufwendungen der Bestandesführung und

Wasserregulierung

44

Was bewirken diese Änderungen?

Für die Umwelt:

• Freisetzung klimarelevanter Gase

• starke Auteutrophierung

• Nährstoffbelastung angrenzender wassergeprägter

Ökosysteme

• keine „Pufferfunktion“ im Landschaftswasserhaushalt

• geringe Biodiversität

Kollision mit den nationalen und internationalen Vorgaben zum

Boden-, Wasser- und Naturschutz

45

Was bewirken diese Änderungen?

46

Was bewirken diese Änderungen?

Für Schutzmaßnahmen oder Renaturierung oder

Paludikultur (Erlen):

• schlechte/verzögerte Wasserbewegung bei Wiedervernässung

• Aufschwimmen der vermulmten Gefügeteile anstatt Quellung

• Nährstoffrücklösungen/Auteutrophierung

• veränderte pH- und Trophieverhältnisse

Diese veränderten Standortbedingungen

sind zu beachten!!!!

47 LGF – FG Bodenkunde und Standortlehre Jutta Zeitz, Holger Fell und Niko Roßkopf

Dank – an alle, die in den Moorboden schauen