Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front der ...

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Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –

der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Markus Holzweber

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Eine erste Annäherung: Themenstellungen der schriftlichen Maturaarbeiten im Gegenstand Deutsch (1914-1918)

• „Der Segen des Waldes“ oder „Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des Fremdenverkehrs“ (1914)

• „Der Weltkrieg zeigt Österreichs europäische Sendung“ (1915)• „Die Bedeutung des Volksliedes im Kriege“ (1916)• „Die Bedeutung des Kriegs für Landwirtschaft und

Naturverständnis“ (1917) • „Wie schön gebaut und fein gegliedert ist eine Menschenhand

und welch gewaltiger, ja grausamer Dinge ist sie fähig (A. Stifter)“ (1918)

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

• Ausgangsbasis

Eine Geschichte des Krieges muss jenen historischen Gegenstand im Auge behalten, auf den die Schlachten am nachhaltigsten wirkten: den Menschen, sowohl am Kriegsschauplatz als auch in der Heimat

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

• Quelle „Pfarrchronik“

- gibt subjektive Einzelmeinung wieder- Unterschiedlichkeit der Qualität der Berichte- Tendenz, unangenehme Nachrichten zu verschleiern- mit Tagebuchaufzeichnungen vergleichbar- Wert für alltagsgeschichtliche Forschungsprojekte- in Zusammenschau mit anderen Quellen

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Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

„In Karlstift, alles läuft aus den Häusern und steht ergriffen vor den Plakaten. Die Frauen jammern zum Herzerweichen. Binnen 24 Stunden müssen alle fort, Reservisten, Ersatzreservisten, Landwehr und Landsturmmänner.“

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

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• „Hungerchronik“ der Stadt Waidhofen an der Ybbs, von Thomas Mayr12 August: Nur Maismehl und Maisgries1. Oktober: Kein Brot, kein Mehl8. Oktober: Endlich wieder genug Brot und Mehl für die vergangene Woche, für die laufende nichts.4. November: Das letzte Brot. Auf wie lange? Auch keine Aussicht auf Brot8/9. November: 1/4 Kilogramm Brot für diese Woche17. November: Demonstration vor dem Rathaus

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Vergleichstabelle der Preise ausgewählter Lebensmittel

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

1914 1916 1919

1kg Mehl1 Laib Brot1kg Zucker1kg Kartoffel

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Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

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„Als Zeit kam, in der Schleichhandel und Hamsterei viel Geld in das Dorf brachten begann der sittliche Verfall rasch um sich zu greifen...“ (Pfarrchronik Jagenbach)

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• Lebensmittelknappheit im Zusammenhang mit der Suche nach „Sündenböcken“

- religiöse Randgruppen (Juden)- Auswärtige (Sommerfrischler)

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Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

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Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

• Gürtel aus Papier

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Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

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Anzahl der Lebendgeborenen in Niederösterreich

05000

10000

15000200002500030000

3500040000

1913 1914 1915 1916 1917 1918

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Geburten in der Pfarre St. Wolfgang

0

5

10

15

20

1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921

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Geburten in der Pfarre Ybbsitz

0

20

40

60

80

100

120

1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921

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Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes Gewaltpotential

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„Vor dem Krieg war der Klingelbeutel mit Silber-, Kupfer-oder Bronzemünzen gefüllt. Während des Krieges mischten sich unter die gewohnten Münzen fremde Münzen aus aller Herren Länder, die von urlaubenden Soldaten bzw. von Kriegsflüchtlingen in den jeweiligen Ort gebracht wurden. Silbermünzen verschwanden und anstelle der Bronze- kamen nun verstärkt Eisenmünzen auf, die auch Grund zur Klage des Pfarrers gaben, da sie oft verrostet waren. Nach der Kriegszeit verschwand Hartgeld gänzlich von der Bildfläche, zusätzlich kamen in den Klingelbeutel auch Postmarken oder Kassascheine aus allen möglichen Städten und Märkten (auch Landesscheine zu 10, 20, 50 Heller). Mit der steigernden Teuerung stieg die Menge des Papiergeldes auch im Klingelbeutel an.“

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

„Am Freitag, dem 2. März, kam ein Werkführer mit zwei Arbeitern um die Glocke vom Turme herab zu nehmen. Eine viertel Stunde lang wurden zum letzten mal die Glocken geläutet, wobei so manches Auge naß wurde. Die Glocken wurden losgeschraubt und einfach vom Turm herabgeworfen, ohne den geringsten Schaden zu verursachen kam die Glocke wohlbehalten am Erdboden an. Da blieb sie acht Tage liegen bis zum 9. März, an dem zwei Männer mit einem Wagen aus Raabs kamen, um die Glocke zum größten Leidwesen des Pfarrers und der ganzen Pfarrgemeinde fortzuführen. Am nächsten Sonntage richtete ich von der Kanzel folgende kurzen Worte an die Kirchenbesucher, wobei ich selbst sehr gerührt war und kein Auge trocken blieb.“

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Eheschließungen in Niederösterreich

0

2000

4000

6000

8000

10000

1913 1914 1915 1916 1917 1918

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Eheschließungen in der Pfarre St. Wolfgang

0

5

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1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920

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Eheschließungen in Gösting und Lassing

0

5

10

15

20

25

30

35

1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919

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Betrachtungsebenen

– Erfahrung mit der Einsamkeit, mit Verwundeten und mit dem Tod– Die wirtschaftlichen Veränderungen– Ein Konfliktpotential: „Hamsterer“– Solidarität in Kriegszeiten– Demographische Veränderungen– Auswirkungen auf die „Kirche“ im Dorf– Verrohung durch den Krieg – steigendes

Gewaltpotential

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

„Unheimlich nehmen die Diebstähle überhand. Brechen da in einen Bauernhof Russen ein und entwenden bei hellichtem Tage alles Geselchte. –ein andresmal stiehlt ein vom Hunger Geplagter mitten in der Stadt vom Wagen des Bäckers einen Laib Brot. – [...] In finsterer Nacht schleicht sich eine Diebsbande in ein Bauernhaus. Alle Hühner werden eine Beute der Diebe.“

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• Drohbriefe an den Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs (bzw. an seine Frau)

„Wir machen an Ihnen die höfliche Einladung, einmal in der früh ½ 6 nach Zell zu kommen vie sich die Waidhofner in Zell um das Brod raufen...“

„Ihren Man soll man am Zipfl an nagel und mit den verfaulten Erdäpfeln füttern u. bei Wasser und dem Kleienbrot verhungern lassen. Saugesindel ihr Stadtversorgungsschwindler, die Esswaren eher verderben lassen als den Leuten geben. Ihr Lumpen, Gauner, Diebe, an den Galgen mit Euch alle“

Der Erste Weltkrieg abseits der eigentlichen Front –der Widerhall in den Pfarrgemeinden

- vielfältige Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche des alltäglichen Lebens

- vom Krieg geprägte Heimat (sowohl in der Kriegs- als auch in der Nachkriegszeit)

- Zeitgleiche Auftreten von Gegensatzpaaren z.B. Humanität – Konfliktpotential, „Kriegsbegeisterung“ –„von Traurigkeit geprägte Abschiednahmen“