EICHNUNGEN Fleisch am Haken FN BEYER E G JAGER D … · 2018-01-30 · Von Roland Exner Das...

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Von Roland Exner

Das Bürohaus der Grabe Bau Berlin GmbHwar umgeben von einem asphaltierten

Platz, der wiederum von einem zweieinhalbMeter hohen Sicherheitszaun umgeben war.Grabes Büro lag auf der Ostseite, 7 oder 8 mentfernt stand eine einzelne prächtige Rotbu-che. Wenn im Sommer die Sonne in den Zenitstieg, warf sie ihren Schatten auf die Bürofen-ster. Aber es war Ende Januar, trübes Wetter,und jetzt, nach 16 Uhr, wurde es schon dunkel. Frajo Grabe, der Chef der Grabe Bau, schauteauf die Uhr. Es klopfte. »Kommen Sie nur herein«, rief er. Die beiden eintretenden Männer grüßten undblieben unentschlossen stehen, bis Grabe aufdie Sessel wies. Der Anwalt Karl Sloman war 64,nur noch drei Monate bis zum Ruhestand. Erwar der älteste Angestellte der Firma, seit Jahr-zehnten im Dienst und engster Vertrauter desFirmengründers Kurt Grabe, der drei Wochenzuvor tödlich verunglückt war. Der zweiteMann war Buchhalter Franz Wehmer, mit 48Jahren auch fast eine Generation weiter alssein neuer Chef, der gerade mal 27 Lebens-jahre in die Waagschale legen konnte. Grabe, der junge Chef, wandte sich an den An-walt, in dessen Gesicht das Dämmerlicht mitden vielen Falten ein makabres Spiel trieb, alsprobiere es unheimliche Masken aus. »Dieser…, dieser … wie heißt er noch?Birkel …?« »Bickel«, sagte der Anwalt. »RolfBickel. Ja, Gott, der meckert inlauter Briefen herum …«Grabe blätterte in einer Akte, ver-zog sein Gesicht, sah aber dabeikeineswegs unzufrieden aus.»Wann haben wir der Familie Bi -ckel denn dieses Haus gebaut?« Sloman sah angestrengt an dieDecke. Dann wies er auf seinenNachbarn. »Ich denke, das weißHerr Wehmer besser«, sagte er.Wehmer strich sich über sein run-des Gesicht, als reibe er Creme aufdie Wangen. »Der Baubeginn warMitte August ’98, und fertig warder Rohbau im Mai ’99 …«Grabe sah jetzt wieder Sloman an.»Also diese Familie Bickel – zweiSöhne haben die … der eine istjetzt wohl schon 18 – die sind jetzt seit 10 Jah-ren in diesem Haus, der Bickel muss dochschon 70 sein, und ist in diesem Wasserschla-massel noch nicht krepiert?« Sloman rutschte verlegen in seinem Sessel hinund her. »Ihm geht’s sehr schlecht, hatte sogareinen Schlaganfall, hat sich aber erst mal wie-der erholt …« Grabe nickte zufrieden. »Erzählen Sie doch bit-te mal genau, wie die Geschichte damals war.«Der Baubeginn bei den Bickels habe damalsseit einem Monat festgestanden. Dann habeder Herr Sloman einen großen Coup gelandet… Er schaute den Anwalt an. Der holte tief Luftund nahm den Faden auf: »Ich hatte gute Kon-takte aufgebaut, im Juli ’99 konnte ich in Parismit einem … Päckchen von 80 000 DM einenRiesenbauauftrag an Land ziehen, das HotelBerlri. Das brachte der Firma etwa anderthalbMillionen Gewinn! Euro!« Grabe nickte genüsslich und schaute Wehmeran. »Und weiter?« fragte er. »Mit dem Hotelbau musste dann allerdings inkürzester Frist begonnen und es musste auchin relativ kurzer Frist fertig gestellt werden.«Sloman schaute Wehmer an; der zog die Schul-tern hoch. »Müsste ich nachsehen.« »Jetzt nicht so wichtig«, sagte Grabe. »Weiter.« »Für das Haus der Bickels hatten wir in dieserangespannten Situation praktisch keine Ar-beitskräfte, das Berlris-Projekt hatte in jederHinsicht Vorrang. Die Leute, die wir bei Bickelhatten, waren nur Aushilfskräfte, und zu weni-ge …« Sloman stockte. Er neigte sich zu Weh-

Gegenseite rechnet aufgrund dieses gericht-lichen Gutachtens über 100 000 Euro vor, dashört sich nun wieder nicht so gut an.« Sloman neigte sich aus dem Halbschatten vor,lächelte, lehnte sich wieder entspannt zurück.»Das haben wir im Griff«, plauderte er. »Wirfahren gut mit dieser Rechtsordnung. So Leutewie Bickel sind wie Hunde im Zirkus. Den bin-den wir ’ne Rute auf den Buckel, vornüberhängt am Haken ein Stück Fleisch. Und demlaufen sie zur Belustigung des Publikums hin-terher … bis sie tot umfallen.« Sloman machteeine kleine Pause, um seine Worte wirken zulassen. »Er kann rennen, so viel er will, erkommt nicht an sein Futter.« Und er fuhr fort,»Im Jahr 2006 hat es ja eine Kellersanierung ge-geben …« »Und die ging völlig daneben«, warf Grabe ein. »Was war da los?« Sloman lächelte, jetzt kam sein nächster Tri-umph. »Mit dem gerichtlich bestellten Gutach-ter verstand ich mich bald bestens. Da kamdann bald ein außergerichtlicher Vergleich zu-stande, der für uns sehr günstig war. Irgend-welche Fakten mussten da nicht auf den Tisch,noch nicht mal das bis dato fehlende Bo den -gutachten musste nachgeholt werden.«»Es gab kein Bodengutachten?« »Nee, das hatte Kleeb seinerzeit ganz geschicktunter den Tisch fallen lassen, obwohl das Bau-amt bzw. der Prüfstatiker das vor Baubeginn

gefordert hatte.« »Das hat doch alles Geld ge-kostet, um das so hinzubiegen?« Sloman wies mit einer Hand wie-der auf Wehmer. »Wenn Herr Weh-mer Ihnen morgen die Bücherzeigt, werden Sie sehen, es hat perSaldo nichts gekostet, im Gegen-teil. Offiziell war vereinbart, dassdie eine Hälfte Kleebes Architek-tenversicherung zahlt, die andereHälfte wir. Aber der Gutachter hat-te zu unseren Gunsten so hohe Ko-sten für die Sanierung angesetzt,dass die Versicherung praktisch al-les gezahlt hat, ohne es zu merken.Und die scheinbaren Kosten konn-ten wir sogar steuerlich geltendmachen, nicht wahr, Wehmer?« Der nickte und erntete einenwohlwollenden Blick Grabes.»Warum ist denn die Sanierung

völlig misslungen?« fragte Grabe. »Wir haben natürlich Kosten gespart, das liefdann etwas unglücklich, aber letztlich hätte esbesser nicht für uns sein können.« Jetzt verlor Grabe doch seine kühle Conte-nance, schnellte mit dem Oberkörper RichtungAnwalt und stieß ein »Wie das?« hervor. »Nun, der Gutachter war voll auf unserer Seite.Wenn die Sache schief geht, dann können wirsagen, was heißt können … die Sache ging jaschief, und wir sagen: ›Wir sind draußen, wirhaben genau gemacht, was der Gutachter an-geordnet hat. Also, was wollt ihr?‹ Also ist derGutachter dran, und der ist versichert. DasSchönste aber ist, in wenigen Tagen läuft ohne-hin die Einspruchsfrist ab. Bickels Anwalt hätteden Vergleich anfechten müssen, aber wir ha-ben ihn gut geschmiert, der rettet uns in dieVerjährung … Bald sind wir ganz draußen,dann geht uns die Kellergeschichte überhauptnichts mehr an. Die etwas brenzligen Unter -lagen sind ohnehin zehn Jahre alt, wenn Sie dieeingesehen haben, können die vernichtet werden.« Grabe nickte zufrieden. »Sie gehen Ende Februar in Rente?« Sloman nickte. »Ich würde mich freuen, wenn Sie der Firmaweiter als Berater zur Verfügung stünden …«

Der Text basiert auf den bitteren Erfahrungen des BuchersRonald Exner, den seine »Hausbau-Geschichte« im Viereck-weg (s. a. »BB« 11/2007) den ruhigen Lebensabend, die Gesundheit und viel Geld kostete – und kostet. Ähnlichkeiten mit aktuell agierenden Personen (anderenNamens) in der Baubranche sind gewollt.

mer. »Jetzt erzählen Sie weiter, Sie haben dochdie ganzen Beträge irgendwie in die Buchfüh-rung eingearbeitet.« Grabe stieß seinen Zeigefinger vor zu Wehmerhin. »Das zeigen Sie mir morgen mal.« Dannschaute er wieder zu Sloman. Sloman merkte,dass er mehr und mehr in den Mittelpunktrückte, das tat ihm gut. »Na ja, wir musstendem Architekten erklären, so, wie geplant, krie-gen wir das nicht hin. Aber wir schaffen dasauch anders, haben wir zu ihm gesagt, und ichhabe mit einem Briefumschlag gewedelt, dawaren 10 000 DM drin. Ja, und dann hatten wirihn, dann war dem egal, was wir machten.« »Mit umgerechnet 5 000 Euro war er zufrie-den?« Der Anwalt lachte, es klang wie das kur-ze, abgehackte Meckern eines Ziegenbocks. »Eigentlich nicht. Aber ich merkte, der hält immer die Hand auf. Mit den anderen Hand-werkern kam er mit Sicherheit genauso ins Geschäft.« Grabe nickte anerkennend. »Mit dem Keller, das ging völlig schief, dieseprovisorische Abdichtung hielt überhaupt keinWasser zurück, wir dachten, das hält ein paarJahre, aber es sprudelte gleich nach Baubeginnnur so in den Keller rein, aber da half uns derArchitekt, den der Bickel unter Vertrag hatte.«»Wie hieß der überhaupt?« fragte Grabe. »Holger Kleeb … Der konnte den Bickel mit einpaar Baggerarbeiten hinhalten, er verkaufte

dem Bickel das als wasserabdichtende braune›Wanne‹. Der Kleeb hat Zeit für uns rausge-schunden, viel Zeit, Kleeb war sein Geld wert.« Sloman straffte sich, neigte sich ein wenig nachvorn, als wolle er die Distanz zu dem jungenSchnösel verringern. Die Falten schienen sichetwas zu glätten, weil sein Gesicht nun mehrins Licht kam. »Auch unsere Bauleitung hatsehr gute Arbeit geleistet. Die Bodenplattewurde ringsherum um 15 cm verkleinert, des-wegen ließ sich ja die Kehle nicht herstellen,und der Bickel hat die volle Platte bezahlt. Weißnicht, wie viel wir da gespart haben…« Er sahWehmer an, aber der sagte wieder, das wisse ernicht auswendig. »Und beim Mauerwerk wurde auch kräftig ge-spart. 36 cm ist die Sollstärke, an vielen Stellensind es deutlich weniger, und die Steine wur-den schnell zusammengepatscht, es war je kei-ne Zeit zum richtigen Mauern, und dann hatder Bickel auch innen in den Keller ’ne Beton-treppe bezahlt, die war im Rohbau eigentlichmit drin, die haben wir aber gar nicht gebaut …Wir hatten für die Treppe einfach keinenMann. Kleeb hat das abgenickt. Aber es gehtnoch weiter. Die beiden Terrassen vorn undhinten hat Bickel mit der Rohbaurechnungauch bezahlt, die wurden aber auch nicht ge-baut, hätte man später sowieso wieder abrei-ßen müssen ... Die waren mit etwa 4 000 Euromit dem Rohbau abgerechnet. Dafür hat Kleebnoch ein paar Hunderter extra gekriegt ...« »Gut, gut«, sagte Grabe leise. »Wie ist die Lageaber heute, das Kellerverfahren läuft noch, die

16 MÄRZ 2010 Unterhaltung

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Andreas Altmann

an der küsteAndreas Altmann, geb. 1963 in Hainichen, lebt seit vielen Jahren in Berlin-Pankow. Der Text wurde seinemneuen Gedichtband »Das zweite Meer«, poetenladen, Leipzig 2010,entnommen (www.poetenladen.de).

Gegensätze ziehen sich an, das bewieswieder einmal die von den »Fre-

quenzblökern« am Sonnabend, dem 13.Februar, in der Jugendfreizeiteinrichtung»Der Alte«in Buch ausgerichtete Fa-schingsparty. Schon zu Beginn füllte sichder Saal schnell mit Engeln beiderlei Geschlechts, mit frommen Mönchen,durchaus attraktiven Bewohnern derHölle, uniformierten Ordnungshütern,die »Böslinge« in Schach zu halten wuss-ten. Manche hatten sich einfach nur

»schön« gemacht und kontrastierten mitfurchterregenden Masken und Kostü-men. Wer sich dahinter verbarg, war garnicht so leicht herauszukriegen. Jung undAlt schwangen gut gelaunt gemeinsamdas Tanzbein bis zum frühen Morgen, diePartystimmung wurde durch keinerleiunangenehme Vorkommnisse getrübt. Die Organisatoren freute das ganz beson-ders, so dass es auch im nächsten Jahrnatürlich wieder eine Faschingsparty im»Alten« geben wird. Müller/Gabel

»Himmel & Hölle« im »Alten«

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NEU

wolken stechen in see. ich habefedern gesammelt. doch wie leichtsie mich loslassen als ihnen die handzu schwer wird. der blick vom rostendenstrandturm bricht an den wellen.möwen schweben flach über wasserzungen, die immer mehr ihre köpfeverlieren, so nah wie am meersind mir worte an keinem anderen ort,hast du gesagt. ich hab in dein lächelngeschwiegen. du suchst steinedie dir etwas erzählen und vertrautin der hand liegen. bäume gleiten anihren wurzeln die küste hinab. du malstmeinem schatten flügel in den sand,die der wind verweht. dünner schneetreibt auf uns zu. der blick fällt vordie füße. ungewohnt ist ihm diese nähe.

WIE ICH BUCH SEHE

Die Schlosskirche, Parkseite | Zeichnung: Ernst Jager, Panketal

siehe auch➜ www.bucher-bote.de,Bildergalerie