Einstiegsfrage: Was versteht man in einem mehrsprachigen Land unter „Nationalliteratur“?

Post on 06-Apr-2016

214 views 0 download

Transcript of Einstiegsfrage: Was versteht man in einem mehrsprachigen Land unter „Nationalliteratur“?

Franz Hohler: Es klopft

2007

Einstiegsfrage: Was versteht man in einem

mehrsprachigen Land unter „Nationalliteratur“?

Äussere Erkennungsmarker

Autor national sozialisiert Ansiedlung der Handlung im Land Namensgebung der Personen Helvetismen Alltagspraktische Abläufe (Verkehr etc.) Lokale Gegebenheiten (z.T. für „outsider“

erklärt, z.B. „Goldküstenexpress“)

Abstrakte Erkennungsmarker

Gesellschaftlicher Konsens in Fragen des Sozialverhaltens

Gesellschaftlich akzeptierte Wertvorstellungen

Aktuelle gesellschaftliche bzw. politische Themen

Oberflächenstruktur der Kulturspezifik literarischer Texte

Tiefenstruktur:

Allgemein menschliche Themen/Motive (anthropologische Universale) in ihrer jeweiligen kulturspezifischen VerarbeitungSynchroner und diachroner Aspekt verschränkt über Kulturen hinweg(Beispiel: Lebenslüge)

Präsupponiertes Wissen auf Inhaltsebene

Über Verknüpfungsinstruktionen zu erschliessen:

Intertextualitätsmarkierungen: - Namen Interkulturell verstehbar kulturelles

Gedächtnis Kulturübergreifende Verschlüsselung durch

gemeinsame Religion bzw. Mythologie Nicht eindeutig (z.B. Konnotationsebenen von

„Eva“)

Verknüpfungsinstruktion

Schlüsselwörter

Nicht im Sinne repräsentativen Wissens der Kultur, sondern Schnittstelle zw. Text und dem in ihn eingehenden Deutungsmustern Verweisen auf komplexe, kulturell motivierte Präsuppositionen

Schlüsselwort enthält Motiv: Klopfen

1. Schlüsselmomente durch Klopfen (von Frauen)eingeleitet:

- Am Zugfenster : Eva und Julia

- An der Tür: Eva, Anna, Manuela, Julia (Mercedes klopft nicht, erscheint im Türrahmen)

2. Klopftinnitus

3. Klopfgeister

Schlüsselwort „Lüge“ enthält Motto: „Verjährung gibt es nicht

im Leben“Lebenslüge: Lügenkette

Schuldkette Kulturspezifisch auf der Basis diachroner Veränderung anhand

der Generationen dargestellt: 1. Generation: Scheidung führt zu familiärem Stigma.

Ausgrenzung von Tante/Onkel Manuels 2. Generation: Anna wird von lediger Mutter erzogen, Tochter

konservativer als Mutter (68er) Julia spricht über ihren Seitensprung als „Ausrutscher“, ist verzeihlich

Motto: „Verjährung gibt es nicht im Leben“

Lebenslüge: Lügenkette Schuldkette3. Generation: - Mutter fordert lediglich Zeugung vom

„Vater“ - will Kind für sich allein- Manuela spiegelt ihrer Mutter das Vorenthalten des Vaters als EgoismusThema nicht auf Ebene der Sexualmoral verhandelt Preis der Liberalität aus KindessichtMännerperspektive: Mann als Opfer, „Vergewaltigter“,von skrupelloser Frau in Lebenslüge getrieben

Motto: „Verjährung gibt es nicht im Leben“

Lebenslüge: Lügenkette Schuldkette3.Generation:

- Seitensprung der eigenen Frau, mit dem sie locker umgeht „erlöst“ ihn aber nicht, indem sie es zugibt und ihm damit auch verzeihen könnte- „Schwiegertochter“ wirft ihm vor, dass er sie zur Abtreibung drängen will

Motto: „Verjährung gibt es nicht im Leben“

Lebenslüge: Lügenkette SchuldketteIn Figuren manifestiert sich gesellschaftliche

Realität:Welche neuen Problematiken entstehen aus liberaler Sexualmoral ?Freiheit hat neues Leid, neue Fragen zur Folge, die

nicht gelöst werdenSchlussfolgerung: Lüge nicht aus moralischen Gründen verwerflich, sondern weil sie Menschen innerlich auffrisst, beinahe in den Tod treibt (Unfälle)

Schlüsselwörter

Motto: Klopfen Lüge Bedeutung der Namen

(Intertextualitätsmarkierungen)

Faktoren der Mehrdeutigkeit

Individuelle Vorurteilshaftigkeit Individuelle Sinnkonstruktion Rezeptionsästhetische Implikation generationen- und genderspezifische

Lesarten Verflüssigte kulturelle Identitäten seitens

der Rezipienten „unendliche“ Lektüren, biographisch

modifizierte Lesarten

Motiv: Klopfen

Interkulturelle Bedeutung

Sich bemerkbar machen

Gehört werden Um Einlass bitten Mahnen Monotonie, Penetranz Takt, Ordnung

kulturspezifische Verarbeitung

Psychosomatische Krankheitsbilder: Tinnitus (Gewissen „klopft“ an)

Frauen verlangen selbstbewusst Aufmerksamkeit/Zuwendung eines Mannes; bestimmen

„Klopfgeist“: spirituelle Dimension hinterfragt einseitige Rationalität /Verdrängung einer Lebenslüge

Weitere Symbole: Krähe/Rabe Allegorie: Gewitter

Plenumsfrage:

Lesbarkeit der Kultur im Text? Kulturspezifischer Aussagegehalt?