Gesundheitliche Aspekte der Feinstaubbelastung · (ursachenspezifischer) Morbidität und...

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Gesundheitliche Aspekte der Feinstaubbelastung

Dr. Regina Pickford Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie II & WZU Uni Augsburg

Fachtagung Baumaschinen, Stuttgart, 17.07.2014

Feinstaub:

PM10 < 10 µm (Masse)

Feine Partikel:

PM2.5 < 2.5 µm (Masse)

Ultrafine Partikel:

UFP < 100 nm (Anzahl)

Charakterisierung von Umweltpartikeln

-> Masse ->Anzahl ->Chemische Zusammensetzung

Dieselabgase, Dieselruß

Komplexe Mischung von hunderten von gasförmigen und partikulären Bestandteilen.

zentraler Kern (elementarer Kohlenstoff) und adsorbierten organischen Komponenten wie PAHs, kleinen Mengen von Sulfat, Nitrat, Metallen und anderen Spurenelementen.

enthält eine große Zahl ultrafeiner Partikel und ist ein wichtiger Teil des Feinstaubs (PM10, PM2.5)

Hat eine große Oberfläche an die sich organische Komponenten leicht anlagern können.

Deposition von Partikeln im Atemtrakt

Kreyling et al. Journal of Nanoparticle Research (2006) 8: 543–562.

Organe, für die Gesundheitseffekte durch Luftschadstoffe nachgewiesen wurden

Peters et al. J Occup Environmen Med. 2011 Jun; 53(6 Suppl):S8-S13

Pyramide der Gesundheitsauwirkungen

von Luftschadstoffen

Mortalität

Krankenhauseinweisungen

Aufsuchen der Notaufnahme

Symptome ohne krankheitswert bei gesunden Personen

Vermehrte Medikamenteneinnahme

Auftreten oder Verstärkung von respiratorischen

Symptomen (z.B. schlechte Lungenfunktion)

und/oder Herzkreislauferkrankungen

Zu

ne

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kte

Anteil der Bevölkerung

Besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen

- Gesundheitseffekte nicht bei allen Mitgliedern der Gesellschaft gleich

- besonders empfindliche Gruppen:

• Ältere

• Kinder

• Schwangere/Föten

• Kranke (Diabetiker, Lungenkranke, Herzkreislaufkranke…)

• …

Studien zu Langzeiteffekten von Luftschadstoffen (Kohorten Studien)

Zusammenhang zwischen einer längerfristigen

Luftschadstoffbelastung (z.B. jährliches Mittel) und

(ursachenspezifischer) Morbidität und Mortalität

Zusammenhang zwischen einer kurzfristigen

Luftschadstoffbelastung (z.B. Tag zu Tag Variation) und

(ursachenspezifischer) Morbidität und Mortalität sowie

anderer Größen, z.B. Medikamenteneinnahme,

Blutbiomaker, EKG-Parameter

Studien zu Kurzzeiteffekten von Luftschadstoffen

• Risikofaktoren sowie Todeszeitpunkt und Todesursache der ACS-CPSII Kohorte wurden mit Luftschadstoffdaten in156 Ballungsräumen der USA verknüpft.

• Kohorte: Über 500.000 Erwachsene

• Studiendauer: 1982-1998.

• Todeszeitpunkt und -ursache wurden durch individuelle Nachforschungen sowie den “National Death Index” erhoben.

• Persönliche Informationen wurden bei Aufnahme in die Studie mittels Fragebogen gesammelt.

Pope et al. 2002

American Cancer Society Study

HSC: Harvard-Six-Cities Study ACS: American-Cancer-Society Study

HSC ACS

HSC ACS HSC ACS HSC ACS

-10%

-5 %

0 %

5 %

10%

15%

20%

25%

30%

% I

ncre

ase R

R

Total Cardiopulmonary Lung cancer All others

Dockery et al. (1993), Pope et al. (2002)

Relative Risiken (RR) für Sterblichkeit assoziiert mit einer Erhöhung von PM2.5 um 10 µg/m3

Einstufung von Dieselabgasen als krebserregend beim Menschen 1

Im Juni 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Dieselmotorabgase als krebserregend beim Menschen eingestuft. Grundlage sind neuere epidemiologische Studien an Bergarbeitern, Eisenbahnern und Lkw-Fahrern

Einstufung von Dieselabgasen als krebserregend beim Menschen 2

• Die Studien im US-Bergbau umfassten Bergarbeiter, die durch Dieselmaschinen zum Erzabbau, Erztransport und Personentransport belastet waren.

• Das Lungenkrebsrisiko stieg mit zunehmender Exposition

gegenüber Dieselabgasen an, wobei die Exposition über die abgeschätzte Konzentration von elementarem Kohlenstaub ermittelt wurde.

• In der höchsten Kategorie war das Risiko 2-3 fach erhöht.

• Diese Studie zeigt die stärkste Evidenz, da die hohe Dieselexposition gut dokumentiert war und wenige verzerrende

Faktoren vorlagen.

Dieselabgase und Lungenkrebs im Bergbau - USA

Kohortenstudie Attfield et al. 2012

EC - kumulative Exposition

Lu

ng

en

kreb

sris

iko

E S C A P E

European Study of Cohorts for Air Pollution Effects

http://www.escapeproject.eu/index.php

European Study of Cohorts for Air Pollution Effects

*

Jährliche mittlere PM2.5 Konzentration

*Environmental Protection Agency National Ambient Air Quality Standard

Eeftens et al. Atmospheric Environment. Volume 62, December 2012, 303–317.

*

Jährliche mittlere PM2.5 Konzentration

*Environmental Protection Agency National Ambient Air Quality Standard

Eeftens et al. Atmospheric Environment. Volume 62, December 2012, 303–317.

WHO Air

quality

guidelines,

March ‘14

Studien zu Langzeiteffekten von Luftschadstoffen (Kohorten Studien)

Zusammenhang zwischen einer längerfristigen

Luftschadstoffbelastung (z.B. jährliches Mittel) und

(ursachenspezifischer) Morbidität und Mortalität

Zusammenhang zwischen einer kurzfristigen

Luftschadstoffbelastung (z.B. Tag zu Tag Variation) und

(ursachenspezifischer) Morbidität und Mortalität sowie

anderer Größen, z.B. Medikamenteneinnahme,

Blutbiomaker, EKG-Parameter

Studien zu Kurzzeiteffekten von Luftschadstoffen

APHEA II: Erhöhte Mortalität durch Zunahme von 10µg/m3 PM10

Katsouyanni et al. 2001

at ba ma to mi ro ly pa tel . bas zu ge bi lo st he .. bu cr er tep pr ... fix ran

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lati

ve

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k E

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s

-0,02

-0,01

0,00

0,01

0,02

0,03

Southern Europe

Eastern Europe

North-Western Europe

Aufenthalt im Verkehr und Herzinfarkt

Stunden vor dem Herzinfarkt

-72 -48 -24 0

Ve

rke

hrs

ex

po

sit

ion

[%

]

0

2

4

6

8

10

12

Peters et al. 2004

Peters et al. 2005

Zeit im Verkehr in den Stunden

vor dem Herzinfarkt (n=691)

• Untersucht wurden nicht-tödliche

Herzinfarkte im Alter zwischen 25

und 74 Jahren, basierend auf dem

KORA Herzinfarktregister in

Augsburg

• Interview am Krankenbett aller

Fälle zwischen 1999 und Mitte

2001

• DetaillierteErfassung aller

Aktvitäten während der 4 Tage vor

dem Herzinfarkt

Zeit im Verkehr und Herzinfarkt eine Stunde später

Verkehr Im Auto Öffentl. Verkehr

Fahrrad

Odds Ratio 2.9 (2.7)*

2.6 3.1 3.9

(1.8)*

95% Confidence

Interval

2.2 – 3.8 (2.1 – 3.6)*

1.9 – 3.6 1.4 – 6.8 2.1 – 7.2

(0.9 – 3.6)*

Peters et al. 2004

Peters et al. 2005

*in Klammern: adjustiert für Anstrengung, Aufenthalt im Freien und Aufstehen

Umweltzone = Umweltzone

Berlin München Augsburg

Berlin München Augsburg

Fläche ~ 88 km2 (10%) ~ 44 km2 (14%) ~ 5 km2 (3%)

Einwohnerzahl

innerhalb der UZ

~ 1.000.000 (29%) ~ 420.000 (32%) ~ 20.000 (7%)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

ohne Umweltzone mit Umweltzone

PM

10 (

%)

Welche Komponenten im Feinstaub sind gefährlich?

80%

wenig

toxisch

20%

hoch

toxisch

Verbrennungsprodukte aus:

- Kfz-Emissionen (v.a. Dieselfahrzeuge)‏

- Industrie - Hausbrand

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

ohne Umweltzone mit Umweltzone

PM

10 (

%)

Welche Komponenten im Feinstaub sind gefährlich?

80%

wenig

toxisch

20%

hoch

toxisch

Verbrennungsprodukte aus:

- Kfz-Emissionen (v.a. Dieselfahrzeuge)‏

- Industrie - Hausbrand

- Aufgewirbelter Staub

- Reifenabrieb

- Biologische Materialien

- Staub aus Ferntransport

Diese Anteile sind weit weniger

riskant, machen aber 70% - 80%

von PM10 aus

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

ohne Umweltzone mit Umweltzone

PM

10 (

%)

Prognostizierte PM10 Reduktion aufgrund der Umweltzone

- 10% PM10

80%

wenig

toxisch

80%

wenig

toxisch

20%

hoch

toxisch

10%

hoch

toxisch

Cyrys et al., angenommen

Einfluss von Umweltzonen auf die Belastung durch Feinstaub und Dieselruß

80%

wenig

toxisch

80%

wenig

toxisch

20%

hoch

toxisch

ohne Umweltzone mit Umweltzone Nur ca. 20% des PM2,5 -

Feinstaubs sind

hochtoxischer Dieselruß

wenn dieser Anteil um 5-9%

reduziert wird, sinkt das

Gesundheitsrisiko um 25-

45%,

aber die PM2,5 -Feinstaub-

konzentration sinkt nur um 5-

9%!

11-15%

hoch

toxisch

Vermeidungspotential durch Partikelfilter für Dieselfahrzeuge in Deutschland

• Gesamtsterblichkeit 1-2 %

• 10.000 - 19.000 Todesfälle pro Jahr

• Verlängerung der Lebenserwartung um 1-3 Monate

• Größter Anteil: 8.000 - 17.000 Todesfälle mit Herz-

Kreislauf- und Atemwegserkrankungen

• 1.100 - 2.200 Lungenkrebstodesfälle

Aber : Abschätzungen basieren auf Modellannahmen, die

zwangsläufig fehlerbehaftet sind.

Wichmann (2003)

Zusammenfassung und Ausblick

• Es gibt eine große Anzahl von Gesundheitseffekten durch

Feinstaub

• Sie wurden in Langzeit- und Kurzzeitstudien beobachtet.

• Die Grenzwerte der EU sind nicht ausreichend, um vor

negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu schützen.

• Umweltzonen reduzieren vor allem den toxischen Anteil der

Emissionen

• Partikelfilter helfen, Todesfälle zu verringern

-> Exposition meist unfreiwillig, kann vom Einzelnen kaum/

nicht beeinflusst werden

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!