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Grundlagen der metallurgischen ProzesseÜbungsaufgaben
Dr. H. Gutte
01.02.2018
1
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 2
1 Thermodynamische Grundlagen
1.1 Sto�daten in Datenbanken
Die spezi�sche, d. h. die auf eine Masseneinheit bezogene, Wärmekapazitätwird in Sto�datenbanken meist in Formen von Polynomen hinterlegt. DieDatenbanken enthalten die Informationen zu den Polynomen, wobei die Pa-rameter des Polynoms (Koe�zienten und Exponenten) strukturiert abgelegtsind. Polynome haben die Eigenschaft, an den Rändern mitunter stark zuschwanken. Daher ist es wichtig, den Polynomansatz nicht über seinen Gül-tigkeitsbereich hinaus zu extrapolieren.Je höher der Grad des Polynoms, desto besser erfolgt die Approximation andie jeweiligen Messwerte. Jedoch ist in diesem Fall das Wendeverhalten nochstärker ausgeprägt. Es �nden unterschiedliche Polynomansätze Verwendungz. B. der Mayer-Kelly-Ansatz. Die folgenden Gleichungen beschreiben poly-nomische Ansätze zur Beschreibung der Wärmekapazität cp, der Bildungs-enthalpie H0
T und der Bildungsentropie S0T :
cp = R(a1 + a2T + a3T
2 + a4T3 + a5T
4)
(1)
H0T = RT
(a1 +
a2T
2+a3T
2
3+a4T
4
5+ ...+
)(2)
S0T = R
(a1 lnT + a2T +
a3T2
2+a4T
3
3+a5T
4
4+ ...+
)(3)
Informationen zu verschiedenen Sto�en �ndet man z. B. auf den Webseitendes National Institute of Standards and Technology (NIST1). Sto�e, in de-nen ferromagnetische oder paramagentische Umwandlungen statt�nden wiez. B. Eisen-, Cobalt- und Nickellegierungen zeigen im Temperaturverlauf derspezi�schen Wärmekapazität stark ausgeprägte Untetigkeiten in Form vonPiks, wie Bild 1.1 zeigt.In den Sto�daten wird dieser Umstand dadurch berücksichtigt, dass ein erstesPolynom bei der Unstetigkeitstelle (Curie-Temperatur) endet und ein zweitesPolynom bei dieser Temperatur beginnt.
1.2 Wärmeumsatz bei Zustandsänderungen
Für konstanten Druck ist die Bildungswärme die Enthalpie:
Qp = ∆H (4)
1http://webbook.nist.gov/chemistry/form-ser.html
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 3
Bild 1.1: cp − T -Verlauf von reinem Eisen
Da man die Enthalpie bei 0K H0 nicht messen kann, de�niert man die Ent-halpie für eine bestimmte Temperatur HT darüber:
HT = H0 +
∫ T
0
cpdT (5)
Im Allgemeinen referenziert man auf Standardbedingungen. Für die Tempe-ratur sind dies meist 298K. Und es ergibt sich daraus:
HT −H298 =
∫ T
298
∆cpdT (6)
Wie oben beschrieben, wird die cp-Funktion durch ein Polynom beschrieben:
cp = a+ bT + cT−2 (7)
Dessen Integration liefert:
HT −H298 = a(T − 298) +b
2(T 2 − 2982)− c
(1
T−(
1
298
))(8)
Tritt eine Phasenumwandlung U auf, sind die Umwandlungstemperatur TU
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 4
und die Enthalpie dieser Phasenumwandlung ∆HU folgendermaÿen zu be-rücksichtigen:
HT −H298 =
∫ TU
298
cpdT + ∆HU +
∫ T
TU
cpdT (9)
Aufgabe:
Welche Wärmemenge muss einem Mol CO2 bei verlustloser Erhitzung von298 auf 1773 K zugeführt werden (p = 1 atm)?
gegeben:
a b · 10−3 c · 10−5 T-Bereich / K10,55 2,16 -2,04 298-2500
Lösung:
cp = a+ bT + cT−2
= 10, 55 + (2, 16 · 10−3T ) + (−2, 04 · 10−5T−2)
= 14, 314 cal/(mol ·K)
= 14, 314 cal/(mol ·K) · 4, 1868 = 59, 93 J/(mol ·K)
Qp = mcp∆T = 1mol · 59, 93 J/(mol ·K) · (1773K − 298K)
Qp = 88396, 75 J
Aufgabe:
100 kg Propan sollen isobar von 60 K auf 400 K erwärmt werden. WelcheWärme ist aufzuwenden?
gegeben:
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 5
mPropan = 100,0 kgTStart = 60,0 KTEnd = 400,0 KTF = 85,5 K∆HF = 3,524 kJ/molTV = 231,0 K∆HV = 18,77 kJ/molcp = A + B · Tcp,s = 1,0432 + 0,6162 Tcp,l = 74,7969 + 0,0959 Tcp,g = 16,2079 + 0,1941 T
Lösung:
Der Masse Propan mit 100 kg entsprechen folgende Mole:
n =m
M=
100.000 g
44, 06 g/mol= 2269, 4mol
∆H =
∫ B
A
cpdT = A ·∆T +B
2·∆T 2
∆H =
(∫ TV
TStart
cpsdT + ∆HF +
∫ TV
TF
cp,ldT + ∆HV +
∫ TEnd
TV
cp,gdT
)=(1, 0423(85, 5− 60) +
0, 6162
2· (85, 52 − 602) + 3524 J/mol+
74, 7969(231− 85, 5) +0, 0959
2(2312 − 85, 52) + 18770 J/mol+
16, 2049(400− 231) +0, 1941
2(4002 − 3212)) J
Q =n(26, 58 + 1143, 13 + 352 + 10882, 95 + 2208, 13 + 18770 + 2739, 14+
10349, 31)
2269, 4(26, 58 + 1143, 13 + 352 + 10882, 95 + 2208, 13 + 18770 + 2739, 14+
10349, 31)
=1, 1266 · 102MJ
1.3 Satz von Hess
• Die Enthalpieänderung zwischen zwei Zuständen ist unabhängig vomReaktionsweg.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 6
H
Reaktionsverlauf
C + O2
CO + ½ O2
CO2
-111
kJ
-282
kJ
-393
kJ
C + O2
CO + ½ O2
CO2
Zustand 1
Zustand 2
Zustand 3A
B C
Bild 1.2: Zusammenspiel der Oxidationsreaktionen (linkes Teilbild) und dieReaktionsenthalpie in Abhängigkeit des Reaktionsverlaufs
• Betrachtet man zwei unterschiedliche Reaktionsabfolgen mit gleichemAnfangs- und Endzustand, so haben sie dieselbe Reaktionsenthalpie.
Anhand der unvollständigen und vollständigen Verbrennung von Kohlensto�mit Sauersto� soll das Prinzip des HESS�schen Satzes näher erleutert werden.Folgende Oxidationsreaktionen gehen einher mit entsprechenden Reaktions-enthalpien:
A C +O2 → CO2 ∆H = −393 kJ/mol
B C +O2 → CO + 12O2 ∆H = −111 kJ/mol
C CO + 12O2 → CO2 ∆H = −282 kJ/mol
Das Zusammenspiel der oben stehenden Reaktionen ist farblich hervorgeho-ben in Bild 1.2 dargestellt.Nach dem HESS�schen Satz lässt sich in Anlehnung an Bild 1.2 folgendesimple Gleichung für die jeweiligen Reaktionsenthalpien aufschreiben.
A = B + C
D. h. für die Reaktionsenthalpien gilt analog:
−393 kJ/mol = −111 kJ/mol +−282 kJ/mol
Dieses Prinzip lässt sich abstrahieren und auf verschiedene Zustandsänderun-gen übertragen. Die folgende Abbildung zeigt schematisch die Möglichkeiten,dass ein Zustand 1 über zwei verschiedene Wege in den Zustand 3 übergehenkann:
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 7
1. Zustand 1 → Zustand 2 (Weg A) → Zustand 3 (Weg B)
2. Zustand 1 → Zustand 4 (Weg X) → Zustand 3 (Weg C)
Unter der Annahme, dass die Reaktionsentalpien der Reaktionswege A, Bund C bekannt sind, kann der Betrag der unbekannten ReaktionsenthalpieX über folgenden Ansatz nach dem Prinzip des HESS�schen Satzes ermitteltwerden:
∆HA + ∆HB = ∆HX + ∆HC
∆HX = ∆HA + ∆HB −∆HC
Ein weiteres Anwendungsbeispiel zur Anwendung des HESS�schen Satzesbeschreibt das Verhalten von Cu, Zn und Wassersto�. Bekannt sind dieReaktionsenthalpien für folgende Reaktionen:
Zn+ CuO → ZnO + Cu∆H = −193kJ/mol
Zn+H2O → ZnO +H2 ∆H = −106 kJ/mol
Gesucht ist die Reaktionsenthalpie der Reaktion:
CuO +H2 → Cu+H2O∆H = gesucht
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 8
{H2}+ Zn+ CuO → ZnO + Cu+ {H2} ∆H = −193 kJ/mol
{Cu}+ Zn+H2O → ZnO +H2 + {Cu} ∆H = −106 kJ/mol
{Zn}+ CuO +H2 → CuO +H2O + {Zn} ∆H = gesucht kJ/mol
{H2}+ Zn + CuO
ZnO + Cu + {H2}
Cu + H2O + {Zn}
DHX
Bild 1.3: Bestimmung der Bildungsenthalie ∆Hx
Rein formell wird zu den drei Reaktionen jeweils die Komponente hinzu-gefügt, die bei der jeweiligen Reaktion nicht beteiligt ist. Die Komponentewird in geschweiften Klammern auf der linken und rechten Seite hinzugefügtund nimmt nicht an der Reaktion teil. Treten in den drei Gleichungen die-selben Produkte oder Edukte auf, so sind diese mit einem farbigen Rahmenversehen.Nun können die Reaktionswege beschrieben und die Reaktionsenthalpienüber den HESS�schen Satz bestimmt werden, wie Bild 1.3 veranschaulicht.Die gesuchte Reaktionsenthalpie ∆Hx lässt sich aus der Dreiecksbeziehungfolgendermaÿen ableiten:
∆Hx + (−106 kJ/mol) = −193 kJ/mol
∆Hx = −139 kJ/mol + 106 kJ/mol
∆Hx = −33 kJ
1.4 Standardbildungsenthalpie
In Analogie zu den oben gezeigten Anwendungen des HESS�schen Satzeslassen sich mit Hilfe von Standardbildungsenthalpien auch unbekannte Re-aktionsenthalpien berechnen. Im Bild 1.4 sollen Edukte vom Zustand 1 inden Zustand 2 übergehen. Gesucht ist die damit einhergehende Reaktions-
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 9
Zustand 1 Zustand 2
Zustand 3
DHX
DHB1 DHB2
Reine Elemente unterStandardbedingungen(T = 298 K, p = 1 bar)
Edukte Produkte
Bild 1.4: Zusammenhang zwischen Reaktionsenthalpie ∆Hx mit den jeweili-gen Standardbildungsenthalpien ∆HB1 und ∆HB2
enthalpie ∆Hx. Diese soll unter Zuhilfenahme der Standardbildungsenthalpi-en ∆HB1 und ∆HB2 ermittelt werden. Standardbildungsenthalpien beziehensich auf die Bildung reiner Elemente unter Standardbedingungen (T = 298Kund p = 1 bar).Wie oben bereits mehrfach aufgezeigt, lässt sich aus diesem Dreieckszusam-menhang die Reaktionsenthalpie ∆Hx aus den jeweiligen Standardbildungs-enthalpien ∆HB1 und ∆HB2 folgendermaÿen berechnen:
∆HB1 + ∆Hx = ∆HB2
∆Hx = HB,Produkte −HB,Edukte
∆Hx = ∆HB2 −∆HB2
Aufgabe:
Ermitteln Sie Reaktionsenthalpie für das aluminothermische Schweiÿen vonEisen.
gegeben:
• ∆HB,Fe2O3 = −824 kJ/mol
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 10
Fe2O3 + 2 Al Al2O3 + 2 Fe
Reine Elemente2 Fe + 3 O + 2 Al bzw.2 Fe + 3/2 O2 + Al
-824 kJ/mol -1676 kJ/mol
Edukte ProdukteDH0
Bild 1.5: Bestimmung der Bildungsenthalpie für die Aluminothermie
• ∆HB,Al2O3 = −1676 kJ/mol
Zunächst ist für das aluminothermische Schweiÿen von Eisen die Reaktions-gleichung aufzustellen:
Fe2O3 + 2Al→ Al2O3 + 2Fe
In Analiogie zu Bild 1.4 lässt sich wieder eine Dreieckskonstellation erstellen,aus der sich die gesuchte Reaktionsenthalpie ergibt. Die Vorgehensweise zeigtBild 1.5.Die Reaktionsenthalpie für diese Reaktion ergibt sich aus der Di�erenz derStandardbildungsenthalpien:
∆H0 = H0B,Produkte −H0
B,Edukte
= −1676 kJ/mol − (−824 kJ/mol)
= −852 kJ/mol
1.5 Gleichgewichtskonstante
Für eine allgemeine Reaktion gilt:
B + C + ... D + E + ...
Es herrscht Gleichgewicht wenn der Antrieb verschwindet, also A = 0
A = A +RT lnc(B) · c(C) · ...c(D) · c(E) · ...
= 0 (10)
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 11
Daraus folgt:
A = −RT lnc(B) · c(C) · ...c(D) · c(E) · ...
= 0 (11)
Entlogarithmieren und teilen durch RT ergibt:
Kc =
(c(D) · c(E) · ...c(B) · c(C) · ...
)Gl.
(12)
mit
Kc = exp
(A
RT
)(13)
Der Antrieb der chemischen Reaktion kann durch eine Di�enenz der chemi-schen Potenziale bzw. durch eine Di�erenz der Gibbsenergien der Produkteund der Edukte augedrückt werden. Je stärker positiv A ist, um so gröÿer istKc (Kc �1), um so mehr dominieren die Endprodukte in der Gleichgewichts-zusammensetzung. Ist A stark negativ, so geht Kc gegen Null (Kc �1),und in der Gleichgewichtszusammensetzung herrschen die Ausgangssto�evor. Selbst bei negativem A wird immer noch ein sehr geringer Anteil derAusgangssto�e zu Endprodukten umgesetzt, denn Kc besitzt einen kleinen,aber endlichen Wert. Für A = 0 und folglich Kc = 1 liegen im Gleich-gewicht Ausgangssto�e und Endrodukte in vergleichbaren Mengen vor. Kcist nur temperaturabhängig! Z. B. H2 + 3N2 = 2NH3 mit K =
p2NH3
pH2·p3
N2
ist druckabhängig. Aber das Verhältnis der Partialdrücke (Konzentrationen,Aktivitäten) bleibt konstant, egal ob Drücke oder Konzentrationen geändertwerden, da sich das Verhältnis von Produkten/Edukten nach Le Chatelier-Prinzip immer wieder einstellt. Dieses Verhältnis ändert sich nur mit derTemperatur.
Aufgabe: Berechne Reaktionsenthalpie, Reaktionsentropie, Gibbsenergieund die Gleichgewichtskonstante der Boudouard-Reaktion für 500 und900◦C.
gegeben:∆H0
CO = −110, 6 kJ/mol∆H0
CO2= −393, 8 kJ/mol
∆S0CO = +197, 5 kJ/mol
∆S0CO2
= −213, 71 kJ/mol
Lösung:
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 12
Die Gleichung für die Boudouard-Reaktion lautet:
C(s) + CO2(g) = 2CO(g)
Ein bedeutsamer Zusammenhang zwischen Reaktionsenthalpie, Reaktionsen-tropie und Gibbsenergie ist die Gibbs-Helmholtz-Gleichung:
∆G0R = ∆H0
R − T∆S0R (14)
∆RH0(773K) = 2 · (−110, 6 kJ/mol)− (−393, 8 kJ/mol) = 172, 6 kJ/mol
∆RS0(773K) = 2 · 197, 5 J/mol − 213, 7 J/mol = 181, 3 J/mol
= 0, 1813 kJ/mol
∆RG0(773K) = +172, 6− 773 · 0, 1813 = 172, 6− 132, 9
= 32, 45 kJ/mol
→ (∆RG0(733K) > 0Edukte stabiler)
∆RG0(1173K) = +172, 6− 1173 · 0, 1813 = −40, 06 kJ/mol
→ (∆RG0(1173K) < 0Produkte stabiler)
Die Gleichgewichtskonstante der Boudouard-Reaktion lautet:
K =aProdukteaEdukte
=p2CO
xC · pCO2
=p2CO
pCO2
Aus dem Ansatz ∆RG0 = −RT lnK wird:
lnK = −∆RG0
RT= − 32450
8, 314 · 773= −5, 049
Dann gilt für K bei 733K:
K = e−5,049 = 0, 0064
Die Gleichgewichtskonstante ist viel kleiner als Eins und damit liegt dasBoudouard-Gleichgewicht auf der Seite von C(s) + CO2(g).Für 1173K ergibt sich folgender Wert für K:
lnK = −∆RG0
RT= − −40060
8, 314 · 1173= +4, 107
K = e+4,107 = 60, 7
Die Gleichgewichtskonstante ist viel gröÿer als Eins und damit liegt dasBoudouard-Gleichgewicht auf der Seite von CO(g).
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 13
1.6 Anwendung der Gesetze idealer Mischungen
Aufgabe:
Die Masse einer 1M-Lösung L beträgt 0, 074 kg. Der Dampfdruck über derLösung L beträgt 445mbar bei 293K (Standardbedingungen). Die Lösungvon 12, 2 · 10−3 kg Substanz A pro 0, 1 kg Lösung L bewirkt eine Dampfdru-ckerniedrigung auf 413mbar. Berechnen Sie die Masse von Substanz A in derLösung.
Lösung:
1. Berechnung von Sto�menge und Molenbruch des Lösungsmittels:
Sto�menge von L:0, 074 kg
0, 1 kg=
1mol
xmol
x = 1, 351mol
Molenbruch von L:
pL = xL · p0L
xL =pLp0L
=413mbar
445mbar
xL = 0, 928
2. Berechnung der Sto�menge der unbekannten Substanz A:
xL =nL
nA + nL
nL = xL · (nA + nL)
∣∣∣∣AusmultiplizierennL = xL · nA + xL · nL
∣∣∣∣− xL · nLxL · nA = nL − xLnL
∣∣∣∣ : xL
nA =nL − xLnL
xL
nA =1, 351mol − 0, 928 · 1, 351mol
0, 928
nA = 0, 1045mol
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 14
Die Masse der Substanz A im Lösungsmittel L ergibt sich aus folgendemVerhältnis:
12, 2 · 10−3 kg
0, 1045mol=
x
1mol
x = 116, 7 g
Aufgabe:
Eine 10 Liter Butangas�asche ist bei Raumtemperatur und Normaldruck voneinem bar zur Hälfte mit Flüssiggas gefüllt. Berechnen Sie den Druck in derFlasche bei Erwärmung auf 100◦C.
gegeben:
• Siedepunkt von Butan bei 1 bar: 0, 5◦C
• Verdampfungsenthalpie Butan: 22, 4 kJ/mol
Lösung:
Die Gibbs�sche Fundamentalgleichung für ein geschlossenenes System, wel-ches keinen Sto� mit der Umgebung austauscht:
dG = V dp+ SdT
Im Gleichgewicht gilt für die chemischen Potenziale:
µα = µβ bzw. Gα = Gβ
Eine gerinfügige Änderung der chemischen Potenziale bedeutet:
dGα = dGβ
Vαdp+ SαdT = Vβdp+ SβdT
(Vα − Vβ)dp = (Sα − Sβ)dT
dp
dT=
∆S
∆V
Über diese Clausius-Clapeyron-Gleichung lässt sich der Dampfdruck in Ab-hängigkeit von der Temperatur bestimmen. Darin sind p Dampfdruck, T
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 15
Temperatur in K, ∆V Volumen- und ∆S die Entropieänderung z.B. beimÜbergang einer �üssigen in eine gasförmige Phase. Für die Verdampfungsen-tropie ∆SV gilt:
∆SV =∆HV
T
Einsetzen von ∆SV in die Clausius-Clapeyron-Gleichung ergibt:
dp
dT=
∆HV
T ·∆VVNach der allgemeinen Gasgleichung pV = RT ergibt sich für das VolumenRT/p und somit:
dp
dT=p ·∆HV
RT 2
Dividieren durch p ergibt folgenden Ausdruck, der nicht mehr vom Druckabhängig ist:
dp
pdT=
∆HV
RT 2
Da dpp
= d ln p ist, ergibt sich durch Einsetzen:
d ln p
dT=
∆HV
RT 2
Die Clausius-Clapeyron-Gleichung ist ein Ausdruck für die Temperaturab-hängigkeit des Dampfdrucks einer Substanz. Sie gibt die Steigung der Kurvean, die man erhält, wenn der Logarithmus des Dampfdrucks der Substanz alsFunktion der Temperatur aufgetragen wird. Die Steigung ist bei gegebenerTemperatur proportional zum Dampfdruck der Substanz.Nach Multiplikation der letzten Gleichung mit dT erhält man einen folgendenAusdruck für den Dampfdruck:
d ln p =∆HV
RT 2dT
Diese Gleichung wird integriert. Und es wird angenommen, dass die Tempe-raturen T1 und T2 und die Drücke p1 und p2 herrschen:∫ p2
p1
d ln p =
∫ T2
T1
∆HV
RT 2dT
Das Intergral auf der linken Seite wird zu ln(p2/p1). Auf der rechten Seitewird vorausgesetzt, dass die Verdampfungsenthalpie ∆HV konstant ist. R
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 16
und ∆HV können somit als Konstante vor das Intergral gezogen werden. ZurLösung des Intergrals wird folgendes Standardintegral verwendet:∫
1
x2dx = −1
x+K
Die Integration von Gleichung liefert:
lnp2
p1
=∆HV
R
∫ T2
T1
1
T 2dT =
∆HV
R
(1
T1
− 1
T2
)(15)
lnp2
p1
=∆HV
R·(
1
T1
− 1
T2
)(16)
Nach Logarithmengesetzen gilt: ln p2
p1= ln p2 − ln p1 und damit:
ln p2 − ln p1 =∆VH
R·(
1
T1
− 1
T2
) ∣∣∣∣+ ln p1
ln p2 =∆VH
R·(
1
T1
− 1
T2
)+ ln p1
∣∣∣∣expp2 = e
∆V H
R·(
1T1
+ 1T2
)+ln p1
p2 = e22,4·1000 J/mol8,314 J/(mol·K)(
1373,65
− 1273,65)+ln p1
p2 = 13, 8 bar
Der Dampfdruck bei 100◦C beträgt 13,8 bar.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 17
(l)
(g)
Bild 1.6: Schematische Darstellung des Raoult-Gesetzes
Aufgabe:
Ein Gasgemisch bei 1 atm Druck (1, 013 · 105 Pa) besteht aus 15 % CO2 unddem Rest H2O. Das Gas be�ndet sich in einem geschlossenen Behälter imGleichgewicht mit einem Liter Wasser. Berechnen Sie die Konzentration angelöstem CO2 in Wasser. Die Henrysche Konstante von CO2 beträgt 0, 168 ·107 Pa.
Lösung:
1. Berechnung des Dampfdrucks von CO2 nach dem Raoult-Gesetz:
Wie Bild 1.6 schematisch andeutet, sollen �üssige und gasförmige Phase mit-einander im Gleichgewicht stehen. Ist dies der Fall, dann ergibt das Verhältnisvon CO2-Partrialdruck in der Gasphase zum CO2-Molenbruch in der Flüssig-keit die konstante Gröÿe p0
CO2. Für diese Bedingungen lautet das Raoult�sche
Gesetz:
pCO2
xCO2
= p0CO2
(17)
Für den CO2-Partialdruck ergibt sich nun:
pCO2 = xCO2 · p0CO2
= 0, 15 · 1, 013 · 105 Pa
= 1, 5195 · 104 Pa
2. Bestimmung des gelösten CO2 nach dem Henry-Gesetz
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 18
(l)
(g)
Bild 1.7: Schematische Darstellung des Henry-Gesetzes
Das Verhältnis des Partialdrucks von CO2 in der Gasphase und der Molen-bruch von gelöstem CO2 im Wasser egibt eine konstante Gröÿe, die Henry-Konstente. Bild 1.7 verdeutlicht den Zusammenhang schematisch.Für dieses Beispiel lautet das Henry�sche Gesetz:
pCO2
xCO2
= KHCO2
(18)
xCO2 =pCO2
KHCO2
=1, 5195 · 104 Pa
0, 168 · 107 Pa
= 0, 009
3. Bestimmung des Molenbruchs xCO2 als Verhältnis der Sto�mengen:
xCO2 =[CO2]
[H2O][CO2]≈ [CO2]
[H2O]
4. Bestimmung der Konzentration des in Wasser gelösten [CO2]:
[CO2] = xCO2 · [H2O]
[H2O] =1000 g
18 g/mol
[CO2] = 0, 009 · 55, 5mol
= 0, 5mol
Die Konzentration an gelöstem CO2 in Wasser beträgt 0, 5mol.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 19
1.7 Nichtideale Mischungen
Aufgabe:Die Dampfdrücke von Propanol undWasser sind 21, 8 bzw. 23, 8mbar bei 298K. Ineiner Lösung mit einer Molfraktion an Wasser von 0, 2 waren die gemesse-nen Partialdrücke 17, 8 bzw. 13, 4mbar. Berechnen Sie die Aktivitäten undAktivitätskoe�zienten der beiden Komponenten.Lösung:Für die Aktivität einer gelösten Komponente i gilt allgemen:
a =Chemische Wirksamkeit der Komponente i im LösungszustandChemische Wirksamkeit der Komponente i im Standardzustand
(19)
Für die Aktivitäten gilt dann:
aH2O =pH2O
p0H2O
aPrOH =pPrOHp0PrOH
=13, 4mbar
23, 8mbar=
17, 8mbar
21, 8mbar
= 0, 563 = 0, 817
Und daraus ergeben siuch die Aktivitätskoe�zienten:
aH2O = γH2O · xH2O
γH2O =aH2O
xH2O
=0, 563
0, 2= 2, 8
γPrOH =aPrOHxPrOH
=0, 817
0, 8= 1, 02
Aufgabe:
• Bestimmen sie die Löslichkeitsgrenze von Kohlensto� im binären Sys-tem Fe-C bei 1600◦C.
• Ermitteln Sie den Aktivitätskoe�zienten von Kohlensto� in der mit Cgesättigten Eisenschmelze.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 20
http://www.giessereilexikon.com/uploads/tx_d3ency/189-05.png
5,4 %
Bild 1.8: Eisen-Kohlensto�-Diagramm
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 21
In Bild 1.8 schneidet die senkrechte rote Linie den Punkt D im Eisen-Kohlensto�-Diagramm bei 1600◦C. Fällt man das Lot dieser Linie auf die Konzenrati-onsachse, so ergibt sich eine maximale Löslichkeit von Kohlensto� in derEisenschmelze von 5,4 %. Für die Aktivität einer gelösten Komponente i er-gibt sich aus dem Produkt des Molenbruchs der Komponente xi und demAktivitätskoe�zienten γi:
ai = γi · xi (20)
Für die Aktivität gleich 1, also a[C] = 1 gilt:
γ[C] =1
[C, Sättigung]bzw. f[C] =
1
[C, Sättigung]
Jetzt gilt für den Aktivitätskoe�zienten von Kohlensto� in der Eisenschmelzef[C]:
f[C] =1
[C, Sättigung]=
1
0, 054= 18, 51
Für den Molenbruch von Kohlensto� gilt: xC = nC
nC+NFebzw.:
xC =cC/MC
cC/MC + cFe/MFe
=0, 054/12
0, 054/12 + (1− 0, 054)/55, 87= 0, 2099
Damit ergibt sich für den Aktivitätskoe�zienten:
γC =1
xC=
1
0, 2099= 4, 76
Der Aktivitätskoe�zient in einer mit Kohlensto� gesättigten Eisenschmelzebeträgt bei 4, 76. Dies bedeutet, dass die Kohlensto�aktivität gegenüber ei-ner idealen Mischung stark erhöht ist. Diese stark positive Abweichung vomidealen Verhalten veranschaulicht Bild 1.9.
Aufgabe:Bestimmen Sie die Aktivität von Schwefel aS in �üssigem Roheisen und denWechselwirkungsparameter der Elemente.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 22
Bild 1.9: Verlauf der Kohlensto�aktivität im System Eisen-Kohlensto� bei1000◦C
gegeben: Zusammensetzung des RoheisensC = 4,0 %Si = 1,5 %Mn = 1,5 %S = 0,06 %
In Bild 1.10 ist der logarithmierte Aktivitätskoe�zient von Schwefel log fSxin Abhängigkeit von der Konzentration verschiedener Legierungselementeeingetragen. Darüber hinaus veranschaulicht das Bild am Beispiel des Le-gierungselements Kohlensto�, wie der S-Aktivitätskoe�zient aus dem Dia-gramm abgelesen wird. Der Schnittpunkt bei einem Kohlensto�gehalt von 4% mit der eingetragen Kohlensto�kurve ergibt den Wert für den Aktivitäts-koe�ezienten für Schwefel. In diesem Fall liegt log fCS bei ungefähr 0,48.Bild 1.11 zeigt eine Übersicht von Wechselwirkungsparametern. Der Ein�usseines Legierungselements kann wie folgt abgelesen werden. Ist die Wirkungvon Legierungselementen auf eine gelöste Komponente gesucht, so ist dieseKomponente links in der ersten Spalte zu suchen und die Wirkungsparameterstehen in den Spalten. Betrachtet man z. B. die Löslichkeit von Aluminiumin einer Eisenlegierung und will wissen, wie der Wirkungsparameter von ge-löstem Sauersto� ist, so sucht man Al in der ersten Spalte (erstes Element inder ersten Spalte). In dieser Zeile geht man bis zur Spalte mit dem ElementSauersto� und �ndet dort den Wirkungsparameter -1,68.Zunächst wird der Aktivitätskoe�zient für Schwefel anhand der Wirkungs-
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 23
Bild 1.10: Wirkung von Legierungselementen auf den Aktivitätskoe�zientenvon Schwefel in Eisenlegierungen
Bild 1.11: Wirkungsparameter in Eisenschmelzen
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 24
parameter aus Bild 1.11 bestimmt. Dies geschieht nach folgender Aufsum-mierung:
log fS =n∑i=2
εiS[ci] = εSS[%S] + εCS [%C] + εSiS [%Si] + εMnS [%Mn]
Setzt man die Wirkungsparameter aus Bild 1.11 ein, ergibt sich folgendeGleichung:
log fS =n∑i=2
εiS[ci]
= −0, 028 · 0, 06 + 0, 114 · 4, 0 + 0, 063 · 1, 5 + (−0, 023 · 1, 5)
= 0, 514
fS = 3, 268
Abschlieÿend ergibt sich die Aktivität von Schwefel sinngemäÿ nach Glei-chung 20 zu:
aS = fS · [S]
= 3, 268 · 0, 06
= 0, 196
Im Falle der idealen Lösung gilt Aktivität gleich Konzentration a1 = xi beieinem Aktivitätskoe�zienten von fS = 1. Demgegenüber beträgt die Schwe-felaktivität im Roheisen aS = 0, 196 und ist gegenüber der idealen Lösung(aS = 0, 06) stark erhöht. Der Aktivitätskoe�zient fS von 3,268 bedeutet,dass sich die Aktivität des Schwefels im Eisen infolge dieser Drittelementemehr als verdreifacht als ohne diese.
Aufgabe:Eine �üssige Fe-Cr-Ni-Legierung mit 18%Cr und 8%Ni besitzt bei 1600◦Ceinen Sticksto�gehalt von 2082 ppm, wenn sie unter normaler Luftatmosphäreerschmolzen wird. Durch experimentelle Untersuchungen ist bekannt, dassder in Eisen gelöste Sticksto� bei 1600◦C dem HENRYschen Gesetz folgt.
a) Bis zu welchem Druck muss die Luftatmosphäre evakuiert werden, wenndie Schmelze nicht mehr als 200 ppm Sticksto� lösen soll?
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 25
b) Wieviel Sticksto� könnte eine reine Eisenschmelze bei 1600◦C
i Bei dem unter a) berechnetem Druck
ii Bei pN2 = 1 bar und
iii Unter Luftatmoshpäre mit pges. = 1 bar lösen?
gegeben:
• lgK = −285T− 1, 21 Gültigkeitsbereich 1600− 1700◦C
• ε[Cr]N = −0, 045
• ε[Ni]N = +0, 010
Lösung zur Teilaufgabe a)
• Reaktionsgleichung aufstellen: 12{N2} → [N ]
• Bestimmung der Gleichgewichtskonstante:K =a[N ]√pN2
bzw. a[N ] = K√pN2︸ ︷︷ ︸
Sievert−Gesetz
• Bei 1600◦C ergibt sich K zu:
lgK = − 285
1873− 1, 21 = −1, 36215
K = 10−1,36215
= 0, 0434
• Mit Hilfe der Wirkungsparameter erfolgt nun die Bestimmung des Sticksto�-Aktivitätskoe�zienten, um damit die Abweichung vom idealen Verhal-ten beschreiben zu können.
a[N ] = f[N ][%N ]
lg f[N ] = εNN [%N ] + εCrN [%Cr] + εNiN [%Ni]
= 0 + 18(−0, 045) + 8(0, 01)
= −0, 73
f[N ] = 10−0,73 = 0, 1862
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 26
• Durch einen Sticksto�aktivitätskoe�zienten von f[N ] = 0, 1862 kommtes zu einer Erniedrigung der Sticksto�aktivität im Gegensatz zur idea-len Lösung.
• Für einen Sticksto�gehalt von 200 ppm (0, 02 %) ergibt sich die Stick-sto�aktivität zu:
a[N ] = f[N ][%N ]
= 0, 1862 · 0, 02 = 0, 003724
= 3, 724 · 10−3
• Über die Gleichgewichtskonstante kann nun der Sticksto�druck überder Schmelze ermittelt werden:
p{N2} =(a[N ]
K
)2
=
(3, 724 · 10−3
0, 0434
)2
= 0, 00736
= 7, 36 · 10−3 bar = 7, 3mbar
• Nach dem Gesetz von Dalton setzt sich der Gesamtdruck aus den Par-tialdrücken der einzelnen Gaskomponenten zusammen: pges. =
∑ki=1 pi.
Und demzufolge gilt für den Partialdruck pi = xi · pges.. Also gilt:
pges. =p{N2}
x{N2}
=7, 36mbar
0, 79︸︷︷︸Luft
= 9, 319mbar
Lösung zu Teilaufgabe b)Die Anwendung des Sievertschen Quadratwurzelgesetzes ergibt folgende Lö-sungen
i [%N ] = K√pN2 = 0, 0434 ·
√0, 00736 = 3, 724 · 10−3 = 37, 23 ppm
ii [%N ] = K√pN2 = 0, 0434 ·
√1 = 0, 0434 = 434 ppm
iii [%N ] = K√pN2 = 0, 0434 ·
√0, 79 = 0, 0385 = 385 ppm
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 27
1.8 Thermodynamik chemischer Reaktionen
Aufgabe:
Prüfen Sie, ob sich ein Gemisch aus 30 % CO2 und 70 % CO bei 700◦Cund 1 bar über die Boudouard-Reaktion im Gleichgewicht mit festem Koh-lensto� be�ndet! Be�ndet sich das Gemisch nicht im Gleichgewicht, ist dieZusammensetzung unter Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln.
gegeben:
Für 298K sind folgende Sto�daten gegeben:Sto� H0[kJ/mol] S0[J/K]C(s) 0 5,69CO2(g) -393,51 213,64CO -110,52 197,91
Lösung:
Zur Überprüfung, ob diese Zusammensetzung dem Gleichgewicht bei 700◦Cund 1 bar entspricht, muss die Gleichgewichtskonstante anhand der thermo-dynamischen Sto�daten berechnet werden:
• Reaktionsgleichung: C(s) + CO2(g) = CO(g)
• Gleichgewichtskonstante für das Gemisch aus 30 % CO2 und 70 % CO
bei 700◦C und 1 bar ergibt sich zu: K =p2CO
pCO2= 0,72
0,3= 1, 633
• Ausgangspunkt ist wieder die Beziehung ∆G = ∆G0 +
Null︷ ︸︸ ︷RT lnK. Da
es sich um reine Sto�e handelt (aCO = aCO2 = aC = 1), wird derAusdruck RT lnK = 0. Damit ist ausschlieÿlich ∆G0 über die Gibbs-
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 28
Helmholtz-Beziehung zu ermitteln:
∆G0 = ∆H0 − T∆S0
= (H0Produkte −H0
Edukte − T (S0Produkte − S0
Edukte))
= 2 ·H0CO − (H0
C +H0CO2− (2S0
C + S0CO2
)) · 10−3 · T= 2 · (−110, 52)− (0 + (−393, 51))− (2 · 197, 91− 5, 69− 213, 64) · 10−3 · T= 172, 47− 176, 49 · 10−3 · 973, 15
= 0, 7189 kJ/mol
∆G0 = −RT lnK
lnK = − 0, 719
8, 314 · 10−3 · 973, 15= −0, 0889
K = 0, 915
• Das bedeutet, dass die Gasmischung sich nicht im Gleichgewicht be�n-det, da 0, 915 6= 1, 633.
• Um die Zusammensetzung der Gasmischung unter Gleichgewichtsbe-dingungen zu ermitteln, muss eine quadratische Gleichung gelöst wer-den, die sich aus der Gleichgewichtskonstanten ergibt:
K =p2CO
pCO2
=x2CO
1− xCO
∣∣∣∣Umstellen und Nullsetzen
0 = x2CO +K · xCO −K
xCO = −K2
+
√(K
2
)2
− (−K)
= 0, 6028
Die Gleichgewichtszusammensetzung lautet 60, 3 %CO und 39, 7 %CO2.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 29
Aufgabe:
• Ab welcher Temperatur wird reines SiO2 von reinem Kohlensto� redu-ziert?
• Ist die Reaktion exo- oder endotherm und wie groÿ ist die Enthalpie(Reaktionswärme bei konstantem Druck)?
• Wie ändert sich diese Temperatur, wenn das SiO2 nicht rein vorliegt,sondern in einer Schlacke die Aktivität a(SiO2) = 0, 8 hat.
gegeben:
• Si(liquid) + O2(gas) → SiO2(solid) mit ∆G = −952, 5 kJ/mol +202, 8J/(mol ·K) · T in J/(mol ·K)
• C(solid)+12O2(gas)→ CO(gas) mit ∆G = −114, 4 kJ/mol−85, 8J/(mol·
K) · T in J/(mol ·K)
• pCO = 1 bar und R = 8, 314 J/(mol ·K)
Lösung:
• Reaktionsgleichung aufstellen: SiO2 + 2C → Si+ 2CO
• Ein grundlegender Zusammenhang zwischen Gibbsenergie, Entropieund Enthalpie ist die Gibbs-Helmholtz-Gleichung2 G = H − TS. Fürdie Reaktionsgleichung SiO2 + 2C → Si + 2CO hat über die gegebe-nen Teilreaktionen eine Summenbildung zu erfolgen. Die Teilreaktionenkönnen dabei wie mathematische Gleichungen behandelt werden. Umdie Beträge und die Vorzeichen von Enthalpien und Entropien kor-rekt anzusetzen, müssen auf der Basis der gegebenen Teilreaktionendie Reaktionsrichtung und die Molzahlen aufeinander angepasst wer-den. Dazu wird ein Faktor F eingeführt. Läuft die Summenreaktionin Gegenrichtung ab, erhält der Faktor K ein entgegengesetztes Vorzei-chen. Wandelt bei der gegebenen Teilreaktion nur ein Mol der Edukte inProdukte um, jedoch bei der betrachteten Summenreaktion zwei Mole,so ist der Faktor F zu verdoppeln.
Teilreaktion A B Faktor KSi(l) +O2(g)→ SiO2(s) -952,5 202,8 -1C(s) + 1
2O2(g)→ CO(g) -114,4 -85,8 +2
2Oftmals hat die G-Funktion jedoch die Form G = A+BT . Dadurch kann es vorkom-men, dass sich auch negative Werte für B ergeben, was nicht zu bedeuten hat, dass es sichdabei um negative Entropien handelt.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 30
Da in der gegebenen Teilreaktion zur Siliziumoxidation ein Mol Si mitSauersto� in SiO2 umwandelt, jedoch die Umwandlung nach der Sum-menreaktion in umgekehrter Richtung verläuft, ergibt sich ein FaktorF von −1. Bei der gegebenen Teilreaktion der Teilverbrennung von Czu CO wandelt ein Mol Kohlensto� in ein Mol CO um. In der betrach-teten Summenreaktion wandeln jedoch zwei Mole Kohlensto� in zweiMole CO um. Da die Teilverbrennung von Kohlensto� bei der gegebe-nen Teilreaktion und bei der Summenreaktion in die gleiche Richtungverlaufen, erhält der Faktor F ein positives Vorzeichen und nimmt denWert 2 an. Nun müssen die Werte für H und S mit dem Faktor Kmultipliziert werden und es ergeben sich folgende Werte für die Sum-menreaktion.Teilreaktion A BSi(l) +O2(g)→ SiO2(s) 952,5 -202,8C(s) + 1
2O2(g)→ CO(g) -228,8 -171,6
SiO2 + 2C → Si+ 2CO 723,7 -374,4
Der resultierende Wert für A = +723, 7 kJ/mol entspricht der Reakti-onsenthalpie für die Summenreaktion. Der Wert ist positiv und daherhandelt es sich um eine endotherme Reaktion.
• Stellt sich zwischen den Produkten und Edukten der Summenreaktionein chemisches Gleichgewicht ein, so wird ∆G = 0. Über die Gleichungfür die G-Funktion kann nun die Temperatur für diesen Gleichgewichts-zustand ermittelt werden:
∆G = A+BT
0 = A+BT
T = −A/B
=−732, 7 · 1000
−374, 4
= 1957K
• Um zu ermitteln, wie sich diese Gleichgewichtstemperatur verändert,wenn (SiO2) nicht mehr als reiner Sto� vorliegt, sondern eine Aktivitätvon 0,8 hat, kommt folgende grundlegende Gleichung zum Einsatz:
∆G = ∆G0︸︷︷︸Standardterm
+ RT lnK︸ ︷︷ ︸Abweichung von Standard-Bedingungen
(21)
• Zunächst ist für die Summenreaktion die Gleichgewichtskonstante zu
ermitteln: K =a2{CO}
a(SiO2)=
p{CO}a(SiO2)
= 12
0,8= 1, 25
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 31
• Im Gleichgewichtsfall wird ∆G in Gleichung 21 gleich Null:
0 = ∆G0 +RT lnK
∣∣∣∣−∆G0
−∆G0 = RT lnK
−A−BT = RT lnK
∣∣∣∣+BT
−A = RT lnK +BT
∣∣∣∣T ausklammern
−A = T (R lnK +B)
∣∣∣∣ : (R lnK +B)
T =−A
R lnK +B
=−723, 7
8, 314 · ln(1, 25) + (−374, 4)
= 1978◦C
Wenn SiO2 nicht als reiner Sto� vorliegt, sondern eine Aktivität von 0,8 hat,bewirkt dieser Umstand eine leichte Erhöhung der Gleichgewichtstemperaturauf 1978K.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 32
Aufgabe:Mn undMnO be�nden sich als reine Phasen in einem CO−CO2-Gasgemischmit 90 % CO bei 1 bar Druck und 1500◦C Wird MnO unter diesen Bedin-gungen reduziert oder Mn oxidiert? Berechnen Sie die ∆G-Werte für dieReduktion bzw. Oxidation und beurteilen Sie anhand dieser den potenziellenReaktionsverlauf.
gegeben:
Teilreaktion A [kJ/mol] [B] J/(mol ·K)Mn(l) + 1
2O2(g)→MnO(s) -406,5 87,9
C(s) + 12O2(g)→ CO(g) -114,4 -85,8
C +O2 → CO2 -395,3 -0,5
Lösung:
• Reaktionsgleichung für die Reduktion: MnO + CO →Mn+ CO2
• Die Teilreaktionen können auch hier wieder wie mathematische Glei-chungen behandelt werden. Um die Beträge und die Vorzeichen vonEnthalpien und Entropien korrekt anzusetzen, müssen auf der Basisder gegebenen Teilreaktionen die Reaktionsrichtung und die Molzahlenaufeinander angepasst werden. Dazu wird wieder der Faktor F entspre-chend ermittelt.Teilreaktion A B FMn(l) + 1
2O2(g)→MnO(s) 406,5 -87,9 -1
C(s) + 12O2(g)→ CO(g) 114,4 85,8 -1
C +O2 → CO2 -395,3 -0,5 1Summe 125,6 -2,60
• Es gilt allgemein ∆G = ∆G0 +RT lnK
• Zunächst wird aus den gegebnen Daten der ∆G0-Wert für die Sum-menreaktion ermittelt:
∆G0 = A+BT
= 125, 6 · 1000 + (−2, 6 · (1600 + 273, 15))
= 120990, 2 J/mol
• Gleichgewichtskonstante: K =pCO2
pCO= 10%
90%= 0, 111
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 33
• Nun kann auch der Wert für RT lnK berechnet werden:
∆G = ∆G0 +RT lnK
∣∣∣∣Gleichgewicht0 = ∆G0 +RT lnK
∣∣∣∣−RT lnK
∆G0 = −RT lnK
−RT lnK = −8, 314 · (1500 + 273, 15) · ln(0, 111)
−RT lnK = 32390, 2 J/mol
∣∣∣∣ : (−1)
RT lnK = −32390, 2 J/mol
• Jetzt können beide ∆G-Beträge zum resultierenden Wert zusammen-gefasst werden:
∆G = ∆G0 +RT lnK
= 120990, 2 J + (−32390, 2 J/mol)
= 88599, 53 J/mol
Der ∆G-Wert ist positiv. Die Reduktion läuft unter diesen Bedingungen nichtab. Daher erfolgt jetzt die Betrachtung der Oxidationsreaktion.
• Reaktionsgleichung für die Oxidation: Mn+ CO2 →MnO + CO
• Ermittlung der Vorzeichen und Energiebeträge unter Berücksichtigungder Reaktionsrichtung:
Teilreaktion A B FMn(l) + 1
2O2(g)→MnO(s) -406,5 87,9 1
C(s) + 12O2(g)→ CO(g) -114,4 -85,8 1
C +O2 → CO2 395,3 0,5 -1Summe -125,6 2,60
• Es gilt allgemein ∆G = ∆G0 +RT lnK
• Zunächst wird aus den gegebnen Daten der ∆G0-Wert für die Sum-menreaktion ermittelt:
∆G0 = A+BT
= −125, 6 · 1000 + 2, 6 · (1500 + 273, 15)
= −120990, 2 J/mol
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 34
• Gleichgewichtskonstante: K =pCO2
pCO= 90%
10%= 9
• Berechnung von RT lnK:
∆G = ∆G0 +RT lnK
∣∣∣∣Gleichgewicht0 = ∆G0 +RT lnK
∣∣∣∣−RT lnK
∆G0 = −RT lnK
−RT lnK = −8, 314 · (1500 + 273, 15) · ln(9)
−RT lnK = −32390, 66 J/mol
∣∣∣∣ : (−1)
RT lnK = 32390, 66 J/mol
• Jetzt können beide ∆G-Beträge zum resultierenden Wert zusammen-gefasst werden:
∆G = ∆G0 +RT lnK
= −120990, 2 J + 32390, 66 J/mol
= −153380, 86 J/mol
Der ∆G-Wert der Oxidation ist negativ. D.h. Unter den gegebenen Bedin-gungen läuft die Oxidation von nach der Raktion Mn+CO2 →MnO+COab.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 35
Aufgabe:
• Ist eine Reduktion von festem CrCl2 bei 800◦C mit Wassersto� unterBildung von HCl thermodynamisch möglich?
• Wie beein�usst die Anhebung des Wassersto�partialdrucks auf pH2 =97% eine mögliche Reduktion?
gegeben: ∆G(800◦C) = 61, 7 kJ/mol
Lösung:
• Reaktionsgleichung: CrCl2(s) +H2(g)→ Cr(s) + 2HCl(g)
• Gleichgewichtskonstante:
K =aCr · p2
HCl
aCrCl2 · pH2
=p2HCl
pH2
∆G = −RT lnK
∣∣∣∣ : RT
lnK = −∆G
RT
K = exp
(− 61, 7 · 1000
8, 314 · (800 + 273, 15)
)= 9, 92 · 10−4
• Berechnung der Partialdrücke:
K =p2HCl
1− pHCl
∣∣∣∣Umstellen nach p2HCl
p2HCl = K −K · pHCl
∣∣∣∣Quadratische Gleichung0 = p2
HCl +K · pHCl −K
pHCl1,2 = −K2±√K2
4+K
• Für den Gesamtdruck gilt: pges. = pHCl + pH2 = 1 bar
pHCl = −9, 92 · 10−4
2+
√(9, 92 · 10−4)2
4+ 9, 92 · 10−4
= 3, 1 · 10−2 bar
pH2 = 1− 3, 1 · 10−2
= 0, 9690 bar
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 36
• Beurteilung der Reaktion bei pH2 = 97 %:
∆G = ∆G0 +RT lnK
= ∆G0 +RT ln
(p2HCl
pH2
)Im Gleichgewicht gilt:
0 = 61, 7 + 8, 314 · (800 + 273, 15) · ln(
3, 1 · 10−2
0, 9690
)Für pH2 = 97 % gilt:
∆G = 61, 7 + 8, 314 · (800 + 273, 15) · ln(
3, 1 · 10−2
0, 97
)= −600 kJ/mol
Der ∆G-Wert wird infolge der Anhebung von pH2 auf 97 % negativ undbewirkt somit, dass eine Reduktion von CrCl2 mit Wassersto� bei 800◦Cmöglich ist.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 37
Aufgabe:
• Ist die Herstellung von gasförmigen Mg durch Reduktion von MgOmit Si möglich?
• Wie verändert sich das Gleichgewicht bei Zudosierung von CaO undunter Vakuum (0, 01 bar)?
gegeben:
• T = 1500 K
• ∆G = A+BT
• ∆G = 523000− 211 · T (Reduktion)
• ∆G = −126400− 5 · T (Zugabe von CaO)
Lösung:
1. Fall: Reduktion mit Si
• Reaktionsgleichung: Si(s) + 2MgO = SiO2(s) + 2Mg(g)
• ∆G = 523000− 211 · T = 523000− 211 · 1500 = +206500 J/mol
• ∆G ist positiv - Reaktion nicht möglich.
2. Fall Zugabe von CaO
• Reaktionsgleichung: 2CaO(s) + SiO2(s) = Ca2SiO4(s)
• ∆G = −126400− 5 · T = −126400− 5 · 1500 = −133900 J/mol
• Addieren der beiden Gleichungen:
Teilreaktion A BSi(s) + 2MgO = SiO2(s) + 2Mg(g) 523000 -2112CaO(s) + SiO2(s) = Ca2SiO4(s) -126400 -5Summe 396600 -216
∆G = 396600− 216 · T = 396600− 216 · 1500 = 72600 J/mol
• ∆G ist positiv - Reaktion nicht möglich.
3. Fall: Reduktion im Vakuum
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 38
• Ausgangspunkt ist die Gleichung:
∆G = A+BT
Diese Form entspricht auch:
∆G = ∆G0︸︷︷︸A
+R lnK︸ ︷︷ ︸B
T
K ergibt sich zu:
K =aCa2SiO4 · aSiO2 · p2
Mg
aSi · aMgO · a2CaO · aSiO2
=1 · 1 · p2
Mg
1 · 1 · 12 · 1= p2
Mg
B im Vakuum (0, 01 bar):
B = R · lnK = 8, 314 ln(0, 012) = −76, 57 J/mol
• Der Summand A beträgt 396600 J/mol (siehe Tabelle oben). Der Fak-tor B muss nun auch noch über eine Di�erenz gebilden werden. Dieseergibt sich aus folgendermaÿen:
B =
Reduktion︷︸︸︷B1 +
Zugabe CaO︷︸︸︷B2 +
Vakuum︷︸︸︷B3
= −211 + (−5) + (−76, 57)
= −292, 75
• Nun lässt sich der ∆G-Wert für die Bedingungen im Vakuum berech-nen:
∆G0 = A+BT
= 396600 + (−292, 75) · 1500
= −42262, 15 J/mol
Der ∆G-Wert ist negativ. D. h. unter diesen Bedingungen ist es thermody-namisch möglich, dass durch Reduktion von MgO mit Si Magnesiumdampfentsteht. In der Praxis wird Dolomit (MgO-CaO) mit Si-Pulver zusammen-gemischt. Die Reduktion �ndet bei 1200◦C und Unterdruck statt. Der Mg-Dampf wird ins feste Mg kondensiert. Der Prozess heiÿt Pidgeon-Verfahren.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 39
Aufgabe:
• Ist die Reduktion von (SiO2) in der Schlacke durch [Mn] in der Stahl-schmelze während des Stahlerzeugungsprozesses möglich?
• Wie beein�usst die Schlackenzusammensetzung den thermodynamischenReaktionsverlauf?
gegeben:
• T = 1600◦C
• ∆G0 = 14740 + 22, 1 · T in J/mol
• Basische Schlacke: a(SiO2) = 0, 05, a(MnO) = 0, 2
• Saure Schlacke: a(SiO2) = 1; a(MnO) = 0, 1
Lösung:
Fall 1: �Direkte Reduktion�
• Reaktionsgleichung: (SiO2) + 2[Mn] = [Si] + 2MnO
• ∆G0 = 14740 + 22, 1 · (1600 + 273, 15) = 56133, 3 J/mol
• Die Reaktion �ndet nicht statt.
Fall 2: Basische Schlacke
• Berechnung der chemischen Triebkraft über: ∆G = ∆G0 +RT lnK
• Gleichgewichtskosntente: K =a[Si]·a2
(MnO)
a[Mn]·a(SiO2)=
a2(MnO)
a(SiO2)
• ∆G = 56133, 3+8, 314 ·(1600+273, 5) · ln(0, 22/0, 05) = 52658, 4 J/mol
• Die Reaktion �ndet nicht statt.
Fall 3: Saure Schlacke
• Berechnung der chemischen Triebkraft über: ∆G = ∆G0 +RT lnK
• ∆G = 56133, 3 + 8, 314 · (1600 + 273, 5) · ln(0, 12/1) = −15578, 9 J/mol
• Die Reaktion �ndet statt.
Die Reduktion von SiO2 ist bei 1600◦C unter der Verwendung einer saurenSchlacke möglich.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 40
1.9 Richardson-Ellingham-Diagramme
Für eine einfache Oxidationsreaktion
2Me+O2 = 2MeO
wird das Gleichgewicht bei gegebener Temperatur ausschlieÿlich vom Sauer-sto�partialdruck bestimmt. Dies zeigt auch die Gleichgewichtskonstante:
K =1
pO2
Für eine Reduktion eines Metalloxids MeO mit einem Reduktionsmittel Rgilt allgemein:
MeO +ROxidation−�=======�−Reduktion
Me+RO
und
• pO2(MeO) > pO2(RO) dannMeO →Me,R→ RO Reduktion
• pO2(MeO) < pO2(RO) dannMe→MeO,RO → R Oxidation
• pO2(MeO) = pO2(RO) dann Gleichgewicht
Um Oxidations- und Reduktionsvorgänge thermodynamisch beurteilen zukönnen, sind Kenntnisse über die Gröÿe der Sauersto�partialdrücke der Be-teiligten Oxide erforderlich. Es gilt:
GB = G0B +RT ln p∗B (22)
• p∗B Partialdruck des reinen Sto�es B
• G0B Gibbsenergie des Sto�es B bei p∗B = 1 bar (Standardzustand)
• GB Gibbsenergie des Sto�e B bei p∗B
Wird p∗B = 1 bar, dann ist GB = G0B. Für eine chemische Reaktion gilt:
GT =∑
Produkte
nGT −∑Edukte
nGT = ∆G0T +RT ln
(pProduktepEdukte
)(23)
Im Gleichgewichtsfall ist ∆GT = 0 und pProdukte
pEdukte= K. Daraus ergibt sich:
GT = −RT lnKp = −4, 575 · T · lgKp (24)
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 41
Somit ergibt sich:
lgKp = − ∆G0T
4, 575T= − ∆H0
T
4, 575T+
∆S0T
4, 575(25)
Anhand dieser Beziehungen ist es möglich, über die Werte von ∆H0T und
∆S0T die Gleichgewichtskonstante Kp zu berechnen. Für Oxidation gilt:
Kp =1
pO2
lnKp = − ln pO2
Damit ist:
∆G0T = ∆H0
T − T∆S0T = RT ln pO2 (26)
Der Ausdruck RT ln pO2 wird in der Lietratur als Sauersto�potenzial be-zeichnet und kann als Maÿ für die Stabilität von Oxiden angesehen werden.Die Stabilität von Oxiden, gekennzeichnet durch das betre�ende Sauersto�-potenzial, wird stark von der Temperatur beein�usst. Bild 1.12 zeigt dieTemperaturabhängigkeit des Sauersto�potenzials einiger reiner Oxide. DieseDarstellung wird auch als Richardson-Ellingham-Diagramm bezeichnet.
Aufgabe:
• Ermitteln Sie das H2O/H2-, das CO2/CO-Verhältnis und den Sauer-sto�partialdruck für die Reaktion Si + O2 → SiO2 durch Ablesen ausdem Richardson-Diagramm.
• Berechnen Sie den Sauersto�partialdruck für die Siliziumoxidation für1200◦C.
gegeben:
• ∆RH0 = −215600 cal/mol
• ∆RS0 = 41, 5 kcal/mol
• Daten aus Kubaschewski, O. and Evans E. Metallurgical Thermoche-mistry, 5. Au�age, Pergamon Press 1979
Lösung:
• Zunächst kennzeichnet man den Verlauf des Sauersto�potenzials fürdie Reaktion Si+O2 → SiO2 (dicke rote Linie)
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 42
Bild 1.12: Richardson-Diagramm (H.-W. Fenzke: Physikalisch-ChemischeGrundlagen der Eisenmetallurgie)
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 43
• Im nächsten Schritt schneidet die dicke schwarze Linie den Tempera-turverlauf des Sauersto�potenzials der betrachteten Reaktion bei einerTemperatur von 1200◦C
• Auf der Ordinate (Sauersto�potenzial) be�nden sich drei charakteristi-sche Punkte, die mit O2, H2 und CO bezeichnet sind. Positioniert maneine Gerade derart, das diese den O2-Punkt und den Schnittpunkt Sau-ersto�potenzial bei für 1200◦C schneidet und verlängert diese auf dierechten Ordinaten des Diagramms, so kann man an der Ordinate lgO2
den entsprechenden Sauerstó�partialdruck ablesen. Um die Verhältnis-se von H2O/H2 bzw. CO2/CO zu ermitteln, geht man analog vor, nurdass die entsprechenden Punkte auf der linken Ordinate ausgewähltwerden.
• Bild 1.13 zeigt die Vorgehensweise schematisch. Durch Ablesen er-hält man folgende Werte: pO2 ≈ 10−23 bar, lg(H2O/H2) ≈ −5, 7 undlgCO2/CO ≈ −6
Die Berechnung des Sauersto�partialdrucks für die Siliziumoxidatio bei 1200◦Cerfolgt folgendermaÿen:
• Umrechnung der Angaben von Kalorien in Joule (1 cal = 4, 189 J):∆RH
0 = −901, 2 kJ/mol und ∆RS0 = 173 J/mol
• Gleichgewichtskonstante: K =a(SiO2)
aSi·aO2= 1
pO2
∆G = −RT lnK
bzw.
∆G = A+BT
K =1
pO2
= exp
(−A+BT
RT
)ln 1− ln pO2 = exp
(−A+BT
RT
)0− ln pO2 = exp
(−A+BT
RT
)pO2 = exp
(A+BT
RT
)pO2 = 2, 4 · 1023 bar
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 44
Bild 1.13: Richardson-Diagramm mit eingezeichneten Linien zur Bestimmungvon Sauersto�parztialdruck, H2O/H2- bzw. CO2/CO-Verhältnis bei 1200◦Cfür die Oxidation von Silicium
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 45
1.10 Homogene Keimbildung
Aufgabe:Wie groÿ ist die unter Annahme homogerner Keimbildung theoretische Keim-bildungshäu�gkeit bei einer Desoxidation mit Aluminium, wenn die Tempe-ratur 1600◦C beträgt, die Schmelze 0, 02 % gelösten Sauersto� enthält unddurch Zugabe von metallischem Al ein Al-Gehalt von 0, 01 % eingestellt wird.gegeben:
• Löslichkeitsprodukt: 1K
= 10−14
• H = 1030Keime · s−1cm−3
• Vm,Al2O3 = 30 cm3mol−1
• σG = 1, 7 · 10−4 J · cm−2
Lösung:
• Die Desoxidation mit Aluminium läft nach folgender Reaktionsglei-chung: 3[O] + 2[Al]→ (Al2O3).
• Gleichgewichtskonstante: K =a(Al2O3)
a3[O]·a2
[Al]
• Im Gleichgewicht gilt folgender Zusammenhang zwischen Gleichgewichts-konstante und Löslichkeitsprodukt, weil die Desoxidation in umgekehr-te Richtung erfolgt: 1
K= K ′ = c3
[O] · c2[Al] = 10−14
• Für Sauersto�gehalte in der Schmelze von 0, 1 % liegt der Gleichge-wichtsgehalt bei:
1014 = 0, 13 · c2[Al]
∣∣∣∣ : (0, 1)3
c[Al] =
√10−14
0, 13
= 3, 162 · 10−6
• Bedeutet K ′tats das Massenwirkungsprodukt der im Ungleichgewicht(also bei Übersättigung) in der Schmelze gelösten Gehalte an [O] und[Al] mit K ′tats = c3
[O] · c2[Al] so ist ein Ablauf der Desoxidation in der
gewünschten Richtung unter der Bedingung K′tatsK′
= Ψ > 1 möglich.
Den Quotienten K′tatsK′
bezeichnet man als Übersättigung Ψ.
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 46
• Die Übersättigung Ψ steht in folgendem Zusammenhang mit der Gibb-senergie der neu zu bildenden Phase:
−∆G = RT lnK +RT ln c3[O] · c2
[Al]
= RT lnK ′tatsK ′
= RT ln Ψ
• Nach der Vollmer�schen Keimbildungstheorie gilt für die statistischeHäu�gkeit der Bildung eines Keims aus einer homogenen Mutterphase:
I = H · exp
(−∆GK
kB · T
)(27)
d. h. die Keimbildungsarbeit ist umso gröÿer, je kleiner die aufzubrin-gende Keimbildungsarbeit ∆GK und je gröÿer T ist.
• Bei Betrachtung der homogenen Keimbildung reduziert sich die Fun-damentalgleichung zu:
E = µn︸︷︷︸∆G-Volumen
+ σA︸︷︷︸∆G-Ober�äche
∆GVolumen = (µs − µl)( nV
)(4
3πr3
)∆GOber�äche = σG · 4πr2
• Die Keimbildungsarbeit setzt sich demzufolge aus den Beiträgen Volumen-und Grenz�ächenenergie zusammen, die gegenläu�g sind wie Bild 1.14verdeutlicht. Aufgrund der Tatsache, dass die Volumenenergie negati-ve Werte annimmt, ist dieser Sachverhalt auch mit einem negativenVorzeichen zu berücksichtigen. Von der Grenz�ächenenergie ist die Vo-lumenenergie zu subtrahieren, um auf den resultierenden Verlauf desKeimbildungsradius zu ermitteln. Ab dem kritischen Keimbildungsra-dis rkr nimmt die Keimbildungsrabeit kontinuierlich ab und beginntnach Unterschreiten der Abzisse (∆G-Werte werden negativ) ohne wei-tere Energiezufuhr zu wachsen.
∆GK = 4πr2krσG︸ ︷︷ ︸
neue Grenz�äche
− 4
3πr3
kr ·∆G
Vm︸ ︷︷ ︸neues Volumen
(28)
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 47
𝑉 =43𝜋𝑟
'
𝐴 = 4𝜋𝑟)𝜎
Bild 1.14: Homogene Keimbildung kuglelförmiger Keime aus einer homoge-nen Ausgangsphase
• Um zu bestimmen wie groÿ der kritische Keimradius rkr ist, muss die∆GK-Funktion aus Gleichung 28 nach dem Radius r abgeleitet undgleich Null gesetzt werden. Die Ableitung ergibt:
∆GK = 8π · rkr · σG − 4πr2kr ·
∆G
Vm
∣∣∣∣Nullsetzen und rkr ausklammern
0 = −(
4π∆G
Vm
)· r2
kr + (8πσG) · rkr∣∣∣∣ : −
(4π
∆G
Vm
)0 = r2
kr −(
8πσGVm4π ·∆G
)· r
0 = r2kr −
(2π · σG · Vm
∆G
)· rkr
rkr =−2π·σG·Vm
∆G
2+
√2π·σG·Vm
∆G
2
=2π · σG · Vm
∆G
1 THERMODYNAMISCHE GRUNDLAGEN 48
• Einsetzen von rkr in Gleichung für ∆GK :
∆GK = 4π ·(
2πσGVm∆G
)2
· σG −4
3π
(2πσGVm
∆G
)3
· ∆G
Vm
=4π · 4πσ3
GV2m
∆G2− 4
3π
8πσ3GV
3m
∆G3· ∆G
Vm
=16πσ3
GV2m
∆G2−
438πσ3V 2
m
∆G2
=
(πσ3
GV2m
∆G2
)·(
16− 32
3
)=
16πσ3GV
2m
3∆G2
• Jetzt wird der Term für ∆GK in die Vollmer�sche Gleichung eingesetzt:
I = H · exp
(−∆GK
kB · T
)= H · exp
(− 16πσ3
GV2m
3kBT · (RT ln Ψ)2
)lg I = lgH − 1, 4439 · 1021 ·
(σ3GV
2m
T 3(lg Ψ)2
)
• Ψ ergibt sich zu: Ψ =
[O]︷︸︸︷0, 02 ·
[Al]︷ ︸︸ ︷0, 012
10−14 = 8 · 104
• Damit erhält man abschlieÿend für die Keimbildungshäu�gkeit I:
lg I = lg 1030 − 1, 4439 · 1021 (1, 7 · 10−4)3 · 302
18733(lg 8 · 104)2≈ −10, 4
I = 4 · 10−11Keime · cm−3 · s−1