Handlungsleitende Konzepte zur Begleitung von … · Durch Prof. Erwin Böhm entwickeltes...

Post on 17-Sep-2018

227 views 1 download

Transcript of Handlungsleitende Konzepte zur Begleitung von … · Durch Prof. Erwin Böhm entwickeltes...

Handlungsleitende Konzepte zur

Begleitung von Menschen mit

Demenz auf dem Prüfstand

Ruth Lindenmann, MScN

Tagung CURAVIVA Weiterbildung

8. Oktober 2015

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Übersicht

• Ausgangslage

• Ausgewählte Konzepte im Vergleich

• Schlussfolgerungen

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Ausgangslage

• In der Pflegepraxis beschreiben Konzepte das Verständnis von Pflegephänomenen aus welchen sich konkrete Pflegemassnahmen ableiten lassen.

• Demenzspezifische Konzepte sollen helfen die Lebenswelt von Menschen mit Demenz zu verstehen damit eine bedürfnisorientierte Begleitung gelingen kann.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Ausgangslage

• Konzepte ermöglichen eine gemeinsame Haltung und unterstützen damit die Entscheidungsfindung im Pflegealltag.

• Umgangssprachlich werden die Begriffe Konzept, Modell, Ansatz synonym verwendet.

• Abgrenzung zum pflegewissenschaftlichen Theoriebegriff.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Ausgewählte Konzepte im Vergleich

• Mitte der 80iger Jahre entwickelte sich in der Schweiz

eine Abkehr vom traditionellen Pflegeverständnis der

„Warm- Satt – Sauber“- Pflege hin zu einer

bedürfnisorientierten, individuellen Pflegephilosophie.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Ausgewählte Konzepte im Vergleich

• Validation nach Feil

• Integrative Validation nach Richards (IVA)

• Erlebensorientierte Pflege und Betreuung (Mäeutik)

• Biographiearbeit / Erinnerungspflege

• Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm

• Person-zentrierte Pflege (VIPS-Modell, DCM)

• Das Montessori-basierte Demenz-Programm®

• Milieutherapie

• Die Eden Alternative®

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Validation nach Feil

• Durch Naomi Feil, eine amerikanische Sozialarbeiterin in den 1970iger Jahren entwickelt.

• Validation ist eine Methode, um mit desorientierten, sehr alten Menschen zu kommunizieren. Diese Technik hilft Streß abzubauen und ermöglicht diesem Personenkreis, Würde und Glück wiederzuerlangen.

(http://www.validation-eva.com)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Validation nach Feil

• Der Psychologe Carl

Rogers beeinflusste

durch seine Arbeit die

heute gebräuchlichsten

Konzepte in der Pflege

von Menschen mit

Demenz.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Validation nach Feil

Ziele

• Wiederherstellen des Selbstwertgefühls

• Reduktion von Stress

• Rechtfertigung des gelebten Lebens

• Lösen der unausgetragenen Konflikte aus der Vergangenheit

• Reduktion chemischer und physischer Zwangsmittel

• Verbesserung der verbalen und nonverbalen Kommunikation

• Verhindern eines Rückzugs in das Vegetieren

• Verbesserung des Gehvermögens und des körperlichen Wohlbefindens

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Integrative Validation nach Richards

Durch Nicole Richard ab 1993 eine Weiterentwicklung der

Validation nach Feil

Die Integrative Validation nach Richard® ist eine

ressourcenorientierte Methode für den Umgang und die

Kommunikation mit Menschen mit Demenz.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Integrative Validation nach Richards

Ziele

ein Gefühl der Zugehörigkeit, Ruhe, Sicherheit,

Verminderung von Angst, Stress, wacheres Hier-

Sein, Förderung von Kontakt- und

Beziehungsaufnahme zu Anderen, Schaffung

einer Zuhaus-Situation.

(http://www.integrative-validation.de/)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Erlebensorientierte Pflege und

Betreuung (Mäeutisches Konzept)

• Das Mäeutische Konzept wurde ab 1996 am Institut für

mäeutische Entwicklung in der Pflegepraxis (IMOZ)

entwickelt.

• Der Begriff Mäeutik (Hebammenkunst) und mäeutisch

(erlösend oder befreiend) leiten sich von der Methode

ab, die der griechische Philosoph Sokrates in den

philosophischen Gesprächen mit seinen Schülern

anwandte

(www.imoz.de)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Erlebensorientierte Pflege und

Betreuung (Mäeutisches Konzept)

• Mäeutik steht für das Bewusstmachen des intuitiven Wissens, bzw. von Erfahrungen sowohl von Lebenserfahrungen als auch von Erfahrungen die während der Pflegearbeit gemacht wurden.

• Die Mäeutik geht von zwei Erlebenswelten aus; die der Pflegenden und die der Bewohner.

(van der Kooij, 2003)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Erlebensorientierte Pflege und

Betreuung (Mäeutisches Konzept)

• Teamarbeit und Kommunikation

• Stärkung des Pflegeprozesses (Beobachtungsbogen und Charakteristik, Pflegediagnosen und –planung)

• Biographiearbeit

• Bezugspflege

(www.imoz.de)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Erlebensorientierte Pflege und

Betreuung (Mäeutisches Konzept)

Ziele

• Sicherheit für die Bewohner schaffen durch; Nähe,

Wärme, Liebe.

• Den Bewohnern emotionales Gleichgewicht

ermöglichen.

• Insgesamt mehr Ruhe und weniger Hektik schaffen.

• Durch Teamarbeit Unterstützung erfahren und Intuition

nutzbar machen.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Validierende Ansätze

Fazit

• Wirksamkeit der verschiedenen Formen der Validation im wissenschaftlichen Sinn nicht hinreichend belegt.

• Breite praktische Akzeptanz, dass eine validierende Interaktion Menschen mit Demenz hilft, alltägliche stressreiche Erfahrungen besser zu bewältigen.

• Kritik am Ansatz Feil; Bewältigung von ungelösten Konflikten

• Pragmatische und praxisorientierte Weiterentwicklung der Validation durch Nicole Richard

• Die Professionalität der Pflege kann durch die Erlebensorientierte Pflege und Betreuung gestärkt werden.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Biographiearbeit / Erinnerungspflege

• Biografiearbeit ist ein strukturiertes Verfahren, wie

bewohnerbezogene Informationen gesammelt, ausgewertet und für die Betreuung umgesetzt werden.

• Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sind die Betroffenen und ihre Angehörigen.

• Durch Biographiearbeit / Erinnerungspflege wird ein individueller Zugang zu Menschen möglich.

• Das Erinnern lebensgeschichtlicher Ereignisse und

gelebter Beziehungen stärkt die Identität und das soziale Zugehörigkeitsgefühl.

(Bartholomeyczik et al., 2006)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Biographiearbeit / Erinnerungspflege

• Erinnerungspflege beinhaltet Hintergrundwissen zur Zeit -,Sozial und Alltagsgeschichte einer Generation und Spezialwissen zur individuellen Biografie.

• Die Beziehung zwischen Pflegepersonen und Menschen mit Demenz wird gestärkt.

• Bedürfnisse und Wünsche werden schneller verstanden.

• Sicherheits- und Geborgenheitsgefühl wird gestärkt.

(Bartholomeyczik et al., 2006)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Psychobiographisches Pflegemodell

nach Böhm

Durch Prof. Erwin Böhm entwickeltes Pflegemodell.

Das psychobiographisches Modell basiert auf einem

„Reaktivierungsmodell“, das an die teilweise verschütteten

Fähigkeiten der Betroffenen anknüpfen will (Böhm, 2004).

Die Gefühlsseele (Thymopsyche) eines Menschen wird in

den ersten 25 Lebensjahren geprägt.

(www.enpp-boehm.com)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Psychobiographisches Pflegemodell

nach Böhm

Ziel

„Die Wiederbelebung (Reaktivierung) der Altersseele“

• Durch Reaktivierung sollen Menschen mit Demenz vor

Regression bewahrt werden.

• Symptome der Krankheit werden gelindert

• Lebensqualität von Menschen mit Demenz durch „Seelenpflege“ erhöht.

(Böhm, 2004;Prell, 2011)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Das Montessori-basierte Demenz-

Programm®

• Hilf mir, es selber zu tun!

• Aktivierung des prozeduralen Gedächtnisses

• Aktivitäten und Beschäftigungen werden mit den Bewohnern entwickelt.

• Umgehung von Defiziten - Konzentration auf Ressourcen

(www.ag-d.ch/)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Das Montessori-basierte Demenz-

Programm®

Ziele

• Besseres Verständnis für die kognitiven Störungen und

veränderte Herangehensweise

• Bessere Kommunikation und Beziehung zwischen den Menschen mit Demenz und ihren Betreuenden.

• Entwickeln von individuell angepassten Aktivitäten, die die kognitiven Fähigkeiten anregen.

(http://ag-d.ch/)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Biographische Ansätze Fazit

• Studienergebnisse zu den verschiedenen Formen der Biographiearbeit und Erinnerungspflege sind uneinheitlich.

• Breite praktische Akzeptanz, dass Biographiearbeit und Erinnerungspflege einen Zugang zu Menschen mit Demenz möglich machen.

• Neuere Untersuchungen zeigen dass Biographiearbeit und Erinnerungspflege positiv auf die soziale Interaktion, Stimmung und Aufmerksamkeit von Menschen mit Demenz wirken.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Biographische Ansätze

Fazit

• Es gibt Menschen die erinnern sich nicht gerne. Das muss respektiert werden.

• Kritik am Ansatz Böhm; Sieht Demenz als ein regressives Bewältigungshandeln.

• Zum Montessori-Demenz-Programm liegen kaum Erfahrungsberichte vor.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Person-zentrierte Pflege

• Durch Tom Kitwood, in den 1990iger Jahren geprägten Haltung gegenüber Menschen mit Demenz. Aufbauend auf der klienten-zentrierten Beratung von Carl Rogers.

• Durch eine person-zentrierte Pflege erfahren Menschen mit Demenz ein grösseres Mass an Wohlbefinden und sozialem Vertrauen.

(Brooker, 2008)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

VIPS-Modell

V

I

P

S

• Value base - eine Wertebasis, die den absoluten Wert eines jeden menschlichen Lebens schätzt - unbhängig vom Alter oder der kognitiven Fähigkeiten eines Menschen

• Individualized - ein Ansatz, der die Einzigartigkeit jedes Einzelnen anerkennt

• Perspective - die Welt aus der Perspektive der Nutzerin oder des Nutzers pflegebezogenener (Dienst-)Leistungen verstehen.

• Social environment — ein soziales Umfeld zur Verfügung stellen, das den psychologischen Bedürfnissen von Menschen mit Demenz entgegenkommt

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Dementia Care Mapping (DCM)

• Grundlage des Dementia Care Mapping ist die Werteorientierung an der personenzentrierten Pflege oder positiven Personenarbeit nach Kitwood.

• DCM ist ein Person-zentriertes Evaluations- und Beobachtungsverfahren. Dient der Abbildung der Lebensqualität und des psychischen Wohlbefindens von Menschen mit Demenz

(Kitwood, 2004)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Demenzgerechte Milieugestaltung

Durch milieutherapeutische Maßnahmen soll eine

Umgebung geschaffen werden, die Demenzkranken ein

menschenwürdiges, der persönlichen Lebensgeschichte

angepasstes Leben ermöglicht und ihre sensorischen,

emotionalen, kognitiven und psychischen Einschränkungen

ausgleicht.

(www.mds-ev.org)

Ruth Lindenmann 30.09.2015 29

Demenzgerechte Milieugestaltung

Optimales

Milieu Räumliche

Umgebung

Organisation

Soziale Umgebung

Modifiziert nach Cofone M (2000)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Die Eden Alternative®

• Die Eden Alternative® ist eine Philosophie. Begründet durch Dr. William Thomas und Judith Meyers-Thomas.

• Sie beruht auf der Grundannahme, dass Einsamkeit, Hilflosigkeit und Langeweile für das Leiden von älteren Menschen in Pflegeheimen verantwortlich ist.

• Die Eden Philosophie steht für Fürsorge der Bewohner und Mitarbeitenden.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Die Eden Alternative®

• Wohn- und Arbeitsumfeld orientieren an Zugehörigkeit, Gegenseitigkeit, Abwechslung, Spontaneität und menschliche Nähe.

• Alter- und Pflegeheime sollen zu einem Ort des menschlichen Wachstums werden.

• Orientierung an den 10 Eden-Prinzipien

(www.eden-alternative.net)

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Modelle aus der Sozialpsychologie

Fazit

• Ist Person-zentriert drin wenn Person-zentriert draufsteht?

• Mit dem VIPS - Modell wäre Präzision in der Praxis möglich. Wenig verbreitet.

• DCM hat eine breite wissenschaftliche und praktische Akzeptanz. Prozess ist zeitaufwändig. Qualität der Mapper ist entscheidend. Praxisberichte sind positiv.

• Milieutherapie bietet einen Rahmen für verschiedene Ansätze. Braucht Beschreibung

• Eden-Alternative nicht explizit für Menschen mit Demenz beschrieben.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Schlussfolgerungen I

• Wirksamkeitsnachweis ist eine Herausforderung. Dimension Bewohner/ Dimension Mitarbeiter

• Einsatz von Psychopharmaka als Indikator?

• Einzelinterventionen sind besser untersucht (Licht, Musik, Basale Stimulation, Berührung, Bewegungsförderung) und zeigen positive Wirkung auf Verhalten und Stimmung.

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Schlussfolgerungen II

• Konzept Palliative Care für Menschen mit Demenz von grosser Bedeutung!

• Spannungsfeld zwischen Möglichkeiten und Erkenntnissen einerseits und abnehmender Ressourcen andererseits.

• Nachhaltigkeit von Einführung und Umsetzungsprojekten? Ist weniger mehr?

Ruth Lindenmann 30.09.2015

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!