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Geschäftszahl:
LVwG-AV-1106/001-2016 St. Pölten, am 22. November 2016
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als
Einzelrichter über die Beschwerde von Frau Dr. MF, ***, ***, vom 29. September
2016 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 12.
September 2016, Zl. 6/2636/16-GV, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf
Erlassung eines Abbruchauftrages abgewiesen worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 und 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) ist nicht zulässig.
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Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt:
1.1. Grundsätzliche Feststellungen:
1.2.
Frau MH ist Eigentümerin der Liegenschaft ***, ***. Frau Dr. MF (in der Folge:
Beschwerdeführerin) ist Eigentümerin des im Osten anschließenden Grundstücks mit
der topographischen Anschrift ***, ***. 2007 erteilte Frau MH der Stadtbaumeister
Dipl.-Ing. HL Bauges.m.b.H. den Auftrag, eine Sickergrube auf ihrem Grundstück zu
errichten. Das Bauunternehmen kam diesem Auftrag im Juli 2007 nach und errichtete
eine Sickeranlage, in die ein Teil der Dachwässer eingeleitet wird. Die Sickeranlage
befindet sich etwa 14 Meter südlich vom Wohnhaus und ist rund 2,5 Meter von der
östlichen Grundstücksgrenze (zur Beschwerdeführerin hin) entfernt. Die Anlage
besteht aus einem ca. drei Meter tiefen Schacht mit einem Durchmesser von rund
1,1 Meter. Im Schacht sind drei handelsübliche Brunnenringe als Seitenwand
aufgeschlichtet. Der Schacht ist mit Schotter hinterfüllt, am Schachtboden wurde ein
Sickerfließ eingelegt. Über ein Polokalrohr mit 10 Zentimeter Durchmesser wird ein
Teil der Dachwässer eingeleitet. Die Anlage wurde eingeschüttet und begrünt. Der
Deckel des Sickerschachtes liegt etwa 30 Zentimeter unter der Erdoberfläche. Die
Anlage entspricht damit dem nachstehenden Ausführungsplan:
[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: Bauakt der Marktgemeinde ***)
Die Sickergrube ist entsprechend dem folgenden Lageplan am Grundstück von MH
situiert:
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[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: Bauakt der Marktgemeinde ***)
Für die Errichtung einer derartigen Sickeranlage sind keine wesentlichen
bautechnischen Kenntnisse erforderlich. Sie kann auch von einem bautechnisch
völlig ungebildeten Arbeiter erledigt werden. Die Ausführung entspricht den Regeln
der Technik.
1.3. Verfahren betreffend Erlassung des Abbruchauftrages:
1.3.1.
Die Beschwerdeführerin stellte am 29. August 2009 an den Bürgermeister der
Marktgemeinde *** als Baubehörde erster Instanz den Antrag auf Beseitigung des
auf der Nachbarliegenschaft *** im Juli 2007 errichteten Sickerschachtes, weil für
dieses Bauwerk keine Baubewilligung vorliege, das Bauwerk unzulässig sei und es
den auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin im seitlichen Bauwich vorhandenen
Hauskanalstrang gefährde.
Der Bürgermeister der Marktgemeinde *** wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31.
März 2010, Zahl 6/2636/06-Abweis/03/10, gemäß § 68 Abs. 1 des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wegen entschiedener Sache zurück.
Der neuerliche Antrag entspreche wortgleich jenem im Verfahren 2008, über den
bereits entschieden worden sei. Sowohl die Baubehörden als auch die
Vorstellungsbehörde hätten klargelegt, warum die Bestimmungen der
NÖ Bauordnung nicht anzuwenden seien.
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In der gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhobenen Berufung vom
2. April 2010 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sich ihr erster Antrag auf das
Bachgewölbe bezogen habe, der nunmehrige Antrag jedoch auf den im seitlichen
Bauwich verlaufenden Hauskanalstrang, der nach der Bauordnung geschützt werde
und ihr unabhängig vom Bachgewölbe ein Recht auf Antragstellung einräume.
Die Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** (in der Folge:
belangte Behörde) mit Bescheid vom 19. Mai 2010, Zahl 6/2636/Wied2/10-G-V, als
unbegründet abgewiesen. Da beide Anträge gleichlautend seien, sei der Baubehörde
erster Instanz beizupflichten, dass entschiedene Sache vorliege.
Diese mit Vorstellung der Beschwerdeführerin vom 27. Mai 2010 bekämpfte
abweisende Berufungsentscheidung wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung
vom 19. August 2010, Zahl RU1-BR-1116/005-2010, behoben und die Sache zur
neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten
Marktgemeinde zurückverwiesen. Als tragender Grund der Aufhebung wurde
ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe zu Recht eingewendet, dass sich ihr
Antrag vom 29. August 2009 auf die Gefährdung ihres Hauskanalstranges gestützt
habe, während sich ihr Antrag vom 25. Mai 2008 auf die Gefährdung des
unterirdischen Bachgewölbes bezogen habe. Der nunmehr
verfahrensgegenständliche neuerliche Antrag beziehe sich damit auf eine andere
Sache als jener des Jahres 2008. Es liege daher keine Identität der Sache vor. Die
Berufungsbehörde habe im fortgesetzten Verfahren in der Sache selbst zu
entscheiden, wobei sie zu berücksichtigen haben werde, dass ein Hauskanalstrang
gemäß den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 ein
bewilligungs- und anzeigefreies Vorhaben sei, das daher nicht vom Regime der
NÖ Bauordnung 1996 umfasst werde, und dass privatrechtliche Ansprüche gemäß
der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den Zivilrechtsweg
zu verweisen seien.
Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde entschied daraufhin neuerlich über die
Berufung vom 2. April 2010 gegen den Zurückweisungsbescheid des Bürgermeisters
vom 31. März 2010. Mit Bescheid vom 13. September 2010, Zahl 6/2636/10-II, wurde
der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, welcher auf Zurückweisung wegen
entschiedener Sache gelautet hatte, in eine Zurückweisung als unzulässig aus dem
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Grunde des § 17 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 abgeändert. Das darüber
hinausgehende Berufungsbegehren wurde als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass zwar tatsächlich durch die Behörde erster
Instanz im Bescheid vom 31. März 2010 unzulässiger Weise der Antrag vom
29. August 2009 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei, aber
dennoch keine Veranlassung bestanden habe, ein Prüfungsverfahren einzuleiten.
Die NÖ Bauordnung 1996 lege in den Bestimmungen der §§ 14 bis 16 fest, in
welchen Fällen eine baubehördliche Bewilligung erforderlich oder eine Bauanzeige
zu erstatten sei. Darüber hinaus seien in § 17 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996
Vorhaben angeführt, die weder einer Bewilligungs- noch einer Anzeigepflicht
unterlägen. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich zweifelsfrei, dass für die
Herstellung von Anschlussleitungen und Hauskanälen weder eine Baubewilligung zu
erwirken noch eine Bauanzeige zu erstatten sei. Daraus folge, dass diese Vorhaben
nicht dem Bewilligungsumfang der NÖ Bauordnung 1996 unterlägen. Somit besäßen
auch die Nachbarn keine Parteirechte, da eben keine Bewilligungspflicht gegeben
sei. Parteienrechte ergäben sich nur bei Erforderlichkeit einer Baubewilligung. Wie
bereits die Vorstellungsbehörde in ihrer Entscheidung vom 19. August 2010
ausgeführt habe, unterlägen derartige Vorhaben wie Hauskanäle und Anschluss-
leitungen nicht dem Regelungsinhalt der NÖ Bauordnung 1996, weshalb auch keine
Zuständigkeit der Baubehörden gegeben sei. Es sei daher im gegenständlichen Fall
von Baubehörden kein Verfahren durchzuführen und die Beschwerdeführerin auf den
Zivilrechtsweg zu verweisen.
Dagegen richtet sich die Vorstellung der Beschwerdeführerin vom
16. September 2010. Wesentlich wurde vorgebracht, dass im Berufungsverfahren
allein die Frage Sache sei, ob die Entscheidung des Bürgermeisters, den Antrag vom
29. August 2009 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, dem Gesetz
entsprochen habe. Tragender Grund des aufhebenden Bescheides der
NÖ Landesregierung vom 19. August 2010 sei der Umstand, dass der Bürgermeister
in Verkennung der Rechtslage den Antrag wegen entschiedener Sache
zurückgewiesen habe. In Bindung an die Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde sei
somit der Bescheid des Bürgermeisters ersatzlos zu beheben gewesen. Durch die
Vorgangsweise des Gemeindevorstandes, den Antrag in zweiter Instanz aus einem
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anderen Grund neuerlich zurückzuweisen, werde der Instanzenzug verkürzt, weshalb
die Berufungsentscheidung vom 13. September 2010 rechtswidrig sei.
Mit Bescheid vom 28. März 2011, Zl. RU1-BR-1116/006-2010 wies die
NÖ Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Begründend wurde
ausgeführt, dass die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG berechtigt sei,
sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung anstelle
jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid
nach jeder Richtung abzuändern. Gegenstand des Verfahrens seien ausschließlich
Rechtsfragen gewesen. Die Berufungsbehörde habe zu Recht über den Antrag der
Beschwerdeführerin vom 29. August 2009 entschieden. Nach den zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung anzuwendenden Bestimmungen
der NÖ Bauordnung 1996 sei die Herstellung von Anschlussleitungen und
Hauskanälen bewilligungs- und anzeigefrei gewesen, während zum Zeitpunkt der
Errichtung des Hauskanalstrangs im Jahr 1989 eine Kompetenz der Baubehörde
bestanden habe. Nunmehr seien die Baubehörden nicht mehr zur Durchführung von
Verfahren, die sich auf Anschlussleitungen und Hauskanäle bezögen, zuständig.
Dies habe die Berufungsbehörde richtig erkannt und daher zu Recht den Antrag der
Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. März 2011 brachte die
Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 29. April 2011 Beschwerde beim
Verwaltungsgerichtshof ein mit dem Begehren, den Bescheid wegen
Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0074, hob der Verwaltungsgerichtshof
den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. März 2011,
Zl. RU1-BR-1116/006-2010, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In den
Entscheidungsgründen führt der Verwaltungsgerichtshof dazu aus, "Sache" im Sinne
des § 66 Abs. 4 AVG nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des
öffentlichen Rechts die Angelegenheit sei, die den Inhalt des Spruches der
Unterinstanz gebildet habe. Nach ständiger Rechtsprechung sei im Fall der
Zurückweisung eines Antrages (hier: wegen entschiedener Sache) Sache der
Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit
dieser Zurückweisung. Diese der Berufungsbehörde gesetzte Grenze wurde
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verfahrensgegenständlich überschritten, indem die Berufungsbehörde den
bekämpften erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abänderte, dass der Antrag
gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BauO als unzulässig zurückgewiesen wurde; vielmehr hätte
sie lediglich - in Bindung an die tragenden Gründe der Vorstellungsentscheidung
vom 19. August 2010 - über die Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener
Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zu entscheiden gehabt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich änderte mit seinem Erkenntnis vom
21. Juli 2014, Zl. LVwG-AB-.14-0627 den angefochtenen Bescheid des
Gemeindevorstandes dahingehend ab, als es der Berufung Folge gab und den
erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 31. März 2010,
Zahl 6/2636/06-Abweis/03/10, mit welchem der Antrag vom 29. August 2009 gemäß
§ 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden war, aufhob.
1.3.2.
Mit Eingabe vom 24. Juli 2014 ergänzte die Beschwerdeführerin ihren Antrag vom
29. August 2009 dahingehend, dass für die Herstellung von Sickerschächten ein
maßgebliches Regelwerk bestehe, nämlich die ÖNORM 2506 und die
NÖ Bautechnikverordnung (§§ 19, 101). Zusätzlich habe die NÖ Umweltberatung
einen Leitfaden für die Errichtung von Sickerschächten herausgegeben. Ob diese
Regeln bei der Errichtung des Sicherschachtes eingehalten worden seien, könne sie
nicht beurteilen. Sie glaube aber nicht, dass der Sickerschacht Wände habe, so dass
auch die Aussage des Sachverständigen, dass das Wasser aus einer Tiefe von drei
Metern versickern könne, unrichtig sei.
Mit Erledigung vom 11. November 2014 teilte die Baubehörde mit, dass eine
Verhandlung im November und Dezember nicht möglich sei, weil die
Beschwerdeführerin im November auf Urlaub sei und die Verhandlungstermine im
Dezember bereits ausgebucht seien. Im Hinblick darauf, dass die geplante
Überprüfungsverhandlung nur unter günstigen Witterungsverhältnissen durchgeführt
werden könne, erscheine ein Termin frühestens im März 2015 als sinnvoll.
Die Beschwerdeführerin teilte mit Eingabe vom 14. November 2014 mit, dass keine
Einwendungen gegen einen Verhandlungstermin im nächsten Jahr bestünden.
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Entscheidend sei zu erfahren, in welcher Form die Versickerungsgrube errichtet
worden sei.
Die Baubehörde übermittelte daraufhin am 27. November 2014 eine Kopie des von
der Firma Stadtbaumeister DI HL Bauges.m.b.H. vorgelegten Ausführungsplanes
und teilte mit E-Mail vom 19. Jänner 2015 mit, dass der Lokalaugenschein für den
10. März 2015 ins Auge gefasst werde.
Mit Erledigung vom 21. Jänner 2015 beraumte die Baubehörde eine
Überprüfungsverhandlung für den 10. März 2015 an.
Mit Eingabe vom 26. Jänner 2015 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass für
Sickerschächte vor ihrer Errichtung eine Dimensionsberechnung vorgenommen
werden müsste und ersuchte um Übermittlung der Berechnungen für die
gegenständliche Sickergrube.
Nach einer Urgenz einer Antwort teilte die Baubehörde mit E-Mail vom
3. Februar 2015 mit, dass für die Beantwortung Erhebungen nötig seien, so dass mit
der Beantwortung des Schreibens bis spätestens 20. Februar 2015 gerechnet
werden könne.
Mit Eingabe vom gleichen Tag brachte die Beschwerdeführerin vor, dass nun
sechseinhalb Jahre verstrichen seien und es der Gemeinde nicht möglich gewesen
sei, die Berechnung der Dimensionierung der Sickergrube zu dokumentieren. Die
Sickergrube sei mit drei Raummetern eingezeichnet und nach Angaben der Baufirma
mit Rollschotter gefüllt. Ohne Rollschotter hätte sie daher eine Kapazität von
3.000 Litern. Bei Auffüllung mit Schotter sei die Kapazität aber nur ein Bruchteil. Bei
Starkregen wirkten aber zumindest 10.000 Liter auf die Sickergrube ein.
Entsprechend der hydrogeologischen Umstände fließe das von der Sickergrube nicht
erfasste Wasser unterirdisch immer bergab auf ihre Liegenschaft. Darüber hinaus
müsste es der Gemeinde aufgefallen sein, dass die Skizze offensichtliche
Unrichtigkeiten enthalte. Beispielsweise sei das Abfallrohr der Dachrinnen über die
südliche Hausfassade verlaufend gezeichnet, während sie in Wirklichkeit auf der
Ostfassade, also drei Meter von der Grundstücksgrenze angebracht sei. Die
Sickergrube entspreche nicht einmal ansatzweise der maßgeblichen ÖNORM und
den verschiedenen Bauanleitungen. Die Anberaumung einer
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„Überprüfungsverhandlung“ sei nicht nachvollziehbar, sie werde an der Verhandlung
nicht teilnehmen.
Am 7. Februar legte die Beschwerdeführerin zwei Fotos vor.
Mit Eingabe vom 16. Februar legte die Beschwerdeführerin ein weiteres Foto zum
Beweis dafür vor, das die Sickergrube nicht so weit vom Gewölbe entfernt sei, wie in
der Skizze angegeben. Das in der Skizze angegebene Ausmaß von ein Meter mal
ein Meter, dass das Mindestmaß für Sickergruben darstelle, stimme mit der
Grasnarbe nicht überein. Es scheine auch so zu sein, dass der in der Skizze
30 Zentimeter unter der Erdoberfläche eingezeichnete Deckel nicht existiere.
In ihrer Eingabe vom 18. Februar 2015 behauptete die Beschwerdeführerin u.a.,
dass der Bürgermeister vor Baubeginn weder über eine Skizze noch eine
Berechnung der Dimensionierung verfügt habe, sondern die Skizze erst nachträglich
im Rahmen der Beschwerde hergestellt worden sei. Diese Skizze sei darüber hinaus
gravierend unrichtig. Mit Eingabe vom 18. Februar 2015 lehnte die
Beschwerdeführerin den Bausachverständigen der Gemeinde, Herrn DI K, als
Sachverständigen wegen Befangenheit ab.
Mit Erledigung vom 4. März 2015 teilte die Baubehörde mit, dass die Verhandlung
abberaumt und ein anderer Sachverständiger beauftragt werde.
Mit Eingabe vom 4. März 2015 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass ihr diese
Vorgangsweise unverständlich sei. Es sei doch ausreichend, einen Arbeiter vom
Bauhof auf die fragliche Liegenschaft zu schicken und ihn zu befragen, auf welcher
Seite des Hauses sich der Regenwasserabfluss befinde, in welcher Richtung und wie
weit der Abfluss an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin herangeführt werde
und ob sich tatsächlich Spuren eines Deckels finden ließen. Darüber hinaus stelle
sich die Frage, ob nach den Regeln der Physik die Versickerung nur am Ende der
Grube, sondern auch bereits im Oberteil der Grube erfolge.
Am 20. Mai 2015 lud die Baubehörde zu einer Überprüfungsverhandlung am
16. Juni 2015 ein. Zu der Verhandlung erschiene neben dem Verhandlungsleiter die
Grundeigentümerin Frau MH, der bautechnische Sachverständige Arch. DI FP und
der Nachbar Dr. WF. Der Lokalaugenschein ergab (siehe Niederschrift vom 16. Juni
2015), dass die Dachwässer des Wohnhauses auf der gegenständlichen
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Liegenschaft in einem erdverlegten Kanal zu einer Sickeranlage auf der Freifläche
des Grundstücks abgeleitet würden. Nach Auskunft der Grundeigentümerin sei die
Sickeranlage 2007 von dem Baumeister DI HL hergestellt worden. Darüber liege ein
Ausführungsplan mit einem schematischen Schnitt vor. Der Plan weise kein Datum
auf und es fehle ein Lageplan. Die Sickeranlage könne nur annähernd lokalisiert
werden. Es fehlten ein Aufmaßplan und ein Kontrollschacht, der an der Oberfläche
sichtbar sei. Aufgrund des mangelhaften Einreichplanes und der vorgefundenen
Situation könne der Sachverständige kein Gutachten über die Anlage erstellen. Es
liege ein zumindest anzeigepflichtiges Bauvorhaben vor. Es liege für die
Sickeranlage jedoch weder ein Antrag auf Baubewilligung, noch eine Bauanzeige
vor.
Am 8. März 2016 erstattete die Liegenschaftseigentümerin, Frau MH, eine
Bauanzeige für die Versickerung eines Teiles der Dachwässer ohne bauliche
Anlagen. Der Bauanzeige wurden ein Lageplan, der Ausführungsplan und eine
Beschreibung der Versickerung beigelegt. Der bereits am Lokalaugenschein
beteiligte bautechnische Sachverständige Arch. DI FP führte in seiner Stellungnahme
zur Bauanzeige vom 15. März 2016 aus, dass es sich bei der Versickerung um ein
Vorhaben ohne Herstellung eines Bauwerkes im Sinne der Definition des § 4 Zif. 7
NÖ Bauordnung 2014 handle, die Ausführung den Regeln der Technik entspreche
und die beigelegten Unterlagen zur Beurteilung des Vorhabens ausreichend seien.
Mit Erledigung vom 5. April 2016 nahm die Baubehörde die Bauanzeige zur Kenntnis
und teilte der Bauwerberin mit, dass gegen das Bauvorhaben keine Einwände
bestünden. Am gleichen Tag teilte die Baubehörde der Beschwerdeführerin mit, dass
Frau MH eine Bauanzeige eingebracht habe und diese vom Bausachverständigen
Arch. DI FP geprüft und in Ordnung befunden worden sei. Die Bauanzeige sei daher
zur Kenntnis genommen und das Anzeigeverfahren abgeschlossen worden.
Am 7. April 2016 nahm die Beschwerdeführerin zu diesem Schreiben Stellung und
führte aus, dass nach dem Gutachten des Bausachverständigen vom 16. Juni 2015
der Gemeinde empfohlen worden sei, Frau MH den Abbruch der Sickeranlage
aufzutragen. Im Gutachten sei darauf hingewiesen worden, dass die Anlage ein
zumindest anzeigepflichtiges Vorhaben darstelle. Sie könne daher nicht
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nachvollziehen, dass eine Bauanzeige vorliegen solle, die der Sachverständige
geprüft und die Gemeinde für in Ordnung befunden habe.
Mit Eingabe vom 9. April 2016 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 73 AVG
den Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung über ihren Antrag vom
29. August 2009 vom Bürgermeister auf den Gemeindevorstand. Das
Landesverwaltungsgericht habe am 21. Juli 2014 die Entscheidung des
Bürgermeisters vom 31. März 2010 aufgehoben. Am 16. Juni 2015 habe eine
Verhandlung stattgefunden, bei der der beigezogene Sachverständige der Gemeinde
empfohlen habe, den Abbruch der Sickeranlage zu verfügen. Am 5. April 2016 habe
ihr der Bürgermeister mitgeteilt, dass eine Bauanzeige vorliege und sie in diesem
Verfahren keine Parteistellung habe. Mit einer weiteren Eingabe legte die
Beschwerdeführerin noch am gleichen Tag das Schreiben der Volksanwaltschaft
vom 26. September 2008 vor, wonach es sich bei dem Sickerschacht auf der
Nachbarliegenschaft unzweifelhaft um eine bauliche Anlage handle. Im letzten
Absatz des genannten Schreibens scheine allerdings der Satz auf: „Der
gegenständliche Sickerschacht ist daher unter § 17 Abs. 2 NÖ BauO (1996) zu
subsumieren und damit bewilligungs- und anzeigefrei.“
Am 11. April 2016 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die vom
Sachverständigen beurteilte Bauanzeige nicht kenne und daher nur von dem Plan
ausgehen könne, den die Gemeinde im Verfahren vor der Volksanwaltschaft
übermittelt habe. Dieser Plan lasse einen ausschließlich viereckigen Schacht mit
einem Deckel ca. 30 Zentimeter unter der Erdoberfläche erkennen. Die Behauptung,
dass Betonringe eingesetzt worden seien, entspreche nicht der Wahrheit. Ihr Gatte
und sie selbst seien während der gesamten Bauzeit zuhause gewesen und hätten
die Bauarbeiten beobachtet. Die Lieferung und Einsetzung von Betonringen sei nie
erfolgt.
Am 2. Mai 2016 ergänzte der Sachverständige Arch. DI FP seine Stellungnahmen
dahingehend, dass nach der Bauanzeige und den zugehörigen Beschreibung
keinerlei bautechnische Kenntnisse für die Herstellung der Sickeranlage vonnöten
seien. Diese könne von einem bautechnisch völlig ungebildeten Arbeiter erledigt
werden. Die Behauptung, dass keine Brunnenringe versenkt worden seien, sei aus
seiner Sicht irrelevant. Den vorgelegten Fotos könne das nicht entnommen werde.
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Aus bautechnischer Sicht sei die Anlage ohne Brunnenringe noch weniger als
bauliche Anlage zu sehen. Für die Beurteilung der Versickerung an sich sei diese
Frage unmaßgeblich, weil die Ringe lediglich den Zweck erfüllen können, eine
Durchmischung von Erdreich und Schotter zu verhindern.
Mit Erledigung vom 30. Juni 2016 forderte die Markgemeinde *** die
Beschwerdeführerin auf, Akteneinsicht zu nehmen und binnen vier Wochen eine
schriftliche Stellungnahme zu den Beweisergebnissen abzugeben. Das Ergebnis der
videounterstützten Kanaluntersuchung liege ebenfalls vor.
Am 7. Juli 2016 nahm der Ehemann der Beschwerdeführerin Akteneinsicht, erhielt
die von ihm gewünschten Kopien und einen USB-Stick mit einem Video der
Kamerabefahrung des Kanals. Am 7. Juli 2016 teilte die Beschwerdeführerin mit,
dass bereits 2008 im Rahmen des Verfahrens vor der Volksanwaltschaft eine Skizze
über den Sickerschacht erstellt worden sei. Diese Skizze sei bekannt und die
skizzierte Anlage nach wie vor in Betrieb. Für diese Anlage sei weder eine
Baubewilligung noch eine Bauanzeige vorhanden gewesen. Der Bürgermeister hätte
daher den Abbruch verfügen müssen. Für die fachgerechte Herstellung dieser
Anlage sei ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich
gewesen. Es sei das Verhältnis Dachfläche und Größe des Sickerschachtes in
Einklang zu bringen. Weiters seien Bodenuntersuchungen (Sickerfähigkeit) sowie die
anfallenden Regenmengen festzustellen. Dies und die Herstellung der Künette, das
Verlegen der Regenabfallrohre und das Graben eines Sickerschachtes mit einem
Bagger erforderten ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen. Laut
Skizze befinde sich der den Sickerschacht abdichtende Deckel 30 Zentimeter unter
der Erdoberfläche. Die Baubehörde sei ersucht worden, das Erdreich durchstechen
zu lassen um zu klären, ob ein Deckel vorhanden sei. Das wurde allerdings nicht
getan. Dafür hätte sie einen Videostick ausgehändigt bekommen. Diese Aufnahmen
stammten offenbar von der Firma Kk GmbH vom Hauskanal im Westen und hätten
nichts mit dem Sickerschacht zu tun. In Wahrheit liege kein Sickerschacht, sondern
eine bloße Sickergrube vor. Durch die Versickerung sei nicht nur der
Hauskanalstrang sondern auch der Grenzzaun gefährdet. Der Sickerschacht sei
ebenso Erfindung wie die Behauptung, es seien Brunnenringe verwendet worden.
Man bräuchte nur in das Regenabfallrohr videounterstützt hinein zu sehen und würde
die Richtigkeit dieser Aussagen erkennen. In den folgenden und insbesondere in der
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Eingabe vom 25. Juli 2016 wurde vorgebracht, dass das Video den
Mischwasserkanalstrang, nicht aber den Sickerschacht zeige.
In der Stellungnahme vom 2. August 20016 führte der Sachverständige Arch. DI FP
aus, dass das Ausheben des Schachtes und das Hineinheben vorgefertigter
Betonringe Kraft, aber keine bautechnischen und schon gar keine wesentlichen
bautechnischen Kenntnisse erforderten. Zur Behauptung, die Videoaufnahme zeige
nicht den Regenwasserkanal sondern den Schmutzwasser-kanal, sei festzuhalten,
dass am selben Tag – an dem es im Übrigen geregnet habe – sowohl der in die ***
führende Schmutzwasserkanal gereinigt und durchgespült, nicht aber gefilmt wurde
und zusätzlich der gegenständliche Regenwasserkanal (der in der selben Richtung
verlegt ist) befahren und gefilmt worden sei. Weiters zeige das Video eine mit der
Bauanzeige im Wesentlichen übereinstimmende Ausführung.
Am 3. August 2016 teilte der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** der
Beschwerdeführerin mit, dass ein ergänzendes Gutachten eingeholt und an sie
übermittelt werde. Die Kanalkamerabefahrung datiere vom 24. Mai 2016 und sei von
der Firma Kk GmbH durchgeführt worden. Weitere Unterlagen lägen nicht vor. Zum
abschließenden Parteiengehör werde ihr Gelegenheit gegeben, sich binnen zwei
Wochen zu äußern.
Am 5. August 2016 äußerte sich die Beschwerdeführerin dahingehend, dass sie der
Qualifizierung der Sickergrube durch den Sachverständigen als bloß
anzeigepflichtiges Bauvorhaben widersprach. Sie betone aber, dass es sich aus ihrer
Sicht um eine zugeschüttete Grube ohne Brunnenringe, Ziegel oder Wände handle.
Zur Kamerabefahrung teilte sie mit, dass entgegen den Ausführungen des
Sachverständigen kein Regensinkkasten vorhanden und keine orangenen
PVC-Rohre verwendet worden seien. Am 14. August ergänzte Herr Dr. WF, der
Ehemann der Beschwerdeführerin, die Stellungnahme vom 3. August 2016 und
führte aus, das Video springe bei der Kanalbefahrung von 3,55 Meter auf 6,06 Meter.
Bei der Rückfahrt sehe man wie auf den beiliegenden Bildern die Ableitung eines
Kanals. Es könne sich dabei nur um die Ableitung des Regenrohres von der Garage
in den Schmutzwasserkanal handeln. Dies sei mit der der Bauanzeige zu Grunde
liegenden Skizze nicht zu vereinbaren. Die Ausführungen des Sachverständigen
seien daher wahrheitswidrig. Es sei auch unwahr, dass der Regenwasserkanal
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befahren worden sei. Er und die Beschwerdeführerin hätten die gesamte Tätigkeit
der Fa. Kk beobachtet.
Mit Eingabe vom 22. August 2016 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf
Einvernahme der Fa. Kk.
1.3.3.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. September 2016, Zl. 6/2636/16-GV, wies
der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** den Antrag der Beschwerdeführerin
ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach den schriftlichen
Stellungnahmen des Sachverständigen ein anzeigepflichtiges Vorhaben gemäß § 15
Z. 9 NÖ Bauordnung 2014 vorliege. Das Gesetz verweise hier ausdrücklich auf die
Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne bauliche Anlagen. Der
Sachverständige habe mehrfach ausgeführt, dass das für die Errichtung einer
baulichen Anlage nötige wesentliche Maß an bautechnischen Kenntnissen für die
Errichtung der konkreten Sickergrube nicht erforderlich gewesen sei. Die
erforderliche Bauanzeige sei am 8. März 2016 erstattet und zur Kenntnis genommen
worden. Daher sei zum Zeitpunkt der Entscheidung kein konsensloser Zustand
gegeben. Es sei ein umfangreiches Ermittlungsverfahren unter Zuziehung eines
Sachverständigen durchgeführt worden, dessen Ergebnis aus Sicht der belangten
Behörde nicht in Zweifel zu ziehen sei. Die bloße Behauptung, die Gutachten eines
Sachverständigen würden nicht den Tatsachen bzw. technischen Begebenheiten
entsprechen, reiche nicht aus. Die Partei müsse hier eine Gegendarstellung auf
gleicher fachlicher Ebene vorlegen. Dies sei nicht geschehen.
1.4. Beschwerdevorbringen:
Mit Schreiben vom 29. September 2016 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig
Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Begründende wird
im Wesentlichen ausgeführt, dass die Feststellung, dass der Sickerschacht aus
Brunnenringen bestehe, falsch sei. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt führe
derzeit Erhebungen betreffend Beweismittelfälschung durch. Für die Frage, ob ein
Objekt eine bauliche Anlage gem. § 4 Z. 7 NÖ Bauordnung 2014 darstelle, sei
entscheidend, ob eine fachgerechte, nach den Regeln der technischen
Wissenschaften vorgenommene Ausführung des Objektes maßgeblicher
- 15 -
bautechnischer Kenntnisse bedarf. Für die Errichtung eines Sickerschachtes gebe es
nicht nur eine ÖNORM, sondern auch Informationen durch das Amt der
Niederösterreichischen Landesregierung. Bei einem Sickerschacht sei immer das
Verhältnis Dachfläche und Größe in Einklang zu bringen. Es seien
Bodenuntersuchungen zur Sickerfähigkeit sowie die anfallenden Regenmengen
festzustellen. Die Dachfläche sei zu berechnen um die Dimensionierung des
Sickerschachtes festsetzen zu können. Hinzu kämen die Herstellung der Künette,
das Verlegen von Regenabfallrohren und das Graben des Sickerschachtes. Dies
alles erfordere ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen. Entsprechend
habe die Volksanwaltschaft festgestellt, dass es sich bei gegenständlichem
Sickerschacht um eine bauliche Anlage handle. Die (gegenteilige) Stellungnahme
des Sachverständigen sei nicht nachvollziehbar und falsch. Das von der Behörde
verwendete und ihr vorgehaltene Video sei nachweisbar eine Fälschung. Die
Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt führe derzeit Erhebungen betreffend
Beweismittelfälschung durch. Die Beschwerdeführerin habe schon im Verfahren
vorgebracht, dass ihr Mann und sie selbst gesehen hätten, dass die Firma Kk nicht
den im Osten des Hauses vorhandenen Regenkanal zur Sickergrube, sondern den
im Westen des Hauses liegende Schmutzwasserkanal bearbeitet habe. Statt bei der
Firma Kk nachzufragen habe die belangte Behörde den Sachverständigen befragt.
Dessen Ausführungen, dass das Video eine mit der Bauanzeige im Wesentlichen
übereinstimmende Ausführung zeige, seien unrichtig, weil anders als vom
Sachverständigen behauptet, beim Regenwasserkanal kein Regensinkkasten
vorhanden sei. Der Sachverständige habe auch nicht, wie zugesagt, die Firma Kk um
Erklärung des Fehlens von Bildern ersucht. Die Behörde habe es unterlassen, die
Firma Kk einzuvernehmen und festzustellen, ob der im Video zu Beginn sichtbare
Regensinkkasten bei dem im Westen des Hauses vorhandenen Regenabfallrohr der
Garage vorhanden sei. Auch dem Antrag auf Öffnung des Erdreichs über dem
Deckel des Sickerschachtes sei nicht nachgekommen worden, stattdessen habe die
Beschwerdeführerin den gefälschten Videostick erhalten. Die Bauanzeige vom
8. März 2016 weise Unwahrheiten auf. Der Lageplan entspreche nicht den
Tatsachen. In der nicht unterschriebenen Beschreibung der Versickerung tauche
zweimal die Diktion des Sachverständigen auf. Da im Laufe des sich nun acht Jahre
hinziehenden Verfahrens noch nie die Rede von Brunnenringen war, sei
anzunehmen, dass die Brunnenringe eine Erfindung des Sachverständigen sind. Die
- 16 -
belangte Behörde habe es auch unterlassen, bei der Firma HL, welche die
Sickergrube errichtet habe, nachzufragen, ob sie Brunnenringe verwendet habe.
Entsprechende Rechnungen müssten noch vorliegen. Sie sei als
Beschwerdeführerin nicht verpflichtet gewesen, ein Gegengutachten erstellen zu
lassen, weil sie zu dem gleichen Ergebnis komme, wie der Sachverständige, nämlich
dass keine bauliche Anlage vorliege. Zu einer Rechtsfrage sei kein Gutachten nötig.
Im beschwerdegegenständlichen Fall würden in nicht bewilligter Abänderung des
Baubewilligungsbescheides Regen- und Schneeschmelzwässer von drei großen
Dachflächen eines Wohngebäudes über Regenrinnen in ein Regenabflussrohr
geführt, von dort in einen Regenwasserkanal, der ca. 1,60 Meter an ihr Grundstück
führe und der anschließend nach einer Beugung von 90 Grad Richtung Süden
parallel zur Grundstücksgrenze das Regenwasser in eine zugeschüttet Sickergrube
ohne Brunnenringe zur Versickerung leite. Dafür bestehe keine Bewilligung. Durch
die Sickergrube erfolge eine Beeinträchtigung im Sinne des § 6 NÖ BO 2014.
Gemäß § 46 Abs. 6 NÖ Bauordnung 2014 dürfe durch die Versickerung von
Niederschlagswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die
Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Zur Einhaltung dieser
Bestimmung räume § 6 BÖ Bauordnung 2014 ein Parteirecht ein. Die Qualifizierung
der Sickergrube als bloß anzeigepflichtiges Bauvorhaben sei daher falsch. Sie stelle
daher den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und den Abbruch der für die
Ableitung der Dachregenwässer errichteten Sickergrube anzuordnen.
1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde
und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie
Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des
Gemeindevorstandes) vor. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat
Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt und durch Einsichtnahme
in das öffentliche Gundbuch.
1.6. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit
dem bekämpften Bescheid. Die Feststellungen zu Lage und Konstruktion der
Sickeranlage beruhen auf der Beschreibung der Versickerung und dem
- 17 -
Ausführungsplan in Verbindung mit den Stellungnahmen des bautechnischen
Sachverständigen Arch. DI FP zur Bauanzeige vom 15. März 2016, vom 2. Mai 2016
und vom 2. August 2016. Diese Angaben stehen in keinem Widerspruch zu den
Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des Lokalaugenscheines am 16.
Juni 2016 und werden durch die Videoaufzeichnung der Kanalbefahrung bestätigt.
An der Authentizität der Videoaufzeichnung besteht im Hinblick auf die Äußerung des
Sachverständigen vom 2. August 2016 und die Videodarstellung selbst kein Zweifel.
Auf dem Video, das dem Landesverwaltungsgericht vorliegt, sind keine Sprünge oder
Lücken zu erkennen. Auch ist auf den Bildern der Rückfahrt keine Ableitung eines
Kanals zu erkennen.
Die belangte Behörde hat bereits im Verfahren erster Instanz den Sachverständigen
mit sämtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin konfrontiert. Seine
gutachterlichen Stellungnahmen waren und sind damit vollständig, frei von
Widersprüchen und schlüssig. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen
entsprechen den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens.
Den diesen Feststellungen widersprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin
folgte das Landesverwaltungsgericht aus folgenden Erwägungen nicht:
Auf den von der Beschwerdeführerin zu Beweiszwecken vorgelegten Lichtbildern
sind zwar Teile des Nachbargrundstückes zu erkennen, nicht aber die unterirdische
Sickeranlage. Lediglich aus einem Foto kann man aufgrund der Positionierung des
Baggers auf die ungefähre Lage der Sickeranlage schließen. Demnach liegt die
Sickeranlage rund 2,5 Meter von der östlichen Grundstücksgrenze entfernt. Die von
der Beschwerdeführerin gewünschten Schlüsse lassen sich aus den Fotos nicht
ziehen.
Im Antrag auf Erlassung des Abbruchauftrages vom 29. August 2009 scheint in der
letzten Zeile des ersten Absatzes der zweiten Seite der Satz auf: „Bei der Errichtung
des Schachtes konnten mein Gatte und ich über die Zaunhecke nur hören – die
Sicht ist ja verstellt – dass zu Ende der Arbeiten über das für die Versickerung
erforderliche Rohr gesprochen und ein „Zwanzigerrohr“ als ausreichend angesehen
wurde.“ In der Stellungnahme vom 11. November 2009 gab die Beschwerdeführerin
im vierten Absatz an: „In der Folge führte die Mitarbeiterin des Bürgermeisters in
- 18 -
unmittelbarer Grundstücksnähe – ebenfalls versteckt hinter der Hecke – unter
Baggereinsatz Bauarbeiten durch, (…).“ 2009 konnten die Beschwerdeführerin und
ihr Mann also keine genaueren Angaben zu den Bauarbeiten am Nachbargrundstück
tätigen, weil die Hecke die Sicht beeinträchtigte. In der Eingabe vom 11. April 2016
heißt es dann aber: „Die Behauptung, dass Betonringe eingesetzt wurden, entspricht
nicht der Wahrheit – mein Gatte und ich waren während der gesamten Bauzeit zu
Hause und haben die Bauarbeiten beobachtet. Die Lieferung und Einsetzung von
Betonringen ist nie erfolgt (…).“
Die Beschwerdeführerin wiederholt in ihrem Vorbringen mehrmals, die
Volksanwaltschaft habe festgestellt, dass die Sickergrube eine bewilligungspflichtige
bauliche Anlage sei. Tatsächlich steht im letzten Satz des Schreibens der
Volksanwaltschaft vom 26. September 2008: „Der gegenständliche Sickerschacht ist
daher unter § 17 Abs. 2 NÖ BauO (1996) zu subsumieren und damit bewilligungs-
und anzeigefrei.“
Die Behauptungen der Beschwerdeführerin, mit denen sie die Ausführungen des
Sachverständigen in Zweifel zieht, sind in sich widersprüchlich und widersprechen
auch den vorliegenden Urkunden. Die Behauptungen lassen immer weniger
erkennen, auf welcher faktischen Grundlage sie beruhen. Damit sind die Argumente
der Beschwerdeführerin nicht geeignet, die Ausführungen des Sachverständigen in
Zweifel zu ziehen, so dass diese den Feststellungen zum Sachverhalt zu Grunde zu
legen waren.
2. Rechtsvorschriften von Bedeutung:
2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG:
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das
Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des
AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der
Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes
– AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG,
BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in
Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem
- 19 -
dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren
angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich
hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der
Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage
feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die
angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und
Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der
Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist
Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender
Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf
Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien
zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das
Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen,
wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere
Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung
weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer
Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher
Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren
einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu
erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht
dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
- 20 -
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das
Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer
erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im
Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst
zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter
Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des
Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts
unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit
Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides
an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung
gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen
ist.
2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder
Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig
ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht
zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende
Erkenntnis angefochten werden. (…)
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
2.3. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. Nr. 37/2016 – NÖ BO 2014:
Begriffsbestimmungen
§ 4. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als: (…)
6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind.
7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an
bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig
verbunden ist.
- 21 -
15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei
Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist,
Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. (…)
§ 14 Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;
2. die Errichtung von baulichen Anlagen; (…)
§ 15 Anzeigepflichtige Vorhaben
(1) Folgende Vorhaben sind der Baubehörde schriftlich anzuzeigen: (…)
9. die Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne bauliche
Anlagen in Ortsbereichen; (…)
11. die Herstellung von Hauskanälen; (…)
13. die Errichtung von Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45
Abs. 5) bis zu einem Rauminhalt von 60 m3; (…)
§ 35 Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag
(…)
(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen
Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn
1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes
durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag
nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder
2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.
Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß. (…)
§ 45 Wasserver- und -entsorgung
(…) (6) Durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von
Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern (z. B. aus
Wasserbehältern, Schwimmbecken oder Teichen) darf weder die Tragfähigkeit des
Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Die
Abwässer dürfen nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden.
Übergangsbestimmungen
- 22 -
§ 70. (1) Die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren,
ausgenommen jene nach §§ 33 und 35 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, sind
nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. § 5 Abs. 3 ist jedoch auf alle
Beschwerden, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingebracht werden,
anzuwenden. Sämtliche baubehördliche Bescheide bleiben bestehen.
(6) Hat ein Gebäude im Bauland ursprünglich eine Baubewilligung aufgewiesen,
wurde von dieser jedoch vor mehr als 30 Jahren ohne baubehördliche Beanstandung
abgewichen und kann es nicht nach § 14 neuerlich bewilligt werden, gilt dieses
Gebäude als bewilligt, wenn dies unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese
Bestimmung beantragt wird, der Behörde die Zustimmung des Grundeigentümers
(der Mehrheit der Miteigentümer) nachgewiesen wird und vollständige Bestandspläne
vorgelegt werden. Die Baubehörde hat darüber einen Feststellungsbescheid zu
erlassen. Weiters ist § 35 Abs. 2 Z. 2 auf jene Gebäude nicht anzuwenden, in denen
aufgrund des § 71 der Bauordnung für Klosterneuburg, LGBI. Nr. 11/1930, oder des
§ 108a der Bauordnung für NÖ, LGBI. Nr. 36/1883, Baubewilligungen auf Widerruf
erteilt wurden. Bei der Erlassung eines Feststellungsbescheides gelten die
Voraussetzungen des ersten Satzes sinngemäß. Dieser Absatz tritt mit
31. Dezember 2024 außer Kraft.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1 – Abweisung der Beschwerde:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
Gemäß § 70 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sind die am Tag des Inkrafttretens der
NÖ Bauordnung 2014, dem 1. Februar 2015, anhängigen Verfahren nach der
bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Von dieser Regelung sind ex lege
(§ 70 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014) ausdrücklich Verfahren nach den §§ 33 und 35
der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, ausgenommen. Da Gegenstand der vom
Bürgermeister und vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** geführten
Verfahren ein Abbruchauftrag gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 ist, hat
das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich für die Beurteilung des
gegenständlichen Falles die NÖ Bauordnung 2014 anzuwenden.
- 23 -
Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine
Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und
Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/03/0083);
Allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also
zu berücksichtigen (vgl. VwGH vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, vom
27. August 2014, Zl. Ro 2014/05/0062, vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076,
vom 17. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/03/0066, und vom 26. März 2015,
Zl. Ra 2014/07/0077).
Im vorliegenden Fall ist daher zu berücksichtigen, dass die Marktgemeinde *** mit
Erledigung vom 5. April 2016 die Bauanzeige über die Versickerung eines Teiles der
Dachwässer ohne bauliche Anlagen zur Kenntnis genommen hat.
3.1.2.
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 hat die Baubehörde den Abbruch
eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer
anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine
Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt. Eine Anzeige nach § 15
NÖ Bauordnung 2014 liegt nunmehr vor. Es ist daher zu prüfen, ob für die
Sickergrube eine Anzeige ausreichend ist oder doch eine Baubewilligung einzuholen
ist. Es stellt sich somit die Frage, ob die gegenständliche Sickergrube als bauliche
Anlage im Sinne des § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 zu qualifizieren ist.
Gemäß § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 bedarf die Errichtung von baulichen Anlagen
einer Baubewilligung. Bauliche Anlagen sind nach § 4 Z. 6 NÖ Bauordnung 2014 alle
Bauwerke, die nicht Gebäude sind. Ein Bauwerk ist gemäß § 4 Z. 7 NÖ Bauordnung
2014 ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an
bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig
verbunden ist. Die Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne
bauliche Anlagen in Ortsbereichen zählt hingegen gemäß § 15 Abs. 1
NÖ Bauordnung 2014 ebenso wie die Herstellung von Hauskanälen oder die die
Errichtung von Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45 Abs. 5)
bis zu einem Rauminhalt von 60 m³ zu den anzeigepflichtigen Bauvorhaben.
3.1.3.
- 24 -
Mit dem Boden verbundene Anlagen sind dann als bauliche Anlagen anzusehen,
wenn zu ihrer fachgerechten Herstellung nicht nur bautechnische, sondern
wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind (vgl. VwGH vom
11. September 1986, Zl. 84/06/0151). Nicht alles, was von Menschenhand angelegt
wurde, ist bewilligungspflichtig. Es sind nur jene Anlagen als bewilligungspflichtig zu
beurteilen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse
erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen
ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet sind (vgl.
VwGH vom 30. April 1985, Zl. 85/05/0007). So können z.B. Reithindernisse nur dann
als bauliche Anlagen angesehen werden, wenn für ihre Herstellung ein wesentliches
Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist (vgl. VwGH vom 17. November 1987,
Zl. 87/05/0143). Aus § 4 Z 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996 ergibt sich, dass eine
Einfriedung (nur) dann eine bauliche Anlage iSd § 14 Z 2 NÖ Bauordnung 1996
darstellt, wenn zu ihrer standsicheren Aufstellung (z.B. Fundierung, Absicherung
gegen Sturmschäden) wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und
sie mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Werden Platten nur lose angebracht
und nicht mit dem Boden kraftschlüssig verbunden oder werden sie zu keinem
Bestandteil einer bestehenden baulichen Anlage, so kann von der Errichtung einer
baulichen Anlage iSd § 14 Z 2 NÖ Bauordnung 1996 oder der Abänderung eines
Bauwerks iSd § 14 Z 4 leg.cit. wohl keine Rede sein (vgl. VwGH vom 26. April 2013,
Zl. 2011/07/0204).
Zur Errichtung der gegenständlichen Sickergrube sind ein Loch und eine Künette zu
graben, Rohre zu verlegen, Betonringe in das Loch abzusenken und das Loch mit
Schotter zu befüllen. Das sind Arbeiten, die auch ein ungelernter Arbeiter verrichten
kann. Wesentliche bautechnische Kenntnisse sind daher für die Errichtung der
Sichergrube nicht erforderlich. Die gegenständliche Sickergrube ist daher schon
deshalb nicht als bauliche Anlage iSd § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 zu
qualifizieren. Zu demselben Ergebnis gelangt man auch mit einem Größenschluss:
Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45 Abs. 5) bis zu einem
Rauminhalt von 60 m³ sind „nur“ anzeigepflichtig. Es wäre geradezu systemwidrig,
wollte man eine Sickergrube für (nicht verschmutzte) Niederschlagswässer, strenger
behandeln.
3.1.4.
- 25 -
Die Frage, ob die erstattete Bauanzeige den in § 15 NÖ Bauordnung 2014
genannten Anforderungen entsprochen hat, ist in einem Bauauftragsverfahren nach
§ 35 Abs. 2 Z 3 NÖ Bauordnung 2014 zu klären (vgl. VwGH vom 24. Mai 2005,
Zl. 2003/05/0181, und vom 18. November 2014, Zl. 2012/05/0088). Das Bindewort
"und" bei der in § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 vorgenommenen Aufzählung der
Voraussetzungen ließ ebenso wie der Wegfall der Wortfolge „und das Bauwerk
unzulässig ist“ vordergründig den Schluss zu, dass allein das Vorhandensein einer
Baubewilligung oder auch einer Bauanzeige die Erlassung eines Bauauftrages
ausschließt. Dabei erhob sich die Frage, ob auch im Falle einer zu Unrecht erfolgten
Anzeige die Ausführung des Vorhabens mittels baupolizeilichen Zwanges nicht mehr
beseitigbar sein soll. Dies wäre zunächst auf Grund der Gleichbehandlung mit der
Baubewilligung zu bejahen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die
Rechtmäßigkeit einer einmal erteilten Baubewilligung nicht Gegenstand des
baupolizeilichen Verfahrens sein kann. Der verfahrensrechtliche Unterschied zur
Bauanzeige ist jedoch gravierend: Maßgebend ist allein die in der Anzeige
dokumentierte Willenserklärung des Bauwerbers; auch wenn überhaupt kein
Verfahren stattfindet, tritt nach Ablauf der Achtwochenfrist die Wirkung ein, dass mit
der Ausführung des Vorhabens begonnen werden darf. Es ist also nicht einmal eine
bescheidmäßige Kenntnisnahme der Anzeige erforderlich. Der Mangel an
Bescheidqualität bewirkt, dass eine Kenntnisnahme auch keinen der Rechtskraft
fähigen Abspruch über die Qualifikation der Bauführung als bloß anzeigepflichtig
enthält (Schwaighofer, Die Bauanzeige nach der Tiroler Bauordnung 2001, bbl 2004,
1 ff, VII). Kastner zeigt weiters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtshofes zu Recht auf (Kastner, Probleme um das
Anzeigeverfahren nach der NÖ BauO, RdU 1999, 53 ff, 4 b), dass ein
Verwaltungsakt, der "erhebliche Rechtswirkungen" zeitigt, rechtlich nicht als
unbekämpfbar konstruiert werden darf, weil das verfassungsgesetzlich
gewährleistete Rechtsschutzsystem sonst leer laufen würde. Dies kann vermieden
werden, wenn man die "Anzeige" nach § 15 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 2014 im
Sinne des oben dargestellten Unterschiedes zur Baubewilligung als eine "dem
Gesetz entsprechende Anzeige" deutet (vgl. VwGH vom 24. Mai 2005,
Zl. 2003/05/0181).
- 26 -
Der Anzeige von Frau MH wurde eine für die Beurteilung des Vorhabens
ausreichende, maßstäbliche Darstellung und Beschreibung des Vorhabens
vorgelegt. Die Ausführung entspricht demgemäß den Regeln der Technik. Die
Bauanzeige erfolgte damit gesetzmäßig. Das wiederum hat zur Folge, dass aufgrund
der vorliegenden gesetzmäßigen Bauanzeige kein Abbruchauftrag ergehen durfte.
Die belangte Behörde hat daher den von der Beschwerdeführerin gestellten
Abbruchauftrag zu Recht abgewiesen.
3.1.5.
Auf Grund der im Verwaltungsverfahren herrschenden Offizialmaxime hat die
Behörde den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen
festzustellen. Sie hat im Sinn des § 39 AVG in der Regel einen Sachverständigen
beizuziehen, wenn ihr dies notwendig erscheint. Hauptsächlich wird das dann der
Fall sein, wenn Fachfragen zu beurteilen sind, für die Kenntnisse und Erfahrungen
notwendig sind, die außerhalb des engeren Berufskreises der entscheidenden
Organe liegen. Bei dem Gutachten eines Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG
handelt es sich um ein Beweismittel, das gemäß § 45 Abs. 2 AVG der freien
Beweiswürdigung durch die Behörde unterliegt. Die Behörde hat das Gutachten
daher auf seine Vollständigkeit, auf Freiheit von Widersprüchen sowie insbesondere
auf seine Schlüssigkeit, das heißt darauf hin zu überprüfen, ob es den Denkgesetzen
und den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht. Die Behauptungen einer
Partei, ein Gutachten sei widersprüchlich, können auch dann Gewicht haben, wenn
sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch
ohne Gegengutachten. Ob die Behörde einen weiteren Sachverständigen für
notwendig hält, ist von ihr selbst zu beurteilen. Wenn allerdings das bereits
vorliegende Gutachten nicht vollständig oder nicht schlüssig wäre, müsste von Amts
wegen ein anderer Sachverständiger herangezogen werden (vgl. VwGH vom
18. Juni 2014, Zl. 2013/09/0172, vom 27. Februar 2015, Zl. 2012/06/0063, und vom
7. November 2013, Zl. 2010/06/0255). Die belangte Behörde hat bereits im
Verfahren erster Instanz den Sachverständigen mit sämtlichen Einwendungen der
Beschwerdeführerin konfrontiert. Seine gutachterlichen Stellungnahmen waren und
sind vollständig, frei von Widersprüchen und schlüssig. Die von der
Beschwerdeführerin erhobenen Behauptungen sind aufgrund ihrer
- 27 -
Widersprüchlichkeit und mangels irgendwelcher nachvollziehbaren Belege nicht
geeignet, die Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Gutachten in Zweifel zu ziehen.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht davon abgesehen, Gutachten eines
weiteren Sachverständigen einzuholen. Sie hat daher auch zu Recht ihre
Entscheidung auf die Gutachten des Sachverständigen gestützt. Der
Beschwerdeführerin wäre es frei gestanden, die Gutachten des Sachverständigen
durch ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu widerlegen. Ihre teils
widersprüchlichen Ausführungen waren dazu aber nicht geeignet. Insgesamt liegt
daher auch kein Verfahrensmangel vor, so dass die Beschwerde auch in dieser
Hinsicht nicht berechtigt ist.
3.1.6.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der
Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die
Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der
Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch sind im vorliegenden
Beschwerdeverfahren im Ergebnis ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen, zu
deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht
geboten ist (vgl. dazu VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2012/05/0029 bzw. auch vom
21. Dezember 2012, Zl. 2012/03/0038).
3.3. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das
Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses
auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der
Ausspruch ist kurz zu begründen. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der
als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren
anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen
Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG
grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von
der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine
solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die unter Punkt 3.1. auch angeführt
ist, auch einheitlich beantwortet wird.