Post on 02-Feb-2021
Industrie 4.0 —das unbekannteWesen?
MegatrendsIndustrie4.0
Analytics
Machine to Machine
2Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
InhaltDas Interesse wächst exponentiell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Trendanalyse sieht „Machine to Machine“ klar vorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Wirtschaftliche Fertigung einer Losgröße eins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Weitere Megatrends: „Big Data Analytics“ und „Cloud“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Strategien für morgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Auswirkungen auf Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Neue Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Einstiegshürden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Die Sache mit den Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Studiendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Ansprechpartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Machine to MachineEY
3Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Das Interessewächst exponentiell
Auf der Hannover Messe 2011 präsentierte sicherstmalig mit „Industrie 4.0“ (nachfolgend auchI 4.0) eine Initiative aus Politik, Wissenschaft undWirtschaft im Rahmen der Hightech-Strategie derBundesregierung. Zunächst nahmen sich vor allemMinisterien und Verbände, aber auch ausgewählteUnternehmen wie Bosch, Festo, Trumpf und Sie-mens des Themas an. Doch die überwiegende An-zahl derer, die es wirklich anging und die als Treiberder Entwicklung hätten fungieren können, hieltensich lange Zeit zurück: die (mittelständischen)Unternehmen.
Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem private Haus-halte und Nutzer bereits eine Vielzahl der neueninternetbasierten Anwendungen für sich entdeckthatten. Tatsächlich drängen mit der „Generation Z“private Anwender in den Arbeitsmarkt, die mit den„allgegenwärtigen“ Nutzungsmöglichkeiten einesüberall verfügbaren Internets aufgewachsen sindund sich in ihrem privaten Tagesablauf sehr weit-reichend darauf einge lassen haben.
Zahlreiche Unternehmen und deren Entscheiderhingegen haben sich nur zögerlich der „viertenindustriellen Revolution“ und den damit einherge-henden Begriffen wie Digitalisierung, Internet ofThings und Industrie 4.0 (diese Begriffe werdenzunächst weitestgehend synonym verwendet undan späterer Stelle erklärt und gegeneinander ab-gegrenzt) genähert. Vielleicht, weil Revolutionenvielen Unternehmern per se suspekt sind, vielleichtaber auch, weil einer „analog“ aufgewachsenenGeneration von Unternehmern die „angeblichenVorzüge“ von Industrie 4.0 und Digitalisierung dochzu utopisch erschienen. Allerdings hatte bereits dieunaufhaltsam fortschreitende Globalisierung ge-zeigt, dass sich Unternehmen mit einer „Das habenwir schon immer so gemacht“-Strategie schnellerals gedacht um eine ehemals starke Wettbewerbs-position gebracht haben.
Zwischenzeitlich hat sich auch in der Industriedie Erkenntnis weitgehend durchgesetzt, dassIndustrie 4.0 und Digitalisierung gar nicht so uto-pisch sind. Dabei dürften die Motivation zahlreicherAktivitäten zum einen eine Angst vor der Erosionder eigenen Wertschöpfungskette sein, anderer-seits aber auch das Erkennen der mit den neuenMöglichkeiten verbundenen zahl reichen Chancen.
Die technischen Zutaten für eine kommer zielleNutzung von Industrie 4.0 und Digitalisierung exis-tieren bereits in zahlreichen und tausendfach er-probten privat genutzten Anwendungen, das Kon-zept überzeugt grundsätzlich, und der Mehrwertist absehbar, wenn auch teilweise noch nicht voll-ständig zu berechnen.
Industrie 4.0 und Digitalisierung werden keinerein unternehmensinternen Phänomene bleiben,sondern auch die Abläufe und das Zusammen-wirken zwischen Marktteilnehmern verändern.
I 4.0 und Digitalisierung
bleiben keine Utopie, sondern
bieten Unternehmen vielfältige
Möglichkeiten und Chancen.
Hightech-Strategie der
Bundesregierung:
Mittelständische Unternehmen
agieren zurückhaltend.
4Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
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Abbildung 1
Auswirkungen der Digitalisierung
Anhand der klassischen Dimensionen „Unterneh-mensebene“, „direktes Marktumfeld“ und „indirek-tes Marktumfeld“ kann jedes Unternehmen für sichselbst analysieren, wo sich welche Veränderungendurch Digitalisierung und/oder mög liche Anwendun-gen aus dem Umfeld von Industrie-4.0-Lösungenauswirken können:
1. Unternehmensebene: Hier geht es z. B. um die Frage- und Aufgaben-stellungen, ob und wie I 4.0 zu einer Veränderung und Anpassung derunternehmensinternen Prozesse führen kann.
2. Direktes Marktumfeld: Hier liegt der Fokus auf solchen Frage- und Auf -gabenstellungen, bei denen I 4.0 eine Anpassung der zu Kunden und Lie-feranten, aber auch zu Wettbewerbern bestehenden Prozesse oder Wert-schöpfungsketten bzw. sonstigen Leistungsbeziehungen zur Folge hat.
3. Indirektes Marktumfeld: Hier sind bereits heute Standardisierungenin (teil)regulierten Umfeldern wie gemeinsame Plattformen und ent-sprechender Datenaustausch Realität (z. B. seit 2007 REACH als Euro-päische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulas-sung und Beschränkung chemischer Stoffe). Durch Digitalisierung undI-4.0-Anwendungen eröffnen sich zahlreiche weitere Möglichkeiten,gerade für regulatorische Eingriffe der Staaten auf nationaler undsupranationaler Ebene. Denkbar ist auch, dass aus diesem Bereich dieEntwicklung neuer Industriestandards, z. B. für den Datenaustauschin der Automobilindustrie innerhalb der EU, forciert wird.
Unternehmensebene
Politics
Indirektes Markenumfeld
Direktes Markenumfeld
Economical Social Technological Environmental Legal
Existierender Wettbewerb
Potenzieller Wettbewerb
Unterstützungsaktivität
Eingangs-logistik
ProduktionExterneLogistik
Vertrieb &Marketing
After-Sales
Substitution
Kun
den
Lief
eran
ten
EY
5Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Unsere Studie „Megatrends 2015“ hat zusammenmit der aktuellen Umfrage des Verbandes Bitkomzunächst auf eine Differenzierung zwischen denverschiedenen Betrachtungsebenen verzichtetund die Trends stattdessen immer in Bezug auf denGesamtmarkt erhoben. Es wird spannend sein zubeobachten, ob und, wenn ja, welche Entwicklungenz. B. auf der Ebene des indirekten und direkten
Ausgangspunkt der Befragung 2015 waren zu-nächst die Unternehmensebene und die darausabgeleitete Sicht auf mögliche anstehendeVeränderungen.
Dabei zeigt das aktuelle Meinungsbild in den be-fragten Unternehmen bereits eine klare Richtung:Nahezu vier Fünftel der Unternehmen, die wir imRahmen unserer Studie befragt haben, schätzenIndustrie 4.0 als strategisch wichtig für ihr Geschäftein. Bei den größeren Industrieunternehmen (mit
Abbildung 2
Die Mehrheit hat die strategische Bedeutung von Industrie 4.0 erkannt
500 und mehr Mitarbeitern) teilen sogar 84 Prozentdiese Ansicht. Sie sind mit Arbeitsgruppen oderInitiativen teilweise auch schon aktiv in die Beschäf-tigung mit diesem Thema einge stiegen.
Unsere Studie bestätigt die hohen Erwartungenan die mit der Digitalisierung und I 4.0 verbundenenVeränderungen in verschiedenen Industriebe-reichen. Am höchsten sind die Erwartungen imMaschinenbau (mit 86 Prozent an der Spitze),gefolgt von der Konsumgüterindustrie, der Elektro-technik und dem Automobilbau.
Eine gerade erschienene Studie, initiiert vomMaschinenbauverband VDMA, bestätigt den Trendim Bereich des Maschinenbaus: „Neun von zehnMaschinenbauunternehmen sehen deutlicheChancen, sich mit der vernetzten Produktion(Industrie 4.0) am Markt zu differenzieren“, meldetder Verband.
Fast vier Fünftel der befragten
Unternehmen betrachten
I 4.0 als strategisch wichtig
für ihre aktive und zukünftige
Firmenausrichtung.
Die größten positiven Erwar-
tungen an eine umfassende
Digitalisierung zeigen sich in
der Maschinenbaubranche.
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Sehr wichtig Eher wichtig Eher nicht wichtig Überhaupt nicht wichtig Weiß nicht/Keine Angabe
Maschinenbau
Elektrotechnik 82
500+ MA
Gesamt
84
79
Top-2-Box*
Automobilbau 80
86
Konsumgüter
100–499 MA
83
78
Sonstigesverarbeitendes Gewerbe
74
41 %
32 %
34 %
43 %
46 %
45 %
29 % 54 % 11 %
10 %
15 %
15 %
41 % 41 % 12 %
6 %
7 %
7 %
7 %
5 %
5 %
5 %
4 %
31 % 49 % 15 %
36 % 50 % 10 %
33 % 41 % 18 %
Angaben (gewichtet) in Prozent, Basis: alle befragten Industrieunternehmen (n = 554). Rundungsbedingt ergeben die Summen nicht zwingend 100.*) Top-2-Box = „sehr wichtig“ + „eher wichtig“
6Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
Abbildung 3
Nur zwei Vorteile von Industrie 4.0 werden mehrheitlich gesehen: Flexibiltät und Reaktionszeit
Und: „Im Maschinenbau befassen sich knapp60 Prozent der Unternehmen mit Industrie 4.0,davon rund ein Drittel intensiv. Das sind doppeltso viele Unternehmen wie im gesamten verar-beitenden Gewerbe.“
Über einen potenziellen Nutzen von Industrie 4.0(bzw. deren Anwendungen) herrscht bei den befrag-ten Unternehmen erstaunliche Einigkeit:
• 62 Prozent der Industrieunternehmen verspre-chen sich eine höhere Flexibilität der Produktion.
• 57 Prozent erhoffen sich eine schnellere Reak-tion auf Kunden- oder Marktanforderungen.
Deutlich weniger Bedeutung messen die Unterneh-men Industrie 4.0 im Hinblick auf Unternehmens-ziele wie Erhöhung der Gesamtanlageneffektivität,der Produktinnovation, der Kostensenkung oder derbesseren Kundenunterstützung bei.
Interessanterweise wird aber das Potenzial, durchDigitalisierung von Produkten und der Produktionneue Geschäftsmodelle aufzubauen, nur von einersehr kleinen Minderheit der Unternehmen alswichtig eingeschätzt.
Aus diesen Einschätzungen könnte die These ab-geleitet werden, dass zwar der überwiegende Teilder befragten Unternehmen Industrie 4.0 grund-sätzlich eine hohe Bedeutung beimisst, allerdingsdabei die Auswirkungen auf die eigene Produktionund Wertschöpfung bisher für dieselben Unterneh-men nur eine untergeordnete Bedeutung haben.Dieser Punkt wird in unseren weiteren Untersuchun-gen genauer zu beobachten sein.
Das hauptsächliche Potenzial
von I 4.0 sehen viele Firmen
in der Optimierung des
Fertigungsprozesses und
abwicklung.
Nur wenige Unternehmen
planen allerdings basierend
auf den neuen Möglichkeiten
den Aufbau gänzlich neuer
Geschäftsmodelle.
Entwicklung innovativerneuer Produkte
Erhöhung derGesamtanlageneffektivität
Verbesserung derKundenunterstützung
Erhöhung der
Entwicklung neuerGeschäftsmodelle
Ausweitung des existierendenGeschäftsmodells auf neue
Märkte
Erreichen schnellererReaktionszeiten
Kostenreduktion
Angaben (gewichtet) in Prozent, Basis: alle befragten Industrieunternehmen (n=554)
62 % 58 % 54 %
42 %
60 % 67 % 63 %
40 %
57 %
42 %
52 %
43 % 42 %
61 %
33 %
62 %
41 %
61 %
36 % 25 % 41 % 38 % 37 % 39 %
30 % 30 % 33 % 26 % 31 % 30 %
28 % 28 % 32 % 21 % 26 % 29 %
14 % 7 % 9 % 9 % 16 % 17 %
10 % 9 % 14 % 12 % 16 % 7 %
Gesamt Konsumgüter Elektrotechnik Automobilbau Maschinenbau Sonstiges
0 % 0 % 0 %0 % 0 % 0 %
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7Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Trendanalyse sieht „Machine toMachine“ klar vorn
Die kontinuierliche Verbesserung der Abläufe inUnternehmen an sich ist keine Neuerung der Digi-talisierung oder durch I 4.0. Bereits durch Supply-Chain-Management (SCM) wurden integrierte
den gesamten Wertschöpfungsprozess aufgebautund ständig optimiert. Neu in diesem Bereich istallerdings die Möglichkeit, dass die an diesemWertschöpfungsprozess beteiligten Maschinen bzw.Auto maten und die Produkte miteinander bzw.über eine „Leitstelle“ kommunizieren.
-wicklung in der kreativen, intelligenten Kombinationneuer Technologien bei der reinen Kommunikation,aber auch bezüglich Embedded Software, User-Interface-Gestaltung, Datenbanken und Sicherheits-mechanismen statt.
So überrascht es wenig, dass bei einer Analysevon Megatrends der Begriff „Machine to Machine“(nachfolgend „M2M“) vor vielen anderen Begriffenliegt. M2M bezeichnet einen automatisierten Infor-mationsaustausch zwischen Endgeräten unter-einander oder über eine zentrale Kommunikations-schnittstelle sowohl über kabelgebundene als auchüber kabellose Netze. Im Bereich M2M agieren intel-ligente Maschinen, Lagersysteme oder Betriebs -
mittel, die autonom Daten untereinander austau-schen, Fertigungsschritte veranlassen und sich ge-genseitig steuern. Auf diese Weise steuert sich eineProduktion selbst. Produktionsmittel und Produkte
lokalisieren. Produkte kennen ihren Zustand und dienächsten Schritte im Produktionsprozess, und siestarten selbsttätig den jeweils nächsten Fertigungs-schritt einschließlich der logistischen Prozesse.
Auch die Rolle der Mitarbeiter in der Produktionwandelt sich dabei — bzw. ist bereits heute unterIndustrie-4.0-Anwendungen so möglich und Realität— von der Ausübung direkter Tätigkeiten im Produk-tionsprozess (diese laufen, wie oben dargelegt,automatisiert ab) hin zu indirekten Tätigkeiten.Ein Schwerpunkt dürfte darin liegen, das Systemaufrechtzuerhalten, z. B. um neue Produkte indas automatisierte Produktionssystem einzufügen,Ausnahmemeldungen zu behandeln, Software-probleme zu beheben und vieles mehr.
Im Rahmen unser Trendanalyse haben wir 72 Quel-len, überwiegend Studien und ähnliche Publikatio-nen aus den Jahren 2013 bis 2015, analysiert und
-gende Rangfolge ermittelt:
Abbildung 4
Eine bahnbrechende
Entwicklung im Bereich I 4.0
ist die vollautomatische
Interaktion zwischen
Produktionsmaschinen
(M2M: Machine to Machine):
Fertigungsprozesse können
in weiten Teilen durch die
Maschinen selbst gesteuert
und abgewickelt werden.
0 % 50 % 60 %40 %30 %20 %10 %
Technologie Medien Telekommunikation
Wearables
Internet of Things
Netzausbau
Cloud
Social Media
Personalisierung
Content Commerce
Big Data
Machine to Machine
Mobile Commerce
36 %
18 %
20 %
17 %1
1
2 %
7 %
3 %
6 %
5 %
5 %
5 %
4 %
15 %
16 %
4 %
7 %
7 %
2 %
2 %
2 %
11 %
23 %
1
1
21 %
8Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
auch in unserer Befragung wider. Neben demThema IT-Sicherheit, das aufgrund der notwendigenNutzung und Zurverfügungstellung von Datensämtliche Diskussionen im Bereich neuer digitalerAnwendungen überlagert, stuften die befragtenUnternehmen mit 78 Prozent das Thema M2M alswichtig und wesentlich für ihr Geschäftsmodell ein.Die sinnverwandten „Social Machines“, die denMenschen in die Kommunikation einbeziehen, er-freuen sich mit 70 Prozent ebenfalls einer hohenEinschätzung.
Abbildung 5
IT-Sicherheit ist mit Abstand der wichtigste Technologietrend für Industrieunternehmen
36 %82 %
Das Thema „Machine
to Machine“ wird als
wichtig und wesentlich
für das Geschäftsmodell
der befragten Unter-
nehmen eingestuft.
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Sehr wichtig Eher wichtig Eher nicht wichtig Überhaupt nicht wichtig Weiß nicht/Keine Angabe
Cloud Computing 61
Social Machines 70
IT-Sicherheit 99
Top-2-Box
Big Data 63
Machine-to-MachineKommunikation
78
Additive Fertigung 50
82 % 17 % 1 %
2 %41 % 37 % 20 %
29 % 41 % 14 % 16 %
30 % 33 % 28 % 9 %
37 % 24 % 29 % 10 %
14 % 36 % 34 % 18 %
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9Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Wirtschaftliche Fertigungeiner Losgröße eins
Die „Einbeziehung“ von Produkten in die Kommuni-kation während eines Fertigungsprozesses dankeingebauter Mikrointelligenz vom Rohling bis zumFertigteil ist das, was die bisherigen Abläufe einerWertschöpfung revolutionieren könnte.1 Produktewerden dadurch in die Lage versetzt, dem Produk-tionssystem ihren aktuellen Standort und den Standihrer Fertigstellung und ggf. mögliche Produktions-fehler mitzuteilen.
Produktionsanlagen mit solchen Fähigkeiten-
zeption selbst die „Losgröße eins“ wirtschaftlichfertigen. Dieser Aspekt dürfte in Zeiten der zuneh-menden Individualisierung von Produkten immermehr an Bedeutung gewinnen.
Rexroth in Homburg. Auf nur einer Fertigungsliniemontiert das Unternehmen dort mehr als 200verschiedene Hydraulikventile aus über 2.000 ver-schiedenen Komponenten. Die Monatsproduktionder einzelnen Typen liegt zwischen wenigen und
mehreren Hundert Exemplaren. Die einzelnenWerkstücke sind mit RFID-Funkchips (Radio
„Steckbrief“ enthalten.
Anhand dieser Information erkennen die neun„intelligenten Stationen“ der Linie, wie das fertigeProdukt zusammengestellt sein muss und welcheArbeitsschritte dazu notwendig sind. Displayszeigen den Mitarbeitern die zugehörigen Arbeits-anweisungen für die jeweils zu bearbeitende Vari-ante. Im Extremfall kann jedes Ventil anders ausfal-len, also in der Losgröße eins gefertigt werden.
Eine Besonderheit: Auch der Mensch ist buchstäb-lich Teil des Systems. Er trägt einen Bluetooth-Tag,den die Arbeitsstation ebenfalls ausliest, um ihre
-rücksichtigen die Arbeitsanweisungen den Wissens-stand des Mitarbeiters, das Display stellt sich aufgewünschte Schriftgrößen ein — ein Beispiel für dieVerbindung von M2M-Systemen mit dem Menschenzu einem cyberphysischen System.
Ein ähnliches Beispiel einer vollständig nach Indust-rie-4.0-Prinzipien automatisierten Montagelinie1 Beim Rohling wird eher der Ladungsträger Träger der Mikro-
intelligenz sein als das Produkt selbst.
Flexible Produktions-
prozesse werden
zukünftig durch Mikro-
intelligenz gesteuert.
In cyberphysischen
Systemen arbeiten Mensch
und Maschine über digitale
Schnittstellen eng zusammen.
Ein vom Mitarbeiter
getragener Bluetooth-Tag
sendet und empfängt Daten,
die in die Prozesse der
vollautomatisierten Montage-
10Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
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Weitere Mega-trends: „Big DataAnalytics“ und„Cloud“
Industrieschaltsystemen und Steuerungen montiertvollständig automatisch vom Kunden individuell
linie. Die Komponenten werden an der Linie bereit-gehalten und automatisiert auf der Basis der kon-
verwendet. Auch die Endkontrolle ist automatisiert:
wird ein 3-D-Modell des vom Kunden bestellten indi-viduellen Produkts erstellt und mit einem Foto desfertig montierten Produkts verglichen. Ergeben sichdabei Abweichungen, wird das Produkt ausge-schleust und von einem Mitarbeiter überprüft. Die-ses Beispiel zeigt, wie Daten aus den Engineering-
-matisierten Montagelinie zusammenspielen, um dieQualität des fertigen Produkts zu sichern — und diesbei Losgröße eins.
Auf den weiteren Plätzen der analysierten undnach ihrer Bedeutung abgefragten Trends fandensich „Big Data Analytics“ (63 Prozent) und „Cloud“(61 Prozent).
„Big Data Analytics“ steht dabei für die Analysegroßer Datenmengen unterschiedlicher Art,wodurch neue, bisher unbekannte Korrelationenund andere nützliche Informationen gewonnenwerden sollen. Diese wiederum sollen dem Zieldienen, sich aus der Analyse Wettbewerbsvorteilezu verschaffen.
Schon heute werden auf Unternehmensebenein Produktionsprozessen zahlreiche Daten (z. B.über in der Fabrik verteilte Sensoren zu Temperatu-ren, Drücken, Förderströmen oder Energiedaten)gesammelt.
Hinzu treten weitere Daten, die aus dem direktenMarktumfeld erhoben werden können. Im B2C-Um-feld machen dies kommerziell ausgerichtete sozialeNetzwerke wie Facebook und Twitter, aber auchSuchmaschinenbetreiber wie Google oder Microsoftmit Bing seit Jahren vor.
Will man all diese Daten nutzen, bedarf es der-selben hochkomplexen Analysewerkzeuge, die auchsonst im Zusammenhang mit Big Data eingesetztwerden. Das Interessante dabei: Sowohl die Erfas-sung als auch die Analyse erfolgen in Echtzeit.
Individuelle Kunden-
Produktes werden vollauto-
matisiert gefertigt. Der eben-
falls automatisierte Abgleich
mit einem auf Kundendaten
basierenden 3-D-Modell er-
möglicht in der Endkontrolle
eine gegebenenfalls
unmittelbare Korrektur
des Produktes.
Echtzeiterfassung
und -analyse von
komplexen Daten in
großen Mengen:
Big Data Analytics
gewinnt immer mehr
an Bedeutung.
EY
11Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Eine zeitnahe Analyse von Daten im Rahmen vonBig Data Analytics eröffnet die Möglichkeit, nichterst ex post, sondern bereits im laufenden ProzessKorrekturen vorzunehmen, automatisch und ausdem System heraus. Tauchen beispielsweise in kur-zer Folge zwei Produkte mit dem gleichen Fehlerauf, könnte das System die Anweisung geben, einbestimmtes Werkzeug an einer Bearbeitungssta-tion, die beide Teile durchlaufen haben, zu über-prüfen und gegebenenfalls auszutauschen.
Oder: Die umfassende Auswertung von Maschinen-daten, etwa Geschwindigkeitsschwankungen undVibrationen, macht es möglich, Ausfälle vorher-zusagen und durch Wartungsmaßnahmen zu ver-meiden (Predictive Maintenance).
In engem Zusammenhang mit Big Data ist der Trend„Cloud“ zu sehen. Dieser externe virtuelle Speicher,ein Pool nicht lokalisierbarer und von überall nutz-barer Speicherressourcen, bietet sich als schnelleund sichere Speichervariante gerade für riesige
Datenmengen an. Dort könnten auch Analyse-Tools extern vorgehalten werden, zumal Big DataAnalytics derzeit noch nicht zu den Kernkompeten-zen produzierender Unternehmen gehört.
Das könnte sich in dem Moment ändern, in demdie Auswertung von „Big Data“ dem auswertendenUnternehmen detaillierte Informationen über dasAnwendungs- und Nutzungsverhalten der End-nutzer verschafft.
Denn der „Herr über die Daten“ könnte im Zugeder weiteren Digitalisierung und Vernetzung derverschiedenen Bereiche einer Wertschöpfung hinzum „Internet of Things“ möglicherweise Dienst-leistungen anbieten, bei denen der Hersteller einerMaschine oder einer sonstigen Hardware aus dereigentlichen Endkundenbeziehung komplettverdrängt wird. Genau dieser Dienstleister könntezukünftig dem Endkunden ein Komplettpaketanbieten.
Abbildung 6
Beispiel: Digitalisierung im Bereich Landwirtschaft hinzum Internet of Things
Datenerhebung und
-auswertung in Echtzeit
ermöglichen auch eine
Anpassung und Produkt-
korrektur in Echtzeit.
Cloud-Lösungen
externe Speichern und
Analysieren von großer
Datenmengen.
1. Product
2. Intelligent product
3. Intelligent connected product
12Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
Im Bereich der Landwirtschaft stand jahrzehnte -lang der Anbieter der notwendigen Maschinen ineiner direkten Beziehung zum Endkunden.
In einer nicht allzu fernen Zukunft könnte aber dasUnternehmen, das die umfassende Datenanalyseund -auswertung liefert (u. a. bestehend aus täg-lichen Wetterdaten, der optimalen Menge Saatgutund Dünger, Empfehlungen für den richtigen Zeit-punkt der jeweiligen Ausbringung sowie einer
Analyse der am besten geeigneten Maschinen unterKosten-Nutzen-Gesichtspunkten), die Endkunden-beziehung vollständig auf sich verlagern.
Und aus diesem Wissen rund um Big Data Analyticskönnte der zuvor genannte Dienstleister den — bis-her die Endkundenbeziehung haltenden — Lieferantenvon landwirtschaftlichen Nutzfahr zeugen in eine B2B-Beziehung mit hoher Austauschbarkeit drängen.
Dienstleister der Big Data
Analytics werden durch
umfassende, schnelle Infor-
mationsauswertungen und
ein daraus resultierendes
optimales Serviceangebot
die Hersteller und Lieferanten
in den Schatten stellen.
• Soil sensors• Irrigation nodes• Irrigation application
• Agriculturalperformancemanagementdatabase
• Seed database• Seed optimization
application
Irrigationsystem
4. Product system
5. System of systems
Planter
Harvester
• Sensors for humidity,temperature etc.
• Weather maps• Weather forcast• Weather application
Farming equipmentsystem
Plow
Agriculturemanagement
system
Weatherdata
system
Farmingequipment
system
Crop/seedoptimization
system
Quelle: Harvard Business Manager, Dez. 2014, S. 44–45.
EY
13Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Strategien fürmorgen
Es liegt auf der Hand, dass der Weg zur hochautomatisierten und intelligenten Fabrik auch Ver-änderungen zahlreicher Geschäftsmodelle mit sichbringen wird. Einen Grund hierfür haben wir be-reits geschildert:
Die Abgrenzungen im direkten Marktumfeldzwischen Produzenten, Dienstleistern (für Big DataAnalytics), Lieferanten und Kunden verschiebensich oder weichen zumindest auf, unternehmens-interne Prozesse werden enger mit Prozesseninnerhalb des direkten Marktumfeldes verzahnt.
Heute kann niemand die Auswirkungen genauprognostizieren. Allerdings kann heute auchniemand mehr die Augen vor den anstehendenVeränderungen verschließen.
Selbst ein Kapitalgeber für Investitionsgüter musssich mit der Frage auseinandersetzen, ob das Unter-
soll, im Finanzierungszeittraum von sechs bis zwölfJahren überhaupt noch wettbewerbsfähig istbzw. ob das Investitionsgut selbst noch eine ent-
werden kann.
Daher sollten sich Unternehmer vorausschauendzumindest über ihre Optionen klar werden undanalysieren, ob bzw. in welchem Ausmaß das eigeneGeschäftsmodell von der Entwicklung betroffen seinkönnte. Typische Fragen bei dieser Analyse könntendie folgenden sein:
•wendungen aus dem Bereich Digitalisierung undIndustrie 4.0 für meine eigene Wertschöpfungs-kette, aber auch für mein direktes Marktumfeldund das indirekte Marktumfeld meiner Branche?
• Welche technischen Neuerungen werden fürUnternehmen meines Industriezweigs angebo-ten, was ist derzeit „best in class“?
• Kann ich wettbewerbsfähig bleiben, ohne zu-mindest Teile der eigenen Wertschöpfung aufIndustrie-4.0-Technologien umzustellen?
• Wie viel Zeit habe ich im günstigsten oderungünstigsten Fall für die Umstellung?
• Kann ich mir eine investitionsintensive Indust-rie 4.0 überhaupt leisten oder muss ich ein völlig
bis hin zur (teilweisen) Einstellung des Betriebs?
•-
beiter und wie stelle ich die Transformation inder Mitarbeiterschaft sicher?
• Schaffe ich den Aufbau der notwendigen Kompe-tenzen in meinem Unternehmen selbst odernutze ich die Innovationskraft eines Start-ups?
•
• Oder ganz trivial: Was muss ich tun, um auch
Markt zu existieren?
Dabei sollte ein Unternehmen nicht vergessen,dass zwar zahlreiche Gemeinschaftsinitiativen vonPolitik und Wirtschaft eine hochkooperative, von
Eine systematische Analyse
möglicher Auswirkungen
auf das Geschäftsmodell
ist angezeigt.
Auswirkungen auf Geschäftsmodelle
Die Frage nach der Wett-
bewerbsfähigkeit eines Unter-
nehmens wird zukünftig eng
verknüpft sein mit der Frage
nach dessen Investition
und Neuausrichtung zu
I-4.0-Themenbereichen.
14Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
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Vertrauen geprägte Industrie- und Unternehmens-landschaft suggerieren. Doch auch unter demSchirm von Industrie 4.0 bleibt der „Markt“ an sicheine kompetitive Veranstaltung, und das umso mehrin einem globalen Umfeld. Denn auch die InitiativeIndustrie 4.0 selbst ist konkurrenzgetrieben —Deutschland steht hier im Wettbewerb mit starken„Playern“ wie China und den USA. Und die zuneh-
zu immer höherer Transparenz über Unterneh-mens- und Landesgrenzen hinweg.
Somit ist abzusehen, dass der „Wettbewerb“ anSchärfe zunehmen wird — trotz der Einbettung dereinzelnen Unternehmen in übergreifende Netz-werke. Nach wie vor wird es also darum gehen, die
-werbsvorteile zu verschaffen und Konkurrenz abzu-wehren. Dem einzelnen Unternehmer stellt sich be-reits im Vorfeld die Frage, wie er sich gegenüber denfür ihn relevanten Netzwerken positionieren soll.
Darauf wird ein Maschinenbauer ganz andereAntworten geben als ein Zulieferer der Automobil-industrie. Denn in der Automobilindustrie ist derZulieferer bereits heute daran gewöhnt, z. B. überdie bereits übliche Chargenrückverfolgung, auchdatentechnisch eng in die Supply Chains seinereigenen Lieferanten und Abnehmer eingebundenzu sein. Mit der neuen Stufe der Vernetzung wird esihm weiter erschwert, seine Produktionsprozesseautonom zu gestalten.
Dem Maschinenbauer außerhalb solcher inte-grierter Wertschöpfungsketten wird es leichterfallen, seine gewohnte Autonomie mehr oderminder zu bewahren.
Grundsätzlich wird jedes Unternehmen, so auchein Maschinenbauer, versuchen, eine Erweiterungseines Geschäftsmodells anzustreben, zum Beispieldurch die Platzierung neuer Serviceangebote.
Oder ein Maschinenbauer könnte sich z. B. daraufkonzentrieren, seine Bearbeitungszentren vollstän-dig als Plug-and-Play-Maschinen für betrieblicheNetzwerke zu konzipieren. So hätte er die Möglich-keit, in Kooperation mit anderen Maschinenbauernstatt einer diskreten Maschine komplette Ferti-gungslinien einschließlich der Nachbearbeitungs-stationen, der nötigen Logistik und der Softwareanzubieten (was in einigen Bereichen bereits ge-schieht, aber regelmäßig noch ohne einenI-4.0-Ansatz).
Elektronikhersteller hätten die Möglichkeit, indie Rolle eines Spezialisten für die M2M-Kommuni-kation zu schlüpfen und so eine vollständige Palettekompatibler Sender, Empfänger und Leser für sämt-liche Fertigungsprozesse zu offerieren. Vergleich-bares ist für die Bereiche Logistik und Softwaredenkbar.
Neue Chancen
Durch I 4.0 ergeben sich
branchenabhängig lukrative,
neue Geschäftsfelder, die
die Schwerpunktkompetenzen
von Unternehmen deutlich
verlagern oder erweitern
können.
EY
15Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Einstiegshürden
Die im Rahmen unserer Studie befragten Industrie-
für Investitionen in I 4.0 bzw. Digitalisierung vollbewusst.
Nahezu zwei Drittel von ihnen nennen den hohenInvestitionsbedarf als primäres Hemmnis für dieEinführung von Industrie-4.0-Anwendungen; beiden befragten Unternehmen aus dem Maschinen-bau sind es noch 60 Prozent.
Die zweite „Einstiegshürde“ ist nach Einschätzungvon 57 Prozent (Maschinenbau: 54 Prozent) der
Personal.
In der Tat wird die vernetzte Produktion die An--
ken. Denn um die Fabrik der Zukunft am Laufen zuhalten, werden neben noch mehr Ingenieuren auch
bisher im eigentlichen Produktionsumfeld benötigt,und zwar regelmäßig mit neuen Kompetenzen:Wer im digitalisierten Betrieb mitreden will, benötigtKnow-how im Bereich der Hardware ebenso wiein der Software.
Damit ist auch klar: Einfache Hilfstätigkeiten für
es in dieser Form, zumindest aber im heutigen Um-fang, nicht mehr geben. Allerdings gibt es bereitsBeispiele — wie die bereits erwähnte Fertigungslinievon Bosch Rexroth — dafür, dass auch für ange-lernte Kräfte noch genügend Raum bleibt. Sie müs-sen sich allerdings auf eine neue, ebenfalls digitali-sierte Arbeitsumgebung mit Datenbrillen, Tablet-Computern und verschiedensten Apps einstellen.
Abbildung 7
Meistgenannte Hemmnisse für Industrie 4.0 sind Investitionsbedarf und Fachkräftemangel(Industrieunternehmen)
Größte Hürde bei I 4.0:
hohe Kosten und Mangel an
Sicherheitsbedenken
Mangelnde Standards
Mangelndes IT-Know-howbei Kunden
Zu hoher Investitionsbedarf
Unklare Geschäftsmodelle
Unklarer wirtschaftlicher Nutzen
Angaben (gewichtet) in Prozent, Basis: alle befragten Industrieunternehmen (n = 554)
64 % 70 % 57 % 67 % 60 % 64 %
57 % 57 % 58 % 58 % 54 % 57 %
50 % 49 % 54 % 58 % 60 % 45 %
46 % 42 % 42 % 55 % 52 % 45 %
38 % 34 % 40 % 37 % 43 % 37 %
37 % 51 % 42 % 39 % 29 % 34 %
25 % 19 % 18 % 28 % 32 % 26 %
Gesamt Konsumgüter Elektrotechnik Automobilbau Maschinenbau Sonstiges
0 % 0 % 0 %0 % 0 % 0 %
16Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
Der Automationsspezialist Festo AG liefert dafürein praktisches Beispiel aus der Auftragsbearbei-tung. Sobald ein Kunde bestellt, gibt der Vertriebdie Order ins System ein. Das System wiederum
-kationen und anderen Eigenschaften dafür benötigtwerden und wann der jeweilige Job abgeschlossensein muss. Es wählt eine Reihe von Mitarbeiternaus, die dann eine Anfrage per App erhalten undden Arbeitseinsatz annehmen oder ablehnenkönnen. Neben dem fachlichen Wissen verlangteine solche Organisationsform dem Mitarbeitereine hohe Flexibilität ab.
Die übergreifende Aufgabe der Industrieunter-nehmen wird es sein, die Rolle der Mitarbeiter in
neuen Produktionsstrukturen vorzubereiten und —zusammen mit der Politik — entsprechende Ausbil-dungsberufe zu entwickeln. Dazu allerdings bedarfes zunächst klarer Vorstellungen über I 4.0 aufden Führungsebenen.
Die Sache mit denStandards
Als weitere Einstiegshürde werden von der Hälfteder Befragten mangelnde Standards genannt. Im
Unternehmen dieses Manko als Hindernis. In der-
dards wird es zumindest im direkten Marktumfeldunternehmensübergreifende Kommunikationennicht geben.
Andererseits werden der deutschen Industrieaufgrund ihrer großen Normungserfahrung guteChancen eingeräumt, eine Führungsrolle im inter-nationalen Wettbewerb bei Fragen der Standardisie-rung zu übernehmen. Und das, nachdem man sichgerade im angloamerikanischen Umfeld lange Zeitüber die deutsche Standardisierungsmanie amü-siert hatte.
Wie dem auch sei — die befragten deutschen Unter-nehmen nähern sich dieser Frage eher pragmatisch.62 Prozent der Befragten rechnen damit, dasssich kein eindeutiger Standard durchsetzen wird.22 Prozent verlassen sich darauf, dass Koopera-tionsinitiativen aus der Industrie gemeinsame Stan-dards entwickeln werden. Und acht Prozent gehendavon aus, dass der (bislang nicht existente) Markt-führer seine eigenen Standards durchsetzen wird.
Sicherheitsbedenken stehen mit 46 Prozent derNennungen im Übrigen erst auf der vierten Positionder „Einstiegshürden“ der potenziellen industriellen
Ohne I-4.0-Standards
gestaltet sich der Einstieg
in die vollautomatisierte
Produktion schwierig.
Deutschland könnte hier
in der Entwicklung und
stellen eine führende Rolle
übernehmen.
Die befragten Unternehmen
rechnen zum Großteil nicht
mit der Durchsetzung eines
eindeutigen Standards.
EY
17Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Nutzer von I 4.0. Ganz anders beurteilen das dieAnbieter aus Software, IT-Services und Telekommu-nikation, sozusagen die Experten für vernetzteSysteme. Gut drei Viertel von ihnen sehen in den
Sicherheitsbedenken das größte Hindernis für dieEinführung von Industrie-4.0-Anwendungen. Diemangelnden Standards stehen für zwei Drittel vonihnen bereits an zweiter Stelle der Hemmnisse.
Abbildung 8
Sicherheitsbedenken und mangelnde Standards sind große Hemmnisse für Industrie 4.0(Software, IT-Services und Telekommunikationsanbieter)
Dass etwas mehr als die Hälfte der Systemanbietereinen Mangel an IT-Know-how bei ihren Kunden alsHindernis moniert, signalisiert akuten Handlungsbe-darf aufseiten der potenziellen industriellen Anwen-der. Und die Selbsteinschätzung der Industrie, dass
eng mit diesem Urteil. Der hohe Investitionsbedarf,von der Industrie als größte Hürde auf dem Weg zurI 4.0 eingestuft, ist nur für jeden zweiten Anbieterein ernst zu nehmendes Hemmnis. Nahezu gleichhoch bewertet die Anbieterseite die Bremskraft derunklaren Geschäftsmodelle, für ihre Kunden mit25 Prozent eher ein Punkt unter „ferner liefen“.
Keine Frage: Auf dem Weg zur praktischen Um-setzung von Industrie 4.0 sind noch einige Hürdenzu nehmen. Dass man — ungeachtet der noch
fehlenden Reife des Gesamtsystems — die Aufgabein betrieblichen Teilbereichen schon anpacken kann,haben wir bereits an einzelnen Beispielen ver-deutlicht.
Entscheidend dürfte aber für jedes Unternehmendie Erarbeitung einer geeigneten Strategie für dieeigene I 4.0 und Digitalisierungszukunft sein.
Reale Hürden bei I 4.0
dürfen für Unternehmen
kein Hemmnis sein, ein
und eine langfristige Strategie
für die Digitalisierungs-
zukunft zu erarbeiten.
Sicherheitsbedenken
Mangelnde Standards
Mangelndes IT-Know-howbei Kunden
Zu hoher Investitionsbedarf
Unklare Geschäftsmodelle
Unklarer wirtschaftlicher Nutzen
Angaben (gewichtet) in Prozent, Basis: alle befragten Unternehmen der Branche Software, IT-Services und Telekommunikation mit Industriekunden (n=101)
77 %
65 %
52 %
51 %
49 %
47 %
40 %
78 %
65 %
53 %
51 %
51 %
47 %
39 %
67 %
68 %
43 %
51 %
39 %
44 %
47 %
Gesamt 100–499 Mitarbeiter 500+ Mitarbeiter
0 % 0 % 0 %
18Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
Studiendesign
Die von EY in Zusammenarbeit mit Bitkom Researcherstellte Studie untersucht im Rahmen einer reprä-sentativen Unternehmensbefragung den Einsatzund die perspektivische Entwicklung von Industrie-4.0-Anwendungen in Deutschland. Die Studie sollAufschluss darüber geben, inwieweit Unternehmenin Deutschland Industrie-4.0-Anwendungen einset-zen, entwickeln bzw. anbieten und welche Hinder-nisse der Verbreitung von Lösungen derzeit nochentgegenstehen.
GrundgesamtheitDie der Studie zugrunde liegende Grundgesamt-heit der befragten Unternehmen strukturiert sichin drei Teile:
• Unternehmen der verarbeitenden Industrie, dieIndustrie-4.0-Konzepte und -Produkte anwenden
• Unternehmen der verarbeitenden Industrie, dieIndustrie-4.0-Konzepte und -Produkte anbieten
• Unternehmen der IT-, Software- und Telekommu-nikationsbranche, die Industrie-4.0-Konzepte und-Produkte anbieten
Auswahlverfahren und Stichprobe• Disproportional geschichtete Zufallsstichprobe• Verarbeitendes Gewerbe: n = 554• Informations- und Telekommunikations-
technologie: n = 152 (Bruttostichprobe), davonmit Industriekunden n = 102
Methodik und Gewichtung• Computergestützte telefonische Befragung (CATI)• Die Aussagen der Befragungsteilnehmer
wurden gewichtet, sodass die Ergebnisse einnach Branchengruppen und Größenklassenrepräsentatives Bild für Unternehmen desverarbeitenden Gewerbes und der Informations-und Telekommunikationstechnologie ab 100 Mit-arbeitern in Deutschland ergeben.
Verarbeitendes Gewerbe
Branchenverteilung IndustrieunternehmenHerstellung von Konsumgütern . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. 18,5 %
Elektrotechnik . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . 10,4 %
Automobilhersteller . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. 4,7 %
Maschinen- und Anlagenbau . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. 17,4 %
Sonstiges verarbeitendes Gewerbe . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . 48,9 %
Funktion der BefragtenGeschäftsführer/CEO/Vorstand . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . 45,2 %
(Haupt-)Abteilungsleiter Produktion/Betrieb . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. 32,6 %
(Haupt-)Abteilungsleiter F&E . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . 9,9 %
(Haupt-)Abteilungsleiter Qualitätsmanagement . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. 12,2 %
Mitarbeiterzahl100–499 Mitarbeiter . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . 84,6 %
500 und mehr Mitarbeiter . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . 15,4 %
Informationstechnologie und Telekommunikation
Funktion der BefragtenGeschäftsführer/CEO/Vorstand . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . 66,7 %
(Haupt-)Abteilungsleiter Produktion/Betrieb . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. .19,5 %
(Haupt-)Abteilungsleiter F&E . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . 6,9 %
(Haupt-)Abteilungsleiter Qualitätsmanagement . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . 6,9 %
Mitarbeiterzahl100–499 Mitarbeiter . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . 85,4 %
500 und mehr Mitarbeiter . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . 14,6 %
In Zusammenarbeit
mit Bitkom Research hat EY
Unternehmen in ganz
Deutschland zur Thematik
Industrie 4.0 befragt.
Verteilung
EY
19Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
20Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
EY
Fazit und Ausblick
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
zahlreiche „Begriffe“, „Trends“ und unzählige Meinungen prägen die aktuellen,allgegenwärtigen Diskussionen zu den Themen „Industrie 4.0“, „Digitalisierung“und „Internet of Things“.
Zu den „Begriffen“ und „Trends“ wollten wir mit dieser Studie den Grundsteinfür einen „Reiseführer“ durch die Welt der Digitalisierung legen und werden diesauch in den kommenden Jahren weiterhin tun.
Eine „Meinung“ muss sich jeder Leser, jedes Unternehmen selbst bilden.-
nen Marktumfeld passiert, und damit auch dazu, was z. B. der Wettbewerb tut.Und der Wettbewerb sitzt bekanntlich nicht mehr nur einen Ort weiter, er agiertglobal. Auch ein ebenso kritischer und offener Blick auf die Potenziale in dereigenen Wertschöpfungskette lohnt sich. Wir nennen das „Digital ReadinessAssessment“ oder „digitale Standortbestimmung“. Natürlich haben hier An-fänger, Fortgeschrittene und Experten unterschiedliche Sichtweisen, Erwartun-gen und Bedürfnisse.
Wir bei EY haben einen modularen digitalen „Baukasten“ entwickelt,um als Ihr kompetenter Gesprächspartner die richtigen Schritte für IhrUnternehmen mit zu erarbeiten und Ihnen, wenn Sie es wünschen,auf dem Weg zur Umsetzung zur Seite zu stehen — getreu unserem Motto:„Building a better — digital — working world“.
Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
EY
21Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
Stefan BleyPartner, GSA Advisory Services
Ernst & Young GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaftWilly-Brandt-Platz 568161 Mannheim
Telefon +49 621 4208 17342stefan.bley@de.ey.com
Dr. Christoph KilgerPartner, GSA Advisory Services
Ernst & Young GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaftHeinrich-Böcking-Straße 6–866121 Saarbrücken
Telefon +49 681 2104 18355christoph.kilger@de.ey.com
Prof. Dr. Jochen VogelPartner, GSA Transaction Advisory Services
Ernst & Young GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaftGraf-Adolf-Platz 1540213 Düsseldorf
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22Industrie 4.0 — das unbekannte Wesen?
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Die globale EY-Organisation im ÜberblickDie globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts-prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung.Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wirweltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wirbestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams,exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. UnserZiel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen — fürunsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben.Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“.
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