Post on 18-Sep-2019
Public Storytelling in Convergent Media
Zürcher Hochschule für Angewandte WissenschaftenInstitut für Angewandte MedienwissenschaftProf. Dr. Daniel Perrin
1 Kommunizieren als Projekt – zum Beispiel Schreiben
2 Public Storytelling
3 Convergent Media
4 Using the multimedia mindset
5 Das Nicht-Erzählbare gibt es nicht
Ziel Storytelling im öffentlichen Diskurs: Darin steigern Sie sich in diesemKurs. Nach dem Kurs kennen und erkennen Sie relevante Muster systema-tischen öffentlichen Storytellings, Sie können eigene Texte zielführendergestalten – und Sie tun dies mit Freude und Respekt.
Weg Sie trainieren Kommunikation als Projekt, am Beispiel Schreiben, in ab-gestuft komplexen Umwelten. Im Training eignen Sie sich wissenschaft-lich fundierte Arbeitstechniken an, mit denen Sie Ihre Routinen aufbre-chen und Ihre Repertoires erweitern: in Richtung erfolgreicherer Texte.
Stufe A Stufe B Stufe C Stufe D
Textenam Sprechplatz
Textenmit Gegenüber
↔
Texten alsRekontextualisierung
[↔]
Textenim Public Storytelling
[↔]_1 Kommunizieren in zunehmend komplexen Umwelten
communication modeincreasing interactivity
writing presenting talking
visible text production [–] [+] [+]
spontaneous feedback [–] [+] [+]
interactivity
spontaneous turn-taking [–] [–] [+]
_2 Kommunikationsmodi mit zunehmender Interaktivität
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Prof. Dr. Daniel Perrin, www.linguistik.zhaw.ch/iam | JO Tools: My Storytelling – Public Storytelling
1 Kommunizieren als Projekt – zum Beispiel Schreiben
• Kommunikationsversuch vs. Kommunikationserfolg– beachten + wahrnehmen + verstehen + behalten + handeln– Produkt vs. Prozess– technischer vs. menschlicher Prozessor– Regel vs. Regularität– unerfahrene vs. erfahrene Schreibende, „Mozartians“ bei wenig Zeit
_1, _2 Schreiben als Projekt, in vier rekursiven, sich überlagernden Phasen
• Zielsetzung: Die Gedanken bündeln. Was will ich? Warum sage gerade ichgerade das gerade dir gerade hier gerade jetzt? – Die Geschichte einemFreund erzählen, der eben einen Bus zu erreichen sucht, der abfährt!
• Planung: Den Aufbau planen. Was sage ich zuerst, was dann, was zu-letzt? Wie lenke ich die Aufmerksamkeit in und durch den Text? – DieGeschichte an den Fingern einer Hand abzählen!
• Steuerung: Den Schreib- oder Redefluss durchziehen. Wie halte ich denKommunikationsprozess am Laufen? Wie gehe ich situativ auf das Kom-munikationsgeschehen ein? Laufend gestellte Fragen beantworten!
• Kontrolle: Den Text überdenken. Was kommt zurück? Wie sichere ich denKommunikationserfolg, im laufenden Prozess und danach? – Auf Distanzzum eigenen Produkt gehen!
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2 Public Storytelling
• Story: als sinnvoll verstehbare Verdichtung unerwarteten/komplexen Ge-schehens zu einem abgeschlossenen Zeichen-/Handlungskomplex mit ty-pischen (vertrauten) und typisch (zeitlich, kausal) verknüpften Textrollen(Gegenspieler), Schauplätzen, Handlungen, Perspektiven – und unerwar-teten Ereignissen. Strukturmuster sind Textsorten wie die „Quote-Story“.
Betroffene Fälle
Entscheiderin
pro Experten
kontra
Faktenwissen
Moderation
_1 Quotestory als medienkonzertante Partitur. Onlinebeitrag mit Audios, Videos, Forum, paradigmatischen, syntagmatischen und navigatorischen Varianten.
• Basis-Narrativ: sozial eingeschliffene Konstante im Public Storytelling,die radikal (selbsterklärend, selbstlegitimierend) und anschlussfähig (sy-stemübergreifend) auf Grundprobleme von Individuum und Gesellschaftfokussiert und als Kohärenzmotor von Geschichten funktioniert. Beipiele:
– Kain und Abel: wo good guy, da bad guy; Märtyrer und Terroristen; …– David und Goliath: klein und flink gewinnt gegen groß und schwerfällig– Hiob: Umdeutung realer Katastrophe als symbolischer Sieg– Aufstieg, Blüte und Verfall; Bekehrung; Machbarkeit– Geburt – Tod; Vergehen – Strafe; Vergehen – Rache; Unglück – Glück; …
• Storytelling: Gestaltung und Deutung eines Kommunikationsangebots alsStory, als Geschichte, mit dem Ziel, Erinnerungen, Bilder und Emotionenzu wecken, Aufmerksamkeit zu lenken, Verstehen und Sinn zu erzeugen.
• Public Storytelling: Herstellen gesellschaftlicher Sinnerfahrung mit Ge-schichten (und ihrer Entschlüsselung) in öffentlichen Diskursen.
• Public Storytelling Management in Convergent Media: Öffentliches undöffentlichkeitsgerichtetes medial konzertantes Sinnmanagement durchabgestimmte, kanaladäquate Geschichten.
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3 Convergent Media
_1 Orchestral text reproduction
media aspect examples
institution the press, tv company, PR department, …
technology printing technology, www, wlan, telephone network, database, …
device smartphone, laptop, …
channel book, record, broadcast, pdf, phonecall, email, face-to-face-dialogue, …
carrier spoken and written language, sound, still and motion pictures
senses hear, see, touch, smell, taste
sign „“, word, proposition (argument, narrative, …), text, …
_2 „Media“ with specific strengths and weaknesses
level development
business > cross-selling strong brands, economy of scale by multiple use of content
cooperation > cross promoting > content cloning cross media > joint producing
profession > multimedia assignment editor, newsresourcer, multimedia reporter, …
mindset > multimedia mindset: using the most appropriate media, cooperating
information > accessible, intertextual, processual, permanent? transparent? democratic?
storytelling > writing multi-modal, non-linear, interactive dramaturgy. Reduce to max?
_3 „Convergence“
Sources: Dailey, Demo, & Spillman, 2005; Gordon, 2003; Perrin, 2006; Pritchard, 2005;Quinn, 2005a, 2005b, 2005c; Quinn & Filak, 2005; Singer, 2004
source texts source audience
psychobiographies: representations of world, procedural knowledge, emotions, …
social settings of news production in a world of contextual resources
target texts
(co-)authors
orchestral(re-)production
media institution
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4 Using the multimedia mindset
_1 Using the mulimedia mindset to develop public storytelling practices for convergent media
communication setting – task complexity +
type example … inform … coordinate … motivate …
+ lif
elik
elin
ess
– fixed
+ updatable
+ interactive
+ para-/nonverbal
+ co-situative
printed handbook
html-publication
bulletin board
video conference
face-to-face-talk
lack of involvement
setting …
fits …
task complexity
lack of efficiency
_2 Using the mulimedia mindset to balance efficiency and involvement [[Daft, 1986 #3263]]
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5 Das Nicht-Erzählbare gibt es nicht
Es scheint so etwas wie eine narrative Standardisierung von Erlebniszusammenhängen zu ge-
ben, in die sehr viele Menschen verstrickt sind. In einer solchen Standarderzählung formu-
lieren und verdichten sich gruppen- und generationsspezifische Erfahrungen, und umgekehrt
bedienen sich die einzelnen Autobiographen mit den passenden Geschichten aus dem Stan-
dardinventar und integrieren das eine oder andere daraus in die eigene Lebensgeschichte,
ohne das selbst zu bemerken. Das mag abstrakt klingen, aber wir haben in einer Studie, in
der Kriegserlebnisse berichtet wurden, die erstaunliche Feststellung machen müssen, daß
zahlreiche Erlebnisse, die von Zeitzeugen berichtet wurden, mehr oder weniger deckungs-
gleich mit jenen Geschehnissen waren, die der Film „Die Brücke“ (1959) darstellt (Welzer et
al., 2002). Der Autor und Regisseur dieses Films, Bernhard Wicki, war selbst Angehöriger der
Kriegsgeneration und hat hier sowohl seine eigenen als auch die von anderen gehörten und
aufgezeichneten Erfahrungen und Erlebnisse in einem Kunstprodukt zusammengefaßt, das als
verallgemeinerte ästhetische Formulierung einer generationellen Erfahrung gelten kann. Tat-
sächlich gibt es kaum einen Film aus der Nachkriegszeit, mit dem sich die Generation der
letzten Kriegsteilnehmer, der Hitlerjungen, Flakhelfer und jungen Wehrmachtssoldaten, mehr
identifiziert hat als mit der »Brücke«. Deshalb kann dieser Film umgekehrt als Reservoir für
Erlebnisse gelten, die man gehabt haben könnte oder sogar gehabt haben muß, will man ei-
ne plausible, das heißt soziale akzeptierte Geschichte vom Krieg erzählen. Mit anderen Wor-
ten: Eine individuelle Geschichte wird nur dann glaubhaft erzählt werden können, wenn sie
den sozialen Erwartungen der unmittelbaren oder medialen Zuhörer entgegenkommt, das
heißt sinnhaft und bekannt erscheint. Umgekehrt stieß auf Seiten der überlebenden Opfer
des Holocaust das Unwahrscheinliche, das unglaublich Grauenhafte der Konzentrationslager-
erfahrung an eine Grenze des Plausiblen und Nachvollziehbaren, weil es so sehr vom sozial
Erwartbaren abwich – weshalb viele Überlebende mit ihren unglaublichen Geschichten allein
blieben bzw. sogar erhebliche Mühe hatten, diese in ihre eigene Geschichte zu integrieren
(vgl. Welzer, 1997, S. 130 ff.). Dies alles verweist wiederum auf die außerordentlich enge
Verwobenheit individueller und sozialer Erfahrungen und darauf, wie tief unsere als so indi-
viduell und einzigartig empfundene Autobiographie mit – konkreten und abstrakten – ande-
ren verknüpft ist. Unser eigenes autobiographisches Gedächtnis unterscheidet nicht zwischen
»wahren« und »falschen« Erinnerungen; es sind die anderen, die sagen, daß wir uns täu-
schen.
_1 Geschichten prägen Wahrnehmung und Erinnerung. Quelle: Markowitsch & Welzer, 2005, 33 f.
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Prof. Dr. Daniel Perrin, www.linguistik.zhaw.ch/iam | JO Tools: My Storytelling – Public Storytelling
+ Begleiter beim Selbstcoaching
• Perrin, Daniel / Rosenberger, Nicole (20082): Schreiben im Beruf. Wirk-same Texte durch effiziente Arbeitstechnik. Berlin: Cornelsen [pocket bu-siness].
Dailey, L., Demo, L., & Spillman, M. (2005). The Convergence Continuum: A Model for Studying Col-laboration Between Media Newsrooms. Atlantic Journal of Communication, 13(3), 150-168.
Gordon, R. (2003). The meanings and implications of convergence. In K. Kawamoto (Ed.), Digitaljournalism. Emerging media and the changing horizons of journalism (pp. 57-73). New York:Rowman & Littlefield.
Markowitsch, H. J., & Welzer, H. (2005). Das autobiographische Gedächtnis. Hirnorganische Grundla-gen und biosoziale Entwicklungen. Stuttgart: Klett-Cotta.
Perrin, D. (2006). Medienlinguistik. Konstanz: UVK.
Pritchard, R. S. (2005). Multimedia public relations. In S. Quinn & V. F. Filak (Eds.), Convergentjournalism. An introduction (pp. 185-203). Amsterdam et al.: Elsevier.
Quinn, S. (2005a). Multimedia journalism. Putting it all together. In S. Quinn & V. F. Filak (Eds.),Convergent journalism. An introduction (pp. 147-182). Amsterdam et al.: Elsevier.
Quinn, S. (2005b). What is convergence and how will it affect my life? In S. Quinn & V. F. Filak(Eds.), Convergent journalism. An introduction (pp. 3-20). Amsterdam et al.: Elsevier.
Quinn, S. (2005c). Where do we go from here? Possibilities in a convergent future. In S. Quinn & V.F. Filak (Eds.), Convergent journalism. An introduction (pp. 205-212). Amsterdam et al.: El-sevier.
Quinn, S., & Filak, V. F. (Eds.). (2005). Convergent journalism. An introduction. Amsterdam et al.:Elsevier.
Singer, J. B. (2004). Strange bedfellows? The diffusion of convergence in four news organizations.Journalism Studies, 5(1), 3-18.