IoT in der Praxis - cio.de · IoT-Produkte ersetzen die individuellen Lösungen der...

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IoT hat sich in kürzester zu einem Milliarden- Markt entwickelt mit hunderten von Anbietern. Lesen Sie, wer die wichtigsten Anbieter sind und welche Produkte sie offerieren. Dass IoT unsere Welt verändern wird ist unstrittig. Doch wie? Wir zeigen es an ausgesuchten use cases und geben Tipps rund um Technik und Rechtslage für die eigene Projektarbeit.

IoT in der Praxis

IoT in der Praxis

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InhaltDie Digitalisierung braucht neue Netze 3

IoT-Produkte und -Strategien der Hersteller 6

Software und Services treiben den IoT-Markt an 19

In der Industrie-4.0-Welt brauchen Mitarbeiter andere Qualifikationen 22

Internet of Payments verändert unser Leben 24

IoT – Auf die Connectivity kommt es an 27

Festo senkt mit IoT die Energiekosten 29

Vom IoT-Projekt zur IoT-Plattform 31

Digitalisierung schafft neue Berufsprofile 36

DSGVO im Internet of Things 39

So digitalisiert der FC Bayern die Allianz Arena 42

Security by Design ist ein Must have 44

Die größten Hürden für Internet-of-Things-Projekte 47

So verändert IoT die Mobilität 49

IoT in der Praxis

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Cisco Live! 2018 in Barcelona

Die Digitalisierung braucht neue Netzevon Jürgen Hill (Teamleiter Technologie)

Ganz unter dem Motto „We reinvent the network“ stand die diesjährige europäische Hausmesse Cisco Live! des US-amerikanischen IT-Ausstat-ters. Dabei präsentierte sich der Konzern am Messeort Barcelona als „New Cisco“, fokussiert auf Software und Cloud.

Mit rund 14.000 Teilnehmern war die Cisco Live! 2018 die bislang größte Veranstaltung des Konzerns in Europa. Als Musterbeispiel für Smart City passte Barcelona denn auch gut zum zweiten Motto „Era of Intelligence“ der Cisco Haus- und Konferenzmesse. Allerdings gilt es der Euphorie in Sachen Smart City im Gegensatz zu manchem südeuropäischen IT-Manager mit einer gesunden Skepsis zu begegnen. Denn im Alltag der katalanischen Metropole ist von den tausen-den an Sensoren, der intelligenten Müllabfuhr etc. bislang wenig zu sehen, weshalb hinter vorgehaltener Hand des Öfteren zu hören ist, die Smart City Barcelo-na sei lediglich ein „proof of concepts“.

Real sind dagegen durchaus die Datenmengen, die im Zuge der Digitalisierung, IoT und Cloud-Computing anfallen. Um welche Dimensionen es sich dabei han-delt, lässt sich erahnen, wenn man beispielsweise berücksichtigt, welche Datenflut alleine auf der Cisco Live! anfiel: Schon an den beiden ersten Veranstal-tungstagen entstanden 12 TByte an Traffic, die eine 20 Gbit/s-Internet-Anbindung zu bewältigen hatte.

Intent-based Networking

Datenmengen, denen in den Augen von Rowan Trollo-pe, Senior Vice President und General Manager IoT

und Applications bei Cisco, die klassischen Netze nicht mehr gewachsen sind. Dabei sieht Trollope im Wesent-lichen zwei Herausforderungen: Zum einen müssten die Netze im IoT-Zeitalter eine stärkere vertikale Integration leisten, zum anderen dürften Netze künftig nicht nur an auf die Apps ausgerichtet sein, sondern müssten stärker den Business-Bedürfnissen gerecht werden. Ersteres will Cisco durch Partnerschaften mit Unternehmen wie ABB, Rockwell oder Schneider Electrics erreichen. Letzteres will der Konzern mit der Idee des „Intent-based Networking“ umsetzen, denn Trollope zufolge reicht es nicht mehr, Netze nur zu monitoren. Vielmehr müssten Veränderungen sowie geänderte Anforderungen im Netz vorhergesehen werden. Nur so seien die IT-Teams in der Lage proaktiv zu handeln, statt wie bisher nur zu reagieren. Gleichzei-tig reduziere sich die Zeit, die ein IT-Team mit der Fehlerbeseitigung verbringe. Cisco geht von einer Zeitersparnis um rund 43 Prozent aus. Erschwerend käme noch hinzu, dass ein Administrator künftig tausende Devices gleichzeitig betreuen müsse - im Gegensatz zu den 200 Geräten, die ein Admin bislang im Durchschnitt zu verwalten hatte.

Auch wenn jetzt das gesamte Netz vom Rechenzen-trum über Campus und Branch bis zum Edge neu konzipiert wird, bleibt das in den Augen von Trollope nicht das einzige Netz-Redesign. Nach seiner Meinung müssen sich Netzverantwortliche angesichts der

Auf der Hausmesse Cisco Live! 2018 präsentierte der IT-Ausrüster seine Vision eines Netzes im Zeitalter der Digitalisierung.Foto: Cisco

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explosionsartigen Zunahme an Geräten, Cloud-Nut-zung und Sicherheitsgefahren darauf einstellen, dass sie bis 2030 ihre Netze noch zwei weitere mal umbauen müssen. Änderungen, die etwa durch den Trend zum Edge Computing (bei Cisco auch als Fog Computing bekannt) oder die eingebettete Intelligenz in Apps und Security-Lösungen bedingt sein könnten.

So will Cisco wachsen

Gedanken, die dem Konzern sicher nicht unangenehm sind, wenn er wie Hilton Romanski, Senior Vice President und Chief Strategy Office, postuliert, „die sichere, intelligente Plattform für das Digital Business“ liefern will, indem er unter anderem das „Networking reinvented“. Neben dem Networking sieht Romanski im „5 x 5 Approach“ - wie Ciscos Wachstumsstrategie heißt - noch die Bereiche Multi-Cloud, Data, Experien-ce und Security als Wachstumsfelder. Um diese Berei-che erfolgreich zu beackern, setzt der Konzern neben Eigenentwicklungen weiterhin auf Firmenübernah-men, Partnerschaften sowie die Beteiligung an Start-up-Unternehmen. Ferner gehören für den Chefstrate-gen Technologien wie AI und Machine Learning zu den zentralen Themen der Zukunft, und „Unternehmen die erfolgreich sein wollen, habe keine Wahl - sie müssen es machen.“

Das Assurance-Portfolio

Cisco selbst ist diesen Schritt für sich bereits gegangen und erweitert das Intent-based Networking um predictive Analytics fürs Rechenzentrum, Campus/Branch und Edge. Sogenannte Assurance-Funktionen sollen es den Anwendern erlauben, kontinuierlich prüfen zu können, ob das Netzwerk wie vorgesehen funktioniert. Insgesamt besteht das Assurance-Portfolio aus drei Produkten:

• Cisco Network Assurance Engine

• Cisco DNA Center Assurance

• Cisco Meraki Health

Network Assurance

Die Cisco Network Assurance Engine soll dabei im Rechenzentrum die Sicherheit erhöhen. Hierzu setzt Cisco auf eine Kombination aus mathematischen Modellen des Netzes gepaart mit dem Domain-Know-how aus über 30 Jahren. Auf diese Weise sollen IT-Teams in der Lage sein, festzustellen, warum ein Netz nicht wie erwartet funktioniert. Zudem unterbreite die Engine in solchen Fällen Lösungsvorschläge. Ferner lassen sich mit dem Tool Auswirkungen von Änderun-gen am Netz voraussagen, um so etwa Konfigurations-fehler und andere Missgeschicke zu vermeiden.

Mit rund 14.000 Besuchern war die Cisco Live! 2018 die bislang größte Veranstaltung des Konzerns in Europa.Foto: Cisco

Ein Blick in eine der Messehallle der Cisco Live!.Foto: Cisco

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DNA Center Assurance

Eine 360-Grad-Sicht auf das Netz offeriert die Cisco DNA Center Assurance. Damit erhält der Netzverant-wortliche laut Hersteller eine Übersicht darüber, wer, was, wo, wann und wie im Netz nutzt. Echtzeit-, Historie- und Prognosefunktionen sollen ein vollstän-diges Bild der Vorgänge sowohl in kabelgebundenen als auch kabellosen Umgebungen liefern. So helfe DNA Center Assurance IT-Abteilungen dabei, Probleme zu isolieren und zu replizieren sowie sie zu lösen.

Meraki Health

Transparenz und Analysemöglichkeiten für WLANs verspricht Cisco mit Meraki Wireless Health. Mit dem Werkzeug sollen sich Probleme im WLAN - etwa schlecht funktionierende Access Points und Clients - schneller finden und beheben lassen. Zur Prozessauto-matisierung nutzt Cisco Meraki ein Cloud Managed IT-Modell.

Vorab konnten bereits rund 200 Kunden die neuen Assurance-Technologien testen. Zu den Testern gehörten hierzulande die Robert Bosch GmbH sowie die REWE Group. Während man bei Bosch unter anderem die Unterstützung durch die Network As-surance Engine bei der Anwendungsmigration lobt, hebt man bei REWE die Hilfe durch das Cisco DNA Center bei der Lösung von Problemen hervor. Dies entlaste das Netz-Team, so dass es sich wieder auf die Kernprojekte konzentrieren könne.

Technik zum Anfassen: Spielerisch versuchte die Messe komplexe Themen zu veranschaulichen. Foto: Cisco

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Internet of Things bei Google, SAP, Bosch, Amazon, Telekom oder Siemens

IoT-Produkte und -Strategien der Herstellervon Heinrich Vaske (Chefredakteur) und Oliver Schonschek (Autor)

Der Markt des Internet of Things (IoT) ist lukrativ, entsprechend viele Anbieter haben sich bereits positioniert. Ein Überblick über die wichtigsten IoT-Plattformen.

Produkte, Maschinen und Anlagen sind in Deutschland immer stärker miteinander vernetzt. Auch kleine und mittelständische Unternehmen setzen dabei verstärkt auf IoT-Plattformen. Die Folge: Standardisierte IoT-Produkte ersetzen die individuellen Lösungen der IoT-Anfangsjahre, so denken rund 84 Prozent der Teilnehmer einer Experten-Umfrage des eco - Ver-bands der Internetwirtschaft. Internet-Unternehmen hierzulande können mit IoT-Plattformen wieder den Anschluss an große US-Internet-Konzerne bekommen, finden rund 73 Prozent der befragten Experten.

Es lohnt sich also, sich mit IoT-Plattformen näher zu befassen. Doch die Strategien der großen IoT-Player zu verstehen, ist nicht ganz einfach, zumal der Begriff IoT selbst alles andere als präzise ist und sich kaum von Begriffen wie übernommen. Jasper Technologies bietet Enterprise-Kunden mit der IoT-Plattform „Cisco oder Machine-to-Machine-Kommunikation abgrenzen lässt. Am Ende geht es immer um die intelligente Vernetzung von Objekten via Internet und die Analyse von Daten, die auf diese Weise eingesammelt werden. Unternehmen lernen beispielsweise das Nutzungsver-halten ihrer Kunden zu verstehen, wenn verkaufte Geräte Informationen zurückspielen.

Sie lassen sich Zustandsdaten von Maschinen und Anlagen aus Kundenumgebungen aggregieren und

etablieren darum herum neue Servicemodelle. Oder sie bringen ihre Lager-, Fuhrpark- oder sonstige Logistik auf Vordermann. Produkte und Plattformen dafür gibt es inzwischen reichlich, doch oft ist für Kunden nicht einfach zu erkennen, was in den Verpackungen steckt.

Altbekannte Angebote aus der Welt der Embedded Sys tems werden mit einem schmucken IoT-Label verse-hen, ohne dass sich besonders viel verändert hätte. Doch der Aktionismus der Anbieter ist verständlich: Momen-tan werden die Märkte aufgeteilt - auch wenn die Produk-te oft noch gar nicht reif sind. Die Vielzahl an Kooperati-onen und Verbandsinitiativen macht es dem neutralen Betrachter nicht leichter, ein klares Bild zu gewinnen.

Spannend ist der Markt auch deswegen, weil neben den großen IT-Playern klassische Industriekonzerne wie Siemens, Bosch, ABB oder General Electric ein Stück vom Kuchen möchten. Mit ihren Erfahrungen im Engineering und im Product-Lifecycle-Management (PLM) fühlen sie sich gut gewappnet - und sie müssen etwas tun, denn die nächste Wertschöpfungsstufe in der Automatisierungstechnik wird über die Digitalisie-rung erreicht. Hinzu kommen Telekommunikationsan-bieter, spezialisierte Anbieter und Startups. Den Startups fehlt es zwar meist an der kritischen Größe, aber sie haben den Vorteil, unbelastet von einem etwaigen Bestandsgeschäft disruptiv agieren zu können. Wir haben uns einige Player im IoT-Geschäft einmal genauer angesehen.

Wachstumsmarkt IoT

IoT gehört laut BITKOM-Umfrage zu den Top 3 High-tech-Themen in Deutschland, aus gutem Grund. Mit dem Internet der Dinge, der intelligenten Vernetzung von Geräten und Maschinen, lassen sich im Jahr 2020 in Deutschland 23 Milliarden Euro umsetzen, so eine McKinsey-Studie. Bis zum Jahr 2020 wird der deut-sche B2B-Markt für IoT-Anwendungen ein Volumen von etwa 50 Milliarden Euro erreichen, meint der Deloitte-Report „Hype oder vernetzte Revolution? Industrielles Internet der Dinge“. Welche Vorhersage auch eintritt, der Markt im IoT ist enorm.

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Eine wichtige Rolle bei der Eroberung dieses Marktes und bei der Implementierung von IoT-Projekten spielen die IoT-Plattformen. Diese vereinen Funktionen für das Management, die Sicherheit und die Integration von IoT-Komponenten in sich und werden von Marktfor-schern wie Gartner und Forrester als wichtige Ent-wicklung für die Realisierung des IoT gesehen. IDC bezeichnet IoT-Plattformen als unersetzlich, wenn es um die Umsetzung von IoT-Projekten geht.

Gartner weist allerdings darauf hin, dass bis 2018 die unvollständigen Ansätze der Anbieter von IoT-Plattfor-men die Standardisierung in diesem Bereich schwierig gestalten werden. Wie die folgende Übersicht zeigt, sind die Plattformen und Strategien der Anbieter tatsächlich teilweise sehr unterschiedlich, sie enthal-ten aber bereits sehr interessante Ansätze.

IoT-Strategie von Microsoft

Wenn Tech Mahindra gefragt wird, warum man sein IoT-Projekt mit dem Unternehmen aus Redmond machen sollte, verweist der Anbieter auf sein IoT-Port-folio, die für IoT-Projekte so wichtige Offenheit der Lösungen, den Support und das klare Commitment zu IoT. Tatsächlich hat Microsoft einiges im IoT-Umfeld zu bieten.

Ein wichtiger Baustein der Microsoft IoT-Strategie auf Client-Seite ist Windows 10 IoT Core als Betriebssys-tem für Industrie-Geräte wie Geldautomaten, POS-Handhelds oder Industrieroboter. Das IoT-Be-triebssystem wurde optimiert für Systeme, die ohne Display auskommen und läuft auf Raspberry Pi 2 und 3, Arrow DragonBoard 410c, Intel Joule, Intel Compute Stick und MinnowBoard MAX.

Der zweite wichtige Baustein der Microsoft-Strategie ist die „Azure IoT Suite“, ein Set an Cloud-basierten Anwendungen, mit denen sich IoT-Sensordaten moni-toren, analysieren und für Vorhersagen aufbereiten lassen. Microsoft bietet dafür eine Reihe von Services an, darunter Azure IoT Hub eine für die Gebäude-Auto-mation konzipierte IoT-Lösung an. Das Gateway kann laut Dell auch unter extremen Umgebungsbedingungen betrieben werden. In Kombination mit Dells Analy-se-Software steht Unternehmen mit dem Edge Gate-way eine Edge-Computing-Lösung zur Verfügung.

Die Azure IoT Suite wurde in den letzten Monaten um neue Funktionen erweitert, die die Anbindung, das Management und die Sicherheit von IoT-Geräten verbessern sollen: Azure IoT Gateway SDK (für die Integration weiterer Geräte und Services), Azure IoT Hub Device Management (Gerätemanagement) und Azure IoT Hub IP Filter (Zugriffsschutz-Funktionen).

Für die Erweiterbarkeit der Microsoft IoT-Plattformlö-sung sorgen zertifizierte Lösungen Dritter aus dem Partnernetzwerk. Es gibt einen Azure Certified for IoT-Gerätekatalog mit mehr als 175 Geräten von rund 100 Partnern, die für den Einsatz mit der Azure IoT Suite getestet und zertifiziert sind.

Die Microsoft IoT-Dienste sind inzwischen auch aus deutschen Rechenzentren verfügbar (Microsoft Cloud Deutschland). Deutschland erfährt weitere Aufmerk-samkeit im IoT-Geschäft von Microsoft: Microsoft errichtet nach Redmond, USA und Shenzhen, China ein weiteres IoT & AI Insider Lab in München.

Microsoft kann bereits mehrere Branchen-IoT-Lösun-gen vorweisen, Siemens zum Beispiel bringt das

Windows 10 IoT Core fungiert als mögliches Betriebssystem für industri-elle Geräte. Das Beispiel zeigt ein Roboter-Kit.Foto: Microsoft

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IoT-Ecosystem MindSphere auf der Microsoft Cloud- Plattform Azure. Einen Schwerpunkt in der IoT-Ent-wicklung bei Microsoft spielen die Entwicklungen rund um Connected Cars, wie die Microsoft Connected Vehicle Platform zeigt.

IoT-Strategie von Cisco

Cisco zählt IoT zu seinen vier wichtigsten Technolo-giethemen, neben Cloud, Mobility und SDN (Software Defined Networking), und spielt im Zukunftsmarkt IoT inzwischen eine wichtige Rolle. So hat das Unterneh-men den Plattform-Betreiber Jasper Technologies übernommen. Jasper Technologies bietet Enterprise- Kunden mit der IoT-Plattform „Cisco Jasper Control Center“ eine SaaS-Lösung für die Umsetzung von IoT-Projekten. Jasper lässt sich in nahezu alle mobilen Netze weltweit einbinden und ist damit auch für Connected-Car-Konzepte nutzbar.

Cisco selbst fügt dem IoT-Angebot seine starke Stel-lung als Netzausrüster bei. Zu den Cisco IoT-Lösungen gehören Application Enablement, Embedded Networks, Industrial Networks sowie Physical and Cyber Securi-ty. Als Säulen des Cisco IoT-Systems nennt der Anbie-ter Network Connectivity, Fog Computing, Data Analytics, Security, Management and Automation und Application Platform. Besondere Erwähnung verdient „Fog Computing“, eine Cisco-eigene Erfindung, die das Ziel verfolgt, rechenintensive Transaktionen - etwa Datenanalysen - nicht in einem Rechenzentrum, sondern direkt im Netz vorzunehmen. So sollen Sens-ordaten lokal verarbeitet und zeitkritische Anwendun-gen schnell ausgeführt werden.

Wer in einer solchen Umgebung Daten analysieren will, soll sich nach Wunsch des Anbieters der „Fog Data Services“ und der „Cisco Connected Analytics“ bedie-nen: Nach bestimmten Richtlinien lassen sich damit Datenflüsse in IoT-Umgebungen überwachen und optimieren, heißt es beim Netzwerker. Auch die Analy-sesoftware von Drittanbietern kann demnach einge-bunden werden. Im Rahmen einer Partnerschaft werden IBM Watson IoT- und Edge-Analyse-Technolo-

gien von Cisco als hybride Lösung zur Datenauswertung an der Datenquelle angeboten.

Für Management und Automatisierung gibt es den „IoT Field Network DirectorMobileIronIoT-Umgebungen herstellen.

Cisco kann bereits mehrere Branchenlösungen für das IoT vorweisen, darunter Connected Car-Lösungen, Connected Factory Manufacturing, Connected Mining, Connected Oil and Gas, Connected Transportation und Connected Utilities.

IoT-Strategie von Amazon.com

Basis der IoT-Strategie von AWS ist AWS IoT, eine Cloud-Plattform, über die verbundene Geräte mit Cloud-Anwendungen und anderen Geräten zusammen-arbeiten können. Mit AWS IoT können AWS-Services wie beispielsweise AWS Lambda, Amazon Kinesis, Amazon S3, Amazon Machine Learning und Amazon DynamoDB zum Aufbau von IoT-Anwendungen eingesetzt, die Daten von den verbundenen Geräten gesammelt, verarbeitet, analysiert und für weitere Aktionen berücksichtigt werden. Ergänzend baut AWS ein Partnernetzwerk mit den AWS IoT Partner Solu-tions aus. Für die Integration stehen AWS IoT Device SDK und AWS IoT API bereit.

Zu den weiteren Bausteinen der AWS IoT-Lösungen zählen AWS Greengrass, eine Software, mit der lokale Berechnungen, Nachrichtendienste und Datenspeiche-rung für angeschlossene Geräte durchgeführt werden können, sowie der Taster für AWS IoT, ein program-mierbarer Dash Button.

Mit seiner weltweit führenden Cloud-Infrastruktur ist Ein zentraler Baustein des IoT-Portfolios der Deut-schen Telekom ist die (AWS) prädestiniert für den IoT-Markt. Zu den Produkten, mit denen AWS die Konkurrenz herausfordert, gehört „Amazon Machine Learning“ - ein Dienst, der für die Analyse von IoT-Sensordaten geeignet ist. Beim Machine Learning können Anwender anhand bestimmter Algorithmen

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Muster in Daten erkennen, daraus Prognosemodelle entwickeln und gegebenenfalls präventiv Veränderun-gen einleiten.

Mit der Übernahme des Startups 2lemetry verfügt AWS zudem über eine Plattform, um Daten von Maschinen und Geräten, die eine IP-Adresse haben, zu tracken und zu verwalten. 2lemetry hat auch Lösungen für den Handel im Angebot, die Retailer in die Lage versetzen, ihre Läden mit Beacon-Technologie auszustatten.

IoT-Strategie von IBM

IBM Watson hat bei IBM eine zentrale Stellung über-nommen und bildet in der IBM Watson IoT Platform auch den Kern der IoT-Lösungen von Big Blue. Die Säulen der Watson IoT-Lösung sind Analytics (mit Watson Natural Language Processing, Watson Machi-ne Learning, Watson Image and Video Analytics und Watson Text Analytics), Connect (Verbindung und Verwaltung von Geräten), Information Management (Identifizierung, Aggregation und Transformation der IoT-Daten) sowie Risk and Security Management (unter anderem eine Private IoT Blockchain Lösung).

Zudem hat IBM The Weather Company übernommen und damit eine Cloud-Plattform zur Analyse von Wetterdaten in sein IoT-Portfolio integriert. IBM hat noch weitere IoT-Initiativen zu bieten: Die „IBM Bluemix IoT Zone“ ist der auf IoT-Dienste abzielende Teil der PaaS-Plattform Bluemix. Dort können Ent-wickler Lösungen schreiben, mit denen sich Daten aus IoT-Quellen aggregieren und auswerten lassen, und sie können Apps dazu entwickeln. IBM verfolgt zudem den Ansatz, dass Entwickler vorhandene Geschäftsanwen-dungen mit Echtzeitdaten und Embedded Analytics ausstatten können, um unternehmenskritische IoT-Prozesse zu automatisieren und zu verbessern.

Die Zusammenarbeit von IBM und Cisco durch Bünde-lung von IBM Watson IoT Analytics und Cisco Edge Analytics ist ein Beispiel dafür, wie IoT-Player in Zukunft stärker kooperieren werden. Ein weiteres Beispiel ist die Kooperation von IBM und Bosch, durch

die die Bosch IoT Suite Services auf IBM Bluemix und Watson IoT Plattform verfügbar werden.

IBM und Visa arbeiten nun ebenfalls zusammen. Ziel des gemeinsamen Projektes ist es, die kognitiven Fähigkeiten der IBM Watson IoT-Plattform für den Zahlungsverkehr nutzbar zu machen. Dazu gehören auch die Visa Token Services. Damit kann jedes ver-netzte Gerät, egal ob Uhr oder Auto, für Geldtransakti-onen verwendet werden.

Der Standort Deutschland spielt bei der IoT-Strategie von IBM eine besondere Rolle: IBM hat im Februar 2017 den globalen Hauptsitz für den neuen Geschäfts-bereich Watson IoT in München eröffnet. Insgesamt hat das Unternehmen rund 200 Millionen US-Dollar in den neuen Hauptsitz investiert. Zudem hat IBM in München den Startschuss für den Aufbau eines neuen, weltweiten Innovationsökosystems rund um künstli-che Intelligenz (AI) und IoT gegeben. Mitglied dieses Ökosystems ist unter anderem BMW. Insgesamt werden in München rund 1.000 IoT-Experten von IBM gemeinsam mit Partnern und Kunden zusammenarbei-ten. Dazu gehören unter anderem die europäische Technologie-Initiative EEBus, BNP Paribas, Capgemi-ni, Tech Mahindra und Avnet.

IoT-Strategie von Intel

„Das Internet of Things ist ein End-to-End-Thema“, sagte Doug Fisher, Vice President und General Mana-ger von Intels Software and Services Group, zur Be-kanntgabe der IoT-Strategie. Deren Kernbestandteil ist ein Gateway-Referenzdesign, das Daten von Sensoren und anderen vernetzten IoT-Geräten sammeln, verar-beiten und übersetzen kann.

Technisch steht im Zentrum der IoT-Strategie des Chipherstellers die „Intel IoT-Plattform“. Die Intel IoT-Plattform stellt eine Lösung für die Vernetzung von Endgeräten und deren Übertragung von Daten in die Cloud bereit. Als Mehrwerte nennt Intel Sicherheit, Interoperabilität, Skalierbarkeit, Verwaltbarkeit und Analyse im IoT.

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Auf Basis der IoT Plattform bietet Intel eine Roadmap für integrierte Hard- und Software Lösungen. Sie umfasst unter anderem API-Management, Soft-ware-Services, Data Analytics, Cloud-Konnektivität, intelligente Gateways sowie eine Produktlinie skalier-barer Prozessoren mit Intel Architektur. Ein weiterer maßgeblicher Bestandteil der Roadmap ist IT-Sicher-heit.

Zusätzlich bietet Intel Tools, mit denen Entwickler die notwendige Basisfunktionalität für IoT-Geräte pro-grammieren können. Sowohl die Intel Firmware Engine als auch das Intel Firmware Engine Software Development Kit (SDK) zielen darauf ab, IoT-Technolo-gien weitgehend ohne Programmierkenntnisse auf die tiefer liegenden Systemlevel zu setzen.

Intel führt eine Vielfalt an branchenspezifischen IoT-Lösungen an. Für den Handel zum Beispiel gibt es eine spezielle IoT-Plattform namens Intel Responsive Retail Platform. Erwähnenswert ist auch die Intel Internet of Things Solutions Alliance, die für Unter-nehmen und Entwickler interoperable Lösungen anbietet, mit denen sich die Bereitstellung von intelli-genten IoT-Geräten und End-to-End-Analysen beschleunigen lassen soll. Intel hat unter anderem eine IoT-Partnerschaft mit IBM, AT&T, Fujitsu und Telit.

IoT-Strategie von SAP

IoT spielt für SAP eine entscheidende Rolle. So hatte SAP angekündigt, in den nächsten fünf Jahren zwei Milliarden Euro in IoT zu investieren. Im Januar 2017 hat SAP ein Schnellstartprogramm rund um die Lösungen für das Internet der Dinge (IoT) vorgestellt. Das IoT-Portfolio SAP Leonardo bündelt Big-Data-An-wendungen und Konnektivität zu einem Paketangebot mit Anwendungsszenarien für vernetzte Produkte, Anlagen und Infrastruktur bis hin zu Fuhrparks, Märkten und Personen.

Bei der SAP IoT-Plattform „SAP Cloud Platform for the Internet of Things“ handelt es sich um eine IoT-Aus-führung der SAP Cloud Platform, die um Software für das Verbinden und Managen von Devices sowie Daten-integration und -analyse erweitert wurde. Zu den Funktionen gehören die Entwicklung und Bereitstel-lung von IoT-Anwendungen in der Cloud, die Geräte-verbindung und -steuerung, die Analyse von Maschi-nen- und Sensordaten sowie die Prozessoptimierung und der Entwurf neuer Geschäftsmodelle.

Die IoT-Plattform ist integriert mit SAPs bereits vorgestellten IoT-Lösungen „SAP Predictive Main-tenance and Service“, „SAP Connected Logistics“ und „Connected Manufacturing“. Predictive Maintenance and Service soll unter anderem Servicetechnikern helfen, Maschinen und Anlagen über große Entfernun-gen am Kundenstandort zu überwachen und drohende Ausfälle proaktiv zu erkennen und zu vermeiden. Dabei werden Maschinendaten gesammelt und mit betriebs-wirtschaftlichen Informationen, etwa aus der SAP Business Suite, kombiniert beziehunsgweise abgegli-chen.

Connected Logistics dient dazu, den Frachttransport und -verkehr zu verbessern. Das IoT erlaubt hier, mit standortbezogenen Realtime-Daten Transportbewe-gungen zu optimieren und die Arbeit zu organisieren. Connected Manufacturing schließlich soll Unterneh-men in die Lage versetzen, den Produktionsprozess effi-zienter zu gestalten und das Kundenbedürfnis nach Personalisierung (Stichwort: „Losgröße 1“) zu erfüllen.

Die Integration von IoT-Komponenten am Beispiel der Intel IoT-Plattform.Foto: Intel

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Die IoT-Services von SAP bauen auf bestehenden Daten- und Anwendungsservices auf, darunter Funkti-onalitäten für Predictive Analytics, Auswertungen von Geo- und Telematikdaten und vielem mehr. Sie sollen sogenannte Device Clouds ermöglichen, die eine Vielzahl an Services speziell für Endgeräte bereitstel-len. Das Angebot umfasst Services wie Gerätemanage-ment, IoT Messaging und IoT Application Enablement einschließlich Datenmodellierung.

Am Beispiel SAP wird besonders gut deutlich, dass im IoT-Markt nahezu jeder mit jedem zusammenarbeitet. SAP kooperiert mit dem IoT-Player Bosch genauso wie mit Intel. IT-Dienstleister wie Accenture helfen SAP dabei, vertikale Lösungen für bestimmte Märkte zu entwickeln - beispielsweise eine Lösung für Energie-versorger, die damit ihre Übertragungs- und Vertei-lungsanlagen optimieren können. Mit T-Systems hat SAP eine Lösung entwickelt, die heute der Hamburg Port Authority erlaubt, die Hafenlogistik über mobile Endgeräte zu optimieren.

Mit Huawei wurde vereinbart, gemeinsam IoT- und Cloud-Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig treibt SAP die Zusammenarbeit mit Industriekonzernen voran. So

hat Siemens für seine eigene Plattform „Siemens Cloud for Industry“ die SAP Cloud Platform als Grundlage gewählt. Der GEA-Konzern nutzt SAPs Predictive Maintenance and Service Solution, um den Service für bestimmte Anlagen der Nahrungsmittelindustrie zu optimieren.

SAP hat den Data Space in Berlin im Dezember 2016 eröffnet und bietet dort das Programm SAP IoT Start-up Accelerators für junge IoT-Unternehmen an.

IoT-Strategie von HPE

Ein zentraler Baustein der IoT-Strategie von HPE ist die „HP Internet of Things-Plattform (IoT) für CSPs“. Das Unternehmen richtet sich damit an „Communica-tions Service Providers“, die in die Lage versetzt werden sollen, „Smart Device Ecosystems“ zu schaffen - also in ihren Netzen große Mengen an vernetzten Produkten und Endgeräten zu verwalten und die entstehenden Daten zu analysieren. HPE wählt dabei einen indirekten Marktzugang. Die Service-Provider sollen mit dem IoT-Stack von HPE Geschäftsmodelle rund um die Analyse von Sensordaten für ihre Busi-ness- und Privatkunden entwickeln können.

HPE hat ein HP Energy Management Pack eingeführt, eine branchenspezifische Anwendung für die HP IoT Platform. Mit dieser Anwendung können Telekommuni-kations- und Versorgungsunternehmen Verbrauchern, der Industrie und kommunalen Behörden die Hausauto-matisierung und Energiesteuerung ermöglichen.

Unter der Bezeichnung HPE Universal IoT Platform wurde die IoT-Plattform von HPE Ende 2016 um mehrere Funktionen im Bereich Vernetzung und Geräteverwaltung erweitert.

Ein weiterer IoT-Baustein von HPE sind die HPE Edgeline IoT Systeme für Edge-Computing und die Kontrolle und Gewinnung von Informationen im industriellen Internet der Dinge. Die HPE-Tochter Aruba Networks bietet IoT-Lösungen für Vernetzung und Netzwerksicherheit. HPE betreibt weltweit vier

SAP HANA Cloud Platform for the IoT: Mit seiner HANA-basierenden IoT-Plattform will SAP Sensoren und Maschinen in den Fabriken mit den Kern-Business-Anwendungen verbinden, um Möglichkeiten für neue Services zu schaffen.Foto: SAP

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IoT Innovation Labs: in Houston, Grenoble, Bangalore und Singapur. HPE arbeitet im IoT-Markt unter anderem mit dem IoT-Player PTC und mit Nokia zusammen.

IoT-Strategie von Google

Google wirbt dafür, die Google Cloud als Basis für IoT-Lösungen zu nutzen. Zu den IoT-Lösungen von Google zählen die Kommunikationsplattform Wave und das Android-Derivat „Things“, ein „Betriebssystem für das Internet der Dinge“. Es handelt sich um eine abgespeckte Android-Variante, die möglichst viele Prozessoren und Connectivity-Standards unterstützen soll.

Daneben gibt es das Datenbanksystem BigQuery für Large Scale Data Analytics, die Applikationsplattform Firebase und den Echtzeit-Messaging- und Strea-ming-Dienst Cloud Pub/Sub. Ansonsten hatte sich Google in Sachen IoT bisher relativ bedeckt gehalten, allerdings mit der 3,2 Milliarden Dollar teuren Über-nahme des Smart-Home-Spezialisten Nest seine Ambitionen frühzeitig unterstrichen.

IoT-Strategie von Bosch

Die offene Plattform „Bosch IoT Suite“ soll im interna-tionalen Wettstreit um den Zukunftsmarkt IoT eine gewichtige Rolle spielen. Bosch setzt dabei auf Partner-schaften mit den indischen Offshoring-Providern HCL, Infosys, TCS und Tech Mahindra, um weltweit Markt-anteile zu gewinnen.

Das Industrieunternehmen bietet nicht nur die Bosch IoT Cloud an, sondern betreibt die Bosch IoT Suite auch auf AWS und auf IBM Bluemix und der Watson IoT Plattform.

PTC und Bosch Software Innovations haben zudem eine Technologiepartnerschaft. Die Zusammenarbeit beinhaltet die Integration der PTC IoT-Entwicklungs-plattform ThingWorx mit der Bosch IoT Suite. Der

Bosch IoT Suite M2M-Konnektor für ThingWorx ermöglicht das technische Zusammenspiel beider Plattformen.

Am Beispiel Bosch zeigt sich: Beim Thema Internet of Things nur an IT-Player zu denken, wäre zu kurz gegriffen. Eine Reihe von Industriekonzernen beschäf-tigt sich seit Langem intensiv mit dem Thema und investiert eine Menge Geld. Bosch hat schon 2008 mit der Übernahme von Innovations Software Technolo-gies und 2011 mit dem Kauf von Inubit wichtige Wei-chenstellungen eingeleitet.

Im Februar 2015 kam die Kölner Prosyst Software GmbH dazu. Außerdem wurde ein Joint Venture namens Mozaiq Operations GmbH gemeinsam mit Cisco und ABB gegründet. Es soll eine Open-Soft-ware-Plattform für das Smart Home entwickeln - ein für den Weiße-Ware-Anbieter Bosch wichtiger Zu-kunftsmarkt.

Bosch beschäftigt rund 3000 Softwareingenieure, die mit dem Internet der Dinge zu tun haben. Der Konzern selbst ist in der Welt der Sensorik zu Hause. Er verfügt über mehr als 1000 Patente in der Sensortechnik.

Die Bosch ConnectedWorld wurde als jährlicher Branchentreff zum Internet der Dinge eingeführt.

Wie sich neuartige Lösungen im IoT entwickeln lassen, zeigt unter anderem das Beispiel Parkplatzsuche mit der Bosch IoT Cloud. Foto: Bosch

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IoT-Strategie von Siemens

Auch Siemens hat im Rahmen seiner Digitalisierungs-strategie das Thema Industrie 4.0 und IoT längst nach ganz oben auf die Agenda gesetzt. Allerdings nähert sich der Automatisierungsriese dem Markt anders an als die Herausforderer aus dem IT-Lager.

Als Gateway für industrielle IoT-Lösungen bietet Siemens SIMATIC IOT2000 an, eine offene Plattform für die Sammlung, Verarbeitung und Übermittlung von Daten direkt im Fertigungsumfeld. Es eignet sich für den Einsatz als Gateway zwischen der Cloud oder der firmeneigenen IT-Ebene und der Produktion. Daneben hat Siemens mit MindSphere ein offenes IoT-Betriebs-system im IoT-Portfolio. Ein Partner dabei ist SAP.

Zudem bietet Siemens auf Basis der SAP Cloud Plat-form für das industrielle Umfeld eine eigene offene Cloud-Plattform für Big-Data-Analysen, datenbasie-rende Services und vorausschauende Zustandsbetrach-tung. Unter anderem in den Bereichen Advanced Data Analytics und Device Connectivity, und damit im Internet of Things, arbeitet Siemens auch mit Atos zusammen. Atos hat bereits Apps auf Basis von Mind-Sphere im Programm.

Für das IoT-Betriebssystem hat Siemens gemeinsam mit 18 Partnerunternehmen die Anwenderorganisation „MindSphere World“ gegründet. Zu den Gründungs-mitgliedern zählen namhafte deutsche Anlagen- und Maschinenbauer sowie Werkzeug- und Komponenten-bauer:

• ASM Assembly Systems GmbH & Co. KG

• Chiron Group SE

• Eisenmann SE

• Festo AG & Co. KG

• Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH

• Grob-Werke GmbH & Co. KG

• Heitec AG

• Index-Werke GmbH & Co. KG

• J. Schmalz GmbH

• Kampf Schneid- und Wickeltechnik GmbH & Co. KG

• Kolbus GmbH & Co. KG

• Kuka Aktiengesellschaft

• FFG Europe & Americas (MAG IAS GmbH)

• Nordischer Maschinenbau Rud. Baader GmbH + Co. KG

• Rittal GmbH & Co. KG

• Sick AG

• Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG

• Michael Weinig AG

Als Verein soll MindSphere World das Ökosystem rund um das IoT-Betriebssystem MindSphere weltweit ausbauen. Zudem soll die Vereinigung die Mitglieder bei der Entwicklung und Optimierung von IoT-Lösun-gen auf MindSphere sowie der Erschließung neuer Märkte in der digitalen Wirtschaft unterstützen. Ferner will die Interessensgemeinschaft auf die Politik einwirken und Empfehlungen zur Schaffung einheitli-cher Spielregeln für die Datennutzung im IoT-Umfeld aussprechen.

Die Ziele der Anwendervereinigung MindSphere World.Foto: MindSphere World

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IoT-Strategie der Software AG

In das Rennen um den Zukunftsmarkt IoT schickt die Software AG aus Darmstadt ihre Plattform Cumulocity IoT ins Rennen. Die cloudbasierten IoT-Plattformser-vices sollen einen schnellen Einstieg in IoT-Lösungen ermöglichen. Außerdem bietet die auf einer Microser-vices-Architektur basierende Plattform Self-Service- Capabilities, mit denen Entwickler ihre individuellen IoT-Anwendungen und Lösungen entwickeln können. Neben den IoT-Kernfunktionen wie Device Manage-ment und Device Connectivity beinhaltet die Plattform auch Middleware-Funktionen wie etwa API Manage-ment, Hybrid-Integration und Streaming Analytics. Kerngedanke der Portfoliostrategie der Software AG ist es, skalierbare und event-basierte IoT-Plattformser-vices anzubieten, die Unternehmen in die Lage verset-zen, neue und innovative digitale Geschäftsmodelle umzusetzen. Laut Software AG kann das Cumulocity- IoT-Portfolio als Edge-, Cloud- oder On-Premise-Im-plementierung betrieben werden. Die Plattform um-fasst den gesamten DevOps Lifcycle, vom Design über die Entwicklung und das Deployment bis hin zum Monitoring und der Administration ganzheitlicher IoT-Lösungen. Es beinhaltet zusätzlich eine Reihe vorkonfigurierter Applikationen und Lösungen für Condition-Monitoring, Predictive Maintenance und Track & Trace sowie Funktionen zum Management von Geräten und Sensoren (SaaS).

Mit Cumulocity IoT will der Darmstädter Softwareher-steller die Anforderungen zweier unterschiedlicher Gruppen innerhalb des IoT-Marktes erfüllen: zum einen von Unternehmen, die mit IoT ihre eigenen Produkte und Services verbessern wollen, und zum anderen von IoT-Service-Providern, die eine IoT-Platt-form entwickeln und vermarkten möchten. Dabei sollen die Unternehmen IoT-Lösungen in ihrem eige-nen Tempo und nach ihren eigenen Vorstellungen entwickeln und implementieren können.

Cumulocity ist auch die technische Basis für das Joint-Venture Adamos - Adaptive Manufacturing Open Solutions. Gemeinsam mit den Partnern DMG Mori AG, Dürr AG, Carl Zeiss AG sowie dem Geschäftsbe-reich SMT Solutions von ASM Pacific Technology gründete die Software AG diese strategische Allianz. Gemeinsam wollen die Partner Branchenstandards für das Industrial IoT (IIoT) etablieren. Ferner soll Ada-mos als „White-Label“-Lösung jedem Teilnehmer einen individuellen IIoT-Auftritt ermöglichen - etwa bezüg-lich Design, Apps oder Pricing. Ferner stellt Adamos eigenentwickelte Apps als White-Label-Lösung den teilnehmenden Maschinenbauern zur Verfügung. Zur Vermarktung ist zudem ein eigener Marktplatz geplant. In diesem Konstrukt ist die Adamos App Factory der Think-tank für die gemeinsame App-Entwicklung. Auf der Agenda stehen dabei Apps zu Themen wie Plan-ning, Predictive Maintenance, Machine Cockpit/Dashboarding oder Maintaining Assistance.

Die IoT-Plattform Cumulocity der Software AG.Foto: Software AG

Eine IoT-Plattform vom Maschinenbau für den Maschinenbau auf Basis von Cumulocity verspricht die Adamos GmbH mit ihren Partnern.Foto: Adamos

IoT in der Praxis

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IoT-Strategie von PTC

Mit der Übernahme von ThingWorx Ende 2013 konnte der amerikanische Softwareanbieter PTC zum Kreis der vielversprechendsten (Industrial)Internet-of- Things-Anbieter aufschließen. Das Unternehmen bietet mit „ThingWorx“ eine Plattform für die Entwick-lung und Inbetriebnahme von IoT-Anwendungen in Unternehmen an, die kontinuierlich ausgebaut wird. Sie umfasst unter anderem Konnektivität, Geräte- Clouds, Geschäftslogik, Big Data, Analysen und Remo-te-Service-Anwendungen.

Interessant ist die (I)IoT-Plattform vor allem durch die Möglichkeit, sie mit den anderen PTC-Produkten aus den PTC-Kernbereichen wie CAD (Creo) oder PLM (Windchill) zu kombinieren. Ein weiterer Differenzie-rer ist die Integration von Augmented Reality. So ist es in ThingWorx Studio etwa möglich, mit Hilfe der existierenden CAD-Daten von Produkten und ohne zu kodieren AR-Animationen eines digitalen Zwillings samt visualisierten Leistungsdaten zu erstellen.

IoT-Strategie von GE Digital

Um den Weg zu einem digitalen Industrieunternehmen einzuschlagen, hatte der US-amerikanische Industrie-konzern General Electric (GE) 2011 kurzerhand seine IT-Abteilung durch eine Digitalabteilung ersetzt und -

(angeblich) mangels geeigneter Lösungen am Markt - mit Predix selbst eine IIoT-Plattform zum Sammeln und Auswerten von Maschinendaten entwickelt. Die entstan-dene Lösung reicht vom Edge bis in die Cloud und schließt sowohl Security wie auch Data Governance mit ein.

2015 öffnete der Siemens-Rivale dann die Plattform, um sie Partnern und Anwenderunternehmen als Basis für spezifische Lösungen bereitzustellen. Stand 2017 konnte GE Digital nach eigenen Angaben bereits 700 Partner für Predix gewinnen, rund 10.000 Entwickler haben sich registriert, um das SDK herunterzuladen.

Wegen seiner Herkunft aus der Industrie sieht sich GE Digital gegenüber Wettbewerbern aus dem klassischen IT-Umfeld beim Thema IIoT im Vorteil. Gleichzeitig bietet Predix die Möglichkeit, für ein fortgeschrittenes Application Performance Management ein Asset-Mo-dell zu erstellen und dieses als digitalen Zwilling zu betreiben. GE selbst verwaltet nach eigenen Angaben bereits 700.000 digitale Zwillinge von 50.000 Assets, auf die Kunden zurückgreifen können. Dank vergleich-barer Modelle sollen sie so in der Lage sein, ohne lange Anlernzeit schnell eigene Erkenntnisse zu gewinnen.

Zudem gibt es mit Predix Studio die Möglichkeit, innerhalb weniger Stunden weitere Fähigkeiten zu entwickeln, indem per Drag & Drop verschiedene Daten-Quellen miteinander in Relation gebracht werden.

Die Thingworx-Plattform im ÜberblickFoto: PTC

Der Aufbau der Predix IIoT-PlattformFoto: GE Digital

IoT in der Praxis

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IoT-Strategie der Deutschen Telekom

Ein zentraler Baustein des IoT-Portfolios der Deut-schen Telekom ist die Cloud der Dinge. Die IoT-Platt-form sammelt die Sensordaten von verschiedenen Maschinen, wertet sie aus und visualisiert sie. Eine wichtige Rolle in der IoT-Strategie der Deutschen Telekom spielen auch die eingebetteten SIMs (eSIMs), da dadurch IoT-Geräte direkt mit einer mobilen Inter-netverbindung versehen werden können.

Die Deutsche Telekom führt zudem ein Narrow-Band-IoT-Netz in Europa ein. Unter NB-IoT (Narrow-Band Internet of Things) versteht man eine Schmal-band-Kommunikation mit Funkwellen (3GPP), die eine besonders großflächige Abdeckung ermöglicht, dicke Betonmauern durchdringt und so auch entlegene Winkel eines Gebäudes erreicht. Anwendungen sind bereits verfügbar: Der deutsche Energiedienstleister ista setzt mit der Telekom eine auf NB-IoT basierende Lösung für vernetzte Wohn- und Geschäftsgebäude um.

Wie andere IoT-Player auch, bietet die Deutsche Telekom Starterkits zum Kennenlernen des IoT: Das IoT-Starterpaket „Cloud der Dinge“ beinhaltet ver-schiedene Sensoren, die Temperatur, Position, Erschüt-terung oder Feuchtigkeit messen. Ein Mobilfunkmodul sendet die Daten zur IoT-Plattform „Cloud der Dinge“, wo der Nutzer sie über ein Webportal abrufen kann.

IoT-Strategie von Oracle

Der Schlüssel zur Erzielung von echtem, geschäftli-chem Nutzen aus dem Internet of Things liegt nach Ansicht von Oracle in der effektiven Kommunikation zwischen allen Elementen der Architektur. Mit einer integrierten Komplettplattform sei es möglich, Anwen-dungen schneller bereitzustellen, Daten bei der Ver-wendung zu verarbeiten und zu analysieren und auf Ereignisse direkt beim Eintreten zu reagieren.

Die IoT-Plattform von Oracle versteht sich als Platt-form für die gesamte M2M-Architektur, von der

Java-Plattform bis hin zu eingebetteten Datenverwal-tungssystemen, von der Backend-Datenbank, Big-Da-ta-Technologien, Middleware- und Analysetechnologi-en bis hin zur Hardware, die Daten in Erkenntnisse und Einblicke aufbereitet. Für Entwicklungen im IoT bietet Oracle die Java Embedded-Technologien.

Integration und Anbindung von Geräten, der Datenaus-tausch mit den Geräten, die Geräteverwaltung, die Datenanalyse und die Integration in die Unterneh-mens-IT werden über einen IoT Cloud-Service von Oracle, die Oracle IoT Cloud, angeboten. Im Februar 2017 erweiterte Oracle sein IoT-Portfolio mit vier neuen Cloud-Lösungen: IoT Asset Monitoring Cloud (überwacht Anlagen, Nutzungsdaten, Verfügbarkeiten beziehungsweise Auslastungsraten sowie Daten von vernetzten Sensoren), IoT Connected Worker Cloud (verfolgt die Handlungen von Mitarbeitern, um Sicher-heit und Service zu verbessern sowie die Erfüllung von gesetzlichen Auflagen sicherzustellen), IoT Fleet Monitoring Cloud (verfolgt Standort und Bewegungen von Fahrern, Lieferfahrzeugen sowie Service und Fahrverhalten) und IoT Production Monitoring Cloud (überwacht Produktionsanlagen, um fertigungstechni-sche Aspekte zu bewerten und zu prognostizieren).

Zu den IoT-Partnern von Oracle zählen Accenture und Huawei.

IoT-Strategie von QSC

QSC will das IoT-Engagement fortsetzen: Vodafone hat im Februar 2017 in Düsseldorf ein Entwicklungszen-trum für das Internet der Dinge eröffnet. Q-loud ist mit der Q-loud IoT-Plattform auf dem Markt vertreten. Die Plattform bietet ein Set an IoT-Funktionen, wie Ende- zu-Ende Verschlüsselung, Datentransfer, Big Data Analyse und transaktionsbasierte Abrechnung, die der Kunde in einer eigenen Umgebung nutzen kann.

So verknüpft die Plattform zum Beispiel für den Ener-giedienstleister Urbana Wärmemengenzähler, Ausle-segeräte für Gas- und Stromzähler oder Sensoren miteinander und verarbeitet die entstehenden Mess-

IoT in der Praxis

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werte. Novoferm Tormatic, ein Anbieter aus dem Bereich Torautomation, vernetzt über die IoT-Plattform einzel-ne Torantriebe und bietet seinen Kunden ein Konzept mit digitalen Services wie App-Steuerung, Remote Maintenance und Support an. Huawei, Anbieter von Informationstechnologie und Telekommunikationslö-sungen (ITK), kooperiert mit der Q-loud GmbH bei IoT-Lösungen.

Mit dem Q-loud IoT-Gateway bietet die QSC-Tochter einen Vermittler für Geräte ohne IP-Fähigkeit. Der IoT-Databroker hingegen dient zur Vernetzung von Geräten, Maschinen und Anlagen in der Industrie.

IoT-Strategie von Telit

Das IoT Portal von Telit basiert auf der deviceWISE IoT Plattform. Zu den Funktionen zählen Connectivity Management, Device Management, Data Management, Administration, Integration von Applikationen und Sicherheit.

Telit ist auf M2M-Lösungen spezialisiert und ist Partner von Google im IoT-Bereich. Das Telit-Angebot umfasst M2M-Hardware-Produkte in den Segmenten Mobilfunk, Short-Range und Positionsbestimmung sowie m2mAIR-Services in Bereichen wie Application Enablement und Connectivity im Hinblick auf Mobil-funknetze und Internet/Cloud-Plattformen.

Die m2mAir Cloud-Services sollen Geräte zu „Micro- Analytics Engines“ wandeln und liefern jeweils die Daten für den Portal-Service, mit dem Kunden die Lösung steuern und verwalten. Im Rechenzentrum eines Kunden ermöglicht die m2mAir Enterprise Software eine Integration der Daten in die IT-Systeme und Geschäftsprozesse. Die m2mAir Workbench unterstützt die Applikations-Entwicklung. Die m2mAir Cloud-Services verbinden Devices und Applikationen, zeichnen Transaktionen auf und ermöglichen eine bidirektionale Kontrolle.

Im Februar 2017 kündigte Telit ein erweitertes Connectivity Management Dashboard für das IoT

Portal an und bietet seit September 2016 ein Rapid IoT Development Kit. IoT-Kooperationen von Telit beste-hen unter anderem mit Intel und mit Tech Mahindra.

IoT-Strategie von Blackberry

Die BlackBerry IoT Platform stellt einen weiteren, interessanten Ansatz zur Vernetzung, Kontrolle und Analyse von IoT-Systemen dar. Der BlackBerry-Ansatz umfasst Security Services, Storage, Gerätesoftware, Cloud-Services und Schnittstellen zur bestehenden IT. Mit den Cloud-Services, die von BlackBerry betrieben werden, werden Messaging-Dienste sowie Funktionen für Business-Logik und Anwendungsentwicklung zur Verfügung gestellt.

Die IoT-Anwendungen lassen sich insbesondere in die Bereiche Datenanalyse, Life-Cycle-Management, Gerätemanagement und Identitätsmanagement unterteilen. Zudem gibt es branchenspezifische Ab-wendungen in Bereichen wie Automotive und Asset Tracking. BlackBerry betont dabei jeweils seine Erfahrung im Enterprise-Umfeld und bei der Entwick-lung sicherer Lösungen.

IoT-Strategie von Dell

Dell bietet mit der Edge-Gateway-Serie eine für die Gebäude-Automation konzipierte IoT-Lösung an. Das Gateway kann laut Dell auch unter extremen Umge-bungsbedingungen betrieben werden. In Kombination mit Dells Analyse-Software steht Unternehmen mit dem Edge Gateway eine Edge-Computing-Lösung zur Verfügung.

Das Dell Edge Gateway ist mit Middleware zum Empfang, zur Aggregation und zur Analyse sowie zur Weiterleitung von Daten ausgestattet. Auf Basis der Funktionalitäten der Software-Plattform Dell Statisti-ca können die Analysen direkt auf dem Gateway erfolgen. Dadurch wird der Transfer von Daten zur und von der Cloud reduziert. Dell verfügt über ein IoT-Partnerprogramm.

IoT in der Praxis

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IoT-Strategie von Acer

Kurz erwähnt seien auch die IoT-Entwicklungen bei Acer, in deren Zentrum die IoT-Plattform aBeing One steht. Acer hat speziell für den Handel eine IoT-Bran-chenlösung BeingRetail vorgestellt und ein IoT-Star-ter-Kit namens CloudProfessor.

IoT-Strategie von Huawei

Huawei bietet nicht nur die EC-IoT-Lösung an, sondern hat zur CeBIT 2017 eine IoT-Partnerschaft mit der Software AG auf den Weg gebracht. Gemeinsam stellen Huawei und die Software AG die Hard- und Software für eine cloudbasierte IoT-Plattform sowie Streaming-Ana-lytics-Funktionen am Rand des IoT zur Verfügung.

Mit dem Hard- und Software-Angebot von Huawei für Cloud- und Edge-Computing, der offenen IoT-Plattform und Netzwerkinfrastruktur von Huawei gepaart mit Streaming Analytics, Hybrid Integration und Predicti-ve Analytics der Software AG können Unternehmen eine IoT-Cloud-Infrastruktur planen und am Rand des IoT implementieren, so die beiden Partner. Der Fokus der Partnerschaft zwischen Huawei und der Software AG wird zunächst auf Europa liegen.

IoT-Strategie von Vodafone

Auch Vodafone engagiert sich stark im IoT-Markt. Einige Beispiele: In Kooperation mit einem Technolo-giepartner, der auf Big Data Analytics Anwendungen spezialisierten Recogizer Analytics GmbH, bietet Vodafone seinen Geschäftskunden ein modulares Analyse-Tool, mit dem Unternehmen die Daten aus der Gebäudetechnik, Maschinen oder Sensoren auswerten können. Mit der IoT-basierten Flotten Telematik bietet Vodafone zudem Komplettlösungen für eine Echt-zeit-Dokumentation von Fahrzeug- und Fahrdaten.

Das IoT-Engagement wird sich fortsetzen: Vodafone hat im Februar 2017 in Düsseldorf ein Entwicklungs-zentrum für das Internet der Dinge eröffnet.

IoT-Strategie von Device Insight

Die IoT-Plattform CENTERSIGHT von Device Insight unterstützt die Vernetzung von Maschinen, Fahrzeu-gen, Anlagen und Geräten und stellt Funktionen wie Datenerfassung sowie Data Analytics, Reporting, Remote Service und Alarmierung zur Verfügung. In über 15 Ländern arbeitet Device Insight mit Großunter-nehmen und mittelständischen Kunden aus den Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Nutzfahrzeu-ge, Transport, Energie sowie aus dem Connected Home-Umfeld zusammen.

Der Münchner Internet of Things-Anbieter Device Insight stellte auf der CeBIT 2017 eine neue Anwen-dung seiner IoT-Plattform CENTERSIGHT vor: Condition Monitoring. Damit ist die IoT-gestützte, automatische Zustandsüberwachung von industriellen Maschinen gemeint.

MobileIron hat die Gründung einer Division für das Internet der Dinge (IoT) bekannt gegeben. Die neue Division hat die Aufgabe, die Prozesskette vom Sensor über die App, das Gateway und die Cloud bis hin zum Netzwerk durchgängig abzusichern. MobileIron plant, im Verlauf dieses Jahres ein IoT-Produkt auf den Markt zu bringen.

Die IoT-Plattform von MobileIron soll so konzipiert sein, dass sie über einen standardbasierten, offenen Systemansatz für Interoperabilität und über ein skalierbares, automatisches Lebenszyklusmanagement verfügt, um mögliche menschliche Fehler zu minimie-ren, die Integrität und Sicherheit sich bewegender Daten schützt und die Funktionsfähigkeit von Syste-men sicherstellt, deren Ausfall unbedingt vermieden werden muss.

IoT in der Praxis

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Neue IDC-Studie

Software und Services treiben IoT-Markt anvon Manfred Bremmer (Redakteur)

Für den Fall, dass Sie sich noch nicht sicher sind, ob IoT als Geschäftskonzept tragfähig ist: Die Analys-ten von IDC prognostizieren in den kommenden Jahren ein signifikantes Wachstum - Software und Services spielen dabei eine wichtige Rolle.

Einer neuen IDC-Studie zufolge werden die weltweiten Ausgaben für IoT im Jahr 2018 voraussichtlich 772,5 Milliarden Dollar erreichen. Das entspricht einer Steigerung von 15 Prozent gegenüber den 674 Milliar-den Dollar, die im vergangenen Jahr für das Internet der Dinge ausgegeben wurden.

Im neuen Update des „Worldwide Semiannual Internet of Things Spending Guide“ prognostiziert IDC außer-dem bei den weltweiten IoT-Ausgaben eine durch-schnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 14 Prozent über den Prognosezeitraum von 2017 bis 2021 hinweg, wobei die Marke von einer Billion Dollar im Jahr 2020 überschritten wird und im Jahr darauf 1,1 Billionen Dollar erreicht werden.

Ausgaben nach Kategorie

Laut IDC stellt IoT-Hardware in diesem Jahr die größte Technologiekategorie dar, wobei die prognostizierten 239 Milliarden Dollar größtenteils in Module und Sensoren investiert werden, zusammen mit einigen Ausgaben für Infrastruktur und Sicherheit. IoT-spezi-fische Services folgen an zweiter Stelle, dahinter Software und Konnektivität. Die Investitionen in Software fließen dabei laut IDC vor allem in Anwen-dungssoftware, Analysesoftware, IoT-Plattformen und Security-Lösungen.

Mit einem mittleren jährlichen Wachstum von 16 Prozent über die nächsten fünf Jahre wird Software auch das am schnellsten wachsende Technologieseg-ment für IoT sein. Dies ist laut IDC keine Überra-schung, denn die von IoT-Sensoren aufgenommenen und gespeicherten Daten sind auch nach der Auswer-tung durch eine primäre Anwendung wertvoll. Daher wird erwartet, dass sich ein sekundäres IoT-Soft-ware-Ökosystem entwickelt, das weiterführende analytische Einblicke liefert, indem die Ergebnisse an Partner-Ökosysteme und deren Anwendungen weiter-gibt.

Dies gilt insbesondere für Branchen wie Fertigung, Transport, Gesundheitswesen und der Energiesektor, in denen IoT-basierte Lösungen oft eine Zusammenar-beit über Partner-Ökosysteme hinweg erfordern. Diese IoT-Anwendungs-Ökosysteme werden wahrscheinlich den höchsten langfristigen Wertbeitrag für Unterneh-men liefern, so IDC.

Auch die Ausgaben für Dienstleistungen werden nach den Prognosen der Marktforscher mit einer jährlichen Wachstumsrate von 15 Prozent schneller wachsen als die Gesamtinvestitionen für IoT und bis zum Ende des Prognosezeitraums nahezu den Ausgaben für IoT- Hardware entsprechen.

Die Marktprognosen von IDC verdeutlichen, warum sich jedes Unterneh-men mit IoT auseinandersetzen sollte. Foto: chombosan - shutterstock.com

IoT in der Praxis

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„Bis 2021 wird mehr als die Hälfte der Ausgaben für IoT-Projekte für Software und Dienstleistungen aufgewendet werden“, stellt Carrie MacGillivray, Vice President IoT & Mobility bei IDC, fest. Dies decke sich mit den Ergebnissen des „IDC‘s 2017 Global IoT Decisi-on Maker Survey“, in dem Organisationen darauf hingewiesen haben, dass Software und Services die Schlüsselbereiche für gezielte Investitionen in ihre IoT-Projekte seien.

„Software bilde die Grundlage, auf der IoT-Anwendun-gen und Anwendungsfälle realisiert werden können“, sagt MacGillivray. „Es sind jedoch die Services, die dazu beitragen, alle technologischen Elemente zusam-menzuführen, um eine umfassende Lösung zu schaf-fen, die den Unternehmen zugutekommt und ihnen hilft, eine schnellere Wertschöpfung zu erzielen.

Fertigungsbranche bei IoT-Investitionen führend

Die Branchen, die 2018 voraussichtlich am meisten für IoT-Technologien ausgeben werden, sind laut IDC das verarbeitende Gewerbe (189 Milliarden Dollar), die Transportbranche (85 Milliarden Dollar) und die Versorgungsunternehmen (73 Milliarden Dollar). Dabei konzentrieren sich die IoT-Investitionen der Fertigungsunternehmen weitgehend auf Werkzeuge, die den Fertigungsbetrieb und die Verwaltung der Produktionsanlagen unterstützen.

Im Transportsektor werden der Studie zufolge zwei Drittel der IoT-Ausgaben in die Überwachung der Fracht fließen, gefolgt vom Flottenmanagement. Die IoT-Ausgaben in der Versorgungsindustrie gehen wiederum weitgehend in den Aufbau von Smart Grids für Strom, Gas und Wasser, heißt es im Bericht.

Die branchenübergreifenden IoT-Ausgaben - dazu gehören auch Anwendungsfälle, die keiner spezifischen Branche zuzuordnen sind, wie z.B. vernetzte Fahrzeuge und Smart Buildings - werden 2018 fast 92 Milliarden Dollar ausmachen und zu den Top-Ausgabenbereichen der Fünfjahresprognose gehören.

Das Internet der Dinge wird auch stark in den Ver-brauchermarkt hineinreichen. Laut IDC sollen die Ausgaben in diesem Bereich 2018 insgesamt 62 Milliarden Dollar ausmachen. Die wichtigsten An-wendungsgebiete im Consumer-Umfeld beziehen sich dabei auf das Smart Home, so Marcus Torchia, Research Director Customer Insights & Analysis bei IDC, einschließlich Heimautomation, Sicherheit und Smart Appliances.

Torchia geht davon aus, dass die Ausgaben für intelli-gente Haushaltsgeräte im fünfjährigen Prognosezeit-raum stark ansteigen und dazu beitragen, dass sich der Verbrauchermarkt mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 21 Prozent zum am schnellsten wachsenden Industriesegment entwickelt.

IoT-Ausgaben nach Regionen

Was das IoT-Wachstum nach geografischen Regio-nen anbelangt, so wird Asien/Pazifik (ohne Japan) 2018 mit 312 Milliarden Dollar die Region mit den meisten IoT-Ausgaben sein. Es folgen Nordamerika (USA und Kanada) mit 203 Milliarden Dollar und Europa, der Nahe Osten und Afrika mit 171 Milliar-den Dollar.

China wird laut IDC-Prognosen das Land mit den höchsten IoT-Ausgaben im Jahr 2018 sein (209 Milli-arden Dollar) - angetrieben durch Investitionen aus dem verarbeitenden Gewerbe, von Versorgungsunter-nehmen und der Regierung.

Die IoT-Ausgaben in den USA werden sich 2018 auf insgesamt 194 Milliarden Dollar belaufen, angeführt von Produktion, Transport und Konsumgüterindustrie. Japan (68 Milliarden Dollar) und Korea (29 Milliarden Dollar) werden 2018 die dritt- und viertgrößten Länder sein, wobei die Ausgaben für IoT weitgehend von der verarbeitenden Industrie getragen werden. Lateiname-rika wird mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 28,3 Prozent die höchste Wachs-tumsrate bei den Ausgaben für IoT erzielen.

IoT in der Praxis

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Deutschland ist größter IoT-Markt in Westeuropa

Für Deutschland prognostiziert IDC bis 2021 ein Wachstum der IoT-Investitionen auf 48 Milliarden Dollar - von 27 Milliarden Dollar in 2017. Deutschland bleibt damit auch weiterhin der größte Markt für IoT-Ausgaben in Westeuropa. Im vergangenen Jahr folgten Frankreich (20 Milliarden Dollar) und Großbri-tannien (19,9 Milliarden Dollar) an zweiter und dritter Stelle, bis 2021 soll sich die Reihenfolge laut IDC etwas ändern, da Großbritannien an Frankreich vorbeizieht.

Als größten Wachstumstreiber in Deutschland identifi-zierte IDC für 2017 übrigens die Fertigungsbranche mit einem Anteil von 28 Prozent an den gesamten IoT-Investitionen, weitere Kernbereiche waren der Handel und Dienstleistungssektor (14 Prozent) sowie die öffentliche Hand (12 Prozent). Das am schnellsten wachsende Segment stellen dagegen - wie weltweit - Consumer-spezifische Anwendungen (Smart Home etc.) mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachs-tum von 25 Prozent.

Insgesamt wurden 2017 in Westeuropa insgesamt 128 Milliarden Dollar für IoT-spezifische Hardware, Software, Konnektivität und Dienstleistungen ausge-geben, bis 2021 soll dieser Betrag nach Schätzungen der Analysten auf 231 Milliarden Dollar anwachsen.

IoT in der Praxis

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Umdenken nötig

In der Industrie-4.0-Welt brauchen Mitarbeiter andere Qualifikationenvon Hans Königes (Ressortleiter)

Die digitalisierte Entwicklung und Produktion ist bereits Realität, deutsche Unternehmen spielen dabei weit vorne mit. Von den Mitarbeitern ver-langt das ein Umdenken, wie eine Diskussionsver-anstaltung der Fraunhofer Academy zeigte.

Bei allem Lamentieren, dass die digitalen Märkte US-dominiert seien und deutsche Konzerne hinterher-hinkten, wird ein Punkt häufig übersehen: „Industrie 4.0 ist ein riesiger Exportschlager“, sagt Sebastian Pfotenhauer, Professor für Innovationsforschung an der Technischen Universität München. Pfotenhauer sprach im Rahmen einer Diskussion bei der Fraunhofer Academy in München zum Thema „Bereit für den Job der Zukunft?“ Komplexe Modelle und integrierte soziotechnische Systeme, wie der Wissenschaftler das

Zusammenspiel von Technologie, Mensch und Organi-sation nannte, seien etwas, das Deutschland gut gestalten könne.

Um weiter voranzukommen, sei es aber notwendig, die Interdependenzen zwischen Technologie und Mensch zu durchdringen und Antworten auf zwei Fragen zu finden: Was bedeutet die Digitalisierung kurzfristig für bestimmte Berufsbilder? Und welche Fähigkeiten sind mittelfristig für zukünftiges Arbeiten erforderlich? Diesen Fragen ging die Fraunhofer Academy im Dezember in ihrer ersten „Open Discussion“ nach.

Roboter übernehmen viele Arbeiten

Welche Konsequenzen Digitalisierungsprojekte für die Arbeitswelt haben, analysierte David Kremer vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organi-sation IAO. Moderne Sensorik führe beispielsweise zu einem viel höheren Niveau der Qualitätskontrolle - ba-sierend auf Big Data. Auswertungsalgorithmen über-wachen laut Kremer unterschiedlichste Prozesse und Parameter, identifizieren Fehlerquellen und leisten eine umfassende Qualitätsüberwachung. Eine robote-rassistierte Produktion mit verbesserten Sensoren und Sicherheitssystemen könne die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine auf ein neues Niveau heben, aber auch immer mehr Aufgaben selbständig abarbei-ten. „Roboter haben jetzt das Potenzial, Tätigkeiten von Menschen zu übernehmen - gerade bei manuellen Arbeitsvorgängen etwa in der Montage“, bilanzierte Kremer.

Das habe Folgen für die Qualifikationsprofile der Mitarbeiter: „Die Sensorik liefert so viele Daten, dass viele Tätigkeiten in der klassischen Qualitätssicherung wegfallen können“, so Kremer. Das Gleiche gelte für monotone Tätigkeiten in der Fertigung. Mitarbeiter müssten künftig eher in der Lage sein, diese Systeme und Maschinen zu steuern, Daten zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Kremer machte auch deutlich, dass einzurichtende Fertigungsanlagen zunehmend digital simuliert und so

Open Discussion in der Fraunhofer Academy zum Thema „Bereit für den Job der Zukunft?“Foto: Fraunhofer-Academy

IoT in der Praxis

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schon vor der Inbetriebnahme optimal eingerichtet werden können. Neuerungen ließen sich damit schnell umsetzen und implementieren. Zudem rücken die Dienstleister in der Lieferkette näher an die Produktion heran. Ein intelligentes Supply-Chain-Management, das Echtzeitdaten der Partner bereitstellt, hilft Unter-nehmen, Probleme in der Wertschöpfungskette früh zu bemerken.

„Unternehmen möchten früh erkennen, wenn der vierte Lieferant in der Kette hustet und ihm ein Teil ausgeht. Sie möchten berechnen können, wann das zu einem Engpass bei ihnen führt“, sagte Kremer. Dann könne die Fertigung frühzeitig umdisponieren und den Engpass vermeiden.

Aus diesen und weiteren Trends leitet Kremer ein paar allgemeine Anforderungen an Mitarbeiter ab. Absehbar sei, dass die verschiedenen Abteilungen in den Unter-nehmen enger zusammenarbeiten werden. Das bedeu-tet, dass sich Mitarbeiter „Komplementärkompetenzen zu ihrem eigenen Bereich“ aufbauen müssen - Kennt-nisse also, die sie zu einer übergreifenden Zusammen-arbeit befähigen. Hinzu kommt Systemkompetenz: „Systeme werden immer komplexer und interagieren miteinander. Der Mensch muss in der Lage sein, das nachzuvollziehen.“

Lernen muss arbeitsplatznäher werden

Wie können sich Mitarbeiter die notwendigen Kompe-tenzen aneignen? „Ich glaube, dass die Digitalisierung eine große Chance für die Weiterbildung ist“, sagte Schulungsberater Jochen Robes. Dazu müsse sich Weiterbildung aber neu definieren - weg von Standard-kursen und hin zu Ansätzen, die digitale Instrumente und Plattformen bieten. „Lernprozesse werden digita-ler. Damit meine ich aber nicht E-Learning“, so Robes. Es gehe darum, Menschen in jeder Phase ihres Lern-prozesses digital zu unterstützen.

Menschen werden demnach verstärkt selbstorganisiert an ihren Arbeitsplätzen lernen. Dabei werden sie auf Plattformen und Services zurückgreifen, die sie ken-nen. Wenn sich Kollegen in Whatsapp- oder Social-Me-dia-Gruppen austauschen, dann sollten Weiterbil-dungsangebote ebenfalls diese Kanäle nutzen. Und auch die Unternehmenskultur muss sich laut Robes ändern. Selbstbestimmtes Lernen sei das A und O, der Weg müsse daher „von einer Personalentwicklung, die sich für die Entwicklung von anderen verantwortlich fühlt, hin zu einer Ermöglichungsdidaktik führen“. Mitarbeiter wissen selbst am besten, welche Kompe-tenzen sie brauchen. In Absprache mit den Personal-verantwortlichen müssen sie diese aufbauen können.

Auch Digitalwelt braucht Kreativität und Sozialkompetenz

Neben technischem Know-how kristallisierten sich in der Diskussion andere grundlegende Fähigkeiten heraus, die die Digitalisierung der Arbeitswelt erfor-dert. Sie sind nicht neu: Kreativität, Flexibilität, Dialogfähigkeit, soziale Kompetenz sowie die Fähig-keit zu analytischem und nuanciertem Denken zählen zu den Grundbausteinen. Hinzu kommt die Kenntnis agiler Methoden - nicht einfach nur als Konzept zur Produktentwicklung, sondern auch als Denkmodell. Diese Skills befähigen dazu, nicht nur die Transforma-tion der Arbeitswelt zu bewältigen, sondern auch die Vorteile dieses Wandels nutzen zu können.

David Kremer, Fraunhofer IAO: „Was sich schon seit geraumer Zeit als großer Trend abzeichnet: Der Anteil der wissensintensiven Tätigkeiten steigt.“Foto: Fraunhofer-Academy

IoT in der Praxis

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IoT-Services richtig abrechnen

Internet of Payments verändert unser Lebenvon Ralf Ohlhausen (Autor)

IoT ist mehr als nur Geräte zu vernetzen. IoT Devices ermöglichen zudem den Zugang zu neuen Ökosystemen. Über deren Erfolg entscheidet auch, wie das Thema Bezahlen gelöst wird. Neben IoT entsteht so das Internet of Payments.

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) hat einen schweren Stand. Für Trendsetter ist es ein alter Hut, da ge gen ist es in der Gesellschaft noch lange nicht ange- kommen. Doch das liegt höchstwahrscheinlich an dem sperrigen Namen und oft wiederholten Beispielen wie vernetzten Kühlschränken. Nimmt man sich jedoch einen Moment Zeit und denkt über die größten technischen Ver- änderungen der vergangenen Jahre nach, landet man auto- matisch beim Thema Vernetzung. Und da ist es, das IoT.

Auch wenn der Begriff nicht sexy klingt, überhäufte uns Amazon in der Cyber-Monday-Angebotswoche mit seinen Echo-Lautsprechern samt Alexa-Sprachassis-tent, WLAN-Steckdosen, Smart Home-Lampen und Fitness-Armbändern. Und das ist erst der Anfang, denn an das IoT schließt sich das IoP an, das Internet of Payments, also integrierte Bezahlmöglichkeiten in vernetzten Geräten. Das ist ein großer Schritt weg von der reinen Technik hin zu kommerziellen Dienstleis-tungen, die die Gesellschaft so stark verändern könn-ten, wie es zuletzt das Smartphone getan hat.

So entsteht IoP

Wichtigster Nährboden für IoP sind möglichst viele vernetzte Geräte. Klar gehören Klassiker wie Compu-ter, Smartphones und Tablets dazu, aber auch Smart TVs, Spielekonsolen und Receiver wollen vernetzt

werden. Und es geht weiter - man merkt es nur nicht so deutlich -, weil viele Nutzer eher mit kleinen Gadgets nachrüsten. Ein Lautsprecher mit Sprachassistent hier, eine App-gesteuerte Überwachungskamera dort, und auch eine smarte Heizungssteuerung macht sich gut. Auch außerhalb der Haushalte wird vernetzt, etwa im Auto. Gerade nimmt der IoT-Markt richtig Fahrt auf; die Marktforscher von Gartner sagen bis 2020 rund 20,8 Milliarden vernetzte Geräte voraus. Im vergangenen Jahr waren es „nur“ 6,4 Milliarden - der Markt wächst also rasant und er verändert die Erwar-tungen der Konsumenten.

Doch was ändert sich am IoT-Markt genau? Man darf nicht den Fehler machen und immer nur die Geräte zählen oder die Summe ihrer Verkaufspreise hochrech-nen. Anders als bei Computern und Smartphones sind IoT-Geräte selbst oft gar nicht zum Geldverdienen gedacht. Wer beispielsweise einen Amazon Echo Dot, im Angebot für 35 Euro gekauft hat, macht das Konto von Jeff Bezos zumindest nicht direkt viel voller. Indirekt aber dockt man damit ans Amazon-Ökosys-tem an und kauft weitere Gadgets, schließt vielleicht ein Musik-Abo ab und ordert über Alexa auch viele andere Produkte. Was bei Amazon funktioniert, motiviert auch immer mehr Bezahlanbieter dazu, für diese spannende Entwicklung den perfekten Abschluss bilden zu wollen - und damit eine zentrale Rolle bei der Evolution des Internets der Dinge zu spielen.

Das Internet of Payments soll integrierte Bezahlmöglichkeiten für vernetzte Geräte bereitstellen.Foto: Preechar Bowonkitwanchai - shutterstock.com

IoT in der Praxis

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Was müssen die Geräte können?

Speziell in Deutschland ist man gegenüber neuen Bezahl-Trends skeptisch. Bargeld ist nach wie vor sehr beliebt und wenn es schon Karte sein muss, dann lieber die Girokarte als die Kreditkarte. Was muss also passie-ren, damit in wenigen Jahren Autos selber Ersatzteile ordern und auch bezahlen? Ganz wichtig: Nutzer dürfen die Kontrolle nicht verlieren und die Sicherheit muss stimmen. Das bedeutet, die Ausgaben der Geräte müssen sich einfach kontrollieren lassen, etwa per App.

Denkbar ist zum Beispiel, dass ein Auto selbst ermit-telt, dass Scheibenwischwasser und Kühlerflüssigkeit nachgefüllt werden müssen, an einen Lieferanten andockt und dort die Produkte in den Warenkorb packt. Dann erhält der Besitzer des Autos noch eine Push-Mitteilung und muss den Einkauf explizit absegnen. Hat man sich an diese Art des Einkaufens gewöhnt, könnte man zum Beispiel in der App ein Budget für die kleinen Verbrauchskosten im Auto festlegen, das ohne Nutzerbestätigung ausgegeben werden darf. Reicht das Budget nicht, weil etwa ein etwas teureres Ersatzteil für das Fahrzeug fällig wird, muss es beim Nutzer nachfragen.

Smarte Geräte entwickeln

Der größte Fehler, den Gerätehersteller machen könn-ten, wäre, die Bezahlung im Nachhinein als Funktion oberdrauf zu setzen. Sie muss vielmehr von Anfang an in die Produktentwicklung einfließen, vor allem auch aus Sicherheitsgründen. Zugangsdaten von Kunden müssen geschützt werden, verschlüsselte Übertragung muss Standard sein und zusätzliche Sicherheitsmecha-nismen wie PIN-Abfragen und andere starke Authenti-fizierung stärken das Vertrauen der Nutzer. Wichtig sind auch Kompatibilität und Interoperabilität, sprich, ein Hersteller tut gut daran, nicht seine eigene kleine Insel für Vernetzung und Bezahlung zu entwickeln. Auch bei der Preisgestaltung ist Vorsicht geboten: Kann man das Scheibenwischwasser nur zum dreifa-chen Preis direkt per Auto kaufen, werden die Kunden das nicht mitmachen.

Die Beispiele für Dienstleistungen rund um IoP sind vielfältig und klingen auf den ersten Blick bizarr - etwa eine Fitness-App, die im Auge hat, dass bei Laufschu-hen die Dämpfung nicht mehr richtig funktioniert und gleich ein neues Paar bestellen möchte. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Beispiele, die sofort einleuchten: Warum muss man im Parkhaus erst irgendwo zu einem Automaten und das Papierticket bezahlen und dieses bei der Ausfahrt in einen anderen Automaten stecken? Warum erkennt nicht eine Kamera automatisch bei der Einfahrt das Auto, und bei der Ausfahrt bezahlt das Auto die 3 Euro direkt? Doch egal ob skurril oder nicht: Wie mit dem IoT Geld zu machen ist, bestimmen die Nutzer.

Andererseits wird es aber auch durch möglichst clever angeschlossene Dienstleistungen vorangehen. Noch-mals ein Beispiel aus dem Haushalt: Wenn der vernetz-te Ofen plötzlich dunkel bleibt, könnte man als Herstel-ler Online-Support anbieten. Per Ferndiagnose ließe sich feststellen, ob der Kunde vielleicht nur eine Glüh-birne tauschen muss. Das passende Modell könnte er (oder der Ofen) samt Werkzeug gleich direkt bestellen und bezahlen, ohne langes Warten in der Hotline oder im Baumarkt oder der Gefahr von Fehlkäufen.

Natürlich muss man nicht mit Gewalt versuchen, in jedes Gerät eine Bezahlfunktion zu integrieren. Aber für viele Hersteller erschließen sich auf diesem Weg

Payment-Lösungen für IoT sollten bereits am Anfang in die Produktent-wicklung einfließen. Foto: PopTika - shutterstock.com

IoT in der Praxis

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neue Möglichkeiten um Geld zu verdienen - und Konsu-menten mitunter das Leben einfacher zu machen. Letztlich ist es eine spannende Zeit für technische Entwickler, Händler und Hersteller, die darauf aus sind, die Kundenakzeptanz zu maximieren, Loyalität zu erhöhen und dazu, die „Customer Journey“ zu optimieren.

Smartphones selbst sind zwar nette Devices, aber der Siegeszug dieses Geräts geht Hand in Hand mit dem Angebot aus den App Stores. Was man davon lernen kann? Das Nutzererlebnis muss von Anfang an im Vordergrund stehen, um zu vermeiden, dass die Zah-lungsoptionen als nachträglich hinzugefügtes Feature daherkommen. Nur dann werden diese Lösungen so nahtlos integrierbar, sicher und zweckmäßig wie nur möglich sein.

Bezahlarten für IoP

Als Bezahlarten für IoT eigenen sich alle Bezahlarten, die auch bei Mobile Payment funktionieren. Bedenkt man, dass 38 Millionen Transaktionen im Jahr 2016 über mobile Geräte abgewickelt wurden (eine Steige-rung von 247 Prozent gegenüber 2015), so wird deut-lich, dass die Bereitschaft der Konsumenten durchaus vorhanden ist, Bezahlmethoden zu nutzen, die die schnellste und bequemste Zahlungsabwicklung versprechen. Zumindest auf kurze Sicht werden 1-Klick-Payments die nutzerfreundlichste Variante sein. Und auch beim IoP wird der Komfort gewinnen und man wird Zahlungsautomatiken erlauben.

Dazu eigenen sich vor allem voll automatisierte Zahlar-ten, die vom Händler ausgelöst werden können (soge-nannte Pull-Payments) - also Lastschriften oder Kreditkarten. Nachteil dabei: Man muss dem Händler diese sensiblen Daten anvertrauen. Doch es gibt auch Bestrebungen dazu, Push-Payments zu automatisieren. Das ist für Händler gut, weil die Zahlungen garantiert sind und Kunden keine sensiblen Daten an Dritte übermitteln müssen. Die im Januar 2018 in Kraft tretende Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 stellt dabei die entsprechenden Rahmenbedingungen auf.

Es ist essentiell, dass die Bezahlvorlieben der Kunden vom ersten Moment des Lebenszyklus eines Produktes berücksichtigt werden. Bezahldienstleister, die auf internationalen Märkten auf verschiedenste Bezahl-vorlieben treffen, müssen schon in den frühen De-sign-Etappen involviert sein, um zu gewährleisten, dass das IoP-Ökosystem weltweit florieren kann.

IoT in der Praxis

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NB IoT, LoRaWan, Sigfox und Co.

IoT – Auf die Connectivity kommt es anvon Detlev Flach

Beim aktuellen Wirbel um das Internet of Things (IoT) stehen meist die Plattformen und Applikatio-nen im Vordergrund. Das in der Praxis ebenfalls wichtige Thema Connectivity wird dagegen häufig vernachlässigt.

Es ist eine Binsenweisheit: Auch die „smarteste“ Anwendung ist oft ziemlich wertlos, wenn der Daten-fluss zwischen den vernetzten Objekten nicht zuverläs-sig, sicher und bezahlbar ist. Dabei gibt es zur Anbin-dung der „Dinge“, also insbesondere Maschinen oder Anwendungen und Sensoren von Maschinen, im IoT verschiedenste Möglichkeiten, wobei kabelgebundene Lösungen nur eine eingeschränkte Rolle spielen. Gerade das industrielle Internet of Things (IIoT) erfordert in den meisten Lösungen noch immer eine drahtlose Connectivity. Bei der Überwindung kurzer Strecken reicht dabei das Spektrum von Bluetooth, NFC, RFID oder WLAN bis hin zu weniger vertrauten Lösungen wie Zigbee oder Z-Wave.

NB IoT: Übergangslösung bis 5G

Bei einer breitflächigen Abdeckung, die auch in abgele-gene Gebiete reicht, ist meist Mobilfunk das bevorzugte Übertragungsmedium. Hier stellt insbesondere die auf dem Netzwerkprotokoll Low Power Wide Area (LPWA) basierende Technologie Narrowband IoT (NB IoT) eine interessante Lösung dar. Wegen seiner zahlreichen Vorzüge gilt NB IoT im IoT-Umfeld als die Übergangs-technik, bis voraussichtlich etwa ab 2020 die ersten 5G-Netze bereitstehen.

So kann NB IoT in bereits bestehenden LTE-Netzen via Software-Upgrade bereitgestellt werden und ist in der Lage, Millionen von Endgeräten in einem Netz zu verbinden. Weitere Vorzüge sind der geringe Stromver-brauch der NB-IoT-fähigen Endgeräte, was Batterie - l aufzeiten von bis zu zehn Jahren ermöglicht, geringe Kosten für Module und Wartung, eine niedrige Latenz-zeiten, eine hohe Gebäudedurchdringung sowie die Möglichkeit, Daten über größere Distanzen hinweg zu übertragen.

Es gibt natürlich auch Einschränkungen: Wie die Bezeichnung Narrowband bereits andeutet, liegt der Fokus nicht unbedingt auf hohe Datenraten - der Spitzenwert im Up- und Downlink liegt bei etwa 200 Kbit/s. Außerdem befindet sich die Technik bei den verschiedenen Carriern aktuell noch im Rollout. Dieser schreitet zwar zügig voran, bis zu einer flächendecken-den Connectivity via NB IoT kann es jedoch je nach Carrier noch dauern. (National-)Roaming ist theore-tisch denkbar, aktuell befindet sich die Technik aber noch in einer zu frühen Implementierungsphase.

Nicht lizenzierte Funknetze

Neben lizenzierter IoT-Connectivity, wie sie Carrier wie die Telekom, Vodafone oder Telefónica über ihre landesweiten Mobilfunknetze aufgebaut haben, gibt es auch drahtlose nicht-lizenzierte Netzwerke wie LoRa-WAN oder Sigfox, die beide in Europa im lizenzfreien 868-MHz-Band arbeiten.In IoT-Szenarien spielt die zuverlässige, sichere und bezahlbare Daten-

übertragung eine wichtige Rolle. Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

IoT in der Praxis

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Für die Betreiber entstehen hier keine Kosten für den Frequenzerwerb vom Staat. Wollen Unternehmen jedoch Sigfox- und LoRa-Technologien nutzen, muss eine neue Netzinfrastruktur über Carrier oder direkt durch das Unternehmen separat bereitgestellt werden. Das klingt je nach Region mehr oder weniger schlimm: Über die Swisscom in der Schweiz, KPN in den Nieder-landen oder SK Telekom in Südkorea gibt es seit 2016 eine flächendeckende Versorgung mit LoRaWAN. Hierzulande besteht dagegen noch ein Flickenteppich und keine deutschlandweite Abdeckung - das klassi-sche Henne-Ei-Problem.

Was Sigfox anbelangt, hat der gleichnamige französi-sche Anbieter sein eigenes globales LPWA-Netzwerk aufgebaut, das sich bis Ende 2018 auf über 60 Länder erstrecken soll (derzeit 45 Länder) und auch große Teile von Deutschland mit einschließt. Aktuell liegt die Abdeckung dem Unternehmen zufolge hierzulande bei 65 Prozent (Coverage). Das Netzwerk kann basierend auf Abo-Diensten von Unternehmen genutzt werden.

Für die beiden Alternativen im LPWA-Bereich spricht derzeit unter anderem, dass die Technik bereits im Feld erprobt ist und durch das darum gewachsene Ökosys-tem eine breite Auswahl an Hardware angeboten wird. Dieser Vorsprung kann aber schnell durch das starke Engagement der Carrier in Sachen NB IoT aufgeholt werden. So gehen Experten davon aus, dass die Kosten für NB-IoT-Module in den nächsten Jahren auf unter zwei Dollar sinken und damit genauso erschwinglich werden wie bei LoRa und Sigfox.

IoT-Connectivity via USSD

Zu den bereits aufgeführten Anbietern kam in jüngster Zeit noch eine weitere Gruppe hinzu, deren Lösung auf dem Messaging-Protokoll USSD (Unstructured Sup-plementary Service Data) basiert. Dieses Protokoll ist bereits in das Kern-SS7-Netzwerk jedes Mobilfunk-netzbetreibers eingebunden. SS7 steht für Signalling System 7, eine Protokollfamilie in der Telekommunika-tion. USSD ist ein in GSM eingebautes Signalisierungs-protokoll.

Die von Anbietern wie Thingstream, Emnify, GeoSIM oder Hatch genutzte USSD-Technologie erlaubt den Versand und Empfang von Nachrichten mit einer Länge von 182 Zeichen, das sind etwa 160 Bytes und sollte vom Datenvolumen her für die meisten IIoT-Sen-soranwendungen ausreichen.

Im Vergleich mit Sigfox, LoRa und anderen proprietä-ren IoT-Connectivity-Technologien liegt der Vorteil von USSD darin, dass es Roaming-fähige SIM-Karten unterstützt. Außerdem greifen effiziente Systeme anstatt 3G- oder LTE-Daten zu verwenden nur auf die 2G-USSD-Fähigkeit zurück. In diesem Fall agiert USSD in der Sprachschicht und benötigt viel weniger Energie. Dadurch gibt es weniger Kapazitätsherausfor-derungen etwa bei der Nachverfolgung von Warensen-dungen durch batteriebetriebene Tracker.

Außerdem weist der Schweizer Anbieter Thingstream auf einen wichtigen Vorteil des SIM-basierten Modells hin. Es verspreche den Netzbetreibern nicht nur neue Umsätze in ihren Mobilfunknetzen (wenn auch nicht so hohe wie bei NB IoT), sondern löse auch das Problem von LoRa und Sigfox, ein dediziertes Netzwerk über einen ausreichend großen Bereich und gegebenenfalls verschiedenen Ländern bereitzustellen. Im Falle von LoRa benötigten Kunden zudem genügend technisches Personal, wenn sie ein eigenes Netzwerk betreiben wollen.

Ein denkbar gut geeignetes Einsatzgebiet ist daher neben dem bereits erwähnten Tracking von Gepäck oder Warensendungen auch die moderne Landwirtschaft, Stichwort Precision Agriculture. So reicht schon das schwache Mobilfunksignal in dünn besiedelten ländli-chen Umgebungen, um via Sensor den Füllstand eines Kraftstofftanks zu überwachen oder fallenden Wasser-druck oder Lecks in Bewässerungssystemen zu melden.

IoT in der Praxis

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Mit KI und IoT langfristig zu Smart Services

Festo senkt mit IoT die Energiekostenvon Jürgen Hill (Teamleiter Technologie)

Die schwäbische Unternehmensgruppe Festo AG & Co. KG ist einer der hidden champions in Sachen Steuerungs- und Automatisierungstechnik. Mit IoT und KI machen die Schwaben jetzt Produkte und Produktion fit für Industrie 4.0 und den globalen Wettbewerb.

Auf den ersten Blick klingt das IoT-Projekt von Festo wenig sexy: Die Schwaben stellen in ihrer Technolo-giefabrik Scharnhausen mittels IoT fest, wieviel Druckluft ihre Maschinen verlieren. Für den digitalen Nerd, der von autonomen Robotern oder Cobots schwärmt, klingt das nur langweilig. Für Festo ist das Projekt dagegen mehr als spannend, denn mit den Condition Monitoring Services auf Siemens-Mind-Sphere-Basis spart das Unternehmen rund 30 Prozent an Energiekosten, wenn es Leckagen an den eigenen Druckluftsystemen früh entdeckt und schnell beheben kann.

Lernfabrik für Industrie 4.0

Allerdings nimmt die Technologiefabrik Scharnhausen innerhalb der Festo-Gruppe eine Sonderstellung ein: Sie ist nicht nur Lernfabrik, sondern auch Best-Practice-Beispiel in Sachen Industrie 4.0 und IoT. So stattet Festo die neue Technologiefabrik mit deutlich flexibleren Maschinen und Anlagen aus, die sich am Konzept der SmartFactoryKL orientiert. Ergebnis: Chargenwechsel von nur noch 13 Sekunden im Ver-gleich zu den vorher eingesetzten Maschinen und Anlagen, die eine halbe bis zu mehreren Stunden in Anspruch nahmen. Gleichzeitig kann Festo in Scharn-hausen jede Menge Anwenderwissen aus eigenen Pilotprojekten in der Fertigung gewinnen.

Dazu gehören Themen wie das erwähnte Energie-Ma-nagement und die -optimierung sowie innovative One-piece-flow-Konzepte dank standardisierter Vernetzung, mobile Instandhaltung mit Tablet-Com-putern oder automatisierte flexible Prüfsysteme für individuelle Produkte. Hierzu haben die Schwaben viele Maschinen mit OPC-UA nachgerüstet. Fällt in einer mehrstufigen Produktionskette eine Ressource aus und führt zu niedriger Fertigungskapazität, werden alle vorgelagerten Prozessschritte automatisch heruntergeregelt und auf diesen Flaschenhals opti-miert.

Think big, start small

Vor diesem Hintergrund klingt es fast wie selbstver-ständlich, dass der der IoT-Einsatz in der voll automati-sierten Ventilmontage in Scharnhausen zur Erhöhung der Energieeffizienz nur ein erster Schritt war. Wie in Diskussionen um die richtige Herangehensweise an ein IoT-Projekt häufig geraten wird, hatte man sich bei Fes-to für den Ansatz „Think big, start small“ entschieden.

So will das Unternehmen zudem die Aspekte Smart Operation sowie Smart Maintenance in der Ventilmon-tage realisieren, so Andreas Oroszi, Senior Vice Presi-dent Digital Business von Festo. Doch mit IoT beab-sichtigt Festo nicht nur, die eigenen Prozesse zu

In der Technologiefabrik Scharnhausen sammelt Festo Erfahrungen in Sachen IoT und Industrie 4.0. Foto: Festo

IoT in der Praxis

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optimieren, sondern auch Geld zu verdienen. „Wir wollen künftig als Service Provider auftreten und unseren Kunden Smart Services zu Wartung offerie-ren“, erklärt Oroszi.

Vom Projekt zur Business-Strategie

Was nun in eine Business-Strategie mündete, begann ganz unspektakulär mit dem hauseigenen Energie-Effi-zienz-Modul MSE6-E2M zur Regelung und Überwa-chung der Druckluftversorgung. Festo setzte das Modul, das eine Kombination aus Wartungsgerät, Sensorik und Feldbustechnik darstellt, in der Techno-logiefabrik Scharnhausen ein, um dort den Druckluft- und Energieverbrauch in der vollautomatisierten Ventilmontage zu kontrollieren.

So blieb es in Scharnhausen auch nicht lange beim Monitoring der Druckluftanlage. Per IoT-Gateway wurde das Energie-Effizienz-Modul mit Siemens MindSphere gekoppelt. Dort werden die Daten gesam-melt, um etwaige Anomalien wie Leckagen im Druck-luftsystem zu erkennen. Um später die Fehlerquelle schnelle einkreisen zu können und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten, werden die Module anhand ihres Product Keys eindeutig in der MindSphe-re identifiziert. Noch hat das Ganze wie SVP Oroszi offen einräumt mit Predictive Maintenance nichts zu tun, „das kommt im nächsten Schritt mit KI-Modulen für MindSphere“.

Dennoch ist man bei Festo mit dem Ergebnis zufrieden. So konnte nicht nur der Energieverbrauch reduziert, sondern mit den gewonnenen Daten auch eine andere Anforderung bewältigt werden. Die Daten lassen sich als Nachweis für die seit 2015 vorgeschriebenen CO2-Bilanz-Audits verwenden, was den Nachweis deutlich vereinfacht und beschleunigt.

Neue Smart Services mit IoT

Zu einem Bundle, bestehend aus Energie-Effizienz-Mo-dul, IoT-Gateway, MindSphere sowie Festo Service

App, geschnürt lassen sich auch bestehende Maschinen nachrüsten. Mit darauf basierenden Smart Services, etwa Wartungsverträge mit automatischen Aufträgen an den Technikern, will Festo künftig Geld verdienen. „Die Kunden sind durchaus noch skeptisch“, räumt Oroszi ein, „doch der massive Mehrwert und die relative Sicherheit in der MindSphere-Cloud überzeugt meist recht schnell.“ Momentan setzt Festo bei seiner Lösung noch auf eine eigene Cloud-Infrastruktur, doch das langfristige Ziel ist die Multi-Cloud-Fähigkeit.

So ist denn für Eberhard Klotz, Leiter der Kampagne Industrie 4.0 bei Festo, „Industrie 4.0 auf jeden Fall mehr als ein Marketing-Hype, es stehen konkrete Projekte und Produkte dahinter.“ So bringt das Unter-nehmen schon reale Produkte der Automatisierungs-technik, die mit Blick auf Industrie 4.0 konzipiert wurden: Etwa integrierte Antriebspakete, modulare Ventilinseln mit OPC-UA und IoT-Gateways, dezentra-le CODESYS-Steuerungen und autarke mechatroni-sche Subsysteme in IP20 oder IP65 sowie Apps und Cloud-Konzepte.

Das IoT-fähige Energieeffizienz-Modul MSE6-E2M von Festo.Foto: Festo

IoT in der Praxis

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IoT-Trends 2018

Vom IoT-Projekt zur IoT-Plattformvon Stefan Ried (Experte)

Welche kritischen Hindernisse bei IoT-Projekten sind im Jahr 2018 zu beachten? Crisp Research beleuchtet die wichtigsten technischen Innovatio-nen und Markttrends für 2018 sowie die Entwick-lung der IoT-Geschäftsmodelle.

Das IoT-Jahr 2018 ist schon in vollem Gange. So gab es die ersten Ankündigungen und auch wegweisende Konferenzen wie die CES in Las Vegas im Januar fanden bereits statt. Was bedeutet das für den IoT-Markt, Technologien und die Anwendungen dieses Jahr? Crisp Research macht nach dem spannenden Januar einen Ausblick auf die Top-IoT-Technolo-gie-Trends, die Business-Adoption und letztlich auch auf die Hindernisse, die wir in 2018 für IoT weiterhin oder neu erwarten:

Weiterhin sehr hohe Innovationsgeschwindigkeit bei IoT

Schon in den letzten beiden Jahren gab es eine große Zahl von neuen Produkten und Companies zum Thema IoT. In 2017 sind auch die drei Hyperscaler AWS, Azure und Google auf den IoT Zug mit eigenen Portfolio-Ele-menten aufgesprungen. Diese Geschwindigkeit wird dieses Jahr eher noch zunehmen. Wir erwarten im einzelnen folgenden Trends:

IoT-Technologien und -Anbieter werden vergleichbarer

Während es im letzten Jahr in einigen Produktsegmen-ten nur einzelne Anbieter gab, ist dieses Jahr das „Jahr

der großen Auswahl“. Ein Beispiel ist das SaaS-Seg-ment unter den IoT Cloud Services, das wir schon in diesem Analyst View beleuchtet hatten: Microsoft IoT Central: SaaS wird auch für IoT Mainstream.

Wir erwarten, dass auch die verbleibenden großen Hersteller und noch einige weitere Startups dieses Jahr in das Segment einsteigen. Insgesamt strukturiert sich der Markt nach IoT Cloud Services, IoT Edge Techno-logien, IoT-Entwicklungsdienstleistungen und letztlich IoT Software Stacks für Telcos.

2018 wird Edge-Computing erwachsen

Bisher hatten Controller und Gateways vor Ort oft nur proprietäre Vorverarbeitung oder sogar nur das plumpe Weiterreichen von Daten aus einen Feldbus ins IP-Netz übernommen. In 2018 werden aber nicht nur günstige Edge Devices leistungsfähiger, es kommen auch mehr und mehr erfolgreiche Software-Frameworks in leichtgewichtigen Versionen auf den Markt, die tat-sächlich auf der Edge ordentlich laufen.

Im Detail erwarten wir einige paketierte Soft-ware-Frameworks aus dem Cloud-native „CNCF“ Stack, die auch auf Edge Devices in 2018 lauffähig werden genauso wie einige kommerzielle Cloud Ser-vices. Ein Anfang hatte bereits letztes Jahr AWS mit

2018 wird (erneut) ein spannendes Jahr für IoT.Foto: Panchenko Vladimir - shutterstock.com

IoT in der Praxis

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dem Produkt Greengrass gemacht, dass das AWS Event Processing Lambda direkt auf Edge Devices in der Größe eines Raspberry PI lauffähig macht. Im Detail werden Frameworks aus diesen drei Bereichen im Jahr 2018 nachziehen.

• Edge Analytics führt auf der Edge die gleichen Queries aus, wie man sie mit großen Datenvolumen in der Cloud ausführen kann. Das kann nicht nur die Vorverarbeitung von Sensordaten vereinfachen, sondern macht endlich die IoT Edge für erfahrene Data-Scientists zugänglich, die in gewohnten Analytics Frameworks arbeiten wollen.

• Machine Learning on the Edge kann die Heraus-forderung des Lernens lösen. Bekannterweise werden die Machine-Learning-Algorithmen erheblich besser, wenn man sie mit „sehr“ vielen Daten füttert. Da es aber nicht endlos Bandbreite von der Edge in die Cloud gibt, muss man das Lernen eben auf die Edge verlagern. Die Cloud aggregiert dann die Lernerfolge vieler Edge-De-vices und kann einen erheblich höheren „IQ“ entwickeln.

• Blockchain auf der IoT Edge bringt Funktionalität und Sicherheit. Crisp Research hat schon viel zu Blockchain publiziert. Aber die Vielfalt der Busi-ness-Anwendungen ist noch lange nicht im IoT angekommen oder ausgeschöpft. Im letzten Jahr hat beispielsweise Atos das Ausdrucken von Ersatztei-len auf 3D Druckern mittels Blockchain extrem sicher gemacht. So kann ein Ausdruck, wie früher bei einer physischen Lieferung, mit einer Fi-nanztransaktion verknüpft werden und sicherge-stellt werden, dass zu keiner Zeit die unverschlüssel-ten CAD-Daten im Lieferland zugänglich sind. Das alles, obwohl der 3D-Drucker als Edge Device nicht viel mehr Rechenleistung als ein Raspberry PI hat.

IoT-Entwickler und -Architekten können sich schon heute auf die Verfügbarkeit weiterer Cloud-native Software-Komponenten auf ihren Edge-Devices vorbereiten, indem auch auf der Edge mit Cont-ainer-Technologie gearbeitet wird. Nach der großen

Verbreitung von Kubernetes in der Cloud, erwarten wir für 2018 noch mehr „Downsize to the Edge“ der Con-tainer-Technologien.

Noch nie so viele Connectivity-Optionen für IoT-Devices

Tatsächlich sind die wenigstens IoT-Devices direkt in Unternehmensnetzen oder einem Home-WLAN eingebunden. Auch wenn zum Beispiel durch kosten-günstige Wifi-Controller, wie den beliebten ESP8266 von Espressif, die Kosten für Wifi-Access extrem nach unten gegangen sind, wird in 2018 die Zahl der IoT-De-vices außerhalb schneller IP Netze rapide wachsen. Zwischen den langsamen und batteriesparenden LoRa- und Sigfox-Netzen und dem aufwendigen 3G- und LTE-IP-Netzen etabliert sich in 2018 zusätz-lich das Narrow-Band IoT. Mit Transferraten von bis zu 250 kBit/s bildet es die leistungsfähigste Ausprä-gung der Low-Power-Wide-Area (LPWA)-Netze.

Gleichzeitig nehmen die 5G-Aktivitäten der Telcos und Equipment-Hersteller konkrete Formen an. So haben beispielsweise gerade die Telefónica zusammen mit Huawei eine 5G-Testumgebung vorgestellt, in der Ultra-Reliable and Low-Latency Communication (URLLC) möglich ist. Damit können zum Beispiel autonom fahrende Autos untereinander kommunizie-ren, ohne dass ein LTE-Sendemast mit Latenzen dazwischen ist. So können Abstandswerte von Auto zu Auto weitergegeben werden und Auffahrunfälle vermieden werden.

Man spricht in dem Zusammenhang von der Kommu-nikation aus Fahrzeugen zu beliebigen Gegenstellen (5G-V2X). Crisp Research erwartet deshalb, dass in dem IoT-Connectivity-Spektrum nicht nur die Balance aus Preis und Bandbreite, sondern zusätzlich die Latenz oder Topologie als weitere Dimension bei der Auswahl im Jahr 2018 relevant wird. Das beinhaltet auch Kombinationen aus modernen lokalen Funkproto-kollen wie Bluetooth Mesh und LPWA Optionen. Der Mobile World Congress Ende Februar in Barcelona wird das Spektrum aufzeigen.

IoT in der Praxis

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Moore’s Law hat bei IoT eine ganz neue Bedeutung: Batterielaufzeit!

Wer in der Technologieindustrie kennt sie nicht, die Abschätzung von Intel-Mitbegründer Gordon Moore aus dem Jahre 1965, die besagt, dass sich die Kompo-nentendichte ca. alle 18 Monate verdoppelt. Zudem gibt es auch den Preisverfall, der einer ähnlichen Exponen-tialkurve folgt. Für die IoT-Welt ist aber neben Preis und Leistung der Stromverbrauch extrem entschei-dend. Oftmals ist die Leistung schon vollkommen ausreichend und die Einsatzszenarien hängen ent-scheidend davon ab, wie lange eine Batterieladung hält.

Wir gehen davon aus, dass entweder durch kontinuier-liche Weiterentwicklung oder durch disruptive Tech-nologien wie e-Paper bei IoT-Sensoren und -Gateways in den nächsten 18 Monaten nicht unbedingt die Leistung verdoppelt wird, sondern vor allem die Ener-gieaufnahme halbiert wird. Damit sind sogar Devices möglich, die über ein LPWA-Netzwerk dauernd online sind und trotzdem nur alle zehn Jahre neue Batterien brauchen.

Vom Technologieexperiment zum Business Modell

Während im letzten Jahr noch sehr viele Unternehmen mit den IoT-Piloten experimentiert haben um die Technologien zu lernen, gehen wir in 2018 in eine ganz andere Phase. Die technischen Möglichkeiten sind von vielen innovativen Unternehmen verstanden und man fängt vermehrt an, mit den Geschäftsmodellen zu experimentieren.

Crisp empfiehlt dabei, immer auch Geschäftsmodelle - genauso wie Anwendungen - möglichst klein und agil nach einem Minimal Viable Product Ansatz (MVP) auszuprobieren. Das Minimum Viable Business Model (MVBM) sollte dabei eine erste Antwort auf das Wertversprechen, den Zielmarkt und das Alleinstel-lungskriterium liefern. Kommt das nicht bei einem möglichen Käufer an, muss man dringend in die nächste Iteration des Geschäftsmodells. Time-To-

Market ist in 2018 entscheidender denn je, da wir folgende IoT-Adoption-Trends sehen:

• IoT-Adoption boomt global: Insbesondere in China, aber auch im Mittleren Osten, wo große Metropolen und hoch technisierte Städte entste-hen, ist die Nährlösung für IoT-Innovation. Da hat es Deutschland mit einer der schlechtesten Inter-net Infrastrukturen unter den Industrienationen und der größtenteils risikoaversen Unternehmens-kultur nicht gerade einfach. Obgleich Technologie-unternehmen neue Produkte normalerweise immer in den Heimatmärkten ausprobieren sollten, die sie am besten kennen, hat Crisp Research im Januar bereits einigen Kunden geraten, ihre IoT-Innova-tion zunächst außerhalb Deutschlands zu testen. Dort findet sich entweder eine bessere Infrastruk-tur, die Privacy & Compliance Anforderungen sind kleiner oder die Konkurrenzprodukte sind bereits innovativer und deshalb eine größere Herausforde-rung. Wenn ein IoT-Produkt dort bestehen kann, ist ein globaler Go-To-Market möglich. Wenn es anders herum zunächst auf dem deutschen Markt erfolgreich gemacht wird, hat es womöglich die Innovationsgeschwindigkeit für einen globalen Markt bereits verpasst!

• Vom Komfort zum langfristigen Wertbeitrag: Die Business Cases entwickeln sich rasant weiter. Während letztes Jahr viele Smart-Home-, -Buil-ding- und -City-Projekte einfach einen smarten Komfort für Endanwender brachten, ist im neuen Jahr ein nachhaltiger Wertbeitrag gefordert. Entsprechend entwickelt sich der IoT-Einsatz oftmals von einem Add-On in den Kern eines Geschäftsmodells

• Sustainability, Energy Saving, Umwelttechnik bilden einen 2018er Trend: Sogar das World Economic Forum in Davos hat IoT-Technologie in Bezug zu seinen Sustainability-Zielen diskutiert. Es geht beispielsweise nicht mehr darum, nur die Wasserqualität von Brunnen mit Sensoren auszu-lesen, sondern die Fördermengen in ganzen Land-strichen so zu optimieren, dass eine flächendecken-

IoT in der Praxis

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de Ernte und das Überleben von Mensch und Tier gewährleistet ist. Offensichtlich ist das nur mit der IoT-Generation erreichbar, die über LPWA-Netze Grundwasserstände und Fördermengen kommuni-ziert, anstelle nur lokal optimiert.

• Gebäudetechnik 4.0 wächst in 2018: Ähnlich wie es die Industrie 4.0 Aktivitäten geschafft haben, viele Fertigungsunternehmen entlang der Sup-ply-Chain zu vernetzen, ist eine Vernetzung inner-halb öffentlicher und industrieller Gebäude überfäl-lig. Wenn man an ein Büro mit 2000+ Arbeitsplätzen oder ein Hotel mit 500+ Zimmern denkt, wird schnell klar, dass heute jede Technologie-Domaine ihr eigenes Süppchen kocht. Die Klimatechnik redet nicht mit der Lichttechnik und erst recht nicht mit der Sicherheitstechnik oder dem Infotainment. Am Schluss streiten sich eine Rauchmeldeanlage und eine Klimasteuerung darum, ein elektrisches Fenster zu öffnen oder zu schließen. 2018 bringt erstmals Domain-spezifischen IoT-Plattformen, die offen für ein Ökosystem von verschiedensten Herstellern sind und beispielsweise zu vertretbaren Kosten eine einheitliche Event-Korrelation in Gebäuden ermöglichen. Dann ist es auch möglich zu entscheiden, einen warmen Raum eben NICHT zu lüften, wenn es dort wahrscheinlich brennt.

• Industrie 4.0 findet disruptive Innovationen: Crisp Research hat vor einem Jahr davor gewarnt, dass der Industrie 4.0-Hype IoT-Innovationen und digitale Produkte eher blockiert. Obwohl das besonders in Deutschland noch bis Mitte des Jahres 2018 ein ernstes Problem bleibt, sind wir zuversichtlich, dass auch innovative digitale Produkte und disruptive Geschäftsideen aus dem Industrie 4.0 Know-How hervorgehen. Ist eine Fertigungsmaschine erst einmal online um Sensor-daten für ein Predictive-Maintenance-Szenario zu liefern, ist es technisch kein großer Schritt mehr, die Maschine abhängig von einem online bezahlten Fertigungsvolumen an- oder abzuschalten. Damit sind plötzlich OPEX-Modelle möglich, die in vielen Branchen komplett disruptive Geschäftsmodelle bedeuten.

IoT ist kein ungebremster Boom

Trotz der atemberaubenden Technologie-Entwicklung und einer langsam zunehmenden Innovationskraft bei den IoT-Geschäftsmodellen gilt es auch in diesem Jahr immer noch einige Klippen zu umschiffen. Einige IoT-Projekte werden dabei auch auf Grund laufen oder untergehen.

• IoT Operations ist weitgehend unterschätzt: Unternehmen haben seit Jahrzehnten IT Opera-tions gelernt und perfektioniert. Heute haben Unternehmens-Laptops verschlüsselte Festplat-ten, Single-Sign-On mit einer 2-Faktor-Authenti-fizierung und Passwörter eine begrenzte Haltbar-keit. Spätestens bei der Überführung von einem Inkubator oder Pilot-Projekt in den Produktivbe-trieb müssen IoT Devices, Daten und Life-Cycle mit der Erfahrung dieses professionellen IT-Ma-nagements kombiniert werden. Schnell ist schon nach einem Jahr ein IoT Device irgendwo im Feld vergessen, könnte geklaut werden und ein leichter Angriffspunkt für eine DDOS Attacke auf ein operatives IT System werden. Hier sind moderne Device-Assetmanagement-Lösungen gefragt, um den TCO sehr vieler IoT Devices vertretbar niedrig zu halten.

• Interoperabilität bleibt eine Herausforderung: Bei aller technischen Plattform-Innovation und einer fortschreitenden Standardisierung ist die Interoperabilität eine Herausforderung. Auch wenn beispielsweise OPC UA oder auf einem anderen Level die Industrial Data Spaces eine Interoperabi-lität auch in 2018 weiter vorantreiben, entstehen gleichzeitig immer neue Datentypen, Protokolle und Semantik. Ein Auto kann zum Beispiel einen Echtzeit-Graph von umgebenden Fahrzeugen oder Gebäuden publizieren. Daraus könnte man bei-spielsweise erkennen, ob auf der Nachbar-Fahrspur ein Stau entsteht. Straßen mit autonomen Fahrzeu-gen werden erst sicher, wenn diese Daten zwischen Fahrzeugen verschiedener Hersteller ausgetauscht werden.

IoT in der Praxis

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• IoT Security wird in 2018 für die ersten Firmen zum Super-GAU: Die Lister der Firmen, denen Kundendaten geklaut wurden, inkludiert nicht nur die prominenten Beispiele wie Yahoo, denen 500 Millionen Nutzerdaten entwendet wurden, sie ist auch lang und sehr beunruhigend. Crisp Research erwartet hier in 2018 die ersten Unternehmen, denen massiv Device- und Sensor-Daten gestohlen werden. Natürlich ist es das einfachste, ein Gebäu-de auszurauben, in dem gerade niemand ist und bei dem die elektrischen Türen ohne physische Gewalt aufgehen. Das Schadenspotential in der physischen Welt kann noch deutlich höher als im Cybercrime sein. Unternehmen, die unreife und unsichere IoT-Produkte oder Plattformen auf den Markt bringen, spielen mit ihrem Image und ihrer Exis-tenz.

• Privacy and Data Ownership werden 2018 erst richtig thematisiert: Wem gehören wann welche Daten? Am Beispiel der SAP Leonardo IoT Edge haben wir schon auf die Problematik hingewiesen. Die Rechte an Daten hängen zunehmend mit den Geschäftsmodellen zusammen. So könnten also Daten einer gemieteten Maschine weiterhin dem Hersteller gehören, während er darauf keinen Zugriff mehr hätte, sobald die gleiche Maschine verkauft wird. Auf der anderen Seite könnten aber Daten von einer gekauften Maschine für einen Predictive-Maintenance-Vertrag wieder überlas-sen werden. Diese Beispiele zeigen, dass die Bran-che eigentlich eine ganz neue Generation von Data Security & Privacy Officiers braucht, die behutsam aber trotzdem weltoffen die Wertschöpfung für das eigene Unternehmen durch Verwertung von Daten betrachten.

• GDPR kommt so überraschend wie Weihnach-ten: Am 25.Mai 2018 tritt die neue EU-Daten-schutz-Grundverordnung in Kraft. Viele Unterneh-men verlassen sich auf die Compliance der großen SaaS-Hersteller und unterschätzen vollkommen, was für die eigenen digitalen Produkte, allen voran die IoT-Daten ihrer Kunden, zu tun ist. Wir erwar-ten, dass Mitte des Jahres einige Unternehmen

diese Compliance noch nicht erfüllen und von ihren Konkurrenten in aggressiver Wettbewerbsmanier verklagt werden. IoT-Anbieter müssen rasch Expertise aufbauen und IoT-Anwender mit ihrem Compliance Beauftragten dringend über IoT sprechen.

Alles in Allem könnte das IoT-Jahr 2018 nicht span-nender werden.

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IT-Arbeitsmarkt

Digitalisierung schafft neue Berufsprofilevon Hans Königes (Ressortleiter)

Der IT-Arbeitsmarkt verändert sich mit der Digita-lisierung. Wie Unternehmen auf die Umwälzungen reagieren, analysiert eine Studie von Bitkom Rese-arch im Auftrag von Tata Consultancy Services.

Die Digitalisierung krempelt nahezu jeden Wirt-schaftssektor um. Deutlich zu spüren bekam es bereits der Handel, doch auch innovative Branchen wie die Automobilindustrie oder traditionelle Wirtschafts-zweige wie Versicherungen verändern sich rasant. Was bedeuten diese Veränderungen für den IT-Arbeits-markt? Welche Berufsprofile sollen neue Mitarbeiter mitbringen? Wie qualifizieren sich Berufserfahrene weiter? In einer repräsentativen Studie von Bitkom Research zum Thema Digitalisierung im Auftrag des Beratungsunternehmens Tata Consultancy Services (TCS) beantworteten 905 Unternehmen auch Fragen zu Qualifikation und Weiterbildung.

Den größten Bedarf an IT-Fachkräften sehen die Befragten aller Branchen im Sektor IT-Sicherheit. Jedes dritte Unternehmen ab 100 Mitarbeiter (33 Prozent) in Deutschland hat bereits Stellen für IT-Si-cherheitsberater geschaffen oder will das bald tun. Fast genauso wichtig (24 Prozent) sind Spezialisten für Cloud-Technologien und digitales Marketing (18 Prozent). Fachbereiche wie Vertrieb und Marketing spüren die Veränderungen am stärksten. Für 52 Prozent der Befragten findet im Marketing und Ver-trieb ein Paradigmenwechsel statt. 49 Prozent gaben an, dass die Digitalisierung die Kundenbeziehungen umkrempelt. Konzentrierte sich der Dialog mit den Kunden zunächst auf E-Mail und Kurznachrichten, entwickelt sich der Trend seit einiger Zeit hin zu den sozialen Medien. Ähnlich sieht es im Verkauf aus:

Vertriebskanäle wie Apps und Plattformen etablieren sich, um neue Märkte zu erschließen und etablierte Kundenkontakte zu pflegen.

„Die Anforderungen der Kunden wandeln sich“

Mit der Digitalisierung verändert sich nahezu jedes Berufsprofil, auch in der Unternehmens- und IT-Bera-tung lässt sich dieser Umbruch deutlich erkennen. „Die Anforderungen der Kunden wandeln sich“, sagt Frank Karcher, Personalchef von Tata Consultancy Services (TCS). Kleinere Projekte, eine schnellere Taktung und höhere Erwartungen nennt Karcher als Beispiele. IT-Beratungshäuser wie TCS müssen dem Kunden immer mindestens einen Schritt voraus sein. Das Unternehmen nutzt schon lange agile Entwicklungs-methoden und Scrum, die regelmäßige Qualifizierung der Mitarbeiter sieht Karcher als einen Wettbewerbs-vorteil. „Weiterbildung ist uns wichtig, wir trainieren unsere Bestandsmannschaft, denn die Jobprofile verändern sich mit der Digitalisierung massiv“, erklärt Karcher.

Eine solide Grundausbildung in Informatik, Wirt-schaftsinformatik oder Betriebswirtschaft bringen die Bewerber bei TCS mit. Wer eine Laufbahn als Soft-ware-Entwickler anstrebt, sollte mindestens einen Bachelor-Abschluss mitbringen, wer das Berufsziel Beratung, IT-Management oder Analyst hat, über einen Master-Abschluss verfügen. „Unsere Mitarbeiter spezialisieren sich später bei uns, doch ein Studium ist eine extrem wichtige Basis für das spätere Berufsle-ben“, sagt Karcher. Auch auf eine hohe Sozialkompe-tenz der Bewerber legt das Unternehmen viel Wert. Dagegen vertiefen viele angehenden Berater ihr Spezi-alwissen in Analytics, Big Data oder Internet of Things (IoT) oft erst bei Tata Consultancy Services.

Regelmäßige Weiterbildung als Wettbewerbsvorteil

Die Studie zeigt, dass Unternehmen viel in die mobile Ausstattung und Weiterbildung der Mitarbeiter

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investieren. Schon heute verfügen 93 Prozent über digitale Arbeitsgeräte, 75 Prozent der befragten Firmen fördern die Digitalkompetenz der Angestell-ten. Auch der Arbeitsalltag sieht heute anders aus: 68 Prozent setzen virtuelle Meeting-Formate ein, 70 Prozent bieten den Mitarbeitern eine flexible Arbeits-gestaltung an. Tata Consultany Services möchte seine erfahrenen Berater an das Unternehmen binden und als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Deshalb setzt das Unternehmen auf fundierte Weiterbildungen in digitalen Themen. Jeder TCS-Berater bildet sich durchschnittlich an sechs Tagen pro Geschäftsjahr weiter. Auch mehrwöchige Trainings am Headquarter in Indien zählen dazu.

Neue Aufgaben wie Big Data, Machine Learning oder Internet of Things (IoT) faszinieren IT-Spezialisten. Gerade weil es an gut ausgebildeten Fachkräften fehlt, versuchen viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter weiter-zubilden, um sie fit zu machen für die neuen Herausfor-derungen. Gleichzeitig investieren viele Firmen auch in flexible Arbeitszeitmodelle, Home-Office und neue Karriereperspektiven, um sie zum Bleiben zu bewegen und das Arbeiten so angenehm wie möglich zu gestal-ten.

Neue Karrieremodelle etablieren sich

„Vertrauensarbeitszeit gibt es seit Unternehmensgrün-dung“, sagt Cawa Younosi, Personalchef von SAP in Deutschland und fügt hinzu: „Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter mobil sind.“

Diese Mobilität umfasst mehr als den Arbeitsort, ein Tablet oder Smartphone. Vor über einem Jahr schaffte SAP die Teilzeitfalle ab; wer wegen Elternzeiten oder aus anderen Gründen seine Stundenzahl reduzierte, kann problemlos wieder zur ursprünglichen Stunden-zahl zurückkehren. Diese Flexibilität des Arbeitgebers komme gut bei den Mitarbeitern an, erklärt Younosi. Auch das neue Karriere-Modell „Co-Leadership“, bei dem sich beispielsweise Tandems aus Jung und Alt bilden und sich zwei Kollegen eine Management-Auf-gabe teilen, findet im Unternehmen Zuspruch.

„Wir wollen unsere Mitarbeiter happy halten und haben uns die Hands-on-Mentalität bewahrt. Wenn uns eine Idee überzeugt, versuchen wir diese auch schnell umzusetzen“, sagt der SAP-Personalchef, so sei es auch mit dem Projekt Co-Leadership gewesen. Bereits nach drei Monaten gab es die ersten Stellenaus-schreibungen. Überhaupt ist Mobilität innerhalb des Unternehmens wichtig. SAP beschäftigt weltweit mehr als 90.000 Mitarbeiter. Alleine im vergangenen Jahr wechselten rund 8.000 SAP-Mitarbeiter innerhalb der Organisation die Stelle, mehr als 1.000 heuerten bei SAP in Deutschland an. „Für neue Aufgaben wie Machine Learning, Data Scientist oder Internet of Things suchen wir Berufserfahrene, doch die Themen sind noch so neu, es gibt wenige Experten. Deshalb ist uns die Begeisterung der Bewerber für diese Themen genauso wichtig“, sagt Younosi. SAP investiert rund 190 Millionen Euro pro Jahr in interne Trainings.

Die Digitalisierung eröffnet neue Karrierewege, gerade weil Unternehmen sich sehr um berufserfahrene IT-Experten bemühen. „Wir qualifizieren unsere Mitarbeiter weiter“, erklärt Frank Karcher, Personal-chef von Tata Consultancy Services in Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 390.000 Mitarbeiter, 1.600 arbeiten in Deutschland. „Viele Programmierer wollen sich weiterentwickeln und streben Positionen als Projektleiter oder im Busi-

Cawa Younosi ist Personalchef bei SAP in Deutschland und möchte, dass seine Mitarbeiter mobil sind.Foto: SAP Deutschland

IoT in der Praxis

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ness-Relationship-Management an“, sagt Karcher und fügt hinzu: „Wir fördern die Karrierewünsche unserer Mitarbeiter.“ Auch das Spezialistentum verändere sich, so der TCS-Experte. „Wir bieten den Mitarbeitern breite Tätigkeitsprofile an, das macht den Leuten mehr Spaß und motiviert sie, weiterhin für uns zu arbeiten.“

Trendstudie Digitalisierung

Bitkom Research befragte im Auftrag des Beratungs-unternehmens Tata Consultancy Services (TCS) in einer repräsentativen Studie 905 Unternehmen aus-führlich zur Digitalisierung. Das Thema ist noch selten Chefsache. Die Studienteilnehmer benennen zwar ganz klar die Herausforderungen und Veränderungen, doch diejenigen, die das Thema vorantreiben, sitzen selten an der Spitze des Unternehmens. Erstaunlicherweise ging im vergangenen Jahr die Initiative für Digitalisie-rungsprojekte nur zu 42 Prozent von den Chefetagen aus. Ideen und Umsetzung kommen mit 86 Prozent ganz klar aus den IT-Abteilungen der Unternehmen. CIO oder CDO und deren Mitarbeiter treiben Projekte voran, in einem Viertel der befragten Unternehmen kommt auch aus einzelnen Fachabteilungen der Anstoß zu Digitalisierungsprojekten.

Die komplette Studie ist unter https://studie-digitalisierung.de verfügbar.

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Wie mit GDPR aus „Überwachung“ ein komfortabler Service wird

DSGVO im Internet of Thingsvon Christian Kaupa (Autor)

IoT ermöglicht viele neue Geschäftsmodelle - nährt aber auch die Unsicherheit der Verbraucher, wer was mit ihren persönlichen Daten anstellt. Gerade in IoT-Szenarien sind immer mehr Unternehmen an der Verarbeitung dieser Daten beteiligt - nicht selten mit eigenem Interesse, sie zu monetarisieren. Die DSGVO bietet diesen Unternehmen nun die Chance, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurück zu gewinnen.

Das iPhone ist schlau. Schon bevor man aufs Rad steigt, weiß es, wo der Fahrer hin will und wie lange die bevorstehende Tour dauern wird. Dabei stand in der Kalender-App in der Zeit von 17 bis 19 Uhr lediglich „Sport“, ohne Adresse und nähere Bezeichnung. Nur als Blocker gedacht und als Erinnerung für das Training einmal in der Woche. Immer donnerstags. Ein „Pling“ ertönt. Und auf dem Display sind Route und Fahrzeit zu sehen. Woher weiß das Smartphone so etwas?

Es liegt nahe, dass die Bewegungsdaten des Gerätes mit dem Kalender in Einklang gebracht und daraus der neue digitale Dienst entwickelt wurde. So genau möchte man das gar nicht wissen. Klar ist allerdings: Verschiedene persönliche Daten werden kontinuierlich gesammelt und analysiert, um diesen digitalen Service zu ermöglichen. Und irgendwann vorher hatte man mal sein Häkchen dafür unter eine halbwegs verständliche wie generische Einverständniserklärung für die Nutzung seiner Daten gesetzt.

Neue Geschäftsmodelle durch IoT: Zunächst mehr erschreckt als erfreut

Doch welcher App-Anwender erinnert sich noch daran - geschweige denn, dass er diese Zeilen überhaupt gelesen hat? Immer mehr digitale Dienste sind im Entstehen, weil persönliche Daten verfügbar sind. Sollen diese Dienste auf Dauer Akzeptanz finden, ist es wichtig, dass der Nutzer nachvollziehen kann, was mit seinen Daten passiert.

Ab dem 25. Mai 2018 hat er wieder deutlich größere Chancen dazu. Denn dann wird die neue Daten-schutz-Grundverordnung (DSGVO/ engl. GDPR) der EU rechtsverbindlich, mit dem Ziel, Unternehmen mit deutlich mehr Nachdruck zu datenschutzfreundlichen Verhaltensweisen zu „motivieren“, als dies heute der Fall ist.

Empfindliche Strafen bei Verstößen von bis zu 20 Millionen Euro oder falls höher sogar bis zu 4 Prozent des weltweiten Umsatzes legen nahe, dass „es darauf ankommen lassen“ keine geeignete Datenschutzstrate-gie mehr ist. Und das gilt übrigens nicht nur für europä-ische Unternehmen: Die DSGVO greift nach dem „Marktort-Prinzip“ (Artikel 3) für alle Firmen, die Daten von Personen in der EU verarbeiten, egal ob mit Sitz in Wuppertal oder im Silicon Valley.

Ein zentraler Punkt der DSGVO ist auch Artikel 6: Rechtmäßigkeit der Verarbeitung. Dabei geht es im Kern um eben jenes Häkchen, also die Einwilligung des Nutzers, die informiert erfolgen, verständlich formu-

Auch im IoT-Umfeld hat die DSGVO (GDPR) Auswirkungen. Werden die Hausaufgaben gemacht ist sie auch ein Chance, um verlorenes Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen.Foto: Carlos Amarillo - shutterstock.com

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liert und explizit eingeholt werden muss. Zudem kann der Nutzer auf Wunsch jederzeit seine Daten einsehen, löschen oder gar zu einem Konkurrenzdienst portieren lassen.

Connected Car: Diverse Dienstleister involviert

Gerade dieser Einwilligungsprozess, das sogenannte „Consent Management“, wird in IoT-Szenarien zuneh-mend komplexer. Daten werden über verschiedene Sensoren, Endgeräte, Netzwerke und Cloud-Plattfor-men gesammelt und verteilt und bewegen sich damit auch jenseits einzelner Unternehmensnetze. Damit steigt nicht nur die Herausforderung, die Informations-sicherheit zu gewährleisten. Ein Anbieter, der für seinen Service die Geo-Daten vom Smartphone des Kunden nutzt, kann kaum garantieren, dass dieses Smartphone nicht von Dritten gehackt wird und diese Daten in andere Hände gelangen.

Auch die Komplexität der Vertragsverhältnisse und damit der Haftungsfragen nimmt zu, wenn diverse Parteien als Verantwortliche, Auftragsverarbeiter oder deren Subunternehmer die Daten verwenden.

Beispiel Connected Car: Fahrzeuge werden immer mehr zu „rollenden Datenplattformen“. Die Sensorda-ten des Fahrzeugs geben Aufschluss darüber, wann es in die Werkstatt muss, wo sich der Fahrer aufhält, wie schnell er um die Kurven fährt und vor der Ampel bremst und an welchen Restaurants, Tankstellen und Sportgeschäften er regelmäßig vorbeikommt. Hier setzen diverse Dienstleister an, angefangen beim Autohersteller, der seine Services verbessern will, über Versicherungen, die günstigere Policen für rücksichts-volle Fahrer anbieten, bis hin zu Apps jeglicher Cou-leur, die „Location Based Services“ offerieren. Parkt ein Fahrer etwa öfter in der Nähe einer Restaurantkette oder eines Sportgeschäfts, sollte er sich nicht wundern, wenn ihm eine App das eine oder andere individuali-sierte Angebot zuspielt.

Die Reise der persönlichen Daten im Internet of Things

Die Daten eines Autobesitzers liegen also längst nicht mehr nur in den Kunden-Management- und Ser-vice-Systemen des Herstellers vor, sondern auch in der Mobilfunkinfrastruktur, beim Cloud-Provider und bei diversen Diensteanbietern. Alle Beteiligten müssen genauso wie der Autohersteller die DSGVO-konforme Verarbeitung der Kundendaten nachweisen können.

Während ein Auftragsverarbeiter wie der Cloud-Provi-der mit den Kundendaten arbeiten darf, sobald sein Auftraggeber die Einwilligung des Kunden eingeholt hat, sind andere Fragen im IoT-Umfeld etwas diffiziler: Kann ein Unternehmen, das personenbezogene Daten erhebt (in unserem Beispiel der Automobilhersteller), vom Kunden auch die Einwilligung für die Verarbeitung durch seine Kooperationspartner (wie die Restaurant-kette oder die Versicherung) einholen, oder muss jeder Dienstanbieter direkt mit dem Kunden interagieren? Wenn ersteres, haftet das Unternehmen dann für die DSGVO-konforme Verarbeitung durch seine Partner?

Besonders durch die Geschwindigkeit und Agilität, in der auf der Basis von IoT-Technologien heute neue Geschäftsmodelle entstehen, bleibt für den Daten-

Das Connected Car verdeutlich die offenen Fragen im IoT-Umfeld: wer ist gemäß DSGVO für die Daten verantwortlich? Der Autohersteller, der Auftragsverarbeiter, der Cloud-Provider oder der Carrier?Foto: BeeBright - shutterstock.com

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schutz manchmal wenig Zeit. Wenn aber Time-to-Market entscheidend für den Geschäftserfolg ist, müssen obige Fragen schnell geklärt werden und die Anforderungen der DSGVO wie Data Protection by Design und by Default (Art. 25) mit Prinzipien wie Datenminimierung oder Pseudonymisierung bereits Teil der Unternehmens-DNA sein und ganz selbstver-ständlich zur Anwendung kommen.

Der Stand der Dinge

Es ist zu erwarten, dass nur sehr wenige Unternehmen zum 25. Mai voll DSGVO-konform sein werden. Man-che scheinen in einzelnen Aspekten sogar bewusst die weitere Entwicklung abzuwarten. Das mag damit zu tun haben, dass einige Anforderungen der Verordnung noch unscharf sind. Zudem wird gegenwärtig lebhaft zwischen Unternehmen, Anwälten und Datenschutz-behörden diskutiert, wie die Anforderungen im Ar-beitsalltag umzusetzen sind. Manche Fragen scheinen geklärt. So gehen gesetzliche Aufbewahrungsfristen vor das Recht auf Vergessen. Wie aber soll wiederum dieses Recht auf Vergessen mit vertretbarem Aufwand auch in Backups umgesetzt werden, die nie dafür konzipiert waren, nachträglich einzelne Datensätzen löschen zu können? Was bedeutet ein „gängiges, strukturiertes, maschinenlesbares Format“ in dem Daten bereitgestellt werden müssen, wenn der Kunde sein Recht auf Datenübertragbarkeit (Art. 20) wahr-nehmen möchte?

Für Unternehmen gilt es intelligente, das heißt konfor-me aber mit vertretbarem Aufwand realisierbare DSGVO-Konzepte zu entwickeln. Sie sollten genau beobachten, wo öffentliche Diskussionen zu strittigen Punkten konvergieren. Externe Dienstleister, die eng mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten, können hier wertvolle Hilfestellung leisten.

Zwei Must Haves für die Agenda

Was also ist zu tun? Verallgemeinernde Tipps sind aufgrund der heterogenen Ausgangssituation vieler

Unternehmen mit Vorsicht zu genießen. Zwei „Must Haves“ sollten Unternehmen jedoch auf jeden Fall auf der Agenda haben:

• Volle Transparenz: Wer nicht weiß, welche personenbezogenen Daten er in welchen Systemen und Prozessen verwendet, kann die Rechtmäßigkeit seiner Datenverarbeitung schwerlich garantieren.

• Nachhaltigkeit: Es lohnt sich für Unternehmen nicht, aus reinem Opportunismus heraus zu handeln. Aber es muss ein klarer Fahrplan stehen, der die wichtigsten Themen wie etwa Data Protection by Design und by Default adressiert, und die Datenschutzbehörden überzeugt.

Hat man diesen Fahrplan, und meint man es ernst, besteht trotz der nun ablaufenden Frist für die Umset-zung der DSGVO erstmal kein Grund zur Panik. Denn selbst die EU geht davon aus, dass eine durchgängige Implementierung in den Unternehmen noch einige Zeit brauchen wird. Der Grund ist einfach: Die Auslegung der Verordnung durch die lokalen Datenschutzbehör-den variiert schon von Bundesland zu Bundesland, und noch mehr von EU-Staat zu EU-Staat. Bis hier Zustän-digkeiten geklärt und Auslegungen gefunden sind, vergeht noch etwas Zeit.

Vertrauen statt Überwachung

Klar ist auch: Die DSGVO ist keine Innovationsbremse. Sie hilft vielmehr, Vertrauen in digitale Dienste zu stär-ken. Denn wenn eindeutig und verständlich beschrie-ben ist, welche persönlichen Daten welche digitalen Dienste auf welche Art und Weise auf den Weg bringen, kann sich der Nutzer viel bewusster dafür oder dagegen entscheiden. Wenn dann das Smartphone künftig den Weg zum Sport aufzeigt und die benötigte Zeit vorher-sagt, wird aus dem verblüffenden und manchmal irritierenden Wissen des Smartphones plötzlich ein komfortabler Service.

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Smartes Fußballstadion mit Siemens Mindsphere

So digitalisiert der FC Bayern die Allianz Arenavon Jürgen Hill (Teamleiter Technologie)

Der perfekte Fußballrasen? Ohne Digitalisierung, Predictive Maintenance und IoT geht auch im Fußball nichts mehr. Schützenhilfe bei der digitalen Transformation erhält der FC Bayern von seinem Performance Partner Siemens mit dem IoT-Be-triebssystem MindSphere.

Was hat der Rasen eines Fußballplatzes mit Predictive Maintenance zu tun? Nichts? Nein, denn das Grün im Fußballstadion ist ein wichtiges Asset, ohne das es ein spannendes Match nicht geben kann. Klar, der Rasen muss kurz geschnitten sein, denkt sich der Laie. Aber sonst?

Gerade für technisch versierte Kicker ist die Qualität des Geläufs entscheidend. Gerade zwischen den Spielen sei die Pflege des oft strapazierten Rasens eine Wissen-schaft für sich, wie Uwe Stadler, Betriebsleiter der

Münchner Allianz Arena, berichtet. Hier schlägt die Stunde der absoluten Spezialisten, dern sogenannten Greenkeeper, denn: Je besser das Spielfeld, desto besser das Spiel und damit das Erlebnis für die Besucher.

Rasenpflege – eine Wissenschaft

Mit dem einfachen Wässern des Grüns ist es nicht getan, leidet der Rasen doch nicht nur unter den Spie-len, sondern auch unter den eher widrigen Umweltbe-dingungen eines Stadions. Beispielsweise muss der Rasen in der Allianz Arena etwa beleuchtet werden, da es im Stadion zu wenig Sonne gibt. Ebenso muss die Wassermenge genau dosiert werden, denn im Gegen-satz zu einer normalen Wiese, die durch Wind und Sonneneinstrahlung getrocknet wird, fehlt dieses Regulativ im Stadion weitgehend. Und ein feuchter Rasen ist anfällig für Pilze.

Natürlich verstehen die Greenkeeper in der Allianz Arena ihr Handwerk, aber es gibt Umstände, da sind auch sie machtlos. Fällt beispielsweise im Winter die Rasenheizung aus, dann ist nicht nur das Spiel gefähr-det, sondern auch das Spielfeld - und zwar auf längere Sicht.

Predictive Maintenance in der Allianz Arena

Warum also kein Predictive Maintenance für den Rasen eines Fußballstadions einführen? Gemeinsam mit Siemens - der Münchner Konzern ist seit 2017 offizieller Performance Partner des FC Bayerns - machte man sich an das Projekt. Ziel war es zum einem, per Predictive Maintenance Ausfälle technischer Systeme, insbesondere der Rasenheizung, künftig zu vermeiden. Zum anderen sollten die Greenkeeper bei ihrer täglichen Arbeit entlastet und unterstützt wer-den, indem sie genaue Daten über den Rasenzustand, Düngemenge, Wasserbedarf etc. erhalten.

Den Partnern spielte dabei in die Hände, dass die hierfür benötigte Sensorik mittlerweile deutlich günstiger erhältlich ist als noch vor einigen Jahren. Für

Mit IoT und MindSphere soll die Allianz Arena ein smartes Stadion werden.Foto: footageclips - shutterstock.com

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die Pflege des Rasens wurde eine MindSphere-basierte App entwickelt. Darüber können etwa die Wasserzu-fuhr, die Beleuchtungszeit oder die Belüftung für den Rasen gesteuert werden. Mittels KI soll zudem ein Forecast der Bedingungen ermöglicht werden, so dass die Rasenpflege proaktiv geändert werden kann.

Noch ist das Handwerkszeug im Stadion nicht hundert-prozentig IoT-fähig. Geräte zum Düngen etwa müssen noch mit der entsprechenden Sensorik nachgerüstet werden. Und bei manchem Device ist eine IoT-Zukunft grundsätzlich unsicher, so bei den Rasenmähern der Allianz Arena. Hier handelt es sich um von Muskelkraft angetriebene Handrasenmäher, da diese laut Betriebs-leiter Stadler als einzige sicherstellen, dass das gemähte Gras vollständig aufgefangen werden kann. Eine Nach-rüstung dieser rein mechanischen Rasenmäher mit Sen-sorik erscheint derzeit nicht sinnvoll abbildbar.

Allianz Arena auf dem Weg zum smarten Stadion

In der Allianz Arena wird das Internet of Things nicht nur auf dem rasen Einzug halten. Mittelfristiges Ziel ist es laut Stadler, das Stadion zu einem Smart Building mit automatisiertem Management weiterzuentwickeln, bei dem die Vielzahl an Elementen, auf denen die Infrastruktur basiert, in Echtzeit überwacht werden. Und last, but not least soll MindSphere dem FC Bayern dabei helfen, eine eigene Facility-Management-App zu entwickeln. Darüber könnten dann Betriebszeiten und Verfügbarkeiten gesteuert werden.

Im Endausbau könnte das intelligente Stadion seine Besucher dann automatisch durch das Gebäude führen - etwa in der Halbzeit zum Bierausschank mit der kürzesten Schlange oder nach Spielende in den Fan-shop. Oder das intelligente Gebäude hilft, die Ausfahrt der Fans aus dem Parkhaus der Allianz Arena, zu beschleunigen. Schließlich sind die Parkhaus-Schlan-gen nach dem Ende einer Veranstaltung berüchtigt.

Letzteres sind allerdings noch Visionen, auch wenn mit Siemens an verschiedenen IoT-Projekten auf MindSphe-

re-Basis parallel gearbeitet wird. Im Vordergrund steht dabei erstmal eine höhere Ausfallsicherheit der techni-schen Komponenten im Stadion. Mit Schaudern erinnert sich Betriebsleiter Stadler noch an den kostspieligen Komplettausfall einer Kältemaschine. Wie man sich erzählt, hatte damals ein Bauteil der Maschine seltsame Geräusche von sich gegeben. Da aber an das Bauteil schwer heranzukommen war, schenkte dem niemand weitere Beachtung, bis die Maschine komplett ausfiel.

Mit KI zur automatisierten Besucherführung

Solchen Ausfällen will man in der Allianz Arena künftig per Predictive Maintenance vorbeugen. Dazu sollen die entsprechenden Maschinen und Devices mit IoT-Sensoren ausgerüstet werden - auch nachträglich. Auf diese Weise sollen Stromversorgung, Heizung, Lüftung, Klimaanlagen und andere Maschinen in Echtzeit überwacht und mögliche Ausfälle bereits im Vorfeld erkannt werden. An den entsprechenden Algorithmen für KI und Machine Learning arbeiten die Bayern gemeinsam mit Siemens und den Universitäten.

Im Endausbau soll dann das smarte Stadion die Besu-cherführung automatisch übernehmen. Die Kosten für die Realisierung sind, wie Stadler einräumt, hoch. Doch ein perfektes Stadionerlebnis ist den Machern des FC Bayern wichtig.

Später soll MindSphere die Besucher automatisch zu dem Bierausschank führen, an dem die wenigsten Menschen warten.Foto: Anton_Ivanov - shutterstock.com

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Munich Cyber Security Conference

Security by Design ist ein Must havevon Jürgen Hill (Teamleiter Technologie)

Im Umfeld der Münchner Sicherheitskonferenz diskutierten Security-Experten über die IT-Sicher-heit in den Zeiten von Digitalisierung und IoT. Neben Standards und Zertifikaten forderten die Experten ein höheres Verantwortungsbewusstsein der Softwarehersteller und User.

Eine Patentlösung, wie im Zeitalter von Digitalisierung und IoT noch die Cyber Security gewährleistet werden kann, hatten die Teilnehmer der Munich Cyber Securi-ty Conference 2018 (MCSC) nicht im Gepäck. Im Umfeld der Münchner Sicherheitskonferenz diskutier-ten Experten wie der Cybersecurity Coordinator des Weißen Hauses, der EU-Kommissar für Sicherheitsfra-gen, der Präsident des BSI und zahlreiche Spezialisten aus der Industrie über mögliche und notwendige Schritte, um Attacken wie WannaCry künftig abweh-ren oder besser zu bewältigen können.

Geradezu fatalistisch klang das Bekenntnis von Jeff Moss, Gründer und CEO der DEF CON - einer der weltweit größten Hacker-Konferenzen, „in diesen Zeiten kann sich kein Konzern sicher fühlen.“ Deshalb sei unter Umständen nicht die Abwehr möglicher Angreifer entscheidend, sondern die Frage, wie ein Unternehmen seinen Betrieb nach einem Angriff sicherstellen könne. „Wenn wir die Cyber-Angreifer nicht draußen halten können“, so Moss, „dann sollten wir uns überlegen, wie wir den Dreck wegräumen, den sie hinterlassen.“ Oder anders formuliert, Unterneh-men sollten sich überlegen, welche Daten/Systeme sie benötigen, um nach einem Angriff im Geschäft zu bleiben - und danach ihre Sicherheitsstrategie ausrichten.

Security als Wettbewerbsvorteil

Im Zusammenhang mit der wachsenden Gefahr durch Cyber-Kriminelle appellierte Julian King, EU-Kom-missar für die Sicherheitsunion, dass die Industrie endlich ihre Rolle überdenken solle und „sich zu einem Security Provider wandeln muss.“ Die Hersteller, so King weiter, sollten Security nicht lediglich als Kosten-faktor betrachten, sondern als Wettbewerbsvorteil wahrnehmen und sich auf Standards für ihre Produkte einigen. Vor dem Hintergrund, dass bereits 34 Prozent der EU-Bürger Opfer von Cyberangriffen wurden, habe die IT-Industrie die Pflicht, dass Security ein zentraler Bestandteil ihrer Business-Strategie werde und „endlich Sicherheitslöcher wie Default Passwords der Vergangenheit angehören.“

Die Haltung der Industrie, bei Produkten wie Sensoren mit einem niedrigen Umsatzvolumen einfach die Sicherheit aus Kostengründen einzusparen, kritisierte auch Luis Jorge Romero, Generaldirektor des European Telecommunications Standards Institute (ETSI). „Wie soll es Smart Cities ohne Embedded Security geben“, fragte Romero und warnte, dass offene Sicherheitsfra-gen den Siegeszug von IoT und die damit verknüpften Verbesserungen im täglichen Leben stoppen könnten. Auch er sieht die Industrie in der Pflicht, sich endlich auf Standards zu einigen, um so die Kosten für die Sicherheit zu senken. Der Rest sei dann eine Frage des

Internationale Experten diskutierten auf der Munich Cyber Security Conference über Sicherheitsfragen im IoT-Zeitalter.Foto: Hill

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Business-Modells, das dann bei einem entsprechenden Marktvolumen skaliere.

Softwarehersteller in Verantwortung nehmen

Eine engere Zusammenarbeit aller Beteiligten hält auch EU-Kommissar King angesichts der Bedrohung durch Cyber-Kriminelle für erforderlich. Eine Forde-rung, der sich Claudia Nemat, Vorstandmitglied der Deutschen Telekom, anschloss. Auch sie appellierte an die Verantwortung der Softwareindustrie und forderte, „dass die Softwarehersteller die gleiche Verantwortung für die IT-Sicherheit übernehmen müssen wie Infra-strukturanbieter.“ Es könne nicht angehen, so Nemat weiter, dass neben der Pharmaindustrie lediglich noch ein anderer Industriezweig keine Verantwortung für seine Produkte übernehme. Doch Nemat nahm nicht nur die Softwareanbieter in die Pflicht, sondern be-mängelte auch die Sorglosigkeit der Verbraucher in Sachen Security. Hier müsse der Staat eingreifen und an den Schulen endlich ein Pflichtfach zur digitalen Kompetenz einführen - für Schüler und Lehrer.

Die Verantwortung jedes Einzelnen sprach auch Arne Schönbohm, Präsident des BSI, an. Man müsse sich von dem Glauben, dass es im Cyber-Zeitalter eine 100-pro-zentige Sicherheit geben könne, verabschieden, so der

BSI-Chef. Letztlich sei jeder selbst verantwortlich, so Schönbohm weiter, „denn der Glaube an kostenlose Apps ist genauso eine Illusion wie der Glaube an ein kostenloses Mittagessen - am Ende bezahlt der User mit seinen Daten“. In diesem Zusammenhang unter-strichen Mitdiskutanten wie Ralf Wintergerst, CEO bei Giesecke+Devrient, die Bedeutung der digitalen Identität. So könne der Nutzer einerseits identifiziert werden, zum anderen festlegen, mit wem er seine Daten teilt. Technisch könne dies durch Verfahren wie Blockchain sichergestellt und durch legislative Vorga-ben wie GDPR unterstützt werden, in dem die Industrie darüber informiert, welche Daten sie erhebt und mit wem sie diese teilt. Ferner sollten sich die Consumer langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass sie auch im privaten Umfeld eine Art Identity-Management betreiben müssen.

Sicherheit für die gesamte Fabrik

Probleme, die IoT-Business-Anwender in dieser Form nicht kennen. Sie plagen ganz andere Aspekte, wie Hennig Rudolf, Global Head of Industrial Security Services bei Siemens, verdeutlicht: „Im Falle eines Einbruchs werden innerhalb einer Minute zigtausende Systeme infiziert, darauf sind viele Unternehmen nicht vorbereitet.“ Eine Vorbereitung, die für Rudolf schon bei der Frage nach der Verantwortlichkeit beginnt und dann bei Aspekten wie Updates für Maschinen endet, „denn diese haben eine längeren Lebenszyklus als ein Smartphone, was eine Support über einen langen Zeitraum bedeutet“.

Schwierigkeiten, die in den Augen von Alpha Barry, Head of Strategy bei ThyssenKrupp, erst mit IoT aufka-men, „denn bisher hatte ich keine Datenverbindung in die Fabrik, mit IoT ist nun die gesamte Fertigung vernetzt.“ Mit der Konsequenz, dass ein IT-Verant-wortlicher heute im IoT-Umfeld in einer mittelgroßen Fabrik genauso viele Devices abzusichern habe wie früher im gesamten Enterprise Network. „Allerdings mit dem Unterschied, dass das Budget für IT-Security nicht um das Zehnfache gestiegen ist“, beschreibt Barry das Dilemma.

Im Cyber-Zeitalter gibt es keine 100prozentige Sicherheit, weshalb die Sorgfalt jedes Benutzers gefragt ist.Foto: F8 studio - shutterstock.com

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Hoffnung Security-Zertifikate

Wie andere Diskutanten erwartet auch Barry, dass die Softwareindustrie für Sicherheitsfehler endlich in die Haftung genommen wird und ähnliche Vorgaben erhält wie die Betreiber kritischer Infrastrukturen. Des Weiteren kann sich Barry vorstellen, dass Zertifikate eine Hilfe sein könnten, wenn sie etwa bei der Produkt-lieferung über den aktuellen Security Level informie-ren und etwa angeben, wie lange der Kunde Sicher-heits-Updates erhält. „ Ich sehe hier eine 100-prozentige Chance, dass wir eine solche Maschine kaufen würden und dann auch länger einsetzen“, bekennt der Thyssen-Krupp-Manager.

Die Verantwortung respektive Haftung der IT-Indus-trie würde auch gerne Evert Dudok, Mitglied des Executive Management Board von Airbus Defence und Space, sehen, wobei er sich damit leicht tut, denn für die Luftfahrtindustrie seien Prinzipien wie Safety by Design schon seit langem selbstverständlich. „Und das benötigen wir auch im IoT-Umfeld“, so Dudok, „wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, dass Sensoren Fake News anstelle valider Messdaten liefern.“ Angesichts fehlender internationaler Standards und Übereinkom-men in Sachen Security hat man sich bei Airbus für einen ganz pragmatischen Ansatz entschieden. Der Luft- und Raumfahrtkonzern verfolgt ein „Best of Class“-Konzept, bei dem er die besten Sicherheitsvor-schriften aus den USA, der EU und China in seine eigene Sicherheitsstrategie übernimmt.

Alles in allem lassen sich die Forderungen der auf der MCSC anwesenden Experten in vier Kernforderungen zusammenfassen:

• ein Haftung der Softwarehersteller für Security-Fehler

• internationale Sicherheitsstandards

• Security by Design als must have

• Sicherheitsbewusstsein der Consumer fördern.

Bei der Frage, wie im Alltag praktisch auf die Bedro-hungen und mögliche Angriffe reagiert werden solle, herrschte unter den Teilnehmern keine Einigkeit. Gerade die Aufforderung von Robert Joyce, Cybersecu-rity-Koordinator des Weißen Hauses, zu mehr interna-tionaler Zusammenarbeit, wie sie die USA gerade mit Großbritannien teste und der Gewährleistung der dortigen Bürgerrechte, stieß bei den Teilnehmern auf Skepsis. Einer Meinung war man allerdings wieder, als Joyce von Russland und China eine stärkere Strafver-folgung von Hackern und Crackern forderte.

Warnung vor Gegenattacken

Einigkeit herrschte auch darüber, dass es für Unter-nehmen keine gute Idee sei, auf Cyber-Angriffe mit Gegenangriffen zu reagieren. „Im Cyber- versus Cyber-Konflikt gibt es keine symmetrischen Antwor-ten“, unterstrich der Security-Koordinator. Zumal in den Augen von DEF-CON-Chef Moss eh keine Chan-cengleichheit herrscht: „Die Angreifer sind in der Regel gut finanziert und verfügen über 100 bis 200 Millionen Dollar Budget, während die Konzerne im Schnitt nur 50 bis 60 Millionen haben - da ist ein Gegenangriff keine gute Idee.“ Darüber, ob in dieser Situation KI-Me-thoden den Unternehmen bei der Abwehr helfen könnte, waren die Diskutanten uneinig. Während für Eugene Kaspersky, Chairman und CEO von Kaspersky Lab, die Diskussion um AI-gestützte Security-Soft-ware aus heutiger Sicht „nur Marketing-Bullshit“ ist, kann sich Moss eine entsprechende selbstlernende Software durchaus vorstellen. Allerdings mit dem Pferdefuß, dass sich auch die Angreifer dieser Technik bedienen werden. „Ich halte einen Krieg der Algorith-men in naher Zukunft durchaus für wahrscheinlich“, erklärte Moss.

Womit unter dem Strich dann wieder der Mensch und seine Expertise den Ausschlag gibt, weshalb ein klassisches Risiko-Management bei Cyber-Securi-ty-Fragen nicht greife. „Hört auf die Nerds und nicht auf den CFO“, riet denn auch Nemat, „und wenn ihr keine Nerds im Unternehmen habt, dann stellt sie ein.“

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Industrie 4.0

Die größten Hürden für Internet-of-Things-Projektevon Christiane Pütter (Autor)

Zu hohe Investitionen, zu wenig qualifizierte Mitarbeiter – das blockiert das Internet of Things (IoT) in der deutschen Industrie. Wer auf Kosten-senkungen abzielt, rechnet sich Einsparungen von mindestens fünf Prozent aus, zeigt eine Studie von EY und Bitkom Research.

Das Internet of Things (IoT), in Deutschland auch Industrie 4.0 genannt, verbreitet sich „eher schlep-pend“, erklärt der Unternehmensberater EY (Ernst & Young) in seiner Studie „Industrie 4.0: Status Quo und Perspektiven“. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Zum einen beklagen fast sechs von zehn Entscheidern (59 Prozent) hohe Investitionskosten. Fast ebenso viele (57 Prozent) sprechen von einem Mangel an qualifizier-ten Mitarbeitern. Als weitere Hemmnisse gelten Sicherheitsbedenken (48 Prozent) und fehlende Stan-dards (46 Prozent).

Die Studie von EY und Bitkom Research basiert auf Angaben von rund 560 deutschen und 100 Schweizer Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Demnach arbeitet noch nicht einmal jede zweite Firma (45 Prozent) mit IoT-Lösungen. Gegenüber 2016 entspricht das einem Plus von vier Prozentpunkten. Weitere 43 Prozent planen oder diskutieren den Ein-satz.

Dabei schreiben acht von zehn Befragten (80 Prozent) dem Thema eine hohe oder sehr hohe strategische Bedeutung zu, die in den kommenden Jahren noch wachsen wird. Lediglich einer von zwanzig (fünf Prozent) erklärt, das IoT habe für sein Unternehmen überhaupt keine Bedeutung.

Allerdings arbeiten heute weniger Anwender in der Produktion mit digitalen Abbildern als in den Umfra-gen aus den Jahren 2016 und 2015. Vor zwei Jahren haben 57 Prozent digitale Abbilder eingesetzt. Jetzt sind es nur noch 47 Prozent. Anders sieht es in der Qualitätskontrolle aus: Hier stieg die Nutzung digitaler Abbilder von 84 auf 97 Prozent.

Wer in IoT-Lösungen investiert, verspricht sich mehr Flexibilität in der Produktion (72 Prozent). Außerdem geht es um schnellere Reaktionszeiten (52 Prozent) und mehr Effektivität der Gesamtanlage (47 Prozent). Weniger oft verbinden die Studienteilnehmer IoT mit mehr Kundenunterstützung (33 Prozent), dem Entwi-ckeln von Innovationen (25 Prozent) und dem Erschlie-ßen neuer Märkte (22 Prozent).

Auch Kostensenkungen zählen mit 23 Prozent der Nennungen nicht zu den wichtigsten Treibern. Wer darauf abzielt, erwartet Einsparungen von mindestens fünf Prozent.

Das IoT-Budget fließt vor allem in Personal und Software

Die Unternehmen, die Geld für Industrie 4.0-Lösungen bereitstellen, geben es in erster Linie für Personal aus (43 Prozent) sowie für Software (38 Prozent). Die verbleibenden rund 20 Prozent des Budgets fließen in digitale Abbilder, mobile/smarte Endgeräte für die Produktion und Sonstiges. Im Schnitt liegt das IoT-Budget bei fünf Prozent des Jahresumsatzes.

Überdurchschnittlich stark (etwas sieben Prozent vom Jahresumsatz) investieren die Konsumgüter-Industrie und Unternehmen der Elektrotechnik. Stärkster IoT-Nutzer ist allerdings die Branche Automotive. Es folgen Konsumgüter (46 Prozent), Elektrotechnik (37 Prozent) und Maschinenbau (34 Prozent).

Gleichzeitig geben in der aktuellen Umfrage rund drei von vier Unternehmen (76 Prozent) an, 2018 in Indust-rie 4.0 investieren zu wollen. Das gilt vor allem für kleinere Firmen mit bis zu 500 Mitarbeitern.

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Anwender treten als IoT-Anbieter auf

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Elf Prozent der Unternehmen treten am Markt als Anbieter von IoT-Lösungen auf. Hier haben wiederum Automotive (15 Prozent) und Maschinenbau (14 Prozent) die Nase vorn. Sie offerieren meist Industrie 4.0-Produkte (62 Prozent), Wartungsverträge auf Basis von Monitoring/Predictive Maintenance (60 Prozent) oder technische Beratung beziehungsweise Bereitstellung von Pro-zess-Wissen rund um das IoT. 71 Prozent der Anbieter von Industrie 4.0-Lösungen erklären, sie könnten Produkte nach dem Verkauf identifizieren und zurück-verfolgen.

Stefan Bley, Partner bei Ernst & Young, kommentiert den zögerlichen Einsatz von Industrie 4.0. Als positiven Impuls betrachtet er die Anfang September von mehre-ren Maschinenbauern und der Software AG gegründete Softwarefirma Adamos, die anderen Unternehmen Lösungen für Fernwartungen anbieten will. „Die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes profitieren von der vernetzten Produktion. Je mehr von ihnen an entsprechenden Lösungen arbeiten und vielleicht sogar Standards etablieren, desto schneller wird sich Indust-rie 4.0 auch bei den kleinen und mittelständischen Betrieben durchsetzen“, sagt Bley.

IoT in der Praxis

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Bosch ConnectedWorld 2018

So verändert IoT die Mobilitätvon Jürgen Hill (Teamleiter Technologie)

Die Digitalisierung der Mobilität war das zentrale Thema der IoT-Konferenz Bosch ConnectedWorld 2018. Zwei Tage lang diskutierten Experten darü-ber wie IoT und AI in Zukunft die Mobility prägen und welche neuen Business-Modelle sich eröffnen.

Einen festen Platz im internationalen Reigen der IoT-Konferenzen hat sich mittlerweile die Bosch ConnectedWorld 2018 (BCW) erobert. Zwar kann die Veranstaltung, die bereits zum fünften Mal in Berlin stattfand, nicht mit den Besucherzahlen großer US-Hausmessen aufwarten, doch für europäische Verhältnisse sind über 4.000 Besucher und über 70 Aussteller durchaus eine Hausnummer, zumal es sich bei den Teilnehmern laut Volkmar Denner, Vorsitzen-der der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, um die Vordenker und Umsetzer in Sachen IoT han-delt.

Das die BCW sich mittlerweile einen internationalen Ruf erkämpft hat, und die „Avantgarde der Digitalisie-rung“, wie Denner formuliert, dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass sich die Bosch-Gruppe mit über 250 durchgeführten IoT-Projekten und derzeit rund 170 eigenen IoT-Projekten ein Standing im Markt erarbeitet hat.

Boschs IoT-Reise

Erfahrungen die sich das Unternehmen unter anderem dadurch erarbeitete, dass es konsequent die eigene digitale Transformation verfolgte - oder wie es Denner formuliert, „seine IoT/digital journey“ stringent plante. Eine Reise, die Denner zufolge vor zehn Jahren im ersten Schritt mit dem „Enabling“ begann. Ab 2013 folgte dann der zweite Reiseabschnitt, der in etwa mit

der Vorstellung der Bosch IoT Suite begann und bis heute andauert wie die Eröffnung des Bosch Center for AI im Jahr 2017 zeigt. In dieser Phase, Denner nennt sie „Digitize your company“ lernte Bosch eine wichtige Lektion: „Business im IoT-Umfeld funktioniert nur mit Partnern.

Den dritten Teil der Digitalisierungsreise betitelt der Bosch-Chef als „new cross-domain ecosystem“. Ein Paradebeispiel hierfür sieht Bosch in der Vernetzung des Elektrofahrzeugs mit dem Smart Home oder anderen Systemen, wie es das Unternehmen künftig mit „system!e“ realisieren will. Mit Blick auf das cross-domain ecosystem wurde das Bosch-Manage-ment nicht müde zu betonen, dass die Company „Hard-ware und Software könne“. „Und wir produzieren auch künftig Hardware“, unterstrich Denner.

Vernetztes Fahren als Wachstumsfeld

Stand die BCW im letzten Jahr unter dem Motto Industrie 4.0, wählte Denner für 2018 vor dem Hinter-grund der Dieselrechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichts ein ebenso brisantes wie politisches Thema: Die Zukunft der Mobilität und wie sie durch IoT (Bosch Automotive Cloud Suite) und AI sowie Connectivity effizienter gestaltet werden kann.

Bereits zum fünften Mal fand die IoT-Konferenz von Bosch in der Berliner Station statt.Foto: Jürgen Hill

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Doch Bosch wäre ein schlechter Player im Digitalisie-rungsumfeld, wenn es neue Ideen nicht gleichzeitig zur digitalen Transformation des eigenen Business nutzen würde. Basierend auf Denners Credo, dass „das ver-netzte Fahren ein Wachstumsfeld wird“, verkündete das Unternehmen während der BCW die Gründung des neuen Geschäftsbereichs „Connected Mobility Ser-vices“ an.

Verkehrsprobleme mit Connectivity lösen

In dem neuen Geschäftsbereich sollen mehr als 600 Mitarbeiter digitale Mobilitätsdienstleistungen entwickeln und vertreiben. Dazu gehören Sharing-An-gebote, Mitfahrservices und auf Vernetzung basierende Service-Angebote für Autofahrer. „Vernetzung wird die Art, wie wir uns fortbewegen, grundlegend verändern und dabei helfen, die Verkehrsprobleme von heute zu lösen.

Mit ihr wird unsere Vision einer emissionsfreien, stressfreien und unfallfreien Mobilität Realität“, lobte Denner das Potenzial einer vernetzten Mobilität mit Unterstützung von IoT und KI. Im Umfeld des vernetz-ten Fahrens strebt Bosch nach den Worten Denners „ein deutlich zweistelliges Wachstum“ an.

Bosch kauft Carsharing-Plattform

Ein Wachstum, den die Gruppe mit zusätzlichen neuen Services erreichen will. Hierzu hat Bosch etwa das US-Start-up Splitting Fares Inc. (SPLT) übernommen. Unterstützt von Cloud und KI hat das US-Start-up eine Plattform entwickelt, mit der Unternehmen, Universi-täten oder Stadtverwaltungen Fahrgemeinschaften für ihre Mitarbeiter organisieren können. Mit dem B2B-Ansatz werden somit gezielt Pendler erreicht.

Konkret bringt SPLT via App Menschen zusammen, die den Weg zum gleichen Arbeits- oder Studienort gemeinsam zurücklegen wollen. Ein Vorteil dabei: Die Fahrgemeinschaft wird von Kollegen gebildet. Mitfah-rer müssen somit nicht zu völlig Fremden ins Auto steigen. Binnen Sekunden findet ein Algorithmus die passende Fahrgemeinschaft, berechnet den schnells-ten Weg durch den Verkehr und übernimmt die früher aufwändige Koordination von Abfahrtsort, Abfahrts-zeit, bester Strecke und Mitfahrern, so heißt es zumin-dest bei Bosch.

System!e für E-Autos

Premiere feierte auf der Veranstaltung der neue Ser-vice „system!e“. Er soll Käufern von Elektroautos die Angst nehmen, unterwegs wegen Strommangels liegen zu bleiben. Dazu setzen die Schwaben auf eine Vernet-zung des Elektroantriebs mit der Cloud, um so eine „Erweiterte Reichweitenprognose“ zu realisieren. Ein Algorithmus berücksichtigt hierzu Fahrzeugdaten wie aktuellen Batterieladestand, Energieverbrauch für Heizung oder Klimaanlage sowie Fahrstil des Fahrers und Informationen aus der Umgebung. Dazu zählen topografische Daten der vorausliegenden Strecke und die aktuelle Verkehrssituation.

Auf Basis dieser Informationen berechnet der Service die Reichweite. Für lange Strecken wird die erweiterte Reichweitenprognose um den „Lade-Assistenten“ ergänzt. Er soll etwa alle Ladestationen für eine Fahrt von München nach Hamburg kennen und erforderliche Ladestopps vorausschauend einplanen. Noch Zu-

Autonome Fahrzeuge lernen in einer Demo Verkehrszeichen und Ampeln.Foto: Jürgen Hill

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kunftsmusik ist die Möglichkeit, sich die entsprechen-de Säule vorausschauend für einen fixen Ladezeitraum zu reservieren. In diesem Zusammenhang appellierte Denner an die Hersteller und Betreiber von Ladesäulen, sich endlich auf einheitliche Standards zu einigen und eine vernetzte Elektromobilität nicht unnötig zu erschweren.

Künftig parkt der Computer

Probleme, die ein anderer prominenter Keynote-Spre-cher der BCW nicht hatte. Daimler-Chef Dieter Zet-sche stellte seinen Mercedes einfach vor dem Veran-staltungsgebäude ab und ließ ihn automatisch einparken - neudeutsch nennen Bosch und Mercedes den Service Automated Valet Parking (AVP). Beim fahrerlosen Parken stellt der Fahrer sein Auto im Eingangsbereich eines Parkhauses ab und das Fahr-zeug sucht sich selbst einen Platz und parkt automa-tisch ein. Das ist nicht nur bequem, sondern auch wirtschaftlich. „Dadurch, dass die Maschine enger parken kann als der Mensch, lassen sich auf gleicher Fläche 20 Prozent mehr Fahrzeuge unterbringen“, schätzt Bosch-Chef Denner.

Gemeinsam mit Zetsche zeichnete er ein Bild der von IoT und AI geprägten Mobility-Zukunft. So sind beide Manager von der Zukunft des autonomen und vernetz-

ten Fahrens überzeugt. So glaubt Zetsche nicht nur, dass wir in zehn Jahren größtenteils autonom fahren, sondern auch lokal emissionsfrei. Und Bosch will einen Truck entwickeln, der von Brennstoffzellen angetrie-ben wird, denn für die Schwaben, die laut Denner der größte Anbieter von E-Antrieben für Fahrräder sind, hat die Elektromobilität nur einen „eng begrenzten usecase“.

Robo-Taxis kommen im nächsten Jahrzehnt

Und weil in dieser vernetzten Mobilitätswelt kein Unternehmen alleine alle Herausforderungen bewälti-gen kann, will Zetsche auch künftig mit Bosch koope-rieren. Bereits in den Anfangsjahren des nächsten Jahrzehnts wollen die beiden Unternehmen gemein-sam serienreife, automatisch selbstfahrende Robo-Ta-xis auf den Markt bringen.

Wie steinig der Weg dorthin ist, konnte Zetsche letztes Jahr mit der Intelligent World Drive feststellen, als er eine S-Klasse zum Daten sammeln über fünf Kontinen-te aussandte. Mit Blick auf die US-amerikanische Konkurrenz, die immer wieder ihre tausende von Kilometern an autonomen Fahrten durch Wüstenge-biete feiert, lästerte Zetsche, „es kommt nicht darauf an, wie viele Kilometer sie fahren, sondern dass sie die richtigen Kilometer fahren.“

Lebenslanges Lernen für autonome Autos

Denn Zetsche zufolge muss das autonome Fahrzeug der Zukunft auch die kulturellen Unterschiede der einzel-nen Fahrkulturen erlernen und „hier sind die Deep-Le-arning-Mechanismen der AI besonders gefordert und auch für das Auto gilt künftig lebenslanges Lernen.“ Den Kulturunterschied verdeutlicht Zetsche an zwei Beispielen.

Die Bedeutung eines Zebrastreifens und die Halte-pflicht bei Fußgängern ist hierzulande jedem bekannt - auch dass in manchen anderen EU-Ländern keine Haltepflicht gilt. Ganz anders in China, hier zeigen die

Daimler-Chef Zetsche, einer der Keynote-Redner erklärt das automati-sche Velvet Parking.Foto: Jürgen Hill

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Streifen auf der Fahrbahn einen Mindestabstand an. Unterschiede die ein autonomes Fahrzeug erst per Deep Learning lernen muss. Oder woher weiß das autonome Auto wie weit es vor einer Ampel anhalten muss, wenn in manchen Ländern die Signalanlagen vor der Kreuzung, in anderen dagegen hinter der Kreuzung installiert sind. Auf diese Weise kommen schnell Terabytes an Daten zusammen, die per Deep Learning bewältigt werden müssen.

Post will bis 2050 CO2-frei sein

Herausforderungen die Frank Appel (CEO Deutsche Post DHL) nur bedingt beeindrucken. Er wäre schon zufrieden, wenn seine Lieferfahrzeuge seinen Paketbo-ten mit fünf bis sechs Stundenkilometern autonom folgen könnten, „denn die Logistikbranche befindet sich in der digitalen Transformation und jeder Effizienzge-winn ist erwünscht.“ So will Appel alleine durch den Einsatz von Augumented Reality die Produktivität um 15 Prozent steigern.

Ein anderes Projekt ist ein Postbot, der den Briefträ-gern autonom und elektrisch, damit emissionsfrei, folgt. Bis 2050 will Appel den Konzern zu einem CO2-freien Logistiker umbauen. „Wer uns zuerst emissionsfreie Flugzeuge und LKWs zu einem ver-nünftigen Preis liefern kann, macht das Geschäft,“ forderte der DHL-Chef die Anwesenden heraus mit Blick auf die Tatsache, dass damals niemand dem Konzern 50.000 Street Scooter bauen wollte.

Ein weiteres Projekt zur Effizienzsteigerung ist die neue Digital Freight Platform, „auch wenn wir damit ein Teil unseres Kerngeschäfts kannibalisieren.“ Dies dürfe aber niemanden davon abhalten, auch solche Ideen umzusetzen. „Denn wenn Sie diese Idee hatten, dann wird sie auch jemand anderes haben“, warnte Appel, „und er macht es vielleicht noch besser und verdrängt sie dann komplett aus dem Business.“

DHL-Chef Appel will mit Augumented Reality die Produktivität um 15 Prozent steigern.Foto: Jürgen Hill