Post on 06-Apr-2016
Konsum und seine Bedeutung für Wachstum
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Ziele/Themen- Konsum allgemein und Umweltbelastung durch Konsum- Kurzer Historischer Rückblick: Entstehung und Bedeutung von K.- Konsum und zentrale ökonomische Konzepte- Wachstumsmotor Konsum nach I. Röpke- Nachhaltiger Konsum, Suffizienz
6. Veranstaltung
Unterlage: Haushaltseinkommen und –ausgaben sämtlicher Haushalte 2012, BFS Medienmitteilung, 27.10.14
Konsum allgemein
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Quelle: BfS Medienmitteilung vom 27.10.13, Haushaltsbudgeterhebung 2012
Siehe dazu auch ausgeteiltes Blatt zu Übersicht Haushalteinkkommen 2012
Konsum allgemein
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F = Familien, oK = Haushalte ohne Kinder; R = Rentner; 1= tiefeste Einkommenskategorie; 5 = höchste Einkommenskategorie; unveröffentlichter Bericht econcept 2013
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
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Verwendung des BIP (Anteile in %), CH, D, USA1970 1980 1990 2000 2011
Haushalte 57.6 60.6 57.4Regierung 11.3 11.1 11.1
Konsumausgaben Haushalte 54.1 57.3 54.9 58.4 57.4Regierung 15.3 19.6 18 19 19.6Haushalte 66.2 69 71.2Regierung 13.7 14 17.1
30.4 23.3 20.8Bruttoinvestitionen 25.5 22.6 21.3 21.5 18.2
18.5 21 15.5
0.6 5 10.8Aussenbeitrag 2.1 -0.6 5.5 0.3 5.1
-1.3 -4 -3.8
Quellen: Bundesamt für Statistik, Statistisches Bundesamt, United Nations Economic Commission for Europe
Konsum allgemein
Umweltbelastung durch Konsum
Jungbluth et al. 2011
Mio. UBP/Pers./Jahr0
6Wohnen, Energie, WasserMöbel, HH-Geräte
WohnungsbauErnährung
BekleidungGesundheit
Private MobilitätBildung, Kommunikation
Freizeit, UnterhaltungGastgewerbeAndere Güter
Verbleibende Endnachfrage Staat
Blau: Haushalte CHHellblau: Betriebe CHRot: im Ausland
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft 7Jungbluth et al. 2011
Kurzer historischer Rückblick
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Sombart über das 17./18. Jhd.:
«Man erkannte, dass der Luxus diejenigen Wirtschafts-formen, die damals im Entstehen begriffen waren, eben die kapitalistischen, zur Entfaltung bringe, und deshalb waren alle Freunde des ökonomischen ‘Fortschritts’ auch warme Fürsprecher des Luxus. « … «Die Regierungen richteten ihre Politik in einem luxusfreundlichen Sinne ein» (z.B. Abschaffung von Kleiderordnungen, Luxus, Aufwandsverboten …)
Aus: W. Sombart (1922/1992): Liebe, Luxus und Kapitalismus. Über die Entstehung der modernen Welt aus dem Geist der Verschwendung, Verlag Klaus Wagenbache, S. 137.
W. Sombart, 1863-1941
Kurzer historischer Rückblick
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«… und die führenden Geister der Literatur nahmen für den Luxus Partei.»
«Qu’il y ait du luxe. … Si les riches n’y dépensent pas beaucoup, les pauvres mourront de faim.»
Montesquieu 1689-1755 (Schriftsteller, Philosoph, Staatstheoretiker, Vordenker der Aufklärung)
Aus: Sombart (1922/1992), S. 137f.
Kurzer historischer Rückblick
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«The consumer revolution was the necessary analogue to the industrials revolution, the necessary convulsion on the demand side of the equation to match the convulsion on the supply side» (McKendrick 1982, aus: Knobloch 1994, S. 25)
Treiber für Ausbreitung des Konsums (v.a. Luxusgüter für Mittelklasse) ab Mitte 18./19 Jhd.- Einkommen- Hierarchische Gesellschaft (soziale Konkurrenz), Hausangestellte- Verstädterung- Neue kulturelle, VergnügungenGründe nach Campell: protestant. Ethik & hedonist. Konsumethik
Kurzer historischer Rückblick
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Veblen-Effekt: Nachfrage nach bestimmten Gütern steigt trotz einer Preiserhöhung, weil Konsumenten durch Konsum teurer Güter ihren Status gegenüber anderen herausstellen wollen.
Demonstrativer Konsum / Positionsgüter (Geltungskonsum, conspicuous consumption)
T. Veblen, 1857-1929„Theorie der feinen Leute“
Motiv für Erwerb von Eigentum und Reichtum: Konkurrenz und RivalitätReichtum ermöglicht soziales Prestige und wird zur Schau gestellt
durch - demonstrative Musse (in Industriegesellschaft nur für wenige)- demonstrativen Konsum
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“Too many people spend money they haven't earned, to buy things they don't want, to impress people they don't like”
Ursprünglich möglicherweise von Will Rogers (1879–1935), US-amerik. Humorist und Entertainer
Demonstrativer Konsum – zugespitzt für die Bühne
Konsum und zentrale ökonomische Konzepte
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Verbraucher (Konsumenten) steuern durch ihre Konsument-scheidungen Art, Qualität sowie Menge von Gütern und DL, d.h. mit Konsum optimieren sie ihren Nutzen, d.h., sie wollen, was sie konsumieren
Kritik: dies gilt nur bei vollständiger Konkurrenz (freier Marktzu-tritt, keine Marktdominanz, vollständige Information, keine Manipulation, keine time-lags…)
Dem steht Produzentensouveränität gegenüber: Produzenten bestimmen Produktion und formen Nachfrage.
Konsumentensouveränität
Konsum und zentrale ökonomische Konzepte
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Wettbewerb = zentraler Koordinationsmechanismus einer Marktwirtschaft – dies produzenten- und konsumentenseitig
Führt zu Kostenreduktion, Preisreduktion, Innovationen (insbesondere auch Produktinnovationen)
Ständig neue Produktinnovationen verbreiten Angebotspalette; ist dies Anregung (Schaffung?) neuer Bedürfnisse oder Befriedi-gung bestehender Bedürfnisse?
Konsumförderung und geplante Obsoleszenz gelten als Folgen von Wettbewerb
Wettbewerb
Konsum und zentrale ökonomische Konzepte
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Es gibt zahlreiche Vorstellungen/Kategorisierungen menschlicher Bedürfnisse und umfangreiche Diskussion darüber in Ökonomik und Sozialwissenschaften.
In Mainstream-Ökonomie gilt, dass menschliche Bedürfnisse unbegrenzt sind und Bedürfnisbefriedigung Nutzen erhöht.
Verbreitete Unterscheidungen sind z.B.:- Maslow‘sche Pyramide: Grundbedürfnisse, Sicherheit, Soziale
Kontakte, Anerkennung/Wertschätzung, Selbstverwirklichung- Grund- und Luxusbedürfnisse- Menschliche Bedürfnisse nach Max-Neff
Bedürfnisse
Menschliche Bedürfnisse und ihre Befriedigung (Max-Neff, 1992)
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Sein Haben Tun Interagieren
Subsistenz Gesundheit Nahrung arbeiten Soz. Umfeld
Schutz Solidarität Sicherheit helfen Unterkunft
Zuneigung Selbstwert Freunde lieben Privatheit
Verstehen Rationalität Kommunikation lernen Schulen
Teilhabe Respekt Rechte Anteil haben Interagieren
Müssiggang Ruhe Feste spielen Landschaften
Gestaltung Kreativität Fähigkeiten entwerfen Werkstätten
Identität Wertschätzung Sprache sich entwickeln Lebensalltag
Freiheit Autonomie Rechtsgleichheit widersprechen Kontakte
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft 17Jungbluth et al. 2011
Roepke 2010, S. 105
Wachstumsmotor Konsum
Nachhaltiger Konsum
Nennung in Agenda 21 (Rio-Konferenz), 1992Nachhaltiger Konsum ist- effizient (ressourcenleicht)- suffizient (genügsam)- fair (inter- und intergenerationell)
Nötig sind nachhaltige Lebensstile, staatliche Rahmensetzungen (Label, Preise etc.), Technologietransfer in EL
Ansatzpunkte: Individuum (einzelne Konsumbereiche und Gruppen), Staat, Produzenten
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Nachhaltiger KonsumForschungsfragen (Røpke 2005)• How can consumption be conceptualized? • What are the environmental impacts of consumption? • What are the driving forces behind growing consumption? • How does consumption relate to the quality of life? • How can consumption patterns be changed?
(Defilia et al. 2011)• Systembeschreibung und –modellierung (Konsumsystem) • Determinanten des Konsumhandelns • Steuerung des Konsumhandelns• Normen und Kriterien• Auswirkungen und Beurteilung von Konsum • Diskurs über nachhaltigen Konsum• Gestaltung von Produkten und DienstleistungenEidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft
WSL 19
SuffizienzSynonyme für Suffizienz: Mässigung, Bescheidenheit, Sättigung und Genügsamkeit
«Genügsamkeit», «rechtes Mass» etc. sind seit jeher Themen in Philosophie und von Religionen
Themen in Suffizienzdebatte• Fragen nach «optimalen» bzw. «richtigen» Mass für gutes Leben• Balance zwischen Materiellem und Immateriellem• Verhältnis Quantität und Qualität• Rolle der Politik• Gemeingüter, Kosten/Internalisierung, Verteilung, Infrastruktur,
Share Economy, Geplante Obsoleszenz…
Suffizenz, Effizienz und Konsistenz = 3 NachhaltigkeitsstrategienEidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL 20
Soll der Staat Massnahmen ergreifen, um ein nachhaltigeres Konsumverhalten zu erreichen?Welche Massnahmen könnten dies sein?
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL 21
Weiterführende / Zitierte LiteraturDefila, R. A. et al., (Eds.) (2011). Wesen und Wege nachhaltigen Konsums. München, oekom.Kaenzig , J., Jolliet, O. (2006); Umweltbewusster Konsum. Schlüsselentscheide, Akteure und
Konsummodelle , Bafu Bern.Knobloch, U. (1994). Theorie und Ethik des Konsums. Reflexion auf die normativen Grund-
lagen sozioökonomischer Konsumtheorien. Bern/Stuttgart/Wien, Verlag Paul Haupt.Linz, M. (2013): Suffizienz – unentbehrlich für Nachhaltigkeit. In: Leitschuh, H. et al. Mut zu
Visionen. Brücken in die Zukunft. Jahrbuch 2014. Stuttgart, Hirzel, S. 44-54.Max-Neef, M. 1992: Development and Human Needs, in: Ekins, P. / Max-Neef, M.. Real-Life
Economics: Understanding Wealth Creation. London, RoutledgeSombart, W. (1922/1992). Liebe, Luxus und Kapitalismus. Über die Entstehung der modernen
Welt aus dem Geist der Verschwendung. Berlin, Verlag Klaus Wagenbach.Veblen, T.B. (1986): Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung der
Institutionen. Frankfurt a.M. (Original: The theory of leisure class, 1899)Jungbluth, N. et al. (2011). Gesamt-Umweltbelastung durch Konsum und Produktion der
Schweiz. Input-Output Analyse verknüpft mit Ökobilanzierung. Umwelt-Wissen Nr. 1111. Bern, BAFU.
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Aufgabe für 7. Veranstaltung
Lesen Sie bitte:Heuser, U. J., Schieritz, M. (2010). Wie Geld zu Geld wird. Die Zeit. Hamburg,
24.6.2010.Binswanger, H. C. (2012): Wachstumszwang und Wachstumsdrang in der
modernen Wirtschaft. In: Woynowski, B. et al. (2012): Wirtschaft ohne Wachstum?! Notwendigkeit und Ansätze einer Wachstumswende, Reihe Arbeitsberichte des Instituts für Forstökonomie 59-2012, Universität Freiburg, S. 45-51.
Binswanger, H.C. (2001): Der Zwang zum Wachstum in der Geldwirtschaft, in Costanza et al: Einführung in die Ökologische Ökonomik, Stuttgart, S. 100-101.
Schauen Sie folgendes Video an: SRF Eco, 16.02.2013, http://www.youtube.com/watch?v=0-t_v5GUfyU
Stellen Sie in Ihrem Umfeld folgende Frage: Wer macht und verteilt Geld?
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