Kontrastive Linguistik und Übersetzung · Durchbruch der kontrastiven Linguistik (Lado) Robert...

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SS 2015 – 15.04.2014 DIE KONTRASTIVE LINGUISTIK UND

I H R E U R S P R Ü N G E I N D E R SPRACHWISSENSCHAFT

Kontrastive Linguistik und Übersetzung

Coseriu:  die  historische  Sprache  =     Gefüge  von  Sprachtradi8onen,  ein  historisch  gewachsenes  Produkt  System  mit  Subsystemen  

Vergleich von Sprachen – die Anfänge

Idee, die eigene Sprache mit anderen zu vergleichen < Ausgangspunkt für die Wissenschaft von der Sprache bei Indern und Griechen

Terminologie im 19. Jh. In Deutschland: „vergleichende Sprachwissenschaft“ > Konzentration auf die Entstehung und geschichtliche Entwicklung von Sprache Entdeckung und Rekonstruktion von „Ursprachen“: Vergleich von verschiedenen Sprachen (synchron) und Sprachstufen (diachron)

kurz nach der Jahrhundertwende: „Sprachtypologie“ verallgemeinernde Feststellungen,

> Suche nach den Gemeinsamkeiten von Sprachen

historisch-vergleichende Sprachwissenschaft

-  auch: Komparative Linguistik/Komparatistik -  Ursprung in den Anfängen des 19. Jh. in Deutschland

Bopp (1816), Rask (1818), Grimm (1819-1837), Schleicher (1861/62)

Ziele: - die genetische Verwandtschaft von Sprachen aufdecken und eine entsprechende Klassifikation erstellen - die historische Entwicklung von Sprachen nachziehen und erklären (Sprachwandel) - einen gemeinsamen Ursprung von Sprachen rekonstruieren (Grund- oder Ursprache) - Operationsfelder = Laut- und Formenlehre, Grundwortschatz

-  Zusammenfassung von Sprachen mit genetische verwandten Erscheinungen zu Sprachgruppen romanische Sprachgruppe: Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch etc.

-  Bündelung der Sprachgruppen zu Sprachfamilien:

indoeuropäische/indogermanische Sprachfamilie: romanische, germanische, keltische, baltische, slawische, indoiranische und altanatolische Sprachgruppe sowie die Einzelsprachen Armenisch, Tocharisch, Altgriechisch und Albanisch

-  daraus ergeben sich Rückschlüssen auf eine gemeinsame Ursprache

-  ein genetischer Stammbaum zeigt die genetischen Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Sprachgruppen auf

http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/index.html?http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/hist_vgl_sw.php

Sprachtypologie

-  Beginn des 19. Jh. (etwa zeitgleich zur hist.-vergl. Sprachw.) -  Friedrich von Schlegel (1808), August Wilhelm von Schlegel (1818), Wilhelm von Humboldt (1836):

Begründer der klassischen Sprachtypologie

Ziele: - typologische Verwandtschaften von Sprachen aufdecken - Sprachen nach ihren Merkmalen charakterisieren und systematisieren - Klassifikation von Sprachtypen aufstellen - Übereinstimmungen hinsichtlich morphologischer Merkmale aufdecken - meist im Bereich der Phonemik und Syntax

-  synchrone Methode: betrachtet Sprachen nicht in ihrer geschichtlichen Entwicklung, sondern in ihrer gegenwärtigen Form

Sprachtypen: -  isolierender (amorpher) Typ -  agglutinierender Typ -  flektierender Typ -  inkorporierender (polysynthetischer) Typ

analytische Sprachen

synthetische Sprachen

syntaktische Verhältnisse werden durch ungebundene Partikel oder Wortstellungsregularitäten gekennzeichnet

syntaktische Beziehungen werden durch Affigierung zum Ausdruck gebracht

indoeuropäische Sprachen: flektierender Typ gekennzeichnet durch eine Morphologie, d.h. durch Wordbildungs- und Wortabwandlungsaffigierung, wobei die Affixe, als Infixe, Präfixe und Suffixe auftreten können. Zudem sind die Wurzeln morphologisch veränderbar (innere Flexion). Im Unterschied zu den agglutinierenden Sprachen sind die Affixe jedoch polysem, d.h., sie tragen in der Regel zugleich mehrere Bedeutungen.

Vaters Hut: das Morphem /-s/ bezeichnet den Singular, den Genitiv und das maskuline Genus andavo: das Morphem /-v-/ leitet das imperfetto ein, das Morphem /-o/ bezeichnet die 1.P.Sg.

Gesamtcharakterisierungen und –bewertungen der jeweiligen Sprachen: interessantere und höhere Bewertung der komplexen synthetisch-konstruierenden Sprachen (Latein, Altgriechisch – historische Philologen) als der analytischen Sprachen (z.B. Englisch)

> typologisch vergleichende Denkweise

Ø  Herausstellen der Unterschiede der betrachteten Sprachen z.B. Bally „Linguistique Générale et Linguistique Française“ (1932)

Beschreibung des Französischen im Kontrast zum Deutschen Aufdeckung bisher unbeachteter Eigenheiten in beiden Sprachen, die bei einer Einzelbetrachtung einer der beiden Sprachen nicht aufgefallen wären nicht fremdsprachendidaktisch orientiert, sondern an den sprachwissenschaftlich „typischen“ Zügen einer Sprache aber : weiterhin der Versuch, zu typologisieren: Französisch = statische Sprache, Deutsch = dynamische Sprache

die kontrastive Linguistik innerhalb der vergleichenden Sprachwissenschaft

Aus: Tekin 2012, 82.

Kontrastivik und Prager Funktionalismus

Trubetzkoy (1962) - Phonologie

Entdeckung des „Kontrastes“ als Strukturprinzip > Phonem = die kleinste bedeutungskonstituierende Spracheinheit

Basisfeststellungen: Trennung der formalen und inhaltlichen Seite der Sprache

Interesse an den Möglichkeiten der Sprachen, gleiche kommunikative Funktion durch z.T. stark verschiedene Sprachelemente auszudrücken bzw. daran, dass ein- und dieselbe Sprachform je nach situativem Kontext z.T. stark abweichende Funktionen übernehmen und dabei immer die intendierte Kommunikationsabsicht mühelos ausführen kann

Ø  Pragmatik „Sprachverwendung“

Vorstufen der kontrastiven Linguistik? Ø  Es gibt keine direkte Vorläuferschaft oder Übernahme, nur Berührungspunkte

einzelner linguistischer Richtungen Ø  sondern: Kontrastive Linguistik = Auswahl- oder Betrachtungsprinzip, das sich von den

verschiedenen Richtungen angebotenen Sprachkonzeptionen und Beschreibungsverfahren bedient

Ø  Triebfeder der Kontrastiven Linguistik: praktische Absicht zur Anwendung der Ergebnisse

im (Fremdsprachen-)Unterricht

Kontrastive Linguistik und Fremdsprachenunterricht

Vorher: Fremdsprachen-Grammatiken schon zu einem gewissen Grad kontrastiv z.B. Grammatiken des Englischen gesondert für Deutsche, Holländer, Franzosen…

> Berücksichtigung der speziellen Fehler der verschieden-nationalen Adressaten ≠ „universale“ Darstellung Aber : unreflektiert, intuitiv, Fehler nicht systematisch gesammelt und ausgewertet Ø  Neuerung: nach dem amerikanischen Strukturalismus

Anfang der kontrastiven Linguistik in Amerika 1. Fries (1945)

Forderung einer systematischen kontrastiven Methodik in Form von parallelen Beschreibungen von Strukturen der Muttersprache und der Fremdsprache

2. Lado (1957)

Durchbruch dieser Methode „Linguistics acorss Cultures“ (Lado), „Contrastive Structure Series“ (Ferguson) Nachteil: Kontrastierung nur auf zwei Ebenen: Lautsysteme und syntaktische Strukturen

Behaviorismus

- ab dem 20. Jhd. im Bereich der Psychologie

- wichtigste Vertreter: John B. Watson (1913, 1924) & Burrhus F. Skinner (1953, 1957)

-  Erklärung des menschlichen Verhaltens ausschließlich anhand naturwissenschaftlicher Methoden > beobachtbare und empirisch messbare Faktoren

stimulus-response-Modell

-  menschliches Verhalten = Funktionaler Zusammenhang zwischen einem Reiz (stimulus) und einer darauffolgenden spezifischen Reaktion (response)

black box = kognitive Verarbeitung der Reize durch den Menschen/das Gehirn

- Erklärung des menschlichen Lernverhaltens anhand dieses Modells

- Skinner: operantes/instrumentelles Lernen

Aus: Tekin 2012, 15.

Amerikanischer Strukturalismus

- Leonard Bloomfield: Begründer des amerikanischen Strukturalismus (Language 1933):

Die Sprachwissenschaft darf nur objektiv erfassbare Daten berücksichtigen: konkrete sprachliche Äußerungen eines Sprechers (stimulus) und die hierauf folgenden konkreten sprachlichen Äußerungen eines Hörers (response)

Ø  Gegenstand der linguistischen Untersuchung: parole (systematische Beschreibung der formalen Regelmäßigkeiten)

stimulus-response-Modell als Modell für den Erstspracherwerb (Bloomfield)

stimulus: sprachlicher Input seines Umfeldes response: Imitation

habit formation: Herausbildung von Gewohnheiten anhand von Konditionierung: Ø  das Kind erlernt den Wortschatz und später Wortgruppen der Muttersprache

Übertragung der bloomfieldschen Theorie auf den (gesteuerten) Zweitspracherwerb

Charles Fries: Teaching and Learning English as a Foreign Language (1945)

A person has „learned“ a foreign language when he has [...] first, within a limited vocabulary mastered the sound system (that is, when he can understand the stream of speech and achieve an understandable production of it) and has, second, made the structural devices (that is, the basic arrangements of utterances) matters of automatic habit. (Fries: 1945,3)

Ø  Herausbildung „automatischer Gewohnheiten“ durch die Wiederholung fremdsprachlicher Mustersätze (patterns) und die Korrektur der fehlerhaften Lerneräußerungen seitens des Lehrers (d.h. durch Konditionierung und Verstärkung)

Exempel für den theoretischen Sprachvergleich (Fries)

Auswahl und Progression dieser patterns anhand eines systematischen Vergleichs der jeweiligen Mutter- und Fremdsprache:

The most effective materials [for language teaching and learning] are those that are based upon a scientific description of the language to be learned, carefully compared with a parallel description of the native language of the learner. It is not enough simply to have the results of such a through-going analysis; these results must be organized into a satisfactory system für teaching and implemented with adequate specific practice materials through which the learner may master the sound system, the structure, and the […] lexical materials of the foreign language. (Fries 1945, 9).

Ø  Beschreibung der Phonetik, Lexik und Syntax des Englischen (als Zielsprache) nach den Prinzipien des amerikanischen Strukturalismus und Gegenüberstellung der formalen Gegebenheiten des Spanischen (als Ausgangssprache)

Durchbruch der kontrastiven Linguistik (Lado)

Robert Lado Schüler von Fries Linguistics across Cultures (1957)

The plan of this books rests on the assumption that we can predict and describe the patterns that will cause difficulty in learning, and those that will not cause difficulty, by comparing systematically the language and culture of the student. In our view, the preparation of up-to-date pedagogical and experimental materials must be based on this kind of comparison.

Ø  Weiterentwicklung der Thesen von Fries: durch den systematischen Vergleich können diejenigen fremdsprachlichen Bereiche erfasst werden, die einem Lerner aufgrund seiner Muttersprache leichter oder schwerer fallen

Kontrastivhypothese (Kontrastivitätshypothese/kontrastive Hypothese)

- 1950/60er Jahre: Weiterentwicklung der Annahmen von Fries und Lado

- These:

Beeinflussung der Zielsprache durch die Ausgangssprache (Strukturen der Muttersprache) Lerner greifen beim Erwerb einer Zweitsprache permanent auf die Erstsprache zurück

die Gewohnheiten (habits) der Muttersprache werden permanent und systematisch auf die zu erlernende Fremdsprache übertragen (transfer)

Ø  Thesen:

Individuals tend to transfer the forms and meanings, and the distribution of forms and meanings of their native language and culture to the foreign language and culture (Lado 1957, 2).

The student who comes in contact with a foreign language will find some features of it quite easy and others extremely difficult. Those elements that are similar to his native language will be simple for him, and those Elements that are different will be difficult (lado 1957, 2).

Ø  Forderung eines systematischen Vergleichs, der Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Sprachen offenlegt und in Anhängigkeit der jeweiligen Muttersprache leichtere und schwierigere Bereiche in der jeweils zu erlernenden Fremdsprache aufzeigt

Ø  Konzipierung von Lehr- und Lernmaterialien für den Fremdsprachenunterricht

positiver und negativer Transfer

ausgangssprachliche Beeinflussung der Zielsprache in diametraler Weise:

positiver Transfer:

bedingt durch strukturelle Übereinstimmungen zwischen verglichenen Sprachen Folge: Lernerleichterungen und ‚richtige‘ fremdsprachliche Äußerungen

negativer Transfer/Interferenz:

bedingt durch Strukturunterschiede Folge: Lernschwierigkeiten und ‚falsche‘ fremdsprachliche Äußerungen

Gleichungen von Bausch/Kasper (1979): Strukturidentität Grundsprache – Zweitsprache = Lernerleichterung = korrekte zweitsprachliche Äußerung Strukturdivergenz Grundsprache – Zweitsprache = Interferenz (negativer Transfer) = Lernschwierigkeit = fehlerhafte zweitsprachliche Äußerung

dt. er wollte lesen it. voleva leggere

dt. ich habe mich geirrt Ø  it. *mi ho sbagliato statt: mi sono sbagliato it. acqua calda Ø  dt. kaltes Wasser statt: warmes Wasser

zentrale These

-  Voraussage von Lernschwierigkeiten und Fehlern -  Sprachvergleiche dienen dazu, Fremdsprachenfehler zu beseitigen/vermeiden -  Strukturunterschiede sind „ausschließliche Ursache für Schwierigkeiten und Fehler

in der Fremdsprache

difference = difficulty (Stockwell) durch kontrastive Untersuchungen und den sich hierbei ergebenden Strukturdivergenzen können Lernschwierigkeiten und Fehler von Fremdsprachenlernen zuverlässig und in ihrer Gesamtheit vorausgesagt werden

-  Ergebnisse der kontrastiven Untersuchungen sollen zu Konzipierung von Lernmaterialien im Fremdsprachenunterricht dienen > Fremdsprachenfehler vermeiden > „pädagogische Grammatik“

Ø  kontrastive Linguistik als rein anwendungsorientierte Disziplin

weltweite Verbreitung der kontrastiven Linguistik

Rezeption der Kontrastivthorie > weltweite Verbreitung der kontrastiven Linguistik ab den 1960ern

-  Charles A. Ferguson: Schriftenreihe Contrastive Structure Series (CSS) Center for Applied Linguistics of the Modern Language Association of America in Washington D.C.

Vorwort des 1. Bandes: The Center for Applied Lingusitics, in undertakings this series of studies, has acted on the conviction held by many linguistics and specialistes of language teaching that one of the major problems in the learning of the second language is the interference caused by the structural differences between the native language of the learner and the second language. A natural consequence of this conviction is the belief that a careful contrastive analysis of the two languages offers an excellent basis for the preparation of instructional materials, the planning of courses, and the development of actual classroom techniques.

Ziel: to describe the similarities and differences between English and each of the five foreign languages most commonly taught in the United States: French, German, Italian, Russian and Spanish

2. These: durch Sprachvergleiche können Schwierigkeitshierarchien für das Erlernen einer Fremdsprache aufgestellt werden

< Fremdsprachenfehler sind umso größer, je größer die Unterschiede zwischen

den Strukturen der Ausgangs- und Zielsprache sind

3. These: Lernschwierigkeiten verhalten sich proportional zum Grad des typologischen Unterschieds

Ø  Je mehr einer Fremdsprache von der Muttersprache abweicht, umso schwieriger ist es,

sie zu erlernen, da nur geringer bis gar kein Transfer stattfinden kann

kontrastive Linguistik in Europa

- die CSS weckte Interesse in Europa:

Forschungsprojekte zur kontrastiven Linguistik:

Unterschied zur KL im amerikanischen Raum: Reflexion über die theoretischen Grundlagen für das Vergleichsverfahren

Aus: Tekin 2012, 24.

Kurt Rein – Definition (1983, 2)

Kontrastive Linguistik/ Kontrastive Grammatik… … eine vergleichende sprachwissenschaftliche Beschreibungs- und Analysemethode, bei deren möglichst detaillierten ‚Vergleichen‘ das Hauptinteresse nicht auf den Gemeinsamkeiten, sondern auf den Abweichungen oder ‚Kontrasten‘ zwischen den beiden – oder mehreren verglichenen Sprachsystemen bzw. Subsystemen liegt. (Rein 1983, 1) kontrastiv < lat. contra ‚gegen, wider‘ & stare ‚stehen‘

konfrontative Linguistik

Gegenbewegung (1970er) basierend auf der kritischen Auseinandersetzung mit den theoretischen und anwendungsorientierten Leistungen und Grenzen der KL

Ludwik Zabrocki: Grundfragen der konfrontativen Grammatik (1970)

Forderung nach einem Sprachvergleich, der sowohl die Unterschiede als auch die Übereinstimmungen zwischen den entsprechenden Sprachen betrachtet

primär theoretische Disziplin

interferenzbedingte Fremdsprachenfehler stellen lediglich eine Variante zweitsprachlicher Fehler dar

kontrastiv: Derivation aus dem engl. to contrast ‚to compare two things, ideas,

people etc. to show how different they are from each other‘ (Longman Dictionary)

konfrontativ: to confront ‚ confront objects to show to what extent they are similar or not‘ (Longman Dictionary)

Definition nach Tekin (2012, 68)

Kontrastive Linguistik… … Unterdisziplin der Sprachwissenschaft […], die anhand unterschiedlicher vergleichender Methoden interlinguale Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede aufzudecken versucht. Der Gegenstand dieser Untersuchungen umfasst dabei sowohl Sprachmittel als auch Sprachzwecke und bezieht dabei auch kulturelle Aspekte der Sprache mit ein. Die Ziele der KL können inner- und außerlinguistischer Natur sein, wobei Letzteres eine interdisziplinäre Zusammenarbeit voraussetzt.

theoretische oder angewandte Linguistik?

-  anwendungsorientiert: praktisch-didaktische Zielsetzung Methode war von Anfang an an den Bedürfnissen der Schüler orientiert

-  theoretisch: zugrunde liegende sprachliche Universalien herausfinden (konfrontativ) die praktische Arbeit wird sprachtheoretisch begleitet

theoretische Linguistik: synchron/diachron Untersuchung des Systems und der Funktion der Sprache

angewandte Linguistik: praktische Anwendung dieser Erkenntnisse (Problemlösung) Übersetzung/Lexikographie/ Fremdsprachenunterricht

-  Verbindungsglied unmittelbare Hinführung von Ergebnissen sprachtheoretischer Überlegungen auf die praktische Anwendbarkeit

die heutige kontrastive Linguistik

Sprachvergleiche…

-  berücksichtigen nicht mehr nur Aspekte der sprachlichen Ausdrucksseite, sondern auch Aspekte der sprachlichen Inhaltsseite

-  machen nicht mehr nur das Sprachsystem, sondern auch den Sprachgebrauch zum Gegenstand ihrer Untersuchungen

-  beziehen nicht mehr nur die Ebene des Satzes in ihre Untersuchungen ein, sondern auch die Ebene des Textes

pragmatische Wende

1970er Jahre: Sprachwissenschaft beschäftigt sich nicht mehr nur ausschließlich mit den Sprachsystem sondern auch dem Sprachgebrauch Bedeutung und Funktion der Sprache – neue Teildisziplinen

Untersuchung von: Semantik, Text, Pragmatik

„Sprachverwendung“

Colliander (zit. In Tekin 2012, 112): „Die reine Beherrschung eines grammatischen Systems ist unfruchtbares Wissen, solange der Stellenwert oder […] der Kontext, in dem [es] eingebunden ist oder werden sollte, nicht transparent gemacht wird.“

Ø  neue Ausrichtungen auch in der KL

„Ich werde dir helfen!“ ‚positive Zusage von Hilfe und Unterstützung‘

‚negativ drohende Bedeutung‘

Höflichkeitsparaphrasen: Haben Sie eine Uhr? Wissen Sie, wie spät es ist? Könnten Sie mir sagen, wie spät es ist?

Sagen Sir mir, wie spät es ist

kontrastive Pragmatik

1980er: - Untersuchung, inwiefern sprachliches Handeln in verschiedenen Kulturen ähnlich oder unterschiedlich gestaltet ist wie Interferenzen in interkulturellen Situationen zu Missverständnissen oder Kommunikationskonflikten führen

-  Untersuchungsgegenstände:

Sprechakte Sprachroutinen (Gesprächseröffnungen, Bitten und Danken) erlaubte und nicht- erlaubte Themen Höflichkeit Deixis

Gegenstand der kontrastiven Linguistik

-  alle natürlichen Sprachen

-  Vergleich der Sprachmittel und -zwecke

≠ Sprachtypologie, historisch-vergleichende Sprachwissenschaft, Areallinguistik:

Einbezug sprachlicher Substandards:

Dialekte bzw. Regiolekte – Soziolekte – Idiolekte – Register –

Sprachform regionaler Gruppen Sprachform sozialer Gruppen Sprachform einzelner Individuen Sprachform abhängig von der Gesprächssituation

-  interlingualer Vergleich -  intralingualer Vergleich -  Kombination des inter- und intralingualen Vergleichs

Gegenstand der Beschreibung

-  unterschiedliche Bereiche

-  kontrastive Untersuchungen = nur Ausschnittsdarstellungen des komplexen Konstrukts der Sprache

-  1950er – 1970er: Phonetik, Morphologie, Syntax, Lexik formale, sprachsystematische Aspekte Strukturalismus: strikte Trennung zwischen den Beschreibungsebenen

-  1970er: vermehrt semantische Vergleiche (neben formalen auch inhaltliche Aspekte) lexikalisch-semantisch, textuell-semantisch auch hier strikte Trennung: entweder System oder Gebrauch

- keine Trennung der sprachlichen Beschreibungsebenen

1.  He wanted to escape. - Voleva scappare. He tried to escape. - Ha voluto scappare.

2. Du weißt, wo der Laden ist. - You know where the shop is. Du weißt, wo der Laden ist? - Do you know where the shop is?

das tertium comparationis

Voraussetzung für den Vergleich: Mindestmaß am gemeinsamen Eigenschaften

Zuverlässigkeit des Vergleichs > Gültigkeit der späteren Ergebnisse

Freiheit Bienenstich

Freiheit Knechtschaft

Frage der Übersetzungswissenschaft: „Wie kann ich in einer Zielsprache etwas Ähnliches erreichen wie in der Ausgangssprache?“

Frage der kontrastiven Linguistik: „Mit welchen (möglicherweise unterschiedlichen) Mitteln erreichen zwei Sprachen etwas Ähnliches?“

oder z.B.: „Wie lösen zwei verschiedene Sprachen das Problem der Determination?“

Ausgangspunkt: zwei Äußerungen in verschiedenen Sprachen

Ausgangspunkt: das „tertium comparationis“ Zielpunkt: Die Art und Weise, das Mittel, mit dem es erreicht wird

Die Frage kann auf zwei Arten gestellt werden:

onomasiologisch semasiologisch

Wie wird die Subjekt-Objekt-Relation ausgedrückt, durch Wortstellung, Kasus oder durch beides?“

Welche Funktion hat die Reihenfolge der Elemente (Serialisierung) In Sprachei und in Sprachek?“

Literatur

Tekin, Özlem. 2012. Grundlagen der Kontrastiven Linguistik in Theorie und Praxis. Tübingen: Stauffenburg.

Rein, Kurt.1983. Einführung in die kontrastive Linguistik. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft.

http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/index.html

Campo, José Luíz de Azevedo do. 1998. Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft. Theorie und Praxis. Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Englisch, Deutsch. Institut für Romanistik.

Nickel, Gerhard (Hg.). 1972. Reader zur kontrastiven Linguistik. Frankfurt am Main: Athenäum.