Linguistische Gesprächsanalyse in der Fachsprachenforschung

Post on 05-Jul-2015

85 views 4 download

description

Linguistische Gesprächsanalyse in der Fachsprachenforschung - Präsentation im Seminar "Angewandte Sprachanalyse: Fachsprachenforschung" an der HHU Düsseldorf

Transcript of Linguistische Gesprächsanalyse in der Fachsprachenforschung

Linguistische Gesprächsanalyse

und GAT in der

Fachsprachenforschung

Dr. Sascha Bechmann

www.hhu.de

Linguistische Gesprächsanalyse

Ursprung: 1970er Jahre

Ziel: Analyse gesprochener und dialogischer Sprache

Erforschung von Gesprächspraktiken

Wie stellen Sprecher mithilfe von Gesprächspraktiken

Sinn in Gesprächen und wie organisieren sie selbiges?

nur natürliche Gespräche werden analysiert

basiert auf der Erstellung eines Textkorpus

Aufzeichnung und Transkription zur Datensicherung

2

www.hhu.de

Charakteristika von Gesprächen

Konstitutivität: Es wird aktiv von den Teilnehmern

hergestellt.

Prozessualität: Es sind zeitliche Gebilde.

Interaktivität: Es besteht aus aufeinander bezogenen

Beiträgen (Wechselseitigkeit).

Lokale Kohärenz

Methodizität: Es werden immer kulturell etablierte

Methoden genutzt.

Pragmatizität: Die Teilnehmer verfolgen Ziele im

Gespräch.

3

www.hhu.de

Betrachtungsebenen

Gesprächorganisation

Sachebene

Handlungsebene

Soziale Ebene

Appellebene

Modalität des Gesprächs

Herstellung von Reziprozität

4

www.hhu.de

Notation in der Gesprächsanalyse

Der notierte Text ist das eigentliche Korpus

Schafft eine verlässliche Materialbasis

Macht den komplexen Interaktionsprozess

überschaubar

Ermöglicht damit die gleichzeitige Untersuchung

aufeinanderfolgender Prozesse

Ermöglicht die Trennung der simultanen sprachlichen

und nicht-sprachlichen Zeichen

Der Interaktionsprozess wird durch die Fragmentierung

der Analyse überhaupt erst zugänglich gemacht!

5

Warum ist Notation erforderlich?

www.hhu.de

Beispiel: Arzt-Patienten-Gespräch in der

medizinischen Ausbildung

www.hhu.de

Gesprächsanalytisches

Transkriptionssystem (GAT und

GAT 2)

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Ursprünge: Gesprächsanalyse der 1960er und 1970er

Jahre

Interaktion kann nicht hinreichend mit dem Standard-

Schriftsystem erfasst werden kann, sondern erfordert

ein eigenes Transkriptionssystem

Idee: Entwicklung von Normen und Regeln zur

Transkription von Gesprächen nach

gesprächsanalytischen Aspekten (für den

deutschsprachigen Raum)

GAT: 1998; GAT 2: 2009

8

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Ausbaubarkeit und Verfeinerbarkeit der Notation

(”Zwiebelprinzip”): Ausbausstufen/Feinheitsgrade

Basistranskript / Minimaltranskript

Feintranskript

Lesbarkeit (auch für Nicht-Linguisten)

Keine phonetische Umschrift o.ä.

Ökonomie und Eindeutigkeit

Robustheit (= keine Sonderzeichen o.ä., damit alle

gängigen Texteditoren das Transkript problemlos

darstellen können / Kompatibilität)

9

Kriterien

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Ikonizität

Zeichen und Symbole sollen nicht arbiträr sein, sondern

intuitiv

Relevanz

Es sollen die Phanomene erfassbar und darstellbar

gemacht werden, die sich entweder aufgrund bisheriger

Forschung als relevant fur die Interpretation und Analyse

verbaler Interaktion erwiesen haben, oder die als relevant

nachgewiesen werden sollen.

Formbezogene Parametrisierung

Erfassung von relevanten Einzelparametern (z.B.

„erstaunt“, „lauter“ usw.) für die Analyse10

Kriterien

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Transkriptionskopf

Herkunft, Zugehorigkeit zu einem bestimmten Korpus bzw. Projekt,

Aufnahmenummer oder Kennwort/Name des Gesprachs

Aufnahmetag, Ort der Aufnahme

Dauer der gesamten Aufnahme

Name der/des Aufnehmenden

Name der/des Transkribierenden

kurze Charakterisierung der Situation, z. B. Interview, informelles

Gesprach, Telefongesprach, Radio-Anrufsendung

kurze Charakterisierung der Teilnehmerrollen, z.B. informelles

Gesprach mit gleichberechtigten Teilnehmern, Arztin und Patient,

Lehrer und Schulerin

11

Formaler Aufbau

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Transkriptionskopf

kurze Charakterisierung der Sprechenden unter Angabe

ihrer Decknamen, z. B. Geschlecht, geschatztes Alter,

Beruf; sonstige Informationen, die relevant sein konnten,

z. B. Herkunft, Dialektalisierungsgrad, ggf. Hinweis auf

durchgangige Kennzeichen wie eine besonders schnelle

Sprechgeschwindigkeit, eine extrem hohe Stimme o.a.

kurze Charakterisierung des Gesprachsverlaufs (in Form

einer Art Inhaltsangabe, ggf. mit Verweis auf fur die

Analyse interessante Phanomene)

ggf. Hinweis auf Bearbeitungsstand der Transkription

12

Aufbau

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Basistranskript

„Das Basistranskript enthalt die Wiedergabe des

Wortlautes der Sprecherbeitrage, eine minimale

prosodische Transkription, die notig ist, um

Mißverstandnisse hinsichtlich der semantischen Struktur

und pragmatischen Funktion der Einheiten im

Gesprachskontext auszuschließen, die Notation von

Uberlappungen, schnellen Anschlussen, Pausen,

Dehnungen, Abbruchen, sogenannten para-verbalen und

non-verbalen Aktivitaten und Ereignissen in einfacher

Beschreibung, sowie interpretierende Kommentare.“ Selting

et. al. 1998

13

Feinheitsgrade

www.hhu.de

GAT und GAT 2

14

Basistranskript

www.hhu.de

GAT und GAT 2

Feintranskript

„Zu einer prosodischen Verfeinerung der Transkription

gehort neben einer genaueren Kennzeichung der

Akzentstellen und Akzentstarken die Notation des

Tonhohenverlaufs in und nach Akzentsilben, die Notation

auffalliger Tonhohensprunge am Beginn oder im Verlauf

von Einheiten, die Notation von Veranderungen des

Tonhohenregisters, der Lautstarke und der

Sprechgeschwindigkeit, sowie die Notation des Ein- und

Ausatmens. Die prosodischen Parameter aus dem

Basistranskript bleiben naturlich erhalten.“ Selting et. al. 1998

15

Feinheitsgrade

www.hhu.de

GAT und GAT 2

16

Feintranskript

www.hhu.de

Beispiel für ein Basistranskript:

„Der widerliche Kerl“

- Tondatei