Messung planetarer und interplanetarer Magnetfelder Sommersemester 2012 Lehrveranstaltung: 440.413...

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Messung planetarer und interplanetarer Magnetfelder

Sommersemester 2012Lehrveranstaltung:  440.413

Dr. Konrad Schwingenschuh/ÖAW

6. März 2012 bis 16. März 2012

Folien © Dr. Konrad Schwingenschuh

ftp und WWW -Adressen

• ftp://ftp.iwf.oeaw.ac.at/pub/schwingenschu/vorlesung2012_440.413_Magnetfelder

• Webseite:

• http://www.sem.iwf.oeaw.ac.at

• http://www.iwf.oeaw.ac.at

• Adresse:• Dr. Konrad Schwingenschuh• 1. Stock, 1c6•  Institut für Weltraumforschung der

Österreichischen Akademie der WissenschaftenAbteilung für Experimentelle Weltraumforschung 

• Schmiedlstrasse 6A-8042 Graz

• Email: konrad.schwingenschuh@oeaw.ac.atTelefon: +43 316 4120-551Fax:   +43 316 4120-590 

• Mobiltelefon:  +43 699 10149046

Inhaltsverzeichnis

• Einleitung

• Entwicklung eines Weltraumexperimentes

• Messung von Magnetfeldern auf der Oberfläche und in der Umgebung

von Planeten, Monden, Asteroiden und Kometen sowie im

interplanetaren Raum

• Seismo-magnetische Ereignisse

• Grundlagen der physikalischen Weltraumforschung

• Instrumente zur Messung von Magnetfeldern

• Auswertung der Daten von Magnetfeldexperimenten

• Besprechung weiterführender Literatur

• Schwerpunkte 2012: Magnetische Reinheit und Seismo-Magnetism

Einleitung

• Institutionen für die Durchführung von Weltraumexperimenten:Hochschul-und Akademie-Institute, nationale und internationale Organisationen( ASAP/FFG, DLR, ESA, NASA)

• Bedeutung terrestrischer und kosmischer Magnetfelder• Grundlegende Prinzipien der Messung planetarer und

interplanetarer Magnetfelder:• Erforschung natürlicher Magnetfelder von Planeten, Monden,

Kometen, Asteroiden und im interplanetaren Raum• Magnetometer an Bord von Raumsonden, Satelliten, Raketen,

Ballonen, Oberflächenstationen und Fahrzeugen• Computerexperimente• Datenauswertung

Entwicklung eines Weltraumexperimentes

• Experimentelle, physikalische Weltraumforschung (interdisziplinär)

• Organisationen zur Durchführung von Weltraumprojekten

• Werdegang eines Projektes (Assessment, Phase-A, AO, Selection,

Prototype, EM+FU+FS, Tests, Delivery, Flight- Data- Processing and Analysis

Grundlagen der physikalischen Weltraumforschung

• Physikalische Grundlagen

• Der Sonnenwind und seine Wechselwirkung mit Objekten im Sonnensystem

• Das Magnetfeld der Erde und anderer Körper im Sonnensystem

Prinzipschaltbild eines Fluxgate Magnetometers• Ein weichmagnetischer Kern wird durch ein von einer

Spule erzeugtes Wechselfeld mit konstanter Frequenz f0 (typisch 10 kHz) zyklisch bis zur Sättigung magnetisiert.

• In einer zweiten Spule wird eine symmetrische Spannung induziert, die nur ungeradzahlige Vielfache der Anregungsfrequenz enthält. Ein äußeres Magnetfeld verursacht eine Asymmetrie der induzierten Spannung und produziert damit geradzahlige Vielfache der Anregungsfrequenz, deren Amplitude ein Maß für das Magnetfeld ist.

• Um eine möglichst lineare Kennlinie zu erhalten, wird das äußere Magnetfeld durch eine Rückkopplung kompensiert.

• Durch drei orthogonale Fluxgate Sensoren kann der Vektor des Magnetfeldes vollständig gemessen werden.

• Der Vorteil gegenüber Induktionsmagnetometern (Messspulen) besteht darin, dass auch Gleichfelder gemessen werden können. Bei höheren Frequenzen (ab 10 Hz) ist allerdings das Induktionsmagnetometer empfindlicher.

• Im Vergleich zur Hallsonde ist das Fluxgate Magnetometer wesentlich empfindlicher, die Hallsonde ist aber zur Messung größerer Magnetfelder (ab 50000 nT) besser geeignet.

Helmholtz-Spulensystem

Das Spulensystem dient

• zur Kompensation des Erdmagnetfeldes, um das magnetische Moment von Satellitenbaugruppen und Weltraumexperimenten zu bestimmen und

• zum Entmagnetisieren

Die in Graz entwickelte Datenerfassung für das CLUSTER-II Magnetfeldexperiment ab 2000 FGM.

Wechselwirkung des Sonnenwindes mit der Erde

Ballerinamodell des interplanetarischen Magnetfeldeskurz IMF vor einem Aktivitätsminimum

Koronalöcher mit offenen Magnetfeldstrukturen an den Polen

Der Sonnenwind transportiert diese Magnetfelder in den interplanetaren Raum

Bildung des spiralförmigen IMF mit Sektorstruktur

Entdeckung durch IMF durch Moman Ness Erdbeobachter sieht eine Folge von Gebieten

mit positiver und negativer Polarität In der Umgebung des Sonnenäquators

befinden vorwiegend geschlossenen Magnetfeldstrukturen.

Modulierung der kosmischen Strahlung durch interplanetare / planetare Magnetfelder

Magnetísche Mehrpunktmessung in der Umgebung der Venus

Magnetfeldaten von VENERA-13 und PVO (PIONEER VENUS ORBITER) vom 11. Februar 1982 in der Umgebung der Venus.

Der ungewöhnliche Anstieg des interplanetaren Magnetfeldes (IFE...Interplanetary Flux Enhancement) wurde als Signatur eines vorbeiziehenden Kometen interpretiert.

Kometenkern

Foto: ESA

Kometen (von griech. kóme „Haar“: Haarsterne, Schweifsterne) sind kleine Körper des Planetensystems, die in Sonnennähe große Mengen flüchtiger Gase und von ihnen mitgerissene feste Teilchen freisetzen, wodurch sie verschwommen und mit einem leuchtenden Schweif in Erscheinung treten.

Halley Kern

Grazer Magnetfeldmessungen während des VEGA-1 Vorbeifluges am Kometen Halley im März 1986

• Das obere Teilbild zeigt die Bahn der VEGA-1 Raumsonde und die Bugstoßwelle des Kometen Halley.

• Die Änderung der Polarität der Bx Komponente und der Anstieg des Magnetfeldbetrages währen des Vorbeifluges ist typisch für die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit Kometen.

• Die unterste Zeitreihe zeigt das Ergebnis der an Bord durchgeführten Spektralanalyse. Damit konnten Informationen über höhere Frequenzbereiche zur Erde übertragen werden.

 

Das Magnetfeld in der Umgebung des Planeten Mars gemessen vom Grazer Magnetometer an Bord von PHOBOS-2.

Magnetfeld in der Umgebung des Planeten Mars: Induziert und Anomalien

Messung erdmagnetischer Pulsationen in China

Gleichzeitige Magnetfeldmessungen (Abtastrate 1 Hz) der Grazer Bodenstationen (Projekt CHIMAG) in Peking (BJI), Wuhan (WHN) und Hainan (HFK).

Die Messungen zeigen zwei Pi2 Pulsationen, die vorwiegend zum Beginn von Teilstürmen auftreten. Das obere Teilbild zeigt die Horizontalkomponente des Erdmagnetfeldes. Die durch einen Bandpass (7 bis 20 mHz) geschickten Daten sind im unteren Teilbild dargestellt.

 

The South European Ground Magnetometer Array (SEGMA) Project

• ULF magnetometer stations in Italy, Bulgaria and Hungary (see table)

• Nominal sampling rate 1 Hz

• Triaxial fluxgate and search coil magnetometers

• Nominal resolution 0.01 nT

Seismomagnetic Events

• The 1993 Guam earth quake: Hayakawa and Molchanov 1994

• Large earthquake on 8-August 1993, Ms= 7.1• ULF station 65 km from epicenter• Polarization (V/H): ULF or seismic origin • Magnetic precursors 1 month and 5 days before • 0.1 nT noise-like V/H signals from 0.02 – 0.05

Hz• L‘Aquila earthquake: 6-April-2009, m=6.3, multi-

parameter Studie, Computer Modelle

19IWF/ÖAW GRAZ

L‘Aquila EQ

• Magnetic H,D and Z component from LAQ 2009-Apr-06 01:30 – 01:38

Hodogram of D and H component in the PC3 (22 mHz – 100mHz) frequency range for the same time period.

Physikalische Grundlagen

 Maxwellsche Gleichungen:

• rot H = J + d/dt(D)• rot E = -d/dt(B)• div B = 0• div D = rho  • J = sigma * E• B = mu * H • D = eps * E

Ströme erzeugen Magnetfelder

Korkenzieher Regel (Rechte-Hand-Regel)

Magnetische Spannung aus rot H = J (Verschiebungsstrom D vernachlässigt) folgt

"Summe der magnetischen Spannungen H * s" = "Summe der Ströme".

Anwendung

-     Magnetfeld eines geraden Leiters:

• H = I / (2*pi*r)

-      Magnetfeld einer idealen Spule (Außenfeld Null):

• H = N*I / L ; N ..Windungszahl; L ..Spulenlänge

-       Magnetfeld einer idealen Ringspule (Toroid):

• H = N*I / (2*pi*r)

Biot Savartsches Gesetz

folgt aus Maxwellschen Gleichungen

dH = I / (4 pi) * (ds x r)/r^3r Vektor vom Stromelement (Quellpunkt) zum Aufpunkt 

Einfache AnwendungMagnetfeld im Zentrum eines kreisförmigen LeitersH = I / (2*R)R Radius

 

Induktionsgesetz

Die zeitliche Änderung eines Magnetfeldes

erzeugt ein elektrisches Feld

U = -d/dt(phi)phi magn. Fluss

Anwendung

Induktion in einer Spule (Faraday-Versuch)

 

Elektromagnetische Wellen

Für niedrige Frequenzen kann der Verschiebungsstrom (eps_0 * eps_r * E) vernachlässigt werden.

Bei "höheren" Frequenzen können sich elektromagnetische Wellen ausbreiten.

Beispiel: Blitze erzeugen elektromagnetische Wellen und regen Schumann Resonanzen an. Für die Erde liegt das erste Maximum bei ca. 8 Hz.

Wellengleichung

harmonischer Ansatz:

laplace H + k^2*H = 0

k^2 = -i*omega*mu*(sigma + i*omega*epsilon)

Wellenimpedanz

Zusammenhang zwischen E und H im Fernfeld wird durch die Wellenimpedanz beschrieben: H = E / Z Z = sqrt(mu_0 / eps_0) = 377 Ohm

Beispiel: Elektrische und magnetische Felder bei Schumann Resonanz. E = 500 mikroV/m; H = 1.3 mikroA/m B = 1.6 pT Zusammenhang zwischen B und H B = mu_0 * (H + M)M .. Magnetisierung der MaterieM = chi * Hchi .. Suszeptibilität

Permeabilität

B = mu_0 * (1 + chi) * H = mu_0 * mu_r * H; mu_r relative Permeabilität

 

• chi > 0 .. Paramagnetismus (Sauerstoff, Alkalimetalle)

• chi < 0 .. Diamagnetismus (Wasserstoff, Wasser)

•  chi >> 0 .. Ferromagnetismus (Eisen)

Das magnetische Dipolmoment M

Beispiel: Stromschleife, "kleine" Magnete:

- erste Hauptlage H(1) prop 2*M / r^3

- zweite Hauptlage H(2) prop M / r^3

- allgemeiner Fall

H_r = 2*M*cos(theta) / r^3; H_theta = M*sin(theta) / r^3

 

Allgemeine Vektor-Formel

H = 1/4pi * (3(M r)r/r^5 – M/r^3)

Beispiel für einen magnetischen Dipol, kleine Spule mit Radius R und N Windungen

M = "Fläche" * "Strom" * "Windungszahl" = N*pi*R^2*I

Feldlinienbild eines Dipols

Elektrische und magnetische Einheiten und Umrechnungen

• [H] = [A/m] • [B] = [Vs/m^2=T] T.. Tesla; Nano-Tesla = Gamma• [mu] = [Vs/Am] mu_0 = 4*pi*10^-7 Vs/Am• [M] = [Am^2]• [E] = [V/m]• [sigma] = [S/m] Siemens [S = 1/Ohm] • Gauss: [1G = 10^-4 T = 10^5 nT]• Oersted: [1Oe = 10^3 / (4*pi) A/m]• magnetisches Moment: G*cm^3 = mA*m^2

T*m^3 = 10^10 G*cm^3

"Zugeschnittene Gleichungen"

Feld eines linearen Leiters:B[nT] = 20 * I[mA] / r[cm]

Feld eines Dipols in erster Hauptlage: B[nT] = 10^5 * M[mAm^2] / r^3[cm] *2 (in 2-ter Hauptlage die Hälfte).

Stoßzahl Elektronen-Neutralteilchen Nu [s^-1]= 6.41 * 10^5 * P[Nm^-2]; P .. Druck

Elektr. Leitfähigkeit sigma = (N * e^2) / (m * nu)Sigma [s/m]=2.84*10^-3 * N [1/cm^-3] / nu [1/s]Beispiel: Magnetfeld einer einzigen Stromschleife mit 1cm^2 und einem Strom von 100 mA

in 10 cm Entfernung:B = 1 nT

Natürliche elektrische und magnetische Felder sowie magnetische Momente

Magnetisches Moment der Erde: M = 8*10^25 Gcm^3Magnetisches Moment von Mars: M ca. 1.6 * 10^16 Am^2 (Paper Acuna;

MGS)Obere Grenze für globales Mars Dipolmoment ca. 10^19 Am^2Mond hat kein flüssiges Inneres kein internes, globales Magnetfeld,

allerdings magnetische AnomalienMagnetar (rotierender Neutronenstern mit superstarkem Magnetfeld) B

ca. 800*10^12 G = 8*10^10 T

Maximalwerte im Labor: B ca. 100 TMedizinische Geräte: MR (3 T mit flüssigem Helium), TMS (1 T für 1

ms, keine Kühlung,Handgerät)

Elektrische Leitfähigkeit sigma Formel von Drude

Modifizierte Leitfähigkeitsformel von Drude (1900):(Ref. Jackson Seite 312)

sigma = (fo*N*e^2)/(m(nu - i*omega))

m Masse der Elektronenfo*N Anzahl der freien Elektronen pro Volumen;

nu Stoßzahl. In einer ionisierten Stickstoffatmosphäre (Erde, Titan) gilt: nu[Hz]= 6.5*10^5*p[N/m2] (Friedrich)

Elektrische Leitfähigkeit Beispiele

• Kupfer: N ca. 8*10^28 [Atome/m^3]sigma ca. 5.9*10^7 [S/m ]

nu/fo = 4*10^13 [1/s]• Meerwasser : sigma ca. 4.4 [S/m ](für niedrige Frequenzen wie

Schumann Resonanzen und bei üblichem Salzgehalt)

• Die Leitfähigkeit in der Erdionosphäre beträgt etwa:• Sigma(D-Schicht) ca 10^-3 S/m

Messungen der HUYGENS Sonde am 14. Jänner 2005 ergaben eine Leitfähigkeit von ca. 1.8*10^-9 S/m in einer Höhe von 60 km in der Atmosphäre des Saturnmondes Titan. Mit einem Druck von etwa 4000 N/m2 bekommt man unter Benutzung der

Formeln von Drude und Friedrich:Nu 2.6*10^9 [Hz

N=164 electrons/cm3 ]=

Globale elektrische Leitfähigkeit

Magnetische Fluktuationen und Sprünge des interplanetaren Magnetfeldes werden durch die elektr. Leitfähigkeit von Himmelskörpern durch magnetische Diffusion gedämpft. Die Bestimmung erfolgt mittels Orbiter- und Lander-Magnetometer. Die Abschätzung der Leitfähigkeit erfolgt durch die Relation

Sigma = tau / (mu_0 * L^2) tau char. Diffusionszeit [s]

L Durchmesser des Himmelskörpers (char. Länge)

Beispiel: Rosetta (Kometenkern), Galileo (mögliche Ozeane auf Jupitermonden Europa, Ganymede, Callisto), Mond (Apollo 12 und Explorer 35)

Instrumente zur Messung von Magnetfeldern

• Klassische Magnetometer: Kompass, Spiegelmagnetometer

• Induktionsmagnetometer• Protonenmagnetometer ("magnetisiertes Wasser")

• Fluxgate (Förstersonden)

• Optische Magnetometer

• SQUID

• Halbleiter Magnetometer

Messung von Magnetfeldern an Bord von Satelliten und Raumsonden

• Allgemeine Anforderungen an Sensoren und

Elektronik

• Magnetische Reinheit von Satelliten und

Raumsonden

• Vorverarbeitung und Übertragung der Daten

• Der Einfluss der Lage und Position der

Raumsonden auf die Messgenauigkeit

• Kurze Beschreibung der wichtigsten Weltraumprojekte

Messung von Magnetfeldern auf der Oberfläche und in der Umgebung von Planeten, Monden, Asteroiden und Kometen sowie im interplanetaren Raum

• Terrestrische Messungen (Erdmagnetfeld, Pulsationen, Schumann-Resonanz, CHIMAG)

• Space Weather• Magnetische (Erde, Jupiter, Saturn...) und

nichtmagnetische Planeten (Venus, Mars) • Magnetfelder in der Umgebung von

Asteroiden und Kometen (VEGA, ROSETTA)• Magnetfelder und biologische Systeme

Auswertung der Daten von Magnetfeldexperimenten

• Zeitreihen (Rohdatenauswertung, Signalanalyse, Wavelets,..)

• Physikalische Interpretation

• Die Verwendung von Computer - Simulationen

• Seismomagnetische Studien

• SEGMA ULF Messungen

• DEMETER Messungen

• L‘Aquila Erdbeben

• Computersimulationen

Besprechung weiterführender Literatur

• Bücher• Zeitschriften• WWW• Seminare• Vorträge