Misshandlung, Missbrauch Psychologische Aspekte und Auswirkungen Mag. Simone Pucher Schulpsychologie...

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Misshandlung, Missbrauch

Psychologische Aspekte und Auswirkungen

Mag. Simone PucherSchulpsychologie Kärnten

Übersicht Formen von Gewalt an Kindern und

Jugendlichen

Folgen von Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Anzeichen von Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Vorgangsweise bei Verdacht

Formen von Gewalt an Kindern

1. Vernachlässigung

2. Misshandlung

3. Sexueller Missbrauch

Formen 1. Vernachlässigung (oder auch

Verwahrlosung) „andauernde oder wiederholte Unterlassung

fürsorglichen Handelns sorgeverantwortlicher Personen, welches zur Sicherstellung der physischen und psychischen Versorgung des Kindes notwendig wäre.“

kann aktiv (bewusst) erfolgen , aber auch passiv (unbewusst) aus mangelnder Einsicht und aus dem Nichterkennen von Bedarfssituationen

Formen Man unterscheidet:

Körperliche Vernachlässigung: Grundversorgung eines Kindes (wie z.B. Körperpflege, Ernährung, Krankenbehandlung) nicht gewährleistet

Psychische (oder auch emotionale) Vernachlässigung: Lieblose Eltern-Kind-Beziehung (z.B. Anschreien, Einschüchterung, Beleidigung, Missachtung oder Sündenbockstellung)

Formen 2. Misshandlung

Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

besonders schwere Form der Verletzung des Kindeswohls

physische, wie psychische Gewaltakte

Formen Man unterscheidet:

Körperliche Misshandlung: direkte Gewalteinwirkung durch z.B. Ohrfeigen, Schlagen, Würgen etc.

Emotionale Misshandlung: ähnlich wie psychische (emotionale) Vernachlässigung, Schädigung der Entwicklung des Kindes durch Ablehnung, Terrorisierung, Isolierung und Verängstigung

Formen

Beschimpfen, Verspotten, Erniedrigen, Ignorieren, Liebesentzug

Quälen, Einsperren, Isolieren von Gleichaltrigen, Sündenbockrolle, massive Bedrohungen

aber auch zu starkes Behüten eines Kindes, Überforderung durch unangemessene Pflichten

Formen 3. Sexueller Missbrauch

beginnt, wenn Erwachsene absichtlich Situationen herbeiführen, um sich sexuell zu erregen u. das Missbrauchsopfer sich auf Grund seiner körperliche, geistigen, emotionalen u. sozialen Entwicklung gegen die Übergriffe nicht wehren kann

Folgen Gewalt hat immer gravierende

Auswirkungen.

massiver Eingriff auf die körperliche, kognitive und psychische Gesundheit

Folgen Es gibt Kurzzeitfolgen: kurz- und

mittelfristige Reaktionen – innerhalb der ersten 2 Jahre auftreten

und Langzeitfolgen: Auswirkungen, die länger als die Kurzzeitfolgen bestehen u. erst nach 2 Jahren zu beobachten sind

Kurzzeitfolgen kognitive-emotionale Reaktionen:

Aufmerksamkeits-, Konzentrationsstörungen, Schulschwierigkeiten, Depressionen, Angst, niedriger Selbstwert, selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität

somatische und psychosomatische Beschwerden: körperliche Verletzungen, Atembeschwerden, chronische Bauch-, Kopfschmerzen, Ess- und Schlafstörungen, Enuresis, Enkopresis

Kurzzeitfolgen Auffälligkeiten im Sozialverhalten:

Weglaufen, Distanzlosigkeit, Schuleschwänzen, Rückzugsverhalten, Aggressivität, Impulsivität, sexualisiertes Verhalten, Delinquenz

Langzeitfolgen Posttraumatische Belastungsstörung:

beharrliches Wiedererleben des Ereignisses, bewusste Vermeidung von Situationen, die mit dem Ereignis in Verbindung stehen, anhaltende Symptome erhöhten Erregungsniveaus (Reizbarkeit)

Angststörung/Depression: Ängstlichkeit, Angst- und Zwangsstörungen, Unsicherheit, Depression, Schuld- und Schamgefühl, Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühle, Einsamkeitsgefühle, Ärger

Langzeitfolgen Persönlichkeitsstile/Persönlichkeitsstörungen:

Impulsivität, emotionale Instabilität, Borderline-Persönlichkeitsstörung, dissoziative Identitätsstörung

Suchtverhalten: Alkohol, Medikamente, illegale Drogen

Selbstschädigendes Verhalten: Selbstverletzung, Suchtmittelmissbrauch, erhöhte Bereitschaft zu Risikoverhalten

Langzeitfolgen Psychosomatische Symptome: Körperliche

Symptome ohne organischen Befund (z.B. chron. Bauchschmerzen)

Suizidalität: Suizidgedanken, -handlungen

Schlafstörungen: chronische Einschlaf- und Durchschlafstörungen, schlechte Schlafqualität

Langzeitfolgen Essstörungen: Magersucht, Fress-Brech-

Sucht

Sexuelle Störungen (bei sex. Missbrauch)

Störungen im sozialen Bereich: Störungen zwischenmenschlicher Beziehungen

Anzeichen kein typisches „Misshandlungs-,

Missbrauchssyndrom“ Schwierigkeit: abgesehen von körperlichen

Anzeichen gibt es keine eindeutigen Hinweise Veränderungen des Kindes, die auf

Missbrauch/Misshandlung hindeuten, können im körperlichen u. psychosomatischen Bereich, im Leistungsbereich u./od. im emotionalen u. sozialen Verhalten gegeben sein.

Anzeichen Körperliche und psychosomatische

Anzeichen: Einnässen, Einkoten Störungen im Essverhalten, Appetitmangel häufige Schmerzen im Bauchraum Ohnmachtsanfälle Schlafstörungen Sprachstörungen z.B. Stottern häufiges Kranksein

Anzeichen Anzeichen im Leistungsbereich:

Nachlassen von Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit u. Ausdauer

Schulleistungen verschlechtern sich rapid Störungen im Denkvermögen z.B. Verwirrung plötzliche Aktivitätsveränderung z.B. deutlich

gesteigerter od. verminderter Antrieb Auffälligkeiten im Sportunterricht

Anzeichen Anzeichen im emotionalen und sozialen

Verhalten: Ängste, geringes Selbstwertgefühl Rückzug, Isolation, Flucht in eine

Phantasiewelt Stimmungswechsel z.B. übertriebene

Heiterkeit, Depression Selbstverletzendes Verhalten Z.B. exzessives

Nägelkauen, Haarausreißen Suizidversuche

Anzeichen Anzeichen im emotionalen und sozialen

Verhalten: auffallend sexualisiertes Verhalten, versteckte

od. offene sexuelle Äußerungen Auffälligkeiten im Sozialverhalten z.B.

Weglaufen, Diebstähle, Aggression Schuld- und gravierende Schamgefühle Störungen im Hygieneverhalten z.B. extreme

eigene Vernachlässigung, Waschzwang Rückschritte oder Verzögerung in der

Entwicklung

Anzeichen Diese Symptome können, müssen aber

nicht Hinweise auf Missbrauch sein. Sie zeigen aber mit Sicherheit, dass ein

Kind in großer Not ist. In welche Not das Kind sich befindet,

weiß man allein auf Grund der Symptome nicht.

Vorgangsweise bei Verdacht Wahrnehmung von Veränderungen

Verhaltensveränderungen einer Schülerin/eines Schülers werden wahrgenommen

SchülerIn spricht über ihre/seine Probleme Gerüchte über Probleme einer

Schülerin/eines Schülers

Vorgangsweise bei Verdacht Unterstützung durch Personen und/oder

durch ExpertInnen Orientierungsgespräche mit

Personen suchen zu denen man Vertrauen hat

Fachspezifische Beratungsstellen (SchulpsychologInnen und SchulärztInnen, Jugendamt, Kinderschutzzentren, Kinder- und Jugendanwaltschaft)

Vorgangsweise bei Verdacht Wichtige Hinweise:

Ruhe bewahren! Überreaktion kann dem Kind sehr schaden.

Zuhören, dem Kind Vertrauen schenken Geplante Handlungsschritte aus der Sicht

des Kindes auf negative Auswirkungen prüfen

Emotionale Bindung eines Kindes an seine Eltern und seine Abhängigkeit von ihnen muss immer mitgedacht werden

Conclusio Gewalt hat immer gravierende

Auswirkungen; massiver Eingriff auf die körperliche, kognitive und psychische Gesundheit;

kein typisches „Misshandlungs-, Missbrauchssyndrom“; Schwierigkeit: abgesehen von körperlichen Anzeichen gibt es keine eindeutigen Hinweise

Conclusio Psychosomatische Anzeichen,

Anzeichen im Leistungsbereich und im emotionalen/sozialen Verhalten

Diese Symptome können, müssen aber nicht Hinweise auf Missbrauch/Misshandlung sein. Sie zeigen aber mit Sicherheit, dass ein Kind in großer Not ist und Hilfe benötigt.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit !