Post on 26-Jan-2016
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1. Vorbemerkung
Österreich ist ein Einwanderungsland nicht selbst verordnet, aber de facto; Selbstverständnis hat das noch nicht akzeptiert
(Begrifflichkeiten, historisches Selbstbild); Politik hat diese Tatsache auch nicht offensiv vermarktet
(Abwehrreflexe gegen das Thema; offizielle Zuwanderungsquote versus reale Entwicklung).
Österreich ist ein Einwanderungsland, weil Natürliche Bevölkerungsbilanz +- Null ist, aber Wirtschaft rascher wächst als Produktivität und
Nachfrage nach Arbeitskräften steigt; Sektorale Nachfrage nicht durch das inländische
Arbeitskräfteangebot gedeckt werden kann (Tourismus, Baugewerbe, Pflegeberufe);
Migrationskontrolle niemals lückenlos erfolgen kann (DDR).
2. Phasen der Zuwanderung
1. Nachkriegszeit 1945-1960 Erhebliche Zuwanderung, aber nicht als “normale”
Migration gesehen - displaced persons, Flüchtlinge, die von Österreich aufzunehmen sind. 1956 politische Flüchtlinge aus Ungarn, Sudetendeutsche
aus Böhmen und Mähren, Gotscheer Deutsche aus Slowenien;
VZ 1961: ausländische Bev. 102,000 (1.4 %), ausländische Arbeitskräfte: 20,000
Migration folgte nicht dem ökonomischen Push- und Pullmuster, keine Migrationspolitik wurde entwickelt;
In der öffentlichen Wahrnehmung, Migration war kein Thema des Wiederaufbaus.
2. Gastarbeiterwanderung bis 1973 Verbreiterung des nationalen Arbeitsmarktes
Wachsende Wirtschaft bei Vollbeschäftigung (ALQ: 3%) und sinkendem inländischen AKangebot;
Geregelte Anwerbeabkommen mit Spanien (1962), Jugoslawien, Türkei; Rotationssystem bei Primat der Inländerbeschäftigung;
Zahlen: foreign pop. 1963: 107,000 1973: 303,000 (+183%); foreign labour force 1963: 21,000 1973: 227,000
(+980%)
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foreign population foreign labour force Yugoslavia Turkey
intermediate phase III
intermediate phase I intermediate phase II new normality establishednormality
Intermediate phase I: From the beginning of guest worker immigration until 1973
Zuwanderung war kein öffentliches Thema, die Interessen der Unternehmer dominierten;
Die Gastarbeiter wurde willkommen geheißen und wurden als Quelle zusätzlichen Wirtschaftswachstum gesehen;
Verdrängung ging leicht: Unterbringung Behelfswohnung, Stadtrand, Baustelle; nur Männer, keine gesellschaftliche Sichtbarkeit;
Erst als die erste ökonomische Krise auftrat, änderte sich die öffentliche Meinung drastisch.
3. Anwerbestopp und Familiennachzug 74-84 Erdölpreiskrise und Ende der Hochkunjunktur; Zuwanderung wurde zu einem öffentlichen Thema, die
Interessen der inländischen Arbeitnehmer standen im Vordergrund;
Gastarbeiter nun als Belastung für einen Prozess der Readjustierung des AM gesehen; Migrationspolitik war abermals AM-politik (Förderung der Rückwanderung);
Aber: Anwerbestopp und Rückwanderung waren Signale sich in Österreich zu verfestigen; eine zirkuläre Migration mutiert zu einer Einwanderung; Familiennachzug wird wichtig.
Figures: foreign pop. 1974: 311,000 1984: 296,000 (-5%) foreign labour force 1974: 222,000 1984: 139,000 (-
37%)
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intermediate phase III
intermediate phase I intermediate phase II new normality establishednormality
Intermediate phase II, 1974-1984: Stagnation, return migration and family reunification
3. Neue Zuwanderung und beginnende Abschottung 1985-94
Außergewöhnliche Umstände (wachsende Wirtschaft, Fall des Eisernen Vorhanges Kriege in Kroatien (91-95) und Bosnien-Hercegovina (92-95)
Zunahme des Arbeitskräfteangebots ohne aktive Rekrutierung (Asylwerber, Kriegsflüchtlinge, Arbeitstouristen)
Figures: foreign pop. 1985: 301,000 1994: 669,000 (+122%) foreign labour force 1985: 140,000 1994: 290,000
(+107%)
Intermediate phase III, 1985-1994: Re-immigration and walling off by law
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intermediate phase III
intermediate phase I intermediate phase II new normality establishednormality
Migration wurde ein extrem wichtiges politisches Thema; Öffentliche Wahrnehmung war gekennzeichnet durch das
Gefühl „wir werden überflutet“; tatsächliche Zunahme der ausländischen Bürger und der urbanen Konzentration;
Die FPÖ erhöht ihren Stimmenanteil von 5% (1986) to 30%, 1992 wurde das Volksbegehren „Österreich zuerst“ gestartet; das „Lichtermeer“ war die zivilgesellschaftliche Antwort;
In der Folge wurde das Asylgesetz verschärft und erstmals ein Niederlassungsgesetz verabschiedet, welches Elemente einer Zuwanderungskontrolle enthielt (Quote, Antrag vor Einreise)
4. Stabilisierung auf hohem Niveau Familienzusammenführung als ein Echo auf die hohe
Zuwanderung Anfang der 90er Jahre und die später erfolgte Einbürgerung;
Figures: foreign pop. 1995: 677,000 2002: 743,000 (+9%) foreign labour force 1995: 300,000 2002: 334,000
(+11%)
‘New normality’, 1995-2002: Stagnation on a high level
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intermediate phase I intermediate phase II new normality establishednormality
Migration ist weiterhin ein wichtiges Thema, aber die öffentliche Meinung ist resistenter geworden gegenüber simplen Parolen (Fall Zogaj macht mich skeptisch);
Verlagerung der Debatte von Zuwanderung zum Islam; Der Gesetzgeber hat 2005 mit dem Fremdenrechtspaket
eine umfassende Neuregelung vorgenommen (Asylgesetz, Fremdenpolizeigesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) Kontrolle der Zuwanderung aus Drittsaaten; Verordnete Integrationsmaßnahmen (language courses,
history courses); Klare Unterscheidung zwischen Asyl, Aufenthalt und
Niederlassung
3. Strukturmerkmale
1. Bestand an Ausländern Von den 8.182.000 Einwohnern Österreichs
(2006) Haben rund 1.150.000 ihren Geburtsort im Ausland
(15%); Haben rund 10% bzw. 790.000 keine österreichische
Staatsbürgerschaft; Zwei Unschärfen: im Inland geborene Ausländer, im
Ausland geborene Inländer
2. Herkunft die Hälfte der ausländischen Wohnbevölkerung
stammt aus dem ehemaligen Jugoslawiens (328.300 oder 45%) bzw. 130.100 Personen bzw. 18% aus der Türkei;
19% aus der EU15 und 13% aus den neuen MS der EU-27; stark steigend
Rest aus aller Herren Länder;
Abbildung: Verteilung der Zuzüge ausländischer Staatsangehöriger 1996-2000
Deutschland
Polen
Ex-Jugos-lawien
Ex-CSFR
Ungarn
Türkei
Afrika
Asien
Nord- undSüdamerika
Sonstige EU
SonstigeMOEL-Staaten*)
Sonstiges Europa
Polen
Ungarn
Türkei
Asien
Afrika
Sonstige EUDeutschland
Ex-Jugos-lawien
Ex-CSFR
Nord- undSüdamerika
SonstigeMOEL-Staaten*)
Sonstiges Europa
Zuzüge:
0,5 mm = 2.500 Personen
1,0 mm = 5.000 Personen
Wegzüge:
0,5 mm = 2.500 Personen
1,0 mm = 5.000 Personen
Verteilung der Zuzüge ausländischer Staatsangehöriger 1996 - 2000(Jahresdurchschnitt)
Verteilung der Wegzüge ausländischer Staatsangehöriger 1996 - 2000(Jahresdurchschnitt)
Q: STATISTIK AUSTRIA; Wanderungsstatistik 1996 - 2000. - *) Zu den sonstigen MOEL-Staaten geh ören: Albanien, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauenund Rumänien.
3. Altersstruktur Die ausländische Wohnbevölkerung ist jünger als die
inländische Altersgruppe Ö Ausländer 0 - 15 17 20 15-60 61 73 60 + 22 7
Aber: Differenzierung nach Herkunft
4. Verteilung in Österreich sehr ungleich; abhängig von
Struktur der Industrie Vorhandensein eines ethnischen Netzes (Pforte
„Familiennachzug“) Landschaftlicher Attraktivität
Absolute Zahl: W (300.000), OÖ (102.200), NÖ (95.800)
Relativer Anteil an der Bevölkerung: W (16%), V (14%), S (12%) K. (6%), Stmk. (5%) und B.(5%)
5. Berufstätigkeit - soziale Stellung Heterogenität der Ausländerbeschäftigung: Sanduhr-
Modell Ex-Yu + Türkei: 75% Hilfs- und angelernte Arbeiter EU + Nordamerika: 45% leitende Angestellte oder
Selbständige Dieses Muster erweist sich als zeitlich und generational
stabil: Vererbung der schlechten Schulausbildung Gläserne Barrieren und die Selbsterfüllung von
Vorurteilen
6. Berufstätigkeit - sektorale Verteilung Hohe Konzentration auf 6 Branchen
Bauwirtschaft, Tourismus, Handel plus Reparaturwesen, unternehmensorientierte Dienste, Erzeugung und Verarbeitung von Metallen sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung.
3-D-Branchen: dirty, danger, dreadful Spezifische Kennzeichen: wenig Geld, flexible Zeit,
geringes Prestige
Schwierige und komplexe Materie gebe Beispiele 4.1 NAG
Neuregelung des Zuwanderungsrechts unterscheidet grundsätzlich zwischen Aufenthalt und
Niederlassung. Aufenthalt = vorübergehend und befristet Niederlassung = nach 5 Jahren Aufenthalt mit
Dauercharakter Unterscheidet zwischen EWR-Bürgern und
Drittstaatsangehörigen
4. Rechtliche Neuorientierung
EWR-BürgerInnen Recht auf Freizügigkeit, nur Dokumentation in Form einer
Anmeldebescheinigung (3 Monate nach Niederlassung) Drittstaatsangehörige
Aufenthalt quotenfrei auf ein Jahr befristet Zweckorientiert: Rotationsarbeitskraft,
Betriebsentsandter, Selbständiger, Künstler, Sonderfälle
Niederlassung quotenpflichtig zunächst auf ein Jahr befristet Zweckorientiert: Schlüsselkraft, unbeschränkter oder
beschränkter Arbeitsmarktzugang, Angehöriger. Nach 5 Jahren „Daueraufenthalt-EG“
Niederlassung quotenfrei Familienangehörige (EhegattInnen und minderjährige
unverheiratete Kinder) von EWR-BürgerInnen zunächst auf ein Jahr befristet nach 5 Jahren „DA – Familienangehöriger“
NAG regelt Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels Abs. Versagungsgründe (Aufenthaltsverbot,
Ausweisung, Überschreitung der Dauer des visumfreien Aufenthalts, Umgehung der Grenzkontrolle, Aufenthaltsehe oder -adoption)
allgemeine Voraussetzungen (freier Quotenplatz, Eingehen der IV)
speziellen Voraussetzungen (ortsübliche Unterkunft, Krankenversicherungsschutz, regelmäßige Einkünfte: €726/€1.091
Neuregelung der IV zwei Module: M1 Alphabetisierung von
Drittstaatsangehörigen (75 E), M2 Erlernung der deutschen Sprache und Elemente der Landeskunde (300 E)
Befreit sind Kinder > 9 Jahre, Personen auf Grund eines amtsärztlichen Attests
Die IV gilt als erfüllt, wenn Schulabschluss mit positiver Deutschnote, allgemeine Universitätsreife, Schlüsselkraft
Kurskosten von M1 bis zu 375 Euro ersetzt, M2 750 Euro
4.2 Asylgesetz 2005 Regelt Aufnahme von Flüchtlingen und polit. Asyl (GFK)
Zielrichtung Beschleunigung der Verfahren; Bei klaren Zuständigkeiten (Dublinverfahren, Eurodac-
Treffer) kann (Einzelfallprüfung und Verhältnismäßigkeit) Schubhaft verhängt werden;
explizite Mitwirkungsverpflichtungen; Beschleunigte Asylverfahren bei „negativer
Prognoseentscheidung“ hinsichtlich Asyl
4.3 Staatsbürgerschaftsrechtsnovelle Staatsbürgerschaft als Abschluss einer gelungenen
Integration eines Fremden Nach 30 Jahren Anspruch, nach 10 Jahren tatsächlicher
Aufenthalt (Unterbrechung < 2 J) Verleihungsvoraussetzungen (bejahende Einstellung zu Ö,
keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Lebensunterhalt) Verleihungshindernissen (Aufenhaltsverbot, Naheverhältnis
extremistischer Gruppierung) bundesweit einheitliches Mindestniveau: Sprache,
Geschichte, polit. System
4.4 Ausländerbeschäftigungsgesetz unterwirft unselb. Beschäftigung der
Bewilligungspflicht Formen der Zulassung
Beschäftigungsbewilligung: erstmalige Beschäftigung; keine Quote, daher nur Pers. mit Aufenthaltstitels (Familienang., EU)
Arbeitserlaubnis nach einem Jahr erlaubter Beschäftigung innerhalb der letzten 14 Monate
Befreiungsschein:5jähriger Beschäftigung (2. Generation, wenn letztes PSjahres in Ö)
Saisonkräfte befristete, nicht verlängerbare Beschäftigungsbewilligung
(Saisonierregelung) durch Verordnung festgelegte Kontingente
(Ministerverantwortung); Beschäftigungsbewilligungen mit einer maximalen
Geltungsdauer von 6 Monaten Person darf bei einem Arbeitgeber wiederholt angestellt
werden, nach einem Jahr Beschäftigung aber Pause von 2 Monaten
Schlüsselkraft Mindestentlohnung von 60% der
Höchstbeitragsgrundlage (2007: 2.304,-- €) sowie Führungskraft, Uniausbildung oder sonstiges.
Ausnahmen EWR (Übergangsbestimmungen) Top-Manager (4.608 Euro monatl) Wissenschaftler und Forscher
Quotensystem; Schnittstelle zum NAG Schlüsselkraftquote Familiennachzugsquote Mobilitätsquote: Drittstaatsangehörige, in einem anderen
EU-Staat niedergelassen; Zweckwechslerquote: Drittstaatsangehörigen nach
Familienzusammenführung zum Zweck der Arbeitsaufnahme.
Privatierquote: Drittstaatsangehörige ohne Arbeitsaufnahme (wenn ca. 1.500 Euro monatl.)
5.Ausblick
Österreich wird ein „reifes“ Einwanderungsland; Rechtlich differenziertes System der Kontrolle und
Selektion; Einen Common Sense über die grundsätzliche
politische Ausrichtung; Herausforderungen
Schwierige Trennung von „Wirtschafts“- und GFK-Flüchtlingen;
Schwieriger Interessensausgleich zwischen „mehr“ (WKÖ, IV) und „weniger“ (AK, ÖGB)
Schwierige öffentliche Vermittlung, dass Zuwanderung langfristig konstitutiv für Ö ist