PowerPoint Presentation · Antidiabetika, Lipidsenker, Magen-Darm-Mittel und Antidepressiva...

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TEURE MEDIKAMENTEFÜR SELTENE UND WENIGER SELTENE KRANKHEITEN

ÄRZTEKONGRESS AROSA

24. MÄRZ 2018

ETZEL GYSLING

ÜBERSICHT

Onkologie

«Seltene» Krankheiten

Weniger seltene Krankheiten

Gar nicht seltene Krankheiten

7 Punkte im Umgang mit teuren Medikamenten

ONKOLOGIE: PREISEXPLOSION

Innerhalb der letzten 15 bis 20

Jahre sind die Kosten einer

Krebsbehandlung massiv

angestiegen

Mehr Möglichkeiten der Behandlung

auch seltener Krebsformen

Verwendung von monoklonalen

Antikörpern (verschiedene Prototypen)

und von Proteinkinase-Hemmern

(Prototyp: Imatinib = Glivec)

Oft Kombinationen verschiedener

Wirkprinzipien

KOSTENANSTIEG: UM WIEVIEL?

Gegenüber 1998 sind die Kosten einer Krebsbehandlung in der

CH im Durchschnitt um den folgenden Wert angestiegen:

(1) Um das Vierfache

(2) Um das Zehnfache

(3) Um das Hundertfache

(4) Um das Zwanzigfache

Franco Cavalli:

Exorbitante Preissteigerungen

Vor etwa 20 Jahren betrugen die Kosten bei

besonders teuren Fällen 400 bis 500 Franken

pro Monat. Heute ist bei der Behandlung mit

neuen Medikamenten oft mit monatlichen

Kosten von 10 bis 15’000 Franken zu rechnen.

Dies führt zur Zerstörung des öffentlichen

Gesundheitswesens.

Cavalli F. Widerspruch 2016; 35 (68): 153-64

WIE TEUER IST DIE SCHWEIZ?

Im Vergleich mit 18 anderen «wohlhabenden» Ländern sind die Kosten einer Krebsbehandlung in der Schweiz an

(1) dritter Stelle

(2) sechster Stelle

(3) erster Stelle

(4) zehnter Stelle

NB: USA und Kanada in diesem Vergleich nicht berücksichtigt

PREIS DER KREBSTHERAPEUTIKA

26 Medikamente berücksichtigt (Datenstand Juni 2013)

Die Schweiz an dritter Stelle, nach Deutschland und Schweden

Bei der Hälfte der geprüften Mittel ist der CH-Preis am

höchsten

Vogler S et al. Lancet Oncol 2016; 17: 39-47

BEISPIELE (ONKOLOGIE)

Adjuvante Therapie des Mammakarzinoms

Hormonal: 1 Jahr Letrozol (Femara) kostet 1138.-

Mit Trastuzumab (Herceptin) > 1 Jahr kostet 37’200.-

Melanom (in Abhängigkeit von bestimmten Mutationen)

Zum Beispiel mit Trametinib (Mekinist) + Dabrafenib (Tafinlar):

Jahreskosten im Bereich von 163’000 Franken

SELTENE KRANKHEITEN

In den letzten Jahren sind mehr und mehr Medikamente

verfügbar geworden, mit denen auch seltene Krankheiten

behandelt werden können. Beispiele:

Morbus Fabry (Alpha-Galaktosidase-Mangel) > Migalastat (Galafold)

5q-assoziierte spinale Muskelatrophie > Nusinersen (Spinraza)

Erythropoetische Protoporphyrie > Afamelanotid (Scenesse)

KOSTEN BEI SELTENEN KRANKHEITEN

Da die Medikamente nicht zur Heilung führen, sondern nonstop

eingenommen werden müssen, entstehen hohe Kosten

Migalastat: 246’960 Franken pro Jahr (CH)

Nusinersen: In der CH unbestimmt; in DE: € 621’354 im 1. Jahr, in

den Folgejahren noch die Hälfte

Afamelanotid: In der CH unbestimmt; in DE etwa € 60’000 pro

Jahr

HÄMOPHILIE

Ein mit dem X-Chromosom vererbter Defektder Blutgerinnung:

Hämophilie A = Defizienz des FaktorsVIII Hämophilie B = Defizienz des Faktors IX

Schwere Formen erfordern prophylaktisch die regelmässige Zufuhr des defizitärenGerinnungsfaktors – eine Therapie, die Rasputin noch nicht zurVerfügung stand

KOSTEN DER BLUTUNGSPROPHYLAXE

Für die in der Schweiz lebenden Personen mit einer schweren

Hämophilie ist pro Jahr total mit folgenden Kosten zu rechnen

(1) 10 Millionen Franken

(2) 50 Millionen Franken

(3) 70 Millionen Franken

(4) 100 Millionen Franken

KOSTEN: HÄMOPHILIE

Die Blutungsprophylaxe bei einer schweren Hämophilie erfordert eine individualisierte Dosierung, die bei einer Hämophilie A zwischen 20 und 40 E Faktor VIII pro kg alle 2 bis 3 Tage beträgt

Die heute verfügbaren «modernen» Präparate kosten etwa 1000 Franken pro 1000 E

Daraus ergeben sich Kosten zwischen 220’000 und 350’000 Franken jährlich, pro Person

Es gibt in der Schweiz etwa 300 Personen mit einer schweren Hämophilie

MUKOVISZIDOSE

Die Mukoviszidose («zystische Fibrose») beruht auf Mutationen des CFTR-Gens

(«cystic fibrosis transmembrane conductance regulator»). ∆F508 ist die Mutation, die

am häufigsten vorkommt. Daneben in der Schweiz und bei Schweizer Emigranten

(Amish) wichtig: 3905insT

Die Muskoviszidose eine «Schweizer Krankheit», erstmals 1936 von Guido Fanconi

beschrieben

In der Schweiz sind etwa 1000 Personen von einer Mukoviszidose (wovon rund 64%

mit der ∆F508-Mutation) betroffen

Zur Behandlung der ∆F508-Mukoviszidose steht für Erwachsene und Jugendliche ab

12 Jahren ein Lumafactor/Ivafactor-Präparat (Orkambi) zur Verfügung

AUS DER NZZ VOM

14.3.2018

Noch sind

sich BAG und

Hersteller

nicht einig

WIRKSAMKEIT VON ORKAMBI

Die bisher vorliegenden Studienresultate zeigen «statistisch signifikante», aber

klinisch sehr bescheidene Verbesserungen dank Orkambi: das FEV1 wird gegenüber

Placebo nur gerade um 3% erhöht*

Früher eingeführte Therapien waren wirksamer: Tobramycin führte beispielsweise zu

einer FEV1-Verbesserung um 10%

Das britische NICE hält Orkambi nicht für «kosteneffektiv»

Bisherige Therapien kosten etwa 20’000 Franken pro Jahr

* Wainwright CE et al. N Engl J Med 2015; 373: 220-31

MULTIPLE

SKLEROSE:

THERAPIEKOSTEN

Ocrelizumab (Ocrevus): das neueste MS-Medikament

wird als neue Option angeboten – die Experten zeigen sich enthusiastisch

Dosierung: alle 6 Monate 600 mg (iv) > Kosten = CHF

24’538 pro Jahr

Viele andere MS-Therapien sind ähnlich teuer

• Teriflunomid 21’480 – Interferon-beta-1a 19’404 – Dimethylfumarat 23’700 – Fingolimod 25’234

Mit anderen Worten: die meisten MS-Therapien

kosten etwa CHF 20’000 bis 25’000 pro Jahr

MULTIPLE SKLEROSE: ALEMTUZUMAB

Alemtuzumab wurde ursprünglich unter dem Namen MabCampath zur

Sekundärbehandlung der chronisch-lymphatischen Leukämie zugelassen.

Später wurde das Mittel unter dem Namen Lemtrada bei MS getestet: im Vergleich

mit Interferon beta-1a geringeres Schubrisiko. Aber: Infusionsreaktionen,

Autoimmunerkrankungen, Neoplasien (in den USA nur limitiert zugelassen)

Ein Behandlungszyklus (2 Jahre) kostet 78’000 Franken

Preis pro mg: MabCampath 25 Franken – Lemtrada 806 Franken

MULTIPLE SKLEROSE: KEINE GENAUEN ZAHLEN

Bis vor kurzem gab es in der Schweiz kein Register

der Personen, die von einer MS betroffen sind

Ungefähre Schätzung: rund 10’000 Patientinnen

und Patienten

Selbst wenn nur ein Teil dieser Personen

behandelt wird (z.B. 5000), ergeben sich

Jahreskosten von mehr als 100 Millionen Franken

CHRONISCHE

HEPATITIS C

Gemäss Angaben des BAG weisen in der Schweiz wahrscheinlich rund 60’000 Menschen eine chronische Hepatitis-C-Infektion auf

Zum Risiko einer chronischen Hepatitis-C-Infektion gibt es keine zuverlässigen Angaben

Über 20 bis 30 Jahre kommt es bei 5 bis 20% (bis 30%?) zu einer Leberzirrhose und darauffolgend bei 1 bis 5% zu einem Leberzell-Ca

Aber: …impact, effectiveness and outcomes of treatment remain uncertain … (Westbrook RH et al. J Hepatol 2014; 61: S58-68)

HEPATITIS C

In den letzten Jahren wurden

zahlreiche besser wirksame und

besser verträgliche Medikamente

verfügbar. Mehrere Präparate, die

vor 5 Jahren noch Mittel der Wahl

waren, sind verschwunden

Daclatavir (Daklinza)

Sofosbuvir/Velpatasvir (Epclusa)

Dasabuvir (Exviera)

Sofosbuvir/Ledipasvir (Harvoni)

Glecaprevir/Pibrentasvir (Maviret)

Sofosbuvir (Sovaldi)

Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir (Viekirax)

Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir (Vosevi)

Elbasvir/Grazoprevir (Zapatier)

MEDIKAMENTE: HEPATITIS C

US$ 5000 15000 25000

Simeprevir

Ombitasvir-

Paritaprevir

-Ritonavir

Ledipavir-

Sofosbuvir

Andrieux-Meyer I et al. Lancet Global Health 2015; 3: e676-7

NZZ

SEPTEMBER 2017

Würden alle Leute mit

einer chronischen

Hepatitis C behandelt,

so ergäben sich – bei

diesen Preisen! –

Kosten von mehr als

1 Milliarde CHF

HOCHWIRKSAME LIPIDSENKER (PCSK9-HEMMER)

Neue hochwirksame Lipidsenker – Alirocumab (Praluent) und Evolocumab (Repatha) – stehen zur Verfügung. Im Vergleich mit höchstdosiertem Rosuvastatin (40 mg/Tag) kosten sie etwa

(1) dreimal mehr

(2) fünfmal mehr

(3) zehnmal mehr

(4) fünfzehnmal mehr

NEUE LIPIDSENKER: WIE WIRKSAM?

Alirocumab (Praluent, alle 2 Wochen 75 oder 150 mg s.c.) wurde bei knapp 19’000

Personen mit der Anamnese eines akuten koronaren Syndroms doppelblind mit

Placebo verglichen

LDL-Cholesterin wurde von Alirocumab auf durchschnittlich 1,4 mmol/l gesenkt

(Placebo: 2,6 mmol/l). Der kombinierte primäre Endpunkt (major adverse cv events)

wurde in der Alirocumab-Gruppe signifikant seltener (von 9,5%) erreicht als unter

Placebo (11,1%). Koronare oder kardiovaskuläre Todesfälle: kein signifikanter

Unterschied zwischen den beiden Gruppen

TEURE MEDIKAMENTE NOCH UND NOCH

Psoriasis (z.B. Ixekizumab = Taltz)

Parkinson (z.B. Safinamid = Xadago)

Herzinsuffizienz (Valsartan/Sacubitril = Entresto)

Rheumatoide Arthritis (z.B. Baricitinib = Olumiant)

Asthma (z.B. Mepolizumab = Nucala)

HAUSARZTPRAXIS NICHT GESCHONT

Die Schweiz steht bezüglich der Preise für «Hausarzt-Medikamente»

an erster Stelle von 10 «wohlhabenden» Ländern

Dies das Resultat einer Studie, in der die Kosten der Antihypertensiva, Analgetika, oralen Antidiabetika, Lipidsenker, Magen-Darm-Mittel und Antidepressiva verglichen wurden

• Morgan SG et al. CMAJ 2017; 189: E794-9

GROSSE UNTERSCHIEDE

Errechnet wurden die

Pro-Kopf-Auslagen für die

erwähnten Arzneimittel-

Kategorien für das Jahr

2015 (in US$):

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

Jahreskosten in $

EIN BEISPIEL: HYPERURIKÄMIE

Neuerdings stehen zwei Konkurrenten von Allopurinol (Zyloric u.a.) bereit:

Febuxostat (Adenuric) kann auch bei mässig eingeschränkter Nierenfunktion in unveränderter Dosis gegeben werden. Unerwünschte Wirkungen gesamthaft nicht geringer als unter Allopurinol. Störend: Gichtschübe initial häufiger als unter Allopurinol.

Lesinurad (Zurampic) ist ein neues Urikosurikum. Wirksam in Kombination mit einem Xanthinoxidasehemmer, aber nicht ganz problemlos bezüglich Nierenfunktion.

WAS KOSTEN DIE GICHTMITTEL?

Febuxostat (80 mg/Tag) kostet 502 Franken pro Jahr

01Lesinurad (200 mg/Tag) kostet 485 Franken pro Jahr

02Allopurinol (300 mg/Tag) kostet 74 Franken pro Jahr, d.h. rund 6½-mal weniger

03

UND DIE KONSEQUENZEN?

White WB et al. N Engl J Med 2018; 378: online (March 12)

IN DEN USA …

WER WÜRDE ES

GLAUBEN?

Vimovo, die Kombination von

Naproxen und Esomeprazol, die

in der Schweiz nicht gerade billig

ist (68½ Rappen pro Tablette),

kostet in den USA

rund US$ 42 pro Tablette

also etwa 58-mal mehr!

UMGANG MIT

HOHEN PREISEN

In der Hausarztpraxis sind die Möglichkeiten, Einfluss auf die Medikamentenkosten auszuüben, offensichtlich beschränkt

Wir sollten aber nicht untätig bleiben!

Mindestens in den folgenden sieben Bereichen ist unsere Intervention möglich

1. KLINISCHER

MEHRWERT?

Statistisch signifikante Unterschiede bedeuten nicht notwendigerweise, dass ein teures neues Mittel einen klinischen Mehrwert bringt.

Immer daran denken, dass die Studien speziell darauf angelegt sind, einen Vorteil des neuen Mittels zu zeigen

Für neue Medikamente ist oft noch Jahre nach der Einführung nicht überzeugend nachgewiesen, dass sie eine gute Nutzen/Risiko-Bilanz aufweisen

2. VERGLEICH MIT

GOLDSTANDARD?

Die Behörden verlangen nur, dass ein neues Mittel bessere Resultate als ein Placebo erbringt

In vielen Fällen werden deshalb die neuen Mittel anfänglich (oder überhaupt) nicht mit den bekannten und bewährten Therapiestandards («Goldstandards») verglichen

Wir sollten bei allen Neuerungen nach kontrollierten Vergleichen mit den Goldstandards fragen

3. KEIN

ÜBEREILTER

EINSATZ!

Neue Medikamente bringen immer das Risiko mit sich, dass seltene unerwünschte Wirkungen noch ungenügend bekannt sind

Wenn die Behandlung nicht dringlich ist, lohnt es sich zu warten, um später die tatsächlich beste Option zu verschreiben

Allgemein kann gelten: nicht zu schnell die teuren neuen Mittel einsetzen, aber erfolgreiche neue Therapien nicht zu lange hinauszögern

4. PREISE

VERGLEICHEN!

Die meisten neuen Medikamente gehören zu einer Substanzklasse mit mehreren Varianten > Vergleichen lohnt sich auch finanziell

Ist der mögliche therapeutische Vorteil der teuren Variante gering, so kann man die kostengünstigere erwägen

Gibt es auch Generika in dieser Substanzklasse? Und sind sie tatsächlich billiger?

5. «OFF LABEL»-

ANWENDUNG

VERMEIDEN!

Die «Off Label»-Anwendung – d.h. für eine nicht offiziell zugelassene Indikation – ist nur dann sinnvoll, wenn diese Indikation bereits dokumentiert ist

Eine ungenügend dokumentierte «Off Label»-Anwendung kann zu schwerwiegenden medizinischen und rechtlichen Problemen führen

Vorsicht: auch die von Experten allenfalls empfohlene «Off Label»-Anwendung kann problematisch sein!

6. AKTIV KRITIK

ÄUSSERN!

Unsere Arzneimittelpolitik wird in sehr hohem Masse vom Lobbying interessierter Kreise beeinflusst

Wenn wir als Ärzteschaft eine humane und bezahlbare Medizin erhaltenwollen, dürfen wir nicht schweigen

“Après nous le déluge” ist keineOption!

7. PATIENTINNEN

UND PATIENTEN

EINBEZIEHEN!

Alle Leute müssen sich bewusst sein, was auf dem Spiel steht

Sogenannte Patientenorganisationen weisen meistens bedeutsame Interessenkonflikte auf: Misstrauen ist angezeigt

Der Konflikt zwischen individuellen Interessen und Allgemeinheit ist unvermeidlich und nicht wirklich lösbar