Quantentheorie - Physikalischer Verein...In der Quantentheorie aber ist der Koeffizient a und die...

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Seminar des Physikalischen Vereins

Frankfurt am Main

2018

Rainer Göhring

Quantentheorie

Quantenmechanik

Der Übergang

• BOHRs Arbeit von 1918 mit dem Titel „ On the quantum theory

of line-spektra“

– Teil 1: BOHRsche Theorie

– Teil 2: „The hydrogen spectrum“

– Teil 3: „On the spectra elements of higher atomic number“

bildete quasi den Endpunkt der bisherigen Quantentheorie , die

bestimmt war durch Bilder der klassischen Physik in Verbindung

mit Quantenbedingungen.

• Die Probleme der bisherigen Theorie blieben weiterhin ungelöst

W.L. BRAGG brachte die Situation auf den Punkt:

„. . . müßten wir montags, mittwochs und freitags die klassischen Gesetze und dienstags, donnerstags und samstags die Quantengesetze benutzen!“

• Aktivitäten zwischen 1919 und 1925: eine Zeit systematischen

Erratens und Vermutens vor dem Hintergrund des

Korrespondenzprinzips.

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 2

Quelle: Wikipedia

Quelle: Wikipedia

Wechselwirkung von Licht mit Materie

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 3

Nach R. LADENBURG (1882-1952) wird das Atom, was die Interaktion mit

einem Strahlungsfeld anbetrifft, als eine „Ansammlung“ von

harmonischen Oszillatoren angesehen, mit Frequenzen, die den

Absorptions-Frequenzen des Atoms entsprechen.

J.C. SLATER (1900-1976) postulierte, daß „virtuelle Oszillatoren“ ein

„virtuelles Strahlungsfeld“ emittieren – Spektrallinien. Diese sind

demnach nicht nur für Absorption, sondern auch für die Emission von

Strahlung verantwortlich (Spektrallinien).

H.A. KRAMERS (1894-1952) gelang es für die Dispersionstheorie der

Strahlung eine Formel zu finden, genauer zu erraten, die die

Polarisation der Atome durch das elektrische Feld der Strahlung in

Verbindung bringt mit Absorption und Emission entspr. den BOHRschen

Regeln. Auf diese Weise konnte er seine Theorie in Einklang mit dem

Korrespondenzprinzip bringen.Quelle:Wikipedia

Dispersion

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Forderung nach einer „Quantenmechanik“

• MAX BORN (1882-1970) veröffentlichte 1924 eine Arbeit

mit dem Titel „Über Quantenmechanik“.

• Er übernahm SLATERs Idee der „virtuellen Oszillatoren“,

die er durch harmonische Oszillatoren ersetzte und

forderte, daß sie durch die Hamilton-Funktion der

klassischen Mechanik beschrieben werden sollen.

• Um den BOHRschen „Quantensprüngen“ gerecht zu

werden, schlägt BORN vor, die Differential-Rechnung der

klassischen Mechanik durch ein Differenzen-Kalkül zu

ersetzen , um die Bohrsche Bedingung zu erfüllen:

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Quelle: Wikipedia

m n m nh E E E E

Hamilton-Funktion

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Quelle: Wikipedia

WILLIAM ROWAN HAMILTON (1805 - 1865) entwickelte 1833 ein

mathematisches Verfahren, um die Gleichungen der

klassischen Mechanik zu vereinfachen, indem nur noch erste

Ableitungen nach der Zeit auftreten.

Die Bewegungsgleichungen von (Systemen von) Teilchen

werden durch die Hamilton-Funktion H beschrieben:

H T U

T ist die kinetische Energie, ausgedrückt durch den Impuls

p = m·v, U ist die potentielle Energie. Für das einfache

Beispiel eines Teilchens der Masse m, das sich entlang der x-

Achse bewegt, hat H die Form:

2pH T U U

2m

Hamilton konnte nun zeigen, daß sich die zeitlichen ersten Ableitungen des Impulses p

und der Ortskoordinaten x durch (partielle) erste Ableitungen der Hamiltonfunktion

darstellen lassen: H Hx und p

x x

Unharmonischer Oszillator

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Harmonischer Oszillator: mx+k x=0

0x(t) a sin t

Unharmonischer Oszillator: x+f(x)=0

0 0 1 0 2 0 3 0x(t) a sin t a sin2 t a sin3 t a sin4 t

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N. Bohr1885-1962

M. Born1882-1970

W. Heisenberg1901-1976

W. Pauli1900-1958

P. Dirac1902-1984

E. Schrödinger1887-1961

Werner Heisenberg

• Geboren am 5.12.1901 in Würzburg in eine

Gelehrtenfamilie.

• Studium der Physik in München bei Arnold

Sommerfeld; Abschluß schon nach der Mindest-

studienzeit von 3 Jahren.

• 1923 Promotion mit mäßigem Erfolg – W. Wien

wollte ihn durchfallen lassen wegen mangelnder

Kenntnisse in Experimentalphysik.

• 1924 Assistent bei MAX BORN in Göttingen und enge

Zusammenarbeit mit NIELS BOHR in Kopenhagen.

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W. Heisenberg1901-1976

HEISENBERGs Credo

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Zum ersten Mal [beim ersten Zusammentreffen mit BOHR] verstand ich, daß BOHRs Blick auf

seine Theorie sehr viel skeptischer war als bei vielen anderen Physikern – z.B. SOMMERFELD

– zu dieser Zeit, und daß diese Einsicht in seine Theorie nicht das Ergebnis mathematischer

Analysen der zugrunde liegenden Annahmen war, sondern eine intensive Beschäftigung mit

den aktuelle Phänomenen. So war es ihm möglich die Zusammenhänge intuitiv zu erfassen,

anstatt sie formal abzuleiten.

„Da verstand ich: Erkenntnisse wurden in erster Linie auf diese Weise gewonnen, und erst

im nächsten Schritt gelang es, das Wissen in mathematischer Form zu fixieren und einer

rationalen Analyse zu unterwerfen.“

Er bezog sich auf Positivisten ERNST MACH: „Jede sinnvolle Frage lasse sich allein durch

empirische Beobachtung des ‚positiv Gegebenen‘ entscheiden; alles Übrige sei Metaphysik,

das heißt wissenschaftlich sinnlos“.

Entstehung der Quantenmechanik

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Im Sommer 1925 mußte sich Heisenberg auf die Insel

Helgoland zurückziehen, um Linderung seiner heftigen

Heuschnupfen-Attacke in der weitgehend pollenfreien

Seeluft zu finden.

Dort fand er Zeit, sich ganz seinen Ideen einer

„neuen Quantentheorie“ zu widmen. In einem wahren

Arbeitsrausch, manchmal die ganze Nacht durch,

brachte er in zehn Tagen seine revolutionären Ideen zu

Papier.

Quelle :Timo Kamph, Hamburg - flickr.com

„In Helgoland war ein Augenblick, in dem es mir wie eine

Erleuchtung kam, als ich sah, daß die Energie zeitlich

konstant war. Es war ziemlich spät in der Nacht. Ich

rechnete es mühsam aus, und es stimmte. Da bin ich

glücklich auf einen Felsen gestiegen und habe den

Sonnenaufgang gesehen und war glücklich.“

„Geburtsstunde“ der Quantenmechanik

WERNER HEISENBERG: „ Über die quantentheoretische Umdeutung kinematischer und

mechanischer Beziehungen“ Zs. f. Phys, 33:879-893, 1925:

in der Einleitung dieses Artikels legte er die Motivation seiner Überlegungen dar, daß man ….

– . . . den schwerwiegende Einwand erheben muß, daß jene Regeln als wesentlichen Bestandteil

Beziehungen zwischen Größen enthalten, die scheinbar prinzipiell nicht beobachtet werden können

(wie z.B. Ort, Umlaufzeit des Elektrons),

– . . . und daß schließlich die Ausdehnung der Quantenregeln auf die Behandlung der Atome mit

mehreren Elektronen sich als unmöglich erwiesen hat.

– . . . Bei dieser Sachlage scheint es geratener, jene Hoffnung auf eine Beobachtung der bisher

unbeobachtbaren Größen (wie Lage, Umlaufzeit des Elektrons) ganz aufzugeben, gleichzeitig also

einzuräumen, daß die teilweise Übereinstimmung der genannten Quantenregeln mit der Erfahrung

mehr oder weniger zufällig sei, und zu versuchen, eine

der klassischen Mechanik analoge quantentheoretische Mechanik

auszubilden, in welcher nur Beziehungen zwischen beobachtbaren Größen vorkommen.

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de I 12

„ Über die quantentheoretische Umdeutung . . .“ *)

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Bei allen Überlegungen zum damaligen Stand der Quantentheorie ging es letztendlich

immer um die Interaktion zwischen Licht und Materie, genauer zwischen Licht und Atom.

Für HEISENBERG war daher klar: „. . . also muß im Atom irgend etwas mit dieser richtigen

Frequenz schwingen und das muß doch bedeuten, daß man für das Elektron irgendeine

seltsame Kinematik einführen muß, die diese Frequenz durch Kombination zweier

stationärer Zustände liefert“.

Bei seiner Suche nach der „neuen Kinematik“ hatte er eine ganz neue Idee: die

Bewegungsgleichung eines Elektrons (unharmonischer Oszillator)

bleibt erhalten, aber die kinematische Interpretation der Größe x als Ortskoordinate in

Abhängigkeit von der Zeit wird verworfen.

x f(x) 0

*) Hier und im Weiteren wird aus dem Buch B.L. van der Waerden: „Sources of Quantum Mechanics“ zitiert

„ Über die quantentheoretische Umdeutung . . .“

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 14

Im Fall der klassischen Physik wird die Lösungsgleichung für den unharmonischen

Oszillator

durch eine Fourier-Reihe dargestellt ( ist dabei der Laufindex):

x f(x) 0

i tx(t) a e

In der Quantentheorie aber ist der Koeffizient a und die Frequenz – repräsentiert durch

ω – von der Quantenzahl n abhängig. Heisenberg schrieb statt dessen:

i (n,n ) tx(t) a(n,n )e

a(n, n- ) entspricht dem Übergang von n nach n- und der Zeitfaktor ω(n,n- ) entspricht

dem 2 -fachen der Frequenz des bei dem Übergang emittierten Lichtes.

„ Über die quantentheoretische Umdeutung . . .“

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Die „Übergangs-Größen“ a(n, n- ) in der Bewegungsgleichung

interpretiert HEISENBERG im Sinne von EINSTEINs „Emissions-Wahrscheinlichkeiten“ als sog.

„Übergangswahrscheinlichkeiten“, die die Intensität der emittierten Spektrallinie (Frequenz)

festlegen. Mit dem Ergebnis:

i (n,n ) tx(t) a(n,n )e

Die Frequenz des emittierten Lichtes – der Spektrallinie – und deren Intensität sind

beide meßbare Größen. Damit hatte HEISENBERG ein erstes Ziel erreicht, in der Größe

x(t) nur direkt beobachtbare Parameter zu haben.

Die Frage stellt sich aber nach wie vor: gelingt es aber damit eine „neue Quantentheorie“, eine Quanten-Mechanik zu formulieren?

2 1I a(n,n ) und (n,n )

2

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 16

„ Über die quantentheoretische Umdeutung . . .“

Um das Ziel, eine quantentheoretische Mechanik zu erreichen, muß HEISENBERG nachweisen,

daß man mit der neu definierten Größe x(t) auch „rechnen“ kann. Er kann tatsächlich zeigen,

• daß Rechenoperationen wie x2(t), aber auch xn(t) physikalisch sinnvolle Ergebnisse

liefern; damit wäre es dann auch möglich, Funktionen f(x(t)), die als Potenzreihen in

x entwickelbar sind, mit x(t) darzustellen;

• er kann zeigen, daß die erste Ableitungen nach der Zeit dx/dt und höhere Ableitungen

in entsprechender Form darstellbar sind; damit wäre es – zumindest im Prinzip –

möglich, Differentialgleichungen zu lösen;

• als ein überraschendes Ergebnis stellte sich heraus, daß für das Produkt von zwei

unterschiedlicher Größe x(t) und y(t) der gleichen Form gilt

x(t)·y(t) ǂ y(t)·x(t) .

Er konnten mit diesem ungewöhnlichen Ergebnis überhaupt nichts anfangen und

übergab MAX BORN das Manuskript zur Entscheidung, ob es für eine Veröffentlichung

taugt.

Born, Jordan: Zur Quantenmechanik

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 17

Max Born gab Heisenbergs Arbeit zur Veröffentlichung frei, aber die Arbeit

auftretende Multiplikationsregel mit dem Ergebnis

x(t)y(t) ǂ y(t)x(t)

ließ Max Born keine Ruhe; so etwas ist ihm in der klassischen Mechanik noch nie

untergekommen.

Nach längerem intensiven Nachdenkens erinnerte er sich plötzlich an eine Vorlesung

aus seiner Studentenzeit über ein damals relativ neues Gebiet der Mathematik: das

Matrizen-Kalkül.

Quelle: Wikipedia

BORNs Ziel war, zu versuchen, ob mit dieser relativ neuen mathema-

tischen Methode auf Basis Heisenbergs Arbeit eine Quantenmechanik

realisierbar sei.

Nach Paulis Absage fand er in seinem Doktoranden PASCUAL JORDAN einen

Mitautor für die Veröffentlichung

M. Born, P. Jordan: Zur Quantenmechanik, Z. Phys. 34, p. 858, 1925

in der die Mathematik des Matrix-Kalküls erläutert wird.

Born, Heisenberg, Jordan: „Zur Quantenmechanik II“

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de I 18

In dieser Arbeit wird postuliert, daß irgendeine Quanten-Größe „a“, sei es eine Koordinate,

ein Impuls oder eine beliebige Funktion von beiden, durch eine Menge von Größen

i (n,n )t i (n,m)ta(n,n )e a(n,m)e

wiedergegeben werden kann. Vernachlässigt man die e-Funktion, die für alle diese

Größen gleich ist und nur von n uns m abhängt, dann kann die Quanten-Größe „a“ als

unendliche Matrix a(n,m) dargestellt werden:

11 12 13 1m

21 22 23 2m

31 32 33 3m

m1 m2 m3 mm

a a a a

a a a a

a a a aa(n,m)

a a a a

Nimmt man z.B. als Quanten-Größen die Koordinate x = q und den Impuls m·dx/dt = p,

so wird in den Arbeiten die HEISENBERGsche Vertauschungsrelation bewiesen:

p q q p 1h

- =2 i

p und q sind Matrizen der obigen Form, 1 ist die Einheitsmatrix.

„Zur Quantenmechanik II“ . . .

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 19

In diesen beiden Arbeiten kann gezeigt werden, daß die Anwendung des Matrizen-Kalküls

nicht nur, wie PAULI behauptete, „sinnlose Mathematik“ ist, sondern durchaus physikalische

Relevanz besitzt:

• stellt man in diesem Formalismus die Hamilton-Funktion H dar, so zeigt sich, daß

deren erste Ableitung nach der Zeit dH/dt = 0 ist und damit die Erhaltung der

Energie gewährleistet ist;

• auch die Bohrsche Frequenzbedingung

konnte in der Matrix-Darstellung bewiesen werden;

• die Erhaltung des Impulses und des Drehimpulses ist ebenfalls gewährleistet.

• mit den gefundenen Formeln war es nun möglich, Intensitäten und Polarisation

von Zeeman-Komponenten bestimmter Spektrallinien zu berechnen; an diesem

Problem scheiterte bekanntlich die BOHRsche Atomtheorie.

m n m nh E E (E E )

Die Matrizen-Mechanik

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 20

Das Ziel war erreicht! Eine Methode war gefunden, mit der man „Quanten-Größen“ mit

Formeln der klassischen Mechanik – z.B. Hamilton-Funktion – berechnen konnte. Die

Basis ist das Matrizen-Kalkül, daher der Begriff Matrizen-Mechanik.

Ausgerechnet Wolfgang Pauli war es, dem es kurze Zeit später als

erstem gelang, mit Hilfe der Matrizen-Mechanik das Spektrum

des Wasserstoff-Atoms abzuleiten.

Er legte die klassischen Bewegungsgleichungen eines in einem

Coulomb-Feld sich bewegenden Elektrons zugrunde und ersetze

die klassischen Größen Koordinate und Impuls durch die

entsprechenden Matrizen und berechnete mit den Methoden, die

in der „Drei-Männer-Arbeit“ entwickelt worden waren, die Balmer-

Serie des Wasserstoff-Atoms.

PAULIs Ergebnis überzeugte nun die meisten Physiker, daß die

Quantenmechanik/Matrizen-Mechanik "richtig“ war.

Reaktionen auf die Matrizen-Mechanik

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 21

Auch wenn nun die meisten Physiker von der Richtigkeit der neuen Quantenmechanik

überzeugt waren, heißt das noch lange nicht, daß diese Theorie auch akzeptiert wurde.

Zu fremd war ihnen das neue Gebiet der Mathematik – Matrizen-Kalkül – und wie sollte

man überhaupt mit einem unendlich großen „Gebilde“, wie es die oben dargestellte

Matrix darstellt, umgehen?

Aus einem Brief EINSTEINs an EHRENFEST: „In Göttingen glauben sie daran (ich nicht)“.

Zeitgleich erschien ein vergleichbarer Ansatz zur Entwicklung einer Quantenmechanik,

eine Arbeit von PAUL DIRAC mit dem Titel „Quantum Mechanics and a Preliminary

Investigation of the Hydrogen Atom”, die sich allerdings auch nicht durchsetzte.

„Ein später erotischer Ausbruch“ *)

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 22

*) Zitiert aus der Biographie von W. Moore: Schrödinger. Life and Thought, Cambridge

E. Schrödinger1887-1961

ERWIN SCHRÖDINGER wurde in Wien in eine vermögende Familie geboren.

Von 1906-1910 studierte er in Wien Mathematik und Physik und

habilitierte am Wiener Physikalischen Institut.

Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er 1922 den Lehrstuhl für

Theoretische Physik in Zürich.

Die Weihnachtsferien 1925/26 verbrachte er in Arosa mit einer

geheimnisvollen Freundin aus Wien, wo er intensiv an dem

Eigenwertproblem für das H-Atom arbeitete.

Zurück in Zürich begann eine intensive Schaffensperiode: in dem Jahr

1926 brachte er 6 Veröffentlichungen – insgesamt 256 Seiten – auf

den Weg, mit denen er die Wellenmechanik begründete und mit der

grundlegende Probleme der Atomphysik gelöst werden konnten.

Motivation für einen alternativen Ansatz

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 23

E. Schrödinger: „. . . Angeregt wurde meine Theorie durch L. de Broglie und durch kurze

aber unendlich weitblickende Bemerkungen A. EINSTEINS. Eines genetischen

Zusammenhanges mit HEISENBERG bin ich mir durchaus bewußt. Ich hatte von seiner Theorie

natürlich Kenntnis, fühlte mich aber durch die mir sehr schwierig scheinenden Methoden der

transzendenten Algebra und durch den Mangel an Anschaulichkeit abgeschreckt, um nicht zu

sagen abgestoßen“.

„. . . Das heißt nichts anderes, als Ernst zu machen mit der de Broglie-Einsteinschen Undulationstheorie der bewegten Korpuskeln . . .“.

Quelle: www.uni-ulm.de

Ein weiterer Anstoß die Undulationstheorie zur Lösung des

Atom-Problems war sicher auch die Tatsache, daß DE BROGLIE

in seiner Dissertation schon festgestellt hatte, daß im BOHR-

SOMMERFELDschen Atommodell der Umfang der stationären

Kreisbahn einer ganzen Anzahl von DE BROGLIE-Wellen

entsprechen muß.

de Broglie-Welle

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 24

de Broglie nutzt Einsteins Ergebnis für den Impuls p = h/ und für die Energie

E = h· der Lichtwelle zur Definition des Wellenlänge der Materiewelle

deB

h

p

2 i(k r t)A(r, t) a eEr legt die Wellengleichung zugrunde und ersetzt die

Parameter der Welle k und durch die mechanischen Parameter Impuls und

Energie des Teilchens:

1k k p h k und E h

Die Welle, die die Bewegung des Teilchens beschreibt, ist daher:

2 i(k r t) 2 i(pr Et)/h(r, t) ae ae

Partikelsicht vs. Wellensicht

NIELS BOHR

Das negative Elektron bewegt sich

im Coulomb-Feld des positiven

Kerns entsprechend dem

klassischen Kraft-Gesetz:

Zusätzlich gilt die Quantisierung

des Bahn-Drehimpulses:

ERWIN SCHRÖDINGER

Nach DE BROGLIE kann ein bewegtes

Elektron als eine ebene Welle

mit unendlicher Ausdehnung

aufgefaßt werden:

Die Frage und Herausforderung für

E. SCHRÖDINGER ist nun:

Wie soll eine Welle, die das Elektron im

Coulomb-Feld des Atomkerns dargestellt,

beschrieben werden?

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 25

2

2

e e eK oder U

rr

hp n

2

e+

e-

2 i(pr Et)/h(r, t) ae

Die Schrödinger-Gleichung – 1

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 26

2 i(pr Et)/h(r, t) ae

Was zunächst fehlte, war aber eine entsprechende Wellengleichung. Jede Theorie, die sich

mit Wellen beschäftigt – sei es Optik, elektromagnetische Strahlung oder Akustik – benötigt

solch eine Gleichung, um das dynamische Verhalten der Welle zu beschreiben.

Um solch eine Wellengleichung zu finden, legte er die Formel der de Broglie-Welle

zugrunde:

Er beschränkte sich zunächst auf eine stationäre Wellengleichung, indem er t = 0 setzt

und wir hier uns zusätzlich auf den eindimensionalen Fall (x-Achse) beschränken:

x

0

2 i(p x)/h(x) ae

Diese Gleichung 2 mal nach „x“ abgeleitet ergibt mit die Differentialgleichung für

die stationäre (lineare) Welle

h / 2

22x

0 02

pd(x) (x) 0

dx

Die Schrödinger-Gleichung – 2

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 27

22x

0 02

pd(x) (x) 0

dx

In dieser Gleichung wird der Impuls durch die kinetische Energie Ekin = p2/2m ersetzt:

2

0 kin 02 2

d 2m(x) E (x) 0

dx

Die letzte Differentialgleichung gilt für freie Teilchen (z.B. Elektronen); das Ziel SCHRÖDINGERs

aber war, eine Wellengleichung für Elektronen in einem durch potentielle Energie U bestimmten

Kraftfeld zu finden; das bedeutet, daß im Sinne der Hamilton-Funktion die Gesamtenergie

E = H = Ekin + U

zugrunde gelegt werden muß:

2 2

0 0 02

d(x) U (x) E (x)

2m dx

Erweitert auf den 3-dimensionalen Fall schreibt sich die stationäre Wellengleichung:

2

0 0 0r U (r) E (r)

2m

Die zeitabhängige SCHRÖDINGER-Gleichung

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 28

SCHRÖDINGER postuliert nun, da die zeitabhängige Wellengleichung für die gleiche

Form hat wie die stationäre Wellengleichung hat:

i2E t

0(r, t) U (r, t) E (r, t) mit (r, t) (r) e

2m

Indem nach der Zeit t differenziert wird,

iE t

0

d i iE (r) e E

dt

kann E in der stationären Wellengleichung eliminiert werden und man erhält schließlich

die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung:

2 dU i

2m dt

Diese Gleichung läßt sich nicht herleiten, sondern muß postuliert werden wie alle Grund-

gleichungen der Physik – Newtonsches Gravitationsgesetz oder Maxwell- Gleichungen –

und kann nur anhand von Experimenten bestätigt oder ggf. auch falsifiziert werden.

Das H-Atom

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 29

Sollte sich die Idee SCHRÖDINGERs einer „Undulationstheorie bewegter Körper“ bestätigen,

so mußte sich ihre Richtigkeit zunächst am Beispiel des Wasserstoff-Atoms zeigen. In

diesem Fall ist die potentielle Energie U der Coulombschen Wechselwirkung gegeben als

2eU

r

Für die stationäre Wellengleichung erhalten wir in diesem Fall die Differentialgleichung:

2

0 02

2m eE 0

r

Für E muß die Ionisations- oder Rydberg-Energie Ry ≈ 13,605 eV eingesetzt werden.

Es liegen in diesem Fall kugelsymmetrische Verhältnisse vor, d.h. die

stationäre Wellengleichung hat die Form 0(r, ). Die Aufgabe

besteht nun darin, eine Lösung zu finden, die die Bedingung

2

0(r, , dr d d 1

erfüllt, einfach ausgedrückt heißt das, das Elektron muß sich irgendwo befinden.

Eigenwerte der Schrödingergleichung

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 30

Die Lösung dieser Differentialgleichung läßt sich allgemein als ein Produkt aus einem

Radial- und in eine Winkelteil darstellen:

0 l l,m(r, , ) F(r) Y ( , )

Dabei ist Yl,m( ; ) eine der (2l + 1) linear unabhängigen Kugelfunktionen l-ter Ordnung

(l = 0, 1, 2, . . .), wobei für jedes l die Größe m die unterschiedlichen

Werte (-l; . . . -1, 0, 1, . . . + l) annimmt.

Der Radialteil Fl(r) dagegen genügt einer eigenen Differentialgleichung, die letztendlich die

Lösung bestimmt, und die Normierungsbedingung

2

l0

dr F(r) 1

erfüllt. Die Radialfunktion Fl(r) ist normierbar, wenn sich die Gesamtenergie E als n diskrete

Eigenwerte aufteilen läßt in der Form

y

n 2 2

R 13,605E eV mit n l 1

n n

Eigenfunktionen de Radialteils der Schrödingergleichung

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 31

Wegen der Beziehung für die (ganze) Zahl n = l+ +1 kann sie, außer für n = 1, durch

unterschiedliche Kombinationen von l und bestimmt werden, d.h. zu jedem Eigenwert En

können unterschiedliche Eigenfunktionen Fl(r) gehören. Jeder Energie-Eigenwert En ist –

außer für n = 1 – entartet.

Zu jeder Quantenzahl l gehören aber auch noch 2l + 1 Kugelfunktionen Yl,m( ) mit

-l < m < +l aus dem Winkelteil der Lösung der Differentialgleichung, also insgesamt ist die Anzahl der Eigenfunktionen zu jedem n-ten Eigenwert der Energie

n 12

l o

2l 1 n

Radialteil der Schrödingergleichung

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 32

Die Wahrscheinlichkeit dw das Elektron des Wasserstoff-Atoms in einer Kugel-schale der Dicke dr im Abstand r anzu-treffen ist gegeben durch:

2

l,

dwF (r)

dr

Der Radius r wird in Einheiten des ersten Bohrschen Radius a0 gemessen.

Reaktionen auf die SCHRÖDINGERsche Theorie

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 34

Als diese erste Mitteilung im Frühjahr 1926 in den Annalen der Physik erschien sorgte sie

für eine Sensation unter den Physikern, insbesondere unter denen, die mit der

Quantenphysik direkt befaßt waren.

Wie war es nur zu verstehen, warum eine Materiewelle – die des Elektrons – im Potential-

feld eines Protons eine identische Struktur der Elektronenzustände ohne Rückgriff auf Kreis-

und elliptische Elektronen-Bahnen erzeugen sollte?

SOMMERFELD in einem Brief an PAULI:

„. . . Schrödinger scheint ganz dieselben Resultate zu finden, wie Heisenberg und

Sie, aber auf einem anderen, total verrückten , Wege, keine Matrixalgebra, sondern

Randwertaufgaben. Sicher wird aus alle dem bald in irgend einer Form etwas

Vernünftiges und Definitives entstehen“.

Die hier geäußerte Hoffnung erfüllte SCHRÖDINGER mit seiner nächsten Arbeit mit dem Titel

„Über das Verhältnis der HEISENBERG-BORN-JORDANschen Quantenmechanik zu der meinen“

wies er nach, daß „ . . . vom formal mathematischen Standpunkt hat man ihn [den

Zusammenhang der 2 Theorien] wohl als Identität (der beiden Theorien) zu bezeichnen“.

Dilemma Welle vs. Teilchen

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 35

Wie sollte man die Eigenfunktionen physikalisch interpretieren bei denen die Welle des Elektrons

über das ganze Atom 'verschmiert' ist?

Sollte das Elektron als Teilchen nicht mehr gelten, wo es doch, wie EINSTEIN gezeigt hatte, beim

lichtelektrischen Effekt sich als Teilchen zeigt?

SCHRÖDINGER war von der Wellen-Natur des Elektrons

überzeugt, er verstieg sich sogar zu der Behauptung,

daß Teilchen überhaupt nicht existierten, sondern nur

Wellen – und das zu einem Zeitpunkt, als die Materie-

Wellen noch gar nicht experimentell nachgewiesen

waren. DE BROGLIEs Ergebnis, daß die Gruppen-

geschwindigkeit der korrespondierenden Welle eines

Teilchens (z.B. Elektrons) mit der Geschwindigkeit diese

Teilchens übereinstimmt, hatte ihn darauf gebracht.

Leider taugt die Gruppengeschwindigkeit nicht als

Repräsentant eines Teilchens.

Deutung der Stoßvorgänge mit der Wellenmechanik

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 38

Quelle: www.leifiphysik.de

Kaum waren die ersten Arbeiten SCHRÖDINGERs erschienen, widmete sich MAX BORN der Frage

der Stoßvorgänge im Zusammenhang mit der Wellenfunktion im Juni 1925 mit seinem Artikel

„Zur Quantenmechanik der Stoßvorgänge“

Treten Atom und Elektron in Wechselwirkung,

wird ein komplizierter Schwingungszustand

eintreten. Man hat hier den Fall einer Beugung

von Wellen vor sich, bei dem die einfallende

ebene Welle des Elektrons an dem Atom gebeugt

wird.

„Will man dieses Resultat korpuskular umdeuten, so ist nur eine Interpretation möglich:

| Stoß( )|2 bestimmt die Wahrscheinlichkeit, daß das aus der z-Richtung ankommende

Elektron in die durch bestimmte Richtung geworfen wird . . .“.

Statistische Deutung der Wellenfunktion

© Dr. R. Göhring r.goehring@arcor.de IV 39

Für die zukünftige Entwicklung der Quantentheorie wird in BORNs Artikel (am Beispiel der

Stoßvorgänge) die grundlegende Aussage getroffen:

„Die SCHRÖDINGERsche Quantenmechanik gibt also auf die Frage nach dem Effekt

eines Zusammenstoßes eine ganz bestimmte Antwort; aber es handelt sich um

keine Kausalbeziehung. Man bekommt keine Antwort auf die Frage, ‚wie ist der

Zustand nach dem Zusammenstoßes‘, sondern nur auf die Frage, ‚wie

wahrscheinlich ist ein vorgegebener Effekt des Zusammenstoßes“.

Wellenfunktion gibt nur die Wahrscheinlichkeit an, daß das

Teilchen in einem Volumenelement dxdydz um die Stelle (x, y, z) angetroffen wird.

2W (x,y,z) dx dy dz

In diesem Zusammenhang wirft BORN auch schon die grundsätzliche Frage nach der

Gültigkeit des Determinismus auf der Quantenebene auf.

Reaktion auf die statistische Deutung

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HEISENBERG: empört!

Er betrachtet die Anwendung der SCHRÖDINGERschen Wellenfunktion durch

BORN als Verrat an der „Göttinger Sache“.

EINSTEIN in einem Brief an BORN:

„Die Quantenmechanik ist sehr achtung-gebietend. . . . Die Theorie liefert

viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls

bin ich überzeugt, daß ‚der‘ nicht würfelt“.

BOHR: Dualismus von Welle und Teilchen:

Er hält nicht viel von mathematische Lösungen. Er ringt um ein tieferes

physikalisches Verständnis der Dualität Welle/Teilchen.

Visualisierung des Radialteils Fn,l

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Übergänge bei Emission oder Absorption

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Emission oder Absorption einer elektromagnetischen

Welle bedeutet, daß das H-Atom von einem in den

anderen Zustand übergeht z.B.:

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n 1,l 0,m 0 n 2,l 1,m 0

Dabei „schwingt“ das Maximum der Aufenthalts-

wahrscheinlichkeit entlang der z-Achse und erzeugt

dabei eine elektromagnetische Dipolstrahlung bei

der Emission; bei der Absorption wird das Atom im

höheren Zustand in „Schwingung“ gesetzt und geht

in den tieferen Zustand über.

Das bedeutet nicht, daß das Elektron von einer

Bahn auf eine andere übergeht, es ändert sich die

Konfiguration der Aufenthaltswahrscheinlichkeit

des Elektrons.

Weitere interessante Darstellungen und Animationen findet man unter

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