Sprache und Aphasien - About us · 6 Neurolinguistische Termini (Huber, Poeck & Weniger, 1983) •...

Post on 26-Oct-2019

3 views 0 download

Transcript of Sprache und Aphasien - About us · 6 Neurolinguistische Termini (Huber, Poeck & Weniger, 1983) •...

1

Sprache und Aphasien

2

Aphasien

• 38 % der linkshirnigen Schlaganfälle führen zu Sprachstörungen

• Spontane Besserung zunächst in den ersten Wochen

• Klinische Erfahrung: keine wesentliche spontane Besserung nach einem Jahr

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Wortfindungsstörung• Stocken im Sprachfluß bzw. Satzabbruch wobei dem Patienten

offen-sichtlich ein bestimmtes Wort nicht zur Verfügung steht;statt dessen häufig sprachliche Ersatzstrategien oderAusweichen in Pantomime, Fortführen des Themas in variierterForm

• Paraphasie• semantisch: Mutter statt Frau• phonematisch Spille statt Spinne

• Neologismus• Wörter, die in der Standardsprache aus lautlichen bzw.

semantische Gründen nicht vorkommen (phonematischer bzw.semantischer Neologismus)

3

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Satzverschränkung• Überschneidung von aufeinanderfolgenden Satzstrukturen oder

Zusammenziehen von zwei Sätzen zu einem (z. B. ,,dann kannich auch fünf Minuten später weiß ich immer noch nicht", ,,ich binalles weggekommen.. .hab alles verloren"

• Verdopplung von Satzteilen• Mehrfaches Vorkommen eines Satzteiles in verschiedenen

Positionen des Satzes (z. B. ,,auch nicht ich selber kann mir danicht helfen")

• Satzabbruch• unvollendeter Satz

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Redefloskel• lnhaltsleere Redewendung von unterschiedlicher Länge und

unterschiedlichem Grad an Idiomatisierung, die im Gegensatz zu Stereotpien während des Gespräches nicht mehrfach wiederkehren (z.B ,,mal so, mal so", ,,na, Sie wissen schon, da hab' ich das gemacht“

• Stereotypie• Formstarre Floskeln, die ständig wiederkehren (z.B. ,,und so

weiter"' ,,meine Güte", ,,Donnerwetter", ,,ach ja", ,,ach Gott",,,Sie wissen schon was ich meine"

• Sprachautomatismus• Häufig wiederkehrende formstarre Äußerung, die aus

neologistische Silbenabfolgen, beliebigen Wörtern oderPhrasen besteht und die weder lexikalisch noch syntaktisch inden sprachlichen Kontext paßt und die der Patient gegen dievom Gesprächspartner erwartete lntention hervorbringt

4

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Wörter• Funktionswörter

– Wörter wie Artikel, Pronomen, Präpositionen, Vorsilben, die vorwiegend syntaktische Relationen im Satz ausdrücken

• Inhaltswörter– Wörter wie Nomen, Verben, Adiektive, Adverbien mit

eigenständiger Bedeutung im Satz

• Flexionsformen • Endungen von Nomen, Verben und Adjektiven

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Sprachäusserung• Vokale Äusserung, die nicht notwendigerweise sinnvoll ist,

Kette von sprachlichen Lauten

• Phrase• Abfolge von Wörtern, die aufgrund syntaktisch-semantischer

und / oder prosodischer Merkmale zusammengehören (kleinste Redeeinheit)

• Sätze– kurze einfache

• Sätze mit Subjekt und Prädikat ohne Einbettungen, ausschließlich Nebenordnung von Sätzen

– lange komplexe• Sätze mit Einbettungen von einem oder mehreren

Nebensätzen, Infinitivsätzen oder attributiven Ergänzungen

5

Aphasie(Huber, Poek & Weniger, 1983)

• Aphasie ist eine zentrale Sprachstörung, die linguistisch als eine Beeinträchtigung in verschiedenen Komponenten des Sprachsystems (Phonologie, Lexikon, Syntax, Semantik) zu beschreiben ist

• Die aphasischen Störungen erstrecken sich auf alle expressiven und rezeptiven sprachlichen Modalitäten, auf Sprechen und Verstehen, Lesen und Schreiben.

• Aphasien sind stets multi- bzw. supramodal.

• Aphasie wird als eine instrumentelle sprachliche Störung aufgefaßt. Diese führt notwendigerweise auch zu einer Störung im Kommunikationsverhalten. Die allgemeinen kommunikativen Fähigkeiten sind bei aphasischen Patienten jedoch meist nicht gestört.

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Sprachanstrengung• Schwierigkeit, Gedanken sprachlich auszudrücken

aufgrund von Wortfindungsstörungen sowieStörungen in der Wort- und Satzbildung

• Sprechanstrengung• Sprechmotorische Schwierigkeiten aufgrund einer

Beeinträchtigung von Artikulation und Phonation und des Sprechrhythmus

• Sprechgeschwindigkeit• Anzahl von Wörtern pro Minute (W/min.) sehr

langsam: weniger als 50W/min., langsam: 50-90W/min., normal: mehr als 90W/min. (Pausen sind nicht zu berücksichtigen)

6

Neurolinguistische Termini(Huber, Poeck & Weniger, 1983)

• Dysarthrie

– Verwaschene, mühevolle Artikulation, die meist von Störungen der Phonation und des Sprechrhythmus begleitet ist und die Sprechanstrengung hervorruft

• Dysprosodie

– Abweichungen in Sprechmelodie und/oder Sprechrhythmus bzw. in der Satzintonation, im Wort- und Satzakzent

• Sprechapraxie– Beeinträchtigung der Fähigkeit, Sprechbewegungen in ihren

räumlichen und zeitlich-sequenziellen Aspekten zu „programmieren“, ohne dass Schwäche, Verlangsamung oder Dyskoordination der beteiligten Muskeln oder perzeptive Dekodierungsdefizite verantwortliche gemacht werden können. (Ziegler & von Cramon, 1989)

53 jähriger Mann, Broca

Wie geht es Ihnen denn heute?

Montag, Sonne, gut, äh, null Kad äh Sonne.

Mm. Es ist draußen sehr kalt!

Ja.

Mm.

Mantel, äh...gut. Sonne ... Äh .... Neu....äh Au .... November kalt äh...Sonne gut. Regen nein (Lachen)

7

53 jähriger Mann, Broca

Wie hat es denn mit Ihrer Sprachstörung angefangen?

Zehn Jahre....äh, äh, Holland, Zug ähm Fuß, Arm ... Weg.

Mm. Fünf Minuten gut. Eine Funde ... Äh, L äh ....

Hutsten, Finer, Fuß äh Rrrr ähm ähm fünf Mintuen weg. Ähm Frankfurt, ähm Dodor ... Hhh ... Ähm zehn Jhre ... Ähm .... Fuß, Arm, Fu?, Arm äh Rrrr-Rente (Lachen).

53 jähriger Mann, Broca

Was haben Sie früher gearbeitet?Äh, Presse. Was haben Sie da genau gemacht?Phh, Sansach, Sonnta, Presse, äh Reck,

Barren.Haben Sie auch Kinder?Ja. Äh, reiundzwanzig Jahre alt, Mann.

Zweiundzwanzig Jahre, Frau ähm Kranken, äh, ahh, äh Krankenhhhhaus fertig.

8

53 jähriger Mann, Broca

Leitsymptome vorhanden:

Agrammatismus

Phonematisch Paraphasien

Wortfindungsstörungen

Angestrengte, mühsame Sprachproduktion

Zahlreiche Interjektionen (ähm)

Pierre Paul Broca (1824 - 1880)

• Patient „Tan“• Aphasie• 3. Frontale Windung• Hemisphärendominanz

9

68 jähriger Mann, Wernicke

Können Sie mir kurz erzählen, wie es Ihnen geht?

Wie es Ihnen gut ga geht’s besteht darin, dass ich so gut von meiner (Lachen) mit Mit-Mitteilungen überhaupt net viel überseh. Es, es seh net viel von, von Esche un Trinke und sch is nix los.

Wo wohnen Sie denn?Ja ich wohn grad n paar ... Schreiter von hier.

68 jähriger Mann, Wernicke

Mm.Ja.Also, Sie haben es nicht gerade weit bis hier in

die Praxis. Ja, ja freilich gut. Können Sie kurz erzählen, wie es mit der

Krankheit angefangen hat.Disch, des war ganz plötzlich. Ich hab nachts

ins wies mei Bett gehalte und wie sonst, wie sonst auch.

10

68 jähriger Mann, Wernicke

Und wie ich dort gefrühsteck, wis sonst auch mit Frühstück und wie mich meine Frau mich heimgemannt hat, hat sie gesagt, du bist ja, kannst ja nimmer lewe, was is‘n das, geht ja komisch. Da hat sie mich gleich mitgenomme ins ... Ins dentis do in, in, no, no Landau und bleib ich dann begraben und die hat mir dann gleich gehortaf als mitsas war des dann die, die sade als mitsa, ich selbst hab ich, hätt ich keine Sache mehr.

68 jähriger Mann, Wernicke

Wie lange waren Sie im Krankenhaus gewesen?

Ich war fünf Warun ungefähr.Ungefähr fünf Wochen.Ja, ne es war‘n drin sogar länger, aber von der

hab ich nichts gehabt von, von der, der Frau im, im, im Ding, hab ich nicht gewonn gehabt, das war ja bloß die vom Strand, die war‘n so, aber von, von .... Hab ich, hab ich neun, fühf fesungen, fünf fesungen war‘n da dring bei ... Äh, Montag und Mittag sind meistens, sind da so äh hat, hat a dreissig logen.

11

68 jähriger Mann, Wernicke

Wie geht es jetzt mit dem Sprechen?

Ach s‘net spreche. Ich sprech schlecht immer. Und wenn ich merke, das was beschreibe, ich wer das soll, es geht ebe schlecht. Das seh‘n Sie ja jetzt auch.

68 jähriger Mann, Wernicke

• Typische Phänomene

• Paragrammatismus

• Semantische Paraphasien

• Phonematische Paraphasien

• Neologismen

• Artikulation und Prosodie sind wenig gestört.

• Häufig Logorrhoe

12

Carl Wernicke(1848 - 1904)

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

Erzählen Sie doch bitte mal, wie das mit Ihrer Sprachstörung angefangen hat.

Ähm, wollen Sie das jetzt ähm nach der Operation wissen, ja? Ja, danach hab‘ ich halt ähm eine ... Na, wie soll ich sagen, eine eine ähm ... Probleme eben und äh ja und dann ham die schon im im Krankenhaus angefangen ähm mich da so, ja ähm so ... Ich merk‘ das ja auch selber, dass ich äh sehr viel Probleme hatte, anfänglich, das ist aber schon we wesentlich besser geworden.

13

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

Können Sie das noch ein bißchen genauer beschreiben, was sich verändert hat?

Mm, naja man ... Ich merk das schon, dass ich einige Wörter, die ich ähm, die ich wohl in meinem Kopf hatte und nicht aussprechen konnte, wohl ähm immer immer nach und nach äh rauskamen, also so, dass ich sie aussprechen konnte.

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

Wie geht das jetzt mit dem Sprechen?

Ja mein Problem is, äh f meist, dass ich so abdrifte, dass ich also, wenn wir, wenn ich mit meinem ähm ... Wie heißen Sie ... Ähm ... Logo-Logo- ja ... Mussen se mir ... Ja, und dann, dass ich also dann äh einfach wegdrifte, weil ich ähm einfach, mir ja nicht mehr ...

14

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

Also es fe fehlt mir einfach die Konzentration auch, nich, ich ge drifte dann an an Sachen, die ich, die mich beschäftigen oder die mich fie früher auch beschäftigen und ähm ja un dann hab ich ... Dann kann ich mich einfach nicht mehr in konzentrieren auf das, was im Moment ge, was ich im Moment sagen soll. Ja, das is so mein mein Problem.

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

Was machen Sie beruflich?In erster Linie bin ich Mutter und dann bin ich

eine ... Mm.... Na eben das möchte cih mehr als Hausfrau äh – also ein, eine Hausfrau, die äh und habe zwei Kinder, ja.

Haben Sie irgendwelche Hobbies?Nee, ausser zwei Kindern hab‘ ich kein Hobby,

das muß ich mal so sagen, ja, weil an zwei Kinder sind doch schon sehr a, sehr mm ja;

15

57 jährige Frau, Amnestische Aphasie

meine Kinder sin, in äh Waldorfschule, und wenn ‚n Kind in der Waldorfschule ist, dann ist man schon sehr angesprochen, also muss man sich sehr mm ähm selber da engagieren ja. Das fängt ja erst an äh schon an, dass die Kinder eben anders äh erzogen werden und dass man äh, dass eben die Kinder und die Eltern ähm sehr aktiv dabei sind ähm sprich ähm ja wir haben alle vier äh alle vier Wochen ham wir `n Elternabend ......

Warum ist Sprache so bedeutsam?

• Repräsentiert eine einzigartige Form der Abstraktion, die nur beim Menschen vorkommt.

• Ist relevant für die Form und Art von Informationsspeicherung.

• Bedeutung für das Denken und Problemlösen ist unbestritten.

• Hauptsächliches Medium der menschlichen Kommunikation

• Sprache beeinflußt die Wahrnehmung

16

Felder der Sprachforschung

LINGUISTIK• kompetenz-basiert• Beschäftigt sich mit

Struktur von– Phonemen– Bedeutung– Grammatik

• Gedächtnisbasierte Satz und Text-verarbeitung

PSYCHOLOGIE

• Verhaltensbasiert

• Beschäftigt sich mit:– Sprachentwicklung

– kognitive Repräsentation

– Prozessen, die dem Sprachverhalten zugrundeliegen

17

Linguistische Hierarchie

• Phonologie: Einheit = Phonem

– Einzelne Sprach”sounds”

– Deutsch hat ungefähr 45; 9 machen die Hälfte unserer Wörter aus

– Dimensionen: Stimmhaft (“a”); Stimmlos (“s”); Frikative (“sch”), Plosive (“t”); Ort der Artikulation (Palatal vs. labial)

18

Linguistische Hierarchie

• Morphologie: Einheit = Morphem

– Kleinste Bedeutungseinheit (Wörter, Teile von Wörtern, Suffixe, etc.)

– frei (z.B., “alt”, “das”) vs. gebunden (z.B., “-ung”, “-te”)

– über 100000 Wörter können durch Morphemkombinationen geformt werden.

Linguistische Hierarchie

• Flektions-Morphologie: – Reguläre Morphologie

• Tanzen – tanzte – getanzt• Dance – danced

– Irreguläre Morphologie• Werfen – warf – geworfen• Catch – caught

• Regelbasiert vs. Lexikonbasiert

19

Linguistische Hierarchie

• Semantik: Studium der Bedeutung

– Denotation vs. Konnotation

– Wörter als ökonomische Bezeichnungen

– Verbindung zwischen Sprache und Konzepten

– Wortebene vs. Satzebene

Linguistische Hierarchie

• Syntax: Regeln, die die Kombination von Morphemen in Phrasen oder Sätzen bestimmen.– präskriptive vs. deskriptive Grammatik

• Der Junge, der das Mädchen, das den Hund, der den Vogel, der den Futterplatz, der in der Sonne lag, verlassen hatte, gejagt hatte, von der Leine gelassen hatte, geküsst hatte, fiel in die Pfütze.

• Das Schwesterlein ging einkaufen und darum nahm es/sie ?? eine Einkaufstüte mit.

20

Linguistische HierarchiePragmatik:

• The procedure is actually quite simple. First youarrange things into different groups. Of course, onepile may be sufficient depending on how much thereis to do. If you have to go somewhere else due tolack of facilities that is the next step, otherwise youare pretty well set. It is important not to overdo things.That is, it is better to do too few things at once thantoo many.

Linguistische HierarchiePragmatik:

• In the short run this may not seem important butcomplications can easily arise. A mistake can beexpensive as well. At first the whole procedure willseem complicated. Soon, however, it will become justanother facet of life. It is difficult to foresee any end tothe necessity for this task in the immediate future, butthen one never can tell. After the procedure iscompleted one arranges the material into differentgroups again. Then they can be put into theirappropriate places. Eventually they will be used oncemore and the whole cycle will then have to berepeated. However, that is part of life. (Quelle:Bransford & Johnson 1972)

21

Aphasien

• Am häufigsten nach Schlaganfällen – Ischämischer Insult

• Weitere Ursachen– Tumoren

– Blutungen

– Schädel-Hirn-Verletzungen

– Primär progressive Aphasie

Aphasien

• Schlaganfall– Dritthäufigste Todesursache in

Deutschland

– Krankheit mit den meisten Folgekosten (durch Pflegebedürftigkeit)

– Ca. 25 % der Patienten haben eine Sprachstörung

22

Aphasien

• Syndromansatz – Es existieren klar voneinander

abgrenzbare Muster von Sprachstörungen

– Diese nennen wir Syndrome

– Diese sind auch neuroanatomisch voneinander zu unterscheiden

http://www.uni-bielefeld.de/~eromano/Wissensquellen/SeminarsNeurology/seminars2004_01.html

Lesions

A, Wernicke's aphasiaM, Broca's aphasiaa --> A, pure word deafnessM --> m, articulatory disorder (aphemia)A --> M, conduction aphasiaA --> B, transcortical sensory aphasiaB --> M, transcortical motor aphasia

A, Wernicke's areaB, concept centerM, Broca's area; a --> A, auditory input to Wernicke's area M --> m, motor output from Broca's areaA --> M, tract connecting Wernicke's and Broca's areasA --> B, pathway essential for understanding spoken inputB --> M, pathway essential for meaningful verbal output.

Wernicke - Lichtheim Schema

23

Klassifikation der Aphasien

Globale A. Wernicke A. Broca A. Amnestische A.

Syntax Automatismen Paragrammatis-mus

Agrammatismus Abbrüche

Semantik BegrenztParaphasien

ParaphasienNeologismenautomatisierte S.Jargon möglich

Starke WFSParaphasien

Starke WFSParaphasien (nah)

Phonematik ParaphasienNeologismen

ParaphasienNeologismenJargon möglich

viele Paraphasien WenigeParaphasien

Produktion spärlich flüssig verlangsamt Meist flüssig

Verständnis stark gestört stark – mittelgestört

mittel – leichtgestört

Leicht gestört

Dysarthrie oft Sehr selten oft Sehr selten

Klassifikation der Aphasien - Syndrome

• Poeck et al.– Globale Aphasie

– Broca Aphasie

– Wernicke Aphasie

– Amnestische Aphasie

– Trancorticale Aphasie

– Leitungsaphasie

• Leischner (1979)– totale Aphasie– gemischte Aphasie– motorische Aphasie– motorisch

amnestische A. – Amnestische A.– sensorische A. – sensorisch

amnestische A. – Zentrale A.

24

Klassifikation der Aphasien

Flüssige Aphasie Nicht-Flüssige Aphasienormal oder beschleunigt Sprechgeschwindig-

keitlangsam

keine Sprechanstrengung angetrengtnormal Rhythmus & Prosodie gestört

gut Artikulation gestörtnormal – überlang Satzlänge kurzSubstantive fehlen

viele FunktionswörterWortwahl Inhaltswörter

Paragrammatismus Syntax Agrammatismus

Flüssige Aphasie Nicht-Flüssige Aphasienormal oder beschleunigt Sprechgeschwindig-

keitlangsam

keine Sprechanstrengung angetrengtnormal Rhythmus & Prosodie gestört

gut Artikulation gestörtnormal – überlang Satzlänge kurzSubstantive fehlen

viele FunktionswörterWortwahl Inhaltswörter

Paragrammatismus Syntax Agrammatismus

Klassifikation- fluent vs. Non-fluent Aphasiahttp://www.nidcd.nih.gov/health/pubs_vsl/adultaphasia.htm

• There are many different classification systems for aphasia and many different types of aphasia within each system. Some systems are based primarily on the location of the lesion, while others are based solely on the person's behavior. One system adopted by the National Aphasia Association divides aphasia into two broad categories: fluent and non-fluent aphasia

• People with fluent aphasia have problems understanding spoken and written language. This type is also known as sensory, posterior, or Wernicke's aphasia.

• People with non-fluent aphasia have difficulty communicating orally and in writing. This type of aphasia is also called motor, anterior, or Broca's aphasia. Within the non-fluent category is the most severe type, called global aphasia. People with this type have difficulty both expressing and understanding written and oral communication.

25

Aphasien

• Syndromansatz – Erleichtert die Kommunikation

– Erleichtert die Prognose

– Erleichtert die systematische therapeutische Forschung

Aphasien

• Syndromansatz - Kritik – Simplifiziert – Versucht mit Macht, individuelle

Störungsmuster zu kategorisieren– Trifft nicht für alle Patienten zu

• Schätzungen: 20-50 % haben keine typische Aphasie

– Erschwert Forschung, da Patienten gruppiert werden, die nicht zusammengehören

26

Anatomie der Aphasien

27

Globale Aphasie

• Gesamte perisylvische Region umfassende Läsionen

• Meist Hauptstamm der Arteria cerebri media

Globale Aphasie

• Schwerste Form

• Starke Reduzierung der Ausdrucksmöglichkeiten

• Einzelne Wörter, Sprachautomatismen

• Perseverationen

28

Broca Aphasie

• Arteria praerolandica

• Läsionen im suprasylvischen, prärolandischen Bereich

• Broca-Gebiet kann beteiligt sein, muß aber nicht

• Typischerweise große Läsionen

29

Broca Aphasie

• Nicht-flüssig, langsam stockend

• Sprech- und Sprachanstrengung

• Phonematische Paraphasien häufig

• Morphologische Aspekte der Sprache sind beeinträchtigt

• Telegrammstil

• Verständnis relativ gut erhalten

Broca Aphasie

• Apraktische und Dysarthrische Probleme– Nivellierung der Sprachmelodie

– Skandierendes Sprechen

– Phonationsprobleme

– Verwaschene Artikulation

30

Wernicke Aphasie

• Läsionen im Schläfenlappen

• Hinteres Drittel des Gyrus temporalis superior (Wernicke-Gebiet)

• Arteria temporalis posterior

31

Wernicke Aphasie

• Flüssig, gelegentlich logorrhoeisch • Phonematische, semantische Paraphasien,

Neologismen • Jargon • Paragrammatismus • Verstehen: große Schwierigkeiten auf der

Ebene der Wortsemantik• Verstehen von Inhaltswörtern ist

beeinträchtigt

32

amnestische Aphasie

• Unklare Zuordnung zu einer bestimmten Stelle

• Retrorolandisch im hinteren Bereich des Temporallappens

• Aber auch im unteren Bereich des Parietallappens

• Auch Gyrus angularis• Temporoparietale Grenzgebiete

amnestische Aphasie

• Flüssige Sprache

• Relativ intakter Satzbau

• Wortfindungsstörungen

• Umwegleistungen

• Ersatzstrategien

• Satzabbrüche

• Semantische Paraphasien

• Anlauthilfen sind wirksam

33

Leitungsaphasie

• Gyrus supramarginalis bzw.

• Weisse Substanz unter dem Gyrus marginalis

• = Fasciculus arcuatus (Verbindung zwischen Wernicke und Broca Gebiet)

34

Leitungsaphasie

• Flüssig

• Phonematische Paraphasien

• unverhältnismäßig schwere Störung des Nachsprechens (umso schwerer, je länger das Stück ist)

35

Transkortikal motorische Aphasie

• Zwei typische Läsionsorte

• Frontallappen (anterior des Broca-Gebietes)

• Supplementär motorischer Kortex

Transkortikal motorische Aphasie

• Sprechen kaum oder nichts

• Können aber mit guter Artikulation und intakter Syntax nachsprechen

• Verstehen relativ gut und können laut lesen

36

Transkortikal sensorische Aphasie

• Hinterer temporoparietaler Bereich

• Wernicke-Areal ist ausgespart

37

Transkortikal sensorische Aphasie

• Sprechen ähnlich wie Wernicke Aphasiker

• Viele semantische Paraphasien• Echolalie in der Spontansprache • Herausragend gut erhaltene

Nachsprechleistung • Nachsprechen ohne Erfassen des

Inhaltes

Voxel-based lesion-symptom mapping

Bates et al., Nature Neuroscience 2003

Sprech-flüssigkeit

Sprach-verständnis

38

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Spontansprache– Kommunikationsfähigkeit

– Sprechgeschwindigkeit

– Semantik• Paraphasien

• Wortfindungsstörungen

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Spontansprache– Phonologie

• Paraphasien

– Prosodie– Syntax

• Telegrammstil• Paragrammatismus• Agrammatismus• Funktionswörter• Inhaltswörter

– Morphologie

39

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Nachsprechen– Silben– Einfache Wörter– Lehnwörter mit unregelmäßiger Ausspache

(Garage)– Zusammengesetzte Wörter

• Hallenhandballweltmeisterschaft• Farbfernsehgeräteverkauf

– Sätze

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Benennen– Einfache Gegenstände

– Gegenstände mit zusammengesetzten Namen (Schlüsselbund)

– Einzelne Szenen• Der Hund beißt den Mann

40

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Verständnis – Einfache Kommandos

• Zeigen Sie auf die Frau• Zeigen Sie auf das Auto

– Zweischrittkommandos• Zeigen Sie auf die Frau und das Auto

– Syntaxverständnis• Zeigen Sie auf das Auto, nachdem Sie auf die Frau

gezeigt haben.• Tippen Sie auf das Auto, bevor Sie auf die Frau zeigen.• ...

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Lesen / Schreiben – Lesen von einzelnen Wörtern

– Lesen von zusammengesetzten Wörtern

– Lesen von Sätzen

– Lesen von Sätzen und nachfolgendes Ausführen

41

Untersuchung der Sprache am Krankenbett

• Lesen / Schreiben – Schreiben von einzelnen Wörtern – Schreiben von zusammengesetzten

Wörtern – Schreiben von einfachen Sätzen – Schreiben von komplexeren Sätzen

• Alternative: Arbeiten mit Plättchen

Aachener Aphasie Test - Ziele(Huber,Poeck, Weniger & Willmes 1983)

• Auslese

• Differenzierung der Standardsyndrome

• Identifizierung von

– Nicht-Standard-Aphasien

– modalitätsspezifischen Sprachstörungen

– nicht klassifizierbaren Störungen

• Erfassung der aphasischen Störungen in einzelnen sprachlichen Modalitäten

• Bestimmung des Schweregrades

• Beschreibung der aphasischen Störungen (Phonologie, Lexikon, Syntax, Semantik)

42

AAT - Untertests(Huber,Poeck, Weniger & Willmes 1983)

• Spontansprache

• Token-Test

• Nachsprechen

• Schriftsprache

• Benennen

• Sprachverständnis

Instrumente zur Aphasiediagnostik-impairment-

• AABT (Biniek, 1993)– Aachener Aphasie Bedside Test

• AAT (Huber et al. 1983)– Aachener Aphasie Test

• BMTDA (Goodglass ...)– Basel Minnesota Test zur

Differentialdiagnose der Aphasie

• LEMO / PHONO (de Bleser ...)

43

Instrumente zur Aphasiediagnostik-activity-

• ANELT (Blomert et al. 1994)• Amsterdam Nijmegen Everyday

Language Test

• PACE Protokoll (Steiner, 1988)• Promoting aphasics communicative

effectiveness

• CETI (Lomas et al. 1989)• communicative effectiveness Index

CETI

44

Instrumente zur Aphasiediagnostik- partizipation-

• ALQI (Engell, 1995 / Hütter)• Aachener Lebensqualitäts Inventar

• CMP (Herrmann, 1997)• Promoting aphasics communicative

effectiveness

ALQI (Engell, 1995 / Hütter)

45

CMP

Fazit - Aphasiediagnostik• Impairment

• überbetont, aber etabliert• Aktivität

• wichtig, tendenziell zu wenig beachtet

• wird eher wenig standardisiert untersucht

• Beobachtung wichtig (Gruppenverhalten)

• Partizipation• letztlich das Ziel, geht oft nur mit

Angehörigen• über Fremdurteil oft gut zu erheben• Fremdurteile oft besser als ihr Ruf

46

47

48

Kritik der Syndrome

• Zu ungenau

• Agrammatismus ist selbst wieder ein Syndrom!

• Was sind notwendige Symptome für die Diagnose?

• Einzelne Syndrome sind sehr heterogen!

Kritik der Syndrome

• Antwort

• 4 Typen der globalen Aphasie – Standardtyp

– Iterativer Typ

– Neologistischer Typ

– Stereotyper Typ

49

Dyslexien

• Erworbene Dyslexien (Alexien)

• Konstitutionelle Dyslexie (Legasthenie)

Dyslexien

• Erworbene Dyslexien (Alexien)– Aufmerksamkeits-Alexie (attentional alexia)

– Neglekt-Alexie

– Pure Alexie

– Oberflächen-Alexie (surface [orthographic] alexia)

– Phonologische Alexie (phonological alexia)

– Semantische Alexie (semantic alexia, alexia of Alzheimer‘s disease)

– Tiefen-Alexie (deep dyslexia)

50

Kurze anatomische Betrachtung

• Primärer auditorischer Input -> Heschl Gyrus

• Posterior davon: heteromodaler Kortex -> Wernicke-Areal

• Wernicke -> Fasciculus arcuatus -> Broca

• Posterior von Wernicke -> Gyrus angularis

• Gyrus angularis erhält input von sekundären visuellen Arealen

Kurze anatomische Betrachtung

• Mesulam (1990): large scale reading and language network

• Wernicke Area: „semantic-lexical pole“

• Gyrus angularis: integriert visuelle und somästhetische Informationen, die für das Lesen wichtig sind.

51

Kurze anatomische Betrachtung

• Wernicke + Broca + Gyrus angularis bilden das Sprachnetzwerk der dominanten Hemisphäre

• Es ist nicht angemessen, die Funktionen der drei Gebiete nur für sich zu betrachten!

Aufmerksamkeits-Alexie(attentional alexia)

• Shallice and Warrington (1977)

• Patienten konnten einzelne Wörter lesen, aber nicht Multi-Wort-Displays.

• Buchstaben „wanderten“ zwischen Wörtern!POT BIG HUT -> BUT BIG HUT

52

Aufmerksamkeits-Alexie(attentional alexia)

• Ähnliches Phänomen bei normalen Lesern, die unter tachistoskopischen Bedingungen lesen.

• Zugrundeliegendes Problem: – Selektive Aufmerksamkeit!– Nicht spezifisch für orthographisches

Material

Neglekt-Alexie

• Verwandt mit dem klinischen Phänomen des Neglekt

• Verschiedene Ursachen: – Motorische Programmierung des okulären

Scanning

– Räumliche Verteilung von Aufmerksamkeit

– Konstruktion von abstrakten visuospatialen Repräsentationen

53

Neglekt-Alexie

Wird bei Patienten mit rechts-parietalen Läsionen und links-seitigem Neglekt beobachtet– Neglekt für die linke Hälfte einer Seite

– Auslassen von Wörtern auf der linken Seitenhälfte

– Substitutionen für die linke Hälfte von Wörtern

Neglekt-Alexie

Substitutionen (häufig)

Garage -> Blamage

Deletionen (relativ häufig)

Giraffe -> Affe

Additionen (seltener)

Ball -> Fußball

54

Optokinetikbehandlung bei Neglekt

Der sommergrüne Laub- oder Mischwald bedeckte einst fast ganz Mitteleuropa. Eichen und Buchen, Ulmen, Pappeln und Birken, Eschen und Kastanien bieten vielen Vögeln, Insekten und kleinen Säugetieren Schutz und Nahrung. Der Wald in den Ländern rund um das Mittelmeer heißt Buschwald. Dieser einzigartige Wald wächst da, wo die Sommer heiß und trocken sind, die Winter dagegen mild und regnerisch

Der sommergrüne Laub- oder Mischwald bedeckte einst fast ganz Mitteleuropa. Eichen und Buchen, Ulmen, Pappeln und Birken, Eschen und Kastanien bieten vielen Vögeln, Insekten und kleinen Säugetieren Schutz und Nahrung. Der Wald in den Ländern rund um das Mittelmeer heißt Buschwald. Dieser einzigartige Wald wächst da, wo die Sommer heiß und trocken sind, die Winter dagegen mild und regnerisch

Vor Therapie Nach Therapie

Neglekt-Alexie

Unklar– Ist Neglekt-Alexie ein Symptom eines

generellen Neglekts?

– Es sind aber Patienten beschrieben worden, die nur Neglekt-Alexie, aber keine anderen Symptome eines Neglekts haben.

55

Neglekt-Alexie

Sicher– Probleme der Aufmerksamkeitssteuerung

beim Lesen

– Beweis: beim Spiegelschriftlesen werden die Enden der Wörter weggelassen, welche nun links liegen

Visuelle Analyse

Visuelles Input-Lexikon

GraphemPhonemKonversion

Semant.System

OutputLexikon

PhonemLevel

Geschriebenes Wort

Spr

ache

56

Pure Alexie

• Problem der Informationsverarbeitung zwischen dem visuellen und dem linguistischen System

• Orthographische und linguistische Verarbeitung ist intakt

• Daher: keine Agraphie und keine Aphasie!

Pure Alexie

• Basale visuelle Informationsverarbeitung intakt

• Daher: ein geschriebenes Wort wird „akkurat“ wahrgenommen

• Aber: visueller Input kann die zugehörigen orthographischen Detektoren nicht aktivieren

57

Pure Alexie

• Kompensationsstrategie der Patienten: letter-by-letter reading

• Je länger ein Wort, desto länger braucht ein Patient und desto häufiger macht er einen Lesefehler

• Wörter, die laut buchstabiert werden, werden vom Patienten ohne Schwierigkeiten erkannt

Pure Alexie: Läsionen

• Läsionen, die den Gyrus angularis von seinem Input isolieren

• Diese Patienten schreiben gut, haben aber letter-by-letter reading (selbst für Sachen, die sie selbst geschrieben haben)

58

Pure Alexie: Läsionen

• Läsionen des Gyrus angularis selbst erzeugen keine Pure Alexie sondern eine Alexie mit Agraphie (da hier offenbar die orthographischen Wortformen prozessiert werden.

Oberflächen-Alexie(Surface Alexia)

• Ein geschriebenes Wort aktiviert einen Eintrag im orthographischen Lexikon

• Ist dieses Lexikon kompromittiert, so resultiert ein Regularisierungseffekt

• Reguläre Wörter und Pseudowörter können gelesen werden

• Wörter, die irregulär ausgesprochen werden, werden regularisiert

59

Visuelle Analyse

Visuelles Input-Lexikon

GraphemPhonemKonversion

Semant.System

OutputLexikon

PhonemLevel

Geschriebenes Wort

Spr

ache

Oberflächen-Alexie(Surface Alexia)

• Effekt in Sprachen mit wenig transparenter Graphem zu Phonem-Konversion gravierender

60

Oberflächen-AlexieDiagnose

• Reguläre Wörter und Pseudowörter werden besser gelesen als irreguläre Wörter

• Homophon-Verwechselungen kommen häufig vor (ganz – Gans)

• Pseudohomophone werden häufig als Wörter akzeptiert – Engl. PHOCKS für FOX

Oberflächen-AlexieLäsionen?

• Folgende Läsionen kamen bei 14 Patienten vor– Präfrontal– Postzentral – Gyrus supramarginalis– Multiple Läsionen weiße Substanz– Gyrus temporalis inferior– Gyrus temporalis medialis– Gyrus temporalis superior– Gyrus angularis– Okzipitaler Kortex (nicht näher bezeichnet)

61

Oberflächen-AlexieLäsionen?

• Surface Alexia ist daher ein anatomisch nur unzureichend definiertes Syndrom!

Alexie durch Diskonnektion von orthographischem und

semantischem System?

62

Visuelle Analyse

Visuelles Input-Lexikon

GraphemPhonemKonversion

Semant.System

OutputLexikon

PhonemLevel

Geschriebenes Wort

Spr

ache

Alexie durch Diskonnektion von orthographischem und

semantischem System?• Sollten keine Symptome beim Lesen

oder Schreiben haben• Lediglich: beim Einzelwortlesen keine

Unterscheidung von Homophonen möglich – hoarse (heiser) vs. horse (Pferd)– Waise vs. Weise – Laib vs. Leib

63

Alexie durch Diskonnektion von orthographischem und

semantischem System?

• Solche Patienten sind noch nicht beschrieben worden (wahrscheinlich, weil man Patienten, die keine Symptome haben, auch nicht testet)

Phonologische Alexie

• Entsteht durch Zerstörung der direkten Verbindung zwischen orthographischem und phonologischem System

64

Visuelle Analyse

Visuelles Input-Lexikon

GraphemPhonemKonversion

Semant.System

OutputLexikon

PhonemLevel

Geschriebenes Wort

Spr

ache

Phonologische Alexie

• Lesen ist immer noch möglich!• Orthographische Units führen zur Aktivierung

von semantischen Units, die dann das Lesen ermöglichen

• Probleme beim Lesen von Pseudowörtern (die keinen semantischen Eintrag haben)

• Probleme beim Lesen von Wörtern mit einem „schlechten“ Eintrag (Funktionswörter, Affixe)

• „Part of Speech“ Effekt

65

Phonologische AlexieLäsionen?

• Folgende Läsionen sind bei 12 Patienten berichtet worden:– Präfrontal– Postcentral– Gyrus supramarginalis – Gyrus angularis – Gyrus temporalis inferior– Gyrus temporalis medialis– Gyrus temporalis superior – Gyrus angularis

Phonologische AlexieLäsionen?

• Wiederum zeigt sich keine eindeutige Lokalisation!

66

Semantische Alexie(Alexie beim Alzheimer)

• Semantisches Lexikon enthält alles Wissen über Konzepte und ihre Beziehungen untereinander

• Semantisches Lexikon wird durch alle Sprachmodalitäten gleichsam benutzt

Semantische Alexie(Alexie beim Alzheimer)

• Solche Patienten lesen Wörter (auch irreguläre) und Pseudowörter korrekt

• aber sie verstehen nicht, was sie lesen!

67

Tiefendyslexie

• Gekennzeichnet durch semantische Paralexien

• Heiss -> kalt• Katze -> Tier• Frucht -> Apfel• Bahn -> Zug• D.h. die gelesenen Wörter haben eine

Bedeutungsbeziehung zum Zielwort

Tiefendyslexie

• Semantische Paralexien sind das definierende Symptom

• Andere Symptome: – derivationale Paralexien– Orthographische Paralexien – Nomina und Adjektive werden besser als Verben

gelesen– Konkrete Wörter werden besser als abstrakte

Wörter gelesen – Unfähigkeit Pseudowörter zu lesen

68

Tiefendyslexie

• Erklärung 1: – Multiple Läsionen / Impairments sind

notwendig, um die verschiedenen Symptome zu erklären

– Trifft offenbar nicht zu, da semantische Paralexien niemals isoliert auftreten

Tiefendyslexie

• Erklärung 2: – Tiefendyslexie reflektiert die Leistung des

semantischen Systems, wenn die phonologische Route blockiert ist.

– Semantische Route sei sehr unpräzise. Zusätzliche phonologische Information ist notwendig, um zwischen Wörtern wie „hübsch“ und „schön“ zu unterscheiden.

69

Tiefendyslexie

• Erklärung 2: – Jedoch: nicht alle semantischen Paralexien

betreffen Synonyme.

– Ausserdem: Warum kommen dann semantische Paralexien bei der phonologischen Alexie nicht vor?

Tiefendyslexie

• Erklärung 3: – Direkte Route Orthographie zu Phonologie

ist blockiert

– Sowie Defizit innerhalb der semantischen Leseroute

70

Visuelle Analyse

Visuelles Input-Lexikon

GraphemPhonemKonversion

Semant.System

OutputLexikon

PhonemLevel

Geschriebenes Wort

Spr

ache

Tiefendyslexie

• Tiefendyslexie sollte daher alle Symptome einer phonologischen Dyslexie beinhalten

• Dieses scheint in der Tat der Fall zu sein.

71

Tiefendyslexie

• Tiefendyslexie ist ähnlich dem Lesen, das manche Patienten mit Split-Brain Operation mit der rechten Hemisphäre zeigen.

Tiefendyslexie

• Häufig weit verteilte Läsionen in der linken Hemisphäre

• Daher Hypothese, dass es sich um die Leistung eines rudimentären rechts-hemisphärischen Lesesystems handeln könnte

72

Behandlung der Dyslexien

• Einzelfall bzw. syndromorientiert

• Z.B.: Patient mit Tiefendyslexie (dePartz, 1986)– Ziel: Trainieren, die phonologische Route

zu benutzen

– Jeder Buchstabe wurde mit einem einfachen Wort, das mit diesem Buchstaben beginnt, gepaart

Behandlung der Dyslexien

– Der Patient wurde so imstande, die einzelnen Phoneme zu produzieren.

– Nach 9 Monaten ergab sich eine deutliche Besserung.

73

Behandlung der Dyslexien

• Behandlung der Oberflächendyslexie (Patienten können unregelmäßig buchstabierte Wörter nicht lesen)– Es werden alle Wörter, die zusammen

gehören, auch zusammen geübt.

– Grow, mow

– Cow, Clown

Behandlung der Dyslexien

• Patienten mit Purer Dyslexie (letter-by-letter reading) behandeln sich meist selbst– Lernen, dass sie über lautes

Buchstabieren, die Wörter verstehen (lesen) können.

– Nachfahren der Buchstaben ist wirksam, wenn die Patienten einzelne Buchstaben nicht erkennen können.

74

Agraphien - Geschichte

• Lichtheim (1885): Die Fähigkeit zu schreiben ist auf die allgemeine Sprachfähigkeit aufgepfropft.

• Daher war seine Klassifikation der Agraphien dieselbe wie die Klassifikation der Aphasien

Agraphien - Geschichte

• Goldstein (1948): Agraphien sind oft, aber nicht immer, mit Aphasien assoziiert.

• Primäre Agraphie – resultiert aus einer Schädigung des motorischen Aspektes des Schreibens

• Sekundäre Agraphie – resultiert aus allgemeiner Sprachstörung

75

Agraphien - Geschichte

• Goldstein (1948): fünf Typen von primärer Agraphie – Kein Impuls zu Schreiben– Schädigung der abstrakten Repräsentation von

Schriftsprache– Ideatorische Agraphie (Verlust der

Buchstabenrepräsentationen)– Motorische Agraphie (Produktion von inkorrekten

Buchstaben)– Agraphie mit Apraxie in der nicht-dominanten

Hand.

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Pure Agraphie

• Aphasische Agraphie

• Agraphie mit Alexie (parietale Agraphie)

• Apraktische Agraphie

• Spatiale Agraphie

76

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Pure Agraphie – Fehlen weiterer signifikanter

sprachbezogener Symptome– Buchstabierfehler bei wohlgeformten

Buchstaben– Läsionen

• Exners Area• Oberer Parietallappen• Posteriore perisylvische Region• Linker Ncl. caudatus

Exners Area

EX

77

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Aphasische Agraphie – Globale Aphasie

– Broca Aphasie

– Wernicke Aphasie

– Leitungsaphasie

– Transkortikal sensorische Aphasie

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Aphasische Agraphie – Schwierigkeiten der Graphemproduktion

und/oder

– Agrammatisches Schreiben

– Wernicke: schwere Buchstabierfehler (wie Jargon)

78

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Agraphie mit Alexie (parietale Agraphie)– Schlecht/nicht erkennbare Buchstaben

beim Schreiben

– Schwierigkeiten beim Buchstabieren

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Apraktische Agraphie – Schwierigkeiten, Buchstaben zu formen,

beim spontanen Schreiben oder beim Schreiben nach Diktat.

– Läsion (meist) im linken parietalen Kortex (wie bei Apraxien häufig)

79

Agraphien – aktuelle neurologische Klassifikation

• Spatiale Agraphie – Läsionen im nicht-dominanten

Parietallappen

Agraphien: kognitiv-neuropsychologische Klassifikation

• Einteilung der Verarbeitungsmodule in linguistische und nicht-linguistische Komponenten

• Linguistische Komponenten– Lexikalische Agraphie– Phonologische Agraphie – Tiefe Agraphie– Semantische Agraphie

80

Apraxie

Definition über Exklusion!Eine Störung von zielgerichteten Bewegungen, die nicht durch Schwäche, Akinese, Deafferentierung, abnormen Tonus, abnorme Haltung, Bewegungsstörung, intellektuellen Abbau, schlechtes Sprachverständnis oder mangelnde Kooperation erklärt werden kann.

81

Apraxie

• Gesten auf verbales Kommando

• Gesten auf Imitation

• Pantomime nach Anblick des Werkzeuges (Hammer)

• Pantomime nach Anblick des Objektes (Nagel)

• Werkzeug-Gebrauch

82

Apraxie

• Unterscheiden zwischen korrektem und nicht korrektem Gebrauch von Werkzeugen

• Verständnis von Gesten (“Welches Werkzeug benutze ich gerade?”)

• Serielle Handlungen

83

Tests für Apraxie

• Intransitive Gesten der Extremitäten– Auf Wiedersehen Winken

– Trampen

– Grüßen

– “Komm-Her” Geste

– Stopp-Geste

– Geh-Geste

Tests für Apraxie

• transitive Gesten der Extremitäten– Tür mit Schlüssel öffnen

– Münze werfen

– Flasche öffnen

– Schraubenzieher benutzen

– Hammer benutzen

– Schwere benutzen

84

Tests für Apraxie

• intransitive buccofaciale Gesten– Zunge herausstrecken

– Küsschen geben

• transitive buccofaciale Gesten– Streichholz ausblasen

– An einem Strohhalm saugen

Tests für Apraxie

• Serielle Handlungen– Reinige Pfeife, stopf Tabak hinein, mach

die Pfeife an

– Brief falten, in Umschlag stecken, zukleben, mit Briefmarke versehen

85

Ideomotorische Apraxie

• Normale Geschicklichkeit

• Grösste Schwierigkeiten bei transitiven Bewegungen

• Leichte Verbesserung bei Imitation

• Verbesserung auch, wenn Objekt benutzt werden darf

Ideomotorische Apraxie

• Typische Fehler– “body part as object”

– Perseverationen

– Sequenzierungsfehler

– Spatiale Fehler (am häufigsten)• Posturale Fehler

• Räumliche Orientierung

• Räumliche Bewegung

86

Ideomotorische Apraxie

• Posturale Fehler– Halten die Hand falsch (z.B. wenn Schlüssel-

Geste gemacht werden soll)

• Räumliche Orientierungsfehler– Handbewegungen, die das Werkzeug nicht zu

einem vorgestellten Objekt bewegen

• Räumliche Bewegungsfehler– Aktivieren Bewegungen von falschen Gelenken

Anatomie der Apraxie (nach Geschwind)

W

MAC

MC

VAC

VC

87

Modell nach Geschwind

• Apraxie durch Diskonnektion

• Bei callosaler Durchtrennung (split brain, Infarkt)

• Bei Störung der motorischen Assoziationsareale

• Bei Störung der Sprachareale

Repräsentationshypothese

• Motorische Formeln

• Praxicons

• Geschwinds Theorie sagt nichts über die Repräsentation von Bewegungen

88

Repräsentationshypothese

• Wenn wir motorische Programme gelernt haben, können wir zukünftige motorische Aufgaben besser durchführen.

• Wir können pantomimisch gelernte Bewegungen ausführen.

• Dies spricht für eine Repräsentation von Bewegungen.

Repräsentationshypothese

• Bewegungsformeln sind im dominanten parietalen Kortex gespeichert.

• Vorhersage: Patienten mit zerstörten Praxicons sollten auch nicht in der Lage sein, zwischen korrekten und inkorrekten Bewegungen, die ihnen vorgemacht werden, zu unterscheiden.

89

Repräsentationshypothese

• Heilmann und Rothi: – Es gibt zwei Formen von Apraxie

– Dominanter Parietallappen: Zerstörung der Praxicons

– Anterior davon: Zerstörung der Verbindungen

Bewegungs-FormelnPraxicons

Innervations-Muster(SMA)

CorticospinalesSystemLH

CorticospinalesSystemRH

Corpus Callosum

Inf. Parietallappen

Verbaler, gestischer, Objekt-Input

90

Ideomotorische Apraxie

Apraxie ist häufig mit Aphasie gepaart

Bis zu 80 % aller Wernicke und Broca-Aphasiker haben eine Apraxie

Ideatorische Apraxie

• Seltener als ideomotorische Apraxie

• Unfähigkeit, eine Serie von Handlungen durchzuführen.

• Sequenzierung ist schwierig

• Patienten haben häufig dementielle Erkrankungen (Alzheimer, Pick, etc.)

91

konzeptuelle Apraxie

• Inhaltliche Fehler (benutzen Schraubenzieher wie Hammer)

• Können nicht erinnern, welches Werkzeug mit welchem Objekt assoziiert ist.

• Wissen nicht, welchen mechanischen Vorteil ein Werkzeug hat.

• Können keine Werkzeuge machen.

buccofaciale Apraxie

• Schwierigkeiten, Bewegungen mit der Zunge, den Lippen, dem Gesicht auszuführen.

• Können auf Kommando Zunge nicht herausstrecken.

• Es sind Dissoziationen zwischen ideomotorischer Apraxie und buccofacialer Apraxie beschrieben worden.

• Verwandt: Sprechapraxie

92

Körperschemastörungen

• Unterscheidung in– Body image (bewusste Repräsentation =

explizite Verleugnung einer Hemiparese)

– Body schema (unbewusste Repräsentation = unilateraler Neglekt)

• Unterscheidung wird jedoch im deutschen Schrifttum nicht getroffen

93

Körperschemastörungen

• Neuropsychiatrische Beobachtungen legen nahe:

• Es gibt ein überdauerndes räumliches Modell des eigenen Körpers.

• Dieses schafft den Rahmen, in dem perzeptuelle, motorische und diskriminatorische Aktionen in bezug auf den Körper stattfinden können.

Körperschemastörungen

• Phantom-Glied-Erleben als Beispiel

94

Henry Head (1920)

Such schemata modify the impressions produced by incoming sensory impulses in such a way that the final sensations of positions, or of locality, rise into consciousness charged with a relation to something that has happened before. Destruction of such “schemata” by a lesion of the cortex renders impossible all recognition of posture of the locality of a stimulated spot in the affected part of the body.

Henry Head (1920)

• Posturale Schemata – Positionsempfinden

– Bewegungsrichtung

• Körperoberflächenschemata– Lokalisation von Berührungen

95

Formen von Körperschemastörungen

• Autotopagnosie

• Finger-Agnosie

• Rechts-Links-Störung

Autotopagnosie

• Badal (1888), Pick (1898)

• Unfähigkeit, Körperteile des eigenen Körpers zu identifizieren (auf Kommando oder durch Imitation)

• Betrifft die meisten (alle) Körperteile

• Ist selten

96

Autotopagnosie

• Beziehung zu – Aphasie

– Neglekt ?

• Semenza und Goodglass (1985)– Sowohl Imitation als auch Leistung nach verbalem

Kommando hing von der Wortfrequenz des Körperteils ab.

– “Die Stärke der Repräsentation eines Körperteils bildet sich in der Wortfrequenz ab.”

Autotopagnosie

• Ogden (1985) – Patient mit Tumor links-parietal.

– Keine Aphasie aber Apraxie

– Konnte Körperteile verbal nennen und Funktion beschreiben.

– Konnte nicht auf Körperteile zeigen.

– Konnte aber auf Autoteile zeigen.

• Spricht für die Existenz einer isolierten Autotopagnosie

97

Finger Agnosie

• Gerstmann (1924)– Patienten können Finger an der eigenen

Hand (und an fremden Händen) nicht identifizieren.

– Partielle Störung des Körperschemas

• Gerstmann Syndrom:– Fingeragnosie, Akalkulie, Agraphie,

Rechts-Links-Störung

Finger Agnosie

• Läsion liegt im Gyrus angularis der linken Hemisphäre (Gerstmann)

• Spätere Untersuchungen zeigen eine weniger präzise Lokalisation: – 20 % aller links-hemisphärischen Pat.

– 3 % aller rechts-hemisphärischen Pat.

98

Rechts-Links-Störung

• Unfähigkeit, die linke oder rechte Seite des eigenen oder fremden Körpers zu identifizieren

• Körperschemastörung?

• Defektes symbolisches Denken?

• Ist klinisch sehr häufig!

Orientierung zum eigenen Körper

• Benennen einzelner lateraler Körperteile, die der Untersucher berührt

• Zeigen auf einzelne laterale Körperteile, die der Untersucher benennt

• Ausführen doppelter, nicht-gekreuzter Bewegungen auf Kommando (berühre linkes Ohr mit linker Hand)

• Ausführen doppelter, gekreuzter Bewegungen auf Kommando (berühre rechtes Ohr mit linker Hand)

99

Orientierung zum eigenen Körper ohne visuelle Kontrolle• Benennen einzelner lateraler Körperteile, die

der Untersucher berührt • Zeigen auf einzelne laterale Körperteile, die

der Untersucher benennt• Ausführen doppelter, nicht-gekreuzter

Bewegungen auf Kommando (berühre linkes Ohr mit linker Hand)

• Ausführen doppelter, gekreuzter Bewegungen auf Kommando (berühre rechtes Ohr mit linker Hand)

Orientierung zum Untersucher (oder Bild)

• Benennen einzelner lateraler Körperteile• Zeigen auf einzelne laterale Körperteile, die

der Untersucher benennt• Imitieren doppelter, nicht-gekreuzter

Bewegungen des Untersuchers (berühre linkes Ohr mit linker Hand)

• Imitieren doppelter, gekreuzter Bewegungen des Untersuchers (berühre rechtes Ohr mit linker Hand)

100

Rechts-Links-Störungen

• 4-jährige können rechts-links zumeist nicht differenzieren

• 6-jährige können das

• Schaffen aber (meist) den Umstieg nicht bei Benennen/Zeigen relativ zum Untersucher

Rechts-Links-Störungen

• Häufiger in Patienten mit links-hirniger Störung