Post on 22-Mar-2021
LVR-Klinik Viersen
Stationsäquivalente psychiatrische
Behandlung - StäB -
Stand der Entwicklung am Beispiel der LVR-Klinik Viersen
Dr. Ralph MarggrafÄrztlicher Direktor, LVR-Klinik Viersen06.12.2019/ DGSP Tagung Leverkusen
LVR-Klinik Viersen
1. Einführung
2. Entwicklung und Grundlagen der StäB
3. Umsetzungen in der LVR-Klinik Viersen (EWP/ KJPP)
4. (Zwischen) Fazit
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Einführung
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Schnittstellenmanagement
(ein nicht ganz neues Thema in der Psychiatrie)
"Die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wird den Bedürfnissen eines Teils
der psychisch Kranken nicht gerecht. Es hat sich nämlich gezeigt, dass derjenige Teil psychisch
Kranker, welcher der Vorsorge, insbesondere aber der intensiven Nachsorge bedarf, zwischen
den Maschen des bestehenden Netzes ambulanter Dienste leicht hindurch fällt. … Es muss daher
als eine Fehlentwicklung der Versorgung bezeichnet werden, dass diese ambulanten Aufgaben,
welche das Tätigkeitsfeld der niedergelassenen Nervenärzte sinnvoll ergänzen, noch nicht von
den psychiatrischen Krankenhauseinrichtungen und anderen Institutionen wahrgenommen
werden können.“
(Empfehlung der Psychiatrie Enquête 1975)
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Persönliche Erfahrungen des Referenten
Eines der ersten Gutachten 1998 …
in Nideggen, als junger Assistent in der Weiterbildung
Psychotiker, keine Möbel, nur Kisten in einem großen dunklen und
ungeheizten Raum
Rundgang SASJ Neuss ca. 2016/ 2017
Besuch med. Reha Alexianer Krefeld ca. 2011/2012
Präsentation des Neubaus
Sehr hochwertige Unterbringungsqualität
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Entwicklung und Grundlagen der StäB
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Was ist „Home Treatment?“Ärztlich geleitete Behandlung einer akuten psychischen Erkrankung
- im gewohnten Lebensumfeld
- mit den Mitteln und entsprechend einer stationären
Behandlungsform
- nach Komplexität, Organisation, Zeitdauer, Zielsetzung
- multiprofessionelles Team
- Kriseninterventionsdienst
- Nutzung Krankenhausressourcen
- zum Beispiel psychotherapeutischer Gruppendienst
- Täglich intensiver Kontakt
- Einsatz psychiatrischer, psychotherapeutischer und ergänzender
Verfahren
Anlehnend an den Vortrag von Dr. Horn, Alexianer Krefeld vom 24.01.2019
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Gemeindepsychiatrische Ansätze international
1950er 1960er 1970er 1980er 1990er
Community Mental Health
Services (USA, dann UK)
Beginn Case management
Sozial-
psychiatrische
Dienste
Intensive
Case
Management
Programm
2000er
2016
Stationsäquvalente
Behandlung
(StäB)
Assertive
Community
Treatment
(ACT)
Home
Treat-ment
2018
Weitere Ansätze:
- Crisis Resolution Teams (CRT)
- Need adapted Treatment (NAT)
- U.a.
Vorher
Asly, Anstalt
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ACT = Assertive Community Treatment; CMHT = Community
Mental Health Teams; ICM= Intensive Case Management Program(nach Becker et al. 2008)
Ambulante gemeindepsychiatrische Ansätze
StäB
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Aufsuchende Ansätze in Deutschland SGB V- Ambulante Psychiatrische Pflege- Institutsambulanz- Integrierte Versorgung- Ambulante Soziotherapie- Ambulante Ergotherapie - integrierte Versorgung
- IPB Krefeld, Bamberger Hof, Günzburg, Hanau, u.a.- Regionalbudget Itzehoe und andere regionale Versorgungsverträge- UKE-Modell, NWpG, SeGel, NetzWerkPlus- LVR-Klinik Bonn
- Stationsäquivalente Behandlung (StäB)Weitere SGB-Leistungen- Betreutes Einzelwohnen, aufsuchende Sozialarbeit- Leistungen im Rahmen des Persönlichen Budgets - Alltagsbegleiter- Kommunale Eingliederungsleistungen, psychosoziale Betreuung- Zusätzliche BetreuungsleistungenSonstige Ansätze- Sozialpsychiatrischer Dienst- Betreuungsrechtliche Leistungen
Aus dem Vortrag von Dr. Horn vom 24.01.2019
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Leitlinienempfehlungen
DGPPN S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien
- Menschen mit akuten schweren psychischen Störungen sollen Möglichkeit haben, von mobilen multiprofessionellen Teams aufsuchend in ihrem gewohnten Lebensumfeld behandelt zu werden, v. a. dann, wenn Behandlungsabbrüche drohen.
DGPPN S3-Leitlinie Schizophrenie
- Teambasierte und gemeindenahe multiprofessionelle Versorgungsstrukturen können zur Versorgung von schwer erkrankten Menschen mit Schizophrenie, Gewährleistung therapeutischer Kontinuität und zur Reduktion der Krankenhausaufnahmen beitragen.
- Wesentliche Aufgaben dieser Teams sollten neben der psychiatrischen Standardbehandlung die Gewährleistung von Hausbesuchen und die gemeinsame Verantwortung für die gesundheitliche als auch die soziale Versorgung der Betroffenen sein.
NICE, WFSBP, PORT, APA
LVR-Klinik Viersen Gesetzliche Regelung
2018
Beginn mit dem Aufbau von StäB in der LVR-Klinik Viersen
01.01.2018
§115d SGB V Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung
Dezember 2016
Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG)
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Stationsäquivalente Behandlung
PsychVVG Artikel 5; Änderung SGB V §39
- Die Krankenhausbehandlung wird stationär, stationsäquivalent,
teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht.
- Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre oder
stationsäquivalente Behandlung durch ein zugelassenes
Krankenhaus ….
-> StäB ist vollstationärer Behandlung gleichwertig, Entscheidung liegt
beim Krankenhaus
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§ 115d SGB V Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung
(1) Psychiatrische Krankenhäuser … sowie Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen,
fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler
Versorgungsverpflichtung können in medizinisch geeigneten Fällen, wenn eine
Indikation für eine stationäre psychiatrische Behandlung vorliegt, anstelle einer
vollstationären Behandlung eine stationsäquivalente psychiatrische Behandlung im
häuslichen Umfeld erbringen. Der Krankenhausträger stellt sicher, dass die
erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte und die notwendigen
Einrichtungen für eine stationsäquivalente Behandlung bei Bedarf zur Verfügung
stehen.
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StäB ist hoch reglementiert-OPS-Code 9-701 (Erwachsene)
-OPS-Code 9-801 (Kinder und Jugendliche)
-Vereinbarungsdokument der
Selbstverwaltungspartner vom 31.03.2017
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StäB - Rahmenvereinbarung
- Krankenhausbehandlungsindikation
- ambulant oder teilstationär ist nicht ausreichend
- Wunsch der Patientin/ des Patienten bzw. der Sorgeberechtigten
- Eignung des Umfeldes
- 4-Augen-Gespräch möglich
- Kindeswohlgefährdung ausschließen
- Zustimmung des häuslichen Umfeldes
- Nutzung von Klinikressourcen
- Krankenhausspezifische Diagnostik und Therapie
- Mobiles multiprofessionelles Team
- Fachärztliche Leitung/ Verantwortung
- Gewährleistung Krisenintervention
- Erreichbarkeit 24/7 plus Rufbereitschaft 40 Std.
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- Multiprofessionelles Team im Wohnumfeld (zu Hause oder im Heim)
- StäB-Team: ärztlicher Dienst, pflegerischer Dienst und mindestens ein Vertreter einer weiteren
Berufsgruppe
- Mindestens 1 direkter Patientenkontakt pro Tag
- An allen Tagen, je nach Einzelfall Ausnahmen möglich
- Ergänzende Kontakte in der Klinik
- Gruppentherapie, Diagnostik
- Therapeutische Maßnahmen
- entsprechend OPS und krankheitsspezifischen Leitlinien
- Ständige ärztliche Eingriffsmöglichkeit
- bei Zustandsverschlechterung jederzeit vollstationäre Aufnahme möglich
- Rufbereitschaft
- StäB-Team im Rahmen des üblichen Tagesdienstes an Werktagen
- nachts und am Wochenende allgemeine Rufbereitschaft möglich
StäB - Rahmenvereinbarung
LVR-Klinik Viersen
StäB - Rahmenvereinbarung
- Individueller Therapieplan
- Therapie im Lebensumfeld
- Einbeziehung des sozialen Netzwerks
- Mindestens 1mal täglicher direkter Patientenkontakt
- 1mal wöchentliche aufsuchende ärztliche Visite (Facharztstandard)
- Eltern-Kind-Behandlung ist zu erwägen
- Einbeziehung externer Leistungserbringer
- Delegation an Externe< 50% möglich
- Gesamtverwantwortung bleibt beim Krankenhaus
- Entlassmanagement
- Dokumentationsanforderungen
- Wie im stationären Kontext
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StäB - Rahmenvereinbarung
- interkurrente Erkrankungen: wie im
stationären Setting
- Medikation: wie im stationären Setting - Krankenhaus ist zuständig, Medikamente
werden mitgebracht
05.12.2019
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StäB - Behandlungsverfahren - Einzelgespräche und Einzelpsychotherapie- Angehörigen- und Bezugspersonengespräche
- Einbeziehung des sozialen Netzwerkes/Umfeldes des Patienten- Gruppentherapie
- Psychoedukation - spezielle psychosoziale Interventionen (z.B. soziales Kompetenztraining)
- Interventionen durch Pflegefachpersonen- alltagsbezogenes Training, Aktivierungsbehandlung- Beratung, Adhärenz-Förderung und Monitoring der
Psychopharmakotherapie, Einnahmetraining- Sozialpädagogische und -arbeiterische Leistungen
- Übende Verfahren und Hilfekoordination zur Reintegration in den individuellen psychosozialen Lebensraum
- Sozialberatung- Weitere Therapien
- Ergotherapeutische Behandlungsverfahren- Kreativtherapien (z.B. Tanztherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie)- Physio- oder Bewegungstherapie (z.B. Sporttherapie)- Logopädie (z.B. bei Schluckstörungen)- Entspannungsverfahren (z.B. PMR, AT oder Biofeedback)
- Internetbasierte Interventionen- U.a.
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Umsetzung und Erfahrungen der LVR-Klinik Viersen
(EWP und KJPP)
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StäB – Strukturen der LVR-Klinik Viersen
- Erwachsenenpsychiatrie
- 1 Team in der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie
- Bereits zuvor Erfahrungen im Rahmen von HomeTreatment (HoT4) und
integrierter Versorgung (3GL, NwPG)
- Start September 2018 (zuvor Konzeptentwicklung)
- Bis zu 5 Patient*innen gleichzeitig (2019)
- Ziel 2020: moderate Steigerung der Fallzahlen
- Einbezug von EX-IN
- Bisher nicht im Bereich Abhängigkeitserkrankungen und keine Erfahrungen in
Pflegeheimbereichen
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Personalplan:
05.12.2019
StäB – Strukturen der LVR-Klinik Viersen
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Mobiles multiprofessionelles Behandlungsteam im häuslichen Umfeld der Patientinnen und Patienten
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Behandlungsablauf
Zuweisung
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Sorgfältige Patientenauswahl
• Patienten mit negativen Erfahrungen aus früheren stationären
Behandlungen, z.B. Anwendung von Zwangsmaßnahmen
• Patienten mit Schwierigkeiten, die in der Situation des Klinikalltags
begründet liegen
• Verantwortung für Angehörige (Kinder oder Pfegebedürftige), die
einer längeren Abwesenheit entgegensteht
• Patienten mit Schwierigkeiten nach einem längeren Klinikaufenthalt in
den Alltag zurückzukehren
Patientengruppen
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Bestimmte Patienten*innen können besser erreicht werden
- Mütter, die sonst aus Angst vor negativen Konsequenzen die Behandlung
vermeiden
o Kann problematisch sein, wenn die Kinder die Gesprächsatmosphäre
beeinträchtigen
- Landwirte (!)
o Die den Hof/ die Tiere nicht alleine lassen können oder wollen
- Patienten*innen, die aufgrund eines Gerichtsbeschlusses in der Klinik
behandelt werden und die sofort nach Auslaufen der Frist die stationäre
Behandlung beenden wollen, auch wenn eine weitere Behandlung
erforderlich ist
o Hier kann StäB ansetzen
o Ggf. kann dadurch auch die Unterbringungsdauer verkürzt werden
o Patienten*innen, die sich wegen ihrer psychischen Erkrankung schämen
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Bisherige Fälle Übersicht
• EWP/ 01.01.2019-31.10.2019
• 36 Fälle
• VwD 31,83 Tage (Stat. AP: 29,27)
• Durchschnittlich 4,6 Plätze belegt (Plan: 5,0)
• 2 Wechsel aufgrund von Dekompensation in eine Akutstation (darunter 1 Fall am
Aufnahmetag)
• 1 Fallunterbrechung aufgrund einer teilstationären Behandlung in der Hautklinik
• war zeitlich mit StäB vereinbar
• (kann stationär/teilstationär in zwei Fachgebieten gleichzeitig behandelt werden?)
• KJP/ 01.01.2019-31.10.2019
• 17 Fälle
• VwD 24,96-30,68 Tage (Stat. 35,18)
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„Wer geht in die StäB?“
1 Jahr Praxiserfahrung - Stand 31.10.2019 - EWP
Schizophrenie Spektrum
Depressionen Bipolare Persönlichkeitsstörungen Postpartalepsychische Störung
n=16 15 3 1 2
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Charakterisierung
• Meist mehrfach erkrankt (Komorbide Persönlichkeitsstörungen, Neurosen
einschl. Trauma, Suchterkrankungen sowie häufige internistische
Erkrankungen)
• Verhältnis Schizophreniespektrumsstörung zu Affektiven Störungen in der StäB
etwa ausgeglichen (d.h. relativ gesehen höher!)
• Im Stationären beträgt das Verhältnis Schizophrenie/Depressionen 2:3
• Sofern Pat. > 64 J eingeschlossen werden sogar 1:3
• höherer Anteil an postpartalen Störungen als von der Krankheitshäufigkeit zu
erwarten
• Frauenanteil in der StäB 31: 6 Männer
• Bereitschaftsdienst wurde 3-4x in Anspruch genommen
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Krankheitslast bei StäB-Patienten*Innen
Anzahl psychiatrischer und somatischer Diagnosen/Pat. EWP
3
0 1 1
6
12
5
0
4
1 0 0
3
21 00 1 0 0
0
2
4
6
8
10
12
14
1 Psych Diagnose 2 psych. Diagn. 3 psych. Diagnosen 4 psych. Diagnosen
keine som. Diagnose 1 som. Diagnose 2 som. Diagnosen 3 som. Diagnosen 4 som. Diagnosen
Psych. Diagnosen (n) →
Somatische Diagnosen↓
1 2 3 4
0 3 0 1 1
1 6 12 5 0
2 4 1 0 0
3 3 2 1 0
4 0 1 0 0
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Geburtsdekaden der StäB Patienten*Innen
in der EWP
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1950ER 1960ER 1970ER 1980ER 1990ER
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Erfahrungen/ Behandlung in der EWP
- Woher kommen die Patienten*innen
o Aufnahmezentrum
o Ambulanz/ PIA
o Stationen der Allgemeinpsychiatrie
o PHG/ Gemeindepsychiatrischer Verbund
o Jobcenter
o Bisher keine Einweisungen durch niedergelassene Ärztinnen und
Ärzte
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Erfahrungen/ Behandlung EWP
- Terminfindung muss sehr flexibel sein
- In der Regel ist ein Termin am Tag ausreichend
o Bisher kein Fall, bei dem höhere Kontaktfrequenz erforderlich war
o Krisensituationen treten unter diesen Bedingungen nicht oft auf
� Vergleiche Erfahrungen aus NwPG/
Krisenzimmernutzungsverhalten
- AvD/ ÄvD wurde nur selten angerufen (3-4 Mal)
o Die Patienten*innen nutzen eher die ihnen vertraute
Rufbereitschaft tagsüber
- Patienten*innen sind meist sehr kooperativ
o Kaum Terminausfälle in der EWP
o (KJP problematischer)
o Patienten mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung
testen schon mal die Grenzen
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Erfahrungen/ Organisation EWP
- Sehr aufwendig
o U.a. auch derzeit noch spitze Erfassung von Aufwand und
Fahrtzeiten für die Preisfindung erforderlich
- Abläufe nach etwas über einem Jahr inzwischen ausreichend
routiniert
- Wichtig:
o Koordinationsfunktion
o enge Zusammenarbeit mit MedCO
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Erfahrungen der therapeutischen Beziehung im StäB
- Rollenwechsel
- Patient/ Patientin als Gastgeber
- Patient/ Patientin kann Fähigkeiten demonstrieren
- Läßt eine fremde Person in die Wohnung (Vertrauensvorschuß)
- Therapeutische Beziehung tragender
- Wertschätzung durch besuchenden Therapeuten/ Therapeutin
- Therapeut/ Therapeutin in der Rolle eines Begleiters
- Begegnungsformen in anderem Rahmen
- Erweiterte diagnostische und therapeutische Optionen
- Kenntnis von Patient und Umfeld
- Familie und andere Wechselbeziehungen nutzbar
- Entlastung der Patienten und der Angehörigen
- Individuellere passgenaue Hilfen
- Konkretisierung der Hilfen
- Praktische Hilfen (Einkaufsplan, Essensvorbereitung, Schlafrituale etc.)
- Aktivitätsplanung (Kontakte, Hobbies, Ausflüge)
- Expositionstraining/ unterstützte Exposition
- Setting entstigmatisierend
Anlehnend an den Vortrag von Dr. Horn vom 24.01.2019
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Probleme:
- Dokumentation in KIS
o bei fehlender Mobilität
o Fallübernahme stationärer Patienten*innen: hier muss immer ein
neuer Fall angelegt werden, wobei die Behandlungsdaten nicht
übernommen werden
- Teamgröße
o Aufgrund des kleinen Teams Probleme in der Abdeckung von
Wochenenden und Feiertagen
� Alle Berufsgruppen müssen auch an Wochenenden und
Feiertagen arbeiten (auch Sozialarbeit usw.)
- Wochenende/ Feiertage
- ist teilweise nur eine Berufsgruppe im Dienst
- Bsp. Sozialarbeiter: was kann er/ sie rechtssicher machen, wie
etwa Blutdruckmessung o.ä.
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Noch zu regelnde Bereiche
• Frage der Inanspruchnahme des ambulanten
ärztlichen Systems (Konsil?)
• Patien*innen mit kostenintensiven
Zusatzbehandlungen (z.B. Dialyse), die während
der StäB-Behandlung nicht unterbrochen werden
können.
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Fallbeispiele EWP
- In einem Fall konnte u.a. während der StäB-Behandlung die
Wohnung des Patienten wieder bewohnbar gemacht werden,
insbesondere aufgrund Betätigungsorientierung in der Ergotherapie
- Wahnhafter Patient, der denkt, dass alle über ihn reden würden
o Arzt ist mit ihm im Rewe Kaffee trinken gegangen, hat über
andere Personen (Passanten) geredet um ihm zu zeigen, dass
viele Menschen das machen und dass es nicht so schlimm ist
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Fallbericht Frau S.
- Ambulanter Termin längere Zeit vor dem Erstkontakt nicht wahrgenommen
- durch internistischen Oberarzt erstmals als Konsil vorgestellt
- „Suizidalität“, nachdem sie mit Lungenentzündung eingeliefert wurde und dem Arzt gesagt
habe: „Es hat doch alles keinen Zweck mehr, sie wolle nicht mehr.“
• Konsilbefund:
• Patientin (78), reduzierten AZ. Freudlose Stimmung, teilweise verbittert.
• Gute Gedächtnisleistungen, voll orientiert.
• Misstrauisch, öffnet sich jedoch im Laufe eines längeren Gesprächs
• werde schon seit längerer Zeit „belästigt“, sie sei „ganz nervös“, habe „die Wohnung beim
Verlassen zweimal umgeschlossen“, als sie heimkehrte, sei „nur einmal umgeschlossen
gewesen“, es würde auch „reingerufen“.
• Eine Männerstimme habe gerufen „sie solle doch herauskommen“
• Lehnt eine Übernahme in die LVR-Klinik ab
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• Unter Antibiotikainfusionen Besserung
• nach 2,5 wöchiger Behandlung nach Hause entlassen
• Willigt bei einem weiteren Konsil in StäB ein
• Verwitwet, alleinlebend, Ehemann vor 15 Jahren verstorben
• vor einigen Jahren Ersparnisse in Eigentumswohnung investiert, um im Alter
abgesichert zu sein
• Führt die „Belästigungen“ „auf Neider“ zurück
• Gepflegt und hochwertig eingerichtet. Dekoration mit frischen Schnittblumen.
Auffallend: Im Eingangsbereich und Wohnbereich sind hinter den Vorhängen 3
Gehstöcke. Patientin fürchtet sich weiterhin vor Einbrechern und „Schleichern
Fallbericht Frau S.
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Fallbericht Frau S.
• Behandlungsverlauf
• Antipsychotikum (Risperdal® 2 mg) und bedarfsweise Beruhigungsmittel
(Valium® 5 mg).
• Wöchentliche 60 minütige Arztgespräche + täglich pflegerische und
spezialtherapeutische Sitzungen: pragmatische Krankheitseinsicht kann erreicht
werden
• nach StäB will sie keinen Psychiater oder Nervenarzt aufsuchen
• Weiterverordnung durch den Hausarzt.
• Bedeutung der Bezugsperson (Nichte) als Vertrauensperson
• Diese sucht bei weiterem Hilfebedarf erneut Kontakt zur Klinik
• Zum Entlassungszeitpunkt deutlicher, Rückgang der Paranoia, keine
Gefährdungsmomente sowie in der Lage, den Alltag allein zu bewältigen
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Stand der Budgetvereinbarung mit den Gesetzlichen Krankenkassen:
- *Weitere Einrichtungen mit StäB-Teams: Klingenmünster, Tübingen, Stuttgart,
München, Berlin (div.), Brandenburg, Reichenau, Bethel
- *Abgeschlossene Pflegesatzverhandlungen: Zwiefalten, Bad Schussenried, Weissenau
- *In Verhandlung: Klingenmünster, Tübingen, Reichenau, Stuttgart, Berlin, München
- Rheinland: gibt es bisher keine weiteren Vereinbarungen.
- LVR-Klinik Viersen hat Kalkulation mit angenommen Kontakten und Fahrzeiten
vorgelegt. Aktuell werden tatsächliche Aufwände erhoben.
* Aus Vortrag Prof. Dr. Gerhard
Längle, ZfP Südwürttemberg, März
2019
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Konzeptbegutachtung
• Begutachtung unserer StäB-Konzepte (EWP/ KJPP) durch den
MDK im Auftrag der Barmer
• Prüfauftrag: stimmt das Konzept der LVR-Klinik mit den OPS-Codes 9-
701 und 9-801 sowie dem Vereinbarungsdokument der
Selbstverwaltungspartner überein (Begutachtung Nov. 2018)
• Folge: 2x seither Überarbeitungen des Konzepts, u.a.
• Überarbeitung Indikationscheckliste
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MDK-Prüfquote fast 100%
• Fast jeder Behandlungsfall wird dem MDK zur Begutachtung vorgelegt
• Fast alle Fälle sind mit Verweis auf eine negative Strukturbegutachtung pauschal
abgelehnt worden
• Der MDK prüft in der Regel formalistisch (sind alle formalen Prüfungen erfolgt?) und
lehnt aufgrund der Strukturmerkmale ab. Hier i.d.R. Nicht-Herausgabe der
Urkunden der Mitarbeiterqualifikation
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Kritikpunkte bei den 12 Gutachten
Anzahl von Kritikpunkt
häusliches Umfeld 9
Zustimmung aller im Haushaushalt lebender volljähriger Personen 8
Eltern-Kind-Behandlung 7
Anzahl der Gruppenmitglieder bzw. Dauer 6
fachärztliche Leitung 5
Keine Indikation 5
Telefonate als Therapiezeit 4
Individuelle Therapieplan 4
Kindeswohlgefährdung 4
Zusammensetzung des multiprofessionellem Teams (namentliche Doku) 2
Team und Visite unregelmäßig 2
Visite unregelmäßig 1
HD ?? 1
Team unregelmäßig 1
Schulbegleitung als OPS 1
keine Visite 1
Gesamtergebnis 61
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Besonderheiten in der Behandlung von
Kindern und Jugendlichen
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Kinder und Jugendliche: Aufsuchende Ansätze in Deutschland
SGB V• Kinder- und jugendpsychiatrische Praxis (Hausbesuche)• Kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanz• Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst• Integrierte Versorgung• Hometreatment halb- oder ganztägig bei Modellvorhaben nach § 64b SGB V• Hometreatment im Rahmen vollstationärer Krankenhausbehandlung• Stationsäquivalente Behandlung (StäB)
SGB VIII, IX und XII• Sozialpädagogische Familienhilfe, Hilfen zur Erziehung• Betreutes Wohnen• Integrationshelfer• Aufsuchende Familientherapie (AFT)• Multisystemische Therapie (MST)
Spitczok von Brisinski, I. (2018): Stationsäquivalente Behandlung (StäB). Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie 28(2), 15-38
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StäB – Strukturen KJP
- Vorerfahrung
- nachstationäre Begleitung im häuslichen Umfeld im Rahmen
der Pia
- 2018/ 2019 je ein StäB-Team pro Abteilung
- 3 Patient*innen gleichzeitig pro Abteilung
- Kein eigenes Team, sondern von Station aus
- seit Juli 2018 erste Patienten und Patientinnen
- an den Wochenenden regelhaft Telefonkontakte (-> upcoming
Internet Therapy)
- Probleme: schwer sich aus Station rauszuziehen
- Änderung 2020: 1 Team in einer Abteilung
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KJP-StäB – Unterschiede zur EWP
• Symptomatik zeigt sich oft auch oder sogar nur in der Schule
• Schulunterricht während der Behandlung meist unverzichtbar.
• Durch den Besuch der Stammschule bleibt für StäB oft nur der Nachmittag.
• Familiengespräche sind unverzichtbar und berufstätige Eltern können oft nur am späten
Nachmittag oder frühen Abend.
• Abends sind die Kinder müde und erschöpft.
• Die Fahrtwege sind weiter, da das Pflichtversorgungsgebiet größer ist.
• Direktkontakte in der Regel an 5 Tagen in der Woche, samstags und sonntags
Telefonkontakte, daher Abrechnung nur an 5 Tagen pro Woche möglich
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Fallbeispiel: 11-jähriges Mädchen mit selbstverletzendem Verhalten
- Seit 2 Jahren Ritzen, die Arme sind übersät mit Wunden
verschiedenen Alters
- Vor 1 Jahr stationäre Behandlung wegen Suizidalität und
Depression mit deutlicher Besserung, danach Rückfall
- Die Familie hatte Vieles von dem, was empfohlen worden
war, zu Hause nicht umsetzen können
� Das StäB-Team kann im Anschluss an erneute stationäre
Behandlung den Behandlungserfolg im häuslichen Umfeld
der Patientin stabilisieren
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(Zwischen) Fazit
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Gründe für StäB
• Krankheitsauslösende und -aufrecht erhaltende Faktoren sowie Ressorcen
treten zu Hause deutlicher hervor
• Bewältigungsstrategien realitätsbezogener erarbeitbar
• Besserer Einbezug des sozialen Umfelds
• Erfahrung bedürfnisgerechter Hilfe im häuslichen Umfeld
• statt „Scheitern“ zu Hause („ich kann nicht mehr, muss in die Klinik“).
• Effektivität
• Symptomreduktion
• Wiederaufnahmeraten
• Kosten
nach U. Gühne et.al. 2011
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Bisherige Erfahrung: StäB ist individuell und intensiv
- Frequenz und Dauer von Einzelkontakten ist hoch (und teilweise
höher als im stationären Setting)
- Findet im privaten Raum statt, was zu einer anderen Qualität führt
o Patienten*innen sind offener
o Die Psychodynamik des familiären Rahmens ist besser im Blick
o Patienten*innen werden umfassender und in ihren tatsächlichen
Bezügen wahrgenommen
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Rückmeldungen
Die Patienten*innen finden das StäB-Angebot gut und sind sehr
zufrieden damit
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Wird vollstationäre Behandlung noch gebraucht?
Folie 56
LVR-Klinik Viersen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!