Vernetzung als RessourceAusgewählte Ergebnisse der Studie von Mag. Reingard Lange MAS, Wien, 2015...

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von Menschen mit Demenz

und ihren Hauptbezugspersonen Ausgewählte Ergebnisse der Studie von Mag. Reingard Lange MAS, Wien, 2015

Vernetzung

als Ressource

Rahmen und

Grundlagen

Caritas Socialis

Alzheimer Austria

Netzwerk „Demenzfreundlicher dritter Bezirk“

„Welche Vernetzung kommt an?“

• Subjektsicht erheben von Betroffenen, vor allem von Menschen mit beginnender Demenz

• Anregungen für die Akteure im Netzwerk gewinnen

• Grundlagen für die Selbsthilfe und Selbstvertretung von Menschen mit Demenz erarbeiten

Kooperation / Interesse

Zielgruppen

Menschen

mit beginnender

Demenz

Hauptbezugs-

personen

(Angehörige)

Betroffene im

Großraum Wien

• Im engsten sozialen Umfeld: Angehörige, Zugehörige

• Im weiteren Umfeld Alltag, Urlaub, soziale Kontakte, Freizeit

• Mit professionellen sozialen Dienstleistern

• Mit Personen, die Ähnliches erlebt haben: Selbsthilfe

Vernetzung – wer mit wem?

• Gruppeninterviews mit der dokumentarischen Methode nach Ralph Bohnsack

• Rekonstruktive Forschung: Wie erleben die Befragten die Auswirkungen der Demenz auf ihre Netzwerke? Welche Anliegen und Chancen entdecken sie im „Vernetzen“?

• Ermöglicht und nützt den „konjunktiven Erfahrungsraum“ von Personen mit ähnlichem Erlebnishintergrund: „Wir kennen das.“

Methode

InterviewpartnerInnen

Angehörige

Gruppe 1 „Erfahrene Angehörige“ 6 Personen (4 w, 2 m)

Gruppe 2 „Suchende Angehörige“ 4 Personen (4 w)

Menschen mit Demenz

Gruppe 3 „Betroffene Damen“ 2 Damen

Gruppe 4 „Betroffene Herren“ 2 Herren

Gruppe 5 „Betroffene im Pflegeheim“ 2 Personen (1 w, 1 m)

Ausgewählte

Ergebnisse

Von den InterviewpartnerInnen eingebracht:

• Rollenwandel und Rollenverlust

• Spannungsfeld Selbstsorge - Fürsorge

• Verzicht und Anpassen der Lebensentwürfe

Von der Interviewerin eingebrachte Themen mit hoher Resonanz:

• Vernetzung mit Personen mit ähnlichen Erfahrungen

• Zusammenarbeit mit Profis

Wie hat sich mein Leben

verändert durch die Demenz?

„Mein Mann, der ist im AKH geblieben…“

„Verlust“ des Partners, der Mutter..., der/die nun „mühsam“ wird

Vieles selber übernehmen müssen – zum Teil gegen den Willen der erkrankten Person

In die Privatsphäre der Mutter eindringen müssen

Rollenunsicherheit: Was an Hilfe ist notwendig?

In der neuen Rolle abgelehnt werden: „ständige Proteste“

Leiden unter den eigenen emotionalen Reaktionen: „hart“, „grausam“, Verlust von Idealisierungen

Rollenumkehr genügt nicht – Betreuer/innen/rolle hilft

a. Rollenwandel und Rollenverlust

Übernahme der Betreuungsrolle

Betreuungsrolle

übernehmen,

Gegenseitigkeit

aufgeben

Schrittweise

Abschiede von der

bisherigen Beziehung

Entwicklungs-

typik Angehörige

Festhalten

an der

bisherigen

Beziehung

Autoritätsverlust

Menschen mit Vergesslichkeit (MmV): „werd halt mehr wie a bravs Kind behandelt“

• „Vorher war ich halt eine gewisse Autorität“

• Nicht mehr ernst genommen und einbezogen werden: „Jetzt steh ich nur mehr abseits“

• Veränderungen wahrnehmen und kaschieren: „ich mach mein Makeup sorgsamer, wenn ich diese Treffen hab“

• Ratschläge und Hilfe abwehren: „Die Manipulation, wenn ich die merke, gegen die wehre ich mich“

Betreuende Angehörige

• Reizthema „Freiheit versus Sicherheit“: Den Aktionsradius zunehmend einschränken, „Freiheit bis fast etwas passiert“

• Leiden unter fehlenden Informationen – Hilfen? Kosten?

• Der „Rucksack der Verantwortung“: „Wo bleibt meine Freiheit?“

• Sich den Wünschen der Betroffenen anpassen

• Kampf mit dem Willen der Betroffenen – Interessenskonflikt und: Welche Vorstellung von Hilfe setzt sich durch?

b. Selbstsorge vs. Fürsorge

Hilfemanagement Typen

Hilfemanagement

AushandlerIn

Wunsch-

erfüllerIn

Unschlüssig Kapitän

Selbstwertsichernde Strategien

Menschen mit Vergesslichkeit

• Entscheidung der Angehörigen einfordern: “… wenn ich jetzt so komisch werd“

• Selbst etwas für die Gesundheit tun und das mit Fürsorge für andere verbinden

• Die Defizite der Helfenden sehen und korrigieren

• Fürsorge als Dominanz der Frauen: Hilfe annehmen aus Gefälligkeit

• Fürsorge von Dritten akzeptieren, um die Familie zu entlasten

Fürsorge annehmen

Autonomiebetonte

Positives

Selbstbild

Ambivalenz-

bewältigende

Selbstbild fixiert auf eigene Stärke, Defizite abgewehrt Krankheitseinsicht bleibt Geheimnis

Defizite und Ressourcen im

Selbstbild integriert Krankheitseinsicht

wird kommuniziert

HeimbewohnerInnen

Wohnen im Heim

ist persönliche

Entscheidung

Heimeinzug als aktive Leistung für die Familie

Unabhängige

Freiwilligkeit und Unabhängigkeit (von) der

Familie erhalten

Verbundene

Anspruch auf Fürsorge Familienharmonie hat

Vorrang

Angehörige: „Balsam für die Seele“

• Kontrast: die alten Freunde – und die neuen, die auch ähnliche Erfahrungen haben.

• Offen sprechen können, akzeptiert und verstanden werden

• Hilfreiche, neue Freundschaften als Ersatz für die zahlreichen sozialen Verluste

• Infobörse

• Voneinander lernen

• Leitung wichtig, speziell für „unerfahrene Angehörige“

c. Vernetzung mit

„Gleichgesinnten“

(unterstützte) Selbsthilfe

MmV: „Zu wissen, ich bin nicht allein mit Problem.“

• „Es erwischt alle“ – Schrecken und Trost, Ausgleich

• Vergesslichkeit wird relativiert „wenn andere, die einen guten Eindruck machen, auch vergesslich sind“

• „Bei Ihnen seh ich, der Prozess, den ich jetzt erleb, der geht einfach weiter und ich seh, was da auf mich zukommt.“

• Anerkennung ausdrücken und erhalten, gegenseitige Rückenstärkung

• Auf die Realität und das Sterben hinschauen können

• Im Heim: Wenig Kontakt mit „Gleichgesinnten“

Anliegen an Vernetzung untereinander

Erfahrene Angehörige zeigen sich als „Kenner“

Begleitende Unterstützung, Freundschaften schließen

Unsichere Angehörige Aktuelle Situationen praktisch und emotional bewältigen

Unsicherheit zeigen dürfen ist wichtig

Selbsthilfe

MmV Selbstvergewisserung:

Wer war ich vorher, wer bin ich jetzt? Identitätssicherung

Angehörige:

• „Rettende Entlastung für mich“

• Dankbares Akzeptieren der Angebotslogik

• Dienstleister als Autorität

• Institution als letztes Sicherungsnetz

• Angst vor bzw. Kampf mit der Sorgelogik der Institution

• 24-h-BetreuerInnen werden zu „Personen im engsten Kreis“

d. Zusammen mit Profis

Empfehlungen

• Ambivalenz: „Sowohl – als auch“ fördern

Schwächen und Stärken erkennen, zulassen Selbstsorge und Fürsorge verbinden

• Autonomie vor „Normalität“

Selbstwertstabilisierendes Verhalten erkennen und fördern, auf stigmatisierende Begriffe wie „Demenz“ verzichten

• Aushandlungskompetenz

statt Hilfepauschale: Hilfe individuell und situativ anpassen – mit Bick auf den Selbstschutz der Person

Triple-A im Umgang mit MmV

• Den doppelten Auftrag annehmen: Angehörige als Zielgruppe

• Das emotionale Dilemma ist Teil des Anpassungsprozesses.

• Wie weit hat der/die Hauptbezugsperson die Rolle der Betreuung übernommen?

• Bei der Rollenübernahme unterstützen durch Information, Rückfragemöglichkeit, emotionale Unterstützung (Akzeptanz, Hilfe zur Distanz und Selbstsorge), praktische Unterstützung (Wilz/Meichsner 2012)

Angehörige: Beim Rollenwandel

unterstützen

• In Kontakt gehen mit der verunsicherten Seite der Hauptbezugsperson: Welche Sicherheit benötigt die Person, um (einen Teil der) Verantwortung an die Organisation abgeben zu können? Klare Information über Möglichkeiten und Grenzen

• Die unterschiedlichen Sorgelogiken als Chance und Ergänzung – ist das möglich?

• 24-Stunden-BetreuerInnen: Professionelles Verständnis entwickeln für einen differenzierten Beziehungsaufbau, das Gestalten von Nähe und Distanz im engsten Kreis und beim Lösen der Beziehungen / Abschiednehmen

Angehörige als „Auftraggeber“:

Stark und verunsichert

• Angehörigen Vernetzung erleichtern: das Kennenlernen von anderen stimulieren z.B. bei Infoabenden

• Beziehungsaufbau von Menschen mit Vergesslichkeit im Heim ermöglichen - über die Grenzen eines Wohnbereichs bzw. einer Station hinaus

• Unterstützte Selbsthilfe als Leistungsangebot für MmV etablieren – derzeit bei Alzheimer Austria

• Und weitere Schritte zur Selbstvertretung von MmV fördern

Hilfe zur Selbsthilfe stimulieren

Die Studie können Sie von der Seite der FH Oberösterreich herunterladen:

http://webopac.fh-linz.at/dokumente/Masterarbeit_Lange.pdf

Quelle

Vielen Dank für Ihr Interesse an den Ergebnissen der Vernetzungsstudie!

Reingard Lange, reingard.lange@aon.at

Mein Lächeln möcht ich nicht verlieren….