Visualisierung lokaler kortikaler Defekte im Charcot-Fuß mittels Mikrocomputertomographie;...

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Der sog. „Charcot-Fuß“ oder die di-abetische neuropathische Osteoar-thropathie (DNOAP) ist eine nicht-infektiöse Zerstörung der Knochen-struktur und Gelenke und im Zusam-menhang mit der Neuropathie als ei-ne Sonderform des diabetischen Fuß-syndroms (DFS) anzusehen [1]. Gene-rell sind strukturelle Veränderungen auf neurologische Störungen und un-terschiedliche Grade einer Durchblu-tungsstörung zurückzuführen, die im Laufe der Pathogenese zu Frakturen des kortikalen Knochens und schließ-lich zur chronischen Destruktion der Knochenstruktur führen.

Diabetische neuropathische Osteoarthropathie

Als mögliche Ursache der DNOAP wer-den wiederholte kleinere Traumata im Bereich des neuropathischen Fußes an-genommen. Dies führt im weiteren Ver-lauf der pathologischen Prozesse zu Ge-lenkluxationen, pathologischen Frakturen und einer chronischen Destruktion der Weichteil- und Knochenstruktur (neuro-traumatische Theorie; [2]). Die zweite Hy-pothese zur Ätiologie der DNOAP (neu-rovaskuläre Theorie) besagt, dass es auf-grund einer lokalen Hyperperfusion des erkrankten Fußes zu einem verstärkten Blutstrom durch den Knochen kommt [3]. Das Auswaschen der Knochensubs-tanz führt daraufhin zu einer Entmine-ralisierung und damit zu einer vermin-derten Belastbarkeit des Knochens, was schließlich zu Frakturen und einer Defor-mation des betroffenen Fußes führt.

Am häufigsten sind die Gelenke zwi-schen Fußwurzel- und Mittelfußknochen betroffen (60 %), gefolgt von den Gelen-ken zwischen Zehen und Mittelfußkno-chen (20 %) und den Sprunggelenken (10 %; [4]).

Der typische Verlauf der pathologi-schen Prozesse bei der DNOAP wird in der Klassifikation von Eichenholtz wider-gespiegelt [5]. Stadium I ist v. a. durch ein Ödem, Hyperämie und Überwärmung des Fußes charakterisiert, wobei im weite-ren Verlauf eine Fragmentation von Kno-chen und Zerstörung des Gelenkknor-pels zu beobachten sind. In Stadium IIa und IIb werden kleinere Knochenfrag-mente absorbiert, größere Fragmente je-doch fusionieren und lagern sich an um-gebenden Knochen an. In Stadium IIIa und IIIb sorgen Reparaturmechanismen zu einer Frakturheilung, Resorption von Knorpel- und Knochentrümmern und zu einer Knochenneubildung. Der Knochen sklerosiert in dieser Phase und verbleibt häufig in einer knöchernen und fibroti-schen Ankylose.

Eine Neubewertung der Eichenholtz-Klassifikation auf der Grundlage moder-ner Visualisierungsmöglichkeiten, v. a. mittels Magnetresonanztomographie (MRT), wurde von Chanteleau u. Grütz-ner [6] vorgeschlagen. In dieser auf der MRT basierenden Klassifikation werden zwei Schweregrade (0 und 1, in Abhän-gigkeit von der Diagnose von Frakturen der Kortikalis) und zwei Stufen (aktiv und inaktiv, in Abhängigkeit von der Diagno-se von Knochenentzündungen) unter-schieden. Neben der Eichenholtz-Klassi-fikation ist auch eine anatomisch-radio-

logische Lokalisation der Schädigung des Fußes gebräuchlich [7].

Bildgebende Verfahren

Die frühe und genaue Diagnose von di-abetischen Fußkomplikationen kann ge-zielt dazu beitragen, die Häufigkeit von infektionsbedingter Morbidität und schwerer Amputation von Gliedmaßen zu reduzieren. Konventionelle Radiogra-phie, Computertomographie (CT), Szin-tigraphie, MRT, Ultraschall und Positro-nen-Emissions-Tomographie sind der-zeit die wichtigsten Verfahren zur Bewer-tung und Diagnose von diabetesbeding-ten Fußkomplikationen. Jedoch ist keine dieser Modalitäten ausreichend, um genü-gend Informationen über die Pathologie der DNOAP zu liefern, weshalb idealer-weise ein multimodaler Ansatz für die Di-agnose verwendet werden sollte [8].

» Für die Diagnose der DNOAP sollte ein multimodaler Ansatz verwendet werden

Neueste Studien über die Auswirkungen von Typ-2-Diabetes mellitus auf die Kno-chenstruktur und Knochenfestigkeit ver-wenden hochauflösende periphere quan-titative CT (HR-pQCT: [9]). Die Auto-ren konnten zeigen, dass schwere De-fizite in der kortikalen Knochenquali-tät für Frakturen bei postmenopausalen Frauen mit Diabetes verantwortlich sind. Die Auflösung dieser Systeme ist in vivo mit einer isotropischen Voxelgröße von 82 µm hoch genug, um die grobe trabe-

S. Senck1 · B. Plank1 · J. Kastner1 · F. Ramadani2 · K. Trieb3 · S.G. Hofstaetter3

1  University of Applied Sciences Upper Austria, Wels, Österreich2  Unfallchirurgische Abteilung, Klinikum Wels-Grieskirchen, Wels, Österreich3  Orthopädische Abteilung, Klinikum Wels-Grieskirchen, Wels, Österreich

Visualisierung lokaler kortikaler Defekte im Charcot-Fuß mittels Mikrocomputertomographie

Orthopäde 2014DOI 10.1007/s00132-014-3053-0

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

1Der Orthopäde X · 2014 |

Leitthema

kuläre Architektur und größere kortikale Poren darzustellen [10, 11]. Für eine Kno-chenmikrostrukturanalyse mit einer hö-heren räumlichen Auflösung steht derzeit jedoch nur die Analyse von Knochenfrag-menten mittels (industrieller) Röntgen-Mikro -CT zur Verfügung, mit der Vo-xelgrößen bis in den Submikrometerbe-reich möglich sind [12].

Zahlreiche Studien zur Quantifizie-rung der Knochenmikrostruktur de-monstrierten die Möglichkeiten der drei-dimensionalen (3D-)Visualisierung des trabekulären Netzwerks und der kortika-len Porosität mithilfe von Mikro-CT und verdeutlichen den Nutzen in der (prä-)klinischen Forschung [13, 14]. Die gewon-nenen Volumendaten dienen sowohl der Bestimmung von Parametern der Kno-chenarchitektur wie z. B. Trabekelanzahl, mittlere Trabekeldicke und Kortikalisdi-cke, als auch als Ausgangspunkt für bio-mechanische Simulationen [15]. In diesem Zusammenhang spielt laut Chanteleau u. Grützner [6] v. a. die Struktur des kortika-len Knochens eine große Rolle. Frakturen sind dabei sowohl Charakterisierungs-merkmale als auch Faktoren der struktu-rellen Integrität und damit Stabilität des Charcot-Fußes.

In dieser Studie werden mittels Mik-ro-CT Knochenfragmente von DNOAP-Patienten untersucht, die einem chirur-gischen Eingriff zur Erhaltung der Inte-grität des diabetischen Fußes unterzogen wurden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Untersuchung des kortikalen Kno-chens in Zusammenhang mit pathologi-schen Veränderungen der Mikrostruk-tur in Hinblick auf die kortikale Porosität und Kortikalisdicke. Beides sind Fakto-ren, die sowohl für die Klassifizierung als auch für die biomechanische Stabilität des Fußes eine große Rolle spielen. Diese Stu-die soll damit zu einer tiefergehenden Be-schreibung der Ätiopathologie beitragen.

Material und Methoden

Von März 2014 bis August 2014 wur-den bei insgesamt vier diagnostizierten DNOAP-Patienten (Eichenholtz-Sta-dium III, Stadium nach Sanders II–III) eine Arthrodese des Tarsometatarsal-I-Gelenks, eine navikulocuneiforme bzw. eine talonavikulare Arthrodese durchge-

führt. Bei der Osteosynthese der Mittel-fußknochen wurde Knochenmaterial in Form von distalen Navikular- und pro-ximalen und distalen Cuneiformefrag-menten entnommen und in physiologi-scher Kochsalzlösung aufbewahrt. Alle Patienten (im Folgenden als P1 bis P4 ab-gekürzt) sind männlich und waren zum Zeitpunkt der Operation zwischen 54 und 65 Jahre alt. Die Operationen wurden an der interdisziplinären Kompetenzambu-lanz Fuß (Abteilung für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie) im Klinikum Wels-Grieskirchen (Österreich) von zwei der Autoren (FR, SGH) durchgeführt. In-nerhalb von 10 Tagen wurden die einzel-nen Knochenfragmente an der FH Ober-österreich (Wels, Österreich) an einem industriellen Mikro-CT gescannt, nach-dem diese unter sterilen Bedingungen in mit physiologischer Kochsalzlösung be-füllte Eppendorf Safe-Lock Tubes über-führt wurden.

Für die Scans wurde ein GE Phoe-nix Nanotom S verwendet. Das Ge-rät zeichnet sich durch eine Nanofokus-röhre mit einer maximalen Röhrenspan-nung von 180 kV, einem digitalen Detek-tor mit 2304 × 2304 Pixel und einer mini-malen Voxelgröße („voxel size“, VS) von ca. 0,5 µm aus. Die Scanparameter wur-den für die jeweiligen Proben angepasst (Spannung zwischen 60–70 kV, Strom-stärke zwischen 180–220 µA je nach Grö-ße der Probe). Da der maximale Proben-durchmesser die VS einer CT-Messung bestimmt, lag die VS für die einzelnen Fragmente in Abhängigkeit vom Proben-durchmesser zwischen 21,5 und 4,5 µm. Insgesamt wurden für diese Untersu-chung vier Fragmente pro Patient ge-scannt. Die Quantifizierung der kortika-len Wanddicke und der Porengrößenver-teilung erfolgte für jene Fragmente, bei denen eine hohe Porosität im Übersichts-scan (15–20 µm) qualitativ nachgewiesen wurde. Diese Proben wurden in Teilfrag-mente mit einem maximalen Durchmes-ser von ca. 8 mm zerteilt und mit einer VS von 4,5 µm gescannt. Jeweils ein Frag-ment pro Patient wurde so für die weitere Auswertung präpariert.

Für die Auswertung der 3D-XCT-Da-ten diente VGStudio MAX 2.2 („volu-me graphics“). Für die Bestimmung der kortikalen Wanddicke wurde das Modul

„wallthickness“ und für die Bestimmung der kortikalen Porosität das Modul „de-fect detection“ verwendet. Die Segmen-tation der Volumendaten erfolgte durch die Funktion „advanced automatic sur-face determination“. Für die Analyse der Porosität wurden die Volumendaten mit der Funktion „non-planer view“ in eine flache Konformation überführt. Da die Gesamtheit der kortikalen Poren nicht in einer einzelnen Schicht sichtbar ist, ver-wenden wir die Option „thick slab“, die mehrere Schichten zu einer Ansicht ver-bindet. Die Ergebnisse der Wanddicken-analyse und Porengrößenverteilung wur-den für eine Detailprobe von Patient P2 (P2-D) exemplarisch dargestellt.

Ergebnisse

Die . Abb. 1 zeigt einen Ausschnitt des Übersichtsscans des navikularen Haupt-fragments von Patient P1. In der Über-sicht (. Abb. 1a) sind deutlich Bereiche zu unterscheiden, die durch eine dicke-re Kortikalis mit einer geringen Porosi-tät bzw. durch eine dünne Kortikalis, die teilweise komplett von Poren durchbro-chen wird, charakterisiert sind. In der la-teralen Ansicht des Mikro-CT-Schnitt-bildes sind, neben dem den subchondra-len Knochen bedeckenden Knorpel, die Unterschiede in der Mikrostruktur des kortikalen Knochens ebenfalls deutlich sichtbar (. Abb. 1b). Während die Korti-kalis in Bereichen mit niedriger Porosität durchgängig ist, lassen sich in Bereichen mit hoher Porosität Poren bzw. Porenka-näle erkennen, die über die gesamte äu-ßere Schicht des Knochens ausgedehnt sind. Auffällig ist in diesem Übersichts-scan außerdem ein kortikaler Defekt, der sich bis tief in den Knochen ausdehnt, als Kortikalisdefekt mit Zystenbildung be-schrieben werden kann und einen maxi-malen Durchmesser von 1 mm und eine Tiefe von 2 mm aufweist.

In der Detailansicht des navikularen Fragments der Probe P2-D wird deutlich ersichtlich, dass einige Poren die Korti-kalis komplett durchbrechen (. Abb. 2). In dieser Ansicht sind ebenfalls lokale Unterschiede in der Porengrößenvertei-lung zu sehen. Während kleinere Poren vornehmlich in der unteren Bildhälfte zu finden sind, gruppieren sich größe-

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re Poren in einem Bereich in der oberen Bildhälfte. In der vergrößerten Detailan-sicht des gekennzeichneten Bereichs sind außerdem die zentralen Kanäle im Zen-trum von Osteonen (Havers-Kanäle) zu erkennen. Diese Ansicht zeigt ebenfalls Risse in der Kortikalis (. Abb. 2a).

Die . Abb. 3 zeigt die Wandstärken-verteilung der Probe P2-D, wobei die farbliche Kodierung eine niedrige (rot) bzw. hohe Wandstärke (blau) widerspie-gelt (Farbbalken). Die niedrigste beob-achtete Wanddicke für Probe P2-D be-trägt 0,02 mm, die höchste Wanddicke hat einen Wert von 0,7 mm. Die durch-schnittliche Wandstärke beträgt 0,15 mm für diese Probe. Die durchschnittliche Wandstärke der restlichen Detailpro-ben (P1, P3, P4) liegt zwischen 0,21 und 0,32 mm.

» Es gibt große regionale Unterschiede in der Wandstärkenverteilung

Zu beobachten ist, dass in Bereichen mit niedriger Wanddicke scheinbar die größ-ten Poren zu finden sind. Generell ist an-zumerken, dass große regionale Unter-schiede in der Wandstärkenverteilung zu finden sind. Die Wandstärkenverteilung der restlichen Fragmente von P1, P3 und P4 lassen einen ähnlichen Trend erken-nen. Allerdings ist anzumerken, dass die komplizierte Topographie des auszuwer-tenden Bereichs Artefakte in der Wand-stärkenberechnung hervorrufen kann.

In . Abb. 4 ist die Porengrößenver-teilung für Probe P2-D zu sehen. Poren mit einem großen maximalen Durch-messer sind in der farblichen Kodierung in rot, Poren mit einem kleineren maxi-malen Durchmesser in blau hervorgeho-ben (Farbbalken). Die Porosität in die-ser Probe beträgt ca. 6,15 %. Die Porosität der restlichen Proben (P1, P3, P4) ist mit 3,24–5,06 % etwas geringer. Auch in der Visualisierung der kortikalen Porosität ist zu beobachten, dass regionale Unter-schiede in der Porengrößenverteilung be-stehen. Zusammen mit der farbkodierten Wanddickenanalyse (. Abb. 3) ergibt sich so ein guter Überblick über zwei wichtige Parameter der kortikalen Mikrostruktur. Anzumerken ist allerdings, dass einige

kleinere Poren zu einer großen Pore zu-sammengefasst wurden (rot gekennzeich-nete Pore in der Mitte des Bildes), was auf die Bestimmung des Schwellwerts zur Knochensegmentierung zurückzuführen

ist. Diese Pore wurde in der Defektana-lyse übersegmentiert und erscheint somit lediglich als ein großer Defekt, anstatt als zwei einzelne Poren.

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2014 DOI 10.1007/s00132-014-3053-0© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

S. Senck · B. Plank · J. Kastner · F. Ramadani · K. Trieb · S.G. Hofstaetter

Visualisierung lokaler kortikaler Defekte im Charcot-Fuß mittels Mikrocomputertomographie

ZusammenfassungHintergrund. Während der diabetischen neuropathischen Osteoarthropathie (DNOAP) führen im Krankheitsverlauf pathologische Frakturen zu einer chronischen Destruktion der Knochenstruktur. Um die Früherkennung des Charcot-Fußes zu verbessern, stützt sich die moderne bildgebende Diagnostik v. a. auf die Magnetresonanztomographie, z. B. im Hinblick auf die Detektion von Frakturen des kortikalen Knochens.Fragestellung. In dieser Studie wird deshalb die kortikale Mikrostruktur von DNOAP-Pa-tienten in Hinblick auf lokale Defekte unter-sucht, um fundierte Daten für eine Neuklassi-fikation mit Fokus auf Frakturen des kortika-len Knochens zu liefern.Material und Methode. Mithilfe der Mikro-computertomographie (Mikro-CT) werden kortikale Parameter wie Wandstärke und Po-rosität bestimmt, um die Knochenmikrostruk-tur der Mittelfußknochen von DNOAP-Patien-ten zu quantifizieren.

Ergebnisse. Alle untersuchten Proben wei-sen eine hohe kortikale Porosität auf, wobei Poren die Kortikalis teilweise komplett durch-brechen. Dabei scheinen Bereiche mit dün-ner Kortikalis größere Poren aufzuweisen, die möglicherweise als Ausgangspunkte für Frakturen dienen. (Mikro-)Frakturen konnten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.Schlussfolgerung. Durch den Einsatz der Mikro-CT konnte erstmals das Ausmaß der lokalen kortikalen Porosität in einer hohen Auflösung visualisiert werden. Unsere Da-ten deuten darauf hin, dass sowohl kortikale Frakturen als auch die kortikale Porosität ei-ne große Rolle in der Pathogenese der DNO-AP spielen.

SchlüsselwörterOsteoarthropathie, diabetische neuropathische · Porosität, kortikale · Wandstärke, kortikale · Mikrostruktur, kortikale · Neuklassifikation

Visualization of local cortical defects in Charcot foot using microcomputed tomography

AbstractBackground. In the pathogenesis of diabet-ic neuropathic osteoarthropathy (Charcotʼs foot) fractures cause chronic destruction of soft tissue and bone structure. To improve an early diagnosis of Charcot foot, modern diag-nostic imaging is mainly based on magnetic resonance imaging (MRI), for example in re-lation to the detection of cortical bone frac-tures.Objectives. In this study we investigated the cortical microstructure in cases of Char-cot foot with respect to fractures and porosity in order to visualize local cortical defects. This may substantiate recent efforts in a reclassifi-cation based on MRI.Material and methods. Using microcom-puted tomography (microCT) we investigat-ed bone parameters, such as cortical thick-ness and porosity in order to quantify the lo-cal metatarsal microstructure in cases of Charcot foot.

Results. All bone samples showed a high degree of cortical porosity including pores that perforated the cortical bone. The da-ta suggest that areas with reduced corti-cal thickness coincide with large cortical pores that may serve as initial points for frac-tures. Whether the detected microfractures are physiological or artefacts of preparation could not be determined.Conclusion. By means of microCT we were able to visualize and quantify the extent of cortical porosity for the first time in high res-olution. The data suggest that both cortical fractures and cortical porosity play an impor-tant role in the pathogenesis in cases of Char-cot foot.

KeywordsOsteoarthropathy, diabetic neuropathic · Porosity, cortical · Thickness, cortical · Microstructure, cortical · New classification

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Diskussion

Die (Mikro-)Struktur des kortikalen Kno-chens spielt eine große Rolle in der Dia-

gnose und Bewertung der DNOAP. Wie von Chanteleau u. Grützner [6] gezeigt, spielen v. a. Frakturen der Kortikalis eine essentielle Rolle bei der MRT-basierten

Diagnose und Klassifikation des Char-cot-Fußes.

Ziel dieser Studie war es, die kortika-le Mikrostruktur von DNOAP-Patienten zu visualisieren, um die pathologischen Auswirkungen wie exzessive Knochenre-sorption und Mikrofrakturen zu untersu-chen. Generell hat der Einsatz der Mikro-CT großes Potential in der Knochenmik-rostrukturforschung, sowohl im präklini-schen als auch im klinischen Bereich [16–18]. Durch den Einsatz von hochauflösen-der Mikro-CT und leistungsfähiger Soft-ware konnten wir zeigen, dass alle unter-suchten Knochenfragmente durch Poren charakterisiert waren, die durch die kom-plette Substantia compacta ragen (Poren-kanäle). Zudem deuten unsere Daten da-rauf hin, dass Bereiche mit niedriger Kor-tikalisdicke von größeren Poren durch-zogen sind. Dies lässt vermuten, dass in diesen lokalen Bereichen niedriger Kor-tikalisdicke eine erhöhte Knochenresorp-tion stattgefunden hat. Der kontinuierli-che Knochenabbau in Bereichen hoher Porosität ist eine mögliche Ursache für das Auftreten von sehr großen Poren, die in der dargestellten Probe einen maxima-len Durchmesser von bis zu 1,5 mm auf-wiesen (. Abb. 4).

» Die (Mikro-)Struktur des kortikalen Knochens spielt eine große Rolle in der Diagnose und Bewertung der DNOAP

Die hohe Porosität stellt möglichwei-se die Voraussetzung für pathologische (Mikro-)Frakturen dar, deren Folge die ausgeprägte Destruktion der Fußarchi-tektur ist. Aufgrund fehlender Referenz-wertewerte für die normale Kortikalisdi-cke der untersuchten Mittefußknochen ist eine allgemeine Einordnung der Er-gebnisse schwierig. Die große Variation der kortikalen Wandstärke und die gerin-ge Wandstärke im Bereich großer Poren lassen jedoch auf pathologische Prozesse, wie z. B. eine gesteigerte Osteoklastenak-tivität, schließen [19].

Obwohl in allen der untersuchten Pro-ben kleine Risse aufzufinden waren, vor-nehmlich entlang von Poren, ist nicht ab-schließend zu klären, ob diese „Mikro-frakturen“ physiologischer Natur sind,

Abb. 3 9 Wanddi-ckenanalyse (rot mini-male Wanddicke, blau maximale Wanddicke) des porösen kortika-len Knochens der Pro-be P2-D (VS: 4,5 µm)

Abb. 2 9 a, b Schnitt-bildansicht („thick slab“) des porösen kor-tikalen Knochens und vergrößerte Detailan-sicht (weiß umrandet) mit gekennzeichneten Havers-Kanälen (Mi-kroporosität) der Pro-be P2-D (VS: 4,5 µm)

Abb. 1 9 Volumengra-fik des kortikalen Kno-chens (a) und latera-les Schnittbild (b) des mit rot gekennzeich-neten Bereichs eines Übersichtsscans des navikularen Hauptfrag-ments der Probe P1 (VS: 21,5 µm)

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oder ob sie während des chirurgischen Eingriffs bzw. während der Präparation der Teilfragmente entstanden sind. All-gemein bleibt festzuhalten, dass in den meisten Proben aufgrund der dünnen und porösen Kortikalis keine klare Gren-ze zwischen kompaktem und spongiösem Knochen zu finden ist. Somit ist die Er-mittlung der kortikalen Wandstärke in diesen Fällen mit einer gewissen Fehler-anfälligkeit behaftet. Zudem sind die ver-wendeten Mikro-CT-Daten nicht kalib-riert, was die Quantifizierung des Mine-ralisierungsgrades des Knochens verhin-dert. Zudem ist ungeklärt, inwieweit sich die lokale Anhäufung von Mikroporosi-täten auf die Knochenfestigkeit auswirkt (. Abb. 2). Dies ist Gegenstand aktuel-ler Forschung und spielt möglicherweise auch in der Pathogenese des Charcot-Fu-ßes eine Rolle [20].

Für das Management der DNOAP steht derzeit keine angemessene spezifi-sche pharmakologische Behandlung zur Verfügung [21]. Jude et al. [22] konnten zeigen, dass das Bisphosphonat Pamidro-nat zu einer Reduktion des Knochenum-satzes und damit zu einer Erhöhung der Knochendichte führte. Jedoch konnte die Wirksamkeit von Bisphosphonaten, Vita-min D und Calcium bisher nicht unein-geschränkt nachgewiesen werden, da kei-ne umfassenden pharmakologischen Stu-dien existieren.

Da im Moment keine geeigneten Sys-teme zur hochauflösenden Analyse der Knochenmikrostruktur verfügbar sind, stellt die Analyse von Knochenfragmen-ten mithilfe von Mikro-CT eine wert-volle Alternative dar, um die Folgen des fortschreitenden Knochenabbaus auf die Knochenstruktur zu untersuchen. Da das Krankheitsbild bis heute häufig nur un-

genügend erkannt wird und die Häufig-keit stetig zunimmt, bietet die Mikro-CT einen weiteren Ansatz zur besseren Ana-lyse der Ätiopathogenese der DNOAP und liefert damit möglicherweise neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Methoden zur Früherkennung und Be-handlung.

Fazit für die Praxis

5 Die hohe lokale kortikale Porosi-tät und die stark reduzierte kortikale Wandstärke sind wichtige Merkmale der chronischen Destruktion der Kno-chenstruktur im Charcot-Fuß. 5 Die Existenz von Poren mit einem Durchmesser bis zu 1,5 mm verdeut-licht das Ausmaß der Knochenresorp-tion; die hohe Porosität der Kortika-lis ist dabei möglichweise die Voraus-setzung für die Entstehung von (Mik-ro-)Frakturen.

Korrespondenzadresse

Dr. S. SenckUniversity of Applied Sciences Upper Austria Stelzhamerstraße 23, 4600 Welssascha.senck@fh-wels.at

Danksagung. Diese Studie wurde vom Projekt HMV-3D, finanziert vom Programm „Regio13 – Regionale Wettbewerbsfähigkeit“ der Europäischen Kommission und dem Land Oberösterreich, unter-stützt. Die Autoren danken weiterhin D. Salaberger, C. Gusenbauer und J. Weissenböck für die hilfreiche Diskussion beim Erstellen des Manuskriptes.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. S. Senck, B. Plank, J. Kastner, F. Ramadani, K. Trieb und S.G. Hofstaetter geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die vorliegende Studie wurde durch die lokale Ethik-kommission genehmigt. Einverständniserklärungen aller beteiligten Patienten liegen vor.

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Abb. 4 9 Defektana-lyse mit Porengrößen-verteilung (rot maxi-maler Porendurchmes-ser, größte Poren; blau kleinste Poren) des po-rösen kortikalen Kno-chens der Probe P2-D (VS: 4,5 µm)

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