Von Death Race bis Grand Theft Auto

Post on 25-Jan-2015

664 views 0 download

description

 

Transcript of Von Death Race bis Grand Theft Auto

Von Death Race bis Grand Theft AutoRepräsentation und Ästhetisierungvon Gewalt in Computerspielen

Dr Julian Kücklich, MAMedia Futures Associate (KTP)University of the Arts London

Humboldt-Universität Berlin (SFB 640)Dienstag, 27. Januar 2008

Wie alles begann …

Wie alles begann …

• Anfang der 60er Jahre entwickelten Steve Russell et al. das erste Computerspiel, Spacewar

• Ähnlich wie in anderen Spielen (z.B. Schach) war die Repräsentation von Gewalt rein abstrakt

• Die Rezeption fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit innerhalb von universitären Computerlabors statt

Textuelle Repräsentation

Textuelle Repräsentation

• In den 1970er Jahren entwickelten Programmierer wie Crowther and Woods die ersten ‘Textadventures’

• Auch hier war die Repräsentation von Gewalt rein abstrakt, etwa durch Textbefehle wie kill troll with sword (Zork)

• Weiterhin fand die Rezeption vorwiegend in akademischen Kreisen statt

Arcade Games

Arcade Games

• Gleichzeitig wurden in den USA und Japan die ersten Arcade-Automaten aufgestellt

• Während die Repräsentation von Gewalt auch hier noch weitgehend abstrakt ist, zeichnet sich ebreits eine Konkretisierung ab

• Gleichzeitig findet ein Wandel in der Rezeption statt: nicht Akademiker, sondern Kinder und Jugendliche sind nun die primäre Zielgruppe

• Es etabliert sich ein erster ‘moral panic’-Diskurs, der sich vor allem an potenzieller Delinquenz entzündet

Death Race (1976)

Death Race

• Dies ändert sich mit dem Erscheinen von Death Race (1976)

• In Death Race erscheinen zum ersten Mal erkennbar ‘menschliche’ Gegner (Gremlins)

• Daran entzündet sich in den USA eine weitreichende Mediendebatte, in deren Verlauf das Spiel als ‘krank’ und ‘morbid’ bezeichnet wird

• Erstmals interessiert sich die Öffentlichkeit für die ‘Wirkung’ von Computerspielen

Castle Wolfenstein (1981)

• Obwohl Castle Wolfenstein kein besonders ‘brutales’ Spiel war, verursachte es (insbesondere in Deutschland) einen Sturm der Entrüstung

• Insbesondere die Verwendung von Samples für die Todesschreie der Spielgegner wurden als exzessive Gewaltdarstellung betrachtet

Castle Wolfenstein

Custer’s Revenge (1983)

Custer’s Revenge

• 1983 schockierte die Firma Mystique die Öffentlichkeit mit einem Spiel, das erstmals sexualisierte und rassistische Gewalt zeigte

• Insbesondere bei Frauenrechtlerinnen und Vertretern der indigenen Bevölkerung der USA stieß das Spiel auf Ablehnung

Street Fighter und Mortal Kombat

Street Fighter und Mortal Kombat

• In den 1980er Jahren waren es vor allem beat ‘em ups wie Street Fighter und Mortal Kombat, die für moral panics sorgten

• Die bessere Grafik, Animation und Ton-qualität von Konsolen wie der NES ließen diese Spiele ‘realistischer’ erscheinen als je zuvor

First-person shooters

First-person shooters

• In Spielen wie Doom und Quake erregte insbesondere der Einsatz ‘brutaler’ Waffen (Kettensäge) den Zorn der Sitten-wächter

• Traurige Berühmtheit erlangte das Spiel im Zusammenhang mit dem Columbine-Massaker

Postal (1995)

Carmageddon (1997)

Grand Theft Auto (1997-2008)

Grand Theft Auto III (2001)

GTA: Vice City (2002)

GTA: San Andreas (2004)

Grand Theft Auto IV (2008)

Grand Theft Auto IV

• Keine Videospiel-Serie eignet sich besser als Grand Theft Auto, um die zunehmende Ästhetisierung von Gewalt zu illustrieren

• In der GTA-Serie war es jedoch keineswegs der visuelle Stil, der zum Stein des Anstoßes wurde, sondern das gameplay des Spiels

• Der hohe Freiheitsgrad des Spiels erlaubte es dem Spieler Fußgänger zu überfahren, un-schuldige Autofahrer aus dem Auto zu zerren und alte Damen auf der Straße zu überfallen

Manhunt (2003)

Manhunt (2003)

• Gerade die Firma Rockstar setzte sich jedoch in GTA, Manhunt und Canis Canem Edit (2006) auf differenzierte Weise mit Gewalt auseinander

• Durch den Einsatz von Ver-fremdungseffekten (Video-artefakte) wurde die Gewalt ironisiert und der Repräsenta-tionsprozess selbst themati-siert.

Super Columbine Massacre (2005)

Super Columbine Massacre (2005)

• Super Columbine Massacre RPG stellt den Versuch dar, sich innerhalb des Mediums Videospiel mit dem Thema Gewalt auseinander zu setzen

• Versatzstücke aus Computerspielen, Musikvideos, Fernsehnachrichten und Dokumentarfotos werden verwendet, um ein differenziertes Bild der Wechselwirkung zwischen gesellschaft-licher und medialer Gewalt zu zeichnen

Analyse

• Im Verlauf der Computerspiel-geschichte wird die Repräsentation von Gewalt immer ‘realistischer’

• Es handelt sich dabei jedoch um einen naiven Realismus, der auf der Erzeugung von verisimilitudine beruht

• Dass dieser Realismus hochgradig abhängig von repräsentativen Strategien ist, wird meist nicht reflektiert

Analyse

• Seit ca. 2000 zeichnet sich zudem eine zunehmende Ästhetisierung von Gewalt ab

• Dabei kommen insbesondere repräsen-tative Strategien des Films (z.B. bullet time), des Fernsehens (Kommentar) und aus manga und anime zum Einsatz (Perspektive und Dynamik)

• Neuere Spiele zeichnen sich zudem durch einen zunehmend ironisierenden Umgang mit Gewaltdarstellungen aus

Analyse

• Der akademische Diskurs über die Repräsentation von Gewalt in Computerspielen ist bedauerlicher-weise immer noch von der Wirkungsdebatte dominiert

• Die Medienwirkungsforschung unterscheidet jedoch nicht zwischen verschiedenen Repräsentationsstrategien und reflektiert nur bedingt individuelle Rezeptionsprozesse

• Ansätze zu einer differenzierten Beschäftigung mit dem Thema finden sich in den cultural studies (z.B. Jenkins)

Fragen?

???

???