Was ist ein Wunder? War das Wunder von Bern ein Wunder?

Post on 05-Apr-2015

126 views 4 download

Transcript of Was ist ein Wunder? War das Wunder von Bern ein Wunder?

Was ist ein Wunder?

War das Wunder von Bern ein Wunder?

Ein Wunder – was ist das?

Der Begriff des Wunders stammt vom griechischen Wort thauma für Erstaunliches, Außergewöhnliches

Weitere im Neuen Testament begegnende Begriffe sind: Dynamis: betont die göttliche Kraft, die wirksam war, Ergon: betont den Tatcharakter, Paradoxon: stellt das Ungewöhnliche des Ereignisses heraus, Semion: dessen Zeichenfunktion, Teras: seine erschreckende Gewalttätigkeit, Kaine: das Neue und daher Unvergleichbare des Geschehens. die jeweils andere Akzente auf das Erzählte bzw. konstatierte

Ereignis werfen.

Definitionen und Wirklichkeitsverständnisse als Voraussetzungen für Auslegungstypen

Wunder sind außerordentliche Ereignisse,die Aufsehen erregen oder unbegreiflich erscheinen,weil sie den gewohnten Ablauf der Dinge durchbrechen.

Wenn von einem Wunder gesprochen wird, verbindet sich meist damit die Vorstellung, dass es sich um ein Tun Gottes oder einer höheren Macht handelt.

Ein Wunder im eigentlichen Sinne liegt dann vor, wenn etwas gegen die uns bekannte Naturordnung geschieht und damit wissenschaftlich nicht erklärbar erscheint.

Wie stark ist diese Vorstellung bei uns heute ausgeprägt?

Welche Naturordnung ist uns „bekannt“? Welche den Leser/innen des NT? Häufige Reaktionen auf Wissenschaftsanspruch: Glaubensstärke zeigen und trotzdem an Wunder glauben. Oder: Wunder für unmöglich halten.

Heilung eines Gelähmten am Teich Betesda

Glaubst du richtig?

Glaubst du, dass Gott Wunder wirken kann?

(Supranaturalisimus / Rehistorisierung / Fundamentalismus)

Nimmst du das naturwissenschaftliche Weltbild ernst? Bist du leichtgläubig und naiv?

(Rationalismus / Mythisch-messianische

Auslegung)

Bruno Bettelheim u.a.: Betrüge Kinder nicht um geheimnisvolle Geschichten!

Feminismus u.a.: Blende die Körperlichkeit nicht aus!

Supra-naturalistisch

rationalistisch mythisch-messianisch(symbolisch)

Rehistorisierung „Wunder gibt es einfach!“ fundamentaistisch(Antwort auf die Marginalisierung des Wunderbaren)

Neo-Rationalismus:• Drewermann: Durch Jesus finden

Kranke im Unbewussten zu sich selbst.

Wundertypen im NT:

Religions-geschichtlich-kerygmatisch:„Übersetzungs-arbeit“Dibelius / Bult-mann (hellenistische Parallelen)

Weiterführung der Auslegungstypen

Eher eine „Landkarte“ der Wunder:Exorzismen RettungswunderTherapien Geschenkwunder

Normenwunder EpiphanienNachwirkungen vom histor. Jesus

Vorausgesetzter Osterglaube

I. ExorzismenDer Gerasener (Mk 5,1-22)Der fallsüchtige Knabe (Markus 9,14-29)Verlauf :Jesus redet den Dämon anAngriff des DämonsJesus nennt den Dämonen beim Namen und befiehlt ihm auszufahrenZiele:Die Macht Gottes in Jesus wird erwiesenDas Reich Gottes bricht in diesen Taten an.Jesu hat keine „Waffe“, („Geheimsprache“, Magie o. Ä.), nur das Wort

Wunder ist nicht gleich „Wunder“

II. Therapien:

•Die blutflüssige Frau (Mk 5,25-34)•Heilung eines Taubstummen (Mk 7,31-37)aber auch: Lazarus in Bethanien ( Joh 11, 1-45)•Jüngling aus Nain (Lk 7,11-17)

Jesus heilt einen Kranken / TotenKein „Kampf“Jesus überträgt seine Kraft auf den Kranken und gibt ihm ZuspruchJesu Wort ist Heilung! (wenige Hilfsmittel, manchmal heilende Berührung oder Speichel)Vertrauen: „Dein Glaube hat dich gerettet!“

III. Geschenkwunder

•Die Speisung der 5000 (Mk 6, 35-4)•Petri Fischzug (Lk 5,1-11)

Es geht um „messianische Fülle“Viele werden beschenktGeben und teilen: das Reich Gottes Motiv

IV. Rettungswunder•Stillung des Seesturms (Mk 4, 35-41)•Wunderbarer Seewandel (Mk 6,45ff)

Schilderung der NotlageRettung aus von Naturgewalten verursachter Not durch Epiphanie / rettenden Passagier

V. Normenwunder•Heilung am Sabbat ( Mk 3, 1-6)Jesus will die strengen Normen der Thora entschärfenJesus setzt sich (scheinbar) über Normen der Thora hinweg

1. Supranaturalistisch

von Gott geschaffene „Natur“unter stoischem Einfluss definierter Naturbegriff - mehr oder weniger „abgedichtet“ gegen göttliches Eingreifen

Wu

nd

er

Supranaturalismus (von lat. supra „über“; natura „Natur“) ist die Annahme einer Existenz von Übernatürlichem, das heißt von Strukturen oder Objekten, die nicht Teil der sichtbaren Welt der Dinge sind, sondern dieser zugrunde liegen oder sie überschreiten.

Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1761 – 1851) Engel der Weihnachtsgeschichte Irrlichter Sturmstillung Windschatten eines Vorgebirges /Jesus

kennt sich mit dem Wetter aus / Sinnestäuschung der Jünger

Hochzeit von Kana Wein als Überraschungsgeschenk Jairi Töchterlein und Jesus: Scheintod. Jesus erholte

sich im kühlen Grab; raffte sich auf und erschien ab und zu den Jüngern;

2 Rationalistisch: dass nur historisch sein könne, was naturwissenschaftlich möglich sei.

3 Mythisch-messianisch (symbolisch)David Friedrich Strauß (1808 – 1874) Wunder sind Mythen, die Jesus

zugeschrieben wurden unter Rückgriff auf alttestamentliche Traditionen zum Erwerb seiner Messianität. Der Messias musste die Wunder der Propheten (Elia, Elisa) übertreffen. [ Nikolaus]

Aufnahme von Jesaja 35,5f: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken.“

Eine Vertrauens-geschichte!Darauf kommt es an – in den Stürmen des Lebens!

Semiotische Wunderauslegung: fremde Welten erkunden

Annegert Fuchshuber (1940 – 1998), Sturmstillung

4. Semiotische Wunderauslegung

Semiotik – die Lehre von den Zeichen und SymbolenAlle menschliche Kommunikation basiert un- hintergehbar auf der Verwendung von Zeichen. Und zu jeder Zeichenverwendung gehören zwingend Interpretationen.

Bedeutung von Zeichen (Semantik) Verknüpfung von Zeichen (Syntagmatik) Beziehung: Text – Leser/innen (Pragmatik)

Glaubst du richtig? Nimmst du das naturwissenschaftliche

Weltbild ernst?

Dritter (Aus-)Weg:

Wunder = „weiche Fakten“ – folgen anderem Wirklichkeitsverständnis als dem unsrigen, ohne irrational zu sein. (Klaus Berger)

Semiotische Wunderauslegung (Stefan Alkier) + Gerd Theißen

Die Wunderfrage ist offen zu halten.In der Beschäftigung mit Wundern eigene Fragen über Gott und die Welt entwickeln. Begegnung mit fremden Wunderwelten, ohne sie zu okkupieren.

4. Anregungen durch einen semiotischen Zugang:

Es gibt unterschiedliche Welten, die sinnvoll aufeinander zu beziehen sind, z.B. „Alltagswirklichkeit“, Wirklichkeit im Traum, die Wirklichkeit, die uns in einem Gottesdienstraum begegnet ...

Fremdheit der Texte als Chance für Begegnung und Lernen

Texte erkunden – Texte sind nicht Illustration einer vorgegebenen Botschaft

Wundergeschichten im Kontext des jeweiligen Evangeliums erkunden

Annegert Fuchshuber (1940 – 1998), Töchterlein des Jairus

5. Wunder brauchen Theologie

Evangelisten, Paulus, Heilige: je eigene Wunder-Theologie Die Wunderfrage als offene Frage versammelt unsere Fragen

über Gott und die Welt: Worauf vertrauen und hoffen wir, wonach sehnen wir uns,

wenn wir nach dem „Wunderbaren“ verlangen? Wofür stehen Wunder im AT, NT, Koran, in anderen

Religionen, in Schlagertexten? Wie sehen wir die Welt und uns, wenn wir auf Wunder

hoffen?Vgl. “... kennen biblische Heilungsgeschichten und

deren Hoffnungsaspekt für Menschen in Not“ (1.4)

Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter.

Menschen, die aus der Liebe leben,sehen tiefer.

Menschen, die aus dem Glauben leben,sehen alles in einem anderen Licht.

Lothar Zenneti

Wunder, Kreuz und AuferstehungWenn Jesus der Christus

ist - im Schatten des Kreuzes und dem Licht der Ostersonne - ,

dann sind Wundergeschichten nicht mehr problematisch.

Dann können wir sie ebenso wie Kreuz und Auferstehung als Bilder erzählen – als Zeichen für Gottes Liebe zum Leben