Wertewandel Der Begriff Wertewandel kennzeichnet einen Wandel gesellschaftlicher und individueller...

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Wertewandel

Der Begriff Wertewandel kennzeichnet einen Wandel gesellschaftlicher und individueller Normen und

Wertvorstellungen.

Themenübersicht:

- Schichtmodelle

- Risikogesellschaft nach Beck

- Inglehart

- Noelle-Neumann + Klages

Schichtmodelle

Facetten der modernen Sozialstruktur

1. Soziale Schichten

2. Soziale Lagen

3. Soziales Milieu

Schichtmodelle1. Soziale Schichten

- die Bevölkerung ist in verschiedene Schichten eingeteilt

- Theodor Geiger entwickelte in den 30er Jahren eine bis heute gültige Schichtungsanalyse:

zu einer Schicht gehören Menschen mit ähnlichen „äußeren“ Lebensbedingungen (z.B. Berufsposition), sowie ähnlichen „inneren“/„psychischen“ Merkmalen

1. Annahme: Einfluss der äußeren Lebenslage auf Persönlichkeitsentwicklung und Verhalten Ausbildung schichttypischer Mentalitäten und Lebensstile

2. Annahme: Schichttypische Lebensbedingungen, Mentalitäten und Verhaltensweisen schichttypische Lebenschancen

- Schichtmodelle:Konzept der nivellierten Mittelstandsgesellschaft (Schelsky): Entstehung einer gesellschaftlichen

Mitte durch Auf- und Absteigen in den Schichten

„Hausmodell“ (Dahrendorf): Unterteilung der Gesellschaft in 7 Schichten

modernisiertes „Hausmodell“

Schichtmodelle

Schichtmodelle

- Besonderheiten der Schichtmodelle:

keine klaren Grenzen mehr

Schichten überlappen sich

langfristige Tendenz zur Differenzierung und Auflockerung der Schichtstruktur

schichttypische Unterschiede vorhanden (z.B. Nutzung des Fernsehers)

kein differenziertes Schichtmodell für Ostdeutschland vorhanden

Schichtmodelle

Schichtmodelle

2. Soziale Lagen

- Schichtmodelle berücksichtigen fast ausschließlich vertikale Unterschiede, während horizontale Vernachlässigt werden

- Beispiel „Wohlfahrtsforschung“:

untersucht wie materielle Ressourcen und Lebenszufriedenheit über die Bevölkerung verteilt sind

sowohl vertikale, als auch horizontale Kriterien werden berücksichtigt

64 Soziallagen wurden gebildet

Schichtmodelle

3. Soziale Milieus

- wichtiger neuer Ansatz neben Soziallagenansatz: Milieuforschung

- Milieuuntersuchung gruppiert Menschen nach Unterschieden in ihren Wertorientierungen und Lebensstilen

- Befragung der Menschen nach ihrer Wertorientierung, ihren Lebenszielen etc.

→ keine klar abgrenzbaren Gruppen vorhanden (siehe soziale Schichten)

- es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Milieustrukturen in West- und Ostdeutschland

Schichtmodelle

- Westdeutschland:

oberes Fünftel gespalten in

etabliertes Milieu mit stärker traditionellen Orientierungen

intellektuelles Milieu mit stärker sozialen, ökologischen und individualistischen Einstellungen

- Ostdeutschland:

oberer gesellschaftlicher Bereich (kleiner als in Westdeutschland) teilt sich in

bürgerlich-humanistisches Milieu mit konservativen Zügen

status- und karriereorientiertes Milieu mit hoher Erfolgs-

und Westorientierung

Schichtmodelle- im unteren Bereich (W: 1/4 ; O: 1/3) ähnliche Milieustrukturen

- in beiden Teilen Deutschlands je 1/10 konsummaterialistisches und hedonistisches Milieu

- Unterscheide beim Arbeitermilieu (W: geschrumpft; O: umfangreicher)

- Gemeinsamkeit: umfangreiche Mitte

- 2 wichtige Tendenzen in der Milieustruktur (seit 1982):

allgemeiner Wertewandel von traditionellen zu so genannten „postmaterialistischen“ Werten spiegelt sich im Wandel der Milieus wieder

Milieustruktur differenzierter (neue Länder: 11 Milieus; alte Länder: 10 Milieus)

Risikogesellschaft nach Beck

In Industriegesellschaften:Gesellschaftliche Verhältnisse und

Entwicklungsprozesse werden durch globale Gefährdung des Leben beeinflusst

Risikogesellschaft nach Beck

Früher:Gefahren waren sinnlich wahrnehmbar,dadurch wurden einzelne bedroht→ nicht die ganze Menschheit

Risikogesellschaft nach Beck

Heute:Ungewollte „Nebenfolgengefährdungen“ und

„Selbstgefährdungspotentiale“ wurden durch eigenmächtige technisch-wirtschaftliche Entwicklungen hervorgebracht

→ Bedrohung des Lebens auf der Erde(in all seinen Erscheinungsformen), wenn die Bedrohung sich dem unmittelbaren menschlichen Wahrnehmnungsvermögen entziehen.

Risikogesellschaft nach Beck

Das heißt: Risiken (atomare, chemische, ökologische,

gentechnische) sind:1. örtlich, zeitlich, sozial nicht eingrenzbar2. nicht zurechenbar nach geltenden Regeln

der Kausalität, Schuld, Haftung3. weder kompensierbar noch

versicherungsfähig→ betrifft alle

Risikogesellschaft nach Beck

Risikogesellschaft bedeutet auch „weitergehende Individualisierung“Einflussstärke von Traditionen, Sitten,

Lebensgemeinschaften, Kontrollen und Sicherheiten nimmt ab

→ Individuum ist Chancen und Risiken der Gestaltung des Lebens verstärkt ausgeliefert

Risikogesellschaft nach Beck

Risikogesellschaft und Modernisierungsprozess müssen sich gegenseitig zum Thema und Problem machen (Überprüfung bisher geltender Auffassungen, Werte, Normen,

Konventionen, Verhaltensmuster, Modernisierungskritik)

Risikogesellschaft nach Beck

Ökologische Politik der Selbstbegrenzung muss durch den Wandel des Bewusstseins, Werten, Institutionen und Verhalten an Durchsetzungskraft gewinnen

Ronald Inglehart

*1934 in Milwaukee US-amerikanischer Politologe Seit 1978 Professor der Politikwissenschaft

an der University of Michigan In den 1970er Jahren durch seine Theorie

des Wertewandels bekannt geworden

Ronald Inglehart

Herleitung: Kombination der Mangelhypothese (nach Maslows

Bedürfnispyramide) mit der Sozialisationshypothese → materialistische und postmaterialistische Wertorientierung

Ronald Inglehart

Abraham Maslows Bedürfnispyramide Stufen der Pyramide = Bedürfnisse Erst Bedürfnisse niedrigster Stufen (wichtigste Bedürfnisse),

dann die höheren Stufen („hochwertigere“ Bedürfnisse) Beispiel:

Ronald Inglehart

→ Mangelhypothese: „Den größten subjektiven Wert misst man Dingen zu, die

relativ knapp sind.“, Inglehart

Sozialisationshypothese: Grundlegende Wertevorstellungen spiegeln jene

Bedingungen wider, die während der formativen Phase vorherrschend waren

Ronald Inglehart

→ Ingleharts bipolares Wertesystem: 1. Materialismus:

Körperliche Bedürfnisse aller Art Wirtschaftliche Stabilität Wirtschaftswachstum Preisstabilität Ruhe und Ordnung in Staat und Gesellschaft Starke Streitkräfte Klischee-Materialisten: Arbeiter, im Krieg

Aufgewachsene

Ronald Inglehart

Ingleharts bipolares Wertesystem: 2. Postmaterialismus:

Geistige, schöpferische und kontemplative Bedürfnisse Soziale Bedürfnisse wie „Zugehörigkeitsgefühl“ Bedürfnis nach Mitsprache in Staat und Gesellschaft Meinungsfreiheit Weniger Anonymität Werte, die Gegenstand von Natur- und Denkmalschutz sind Klischee-Postmaterialisten: Angehörige des Bürgertums,

nach dem Krieg Aufgewachsene

Ronald Inglehart

„Kultureller Umbruch“ (1989) → Inglehart schreibt o.g. Buch; prüft und beantwortet hier

die Kritiken und erweitert seine Theorie: Nicht nur „materialistisch“ und „postmaterialistisch“ Weitere Ursachen des Wertewandels:

Technologische Entwicklungen, die für einen wachsenden Teil der Bevölkerung die Befriedigung existenzieller Bedürfnisse garantieren

Erfahrung von außenpolitischem Frieden für eine ganze Generation in der westlichen Welt

Steigendes Bildungsniveau Ausbreitung der Massenkommunikation Wachsende geographische Mobilität

Ronald Inglehart

Inglehart-Index: Befragung: Wichtigste und zweitwichtigste folgender

politischer Ziele: Kampf gegen die steigenden Preise (Mt.) Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in diesem Lande(Mt.) Mehr Einfluss der Bürger auf die Entscheidungen der Regierung(Pmt.) Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung (Pmt.)

Auswertung nach Prioritäten Einteilung in „materialistisch“, „eher materialistisch“,

„eher postmaterialistisch“ und „postmaterialistisch“

Ergebnisse statt Werteverfall – Ergebnisse der Speyerer Wertetypenforschung

Speyerer Wertewandelforschung widmet sich der Überprüfung der Ego-Gesellschaft.

Steht unter der Leitung von Prof. Helmut Klages Speyerer Wertewandelforschung Inglehart & Noelle-Neumann

Elisabeth Noelle-Neumann

Gründerin des Instituts für Demoskopie Allensbach

Warnt vor Gefahr des Werteverfalls Epochaler Werteumbruch im Jahre 1968

aufgrund des Wirkens der Frankfurter Schule

Bewusste Strategie

Elisabeth Noelle-Neumann

Generationenkonflikt durch Werteverfall in den jüngeren Jahren durch:

Bindung der Menschen an Religion und Kirche nimmt ab. Tradierte Tugenden wie Höflichkeit, gutes Benehmen, Pünktlichkeit, Ordentlichkeit,

Sauberkeit und Sparsamkeit verliert an Bedeutung. Die Ansprüche der Menschen an staatliche Institutionen wachsen ins Uferlose. Der Gemeinschaftssinn und die Bindungsfähigkeit der Gesellschaftsmitglieder nehmen ab.

Elisabeth Noelle-Neumann

Aushöhlung der Fundamente, auf die eine pluralistische Gesellschaft aber zwingend angewiesen ist.

Wertrenaissance: - wertmäßig fundierte Erziehung- Einwirkung auf öffentliche Meinung Mögliche Ansatzpunkte für Stabilisierung des

gesellschaftlichen Wertehaushalts.

Prof. Helmut Klages

Lehnt These eines Werteverfalls ab Klages konstatiert: Eine sukzessive Auflösung der Normbindung sozialen Verhaltens Einen zunehmenden Verfall von Arbeitsdisziplin und Leistungsbereitschaft Einen zunehmenden Verfall der parlamentarischen Demokratie

+ Zunehmende Bereitschaft der Menschen zur Beteiligung am politischen Leben Die zunehmende Bereitschaft Randgruppen zu tolerieren Die wachsende Bereitschaft zum Verzicht in einer schwierigen Lage

Prof. Helmut Klages

Helmut Klages‘ Wertetypologie: Klages unterscheidet 4 Wertetypen

Ordnungsliebende Konventionalisten: 15-17%, anpassungsbereite Pflichtmenschen. Ziele: Pflichterfüllung u. Akzeptanz, lehnen Selbstentfaltung ab.

Perspektivlos Resignierte: 15-17%, haben niedrige Werte in allen 2 anderen Dimensionen. Diese Menschen streben nach nichts mehr. Z.B. Arbeitslose.

Nonkonforme Idealisten: 15-17%, streben nach Selbstentfaltung aus idealistischen Motiven (z.B. ehrenamtliche Arbeit in Hilfs- u. Umweltorganisationen)

Hedonistische Materialisten: 1/3, hält nichts von Pflichten, wie auch nichts von idealistischer Selbstentfaltung: hedonistisch-materialistische Selbstentfaltung ist wichtig. Materielle Genüsse, lieber heute als morgen.

Nicht ein Wandel der Wertorientierungen, sondern eine Pluralisierung in verschiedene Richtungen

Quellen

Die „stille Revolution“ - Ronald Ingleharts Theorie vom Wertewandel (Arbeitsblatt Sozialer Wandel AH)

Wörterbuch der Soziologie (Arbeitsblatt Sozialer Wandel AH) Arbeitsblatt/M50:Wertetypen zwischen „Konventionalisten“ und

„Idealisten“ http://de.wikipedia.org