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What works? Befunde der Unterrichtsforschung zum

verständnisvollen Lernen im Fachunterricht

Prof. Dr. Olaf Köller IPN Kiel

Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

SINUS Frühjahrestagung, Kiel, 16. März 2012

Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik 2

•  Was lernen wir aus der Expertiseforschung für erfolgreiches

schulisches Lernen?

•  Fakten empirischer Schul- und Unterrichtsforschung: Die Synopse von

Hattie (2009)

•  Was wissen wir über Kernbereiche der Unterrichtsqualität?

•  Schlussfolgerungen

Überblick

3 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Entwicklung schulischer Leistungen und die Bedeutung

der Expertiseforschung

4 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Wie entwickeln sich Schulleistungen? Anleihen aus der Expertiseforschung

•  In diesen Arbeiten wird versucht, die Wissenserwerbsprozesse,

die die Entwicklung vom Novizen zum Experten charakterisieren,

nachzuzeichnen.

•  Expertise ist immer bereichsspezifisch, wird über einen sehr

langen Zeitraum aufgebaut.

•  Expertise zeichnet sich dadurch aus, dass man nicht nur einen

außerordentlich hohen Wissensstand im Sinne deklarativen

Wissens hat, sondern auch in der Lage ist, dieses Wissen

anzuwenden (prozedurales Wissen).

5 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was lernen wir aus der Expertise- Forschung?

•  Expertise wird nur dann entwickelt, wenn es gelingt, erworbenes

deklaratives Wissen ausdauernd und langfristig zu vertiefen und

in anwendbares (prozedurales) Wissen zu transformieren.

•  Dieses prozedurale Wissen entsteht nur dann, wenn vielfältige

Übungs- und Anwendungskontexte geschaffen werden.

•  Auf die Entwicklung von Schulleistungen bezogen impliziert dies,

dass erfolgreiche Wissenserwerbsprozesse nur dann zu erwarten

sind, wenn fachspezifische Inhalte kontinuierlich über einen

langen Zeitraum unterrichtet, eingeübt und vor allem

angewendet werden.

6 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Implikationen für die Leistungsentwicklung aus der Expertiseforschung

•  In Fächern, die mit hoher Stundenzahl und über viele Jahre

unterrichtet werden (Deutsch, Mathematik, neuerdings Englisch),

sind günstige Leistungsentwicklungen zu erwarten.

•  In Fächern, die spät einsetzen und dann mit geringer Stundenzahl

unterrichtet werden, ist mit geringem Wissenserwerb zu rechnen.

•  Eine Einbindung des Alltags der Schüler in den Unterricht mit

Möglichkeiten der Wissensanwendung fördert den Wissenserwerb.

•  Zuwächse können an Grenzen stoßen, wenn eine weitere

Steigerung nur mit großem Aufwand möglich ist.

7 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

What works? Empirische Befunde

Befunde der Forschungssynthese von John Hattie (2009)

8 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was ist eine Meta-Analyse?

  Zusammenfassung vieler Studien zu erfolgreichem Lernen

  Mittelung der Effektstärken: Wie stark wirkt (im Mittel)

Einflussgröße A auf das Ergebnis B?

  Hattie et al. haben die Ergebnisse aus über 50.000 Studien

aufgearbeitet (83. Mio. Schülerinnen und Schüler)

9 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Interpretation der Effektstärke d?

  d < 0: Maßnahme senkt Lernerfolg

  0 < d < .20: kein bzw. zu vernachlässigender Effekt

  .20 < d < .40: kleiner Effekt

  .40 < d < .60: moderater Effekt

  d >. 60: großer Effekt

10 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

What works?

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

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Quelle

Hattie (2009)

11 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was schadet?

  Mobilität (Umzüge) d = -.34

  Krankheit d = -.20

  Fernsehen d = -.18

  Alleinerziehende Eltern d = -.17

  Sitzenbleiben d = -.16

  Sommerferien d = -.09

12 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was hilft nicht und schadet nicht?

  Offener Unterricht d = .01

  Leistungsgruppierung d = .12

  Interne Differenzierung d = .16

  Web-basiertes Lernen d = .18

  Team Teaching d = .19

13 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was hilft ein wenig?

  Reduzierung der Klassengröße d = .21

  Individualisiertes Lernen d = .22

  Teaching to the Test d = .22

  Finanzielle Ausstattung d = .23

  Summer Schools d = .23

  Integration/Inklusion d = .28

  Hausaufgaben d = .29

14 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was hilft ein wenig?

  Externe Differenzierung für Leistungsstarke d = .30

  Entdeckendes Lernen d = .31

  Induktives Unterrichten d = .33

  Regelmäßige Tests/Leistungskontrollen d = .34

  Störungsprävention d = .34

  Schulleitung d = .36

  Computergestütztes Unterrichten d = .37

  Lehrerfortbildung d = .37

  Time on task d = .38

  Zusatzangebote für Leistungsstarke d = .39

15 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was hilft schon mehr?

  Angstreduktion d = .40

  Kooperatives Lernen d = .41

  Ein hohes Selbstvertrauen der Schüler d = .43

  Kleingruppenlernen d = .49

  Classroom Management d = .52

  Peer Tutoring d = .55

  Herausfordernde Ziele setzen d = .56

  Concept Mapping d = .57

  Arbeit mit Lösungsbeispielen d = .57

  Direkte Instruktion d = .59

16 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Was hilft richtig?

  Regelmäßige Tests mit Feedback d = .62

  Metakognitive Strategien d = .69

  Verteiltes vs. massives Lernen d = .71

  Lehrkraft-Schüler-Verhältnis d = .72

  Feedback d = .73

  Klarheit der Instruktion d = .75

  Micro-Teaching d = .88

  Akzelerationsprogramme d = .88

  Formatives Assessment d = .90

17 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Die gute Schule: Fokus auf Unterricht und weniger auf Rahmenbedingungen

18 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Basisdimensionen von Unterrichtsqualität

Effizienz der Klassenführung

  Unterricht als komplexe soziale Situation (Simultanität, Unvorhersagbarkeit, …)

  Klassenführung = Koordination und Steuerung dieses komplexen Geschehens mit dem Ziel, die zur Verfügung stehende Lernzeit optimal für Lernaktivitäten zu nutzen (Evertson & Weinstein, 2006)

  Aktuelle Ansätze: Präventive Steuerung des Klassengeschehens, nicht reaktiver Umgang mit Störungen (bereits bei Kounin, 1970)

–  „withitness“ - Allgegenwärtigkeit der Lehrkraft, aufkeimenden Störungen präventiv einzugreifen und den tatsächlichen Urheber frühzeitig zu erkennen

–  Flüssige Übergänge und gute Vorbereitung; Etablierung von Regelsystemen

19 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Basisdimensionen von Unterrichtsqualität

Kognitive Aktivierung

  Anregungspotenzial zum vertieften Nachdenken und zur aktiven mentalen Auseinandersetzung mit den Unterrichtsgegenständen

  Herausfordernde Aufgabenstellungen, zum Nachdenken anregende Gesprächsführung

  Dadurch aktive Erweiterung und Veränderung von Wissensstrukturen anregen

Nicht gemeint:

  hohe allgemeine Aktivität der Lernenden

  z.B. Wahlfreiheit bei der Sitzordnung, Möglichkeit zur aktiven Umgang mit Unterrichtsmaterialen

20 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Basisdimensionen von Unterrichtsqualität

Konstruktive Unterstützung   Veränderung des eigenen Wissens erfordert unterstützende

Lernumgebung

  Strukturierung

–  Gliederung komplexer Sachverhalte – Anforderungen an Lernende anpassen

–  Strukturierende adaptive, individuelle Hilfestellungen

–  Feedback/Formatives Assessment

  Emotionale und motivationale Unterstützung

–  Sensibilität für Verständnisprobleme

–  Geduld bei individuellen Schwierigkeiten; konstruktiver Umgang mit Fehlern

–  Ansprechbarkeit bei sozialen Schwierigkeiten

Reiser, 2004; Pintrich, Marx & Boyle, 1993

21 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Schlussfolgerungen

  Lehrkraft als Herr des Geschehens im Unterricht

  Kognitive Aktivierung als Weg zum Erfolg

  Strukturierung hilft

  Feedback, Feedback, Feedback

  Bloße Aktivierung mit geringeren Erfolgen

  Evidenz für

-  Frühförderung

-  Sprachprogramme

-  Professionalisierungsprogramme

22 Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Kontakt: koeller@ipn.uni-kiel.de