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Jan Eckel und Samuel Moyn, Moral für die Welt?

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Schriftenreihe derFRIAS School of History

Herausgegeben vonUlrich Herbert und Jörn Leonhard

Band 5

www.frias.uni-freiburg.de

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Moral für die Welt?

Menschenrechtspolitik in den 1970er Jahren

Herausgegeben vonJan Eckel und Samuel Moyn

Vandenhoeck & Ruprecht

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Mit einem Diagramm

Umschlagabbildung:Die Umschlaggestaltung basiert auf dem Foto einer Zelle der ehemaligenStasi-Haftanstalt in Erfurt. Foto: © picture-alliance / ZB / Martin Schutt(Montage)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.ISBN 978-3-525-31045-8ISBN 978-3-647-31045-9 (E-Book)

© 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenenFällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.Printed in Germany.Satz: Dörlemann Satz, LemfördeDruck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen

Redaktion: Jörg SpäterAssistenz: Madeleine Therstappen, Jonas Wegerer

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt

Samuel Moyn: Die Rückkehr des verlorenen Sohns – Einleitung:Die 1970er Jahre als Umbruchphase in der Menschenrechtsgeschichte 7

Jan Eckel: Neugeburt der Politik aus dem Geist der Moral –Erklärungen einer heterogenen Konjunktur . . . . . . . . . . . . . . 22

Lasse Heerten: Die Dystopie postkolonialer Katastrophen –Das Recht auf Selbstbestimmung, der biafranische Sezessionskriegund die Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Benjamin Nathans: Die Entzauberung des Sozialismus – SowjetischeDissidenten, Menschenrechte und die neue globale Moralität . . . . . 100

Ned Richardson-Little: »Erkämpft das Menschenrecht« –Sozialismus und Menschenrechte in der DDR . . . . . . . . . . . . . 120

Gunter Dehnert: 1975 als Zäsurjahr? – Der Helsinkiprozess,die Krise der Ära Gierek und die polnische Opposition . . . . . . . . 144

Benjamin Gilde und Veronika Heyde: Zwei Wege nach Helsinki –Frankreich, Österreich und die humanitäre Dimension desKSZE-Prozesses, 1969–1983 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Patrick William Kelly: Zauberworte – Die Entstehung einestransnationalen Menschenrechtsaktivismus im Cono Sur der langen1970er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Lynsay Skiba: Besuch bei der Junta – Der Wandel des argentinischenMenschenrechtsaktivismus und die Debatten der 1970er Jahre . . . . 230

Daniel Sargent: Eine Oase in der Wüste? –Amerikas Wiederentdeckung der Menschenrechte . . . . . . . . . . . 259

Carl J. Bon Tempo: Antikommunistische Menschenrechte –Die Republikanische Partei und die Menschenrechtspolitikin den späten 1970er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Simon M. Stevens: Warum Südafrika? – Die Politik des britischenAnti-Apartheid-Aktivismus in den langen 1970er Jahren . . . . . . . 316

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6 Inhalt

Bradley R. Simpson: Alte Rechte in der Neuen Ordnung –Umkämpfte Menschenrechtsdiskurse im Indonesien Suhartos,1968–1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

Celia Donert: Wessen Utopie? – Frauenrechte und Staatssozialismusim Internationalen Jahr der Frau 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . 367

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

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Die Rückkehr des verlorenen Sohnes 7

Samuel Moyn

Die Rückkehr des verlorenen Sohnes

Einleitung: Die 1970er Jahre als Umbruchphasein der Menschenrechtsgeschichte

Die Geschichte der Menschenrechte ist ein neues Forschungsgebiet. In sei-nem Mittelpunkt standen zunächst die weit zurückliegenden Ursprünge –von der Bibel bis zur Philosophie des Mittelalters, vom frühmodernenNaturrecht bis zum Zeitalter der demokratischen Revolutionen. Vor allemaber konzentrierte sich die Forschung auf die 1940er Jahre, was angesichtsder Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, die in der ein-schlägigen historischen Literatur besser aufgearbeitet ist als alle anderenThemen, durchaus plausibel scheint.1 Die weitere Entwicklung der Men-schenrechte nach Antike, Mittelalter, Frühmoderne und der so wichtigenPhase Mitte des 20. Jahrhunderts blieb dagegen weitgehend im Dunkeln.

Selbst als allmählich weniger naive, kritischere Darstellungen der Entste-hung der Menschenrechte vorgelegt wurden – Darstellungen, die der Geburtder Menschenrechtsidee nicht jene romantisierte Reinheit zuschrieben, derenFaszination ihre frühen Anhänger erlagen –, standen die 1940er Jahre imZentrum.2 Doch wie die Menschenrechte ihre immense Bedeutung in derheutigen Welt erlangen konnten, blieb weiterhin unklar. Schließlich warensich die positive und die kritische Darstellung nicht nur darin einig, die Mittedes 20. Jahrhunderts als den entscheidenden Moment des Durchbruchs zufassen, sondern sie kamen auch übereinstimmend zu dem Befund, dass dieserMoment sogleich wieder erstickt wurde: durch den Kalten Krieg, in dem idea-listische Normen nichts zählten. So ähnelte die Geschichte der Menschen-

1 Vgl. insbesondere Mary Ann Glendon, A World Made New. Eleanor Roosevelt and theUniversal Declaration of Human Rights, New York 2001; Johannes Morsink, The UniversalDeclaration of Human Rights. Origins, Drafting, and Intent, Philadelphia 1999.

2 Vgl. insbesondere Mark Mazower, »The Strange Triumph of Human Rights, 1930–1950«, in: Historical Journal 47 (2004) 2, 379–398. Nur mit geringen Abstrichen stehendie 1940er Jahre auch im Mittelpunkt der zwei wichtigsten Sammelbände zum Thema:Stefan-Ludwig Hoffmann (Hg.), Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahr-hundert, Göttingen 2010 und Akira Iriye u.a. (Hg.), The Human Rights Revolution. AnInternational History, New York 2011.

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rechte dem Gleichnis vom verlorenen Sohn, aber reduziert auf dessen Geburtund Auswanderung – obwohl es gerade auf seine Rückkehr ankommt.3

In den vergangenen Jahren sind Menschenrechtshistoriker über dieseanfängliche Betonung der 1940er Jahre hinausgegangen und haben die spä-tere Phase des Kalten Krieges genauer untersucht, die am Aufschwung derMenschenrechte ebenso viel Anteil hatte wie der frühe Kalte Krieg an ihrerMarginalität.4 Insbesondere die 1970er Jahre sind nun als ein Jahrzehnt inden Fokus gerückt, in der die Idee der Menschenrechte, wie rasch deutlichwurde, noch weitaus mehr Bedeutung erlangte als in der Zeit ihrer Begrün-dung dreißig Jahre zuvor. Amnesty International, die erste bedeutende Men-schenrechts-NGO, erhielt nun vor allem aufgrund einer Kampagne gegenFolter enorme öffentliche Aufmerksamkeit. Sowjetische Dissidenten sam-melten sich um die Losung der Menschenrechte und fanden damit ebenfallsweltweit Gehör. Infolge der 1973 einsetzenden Serie von Staatsstreichen inSüdamerika wurde es in den betroffenen Ländern selbst wie auch in den Be-kundungen internationaler Solidarität üblich, an die Menschenrechte zu ap-pellieren. 1975 folgte die Unterzeichnung der Helsinki-Verträge, die einenfolgenreichen »dritten Korb« sogenannter humanitärer Prinzipien umfass-ten. Und schließlich bekannte sich US-Präsident Jimmy Carter bei seinemAmtsantritt im Januar 1977 zu einer Politik, die sich eng an den Menschen-rechten orientiere. Zeitgenossen nahmen diese voneinander unabhängigen,aber konvergierenden Ereignisse als grundlegenden Wandel internationalerPolitik wahr.

Der vorliegende Band beleuchtet diese näher an die Gegenwart heranfüh-renden Ereignisse und untersucht ihre wechselseitige Verknüpfung. Er willForschungsergebnisse zusammentragen und die grundlegende Frage auf-werfen, in welche Richtung es die Forschung voranzutreiben gilt.5 Alle Au-toren sind sich einig, dass es ein Missverhältnis gibt zwischen der intensivenAufmerksamkeit, die auf frühere Phasen gerichtet worden ist, und der rela-tiven Stille, die über spätere geherrscht hatte. Neben einer Korrektur diesesUngleichgewichts kann dieser Band, indem er neue Forschungen über einigeSchlüsselentwicklungen zusammenträgt, hoffentlich auch dazu beitragen,diese in die längerfristige Menschenrechtsgeschichte wie auch in die allge-meinere Geschichte der 1970er Jahre einzuordnen.

3 Lukas 15, 11–32.4 Näher hierzu: Samuel Moyn, »Substance, Scale, and Salience: On the Recent Histo-

riography of Human Rights«, erscheint in: Geschichte und Gesellschaft.5 Vgl. Jan Eckel, »Utopie der Moral, Kalkül der Macht: Menschenrechte in der globalen

Politik seit 1945«, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), 437–484; Samuel Moyn,The Last Utopia. Human Rights in History, Cambridge/MA 2010, Kapitel 4. Beide Arbeiteninterpretieren – wenn auch nicht aus exakt denselben Gründen – die 1970er Jahre alsSchlüsselmoment für die Menschenrechte.

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Die Rückkehr des verlorenen Sohnes 9

Diese Einleitung möchte, indem sie die Beiträge vorstellt, einige wichtigeGrundfragen der Menschenrechtsgeschichte der 1970er beleuchten, die In-terpretationslinien kommentieren, die sich abzuzeichnen beginnen, undgleichzeitig auf Gebiete hinweisen, die weiterer Forschung bedürfen. Dabeiist zunächst ein Paradoxon zu erwähnen: Die allgemeine Geschichte der1970er Jahre gilt gemeinhin als eine von Katastrophen oder gar eines »Ner-venzusammenbruchs«, nicht als die des moralischen Durchbruchs der Men-schenrechte.6 Und im Falle Amerikas scheint gegenwärtig der Aufstieg derpolitischen Rechten am meisten Interesse auf sich zu ziehen. Wie in der üb-rigen nordatlantischen Region der 1970er Jahre waren dort die Krise desWohlfahrtstaats, der Siegeszug des Neoliberalismus und weltpolitische Ver-werfungen wie das Scheitern des Systems von Bretton Woods weitaus augen-fälliger als der Aufschwung der Menschenrechte. Wie also konnte sich derenDurchbruch inmitten eines »Zeitalters des Zerfalls« vollziehen, um eine be-kannte Formulierung von Daniel Rodgers zu zitieren?7 Dieser Frage widmetsich Jan Eckels Beitrag, der einen synthetisierenden Erklärungsversuch un-ternimmt. Er bezieht diese Ära der Menschenrechtsgeschichte auf die allge-meine Geschichte der Dekade. Auch sie stößt neuerdings ja auf immensesInteresses bei Historikern, ohne dass sie sich allerdings bislang damit befassthaben, wie die Menschenrechte in diesen von Wirtschaftskrisen, geopoliti-scher Entspannungspolitik und anderen sozialen Bewegungen geprägtenJahren neu entstanden.8

Die langen 1970er Jahre der Menschenrechtsgeschichte

Jede Dekade ist selbstverständlich nur eine willkürliche Grenzziehung imFluss der Zeit, und der vorliegende Band ist in keiner Weise auf eine strikteDefinition von Anfang und Ende der 1970er Jahre angewiesen. Historikersprechen oft von kurzen und langen Jahrhunderten, und es gibt keinenGrund, mit Dekaden nicht ebenso zu verfahren. Gegenwärtig sind die1960er Jahre vermutlich die berühmteste Dekade der jüngeren Geschichte,der sich sogar eigens eine wissenschaftliche Zeitschrift widmet,9 undgewöhnlich werden sie, um den Vorläufern und Nachwirkungen von Ju-gendrebellion und gegenkulturellen Experimenten Rechnung zu tragen, alsein langes Jahrzehnt definiert. Doch für die 1970er Jahre gilt dies wohl

6 Andreas Killen, 1973 Nervous Breakdown. Watergate, Warhol, and the Birth of Post-Sixties America, New York 2007.

7 Daniel T. Rodgers, Age of Fracture, Cambridge/MA 2010.8 Vgl. etwa Niall Ferguson u.a. (Hg.), The Shock of the Global. The 1970s in Perspective,

Cambridge/MA 2010, das einen kursorischen Beitrag über Menschenrechte enthält.9 The Sixties, veröffentlicht seit 2008.

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ebenso.10 Keine entscheidende Ära entsteht ex nihilo, gewiss auch nicht dieMenschenrechtsgeschichte der 1970er Jahre. Momente der Diskontinuitätbedürfen langfristiger Voraussetzungen, mittelfristiger Veränderungen undkurzfristiger Auslöser. Und das komplizierte Erbe der 1970er Jahre wurdebereits unmittelbar nach, wenn nicht sogar während der Explosion des Men-schenrechtsdiskurses zum Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen.

Auch großzügig definiert müssen die 1970er Jahre natürlich irgendwobeginnen und enden. Im Rückblick lassen sich jenseits der AllgemeinenErklärung der Menschenrechte wichtige Entwicklungen in den 1950er und1960er Jahren ausmachen, die zum Durchbruch der Menschenrechte hin-führten – auch wenn es damals vielen schien, als komme er praktisch ausdem Nichts. Bereits das Wirken von Amnesty International, das von einerfür die neuen sozialen Bewegungen der 1960er Jahre charakteristischen Ak-tivierung der Zivilgesellschaft zeugt (die Organisation wurde bekanntlich1961 gegründet), macht deutlich, dass dieser Durchbruch nicht am 1. Januar1970 begann. Auch die Geschichte der Entspannungspolitik, die in Form derHelsinki-Verträge für die Menschenrechtsgeschichte so entscheidend wurde,begann bereits mit diplomatischen Vorstößen in der vorherigen Dekade, wiedie Aufsätze über die westeuropäische Diplomatie in diesem Band zeigen.Insofern enthalten alle Beiträge im vorliegenden Buch implizit einen Kom-mentar zu der Frage, wann man die 1970er Jahre beginnen und wann mansie enden lassen sollte.

Jenseits der zeitlichen Eingrenzung stellen sich die diffizilen Fragen, inwelchem Maß die 1970er Jahre die vorherige Menschenrechtsgeschichte zurVoraussetzung hatten und ob sie angesichts der Fülle von Anliegen, die nunmenschenrechtlich begründet wurden, in gewissem Sinn die entscheidendePhase für die Idee der Menschenrechte waren. Dass die 1970er Jahre, wieeinige Autoren des Bandes mit Nachdruck erklären, ins Zentrum zu rückensind, ist vorerst nur eine Hypothese, keine gesicherte Schlussfolgerung odergar zu verteidigende neue Orthodoxie. Der Grundgedanke internationalerMenschenrechte existierte zweifellos auch schon früher. Aber wie weit lässtsich über diese Feststellung hinausgehen? Ist dieser Grundgedanke ein zeit-loser Bezugspunkt, den menschliche Akteure zu unterschiedlichen Zeitenund an unterschiedlichen Orten immer wieder aufgriffen? Existierten auf-seiten staatlicher oder nicht-staatlicher Akteure bereits starke menschen-rechtliche Traditionen, die im Lauf der Dekade lediglich noch stärker wur-den? Oder ist die These plausibler, dass allein kurzfristige Faktoren dieDekade bestimmten und den Menschenrechten eine bislang ungekannteZentralität in der internationalen Politik verliehen?

10 Bruce Schulman, The Seventies, New York 2001.

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All dies sind offene Fragen. Manche der Autoren sehen, wie die Herausge-ber, eine entscheidende Verschiebung, ja einen Einschnitt in den 1970er Jah-ren – definiert im weiteren Sinne und ohne die Vorgeschichte zu vernachläs-sigen. Andere argumentieren hingegen, dass es langfristige Voraussetzungenund allmähliche Wandlungen zu betonen gilt, oder deuten die 1970er Jahre,wie Daniel Sargent in seinem Bild der Oase in der Wüste, als Wiederbele-bung einer immerwährenden Möglichkeit – einer stets gegebenen Option,die aus der Weltgeschichte niemals verschwinden kann, oder nur, um späterneu entdeckt zu werden.

Biafra, Humanitarismus und Menschenrechte

Ein möglicher Ausgangspunkt ist Biafra. Dort bekämpfte die nigerianischeRegierung in den späten 1960er Jahren einen Sezessionsversuch in einerWeise, die im Westen breite moralische Empörung bis hin zum Vorwurfdes Völkermords auslöste. Der Fall Biafra lenkt den Blick auf den anhalten-den Disput über die Frage, wie die Geschichte der Menschenrechte mit derdes Humanitarismus zu verknüpfen ist – der gemeinhin gleichsam als Kon-stante in der modernen Politik und Moral gesehen wird. In einem Buch,das die Menschenrechtsgeschichtsschreibung mitbegründen half, behauptetLynn Hunt sogar, dass die Menschenrechtsidee als solche aus dem humani-tären Empfinden entstanden sei.11 Andere Autoren betonen die Differen-zen zwischen Humanitarismus und Menschenrechten. In historischen Ar-beiten über die Antisklavereibewegung in der atlantischen Welt und diesogenannte orientalische Frage, die die Entwicklungen im OsmanischenReich des 19. Jahrhunderts betraf, ist zum Beispiel gezeigt worden, wie inReaktion auf fernes Leid unterschiedliche Bewegungen entstanden, die sichjedoch selten auf Rechte beriefen und offenbar vor allem auf christlicher So-lidarität und einer paternalistischen Philanthropie gründeten.12

Wie genau verhält sich die Geschichte der Menschenrechte zu dieser älte-ren Geschichte von Mitgefühl, Nächstenliebe und Aktivismus? Diese Fragekann im vorliegenden Band nicht in der erforderlichen historischen Breite,anhand des Biafrakonflikts aber auf mikroskopischer Ebene erörtert werden.Wie Lasse Heerten in seinem Beitrag schildert, stützte sich die Kampagne fürBiafra durchaus auf einige für die Menschenrechtsidee zentrale moralischeÜberzeugungen. Befürchtungen, es könne ein Völkermord stattfinden, lagen

11 Lynn Hunt, Inventing Human Rights. A History, New York 2007.12 Robin Blackburn, The American Crucible. Slavery, Emancipation, and Human

Rights, New York 2011; Jenny Martinez, The Slave Trade and the Origins of InternationalHuman Rights Law, New York 2011.

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damals in der Luft, wie Bertrand Russells zeitgleiches Tribunal gegen dieamerikanische Kriegsführung in Vietnam deutlich macht, das sich an denNürnberger Prozessen orientierte.13 Und die Methoden, mit denen im Na-men der Opfer Öffentlichkeit hergestellt wurde, erinnerten an humanitäreKampagnen des 19. Jahrhunderts und wurden später von der Menschen-rechtsbewegung aufgegriffen. Nicht zuletzt führte der Biafrakonflikt zurGründung von Médecins Sans Frontières, einer fortan wichtigen humanitä-ren Organisation. Doch die entscheidende Frage für den vorliegenden Bandlautet, ob Biafra die Triebkraft der dann folgenden überraschenden Ereig-nisse war – oder zumindest eine Grundlage für sie schuf –, die den Men-schenrechten zu einer solchen Bedeutung verhalfen.

Geografische Streuung

Der bemerkenswerteste Zug der 1970er Jahre im strengen Sinn liegt in derbreiten geografischen Streuung dieser Ereignisse. Auch in der Menschen-rechtsgeschichte der 1940er Jahre scheint die ganze Welt auf – am deutlichs-ten natürlich in der Entstehung der Allgemeinen Erklärung der Menschen-rechte. Aber sie ist vor allem in Gestalt diplomatischer Eliten präsent, diesich in San Francisco zur Ausarbeitung des Dokuments treffen, dann amHunter College und Lake Success in New York, um die Pläne voranzutreiben,und schließlich, nach zweijährigen zähen Verhandlungen, zur Verabschie-dung der Erklärung am 10. Dezember 1948 in Paris. In den 1940er Jahrenwird die Welt dabei häufig als eine multikulturelle, um konsensuelle Wertegescharte Gemeinschaft heraufbeschworen.

In der Menschenrechtsgeschichte der 1970er Jahre ist sie dagegen eineWelt räumlich verstreuter Basisaktivisten, die Ansprüche geltend machen,ein Globus, der weit mehr umfasst als jene rund fünfzig Nationen, die ineiner Ära der Rekonsolidierung von Imperien die Allgemeine Erklärungder Menschenrechte unterzeichneten. Diese Aktivisten treten zunächst,und vielleicht als Wegweiser für andere, in der Sowjetunion auf. Wenig spä-ter folgt bekanntlich Lateinamerika. Doch wie die Beiträge in diesem Buchdeutlich machen, existierte in den 1970er Jahren ein noch viel breiteresSpektrum von Akteuren. Dazu gehörten nicht zuletzt Staaten, die sich raschauf das neue Terrain begaben – am eindrücklichsten die DDR, deren kom-munistische Ideologen eifrig verkündeten, dass ihr Staat auf den Men-schenrechten basiere, und die Vereinigten Staaten, wo Politiker der Repu-blikaner – nicht anders als im bekannteren Fall der Demokraten – die

13 John Duffett (Hg.), Against the Crime of Silence. Proceedings of the Russell Interna-tional War Crimes Tribunal, New York 1970.

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Sprache der Menschenrechte für die Außenpolitik nutzbar machten. Selbstdie Geschichte europäischer Diplomaten, die dem realpolitischen Druckdes Kalten Krieges trotzten, um andere Wege einzuschlagen, als die beidenSupermächte sie vorgaben, stellt sich nun im Einzelnen in neuem Licht dar.Und schließlich gab es den »globalen Süden«, der zur Zeit der AllgemeinenErklärung der Menschenrechte noch beinahe vollständig kolonial be-herrscht war. Im Afrika der 1970er Jahre wurde der letzte Kampf gegen Ko-lonialismus und für politische Freiheit und kollektive Selbstbestimmungausgefochten – die inzwischen ebenfalls zu einem Menschenrecht gewor-den war.

Das kommunistische Europa

Ein bekannter Schauplatz menschenrechtlichen Dissenses – und vielleichtder ersten Bewegung in der Weltgeschichte, die sich als Menschenrechts-bewegung definierte – war die Sowjetunion, mit der sich Benjamin Na-than’s Essay befasst. Wie Nathans zeigt, geraten im Hintergrund wirkendeKräfte und Ereignisse aus dem Blick, wenn die frühen 1970er Jahre zu deut-lich als Zäsur markiert werden. Dissidenz existierte schließlich auch vorher,selbst wenn sie sich in anderen Begriffen, unter Rückgriff auf andere Sprach-register artikulierte. Nathans’ zur Vorsicht mahnender Hinweis auf die Be-deutung länderspezifischer Kenntnisse macht klar, dass eine Gesamtge-schichte der Menschenrechte in dieser Phase, so sie überhaupt möglich ist,vielfältige Geschichten und feinkörnige Kontextbedingungen berücksichti-gen müsste.

Einen radikaleren Ansatz für das Forschungsfeld bietet Ned Richardson-Littles Aufsatz: Was einfallsreiche Dissidenten in Moskau und anderensowjetischen Städten dem Staat entgegenhielten, blieb, wie der Essay zeigt, inder marxistisch-leninistischen DDR ein Staatsdiskurs. Zwar rühmte sichauch die UdSSR, trotz ihrer Enthaltung bei der Abstimmung über die Allge-meine Erklärung im Jahr 1948, ihrer Verpflichtung auf die Menschenrechte,und zwar bereits vor 1968, als sie schließlich die zwei internationalen Paktezum Thema ratifizierte (worum sie viel Aufhebens machte). Doch Richard-son-Little zeigt, wie die ostdeutschen Kommunisten mit einem solchen Auf-wand – von elaborierter Theorie bis zu schlichter Propaganda – die Men-schenrechte für ihr sozialistisches Projekt reklamiert hatten, dass der explo-sive Durchbruch des Menschenrechtsdiskurses in der internationalen Politikder 1970er Jahre anfangs keine Gefahr für sie darstellte. Zumindest entstan-den in der DDR, anders als in der Sowjetunion zu Beginn der Dekade undwenige Jahre später in diversen Ostblockstaaten, keine unabhängigen Men-schenrechtsgruppen. Erst später, in den 1980er Jahren, diente jene Sprache,

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die zeitweilig als Abwehr von Dissens funktioniert hatte, den Dissidenten alsumso mächtigere Waffe.

Celia Donerts Aufsatz stellt den vermeintlich klaren West-Ost-Gegen-satz am Beispiel der Frauenrechte von einer anderen Richtung her infrage.Ihre Untersuchung des umstrittenen Wechselverhältnisses von Gender undinternationalen Menschenrechten lässt einerseits die Bedeutung hervortre-ten, die der feministische Internationalismus im menschenrechtspolitischenZusammenhang der 1970er Jahre hatte, zeigt dabei aber, dass er in durchausrivalisierenden Varianten in Erscheinung trat. Indem sie die im Rahmen desInternationalen Frauenjahrs von 1975 abgehaltene Weltfrauenkonferenz mitdem Ost-Berliner Weltfrauenkongress kontrastiert, führt Donert vor Augen,dass das Interesse für Genderfragen ebenso ein abstraktes, geschlechts-unspezifisches Konzept der rights of man weitertransportieren wie zu einergrundlegenden Neuausrichtung der Forderungen im Zeichen einer neuenglobalen Moralität führen konnte.

Lateinamerika

Zeitgleich mit seinem Aufkommen in der Sowjetunion wurde der Diskursder Menschenrechte auch in Lateinamerika aufgegriffen, wo er zunächst mitanderen Sprachregistern wie Marxismus und Antiimperialismus koexistierteund sie dann allmählich verdrängte. Patrick W. Kellys Beitrag handelt vonBrasilianern, Chilenen und Argentiniern, die von Diktaturen ins Exil getrie-ben wurden, wo für sie eine längere Phase des Experimentierens begann.(Viele Chilenen flohen zunächst nach Argentinien, doch die Kette vonStaatsstreichen holte sie ein.) Wie Kelly schildert, setzte sich die vermeintlichantipolitische Sprache der Menschenrechte unter solchen politischen Akti-visten aus mehreren Gründen durch. Mitunter war es Zufall: Aktivisten stie-ßen auf die Idee der Menschenrechte, ohne nach ihr gesucht zu haben, wieetwa jener Chilene, der sich später erinnerte, ihr zuerst auf einem Plakat be-gegnet zu sein. Zudem förderte sie Bündnisse, brachte in den betroffenenLändern bislang zerstrittene Aktivisten zusammen, vor allem aber Men-schen, die ein Interesse an transnationalen Netzwerken hatten – eine nahe-liegende Strategie insbesondere für Exilanten, die aus ihren Ländern vertrie-ben worden waren, sich von neuen Bündnispartnern im Ausland aberEinfluss auf die dortigen Entwicklungen erhofften.

Dieses Charakteristikum des entstehenden Menschenrechtsaktivismusuntersucht Lynsay Skiba in ihrem Aufsatz genauer anhand des Falls zweierargentinischer Rechtsanwälte, die schließlich in die Vereinigten Staaten reis-ten, um vor dem von Donald Fraser geleiteten Ausschuss des Repräsentan-tenhauses auszusagen, der Menschenrechtsfragen zu Aufmerksamkeit im

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politischen Diskurs der USA verhalf, bevor der Rest der DemokratischenPartei über moralische Standards in der Außenpolitik zu diskutieren begann.Ergänzend befasst sich Skiba mit dem Wandel der Organisation Amerikani-scher Staaten und der Entstehung des »interamerikanischen Systems« zumSchutz der Menschenrechte. In beiden Fällen eröffnete das Zusammenlau-fen verschiedener Entwicklungen neue Räume, die einzelne argentinischeAktivisten gemeinsam mit ausländischen Unterstützern zu nutzen ver-standen. Indem Skiba den Weg der zwei Anwälte Lucio Garzón Maceda undGustavo Roca nachzeichnet, entsteht eine anschauliche persönliche Ge-schichte, die auf mikroskopischer Ebene makroskopische Veränderungendeutlich macht. Zentral ist dabei der Expertenstatus, den die Rechtsanwältein den Reihen der internationalen Menschenrechtsbewegung beanspruchenkonnten. Durch ihre Flexibilität in ideologischen Fragen, ihren geschicktenUmgang mit konkurrierenden politischen Optionen, gelang es den Anwäl-ten einen Weg zu finden, um die Menschenrechte gegenüber der vom Re-gime viel beschworenen »nationalen Sicherheit« zur Geltung zu bringen.

Die Vereinigten Staaten in der Welt

Die breite geografische Streuung von Basisinitiativen für die Menschen-rechte, wie sie etwa in der UdSSR und Lateinamerika entstanden, ist aller-dings kein Grund dafür, das romantische Bild einer »flachen Welt« zu zeich-nen, in der keine ideologischen und machtpolitischen Differenzen zwischenden Akteuren existiert hätten. Während die Sowjetunion Dissidenten be-kämpfte und die SED ihre ideologischen Glaubenssätze verfeinerte, unter-stützten Bürger in den Vereinigten Staaten und Westeuropa Aktivisten imAusland und passten Staaten ihre Politik der neuen Sprache an.

Jimmy Carter, im Herbst 1976 zum Präsidenten gewählt, scheint der Spra-che der Menschenrechte gleichsam gedankenverloren über den Weg gelau-fen zu sein. Da sie in seinem Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt hatte, löstees eine monatelange Debatte aus, als er bei seinem Amtsantritt im Januar1977 auf den Stufen des Kapitols ein Bekenntnis zu den Menschenrechtenabgab. Dabei berief sich Carter selbstverständlich auf alte Quellen, so als seidie Politik des Kalten Krieges, die er verurteilte und der er – selbst in denRängen seiner eigenen Partei – die Menschenrechte als Alternative entgegen-hielt, eine temporäre Abweichung von einer tief verwurzelten nationalenTradition gewesen. Daniel Sargent stimmt Letzterem in seinem Aufsatz zuund stellt die Menschenrechte als eine Oase dar, die Amerikaner immer wie-der aufsuchen können. In seiner Perspektive haben Historiker die Aufgabe,zu erklären, wie es jeweils dazu kommt, dass Menschen vom Wasser dieserOase trinken – so wie in den 1970er Jahren, als Carter die Gründungsprin-

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zipien der Vereinigten Staaten zu recht, wenn auch unter kontingentenneuen Bedingungen, wiederbelebte. Sargents Beitrag analysiert in neuarti-ger Weise, wie diese Bedingungen in einem bestimmten Moment durch einglückliches Zusammentreffen von Umständen entstanden.

Unterdessen demonstriert Carl Bon Tempo, dass die Republikaner auchdeshalb kaum als Menschenrechtsverfechter im öffentlichen Gedächtnis ge-blieben sind, weil Carter ihnen die Show gestohlen hat (und weil man sichan dessen Nachfolger Ronald Reagan als einen Feind der Menschenrechte er-innert, in erster Linie wohl deshalb, weil die aufstrebende Menschenrechts-szene seine Mitarbeiter und seine Politik ablehnte). Die Programmdebatteder Demokraten vom Sommer 1976 hat in die Geschichtsschreibung derMenschenrechte Eingang gefunden, weil Senator Daniel Patrick Moynihandiese Debatte unverzüglich in einem aufsehenerregenden Aufsatz ver-klärte.14 Bon Tempo weist nach, dass die Republikaner im selben Sommernicht weniger intensiv und kontrovers über Menschenrechte debattierten.Zudem zeigt er in seinem wegweisenden Aufsatz, wie sich Reagan auf demMinenfeld der Menschenrechte bewegte, angefangen mit seiner Erwiderungauf eine berühmte Rede, die Carter 1977 in Notre Dame hielt.

Der Fall der Vereinigten Staaten bleibt für die Historiografie der Men-schenrechte von besonderer Bedeutung. Nachdem in den letzten Jahren dieAuffassung diskutiert worden ist, sie hätten in den 1940ern Jahren einen»New Deal für die Welt« in Form eines menschenrechtlichen Internationa-lismus propagiert, geht es jetzt darum, wie die Fortentwicklung der ameri-kanischen Politik in den 1970ern zu beurteilen ist.15 Wie die VereinigtenStaaten die Menschenrechte in ihren traditionellen, auf Eindämmungspoli-tik und direkte Eingriffe gestützten liberalen Internationalismus integrierthaben, ist angesichts ihrer damals wie heute hegemonialen Stellung in derWeltordnung eine zentrale Frage.16

Die Helsinki-Verträge zwischen Ost und West

In den vergangenen Jahren haben sich Historiker ausgiebig mit dem Ur-sprung der Helsinki-Verträge befasst, um den folgenreichen Wandel nach-

14 Daniel Patrick Moynihan, »The Politics of Human Rights«, in: Commentary 64(1977) 2, 19–26. Dass ich Zweifel an dieser Rekonstruktion habe, weil die Menschenrechtedamals von niemandem als zentraler Programmpunkt wahrgenommen wurden, erläutereich in The Last Utopia, Kapitel 4.

15 Die klassische Darstellung der US-Menschenrechtspolitik in den 1940er Jahren istElizabeth Borgwardt, A New Deal for the World. America’s Vision for Human Rights, Cam-bridge/MA 2006.

16 Samuel Moyn, »Soft Sells: On Liberal Internationalism«, in: The Nation, 3. 10. 2011.

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zuvollziehen, den westeuropäische Mächten mit ihrer Entscheidung, dieMenschenrechte in ein ehrgeiziges diplomatisches Abkommen aufzuneh-men, auslösten.17 Während die nordischen Länder bereits eingehend unter-sucht wurden, zeigen Benjamin Gilde und Veronika Heyde nun mit einemVergleich der österreichischen und französischen Diplomatie, wie starkdie Ziele westeuropäischer Länder voneinander abweichen konnten. Da derZweck des »dritten Korbes« damals von den meisten Beteiligten nicht daringesehen wurde, abstrakte globale Forderungen aufzustellen, sondern Fa-milien zu helfen, die durch den Eisernen Vorhang getrennt waren, drängteÖsterreich als unmittelbarer Anrainer dieses Vorhangs darauf, Menschen-rechtsbestimmungen in die Verträge aufzunehmen. Frankreich hingegenbezog aus einer Reihe von Gründen eine andere Position.

Niemand – nicht einmal die größten Enthusiasten in Westeuropa – konntefreilich voraussehen, dass die Verträge in Osteuropa eine so explosionsartigeZunahme von Appellen an die Menschenrechte auslösen und die folgendenHelsinki-Konferenzen zur Entstehung einer internationalen Bewegung bei-tragen würden, die bis in die nächste Dekade hinein aktiv war.18 Die Sowjet-union unterzeichnete die Verträge, weil sie ihre nach dem Zweiten Weltkriegerrichtete Herrschaft über Osteuropa anerkannten (auch die Amerikanermaßen dem »dritten Korb« der Menschenrechtsbestimmungen keine Be-deutung zu). Wie Richardson-Little jedoch zeigt, sah die DDR in diesem Teilder Verträge kein Zugeständnis, sondern eine Sprache, die sich mit ihreneigenen Menschenrechtsprinzipien deckte. Während eine ostdeutsche Men-schenrechtsbewegung erst in den 1980er Jahren entstand, stellt Gunter Deh-nert dar, wie sich jenseits der Grenze in Polen bereits in den 1970er Jahrenauch durch die Sprache der Menschenrechte eine komplexe Dialektik zwi-schen früheren sozialen Bewegungen und staatlicher Ideologie entfaltete.Dass zivilgesellschaftliche Aktivisten nun die Menschenrechte entdeckten,um sich Edward Giereks Normalisierungspolitik entgegenzustellen, sei aller-dings ebenso sehr auf ihre Desillusionierung und Neuorientierung nach1968 wie auf einen »Helsinki-Effekt« zurückzuführen. Auch die Annahme,ein Bündnis zwischen diesen polnischen Gruppen – insbesondere demKomitee zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników,KOR) – und Menschenrechtsgruppen im Ausland habe internationale Nor-men befördert, die die Regierungspolitik verändert hätten, wird in DehnertsBeitrag problematisiert.

17 Gottfried Niedhart/Oliver Bange (Hg.), Helsinki 1975 and the Transformation ofEurope, New York 2008.

18 Sarah B. Snyder, Human Rights Activism and the End of the Cold War. A Transnatio-nal History of the Helsinki Network, Cambridge 2011.

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Nord und Süd

Bei ihrer Entstehung in den 1970er Jahren zielte die Politik der Menschen-rechte vor allem auf die totalitären Staaten im Osten und autoritäre Regimein Südamerika. Der globale Süden war damals noch nebensächlich oderwurde vollständig ausgeblendet, vor allem Afrika. Zwar lenkte der Biafra-konflikt eine gewisse Aufmerksamkeit auf Afrika, in der Regel wurde diedortige Menschenrechtssituation aber nicht beachtet; Africa Watch entstanderst 1988 als Teil von Human Rights Watch. Heute hingegen steht der globaleSüden, neben Süd- und Ostasien insbesondere das subsaharische Afrika, imMittelpunkt internationaler Menschenrechtsarbeit.

Amnesty International hatte seine Basisaktivisten im Norden auch schonvorher auf Inhaftierung und später Folter in verschiedenen Ländern desSüdens aufmerksam gemacht. Brad Simpsons Aufsatz zeigt, dass die ersteWelle historiografischer Studien über solche Länder – einschließlich seinereigenen Untersuchung über die Vereinigten Staaten und politische Gefan-gene – die dort existierenden Menschenrechtskonzeptionen vernachlässigte,die etwa im Fall Indonesiens eine lange Tradition hatten.19 Und er zeigt, dassindonesische Aktivisten, als sie mit dem internationalen Menschenrechts-projekt der 1970er Jahre in Berührung kamen, dessen Konzepte nicht ein-fach zwecks Import »übersetzten« und »einbürgerten«.20 Vielmehr hattensie ihre eigene Agenda, machten sich Schnittmengen zunutze und passtenbrauchbare Konzepte ihren Bedürfnissen an. Das bedeutet selbstverständ-lich nicht, dass ihre Bezugnahmen auf Menschenrechte in irgendeiner Weiseauthentischer gewesen wären oder ihnen der Menschenrechtsgedanke mehrentsprochen hätte, als ausländischen Aktivisten oder staatlichen Akteuren,sei es in Jakarta oder in Washington. Und wie die internationale Geschichtedes Prinzips der Selbstbestimmung zeigt, war der verbreitetste und wir-kungsvollste Appell an die »Menschenrechte«, den südliche Akteure zu ebendieser Zeit auf der Weltbühne erhoben, die Forderung nach einer »NeuenWeltwirtschaftsordnung«. Sie setzte sich nicht durch – was für die Geltung,die kollektive Menschenrechte gegenüber den international zumeist privile-gierten individuellen Rechten in den folgenden Dekaden gewinnen sollten,

19 Barbara Keys, »Anti-Torture Politics: Amnesty International, the Greek Junta, andthe Origins of the Human Rights Movement in the United States, 1967–1970«, in: Iriyeu.a.(Hg.), The Human Rights Revolution, New York 2011; Bradley R. Simpson, »Denyingthe ›First Right‹: The United States, Indonesia, and the Ranking of Human Rights by theCarter Administration, 1976–1980«, in: International History Review 31 (2009) 4,798–821.

20 Sally Engle Merry, Human Rights and Gender Violence. Translating InternationalLaw into Local Justice, Chicago 2005.

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von erheblicher Relevanz war.21 Simpsons Aufsatz weist allerdings auch da-rauf hin, wie viel Arbeit noch zu leisten ist, um die Schnittstellen zwischender internationalen Sprache und Bewegung der Menschenrechte und lokalenBedeutungen und Akteuren vollständig beurteilen zu können. Seinen Ansatzweiter zu verfolgen, ist wichtig vor allem mit Blick auf den globalen Süden,der nach den in diesem Band untersuchten Ereignissen der 1970er Jahre inden Mittelpunkt der internationalen Menschenrechtspolitik gerückt ist.

Simon Stevens widmet sich in seiner fundierten Fallstudie der britischenBewegung gegen die südafrikanische Apartheid und die dynamischen Wech-selwirkungen zwischen globalem Norden und Süden. Wie auch Kelly undSkiba betont er die Rolle der Exilanten in transnationalen Bewegungen.Darüber hinaus rückt er die unterschiedlichen Mechanismen scharf in denBlick, die den transnationalen Aktivismus gegen Südafrika innerhalb derNord-Süd-Beziehungen während der 1970er Jahre und darüber hinaus au-ßergewöhnlich machten. Die Kampagnen gegen die Apartheid, die Stevensbeispielhaft untersucht, hatten ihren eigenen historischen Ort, waren aberauch Anzeichen kommender Dinge. Sein Beitrag zeigt vor allem, dass dieseKampagnen vor den 1980er Jahren weder im Norden noch im Süden weit-hin (oder gar ausschließlich) als ein Kampf um Menschenrechte verstandenwurden. Erst dann machten ältere Auffassungen, wie die eines Kampfs umSelbstbestimmung, der möglicherweise sogar bewaffnet geführt werdensollte, Platz für ein neues Selbstverständnis und neue Strategien. Diese Ent-wicklung veränderte die Nord-Süd-Beziehungen, indem sie die Sympathienfür die früheren Anliegen in dem Maße beiseiteschob, wie die Apartheid alsein Menschenrechtsproblem stigmatisiert wurde.

Synthesen und Differenzierungen

Es ist eine verbreitete Erfahrung, dass ein auf den ersten Blick einheitlicherGegenstand bei näherer Betrachtung immer weiter zerfällt, und diese Gefahrist im vorliegenden Buch zweifellos gegeben. Bis zu einem gewissen Grad be-deutet die bestimmende Rolle lokaler Vorgeschichten und Bedingungen,spezifischer Staaten und Institutionen, dass sich jedes allgemeine historischeBild in ein Chaos mikroskopischer Details auflösen lässt. Positiver formu-liert: Die Besonderheiten verschiedener Ereignisse verlangen nach einer lo-kal, auch national ausgerichteten Forschung, da selbst ein Gesamtbild derinternationalen Szenerie die Untersuchung sehr konkreter, kleinräumiger

21 Vgl. »Declaration for the Establishment of a New International Economic Order«,UN Gen. Ass. Res. 3201 (XXIV) (1974) und »Declaration on the Right to Development«,UN Doc. A/RES/41/128 (1986).

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Schauplätze erfordert. Abgesehen davon, dass Historiker – selbst im Zeit-alter der Globalgeschichte – stets mit gewissen Spezialkenntnissen an grö-ßere Probleme herangehen, gibt es selbstverständlich keinen einleuchtendenGrund dafür, warum mikroskopische oder temporäre Ursachen für die Er-klärung eines bestimmten Ereignisses wichtiger sein sollten als makroskopi-sche oder langfristige Faktoren. Tatsache ist jedoch, dass der historiografi-sche Fokus auf das Besondere oft dem Nachweis dient, wie sehr sich einspezifischer Ort oder Augenblick von anderen unterschied. Es kann alsosein, dass ein Band wie dieser letztlich beweist, dass es lediglich eine Plurali-tät von Geschichten gab, die gleichzeitig stattfanden.

Aus einer Vogelperspektive betrachtet verdeckt dieser notwendige Plura-lismus oder Polyzentrismus jedoch die signifikante Tatsache, dass so vieleunterschiedliche Appelle an die internationalen Menschenrechte zur selbenZeit stattfanden und zwar in einem Ausmaß, neben dem sich ihre Verbrei-tung in der vorhergehenden Dekade verschwindend gering ausnimmt. DenPluralismus zu feiern, oder ihn resigniert als alternativlos zu akzeptieren, er-scheint insofern als zu kurz gegriffen. Das heißt nicht, dass es eine offenkun-dig richtige allgemeine Perspektive gäbe, aus der die Explosion des Men-schenrechtsdiskurses in den 1970er Jahren zu betrachten wäre. MancheAutoren – auch die Herausgeber dieses Bandes – haben einen Rahmen vor-geschlagen, der den Wandel ethischer Einstellungen hervorhebt, durch dendie zuvor kaum beachteten internationalen Menschenrechte plötzlich Aus-strahlung gewannen. Andere, etwa Daniel Sargent, vertreten die These, dassdie fortschreitende Globalisierung die tatsächlich stattgefundenen Verände-rungen erklärt. Ob die eine oder die andere Erklärung zutrifft, es vielleichteine bessere gibt oder ob es überhaupt eine einzige Erklärung geben kann,mögen die Leser beurteilen.

Klassische, monumentale und kritische Geschichtsschreibung

Noch vor einem Jahrzehnt befasste sich kein Historiker mit den Menschen-rechten, auch nicht vor den 1970er Jahren. Warum zieht es nun so viele Wis-senschaftler, wie die überwiegend jüngeren, die in diesem Band vertretensind, auf dieses Feld? Und warum überhaupt sollte man die Menschen-rechtsgeschichte der 1970er Jahre schreiben? Die Antwort liegt auf der Hand:Die Idee der Menschenrechte hat eine große Rolle in der Weltpolitik gespieltund tut dies weiterhin, sodass die Frage, wie es dazu gekommen ist, geradezuzwingend scheint. (Dass dies erst neuerdings so ist, bedeutet entweder, dassdie Historiker erst heute ältere Entwicklungen einholen, oder dass die 1970erJahre lediglich die Pforte waren, durch die die Menschenrechte Einlass in diemoralischen Vorstellungen der Bürger von heute fanden.)

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Dieses Buch umfasst eine Reihe empirischer Beiträge, die unser histori-sches Wissen erweitern und für ganz unterschiedliche Wissenschaftler auf-schlussreich sein könnten. Selbstverständlich ist dieser »klassische« Aspektder Menschenrechtsgeschichte eine Minimalanforderung, die jedes For-schungsprojekt erfüllen muss. Neben der klassischen Historiografie existierenjedoch, um eine bekannte Trias zu vervollständigen, zwei weitere: die monu-mentale und die kritische Geschichte. Während die klassische Geschichts-schreibung Fakten sammelt und die monumentale diese Fakten in den Dienstselbstherrlicher Erbauung stellt, nutzt die kritische Geschichtsschreibung dasWissen über die Vergangenheit, um Monumente einzureißen.22

Monumentale und kritische Geschichtsschreibung, die sich seit der Früh-moderne, wenn nicht länger, stets treue Feinde gewesen sind, liegen auch aufdem noch jungen Feld der Menschenrechtsgeschichte im Streit miteinander.Von Interesse ist der vorliegende Band somit schließlich auch als ein Baro-meter, an dem sich der Stand dieses Disputs ablesen lässt. Je weiter die Men-schenrechtsgeschichte reift, umso deutlicher wird, dass sie anfangs von einermonumentalen Perspektive bestimmt war, die die Entstehung einer überle-genen Moral erklärte – wenigstens aufseiten der Aufgeklärten in einer an-sonsten begriffsstutzigen Welt, die sich weiter gegen sie sträubte. Kritiker ha-ben darauf erwidert, dass die Menschenrechte nur eine Ethik neben anderengewesen seien – auch in den 1970er Jahren, als nicht nur in Lateinamerikanoch andere Projekte lebendig waren – und nicht nur als Alternative zu demBösen betrachtet werden sollten, gegen das ihre Verfechter vorgaben, anzu-kämpfen, sondern auch als ein Moralsystem, das Kehrseiten hatte und wo-möglich sogar bessere Entwicklungsmöglichkeiten verhindert hat.23

Auch diesen historiografischen Disput kann der vorliegende Band nichtletztgültig entscheiden, aber er zeigt, welche vielfältigen Formen ein kri-tischer Ansatz heute annehmen könnte. Während die Debatte darüber,welche Form von internationalen Menschenrechten die beste ist – ja, ob sieüberhaupt vorangetrieben werden sollten –, weiter anhält, führt uns dieseSammlung von historischen Untersuchungen vor Augen, wie viel auf demSpiel stand, als sich zahllose Menschen auf der Welt der Idee der Menschen-rechte erstmals zuwandten.

Aus dem Amerikanischen von Felix Kurz.

22 Michel Foucault, In Verteidigung der Gesellschaft. Vorlesungen am Collège de France(1975–76), Frankfurt a. M. 1999.

23 Vgl. etwa Greg Grandin/Gilbert Joseph (Hg.), A Century of Revolution. Insurgentand Counterinsurgent Violence during Latin America’s Long Cold War, Raleigh 2011. DerBand schafft es, die Diktaturen der 1970er Jahre ausführlich darzustellen, ohne die Men-schenrechte als eine (geschweige denn die entscheidende) Alternative zu thematisieren.

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22 Jan Eckel

Jan Eckel

Neugeburt der Politik aus dem Geist der Moral

Erklärungen einer heterogenen Konjunktur

Die 1970er Jahre sind seit einiger Zeit in den Mittelpunkt der zeitgeschicht-lichen Diskussion gerückt. Nachdem die Phase der Nachkriegsrekonstruk-tion und der profunde gesellschaftliche Wandel der 1960er Jahre eingehenderforscht worden sind, und in dem Maße, wie sich die Archive öffnen,haben Historiker und Historikerinnen begonnen, darüber nachzudenken,wie sich dieses Jahrzehnt in das Bild der jüngsten Vergangenheit einordnenlässt. Während breitflächige empirische Forschungen in vielen Bereichennoch am Beginn stehen, liegt bereits eine ganze Reihe mehr oder wenigerskizzenhafter Interpretationsansätze vor. Manche Arbeiten verstehen dasneue Jahrzehnt als das letzte Kapitel der langen 1960er Jahre. Sie verweisendarauf, dass ideologische Umgruppierungen, politische Bewegungen undLebensstile, die diesem Jahrzehnt seine Signatur verliehen, Politik und Kul-tur der folgenden Dekade weiterhin prägten.1 Die Mehrzahl der Autoren hatjedoch die gegenteilige Sicht eingenommen. Sie deuten die 1970er Jahre alseine neue und spezifische Phase der Zeitgeschichte und betonen daher diehistorischen Brüche, mit denen der Übergang von dem einen zu dem nächs-ten Jahrzehnt durchsetzt war. Eric Hobsbawm hat schon vor längerer Zeitvom »Ende des Goldenen Zeitalters« gesprochen, das eine Ära langfristigerProblemlagen eingeläutet habe.2 Gerade diejenigen Entwicklungen, die inder Forschung zuletzt am intensivsten diskutiert worden sind, scheinenseine frühe Einschätzung zu bestätigen. So sind die 1970er Jahre vor allemals ein Jahrzehnt der durchgreifenden wirtschaftlichen Unsicherheit be-schrieben worden. Sie erlebten den Zusammenbruch des Systems von Bret-ton Woods, zwei Ölpreisschocks, eine bis dato unbekannte »Stagflation«und einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Der optimistischeGlaube, dass sich der fortgesetzte sozioökonomische Fortschritt mit wissen-

1 Vgl. die Aufsätze in: Journal of Contemporary History 43 (2008) 4.2 Eric Hobsbawm, Age of Extremes. The Short Twentieth Century 1914–1991, London

1995.

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Neugeburt der Politik aus dem Geist der Moral 23

schaftlichen Methoden planen lasse, schwand ebenso schnell dahin, wie sichnun angstvolle Wahrnehmungen einer akuten Krise ausbreiteten.3

In einer Geschichte des Niedergangs gehen die 1970er Jahre jedoch nichtauf. In Europa dehnten sich die wohlfahrtsstaatlichen Systeme beträchtlichaus, und der Massenkonsum hielt ungebrochen an. Im globalen Maßstabbetrachtet, erfuhr die Demokratie eine Stärkung, während sich das Parteien-system in der westlichen Welt mit der Herausbildung der Neuen Linken unddem Aufstieg einer populistischen Rechten gleichzeitig umgestaltete. Deraußerparlamentarische Aktivismus drückte der politischen Szenerie nunwomöglich einen noch stärkeren Stempel auf als im vorausgegangenen Jahr-zehnt, und zwar in Form der vielgestaltigen und öffentlich höchst sichtbaren»neuen sozialen Bewegungen«. Und nicht zuletzt ereignete sich in diesenJahren eine kulturelle Revolution, die ihren Namen wahrlich verdient, inForm einer tief greifenden Umgestaltung der Geschlechterverhältnisse, dienoch lange Zeit fortwirken sollte.

Auch die internationalen Beziehungen waren von nachhaltigem Wandelgekennzeichnet. Die Entspannungspolitik zwischen den ideologisch verfein-deten Lagern im Kalten Krieg, die am Ende der 1960er Jahre auf den Weggebracht worden war, erreichte zunächst ihren hoffnungsträchtigen Höhe-punkt, musste jedoch am Ende des Jahrzehnts einer erneuerten Konfronta-tion im Zeichen des »Zweiten Kalten Kriegs« Platz machen. Die Uhr wurdedadurch gleichwohl nicht gänzlich zurückgedreht. In den 1970er Jahren er-weiterte sich das Panorama der Akteure, die auf die internationale PolitikEinfluss nahmen, entscheidend und irreversibel. China und die arabischenStaaten betraten die internationale Bühne als mächtige Spieler. Ferner schu-fen der eindrucksvolle Aufschwung nicht staatlicher Organisationen und diezunehmende Bedeutung transnationaler Themen wie Umweltschutz oderBevölkerungskontrolle grundlegend gewandelte Voraussetzungen für diestaatliche Außenpolitik. Es hängt nicht zuletzt mit solchen Entwicklungenzusammen, dass Historiker in den 1970er Jahren viele historische Wurzelnder Welt zu erkennen glauben, in der wir heute leben. Aus diesem Blickwin-kel erscheint jene Dekade gleichsam als die unmittelbare Vorgeschichte un-serer Gegenwart.4

Menschenrechte haben in diesen historischen Deutungen bislang prak-tisch keine Rolle gespielt. Und doch gewannen sie in den 1970er Jahren eineenorme, vielfältige politische Bedeutung. Der folgende Aufsatz setzt hier an.

3 Vgl. Bruce J. Schulman, The Seventies. The Great Shift in American Culture, Society,and Politics, New York 2001; Konrad H. Jarausch (Hg.), Das Ende der Zuversicht? Die sieb-ziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008; Daniel T. Rodgers, Age of Fracture, Cambridge/MA/London 2011.

4 Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf dieZeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2012.

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24 Jan Eckel

Zum einen möchte er einen Interpretationsrahmen entwickeln, mit demsich die neue Prominenz erklären lässt, die Menschenrechte in der nationa-len und internationalen Politik erlangten. Zum anderen möchte er Verbin-dungslinien zu allgemeineren Veränderungen in der internationalen Politikund der politischen Kultur der Zeit aufzeigen und sie dadurch in die allge-meinere Geschichte des Jahrzehnts einbetten. In einem ersten Schritt soll einÜberblick über einige der wichtigsten menschenrechtspolitischen Entwick-lungen gegeben werden. Dabei wird argumentiert, dass die 1970er Jahre eineneue Phase in der Geschichte der Menschenrechte darstellen, aber gleich-wohl nicht als ein homogener, klar gerichteter und nahtlos abgrenzbarerZeitraum verstanden werden sollten (Verkomplizierungen). Schließlich solldie Rolle, die veränderten nationalen und internationalen politischen Kon-texten zukam, diskutiert, und die Bedeutung, welche die Idee und die poli-tische Praxis der Menschenrechte darin gewannen, untersucht werden (Er-klärungen). Der Text hebt darauf ab, dass die Menschenrechtskonjunkturdes Zeitraums nicht einmal vorrangig auf eine einzelne Ursache zurückge-führt werden kann. Eine große Erzählung hervorzubringen, ist sie kaum ge-eignet. Will man es in einer knappen Formel fassen, so lässt sie sich als einmultifunktionales moralpolitisches Erneuerungsversprechen begreifen, dasvor dem Hintergrund eines vielschichtigen politischen Strukturwandels alsbesonders verheißungsvoll zu erscheinen begann, und zwar ideologisch wieauch handlungsstrategisch. Vier Elemente machten den Kern der neuen At-traktivität aus, die für viele Zeitgenossen von dem Konzept ausging: dieMöglichkeit, auf das Scheitern älterer Projekte zu reagieren; die Aussicht, dieLogik des Kalten Kriegs zu transzendieren; das Bedürfnis nach einer mora-lisch begründeten Politik; und das Versprechen einer vermeintlich unpoliti-schen Politik.

1. Entwicklungen

Auf den ersten Blick fügt sich die Geschichte der Menschenrechte in den1970er Jahren gut in das Bild tektonischer Umbrüche ein, das die jüngstenInterpretationen des Jahrzehnts entworfen haben. Im Zeichen der Men-schenrechte ballten sich in diesen Jahren zahlreiche neue Entwicklungenund politische Aufbrüche. So erlebte das zivile Menschenrechtsengagementin westlichen Ländern eine plötzliche Blüte. Unzählige Gruppen bildetensich heraus, die mal mehr, mal und überwiegend weniger professionellagierten. Sie unterschieden sich in ihren Zielen und Tätigkeitsbereichen undnicht zuletzt darin, auf welche Menschenrechte sie sich bezogen; manchekümmerten sich um bestimmte Länder, andere um Themen wie Folter oderdie Misshandlung indigener Bevölkerungen. Ihr politisches Engagement

ISBN Print: 9783525310458 — ISBN E-Book: 9783647310459© 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

Jan Eckel und Samuel Moyn, Moral für die Welt?

Page 26: © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen€¦ · 2 Vgl. insbesondere Mark Mazower, »The Strange Triumph of Human Rights, 1930– 1950«, in:Historical Journal 47

Neugeburt der Politik aus dem Geist der Moral 25

überlagerte sich mit dem anderer sozialer Bewegungen. Menschenrechtsak-tivisten bemühten sich zuweilen um Anliegen, die auch die Frauenbewegungoder die Dritte-Welt-Bewegung zu befördern suchten, und diese bedientensich umgekehrt der Menschenrechtssprache für ihren Protest. Gleichwohlbezeichneten »Menschenrechte« im politischen Jargon der Zeit nun zuneh-mend eine Strömung des sozialen Aktivismus sui generis. ZeitgenössischeBeobachter registrierten den schleunigen Aufschwung mit Staunen undsprachen mokant von einer »Menschenrechtsindustrie«, die da vor ihrenAugen emporwachse.5

Betrachtet man die professionalisierten und politisch schlagkräftigenMenschenrechts-NGOs, so waren die wichtigsten Organisationen schonfrüher gegründet worden: die International League for the Rights of Man1941, die International Commission of Jurists 1952 und Amnesty Interna-tional 1961. Doch verwandelten sich diese NGOs in den 1970er Jahren aufeine Weise, die sowohl von der zunehmenden Attraktivität ihres politischenEngagements zeugte als auch ihren Einfluss auf die internationale Politikdramatisch steigerte. Die Entwicklung von Amnesty International ist dafürdas wichtigste Beispiel.6 Erst im zweiten Jahrzehnt ihres Bestehens über-wand die Londoner Organisation endgültig ihre Anfänge, die im Zeichenvon wenig beachteten Kleingruppen gestanden hatten. Praktisch von einemTag auf den anderen erlebte sie einen ungeahnten Zulauf an Mitgliedern undwuchs zu einer wahrhaften Massenbewegung an. Gleichzeitig dehnte sichdie Organisation geografisch aus. Aus den internen Statistiken geht hervor,dass vor 1970 nahezu 90 Prozent der Amnesty-Gruppen auf vier Länder ent-fielen.7 Erst danach begann Amnesty, auch in anderen westlichen Staatenstärker Fuß zu fassen.

Überdies löste Amnestys Erfolg eine Kettenreaktion aus, die das Feld derprofessionellen Menschenrechts-NGOs grundstürzend erneuerte. So schobdie in New York ansässige International League for the Rights of Man inden späten 1960er Jahren einen inneren Reformprozess an, mit dem sie ihre

5 Marguerite Garling, The Human Rights Handbook. A Guide to British and AmericanInternational Human Rights Organisations, London/Worcester 1979, 5.

6 Der Abschnitt beruht auf meinen eigenen Forschungen zur Geschichte der Organi-sation. Zu Amnestys frühen Jahren vgl. Tom Buchanan, »The Truth Will Set You Free:The Making of Amnesty International«, in: Journal of Contemporary History 37 (2002),575–597; ders., »Amnesty International in Crisis, 1966–7«, in: Twentieth Century BritishHistory 15 (2004), 267–289. Vgl. auch Anne M. Clark, Diplomacy of Conscience. AmnestyInternational and Changing Human Rights Norms, Princeton 2001; Stephen Hopgood,Keepers of the Flame. Understanding Amnesty International, Ithaca/London 2006.

7 Dabei handelte es sich um Großbritannien, Schweden, Dänemark und die Bundes-republik. Vgl. Internationaal Institut voor Sociale Geschiedenis, Amnesty InternationalInternational Secretariat Archives, 1317, IEC Correspondence, Film 555, InternationalExecutive Meeting, 9.–10. 5. 1970.

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Jan Eckel und Samuel Moyn, Moral für die Welt?

Page 27: © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen€¦ · 2 Vgl. insbesondere Mark Mazower, »The Strange Triumph of Human Rights, 1930– 1950«, in:Historical Journal 47