© BARBARA SCHNEIDER Mit dem Klang gegen - cab...

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18 Wochenende Freitag/Samstag, 27./28. Mai 2016 Nr. 58-100D Nach Chemotherapie und Bestrah- lungen braucht es eine ganze Weile, um ins Leben zurückzukehren. Auf Schloss Wernsdorf bei Bamberg gibt es daher für an Krebs erkrankte Kin- der, die die akute Phase ihrer Erkran- kung hinter sich haben, ein besonde- res Angebot: Hier können sie und ihre Familien gemeinsam einen Harfen- baukurs besuchen. Plötzlich wird es laut in der Werk- statt unter dem Dach. An drei Werk- bänken klopfen Kinder und Erwach- sene Wirbel in die Harfen. Auch Kevin hat einen grünen Harfen-Corpus vor sich. Das Hämmern überlässt er aber lieber seiner Mutter. Zwei Jahre ist es her, dass ihm ein Tumor aus dem Hin- terkopf operiert wurde. Er hat Che- motherapie und Bestrahlungen hinter sich, ein Zittern auf der rechten Seite ist ihm geblieben. Geduldig schaut er seiner Mutter zu, wie sie die Metall- stifte in das Instrument schlägt. Gemeinsame Zeit außerhalb der Klinik Samstagvormittag in Schloss Werns- dorf: Zu dem Harfenbaukurs sind an diesem Tag zehn Kinder zwischen drei und 15 Jahren mit ihren Eltern aus Regensburg gekommen. Die Fa- milien haben eine Gemeinsamkeit: Eines ihrer Kinder ist an Krebs er- krankt und war lange Zeit im Kran- kenhaus. Der Tag in Schloss Werns- dorf bedeutet für die Familien ge- meinsame Zeit: jenseits von Untersu- chungen, Therapie und Kranken- hausfluren, in Normalität, einfach gemeinsam Instrumente zu bau- en. Das ist das Konzept des Har- fenbaukurses für an Krebs er- krankte Kinder, die die akute Phase ihrer Erkrankung schon hinter sich haben. Dass Kevin heute dabei sein kann, ist für die Mutter ein Wunder. Ihr Sohn war dem Tod schon näher als dem Leben. Es gab eine Zeit, da konn- te Kevin nicht mehr sprechen und saß im Rollstuhl, erzählt die Mutter. Alles hatte vor zwei Jahren mit Kopfschmerzen begonnen. Der Junge erbrach sich immer wieder, magerte ab, hatte neurologische Ausfälle. Schließlich wurde ein Tumor am Hin- terkopf entdeckt. Zu diesem Zeit- punkt hatten sich bereits Metastasen gebildet. Die Chancen standen schlecht, Kevin aber hatte einen gro- ßen Lebenswillen, erinnert sich seine Mutter. Mama, mach dir keine Sorgen, ich schaffe das“, sagte er zwischen Che- motherapie und Bestrahlungen. In- zwischen kann er wieder laufen und sprechen, nur das Zittern ist ihm ge- blieben. Bis heute wird er zu Hause von einem Palliativteam betreut, eine Unterstützung, die die Mutter sehr schätzt. In ein paar Wochen muss Kevin wieder zur Kontrolluntersuchung. Wenn das MRT ansteht, dreht sich das Gedankenkarussel“, sagt seine Mutter. Die ganze Angst um den Sohn, der immer noch über eine Magenson- de ernährt wird, kommt zurück. Beim Kurs auf Schloss Wernsdorf treten die Sorgen in den Hintergrund, jetzt geht es erst einmal darum, aus dem vorgefertigten Holz-Corpus eine klingende Harfe zu bauen. Eine knif- felige Aufgabe, die volle Aufmerksam- keit erfordert für Eltern und natür- lich die Kinder. Konzentriert drückt Kevin nach und nach die schwarzen Knöpfe, über die später die Saiten lau- fen werden, in die vorgebohrten - cher. Das Knöpfe reindrücken macht Spaß“, sagt er. Die Krankheit vergessen Das Bauen der Harfe ist eine Zeit, in der die Kinder nicht an ihre Krank- heit denken müssen“, erklärt Wolf- gang Spindler die Idee hinter dem Instrumentenbaukurs. Der 77-jährige hat bis zu seiner Emeritierung an der Universität Bamberg Musik und Sozi- alarbeit gelehrt. Seit fünfzehn Jahren bietet Spindler Harfenbaukurse an Kliniken in Bayern an in Erlangen ebenso wie in Würzburg, München und Regensburg. Als Sponsoren für die Kurse hat Spindler die Madeleine Schickedanz Kinder-Krebs- Stiftung und die Bayerische Volksstiftung gewon- nen. Die Eltern zahlen einen Eigenbetrag von 70 Euro. Vor einem halben Jahr hat Spindler zusammen mit seinen beiden Söh- nen eine eigene Werk- statt auf Schloss Werns- dorf eröffnet. Der Kurs, an dem Kevin teil- nimmt, ist der erste Harfenbaukurs für krebskranke Kinder auf dem alten Schloss. Die Kurse sollen in Zukunft regelmäßig stattfinden. Der Ort hat sei- nen ganz eige- nen Reiz. Das ehemalige Wasserschloss ist seit den 1990er Jahren in Besitz der Familie Spindler. Heute ist es nicht nur Wohnort, sondern auch Konzert- und Veranstaltungsort die Familie hat ein Faible für mittelalterliche Musik. In dem großen Konzertsaal unter dem Dach gibt Wolfgang Spindler mit seinen beiden Söhnen und der Schwiegertochter als Ensemble Ca- pella Antiqua Bambergensisimmer wieder Konzerte. Die Instrumente hat Andreas Spindler, einer der beiden Söhne, zum großen Teil selbst gebaut. Der gelernte Instrumentenbauer hat in einem Neubau in dem weitläufigen Schlosspark seine Werkstatt. Dort baut er Dudelsäcke, Schalmeien und Harfen. Im Dachgeschoss über der Werkstatt stehen die Werkbänke, an denen Kevin und die anderen Kinder mit ihren Eltern arbeiten. Gerade hat Wolfgang Spindler die Kinder um einen Werktisch versam- melt, um ihnen die nächsten Arbeits- schritte zu erklären. Es geht um das Aufziehen der Saiten. Er fädelt eine Seite durch das Loch an dem Wirbel und nimmt eine Zange in die Hand. Schaut mit genau auf die Finger“, fordert er die Kinder auf, als es darum geht, die Saite am Wirbel festzudre- hen. Das ist schwer“, sagt er und fügt hinzu: Das sieht jetzt nur so einfach aus, weil ich das schon 1000 oder 2000 Mal gemacht habe.“ An den Tischen machen sich die Kinder wieder an die Arbeit. Schind- ler läuft zwischen den Werktischen herum. Nicht alle Kinder schaffen das Saitenaufspannen allein. Ihre Eltern helfen. Auch das ist Teil des Konzepts. Beim Harfebauen verbringen die Fa- milien intensiv Zeit miteinander“, VON BARBARA SCHNEIDER Mit dem Klang der Harfe gegen den Krebs Harfenbaukurse sollen ein kleines Stück Normalität in das von Krankenhausauf- enthalten und Operationen geprägte Leben krebskran- ker Kinder bringen. Anna (links) zusammen mit ihrer Mutter und ihren beiden großen Schwestern beim Harfenbauen. © BARBARA SCHNEIDER Wolfgang Spindler zeigt den Kindern in seinem Harfen- baukurs, wie sie an dem Musikin- strument zupfen müssen. © BARBARA SCHNEIDER Wolfgang Spindler hat zusammen mit seinen beiden Söhnen eine eigene Harfenbau-Werkstatt auf Schloss Wernsdorf bei Bamberg eröffnet. Zuvor lehrte er bis zu seiner Emeritierung Musik und Sozialarbeit an der Universität Bamberg. © BARBARA SCHNEIDER Das Bauen der Harfe ist eine Zeit, in der die Kinder nicht an ihre Krankheit denken müssen. Außerdem verbringen die Familien eine intensive Zeit miteinander.

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18 Wochenende Freitag/Samstag, 27./28. Mai 2016 Nr. 58-100D

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Nach Chemotherapie und Bestrah-lungen braucht es eine ganze Weile,um ins Leben zurückzukehren. AufSchloss Wernsdorf bei Bamberg gibtes daher für an Krebs erkrankte Kin-der, die die akute Phase ihrer Erkran-kung hinter sich haben, ein besonde-res Angebot: Hier können sie und ihreFamilien gemeinsam einen Harfen-baukurs besuchen.

Plötzlich wird es laut in der Werk-statt unter dem Dach. An drei Werk-bänken klopfen Kinder und Erwach-sene Wirbel in die Harfen. Auch Kevinhat einen grünen Harfen-Corpus vorsich. Das Hämmern überlässt er aberlieber seiner Mutter. Zwei Jahre ist esher, dass ihm ein Tumor aus dem Hin-terkopf operiert wurde. Er hat Che-motherapie und Bestrahlungen hintersich, ein Zittern auf der rechten Seiteist ihm geblieben. Geduldig schaut erseiner Mutter zu, wie sie die Metall-stifte in das Instrument schlägt.

Gemeinsame Zeit außerhalb der Klinik

Samstagvormittag in Schloss Werns-dorf: Zu dem Harfenbaukurs sind andiesem Tag zehn Kinder zwischendrei und 15 Jahren mit ihren Elternaus Regensburg gekommen. Die Fa-milien haben eine Gemeinsamkeit:Eines ihrer Kinder ist an Krebs er-krankt und war lange Zeit im Kran-kenhaus. Der Tag in Schloss Werns-dorf bedeutet für die Familien ge-meinsame Zeit: jenseits von Untersu-chungen, Therapie und Kranken-hausfluren, in Normalität, einfachgemeinsam Instrumente zu bau-en. Das ist das Konzept des Har-fenbaukurses für an Krebs er-krankte Kinder, die die akutePhase ihrer Erkrankung schonhinter sich haben.

Dass Kevin heutedabei seinkann,

ist für die Mutter ein Wunder. IhrSohn war dem Tod schon näher alsdem Leben. Es gab eine Zeit, da konn-te Kevin nicht mehr sprechen und saßim Rollstuhl, erzählt die Mutter.

Alles hatte vor zwei Jahren mitKopfschmerzen begonnen. Der Jungeerbrach sich immer wieder, magerteab, hatte neurologische Ausfälle.Schließlich wurde ein Tumor am Hin-terkopf entdeckt. Zu diesem Zeit-punkt hatten sich bereits Metastasengebildet. Die Chancen standenschlecht, Kevin aber hatte einen gro-ßen Lebenswillen, erinnert sich seineMutter.

„Mama, mach dir keine Sorgen, ichschaffe das“, sagte er zwischen Che-motherapie und Bestrahlungen. In-zwischen kann er wieder laufen undsprechen, nur das Zittern ist ihm ge-blieben. Bis heute wird er zu Hausevon einem Palliativteam betreut, eineUnterstützung, die die Mutter sehrschätzt.

In ein paar Wochen muss Kevinwieder zur Kontrolluntersuchung.„Wenn das MRT ansteht, dreht sichdas Gedankenkarussel“, sagt seineMutter. Die ganze Angst um den Sohn,der immer noch über eine Magenson-de ernährt wird, kommt zurück.

Beim Kurs auf Schloss Wernsdorftreten die Sorgen in den Hintergrund,jetzt geht es erst einmal darum, ausdem vorgefertigten Holz-Corpus eineklingende Harfe zu bauen. Eine knif-felige Aufgabe, die volle Aufmerksam-keit erfordert – für Eltern und natür-lich die Kinder. Konzentriert drücktKevin nach und nach die schwarzen

Knöpfe, über die später die Saiten lau-fen werden, in die vorgebohrten Lö-cher. „Das Knöpfe reindrücken machtSpaß“, sagt er.

Die Krankheit vergessen

„Das Bauen der Harfe ist eine Zeit, inder die Kinder nicht an ihre Krank-heit denken müssen“, erklärt Wolf-gang Spindler die Idee hinter demInstrumentenbaukurs. Der 77-jährigehat bis zu seiner Emeritierung an derUniversität Bamberg Musik und Sozi-alarbeit gelehrt. Seit fünfzehn Jahrenbietet Spindler Harfenbaukurse anKliniken in Bayern an – in Erlangen

ebenso wie in Würzburg, Münchenund Regensburg. Als Sponsoren

für die Kurse hat Spindler dieMadeleine Schickedanz

Kinder-Krebs-Stiftungund die BayerischeVolksstiftung gewon-nen. Die Eltern zahleneinen Eigenbetrag von70 Euro.Vor einem halben Jahrhat Spindler zusammenmit seinen beiden Söh-nen eine eigene Werk-statt auf Schloss Werns-dorf eröffnet. Der Kurs,an dem Kevin teil-nimmt, ist der ersteHarfenbaukurs fürkrebskranke Kinderauf dem altenSchloss. Die Kursesollen in Zukunftregelmäßigstattfinden.Der Ort hat sei-nen ganz eige-nen Reiz. Das

ehemalige Wasserschloss ist seit den1990er Jahren in Besitz der FamilieSpindler. Heute ist es nicht nurWohnort, sondern auch Konzert- undVeranstaltungsort – die Familie hatein Faible für mittelalterliche Musik.

In dem großen Konzertsaal unterdem Dach gibt Wolfgang Spindler mitseinen beiden Söhnen und derSchwiegertochter als Ensemble „Ca-pella Antiqua Bambergensis“ immerwieder Konzerte. Die Instrumente hatAndreas Spindler, einer der beidenSöhne, zum großen Teil selbst gebaut.Der gelernte Instrumentenbauer hatin einem Neubau in dem weitläufigenSchlosspark seine Werkstatt. Dortbaut er Dudelsäcke, Schalmeien undHarfen. Im Dachgeschoss über derWerkstatt stehen die Werkbänke, andenen Kevin und die anderen Kindermit ihren Eltern arbeiten.

Gerade hat Wolfgang Spindler dieKinder um einen Werktisch versam-melt, um ihnen die nächsten Arbeits-schritte zu erklären. Es geht um dasAufziehen der Saiten. Er fädelt eineSeite durch das Loch an dem Wirbelund nimmt eine Zange in die Hand.„Schaut mit genau auf die Finger“,fordert er die Kinder auf, als es darumgeht, die Saite am Wirbel festzudre-hen. „Das ist schwer“, sagt er und fügthinzu: „Das sieht jetzt nur so einfachaus, weil ich das schon 1000 oder2000 Mal gemacht habe.“

An den Tischen machen sich dieKinder wieder an die Arbeit. Schind-ler läuft zwischen den Werktischenherum. Nicht alle Kinder schaffen dasSaitenaufspannen allein. Ihre Elternhelfen. Auch das ist Teil des Konzepts.„Beim Harfebauen verbringen die Fa-milien intensiv Zeit miteinander“,

sagt Wolfgang Spindler. Deshalb näh-men an dem Kurs auch Brüder oderSchwestern teil. Denn nicht nur dieKinder, die gegen den Krebs kämpfen,auch ihre Geschwister haben eineharte Zeit hinter sich.

Die dreijährige Anna ist mit ihrenbeiden großen Schwestern und ihrenEltern gekommen. Während ihreSchwester Mia konzentriert an derHarfen arbeitet, hat sich Anna eineBlechschale mit Wirbel geangelt. ZumHarfebauen ist sie noch zu klein. Sieklimpert mit den Wirbeln in derSchüssel und lacht, ihre beiden Beinelässt sie vom Stuhl baumeln. Langehatten die Eltern die Angst, dass demMädchen ein Teil des Beines ampu-tiert werden muss, erzählt die Mutter.Mit eindreiviertel Jahren war bei An-na ein Fibrosarkom diagnostiziertworden. Über Wochen war das Mäd-chen in der Klinik, die Geschwisterdurften sie nicht besuchen. „Das warhart für die Schwestern“, sagt dieMutter.

Kleine Erfolgserlebnisse

Irgendwann wird Anna das Zuschau-en zu langweilig. Schnell rutscht sievon ihrem Stuhl und beginnt, in demRaum herumzurennen, immer undimmer wieder, wild im Kreis. Geradeflitzt sie an Irmgard Scherübl vorbei.Scherübl ist zweite Vorsitzende desVereins zur Förderung krebskrankerund körperbehinderter Kinder Ost-bayern (VKKK). Der Verein kümmertsich um krebskranke Kinder und de-ren Eltern auf der onkologischen Sta-tion der Kinder-Uni-Klinik in Re-gensburg. Auf Initiative des Vereinsgibt es dort beispielsweise ein Spiel-zimmer für die Kinder und eine El-

ternküche. Der Verein unterstützt dieFamilien aber auch nach dem Kran-kenhausaufenthalt, bietet Sozialbera-tung und organisiert Angebote für dieganze Familie – wie etwa den Ausflugin die Instrumentenbauwerkstatt derSpindlers nach Schloss Wernsdorf.

Scherübl ist Musik- und Spielthe-rapeutin und kennt viele der Kinderschon aus der Klinik in Regensburg.Im Krankenhaus bietet sie regelmäßigHarfe-Stunden an. „Während derTherapie sind die Kinder nicht in derLage, sich lange zu konzentrieren, siewerden sehr schnell müde“, sagt Sche-rübl. Das Harfespielen biete den Kin-dern jedoch kleine Erfolgserlebnisse.Denn die Musikinstrumente haben ei-ne Besonderheit: Zwischen Corpusund Saiten lässt sich ein Notenblattschieben. Striche und Punkte zeigenan, wie die Kinder zupfen müssen.Notenlesen ist damit nicht nötig.

„Die Kinder sind stolz, ein Liedspielen zu können“, sagt Scherübl. Siesetzt sich zu Kevin an den Tisch, seinefertig gebaute grüne Harfe hat sie aufdem Schoß liegen. Mit einem Stimm-gerät stimmt sie Saite für Saite.

Nach vier Stunden sind die Harfengebaut und gestimmt. Spindler ver-teilt Mappen mit gelben Zetteln – dieNotenblätter. Kevin schiebt ein Blattzwischen Saiten und Corpus und be-ginnt zu spielen. Mit dem Plektrumzupft er nacheinander die Saiten.

Gemeinsam gibt er mit den ande-ren Kindern zum Abschluss des Kur-ses ein kleines Konzert. Die Kindersitzen rund um eine Werkbank. Wolf-gang Spindler dirigiert. „Meister Ja-kob, Meister Jakob. Schläfst Duschon“, spielen die Kinder. Die Elternklatschen Beifall.

VON BARBARA SCHNEIDER

Mit dem Klangder Harfe gegenden KrebsHarfenbaukurse sollen einkleines Stück Normalität indas von Krankenhausauf-enthalten und Operationengeprägte Leben krebskran-ker Kinder bringen.

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Anna (links) zusammen mit ihrer

Mutter und ihren beiden großen

Schwestern beim Harfenbauen.© BARBARA SCHNEIDER

Wolfgang Spindler zeigt

den Kindern in seinem Harfen-baukurs, wie sie an dem Musikin-strument zupfen müssen.© BARBARA SCHNEIDER

Wolfgang Spindler hat zusammen mit seinen beiden Söhnen eine eigene Harfenbau-Werkstatt auf Schloss Wernsdorf bei Bambergeröffnet. Zuvor lehrte er bis zu seiner Emeritierung Musik und Sozialarbeit an der Universität Bamberg.© BARBARA SCHNEIDER

Das Bauen der Harfe ist eine Zeit, in der die Kinder nicht an ihreKrankheit denken müssen. Außerdem verbringen die Familieneine intensive Zeit miteinander.

DATEN UND FAKTEN

1800KINDERerkranken in Deutschland jährlich an Krebs. Leukämienmachen dabei etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen beiden unter 15-Jährigen aus.

Irmgard Scherübl ist Musik- und Spieltherapeutin beim psychosozialen Team des Instituts für Kinder- undJugendmedizin am Universitätsklinikum Regensburg.

Während der Therapie sind die Kinder nicht in der Lage,sich lange zu konzentrieren. Durch das Harfespielen habensie jedoch kleine Erfolgserlebnisse.

19 Wochenende Freitag/Samstag, 27./28. Mai 2016 Nr. 58-100D

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Nach Chemotherapie und Bestrah-lungen braucht es eine ganze Weile,um ins Leben zurückzukehren. AufSchloss Wernsdorf bei Bamberg gibtes daher für an Krebs erkrankte Kin-der, die die akute Phase ihrer Erkran-kung hinter sich haben, ein besonde-res Angebot: Hier können sie und ihreFamilien gemeinsam einen Harfen-baukurs besuchen.

Plötzlich wird es laut in der Werk-statt unter dem Dach. An drei Werk-bänken klopfen Kinder und Erwach-sene Wirbel in die Harfen. Auch Kevinhat einen grünen Harfen-Corpus vorsich. Das Hämmern überlässt er aberlieber seiner Mutter. Zwei Jahre ist esher, dass ihm ein Tumor aus dem Hin-terkopf operiert wurde. Er hat Che-motherapie und Bestrahlungen hintersich, ein Zittern auf der rechten Seiteist ihm geblieben. Geduldig schaut erseiner Mutter zu, wie sie die Metall-stifte in das Instrument schlägt.

Gemeinsame Zeit außerhalb der Klinik

Samstagvormittag in Schloss Werns-dorf: Zu dem Harfenbaukurs sind andiesem Tag zehn Kinder zwischendrei und 15 Jahren mit ihren Elternaus Regensburg gekommen. Die Fa-milien haben eine Gemeinsamkeit:Eines ihrer Kinder ist an Krebs er-krankt und war lange Zeit im Kran-kenhaus. Der Tag in Schloss Werns-dorf bedeutet für die Familien ge-meinsame Zeit: jenseits von Untersu-chungen, Therapie und Kranken-hausfluren, in Normalität, einfachgemeinsam Instrumente zu bau-en. Das ist das Konzept des Har-fenbaukurses für an Krebs er-krankte Kinder, die die akutePhase ihrer Erkrankung schonhinter sich haben.

Dass Kevin heutedabei seinkann,

ist für die Mutter ein Wunder. IhrSohn war dem Tod schon näher alsdem Leben. Es gab eine Zeit, da konn-te Kevin nicht mehr sprechen und saßim Rollstuhl, erzählt die Mutter.

Alles hatte vor zwei Jahren mitKopfschmerzen begonnen. Der Jungeerbrach sich immer wieder, magerteab, hatte neurologische Ausfälle.Schließlich wurde ein Tumor am Hin-terkopf entdeckt. Zu diesem Zeit-punkt hatten sich bereits Metastasengebildet. Die Chancen standenschlecht, Kevin aber hatte einen gro-ßen Lebenswillen, erinnert sich seineMutter.

„Mama, mach dir keine Sorgen, ichschaffe das“, sagte er zwischen Che-motherapie und Bestrahlungen. In-zwischen kann er wieder laufen undsprechen, nur das Zittern ist ihm ge-blieben. Bis heute wird er zu Hausevon einem Palliativteam betreut, eineUnterstützung, die die Mutter sehrschätzt.

In ein paar Wochen muss Kevinwieder zur Kontrolluntersuchung.„Wenn das MRT ansteht, dreht sichdas Gedankenkarussel“, sagt seineMutter. Die ganze Angst um den Sohn,der immer noch über eine Magenson-de ernährt wird, kommt zurück.

Beim Kurs auf Schloss Wernsdorftreten die Sorgen in den Hintergrund,jetzt geht es erst einmal darum, ausdem vorgefertigten Holz-Corpus eineklingende Harfe zu bauen. Eine knif-felige Aufgabe, die volle Aufmerksam-keit erfordert – für Eltern und natür-lich die Kinder. Konzentriert drücktKevin nach und nach die schwarzen

Knöpfe, über die später die Saiten lau-fen werden, in die vorgebohrten Lö-cher. „Das Knöpfe reindrücken machtSpaß“, sagt er.

Die Krankheit vergessen

„Das Bauen der Harfe ist eine Zeit, inder die Kinder nicht an ihre Krank-heit denken müssen“, erklärt Wolf-gang Spindler die Idee hinter demInstrumentenbaukurs. Der 77-jährigehat bis zu seiner Emeritierung an derUniversität Bamberg Musik und Sozi-alarbeit gelehrt. Seit fünfzehn Jahrenbietet Spindler Harfenbaukurse anKliniken in Bayern an – in Erlangen

ebenso wie in Würzburg, Münchenund Regensburg. Als Sponsoren

für die Kurse hat Spindler dieMadeleine Schickedanz

Kinder-Krebs-Stiftungund die BayerischeVolksstiftung gewon-nen. Die Eltern zahleneinen Eigenbetrag von70 Euro.Vor einem halben Jahrhat Spindler zusammenmit seinen beiden Söh-nen eine eigene Werk-statt auf Schloss Werns-dorf eröffnet. Der Kurs,an dem Kevin teil-nimmt, ist der ersteHarfenbaukurs fürkrebskranke Kinderauf dem altenSchloss. Die Kursesollen in Zukunftregelmäßigstattfinden.Der Ort hat sei-nen ganz eige-nen Reiz. Das

ehemalige Wasserschloss ist seit den1990er Jahren in Besitz der FamilieSpindler. Heute ist es nicht nurWohnort, sondern auch Konzert- undVeranstaltungsort – die Familie hatein Faible für mittelalterliche Musik.

In dem großen Konzertsaal unterdem Dach gibt Wolfgang Spindler mitseinen beiden Söhnen und derSchwiegertochter als Ensemble „Ca-pella Antiqua Bambergensis“ immerwieder Konzerte. Die Instrumente hatAndreas Spindler, einer der beidenSöhne, zum großen Teil selbst gebaut.Der gelernte Instrumentenbauer hatin einem Neubau in dem weitläufigenSchlosspark seine Werkstatt. Dortbaut er Dudelsäcke, Schalmeien undHarfen. Im Dachgeschoss über derWerkstatt stehen die Werkbänke, andenen Kevin und die anderen Kindermit ihren Eltern arbeiten.

Gerade hat Wolfgang Spindler dieKinder um einen Werktisch versam-melt, um ihnen die nächsten Arbeits-schritte zu erklären. Es geht um dasAufziehen der Saiten. Er fädelt eineSeite durch das Loch an dem Wirbelund nimmt eine Zange in die Hand.„Schaut mit genau auf die Finger“,fordert er die Kinder auf, als es darumgeht, die Saite am Wirbel festzudre-hen. „Das ist schwer“, sagt er und fügthinzu: „Das sieht jetzt nur so einfachaus, weil ich das schon 1000 oder2000 Mal gemacht habe.“

An den Tischen machen sich dieKinder wieder an die Arbeit. Schind-ler läuft zwischen den Werktischenherum. Nicht alle Kinder schaffen dasSaitenaufspannen allein. Ihre Elternhelfen. Auch das ist Teil des Konzepts.„Beim Harfebauen verbringen die Fa-milien intensiv Zeit miteinander“,

sagt Wolfgang Spindler. Deshalb näh-men an dem Kurs auch Brüder oderSchwestern teil. Denn nicht nur dieKinder, die gegen den Krebs kämpfen,auch ihre Geschwister haben eineharte Zeit hinter sich.

Die dreijährige Anna ist mit ihrenbeiden großen Schwestern und ihrenEltern gekommen. Während ihreSchwester Mia konzentriert an derHarfen arbeitet, hat sich Anna eineBlechschale mit Wirbel geangelt. ZumHarfebauen ist sie noch zu klein. Sieklimpert mit den Wirbeln in derSchüssel und lacht, ihre beiden Beinelässt sie vom Stuhl baumeln. Langehatten die Eltern die Angst, dass demMädchen ein Teil des Beines ampu-tiert werden muss, erzählt die Mutter.Mit eindreiviertel Jahren war bei An-na ein Fibrosarkom diagnostiziertworden. Über Wochen war das Mäd-chen in der Klinik, die Geschwisterdurften sie nicht besuchen. „Das warhart für die Schwestern“, sagt dieMutter.

Kleine Erfolgserlebnisse

Irgendwann wird Anna das Zuschau-en zu langweilig. Schnell rutscht sievon ihrem Stuhl und beginnt, in demRaum herumzurennen, immer undimmer wieder, wild im Kreis. Geradeflitzt sie an Irmgard Scherübl vorbei.Scherübl ist zweite Vorsitzende desVereins zur Förderung krebskrankerund körperbehinderter Kinder Ost-bayern (VKKK). Der Verein kümmertsich um krebskranke Kinder und de-ren Eltern auf der onkologischen Sta-tion der Kinder-Uni-Klinik in Re-gensburg. Auf Initiative des Vereinsgibt es dort beispielsweise ein Spiel-zimmer für die Kinder und eine El-

ternküche. Der Verein unterstützt dieFamilien aber auch nach dem Kran-kenhausaufenthalt, bietet Sozialbera-tung und organisiert Angebote für dieganze Familie – wie etwa den Ausflugin die Instrumentenbauwerkstatt derSpindlers nach Schloss Wernsdorf.

Scherübl ist Musik- und Spielthe-rapeutin und kennt viele der Kinderschon aus der Klinik in Regensburg.Im Krankenhaus bietet sie regelmäßigHarfe-Stunden an. „Während derTherapie sind die Kinder nicht in derLage, sich lange zu konzentrieren, siewerden sehr schnell müde“, sagt Sche-rübl. Das Harfespielen biete den Kin-dern jedoch kleine Erfolgserlebnisse.Denn die Musikinstrumente haben ei-ne Besonderheit: Zwischen Corpusund Saiten lässt sich ein Notenblattschieben. Striche und Punkte zeigenan, wie die Kinder zupfen müssen.Notenlesen ist damit nicht nötig.

„Die Kinder sind stolz, ein Liedspielen zu können“, sagt Scherübl. Siesetzt sich zu Kevin an den Tisch, seinefertig gebaute grüne Harfe hat sie aufdem Schoß liegen. Mit einem Stimm-gerät stimmt sie Saite für Saite.

Nach vier Stunden sind die Harfengebaut und gestimmt. Spindler ver-teilt Mappen mit gelben Zetteln – dieNotenblätter. Kevin schiebt ein Blattzwischen Saiten und Corpus und be-ginnt zu spielen. Mit dem Plektrumzupft er nacheinander die Saiten.

Gemeinsam gibt er mit den ande-ren Kindern zum Abschluss des Kur-ses ein kleines Konzert. Die Kindersitzen rund um eine Werkbank. Wolf-gang Spindler dirigiert. „Meister Ja-kob, Meister Jakob. Schläfst Duschon“, spielen die Kinder. Die Elternklatschen Beifall.

VON BARBARA SCHNEIDER

Mit dem Klangder Harfe gegenden KrebsHarfenbaukurse sollen einkleines Stück Normalität indas von Krankenhausauf-enthalten und Operationengeprägte Leben krebskran-ker Kinder bringen.

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Anna (links) zusammen mit ihrer

Mutter und ihren beiden großen

Schwestern beim Harfenbauen.© BARBARA SCHNEIDER

Wolfgang Spindler zeigt

den Kindern in seinem Harfen-baukurs, wie sie an dem Musikin-strument zupfen müssen.© BARBARA SCHNEIDER

ÄRZTE ZEITUNG: Wie reagierenKinder, wenn sie an Krebserkranken?BIANCA SENF: Das ist von vielenverschiedenen Faktoren wie bei-spielsweise Alter, Entwicklungs-stand und den Vorerfahrungen mitKrankheit und dem Thema Krebsabhängig. Es ist ein Unterschied,ob ein dreijähriges Kind erkranktoder ein sechs- oder siebenjährigesKind, das vielleicht schon Vorer-fahrungen im Klassenverband ge-macht hat oder einen Verwandtenhat, der an Krebs erkrankt ist. Jün-gere Kinder reagieren oft nicht sooffensichtlich auf die Diagnose,spielen zum Beispiel einfach wei-ter. Sie registrieren aber ganz ge-nau, in welcher emotionalen Lagedie Eltern sind. Die Reaktionen aufdie Diagnose reichen aber insge-samt von ruhig, über ganz stumm

bis hin zu heftigerem Weinen. Letzte-re Gefühlsreaktion zeigen oft Jugend-liche, die die Tragweite des Gesagtenerfassen können. Prinzipiell könnendie Kinder also mit der ganzen Band-breite von Gefühlen reagieren – ab-hängig davon, wie sie das Geschehenauffassen. Darüber spielt es jedoch ei-ne große Rolle, wie die Eltern und dieFamilie mit ihrem Kind und dem The-ma umgehen. Es ist ganz wichtig, wasdem Kind mit welchen Worten undGefühlen mitgeteilt wird.

Was ist, wenn Eltern ihren Kindernder Krankheit verheimlichen und dieSchwere der Krankheit nicht offenansprechen?Das ist aus meiner Perspektive fastimmer das Ungünstigste, was Elternmachen können. Die Kinder ahnen jain aller Regel, dass etwas mit ihnen losist und wissen, dass es nicht um einenSchnupfen geht. Wenn sie das Gefühlhaben, dass die Eltern selbst unsicherund ängstlich sind, fangen sie oft an,ihre Eltern zu schonen und dieKrankheit von sich aus nicht zu the-matisieren. Das Kind hat so keineChancen, mit seinen Ängsten undFragen offen umzugehen. Es erfährt,dass es seine Gefühle nicht offen äu-ßern kann und erlebt dadurch wenigGeborgenheit. Man weiß aus der kli-nischen Erfahrung aber auch aus derForschung, dass das eine zwar ver-ständliche aber falsche Schonung desKindes ist. Das Kind findet mit seinenÄngsten und Sorgen keinen An-sprechpartner. Das ist belastend.

Wie gehen die Kinder mit demdrohenden Tod um?Oftmals sind die Kinder da weiter alsdie Erwachsenen. Kinder haben, ins-besondere wenn sie jünger sind, keineLangzeitperspektive im Kopf. Je

nachdem was sie für ein Glau-benssystem vertreten oder ge-

lehrt bekommen haben, kön-nen Kinder mit den ThemaTod und Sterben und demeigenen Tod deutlich bes-ser umgehen als wir Er-wachsenen. Das heißtnicht, dass sie nicht trau-rig sind oder sagen, ich ha-be Angst vor dem, waskommt. Aber nicht in so ei-ner – wie bei Erwachsenen –sehr verzweifelten und nichtwahr-haben-wollenden

Form.

Therapie ist ja nicht nur Chemo-und Strahlentherapie. Weshalb

sind beispielsweisemusiktherapeutische Angebo-te so wichtig?Kinder können oft nochschlecht oder ungenau ver-sprachlichen, was sie be-wegt. Sie haben je nach Al-

ter nicht immer Worte für das, was inihrem Seelenleben vor sich geht. Ge-rade jüngere Kinder haben da einfachdas Vokabular in der Form nicht pa-rat. Oft sind sie auch geschwächt, dasSprechen fällt schwer. Musik sprichtdie tieferen Sinne an. Mit allen non-verbalen Verfahren, mit Farben undMusik, können Kinder besser ausdrü-cken, wie es ihnen geht. Zur Krank-heitsverarbeitung kann das sehr för-derlich sein. Aber auch Ablenkungvon körperlichen Beschwerden wieÜbelkeit oder Schmerzen spielen hiereine große Rolle. Da ist Musik- oderKunsttherapie oft ein Segen.

Zu welchem Zeitpunkt der Erkran-kung machen denn solche begleiten-den Therapien Sinn?Prinzipiell zu jeder Zeit. Dann, wenndas Kind einen Zugang hat oder fürsich wählt. Im deutschen Gesund-heitssystem ist es ja Usus, viele Dingeerst in der Reha anzubieten. Dennman geht davon aus, dass die Kindererst jetzt wieder Kapazitäten haben.Meine Erfahrung ist aber, dass es denKindern und auch Erwachsenen zu je-der Phase guttun kann, ein solchesAngebot wahrzunehmen.

Bei dem Harfenbaukurs auf SchlossWernsdorf geht es ja darum etwasselber zu bauen, dann aber auch da-mit Musik zu machen.Beim Bauen einer Harfe wird die Auf-merksamkeit auf etwas ganz anderesals die Erkrankung gelenkt. Es gehthier auch um Selbstwirksamkeit, alsoum das Gefühl, etwas selbst zu be-werkstelligen oder etwas selbst zuschaffen. Die Kinder erfahren, es ent-steht ein Produkt, mit dem sie etwasanfangen können. Sie bekommen Zu-gang zu ihren Ressourcen.

Welchen Sinn macht es, Eltern undGeschwister mit an Bord zu nehmen?Ein an Leukämie erkranktes Kind mitschlechter Leukozytenlage kann bei-spielsweise keinen Fußball spielen. Esist schnell erschöpft, das normaleSpiel mit seinen Geschwistern fälltaus. Mit den Geschwistern wieder ineinen gleichberechtigten Prozess ein-zutreten, ist etwas, das sehr stärkenkann. Für die ganze Familie gilt: eswird mit dem kranken Kind eine Zeitverbracht, die krankheitsunbelastetist. Das wird von den Kindern wie ei-ne krankheitsfreie Zone erfahren. DieAufmerksamkeit wird auf einen ge-meinsamen Prozess gelenkt, der nichtvon der Krankheit dominiert wird,sondern von etwas Schönem. Auch fürdie Geschwister ist es wichtig, dass siein diesem Prozess einen Platz finden.Sie werden nicht umsonst als „Schat-tenkinder“ bezeichnet, die schnell inden Hintergrund geraten und mit ih-ren Gefühlen und Bedürfnissen oft-mals vergessen werden.

Wenn ein Kind an Krebs er-krankt, sind Musik- undGestalttherapien unge-mein wichtig. Davon ist diePsychoonkologin BiancaSenf überzeugt. Die Kinderkönnen so ihre Gefühleäußern und zeigen, wie esihnen geht, sagt die Leiterindes Universitären Cent-rums für Tumorerkrankun-gen in Frankfurt.

DAS INTERVIEW FÜHRTE BARBARA SCHNEIDER

Instrumentenbau: eine„krankheitsfreie Zone“

Dr. Bianca Senf ist Leiterin des Universitären Centrums für

Tumorerkrankungen in Frankfurt. © UCT FRANKFURT

DATEN UND FAKTEN

1800KINDERerkranken in Deutschland jährlich an Krebs. Leukämienmachen dabei etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen beiden unter 15-Jährigen aus.

Irmgard Scherübl ist Musik- und Spieltherapeutin beim psychosozialen Team des Instituts für Kinder- undJugendmedizin am Universitätsklinikum Regensburg.

Während der Therapie sind die Kinder nicht in der Lage,sich lange zu konzentrieren. Durch das Harfespielen habensie jedoch kleine Erfolgserlebnisse.