leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

166

Transcript of leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Page 1: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Logik und modelltheoretis he SemantikVorlesung SS 2013Hans LeiÿUniversität Mün henCentrum für Informations- und Spra hverarbeitung10. Juli 20131 / 144

Page 2: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Organisatoris hesVorlesung◮ Mi, 16-18 Uhr, Raum 115, Oettingenstr. 67◮ Voraussetzung: Kurs über Mathematis he Grundlagen der CL◮ Klausur: letzte Sem.wo he, Mi 17.7., 16-18 Uhr, Oe67, 115Tafelübung:◮ Fr 10-12 Uhr, Raum 061, Oettingenstr. 67◮ Hausaufgaben: wö hentli h; Korrektor: Shuqian Wu◮ Lösungsabgabe: in der TafelübungTutorium (freiwillig):◮ Do 16-18 Uhr, Raum C003, Oettingenstr. 67◮ Tutorin: Shuqian Wu 2 / 144

Page 3: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

LiteraturR. Montague: The Proper Treatment of Quanti� ation in OrdinaryEnglish. R.Thomason (Ed.): Formal Philosophy, Reidel 1974U. S höning: Informatik kurz gefaÿt. Bibliographis hes Institut.R.Dowty, R.E.Wall,S. Peters: Introdu tion to Montague Grammar.D.Reidel, 1978(?)H.Leiÿ: Mathematis he Grundlagen der Computerlinguistik, Teil II.Vorlesungsskript SS 2005.H.Leiÿ: Semantik I. Proseminar SS 2004, CIS. (ImplementierungMontague-Semantik)P.Bla kburn, J.Bos: Representation and Inferen e for NaturalLanguage. A First Course in Computational Semanti s. Volume II.Working with Dis ourse Representation Stru tures.Univ.Saarbrü ken, 1999. (Kap. 1+2) 3 / 144

Page 4: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

AussagenlogikMan betra htet die Verbindung von Aussagen zu neuen Aussagenmit Hilfe von Konjunktionen (Junktoren); die einfa hen Aussagensind unstrukturiert.Syntax aussagenlogis her Formeln: (mit Variablen aus Var)ϕ,ψ := ⊥ fals he einfa he Aussage (Konstante)

| p einfa he Aussage (Aussagenvariable)| ¬ϕ ni ht ϕ| (ϕ ∧ ψ) ϕ und ψ| (ϕ ∨ ψ) ϕ oder ψAbkürzungen:

⊤ := ¬⊥(ϕ→ ψ) := (¬ϕ ∨ ψ) wenn ϕ, dann ψ(ϕ↔ ψ) := ((ϕ→ ψ) ∧ (ψ → ϕ)) ϕ genau dann, wenn ψ 4 / 144

Page 5: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Semantik (Interpretation) aussagenlogis her FormelnKlassis he Au�assung: jede Aussage ist entweder wahr oder fals h.(Eines davon muÿ sie sein (�tertium non datur�), und beideszusammen kann sie ni ht sein (�ausges hlossener Widerspru h�).)Jeder Formel ϕ wird mit Hilfe einer Belegung h : Var → {0, 1} einWahrheits-Wert [[ϕ]]h∈ {0, 1} zugeordnet (0 := fals h, 1 := wahr):[[⊥]]h := 0,[[p]]h := h(p),

[[¬ϕ]]h := 1− [[ϕ]]h,[[(ϕ ∧ ψ)]]h := min{[[ϕ]]h, [[ψ]]h},[[(ϕ ∨ ψ)]]h := max{[[ϕ]]h, [[ψ]]h}. 5 / 144

Page 6: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel: Bere hnung des Werts [[ϕ]]h der Formelϕ := ((p ∧ q) ∨ (¬q ∨ p))für eine Belegung h mit h(p) = 0, h(q) = 1:p q ((p ∧ q) ∨ (¬q ∨ p))0 1 0 0 1 0 0 1 0 01. 2. 1. 4. 2. 1. 3. 1.Koinzidenzlemma: Der Wert [[ϕ]]h hängt nur von der Form von ϕund den Werten h(p) der in ϕ vorkommenden Variablen p ab.Bew: Zur Bere hnung von [[ϕ]]h brau ht man die Werte derTeilformeln von ϕ, also von h nur die Werte h(p) der in ϕvorkommenden Aussagevariablen p. 6 / 144

Page 7: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine Formel ϕ ist logis h wahr (allgemeingültig), wenn sie bei jederBelegung wahr ist, d.h. wenn [[ϕ]]h = 1 für jedes h : Var → {0, 1}.Zwei Formeln ϕ und ψ sind logis h äquivalent, wenn [[ϕ]]h = [[ψ]]hfür jedes h : Var → {0, 1}.Lemma Man kann feststellen, ob eine Formel ϕ allgemeingültig ist,oder ob zwei Formeln ϕ,ψ logis h äquivalent sind.Beweis: Da na h dem Koinzidenzlemma von den Belegungen nurdie Werte bei den endli h vielen in den Formeln auftretendenVariablen gebrau ht werden, kann man die Werte für �alleBelegungen� in einer endli hen Tabelle bere hnen:p q (p → q) (¬q → ¬p)0 0 0 1 0 10 1 100 1 0 1 1 01 1 101 0 1 0 0 10 0 011 1 1 1 1 01 1 01 7 / 144

Page 8: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Logis he FolgerungEine Theorie ist eine Menge T von Aussagen. Eine Formel ϕ folgtaus T (in Zei hen: T |= ϕ), wenn für jede Belegung h, bei der alleAussagen von T wahr sind, au h ϕ wahr ist.Beispiel: Sei T := { (pn+1 → pn) | n ∈ N }.◮ Die Aussage p0 folgt ni ht aus T : Für h mit h(pn) = 0 für allen ∈ N ist jede Aussage von T wahr, aber p0 ist fals h.◮ Die Aussage (p2 → p0) folgt aus T : Angenommen, alleAussagen von T seien bei h wahr, aber (p2 → p0) ni ht. Dannist h(p2) = 1 und h(p0) = 0. Nun ist1 = [[(p2 → p1)]]h = max{1− [[p2]]h, [[p1]]h} = [[p1]]h,1 = [[(p1 → p0)]]h = max{1− [[p1]]h, [[p0]]h} = [[p0]]h,aber das widerspri ht h(p0) = 0. Also gibt es kein sol hes h. 8 / 144

Page 9: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine Aussagenmenge T ist erfüllbar, wenn es eine Belegungh : Var → {0, 1} gibt, so daÿ [[ϕ]]h = 1 für alle ϕ ∈ T .Proposition Aus T folgt ϕ ni ht ⇐⇒ T ∪ {¬ϕ} ist erfüllbar.Endli hkeitssatz für die Folgerung Eine Aussage ϕ folgt genau dannaus der Aussagenmenge T , wenn es eine endli he Teilmenge E ⊆ Tgibt, aus der ϕ folgt.Endli hkeitssatz für die Erfüllbarkeit Eine Aussagenmenge T istgenau dann erfüllbar, wenn jede ihrer endli hen Teilmengen E ⊆ Terfüllbar ist.9 / 144

Page 10: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Endli hkeitssatz der Aussagenlogik: Eine Menge T von Formeln derAussagenlogik ist genau dann erfüllbar, wenn jede endli heTeilmenge von T erfüllbar ist.Beweis ⇒ ist o�enbar. Für ⇐ sei A1,A2, . . . eine Aufzählung allerAussagevariablen, Varn := {A1, . . . ,An}, undTn := {ϕ ∈ T | Var(ϕ) ⊆ Varn }.Zu n gibt es nur 2n Belegungen g : Varn → B, also nur k ≤ 22nWertverläufe (Wahrheitstafeln) [[·]] : (Varn → B) → BA1 · · ·An [[·]]g1 v1... ...g2n v2nAlso gibt es En := {ϕ1, . . . , ϕk} ⊆ Tn, und jedes ϕ ∈ Tn ist zueinem ϕi ∈ En äquivalent. 10 / 144

Page 11: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Na h Voraussetzung gibt es zu jedem n ein hn : Varn → B, das Enund damit ganz Tn erfüllt. De�niere daraus eine Belegung g , die Terfüllt. Ist g(Ak) für 1 ≤ k < j + 1 s hon de�niert, so seig(Aj+1) :=

1, falls es ∞ viele i mit hi (Aj+1) = 1 undhi =j g (dh. hi |Varj= g |Varj ) gibt,0, sonst.@

@I0 ���1g(A1) = 0g(A2) =?

AAAK0

����1B

BBBB

�����

BBBBB

����� hi mit hi(A2) = 1und hi (A1) = 0�����hi mit hi (A2) = 0und hi (A1) = 0 XXX

AAAK0

����1...

Beh.: g erfüllt jedes ϕ(A1, . . . ,Am) ∈ T =⋃n∈N Tn. 11 / 144

Page 12: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beh.: g erfüllt jedes ϕ(A1, . . . ,Am) ∈ T =⋃n∈N Tn.Bew.: Jedes hn mit n ≥ m erfüllt Tn ⊇ Tm, also au h das ϕ ∈ Tm.Bleibt zu zeigen, daÿ es ein hn mit hn =m g gibt. Das geht mitInduktion über m. Angenommen, für k < m gelte s honhi =k g für ∞ viele i ∈ N. (∗)Fall 1: g(Ak+1) = 1. Dann gilt (∗) na h Def. von g au h für k + 1:hi =k+1 g für ∞ viele i ∈ N.Fall 2: g(Ak+1) = 0. Dann gibt es nur endli h viele i mit hi =k gund hi (Ak+1) = 1. Alle anderen hi mit hi =k g habenhi (Ak+1) = 0, also hi =k+1 g . Na h (∗) gib es ∞ viele davon.Mit Induktion gilt (∗) für k = m. Also gibt es ein n mit hn =m g . �12 / 144

Page 13: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine Algebra A = (A, f1, . . . , fm) besteht aus einer Menge A 6= ∅und Funktionen fi : Ani → A, für gewisse n1, . . . , nm ≥ 0.Man nennt (n1, . . . , nm) oft die Signatur der Algebra.Beispiel Die AlgebraB = ({0, 1},max,min, , 0, 1)der Wahrheitswerte, mit den wie folgt de�nierten Funktionenmax 0 10 0 11 1 1 min 0 10 0 01 0 1 ¯0 11 0Mit den gegebenen Funktionen kann man weitere bilden, z.B.f (x , y , z) := max(x ,min(y , z)) 13 / 144

Page 14: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine n-stellige Wahrheitsfunktion ist eine Funktion f : Bn → B.Einige der Konjunktionen und Subjunktionen der natürli henSpra he können dur h Wahrheitsfunktionen interpretiert werden,andere ni ht. Neben und, oder, ni ht können z.B. wenn - dann,weder � no h auf Kombinationen von und, oder, ni htzurü kgeführt werden, z.B.Wenn S1, dann S2. := (ni ht S1) oder S2.Konjunktionen, die ni ht dur h eine Wahrheitsfunktion interpretiertwerden können, sind z.B. weil oder damit.Aufgabe Zeige, daÿ es keine Wahrheitsfunktion f : B2 → B gibt mit(p deshalb, weil q) = f (p, q).Hinweis: Finde umgangsspra hli he Aussagen p1, p2 mit glei hemWahrheitswert und Aussagen q1, q2 mit glei hem Wahrheitswert,wo aber (p1 deshalb, weil q1) und (p2 deshalb, weil q2)vers hiedene Wahrheitswerte haben. 14 / 144

Page 15: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Boole's he AlgebraDie Konjunktionen und, oder, und ni ht sowie daraus abgeleitetewie sowohl−als au h und weder−no h treten in der natürli henSpra he bei mehreren Ausdru ksarten auf, z.B.:◮ zur Verbindung von Sätzen:Weder (arbeitet Fritz) no h (leu htet der Mond).◮ zur Verbindung von Prädikaten glei her Stelligkeit:einstellig: Fritz (arbeitet und (geht ni ht baden)).Fritz (liest oder (s hreibt einen Aufsatz)).zweistellig: Fritz (liest oder s hreibt) einen Aufsatz.◮ zur Verbindung von Nominalphrasen:in Subjektposition: (Weder Fritz no h Maria) arbeitet.in Objektposition: Maria las (ein Bu h und drei Aufsätze).◮ zur Verbindung von Adverbialen:(Sowohl gestern als au h vorgestern) s hien die Sonne.Brau hen wir also weitere Interpretationen der Konjunktionen undverhalten diese si h ähnli h wie die Wahrheitsfunktionen? 15 / 144

Page 16: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine Boole's he Algebra B = (B ,+, ·, , 0, 1) ist eine Algebra, inder folgende Aussagen gelten:1. + ist assoziativ: ∀x∀y∀z(x + (y + z) = (x + y) + z)2. + ist kommutativ: ∀x∀y(x + y = y + x)3. + ist idempotent: ∀x(x + x = x)4. 0 ist neutral bzgl. +: ∀x(x + 0 = x)5. Gegenteile sind ers höpfend: ∀x(x + x = 1)6. · ist assoziativ: ∀x∀y∀z(x · (y · z) = (x · y) · z)7. · ist kommutativ: ∀x∀y(x · y = y · x)8. · ist idempotent: ∀x(x · x = x)9. 1 ist neutral bzgl. ·: ∀x(x · 1 = x)10. Gegenteile sind auss hlieÿend: ∀x(x · x = 0)11. + distribuiert über ·: ∀x∀y∀z(x + (y · z) = (x + y) · (x + z))12. · distribuiert über +: ∀x∀y∀z(x · (y + z) = (x · y) + (x · z)) 16 / 144

Page 17: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiele:◮ Die Algebra der Wahrheitswerte:

B = ({0, 1},max,min, , 0, 1) mit 0 := 1, 1 := 0◮ Die Algebra aller Teilmengen einer Menge M:

P(M) = (P(M),∪,∩, , ∅,M) mit A := {m ∈ M | m /∈ A }Ein Algebra-Homomorphismus zwis hen A = (A, f A1 , . . . , f Am ) undB = (B , f B1 , . . . , f Bm ) ist eine Abbildung h : A → B, die �mit den fiverträgli h ist�, d.h. bei der für alle i und a1, . . . , ani gilt:h(f Ai (a1, . . . , ani )) = f Bi (h(a1), . . . , h(ani )).A und B sind isomorph, kurz: A ≃ B, wenn es eine bijektiveAbbildung h : A → B gibt, so daÿ h und die Umkehrabbildungh−1 : B → A Homomorphismen sind.Proposition Ist |M| = 1, so ist P(M) ≃ B, via h(∅) = 0, h(M) = 1.Z.B. ist h(∅ ∪M) = h(M) = 1 = max(0, 1) = max(h(∅), h(M)). 17 / 144

Page 18: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Auf jeder BA gibt es eine partielle Ordnung ≤, de�niert dur ha ≤ b : ⇐⇒ a+ b = b.Bezügli h ≤ ist 0 das kleinste Element (wegen 0+ a = a) und 1das gröÿte (wegen a + 1 = a + (a + a) = a + a = 1).In jedem Argument sind + und · monoton, z.B.a ≤ b ⇒ a + b = (a + b) = b ⇒ a ≤ b Auÿerdem ist a · 0 = a · (a · a) = (a · a) · a = a · a = 0.Bem.: In P(M) ist ≤ die Teilmengenbeziehung ⊆. 18 / 144

Page 19: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Aussagen, die man aus den Axiomen beweisen kann, gelten in allenBoole's hen Algebren.Proposition: Sei A eine Boole's he Algebra, und a, b ∈ A.1. Gelten a · b = 0 und a + b = 1, so ist a = b.2. (De Morgan) a · b = a + b und a + b = a · b.Beweis: (Was bedeuten die Aussagen in B und P(M)?)1. a = a1 = a(b + b) = ab + ab = 0+ ab = ab= ab + 0 = ab + bb = (a + b)b = 1b = b.2. Na h 1. genügt es, folgende zwei Glei hungen zu zeigen:(ab)(a + b) = aba + abb = aab + a0 = 0b + 0 = 0

(ab) + (a + b) = ab + a1+ 1b = ab + a(b + b) + (a + a)b= ab + ab + ab + ab + ab= (a + a)b + (a + a)b = b + b = 1 19 / 144

Page 20: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Lemma: Ist A = (A,+A, ·A, A, 0A, 1A) eine Boole's he Algebraund I 6= ∅ eine Menge, so ist au hAI := (AI ,+, ·, , 0, 1)eine Boole's he Algebra, wobeiAI := { f | f : I → A },0 := das f ∈ AI mit f (i) = 0A für alle i ∈ I1 := das f ∈ AI mit f (i) = 1A für alle i ∈ I

(f + g)(i) := f (i) +A g(i), für alle i ∈ I(f · g)(i) := f (i) ·A g(i), für alle i ∈ If (i) := f (i)A, für alle i ∈ I .Beweis: Man prüft die Axiome dur h Na hre hnen, z.B.((f + g) · h)(i) = (f (i) +A g(i)) ·A h(i)

= (f (i) ·A h(i)) +A (g(i) ·A h(i))= ((f · h) + (g · h))(i). 20 / 144

Page 21: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ob wir (einstellige) Prädikate (bzw. Nomina) als Teilmengen(�Extensionen�) A ⊆ I einer Individuenmenge I oder als (�Test�-)Funktionen f : I → B interpretieren, ist kein groÿer Unters hied:Lemma Die Boole's hen Algebren P(I ) und BI sind isomorph.Beweis h : P(I ) → B

I ordne der Menge A ⊆ I die dur hfA(i) := {1, falls i ∈ A0, sonstde�nierte Funktion fA : I → B zu. Man zeige, daÿ h eine Bijektionist und h und h−1 Homomorphismen sind (Hausaufgabe). Z.B. isth(A ∩ B)(i) = 1 ⇐⇒ i ∈ A ∧ i ∈ B ⇐⇒ fA(i) ·B fB(i) = 1,h(A ∩ B)(i) = 0 ⇐⇒ i /∈ A ∨ i /∈ B ⇐⇒ fA(i) ·B fB(i) = 0,und deshalb h(A ·P(I ) B) = fA∩B = fA ·BI fB = h(A) ·BI h(B). �21 / 144

Page 22: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Konjunktionen + (oder), · (und) und (ni ht) werden je na hVerwendung in anderen Boole's hen Algebren interpretiert:1. als Satzverbindungen werden sie in B interpretiert:Weder (arbeitet Fritz) no h (leu htet der Mond)= (f A)B ·B (m L)B2. als Verbindungen von (einstelligen) Prädikaten werden sie inP(I ) ≃ B

I interpretiert, wenn I die Menge der Individuen ist:Fritz (arbeitet und (geht ni ht baden))= f (A ·B

I BBI) 7→ (f A) ·B f BB.Bei zweistelligen Prädikaten analog in P(I × I ) ≃ B

I×I :Fritz (liest oder s hreibt) den Aufsatz.= f (L+B

I×I S) a 7→ (f L a) +B (f S a)3. als Verbindungen von (Subjekt-) Nominalphrasen werden sie inP(BI ) ≃ B

(BI ) interpretiert: (Weder Fritz no h Maria) arbeitet= (f B(BI )

·B(BI ) mB(BI )

) A 7→ (f A)B ·B (m A)BNi ht immer gibt es eine Übersetzung (7→) zu Satzverbindungen. 22 / 144

Page 23: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Wir können die aussagenlogis hen Formeln statt in B in jederanderen Boole's hen Algebra A (mit �mehr Wahrheitswerten�)interpretieren, wenn wir Belegungen h : Var → A benutzen. EineFormel ϕ hat dann einen Wert [[ϕ]]Ah ∈ A.Sei BA die Klasse alle Boole's hen Algebren und T eine Menge vonAussagen. Eine Formel ϕ ist eine BA-Folgerung aus T , kurz:T |=BA ϕ, wenn [[ϕ]]Ah = 1A für jedes A ∈ BA und h : Var → A,das alle ψ ∈ T wahr ma ht.Ob (für T = ∅) ϕ bei jeder Interpretation [[·]]Ah in Boole's henAlgebren wahr ist, kann man s hon an B überprüfen:Satz: T |=BA ϕ ⇐⇒ T |= ϕ.Beweis (Skizze): ⇒: Da B ∈ BA, ist das klar.⇐ (indirekt): Angenommen, T 6|=BA ϕ. Dann gibt es ein A ∈ BAund h : Var → A mit [[ψ]]Ah = 1A für alle ψ ∈ T , aber [[ϕ]]Ah 6= 1A. 23 / 144

Page 24: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Jeder Homomorphismus f : A → B ma ht aus einer Belegungh : Var → A eine Belegung f ◦ h : Var → B mitf ([[ψ]]Ah ) = [[ψ]]Bf ◦h für alle Formeln ψ.(Induktion über den Aufbau von ψ.) Für ψ ∈ T wird[[ψ]]Bf ◦h = f ([[ψ]]Ah ) = f (1A) = 1B.Man will nun einen Homomorphismus f : A → B �nden, sodaÿ

[[ϕ]]Bf ◦h = f ([[ϕ]]Ah ) = 0B.Allerdings ist b := [[ϕ]]Ah i.a. 6= 0A. Gibt es Homomorphismen, diedieses b 6= 0A auf 0B abbilden?Wir brau hen ein paar Zwis henüberlegungen. 24 / 144

Page 25: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ein Ideal I der Boole's hen Algebra A ist eine Menge ∅ 6= I ⊆ A,die �unter ≥ und + abges hlossen ist�, d.h. für alle a, b ∈ A gilt:1. 0 ∈ I ,2. b ≤ a ∈ I ⇒ b ∈ I ,3. a ∈ I ∧ b ∈ I ⇒ a + b ∈ I .Lemma(i) Ist h : A → B ein BA-Homomorphismus, so istkern(h) := { a ∈ A | h(a) = 0B } ein Ideal von A.(ii) Ist I ein Ideal von A, so gibt es einen BA-Homomorphismush : A → B mit I = kern(h).Bew zu (ii): De�niere eine I -Glei hheit auf A und fasse I -glei heElemente zusammen:a ∼I b : ⇐⇒ ∃a′ ∈ I ∃b′ ∈ I (a + a′ = b + b′),[a]I := { a′ ∈ A | a ∼I a′ }Man prüft na h, daÿ ∼I eine Äquivalenzrelation ist. 25 / 144

Page 26: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Aus der Menge B := A/∼I der Äquivalenzklassen erhält man eineBoole's he Algebra B dur h0B := [0]I [a]I +B [ ]I := [a + ]I1B := [1]I [a]I ·B [ ]I := [a · ]I[a]I B := [a]IMan muÿ dazu zeigen, daÿ die re hten Seiten ni ht von der Wahlvon a aus [a]I und aus [ ]I abhängen. �Lemma Sei I ein e htes Ideal von A, d.h. I 6= A. Äquivalent sind:1. I = kern(h) für einen Homomorphismus h : A → B.2. I ist ein maximales e htes Ideal von A: es gibt kein Ideal J mitI ⊂ J ⊂ A. 26 / 144

Page 27: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bew ⇒: Angenommen, es gäbe ein Ideal J mit I ⊂ J ⊂ A. Danngibt es b ∈ J \ I , also h(b) 6= 0 wegen I = kern(h), also h(b) = 1wegen h(b) ∈ B. Dann ist h(b) = h(b) = 1 = 0, also b ∈ I ⊂ J,und daher 1 = b + b ∈ J, also A = { a | a ≤ 1 } ⊆ J, imWiderspru h zu J ⊂ A.⇐: Wir zeigen, daÿ die I -Glei hheit ∼I nur zwei Äquivalenzklassenhat, [0]I = I und [1]I = A \ I , sodaÿ B = A/∼I gerade B wird.a ∼I 0 ⇐⇒ ∃a′, b′ ∈ I (a + a′ = b′) ⇐⇒ a ∈ I .a ∼I 1 ⇐⇒ ∃a′, b′ ∈ I (a + a′ = 1+ b′) ⇐⇒ ∃a′ ∈ I (a + a′ = 1).Zu zeigen bleibt: a ∼I 1 ⇐⇒ a /∈ I : Aus ∃a′ ∈ I (a + a′ = 1) folgta /∈ I , denn sonst wäre a+ a′ = 1 ∈ I und daher I = A.Mit I ist au h (a + I ) := { ∈ A | ∃i ∈ I ( ≤ a + i) } ein Ideal,und I ∪ {a} ⊆ (a + I ). Aus a /∈ I folgt I ⊂ (a + I ); da I maximalist, also (a + I ) = A; wegen 1 ∈ A also ∃i ∈ I (a + i = 1). �27 / 144

Page 28: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Na h diesen Zwis henüberlegungen können wir den Beweis desSatzes beenden.Man (ni ht wir) zeigt (mit dem Auswahlaxiom der Mengenlehre),daÿ man das für b = [[ϕ]]Ah 6= 1A e hte Ideal { ∈ A | ≤ b } ⊂ Azu einem maximalen Ideal I ⊂ A erweitern kann. Na h dem Lemmaist I der Kern eines Homomorphismus' f : A → B mit f (b) = 0. �Mit ähnli hen Argumenten kann man beweisen:Stone's her Darstellungssatz Jede Boole's he Algebra A ist zu einerUnteralgebra B ⊆ P(M) der Potenzmengenalgebra einer geeignetenMenge M isomorph.Beispiel: 1 0 ≃{a, b}

{a} {b}∅ 28 / 144

Page 29: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Verglei h von |= und →Zwis hen der Folgerung ϕ |= ψ, einer Beziehung zwis henAussagen, und der Aussage (ϕ→ ψ) besteht ein Zusammenhang:Proposition Sei T eine Aussagenmenge, ϕ und ψ Aussagen.T ∪ {ϕ} |= ψ genau dann, wenn T |= (ϕ→ ψ).Bew. (für T = ∅): ⇒: Sei ϕ |= ψ und g : Var → B. Ist [[ϕ]]g = 0,so ist [[ϕ→ ψ]]g = [[ϕ]]gB +B [[ψ]]g = 1+B [[ψ]]g = 1. Ist [[ϕ]]g = 1,so ist wegen ϕ |= ψ au h [[ψ]]g = 1, also ebenfalls [[ϕ→ ψ]]g = 1.⇐: Angenommen, |= (ϕ→ ψ). Sei g : Var → B eine Belegung, dieϕ erfüllt. Wegen |= (ϕ→ ψ) ist [[ϕ→ ψ]]g = 1, und daher1 = [[ϕ→ ψ]]g = [[ϕ]]

B

+B [[ψ]]g = 0+B [[ψ]]g = [[ψ]]g .Das zeigt ϕ |= ψ. (Analog bei T 6= ∅.) �29 / 144

Page 30: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Funktionale VollständigkeitMit den Konjunktionen und und ni ht können wir andere wieweder−no h ausdrü ken. Sind alle f : Bn → B damit ausdrü kbar?Eine Menge J von Junktoren heiÿt funktional vollständig, wenn esfür alle n ∈ N und alle f : Bn → B eine Formel ϕf gibt, so daÿ(i) alle Junktoren in ϕf sind aus J, Var(ϕf ) ⊆ {p1, . . . , pn}, und(ii) f (b1, . . . , bn) = [[ϕf ]][b1,...,bn] für alle b1, . . . , bn ∈ B.Hierbei sei [b1, . . . , bn] eine Belegung g mit g(pi ) = bi für alle i .Proposition Die Menge J = {⊥,¬,∧,∨} ist funktional vollständig.Bew. Sei f : Bn → B gegeben. Bes hreibe ein Argumenttupel(b1, . . . , bn) dur h eine Formel mit Variablen p1, . . . , pn:

ψ(b1,...,bn) := p′1 ∧ . . . ∧ p′n mit p′i = {pi , falls bi = 1,¬pi , falls bi = 0 30 / 144

Page 31: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Für jedes h : Var → B ist [[ψ(b1 ,...,bn)]]h = 1 genau dann, wennh(p1) = b1, . . . , h(pn) = bn. Setzeϕf (p1, . . . , pn) :=

{ψ(b1 ,...,bn) | (b1, . . . , bn) ∈ Bn, f (b1, . . . , bn) = 1 }.Dann gilt für jedes h:

[[ϕf ]]h = 1 ⇐⇒ max{ [[ψ~b]]h | ~b ∈ Bn, f (~b) = 1 } = 1

⇐⇒ [[ψ~b ]]h = 1 für ein ~b mit f (~b) = 1⇐⇒ f (h(p1), . . . , h(pn)) = 1.Für n = 0 brau ht man ϕf =

{

⊥, falls f () = 0,¬⊥, falls f () = 1. �31 / 144

Page 32: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Aussagenlogis he BeweissystemeFür eine aussagenlogis he Formel ϕ(p1, . . . , pn) können wir dur h�Aufstellen einer Wahrheitstafel� feststellen,◮ ob ϕ erfüllbar ist (ob [[ϕ]]h = 1 für ein h),◮ ob ϕ allgemeingültig ist (ob [[ϕ]]h = 1 für alle h),◮ ob ϕ unerfüllbar ist (ob [[ϕ]]h = 0 für alle h),◮ ob ϕ widerlegbar ist (ob [[ϕ]]h = 0 für ein h).Aber:◮ das Aufstellen der Wahrheitstafel kostet ≥ 2n S hritte, da es2n vers hiedene Belegungen h : {p1, . . . , pn} → B gibt.◮ für umfassendere Logiken gibt es i.a. keinen �endli hen�Überbli k über alle Interpretationen einer Formel.◮ wir wollen neben der Folgerung au h das (s hrittweise)S hlieÿen bzw. korrekte Argumentieren verstehen. 32 / 144

Page 33: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Tableaux-Kalkül (AL-Widerlegungskalkül)Man su ht zu einer Aussage ϕ systematis h eine widerlegendeBelegung h (mit [[ϕ]]h = 0); falls das s heitert, ist ϕ allgemeingültig.Ist ϕ eine Formel, so heissen T (ϕ) und F (ϕ) signierte Formeln.Ausgehend von T (ϕ) bzw. F (ϕ) konstruiert man einen Baum,dessen Knoten mit signierten Formeln markiert sind. Ein Pfad, aufdem jede Variable immer dasselbe Vorzei hen T bzw. F hat, lieferteine Belegung, die ϕ wahr bzw. fals h ma ht.◮ Ni ht verzweigende Regeln AB bzw. ABC bedeuten: ein Pfad miteinem dur h A markierten Knoten kann um einen bzw. zweimit B bzw. mit B und C markierte Knoten fortgesetzt werden,◮ Verzweigende Regeln AB C bedeuten: ein Pfad, auf dem einmit A markierter Knoten auftritt, kann um zwei bena hbarte,mit B und C markierte Knoten fortgesetzt werden. 33 / 144

Page 34: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Regeln des Tableaux-Kalküls für die Aussagenlogik (ohne ⊤,⊥):T (¬α)F (α) (¬T )F (¬α)T (α)

(¬F )T (α ∧ β)T (α)T (β)

(∧T )F (α ∧ β)F (α) F (β) (∧F )T (α ∨ β)T (α) T (β)

(∨T )F (α ∨ β)F (α)F (β) (∨F )T (α→ β)F (α) T (β)

(→ T )F (α → β)T (α)F (β) (→ F )Man lese z.B. die Regel (∨T ) so: Um (α∨β) wahr zu ma hen, muÿman α wahrma hen (linker Ast) oder β wahrma hen (re hter Ast.)34 / 144

Page 35: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ein Pfad heiÿt ges hlossen, wenn auf ihm eine Formel mit beidenVorzei hen vorkommt. (Dann brau ht man ihn ni ht fortzusetzen.)T ((p ∨ q) ∧ ¬q ∧ (p → r ∨ s))T (p ∨ q)T (¬q)T (p → r ∨ s)T (p)F (q)F (p)ges hlossen�� ZZT (r ∨ s)T (r)�� SST (s)��� HHH T (q)F (q)ges hlossen 35 / 144

Page 36: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die o�enen Pfade zu den mit T (s) bzw. T (r) markierten Blätternliefern Belegungen, die die Formel an der Wurzel wahr ma hen:◮ eine Belegung g mit g(p) = g(r) = 1 und g(q) = 0,◮ eine Belegung h mit g(p) = g(s) = 1 und g(q) = 0,Ni ht für alle auftretenden Variablen haben ein Wert bekommen.Man sollte si h die Formel, auf die man eine Regel anwendet,kennzei hnen, damit man sie später ni ht no hmal betra htet.Man kann zeigen:Proposition ϕ ist erfüllbar genau dann, wenn der aus T (ϕ)konstruierte Baum einen o�enen Ast hat. 36 / 144

Page 37: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Logis hes S hlieÿen und ArgumentierenWie beweist man eine Behauptung aus gegebenen Annahmen?I. Man analysiert die Behauptung und geht ihrer Formentspre hend vor.II. Man analysiert die Annahmen und geht na h der Form einerAnnahme vor.III. Man benutzt die De�nition eines Begri�s (Abkürzung).IV. Man benutzt die Eigens haften der Glei hheit =.V. Man analysiert die Objekte, über die etwas behauptet wird,und führt die Behauptung auf Behauptungen über einfa hereObjekte zurü k. (Induktion)Tips:◮ Man zerlege die Behauptung, bevor man Annahmen analysiert.◮ Man löse Abkürzungen mögli hst spät auf. 37 / 144

Page 38: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

I. Beweise dur h Analyse der BehauptungMan geht je na h der Form der Behauptung anders vor:1. Wir zeigen ϕ ∧ ψ, indem wir ϕ zeigen und ψ zeigen.Behauptung: ϕ1 ∧ ϕ2:Beweis: Wir müssen zwei Aussagen zeigen.Beh.1: ϕ. Bew.: . . .Beh.2: ψ: Bew.: . . . �2. Wir zeigen ϕ∨ ψ, indem wir ¬ϕ annehmen und ψ zeigen, oderindem wir ¬ψ annehmen und ϕ zeigen.Behauptung: ϕ ∨ ψ:Beweis:Fall 1. ¬ϕ gilt. Beh.1: ψ. Bew.: . . .(Fall 2: ϕ gilt. Dann gilt au h ϕ ∨ ψ, fertig.) �3. Wir zeigen ϕ→ ψ, indem wir ϕ annehmen und ψ zeigen.Behauptung: ϕ→ ψ:Beweis: Wir können annehmen, daÿ au h ϕ gilt.Beh: ψ. Bew.: . . . � 38 / 144

Page 39: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

4. Wir zeigen ϕ↔ ψ, indem wir ϕ→ ψ und ψ → ϕ zeigen.Behauptung: ϕ↔ ψ:Beweis: Wir zeigen die beiden Ri htungen einzeln.Beh 1: ϕ→ ψ. Bew.: . . .Beh.2: ψ → ϕ. Bew.: . . . �5. Wir zeigen ¬ϕ, indem wir zeigen, daÿ ϕ unmögli h ist, d.h.indem wir ϕ annehmen und einen Widerspru h, eine Aussageder Form ψ ∧ ¬ψ, zeigen (indirekter Beweis).Behauptung: ¬ϕ.Beweis: (indirekt). Angenommen, es gelte ϕ.Beh 1: ψ ∧ ¬ψ (für geeignetes ψ!).Bew.: . . . Da ψ ∧ ¬ψ aber ni ht gelten kann,muÿ die Annahme ϕ fals h sein. � 39 / 144

Page 40: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

II. Beweise dur h Verwenden einer AnnahmeEs ist i.a. ni ht o�ensi htli h, wel he der Annahmen man am bestenverwendet; sie sollte etwas mit der Behauptung gemeinsam haben.Man hmal können wir die Annahmen unverändert benutzen:1. Um ϕ aus der Annahme ϕ zu zeigen, ist ni hts zu tun.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ϕ. �2. Um ϕ aus der Annahme ψ zu zeigen, brau hen wir ni hts mehrzu tun, wenn au h ¬ψ unter den Annahmen vorkommt.Behauptung: ϕ.Beweis: Unter den Annahmen be�ndet si h dieAussage ψ und ihr Gegenteil, ¬ψ. Also kanndieser Fall ni ht auftreten. � 40 / 144

Page 41: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Meistens wird die Annahme umgeformt oder eine weitere Annahmeaus ihr gewonnen:3. Um ϕ aus der Annahme ψ1 ∧ ψ2 zu zeigen, genügt es, ϕ ausden zwei Annahmen ψ1, ψ2 zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ψ1 ∧ ψ2, alsogelten au h ψ1 und ψ2. Daher . . . �4. Um ϕ aus der Annahme ψ1 ∨ ψ2 zu zeigen, genügt es, ϕ ausder Annahme ψ1 statt ψ1 ∨ ψ2 zu zeigen und ϕ aus derAnnahme ψ2 statt ψ1 ∨ ψ2 zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ψ1 ∨ ψ2.Fall 1: Angenommen, es gilt ψ1. Beh.: ϕ. Bew.: . . .Fall 2: Angenommen, es gilt ψ2. Beh.: ϕ. Bew.: . . .� 41 / 144

Page 42: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

5. Um ϕ aus der Annahme ψ1 → ψ2 zu zeigen, genügt es, ϕ ausder Annahme ¬ψ1 statt ψ1 → ψ2 zu zeigen und ϕ aus derAnnahme ψ2 statt ψ1 → ψ2 zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ψ1 → ψ2.Fall 1: Angenommen, ¬ψ1. Beh.: ϕ. Bew.:. . .Fall 2: Sonst gilt ψ1, also au h ψ2.Beh.: ϕ. Bew: . . . �6. Um ϕ aus der Annahme ψ1 ↔ ψ2 zu zeigen, genügt es, ϕ ausder Annahme ψ1 ∧ ψ2 statt ψ1 ↔ ψ2 zu zeigen und ϕ aus derAnnahme ¬ψ1 ∧ ¬ψ2 statt ψ1 ↔ ψ2 zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ψ1 ↔ ψ2.Fall 1: Angenommen, ψ1 und ψ2.Beh.: ϕ. Bew.:. . .Fall 2: Angenommen, ¬ψ1 und ¬ψ2.Beh.: ϕ. Bew: . . . � 42 / 144

Page 43: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

7. Um ϕ aus der Annahme ¬ψ zu zeigen, genügt es, umgekehrtψ aus der Annahme ¬ϕ zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: (indirekt) Wir nehmen ¬ϕ an und zeigen ψ,was der Annahme ¬ψ widerspri ht. Also muÿ ¬ϕ fals hund daher ϕ wahr sein.Ann.: ¬ϕ. Beh.: ψ. Bew.: . . . �Bevor wir auf Beweise na h III., IV. und V. eingehen, überlegen wiruns, daÿ die Argumentationen mit aussagenlogis hen Junktorenkorrekt und vollständig sind.Dazu betra hten wir den Kalkül von G.Gentzen (1936), derAnnahmen und Behauptungen trennt und Regeln zum Umgang mitden Junktoren verwendet. 43 / 144

Page 44: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Gentzen-Kalkül für die AussagenlogikEine Sequenz Γ ⊲∆ besteht aus zwei endli hen, dur h ⊲ getrenntenFormelmengen1, Γ und ∆, den Annahmen und den Behauptungen.Γ⊲∆ heiÿt gültig, wenn die2 Formel ∧ Γ →

∨∆ allgemeingültig ist.Axiome (o�enbar gültige Sequenzen):

Γ ⊲∆ falls Γ ∩∆ 6= ∅

Γ,⊥ ⊲∆

Γ ⊲∆,⊤1Eigentli h: Formelfolgen, daher Sequenz ; dann brau ht man no h Regelnzur Anordnung und Verdopplung/Vers hmelzung von Formeln.2Wir nehmen an:◮ es ist eine Anordnung aller Formeln gegeben, sodaÿ V

Γ eindeutig ist,◮

V

∅ := ⊤, denn alle Aussagen aus Γ = ∅ sind wahr,◮

W

∅ := ⊥, denn: keine Aussage aus Γ = ∅ ist wahr. 44 / 144

Page 45: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Regeln (führen von gültigen Sequenzen zu einer gültigen Sequenz):Γ ⊲∆

Γ,⊤ ⊲∆(⊤L) Γ ⊲∆

Γ ⊲∆,⊥(⊥R)

Γ ⊲∆, α

Γ,¬α ⊲∆(¬L) Γ, α ⊲∆

Γ ⊲∆,¬α(¬R)

Γ, α, β ⊲∆

Γ, (α ∧ β) ⊲∆(∧L) Γ ⊲∆, α Γ ⊲∆, β

Γ ⊲∆, (α ∧ β)(∧R)

Γ, α ⊲∆ Γ, β ⊲∆

Γ, (α ∨ β) ⊲∆(∨L) Γ ⊲∆, α, β

Γ ⊲∆, (α ∨ β)(∨R)

Γ ⊲ α,∆ Γ, β ⊲∆

Γ, (α → β) ⊲∆(→ L) Γ, α ⊲∆, β

Γ ⊲∆, (α→ β)(→ R)Jede Obersequenz hat weniger Junktoren als die Untersequenz. 45 / 144

Page 46: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Re htsregeln (* R) formalisieren das Beweisen dur h Analyseder Behauptung, die Linksregeln (* L) das Beweisen dur h Analyseeiner Annahme, z.B.Um ϕ aus der Annahme ϕ Γ ⊲∆,zu zeigen, ist ni hts zu tun. falls ϕ ∈ Γ ∩∆. (Axiom)Um (ϕ→ ψ) zu zeigen,nehmen wir ϕ an und zeigen ψ. Γ, α ⊲∆, β

Γ ⊲∆, (α → β)(→ R)Um ϕ aus (ψ1 ∨ ψ2) zu zeigen,zeigen wir ϕ aus ψ1 und aus ψ2. Γ, α ⊲∆ Γ, β ⊲∆

Γ, (α ∨ β) ⊲∆(∨L)Bem.: Ni ht in allen Fällen ist die Entspre hung so direkt wie hier. 46 / 144

Page 47: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ein Beweis der Sequenz Γ ⊲∆ ist ein endli her Baum, dessenKnoten so mit Sequenzen bes hriftet sind, daÿ gilt:1. an der Wurzel steht Γ ⊲∆,2. jede Sequenz an einem Blatt des Baums ist ein Axiom, und3. jede Sequenz an einem inneren Knoten ist die Untersequenzeiner Regel, und deren Obersequenzen stehen an den direktenNa hfolgerknoten.Einen Beweis für Γ ⊲∆ konstruiert man von der Wurzel aus:In der Sequenz an einem Endknoten wählt man eine Annahmebzw. Behauptung aus und wendet die auf ihren Hauptjunktorpassende Links- bzw. Re htsregel �von unten na h oben� an, d.h.so, daÿ die Sequenz am Endknoten die Untersequenz der Regel ist. 47 / 144

Page 48: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beipiel einer beweisbaren Sequenz:p ⊲ p, q q ⊲ p, q(p ∨ q) ⊲ p, q (∨L)(p ∨ q),¬p ⊲ q (¬R)(p ∨ q) ⊲ (¬p → q) (→ R)⊲ (p ∨ q) → (¬p → q) (→ R)Beispiel einer unbeweisbaren Sequenz (Aussagevariablen A,B ,C ):A,B ,C ⊲

(A ∧ B),B ,C ⊲(∧L)B ,C ⊲ ¬(A ∧ B) (¬R) ...C ⊲ C ,¬(A ∧ B) (¬R)

¬C ,C ⊲ ¬(A ∧ B) (¬L)(B ∨ ¬C ),C ⊲ ¬(A ∧ B) (∨L)Da am linken Blatt kein Axiom vorliegt, man aber au h keine Regelmehr anwenden kann, kann dieser Baum ni ht zu einem Beweis derSequenz an der Wurzel fortgesetzt werden. 48 / 144

Page 49: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Satz Der Kalkül ist korrekt und vollständig: jede beweisbareSequenz ist gültig, und jede gültige Sequenz ist beweisbar.Beweis Man überlegt si h zuerst (selber ma hen):◮ Jedes Axiom ist eine gültige Sequenz.◮ Die Untersequenz einer Regel ist genau dann gültig, wenn dieObersequenzen gültig sind.Daraus folgen die Behauptungen:1. Der Kalkül ist korrekt: gibt es einen Beweis für Γ ⊲∆, so sind alleSequenzen an den Knoten des Beweisbaumes gültig, also au h dieSequenz an der Wurzel.

49 / 144

Page 50: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

2. Der Kalkül ist vollständig:Sei Γ ⊲∆ eine gültige Sequenz. Konstruiere einen Baum, an dessenWurzel Γ ⊲∆ steht.Solange no h ein Junktor J in der Sequenz an einem Blatt k desBaums vorkommt, ist die Sequenz bei k die Unterseqenz einerJ-Regel. Erweitere den Baum um einen/zwei Na hfolgerknoten vonk , und s hreibe die Obersequenz(en) der J-Regel daran.Entspre hend behandelt man die Annahme ⊤ und die Behauptung⊥ in der Seqenz am Knoten k (mit (⊤ L) und (⊥R)).Da in jedem S hritt die Obersequenz(en) weniger Junktoren oderAussagekonstanten enthalten als die Untersequenz, gelangt mans hlieÿli h zu Knoten, deren Sequenzen keine Junktoren enthaltenund ⊤ hö hstens als Behauptung, ⊥ hö hstens als Annahme. Dadiese Sequenzen gültig sind, aber keine Junktoren enthalten, müssenes Axiome sein. Daher ist der Baum ein Beweisbaum für Γ ⊲∆. �50 / 144

Page 51: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bemerkung: Konstruiert man den Baum ausgehend von einer ni htgültigen Sequenz Γ ⊲∆ und beseitigt man alle Junktoren dur hZerlegung ni ht-atomarer Formeln, so hat der Baum mindestens einBlatt, dessen Sequenz Γ′ ⊲∆′ nur Aussagenvariable enthält, aberkein Axiom ist. Da Γ′ ∩∆′ = ∅ ist, gibt es eine Belegung h, die allep ∈ Γ′ wahr und alle q ∈ ∆′ fals h ma ht. Dieses h zeigt au h, daÿΓ ⊲∆ keine gültige Sequenz ist.Beispiel Das Blatt links ist kein Axiom und liefert die Belegungh(A) = h(B) = h(C ) = 1.A,B ,C ⊲

(A ∧ B),B ,C ⊲(∧L)B ,C ⊲ ¬(A ∧ B) (¬R) ...C ⊲ C ,¬(A ∧ B) (¬R)

¬C ,C ⊲ ¬(A ∧ B) (¬L)(B ∨ ¬C ),C ⊲ ¬(A ∧ B) (∨L)Die Belegung h ma ht (B ∨ ¬C ),C wahr, aber ¬(A ∧ B) fals h. 51 / 144

Page 52: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Prädikatenlogik 1.StufeDie Prädikatenlogik erweitert die Aussagen der Aussagenlogik inzweierlei Hinsi ht:◮ einfa he Aussagen werden zerlegt in Prädikat und Objekte,◮ Aussagen können au h dur h Quanti�zierung über Objekte ausvorhandenen Aussagen zusammengesetzt werden.In der Prädikatenlogik n-ter Stufe wird nur über Objekte n-terStufe quanti�ziert.Objekte 1.Stufe sind (na h Aristoteles) sol he Objekte, die ni ht alsPrädikate verwendet werden können (�Individuen�). Prädikate überIndividuen sind Objekte 2.Stufe, ebenso Funktionen von Individuen.Stufe Objekte Prädikate Aussagen1 0, 1 ≤ 0 ≤ 1.Fritz singen Fritz singt.2 ≤ transitiv ≤ ist transitiv .singen Tätigkeit Singen ist eine Tätigkeit. 52 / 144

Page 53: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Syntax der Prädikatenlogik 1.StufeSei Var = {x0, x1, . . .} eine unendli he Menge von Variablen,L = Fun ∪ Rel eine (endli he) Menge von (mit einer Stelligkeitversehenen) Funktions- bzw. Relationszei hen.L-Terme: (Individuenbezei hner)t := x x ∈ Var| ∈ Fun 0-stellig| f (t1, . . . , tn) f ∈ Fun n-stellig, n ≥ 1L-Formeln: (Aussagen)

ϕ,ψ := ⊥ | s=t| R(t1, . . . , tn) R tri�t zu auf t1, . . . , tn| ¬ϕ

| (ϕ ∧ ψ)

| ∃xϕ Es gibt ein Objekt x sodaÿ ϕAbkürzungen: (ϕ ∨ ψ) := ¬(¬ϕ ∧ ¬ψ) usw., ∀xϕ := ¬∃x¬ϕ 53 / 144

Page 54: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Semantik der Prädikatenlogik: L-StrukturenUm die Aussagen der Prädikatenlogik zu interpretieren, muÿ manangeben◮ dur h wel he Individuen die Variablen belegt werden dürfen,◮ wie die Funktions- und Relationszei hen zu interpretieren sind,◮ wie die Junktoren und Quantoren zu interpretieren sind.Die erlaubten Individuen bilden das �Diskursuniversum�.Hat man eine �Interpretation� A mit Individuenmenge A festgelegt,so wird bezügli h einer Belegung h : Var → A◮ jedem L-Term t als Wert ein Individuum [[t]]Ah ∈ A,◮ jeder L-Formel ϕ als Wert ein Wahrheitswert [[ϕ]]Ah ∈ Bzugeordnet. 54 / 144

Page 55: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine L-Struktur (oder: Interpretation von L)A = (A, 〈RA | R ∈ Rel〉, 〈f A | f ∈ Fun〉)besteht aus1. einer ni ht-leeren Menge A von �Individuen�, dem�Diskursuniversum�,2. einer Funktion f A : Ani → A für jedes ni -stellige f ∈ Fun,3. einer Relation3 RA ⊆ Ami für jedes mi -stellige R ∈ Rel.Hat L nur Funktionszei hen, so spri ht man von einer Algebra. HatL nur Relationszei hen, so spri ht man von einer Relationalstruktur.Da Junktoren, Quantoren und = immer auf dieselbe Weiseinterpretiert werden, gibt man das ni ht in der L-Struktur an.3Wir benutzen stattdessen au h das äquivalente RA

: Ami → B. 55 / 144

Page 56: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Sei A eine L-Struktur und h : Var → A eine Belegung.Der Wert [[t]]Ah eines L-Terms t in A bei h ist wie folgt de�niert:[[x ]]Ah := h(x),[[ ]]Ah := A,

[[f (t1, . . . , tn)]]Ah := f A([[t1]]Ah , . . . , [[tn]]Ah ).Der Wert [[ϕ]]Ah einer L-Formel ϕ in A bei h wird wie in derAussagenlogik de�niert, auÿer bei den neuen Fällen:[[R(t1, . . . , tn)]]Ah := RA([[t1]]Ah , . . . , [[tn]]Ah ),

[[s=t]]Ah :=

{1, falls [[s]]Ah = [[t]]Ah ,0, sonst,[[∃xϕ]]Ah :=

{1, falls es ein a ∈ A mit [[ϕ]]Ah[x/a] = 1 gibt,0, sonst.Hier ist h[x/a] die Belegung h′(x) := a, h′(y) := h(y) für y 6= x . 56 / 144

Page 57: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel an der Tafel

57 / 144

Page 58: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Menge der in t bzw. ϕ frei vorkommenden Variablen istfrei(x) := {x},frei( ) := ∅,frei(f (t1, . . . , tn)) := frei(t1) ∪ . . . ∪ frei(tn)frei(s=t) := frei(s) ∪ frei(t),frei(R(t1, . . . , tn)) := frei(t1) ∪ . . . ∪ frei(tn),frei(¬ϕ) := frei(ϕ),frei((ϕ ∧ ψ)) := frei(ϕ) ∪ frei(ψ),frei(∃xϕ) := frei(ϕ) \ {x}.Beispiel frei(R(x , ) ∧ ∀x∃yR(x , y)) = {x} ∪ ∅ = {x}.Man re hnet lei ht na h, daÿ wieder ein �Koinzidenzlemma� gilt:Prop. Sind h, g : Var → A und h(x) = g(x) für x ∈ X ⊆ Var, so ist◮ [[t]]Ah = [[t]]Ag , falls frei(t) ⊆ X ,◮ [[ϕ]]Ah = [[ϕ]]Ag , falls frei(ϕ) ⊆ X . 58 / 144

Page 59: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Notation Ist frei(ϕ) ⊆ {x1, . . . , xn} und h(x1) = a1, . . . , h(xn) = an,so s hreibt man au h[[ϕ]]A[x1/a1,...,xn/an] statt [[ϕ]]Ah ,da es auf h(x) für x /∈ {x1, . . . , xn} ja ni ht ankommt. Auÿerdem:

A |= ϕ[x1/a1, . . . , xn/an] statt [[ϕ]]A[x1/a1,...,xn/an] = 1,A 6|= ϕ[x1/a1, . . . , xn/an] statt [[ϕ]]A[x1/a1,...,xn/an] = 0,gespro hen: �A erfüllt ϕ (oder: in A gilt ϕ) bei [x1/a1, . . . , xn/an]�.Eine L-Aussage ist eine L-Formel ϕ mit frei(ϕ) = ∅. Dann s hreibtman A |= ϕ und A 6|= ϕ oder [[ϕ]]A = 1, [[ϕ]]A = 0 ohne Belegung. 59 / 144

Page 60: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiele1. L = Fun ∪ Rel mit Fun = {s, e} und Rel = {P ,M,U}.Sei A = (A,PA,MA,UA, sA, eA) mit◮ A enthalte die Sonne, ihre Planeten und deren Monde,◮ sA = die Sonne, eA = die Erde.◮ PA = `ist-Planet-von', MA = `ist-Mond-von',UA = `umkreist'.Mit L-Aussagen können wir z.B. ausdrü ken:◮ Die Erde umkreist die Sonne, aber ni ht umgekehrt.◮ (Mindestens) Ein Planet der Sonne hat (mind.) zwei Monde.◮ Jeden Planeten der Sonne umkreist ein Mond.A |= U(e, s) ∧ ¬U(s, e).A |= ∃x(P(x , s) ∧ ∃y∃z(M(y , x) ∧M(z , x) ∧ ¬y=z)).A 6|= ∀x(P(x , s) → ∃y(M(y , x) ∧ U(y , x)). 60 / 144

Page 61: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Sei B = (B ,PB,MB,UB, sB, eB) mit◮ B sei die Menge der Geraden in R× R

◮ sB = die y -A hse, eB = die x-A hse,◮ PB = ist-parallel-zu, MB = s hneidet,UB = steht-senkre ht-auf.In B sind ni ht dieselben L-Aussagen wahr wie in A:B 6|= U(e, s) ∧ ¬U(s, e).B |= ∃x(P(x , s) ∧ ∃y∃z(M(x , y) ∧M(x , z) ∧ ¬y=z)).B |= ∀x(P(x , s) → ∃y(M(y , x) ∧ U(y , x)).2. Sei L = Fun mit Fun = {+, ·, , 0, 1}. Zwei L-Strukturen sind

B und die Potenzmengenalgebra P(I ) der Menge I .P(I ) |= ∀x(x + x = 1).Bea hte: das Universum von P(I ) besteht aus den Teilmengenvon I , ni ht aus den Elementen von I . 61 / 144

Page 62: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

3. Sei L die Spra he mit Fun = {+, ·, ∗, 0, 1} und Rel = {≤}.Sei LΣ die Algebra P(Σ∗) aller formalen Spra hen über Σ:◮ Individuenberei h = P(Σ∗) = {A | A ⊆ Σ∗ },◮ A+ B := A ∪ B ,◮ A · B := { vw | v ∈ A,w ∈ B },◮ A∗ :=

⋃{An | n ∈ N } mit A0 := {ǫ}, An+1 := A · An,

◮ 0 := ∅,◮ 1 := {ǫ}◮ A ≤ B : ⇐⇒ A ⊆ B .Sei RM die Algebra P(M ×M) aller 2-stell. Relationen auf M:◮ Individuenberei h = P(M ×M) = {A | A ⊆ M ×M },◮ A+ B := A ∪ B ,◮ A · B := { (i , k) | ∃j ∈ M((i , j) ∈ A ∧ (j , k) ∈ B) },◮ A∗ :=

⋃{An | n ∈ N } mit A0 := {ǫ}, An+1 := A · An,

◮ 0 := ∅,◮ 1 := { (m,m) | m ∈ M }◮ A ≤ B : ⇐⇒ A ⊆ B .Ein L-Term t(x1, . . . , xn) ist ein regulärer Ausdru k; sein Wertin LΣ eine Spra he, in RM eine (Übergangs-)Relation. 62 / 144

Page 63: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

ErsetzungslemmaSei ϕ(y/t) die Formel, die aus ϕ entsteht, wenn man alle freienVorkommen von y dur h den Term t ersetzt; dabei müssen dur hQuantoren �gebundene� Variablen in ϕ umbenannt werden, damitVariable von t ni ht versehentli h gebunden werden. Genauer:x(y/t) :=

{t, falls x = y ,x , sonst, (y/t) := ,f (t1, . . . , tn)(y/t) := f (t1(y/t), . . . , tn(y/t)),R(t1, . . . , tn)(y/t) := R(t1(y/t), . . . , tn(y/t)),(t1=t2)(y/t) := t1(y/t)=t2(y/t),

[¬ϕ](y/t) := ¬[ϕ(y/t)],(ϕ ∧ ψ)(y/t) := (ϕ(y/t) ∧ ψ(y/t))[∃xϕ](y/t) :=

∃xϕ, falls x = y ,∃x [ϕ(y/t)], sonst, falls x /∈ frei(t),∃z [ϕ(x/z)(y/t)], sonst, mit z /∈ Var(ϕ, t)63 / 144

Page 64: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel[∃xR(x , y)](y/f (x)) = ∃z [R(x , y)(x/z)(y/f (x))]

= ∃z [R(z , y)(y/f (x))]= ∃z R(z , f (x))Bea hte: ∃z R(z , f (x)) und ∃x R(x , f (x)) besagen Vers hiedenes.Es ist egal, ob man mit (y/t) den Term t in eine Formel einsetztund diese dann mit h auswertet oder die Formel mit der geändertenBelegung h[y/[[t]]h] auswertet:Ersetzungslemma Sei t ein Term und ϕ eine Formel. Dann gilt

[[ϕ(y/t)]]Ah = [[ϕ]]Ah[y/[[t]]Ah ]für jede Belegung h über A. 64 / 144

Page 65: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bew. dur h Induktion über den Term- und Formelaufbau. Seih′ = h[y/[[t]]h]. Wir behandeln nur zwei Fälle:Für Terme den Fall s = x :[[s(y/t)]]h = [[x(y/t)]]h =

{

[[t]]h, falls x = y ,[[x ]]h, sonst

[[s]]h′ = [[x ]]h′ = {h′(y) = [[t]]h, falls x = y ,h′(x) = [[x ]]h sonst.Für Formeln den Fall ϕ = ∃xψ mit x 6= y , x /∈ frei(t):Induktiv ist für jedes a ∈ A [[ψ(y/t)]]h[x/a] = [[ψ]]h[x/a]′ = [[ψ]]h′[x/a].[[[∃xψ](y/t)]]h = [[∃x [ψ(y/t)]]]h

=

{1, falls 1 = [[ψ(y/t)]]h[x/a] für ein a ∈ A,0, sonst= [[∃xψ]]h′ =

{1, falls 1 = [[ψ]]h′[x/a] für ein a ∈ A,0, sonst. � 65 / 144

Page 66: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Allgemeingültigkeit, Erfüllbarkeit, FolgerungEine prädikatenlogis he L-Formel ϕ(x1, . . . , xn) ist allgemeingültig,wenn [[ϕ]]Ah = 1 für jede L-Struktur A und jedes h : Var → A. DieFormeln ϕ,ψ sind äquivalent, wenn (ϕ↔ ψ) allgemeingültig ist.Die Formel ϕ ist erfüllbar, wenn es eine L-Struktur A und eineBelegung h : Var → A mit [[ϕ]]Ah = 1 gibt. Sonst ist sie unerfüllbar.Sei T eine Menge von L-Formeln. Aus T folgt ϕ, in Zei hen:T |= ϕ, wenn jede L-Struktur A und jede Belegung h : Var → A,die alle ψ ∈ T erfüllen, au h ϕ erfüllen.Bem. Intuitiv heiÿt das, daÿ �die unendli he Formel�∀x1∀x2 . . . (∧T → ϕ)allgemeingültig ist. Wir verwenden T |= ϕ meist nur mit Aussagen.66 / 144

Page 67: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Zum Beispiel sind folgende Formeln logis h äquivalent zu einander:1. Vertaus hung von Negation und Quantoren:1.1 ¬∀xϕ und ∃x¬ϕ,1.2 ¬∃xϕ und ∀x¬ϕ,2. Vertaus hung von glei hartigen Quantoren:2.1 ∀x∀yϕ und ∀y∀xϕ,2.2 ∃x∃yϕ und ∃y∃xϕ,3. Vers hmelzung von glei hen Quantoren:3.1 ∀x∀xϕ und ∀xϕ,3.2 ∃x∃xϕ und ∃xϕ,4. Distribution von Quantoren über Junktoren:4.1 (∀xϕ ∧ ∀xψ) und ∀x(ϕ ∧ ψ),4.2 (∃xϕ ∨ ∃xψ) und ∃x(ϕ ∨ ψ),5. (Harmloses) Erweitern des Wirkungsberei hs: falls x /∈ frei(ψ):5.1 (∀xϕ ∧ ψ) und ∀x(ϕ ∧ ψ), (ψ → ∀xϕ) und ∀x(ψ → ϕ),5.2 (∀xϕ ∨ ψ) und ∀x(ϕ ∨ ψ), (ψ → ∃xϕ) und ∃x(ψ → ϕ),5.3 (∃xϕ ∧ ψ) und ∃x(ϕ ∧ ψ), (∀xϕ→ ψ) und ∃x(ϕ→ ψ),5.4 (∃xϕ ∨ ψ) und ∃x(ϕ ∨ ψ), (∃xϕ→ ψ) und ∀x(ϕ→ ψ),67 / 144

Page 68: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Pränexe NormalformEine Formel ϕ(x1, . . . , xn) ist in pränexer Normalform (PNF), wennϕ = Q1y1 . . .Qkykψ(x1, . . . , xn, y1, . . . , yk )für Quantoren Qi ∈ {∃,∀} und eine quantorenfreie Formel ψ.Lemma Jede Formel ϕ(x1, . . . , xn) ist zu einer Formel ϕ′(x1, . . . , xn)in pränexer Normalform äquivalent.Beweis dur h Induktion über den Formelaufbau (ohne →,↔).

◮ ϕ ist atomar: dann ist es s hon in PNF, also ϕPNF := ϕ.◮ ¬ϕ: Sei ϕPNF = Q1x1 . . .Qkxkψ. Dann ist ¬ϕ äquivalent zu

[¬ϕ]PNF := Q1x1 . . .Qkxk¬ψ, mit ∀ = ∃,∃ = ∀.◮ (ϕ1 ∧ ϕ2): Sei oBdA ϕPNFi = Qixiψi , xi /∈ frei(ψ3−i ), x1 6= x2.

(ϕ1 ∧ ϕ2)PNF := Q1x1Q2x2(ψ1 ∧ ψ2)PNF .◮ (ϕ1 ∨ ϕ2): analog zu (ϕ1 ∧ ϕ2).◮ ∃xϕ: Wähle [∃xϕ]PNF := ∃x [ϕPNF ]. 68 / 144

Page 69: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel(∃x∀yP(x , y) ∧ ∃zQ(z))PNF = ∃x∃z(∀yP(x , y) ∧ Q(z))PNF

= ∃x∃z∀y(P(x , y) ∧Q(z))Junktoren → und ↔ muÿ man mit ¬,∧,∨ ausdrü ken. Dur hUmbenennung gebundener Variablen kann man errei hen, daÿ dieNebenbedingungen für (ϕ1 ∧ ϕ2)PNF und (ϕ1 ∨ ϕ2)PNF erfüllt sind:(∃xP(x) → ∀xQ(x))PNF = (¬∃xP(x) ∨ ∀xQ(x))PNF

= (∀x¬P(x) ∨ ∀yQ(y))PNF= ∀x∀y(¬P(x) ∨ Q(y))PNF= ∀x∀y(P(x) → Q(y))

69 / 144

Page 70: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Skolem's he NormalformLemma Sei ∀x1 . . . ∀xn∃yϕ eine L-Aussage, M eine L-Struktur undf ein neues Funktionszei hen. Äquivalent sind:1. M |= ∀x1 . . . ∀xn∃yϕ,2. Es gibt eine Funktion fM : Mn → M mit(M, f M) |= ∀x1 . . . ∀xn.ϕ(y/f (x1, . . . , xn)).Bew. 2.⇒ 1.: Benutze das Ersetzungslemma,

ϕ(y/f (x1, . . . , xn))(M,f M)[x1/a1,...,xn/an] = ϕM

[x1/a1,...,xn/an ,y/fM(a1,...,an)].1.⇒ 2.: Für alle a1, . . . , an ist M |= ∃yϕ[x1/a1, . . . , xn/an].De�niere fM(a1, . . . , an) dur h ein für y geeignetes b ∈ M. �Ein sol hes f heiÿt Skolemfunktion für ∀x1 . . . ∀xn∃yϕ. 70 / 144

Page 71: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Satz (Skolem-Normalform) Zu jeder L-Formel ϕ(z1, . . . , zn) gibt esneue Funktionszei hen f1, . . . , fk und eine quantorenfreie Formelψ(y1, . . . , ym, z1, . . . , zn) von L ∪ {f1, . . . , fk}, sodaÿ

ϕ ist erfüllbar ⇐⇒ ∀y1 . . . ∀ymψ ist erfüllbar.Bew: Das Lemma sagt:∀~x∃yϕ′ ist erfüllbar ⇐⇒ ∀~x .ϕ′(y/f (~x)) erfüllbar ist.Wende das wiederholt auf ϕPNF an. �Beispiel: ∀x1∃y1∀x2∃y2ψ ist erfüllbar

⇐⇒ ∀x1∀x2∃y2.ψ(y1/f (x1)) ist erfüllbar⇐⇒ ∀x1∀x2.ψ(y1/f (x1))(y2/g(x1, x2)) ist erfüllbar 71 / 144

Page 72: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Korollar Zu jeder L-Formel ϕ(z1, . . . , zn) gibt es Funktionszei hen~f /∈ L und eine quantorenfreie L ∪ {~f }-Formel ϕ′(~x ,~z), sodaÿ

ϕ ist allgemeingültig ⇐⇒ ∃~xϕ′ ist allgemeingültig.Bew: Sei ϕ = ∃~x∀yψ.ϕ ist allgemeingültig

⇐⇒ ¬ϕ ist ni ht erfüllbar⇐⇒ ∀~x∃y¬ψ ist ni ht erfüllbar⇐⇒ ∀~x¬ψ(y/f (~x)) ist ni ht erfüllbar (mit neuem f )⇐⇒ ¬∃~xψ(y/f (~x)) ist ni ht erfüllbar⇐⇒ ∃~xψ(y/f (~x)) ist allgemeingültig.Entspre hend für längere Quantorenprä�xe. Bea hte, daÿ hier dieAllquantoren dur h Skolemfunktionen ersetzt werden. 72 / 144

Page 73: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Herbrand-ModelleEin L-Term t bzw. eine L-Formel ϕ ist ges hlossen, wennfrei(t) = ∅ bzw. frei(ϕ) = ∅. Das Herbrand-Universum für L istH(L) := { t ∈ L-Term | t ist ges hlossen }.Eine Herbrand-Struktur für L ist eine L-StrukturH = (H, f H, . . . ,RH, . . .)sodaÿ H = H(L) undf H(t1, . . . , tn) := f (t1, . . . , tn)für alle n-stelligen Funktionszei hen f von L und t1, . . . , tn ∈ H.Ein Herbrand-Modell der L-Theorie T ist eine Herbrandstruktur H,die alle Aussagen von T erfüllt, d.h. mit H |= T . 73 / 144

Page 74: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Satz Sei ϕ eine L-Aussage ohne = in Skolem's her Normalform. ϕist erfüllbar genau dann, wenn ϕ ein Herbrand-Modell hat.Beweis: OBdA enthalte L nur die Funktions- und Relationszei henin ϕ und eine Konstante . Dann ist H 6= ∅.⇒: Sei A |= ϕ. Interpretiere n-stellige Relationszei hen R dur hRH := { (t1, . . . , tn) ∈ Hn | A |= R(t1, . . . , tn) }.Beh: Ist ψ eine L-Aussage in Skolem's her Normalform, so gilt

A |= ψ ⇒ H |= ψ.Für atomare Aussagen ist na h Def. von RH sogarA |= R(t1, . . . , tn) ⇐⇒ H |= R(t1, . . . , tn);das überträgt si h mit Induktion auf alle quantorenfreien Aussagen.74 / 144

Page 75: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Sei nun ψ = ∀xψ′ und A |= ψ. Dann gilt A |= ψ′[x/a] für jedesa ∈ A. Für jedes a = [[t]]A mit t ∈ H ist 1 = [[ψ′]][x/a] = [[ψ′(x/t)]].Na h Induktion wissen wirA |= ψ′(x/t) ⇒ H |= ψ′(x/t),also H |= ψ′(x/t) und H |= ψ′[x/t]. Das ist für alle t ∈ H so, also

H |= ∀xψ′.

⇐: Sei H ein Herbrand-Modell von ϕ. Dann wird ϕ von H erfüllt.Bem. Enthält L die Glei hheit =, so ist für s, t ∈ H nurA |= s=t ⇐ 6⇒ H |= s=t.Der Satz gilt dann au h, wenn man statt H einfa h H/=A nimmt,also die Äquivalenzklassen [t] := { s ∈ H | A |= s=t } mitP([t], . . .) : ⇐⇒ A |= P(t, . . .) und f ([t], . . .) := [f (t, . . .)]. 75 / 144

Page 76: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ma ht man dasselbe für eine abzählbare Menge von Aussagen, soerhält man:Satz (Löwenheim und Skolem) Sei T eine L-Theorie in einem L mithö hstens abzählbarem Vokabular. Dann gilt:T hat ein Modell ⇐⇒ T hat ein hö hstens abzählbares Modell HBew.: ⇒: Sei ϕSNF eine Skolem-Normalform von ϕ,T SNF := {ϕSNF | ϕ ∈ T }.T ist erfüllbar gdw. T SNF ist erfüllbar gdw. T SNF hat einHerbrand-Modell H. Da T SNF abzählbar ist, ist es au h H.Weglassen der Skolemfunktionen liefert ein abzählbares H′ |= T .Bem.: (Skolem's hes Paradox) Au h die übli he Mengenlehre ist einsol hes T . Sie hat also ein abzählbares Modell � obwohl sie überüberabzählbare Mengen wie R spri ht. 76 / 144

Page 77: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Vollständigkeitssatz der PrädikatenlogikDef. Die Herbrand-Expansion der L-Formel ϕ(x1, . . . , xn) istE (ϕ) := {ϕ(x1/t1, . . . , xn/tn) | t1, . . . , tn ∈ H }.Satz (Gödel,Herbrand,Skolem) Eine Aussage ∀x1 . . . ∀xnϕ inSkolem's her Normalform ist genau dann erfüllbar, wenn E (ϕ)(aussagenlogis h) erfüllbar ist.Bew. OBdA sei ϕ ohne =. Für jede Herbrand-Struktur H gilt:H |= ∀x1 . . . xn.ϕ

⇐⇒ für alle t1, . . . , tn ∈ H : H |= ϕ[x1/t1, . . .]⇐⇒ für alle t1, . . . , tn ∈ H : H |= ϕ(x1/t1, . . .)⇐⇒ H |= E (ϕ). �Na h dem Endli hkeitssatz der Aussagenlogik ist E (ϕ) genau dannerfüllbar, wenn jedes endli he E ⊆ E (ϕ) erfüllbar ist. 77 / 144

Page 78: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Erinnerung:Endli hkeitssatz der Aussagenlogik: Eine Menge T von Formeln derAussagenlogik ist genau dann erfüllbar, wenn jede endli heTeilmenge von T erfüllbar ist.78 / 144

Page 79: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Satz (Herbrand 1932) Eine Aussage ∀x1 . . . ∀xn.ϕ in Skolem's herNormalform ist unerfüllbar genau dann, wenn E (ϕ) eineunerfüllbare endli he Teilmenge hat.Vollständigkeitssatz (abstrakt) der Prädikatenlogik (Gödel 1930)Die Menge der allgemeingültigen Aussagen der Prädikatenlogik istsemi-ents heidbar: es gibt ein Verfahren V : L-Aussagen →B,sodaÿ für jede L-Aussage ϕ die Bere hnung von V (ϕ)

◮ in endli h vielen S hritten 1 ergibt, falls ϕ allgemeingültig ist,◮ in endli h vielen S hritten 0 ergibt oder ni ht endet, sonst.V kann also von allgemeingültigen ϕ erkennen, daÿ sie es sind, aberni ht von beliebigen ϕ, ob sie allgemeingültig sind.Bew.: ϕ ist allgemeingültig genau dann, wenn ¬ϕ unerfüllbar ist.V (ϕ) dur hsu ht systematis h alle endli hen E ⊆ E ([¬ϕ]SNF ) undliefert 1, wenn E aussagenlogis h unerfüllbar ist. �79 / 144

Page 80: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Vollständigkeitssatz (konkret) der Prädikatenlogik (Gödel 1930):Für bestimmte Beweiskalküle ⊢ gilt für erststu�ge Theorien T undAussagen ϕ: �Wenn ϕ aus T folgt, so ist ϕ aus T beweisbar� ,T |= ϕ =⇒ T ⊢ ϕ.Vereinfa ht für T = ∅ besagt der Satz (zusammen mit derKorrektheit des Kalküls, T ⊢ ϕ =⇒ T |= ϕ), daÿ äquivalent sind:a) [[ϕ]]A = 1 für alle L-Strukturen A,b) es gibt einen Beweis von ϕ.Während man a) ni ht direkt feststellen kann, da es i.a. unendli heA gibt, kann man b) dur h systematis he Beweissu he zeigen. 80 / 144

Page 81: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Prädikatenlogis hes S hlieÿen und ArgumentierenFür die Aussagenlogik hatten wir die Frage untersu ht:Wie beweist man eine Behauptung aus gegebenen Annahmen?Wir wollen das auf die Prädikatenlogik ausdehnen.I. Man analysiert die Behauptung und geht ihrer Formentspre hend vor.II. Man analysiert die Annahmen und geht na h der Form einerAnnahme vor.III. Man benutzt die De�nition eines Begri�s (Abkürzung).IV. Man benutzt die Eigens haften der Glei hheit =.V. Man analysiert die Objekte, über die etwas behauptet wird,und führt die Behauptung auf Behauptungen über einfa hereObjekte zurü k. (Induktion)Wir betra hten zuerst I,II, dann die neuen Mögli hkeiten III,IV,V. 81 / 144

Page 82: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

I. Beweise dur h Analyse der Behauptung6. Wir zeigen ∃x ϕ (meistens), indem wir ein geeignetes Objekt xangeben und dafür ϕ(x) zeigen.Behauptung: ∃xϕ.Beweis: Betra hte das (gut gewählte!) Objekt a.Wir zeigen, daÿ a ein Beispiel für x ist.Beh 1: ϕ(a). Bew.: . . . �Bem.: Ni ht alle Behauptungen der Form ∃x ϕ kann man sobeweisen; man hmal muÿ man sie indirekt beweisen.7. Wir zeigen ∀x ϕ, indem wir für ein beliebiges Objekt x , überdas wir keine weiteren Annahmen ma hen, ϕ(x) zeigen.Behauptung: ∀xϕ.Beweis: Sei a ein beliebiges Objekt. Zu zeigen istBeh 1: ϕ(a). Bew.: . . .Da a beliebig gewählt war, ist mit Beh. 1 au hdie Behauptung ∀xϕ gezeigt. � 82 / 144

Page 83: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

II. Beweise dur h Verwenden einer Annahme8. Um ϕ aus der Annahme ∃x ψ zu zeigen, genügt es, ϕ anstattaus ∃x ψ aus der Annahme ψ(x) zu zeigen, für ein no h ni htbenutztes Objekt x , d.h. ohne weitere Annahmen über x .Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ∃x ψ. Angenommen,a sei ein (unbekanntes) Objekt, für das ψ(a) gilt.Beh.: ϕ. Bew.: . . . �9. Um ϕ aus der Annahme ∀x ψ zu zeigen, genügt es, ϕ aus derAnnahme ψ(y) ∧ ∀x ψ, für ein (evtl. s hon benutztes) Objekty , statt ∀x ψ, zu zeigen.Behauptung: ϕ.Beweis: Na h den Annahmen gilt ∀x ψ. Daher giltinsbesondere ψ(a), für das (bekannte) Objekt a.Beh.: ϕ. Bew.: . . . � 83 / 144

Page 84: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

III. Verwendung von AbkürzungenAbkürzungen dürfen dur h den de�nierenden Ausdru k ersetztwerden.1. Um eine Behauptung ϕ zu zeigen, in der die Abkürzung Pverwendet wird, genügt es, statt ϕ die Behauptung ϕ(P/δ) zuzeigen, in der P dur h ihre De�nition δ ersetzt ist.2. Um die Behauptung ϕ aus einer Annahme ψ zu zeigen, in dereine Abkürzung P verwendet wird, genügt es, ϕ aus derAnnahme ψ(P/δ) statt ψ zu zeigen, in der P dur h ihreDe�nition δ ersetzt ist. [De�niere ψ(P/δ) geeignet!℄Oder wir erweitern einfa h die Annahmen um die De�nition von P ,∀x . . . ∀z(P(x , . . . , z) ↔ δ(x , . . . , z)).z .B . ∀x∀z(x ⊆ z ↔ ∀y(y ∈ x → y ∈ z)) ⊲ ∀x(x ⊆ x) 84 / 144

Page 85: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

IV. Verwendung von Annahmen über =Wenn das Grundprädikat = verwendet wird, brau hen wir spezielleRegeln für die Glei hheit:1. Um ϕ(b) aus der Annahme a=b zu zeigen, genügt es, ϕ(a)aus der Annahme a=b zu zeigen.2. Um ϕ zu zeigen, dürfen wir zusätzli h folgende Annahmenma hen:∀x(x=x),

∀x∀y(x=y → y=x),∀x∀y∀z((x=y ∧ y=z) → x=z)

85 / 144

Page 86: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

V. Induktion über den Aufbau der ObjekteSei A eine Menge und F ⊆ { f (n) : An → A | n ∈ N } eine Mengevon Funktionen f (n) : An → A der Stelligkeiten n ∈ N. Für B ⊆ Asei BF der Abs hluÿ von B unter den Funktionen aus F ,BF:=

{X | B ⊆ X ⊆ A,∀f (n) ∈ F ∀~b ∈ X n f (~b) ∈ X }Das Induktionsaxiom für BF besagt:Wenn ϕ für alle b ∈ B gilt und si h bei allen f ∈ F vonden Argumenten auf den Funktionswert überträgt, so giltϕ für alle b ∈ BF .Ein Objekt f (~b) ∈ BF ist �komplizierter� als die bi ∈ ~b. Man kanneine Aussage für alle Objekte von BF zeigen, indem man sie zuerstfür die einfa heren zeigt. 86 / 144

Page 87: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

1. Um ϕ(x) für alle x ∈ BF zu zeigen, genügt es, dieVoraussetzung im Induktionsaxiom für BF zu zeigen.Behauptung: Für alle x ∈ BF gilt ϕ(x).Beweis:Induktionsanfang:Beh.: ϕ(x) gilt für jedes x ∈ B .Bew.:. . .Induktionss hritt:Beh.: ϕ(f (~b)) gilt, wenn f ∈ Fund ϕ(bi ) für jedes bi ∈ ~b gilt.Bew.: Sei f ∈ F und ϕ(bi ) für alle bi ∈ ~b.Beh.: ϕ(f (~b)). Bew:. . .Na h dem Induktionsaxiom gilt ϕ(x) für alle x ∈ BF .� 87 / 144

Page 88: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel Induktion über den Termaufbau. Die Terme sind derAbs hluÿ von Var unter den f (n) ∈ Fun, also Term = VarFun.Behauptung: [[t]]Ah = [[t]]Ag , falls h(x) = g(x) für alle x ∈ frei(t).Beweis: Seien g , h : Var → A mit h(x) = g(x) für alle x ∈ frei(t).(Induktionsanfang) t ∈ Var, etwa t = x :[[t]]h = [[x ]]h = h(x) = g(x) = [[x ]]g = [[t]]g .(Induktionss hritt) t = f (t1, . . . , tn) für Terme ti und f ∈ Fun.Na h Induktionsannahme ist [[ti ]]h = [[ti ]]g für i = 1, . . . , n. Daher:[[f (t1, . . . , tn)]]h = f A([[t1]]h, . . . , [[tn]]h)

= f A([[t1]]g , . . . , [[tn]]g )= [[f (t1, . . . , tn)]]g .Na h dem Induktionsaxiom gilt die Behauptung für alle Terme. �88 / 144

Page 89: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beweis-Kalkül für die PrädikatenlogikWir erlauben in den Sequenzen Γ ⊲∆ des Gentzenkalküls jetztendli he Mengen Γ und ∆ von prädikatenlogis hen Formeln.Als Axiome für = nimmt man folgende Sequenzen: für jede Formelϕ, alle Terme s, t und Variable x :

Γ ⊲∆, t=t (=1)Γ, s=t, ϕ(x/s) ⊲∆, ϕ(x/t) (=2)Γ, s=t, ϕ(x/t) ⊲∆, ϕ(x/s) (=3).Zum Beispiel bekommt man damit die Transitivität von = dur h

(ϕ := r=x)s=t, r=s ⊲ r=t (=2) 89 / 144

Page 90: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Für die Quantoren kommen folgende Regeln hinzu:Γ,∀xϕ,ϕ(x/t) ⊲∆

Γ,∀xϕ ⊲∆ (∀L) Γ ⊲∆, ϕ

Γ ⊲∆,∀xϕ (∀R),falls x /∈ frei(Γ,∆)

Γ, ϕ ⊲∆

Γ,∃xϕ ⊲∆ (∃L), Γ ⊲∆, ϕ(x/t)Γ ⊲∆,∃xϕ (∃R)falls x /∈ frei(Γ,∆)Auÿerdem nimmt man no h die sogenannte S hnittregel hinzu:

Γ1 ⊲∆1, ϕ ϕ, Γ2 ⊲∆2Γ1, Γ2 ⊲∆1,∆2 (Cut).Bem.: Man kann zeigen, daÿ man diese Regel ni ht brau ht. 90 / 144

Page 91: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Lemma(Korrektheit) Jede im Gentzenkalkül beweisbare Sequenz istallgemeingültig.Bew. Man zeigt die Allgemeingültigkeit der Axiome und dieKorrektheit der Regeln, d.h. daÿ bei jeder Interpretation undBelegung, die die Obersequenz(en) erfüllt, au h die Untersequenzerfüllt ist. Die Behauptung folgt dann dur h Induktion über dieBeweistiefe.Beispiel Alle (einstelligen) Funktionen gelten in der PL als total:⊲ f (x)=f (x) (=1)⊲ ∃z(z=f (x)) (∃R)⊲ ∀x∃z(z=f (x)) (∀R x!)Im zweiten S hritt benutze ϕ(f (x)/z) := (z=f (x))(z/f (x)). 91 / 144

Page 92: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Quantorenregeln legen �Rezepte� zur Konstruktion vonBeweisen nahe. Der Spezialfall der RegelΓ ⊲∆, ϕ

Γ ⊲∆,∀xϕ (∀R), falls x /∈ frei(Γ,∆)mit leerem ∆ besagt: um ∀xϕ aus den Annahmen Γ zu beweisen,genügt es, aus Γ die Aussage ϕ für ein �beliebiges� Objekt x zuzeigen (�beliebig� heiÿt also: über x wird ni hts vorausgesetzt.)Bem. Umbenennbarkeit gebundener Variablen: ist y /∈ frei(ϕ), so ist⊲ ∀xϕ↔ ∀y [ϕ(x/y)]Hier ist ein Beweis für einen Teil, der andere geht analog:

∀xϕ,ϕ(x/y) ⊲ ϕ(x/y)∀xϕ ⊲ ϕ(x/y) (∀ L)∀xϕ ⊲ ∀y [ϕ(x/y)] (∀R , y !)⊲ ∀xϕ→ ∀y [ϕ(x/y)] (→ R) 92 / 144

Page 93: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel Die Aussage ∃y∀xR(x , y) → ∀x∃yR(x , y) istallgemeingültig (die umgekehrte aber ni ht!). Ein Beweis ist:∀x R(x , y),R(x , y) ⊲ R(x , y)

∀x R(x , y) ⊲ R(x , y) (∀L)∀x R(x , y) ⊲ ∃y R(x , y) (∃R)∀x R(x , y) ⊲ ∀x ∃y R(x , y) (∀R , x!)∃y ∀x R(x , y) ⊲ ∀x ∃y R(x , y)⊲ ∃y ∀x R(x , y) → ∀x ∃y R(x , y) (→ R) (∃L, y !)

Satz (Vollständigkeit des Gentzenkalküls) Jede allgemeingültigeSequenz Γ ⊲∆ ist mit den Kalkülregeln beweisbar. 93 / 144

Page 94: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bea hte, daÿ die Obersequenz inΓ,∀xϕ,ϕ(x/t) ⊲∆

Γ,∀xϕ ⊲∆ (∀L)i.a. mehr Quantoren und Junktoren enthält als die Untersequenz.Nur deshalb kann man die ∀-Annahme mehrfa h verwenden.Beispiel Sei Q(x , y) := (P(x) → P(y)), Γ = ∀x Q(x , f (x))....∀x Q(x , f (x)),Q(x , f (x)),Q(f (x), f (f (x))) ⊲ Q(x , f (f (x)))

∀x Q(x , f (x)),Q(x , f (x)) ⊲ Q(x , f (f (x))) (∀L)∀x Q(x , f (x)) ⊲ ∀x Q(x , f (f (x))) (∀R)Der Beweis des Vollständigkeitssatzes geht deshalb ni ht so einfa hwie für die Aussagenlogik: man weiÿ ni ht, wie oft man die

∀-Annahmen spezialisieren muÿ. (Wir lassen den Beweis weg.) 94 / 144

Page 95: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

TerminplanThema (voraussi htli h)1. Mi 18.4. Aussagenlogik2. Do 19.4. TÜ Aussagenlogik3. Mi 25.4. Boole's he Algebra4. Do 26.4. TÜ Boole's he Algebra5. Mi 2.5. AL-Beweiskalküle6. Do 3.5.7. Mi 9.5. Prädikatenlogik8. Do 10.5. PL-Beweiskalkül9. Mi 16.5. Vollständigkeitssatz� Do 17.5. (Christi Himmelfahrt)10. Mi 23.5. Verallgemeinerte Quantoren11. Do 24.5.12. Mi 30.5. Typen und Lambda-Terme13. Do 31.5. 95 / 144

Page 96: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

14. Mi 6.6. Typrekonstruktion?? Do 7.6. (Fronlei hnam)15. Mi 13.6. PTQ extensional, 116. Do 14.6.17. Mi 20.6. PTQ extensional, 218. Do 21.6.19. Mi 27.6. PTQ intensional20. Do 28.6.21. Mi 4.7. Diskursrepräsentationstheorie (DRT)22. Do 5.7.23. Mi 11.7. Lambda-DRT24. Do 12.7.23. Mi 18.7. Abs hluÿklausur24. Do 19.7. TÜ 96 / 144

Page 97: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Verallgemeinerte QuantorenIn der Umgangsspra he gibt es neben den Quantoren �jedes� und�mindestens ein� (bzw. �für alle� und �für einige� ) no h weitereQuantoren, z.B.Singular Plural 2-stelligein einige genauso viele � wiejedes alle mehr � alsjedes dritte weniger � als� drei n-mal so viele � wie� mindestens drei� �viele�� �wenige�� �die meisten�� �die wenigsten�� ein Drittel aller 97 / 144

Page 98: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

◮ Man he dieser Quantoren haben nur bei endli henObjektberei hen einen klaren Sinn: z.B.�hö hstens ein Drittel� der komplexen Zahlen ≃ ??

◮ Man he dieser Quantoren kann man mit Mitteln derPrädikatenlogik ums hreiben, z.B.für mindestens drei ≃ ∃x∃y∃z(x 6= y ∧ x 6= z ∧ y 6= z ∧ . . .)◮ Man he dieser Quantoren kann man au h dann ni ht in derPrädikatenlogik ums hreiben, wenn man nur Interpretationendur h endli he Strukturen zuläÿt.für viele . . . ≃ ??? 98 / 144

Page 99: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Was ist die Bedeutung sol her Quantoren?◮ Ein �Quantor� drü kt etwas über die �Quantität� , d.h. Gröÿeim Sinne von Anzahl von etwas, aus.◮ Es geht um die Anzahl von Individuen, also um die Gröÿe vonIndividuenmengen.◮ Also: ein Quantor sollte etwas über die Mä htigkeit |A| vonIndividuenmengen A besagen.für �viele� x gilt P ≃ |{ x | P(x) }| ist �groÿ�für �alle� x gilt P ≃ |{ x | P(x) }| ist �maximal� , besser :

≃ |{ x | ¬P(x) }| = 0für �einige� x gilt P ≃ |{ x | P(x) }| > 0für �die meisten� x gilt P ≃ |{ x | P(x) }| > |{ x | ¬P(x) }| 99 / 144

Page 100: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Das legt nahe:Die Bedeutung eines (einstelligen) (Individuen-) Quantorsist eine Eigens haft von (Individuen-) Mengen.Ein Quantor Q vom Typ 〈1〉 wird auf dem Universum U dur h eineEigens haft von Teilmengen von U interpretiert:[[Q]] ⊆ P(U) oder [[Q]] : P(U) → B.Beispiele:

[[alle]] = {A | |A| = 0 }[[einige]] = {A | |A| > 0 }

[[die meisten]] = {A | |A| > |A| }[[Qxϕ]] = 1 ⇐⇒ { a | [[ϕ]][x/a] = 1 } ∈ [[Q]] 100 / 144

Page 101: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Determinatoren als Quantoren vom Typ 〈1, 1〉Die natürli he Spra he hat kaum �unbes hränkte� Quantoren,sondern quanti�ziert fast nur über �bes hränkte� Teilberei he:unbes hränkt bes hränkt Ums hreibung�für alle� gilt P �für alle N� gilt P∀x .P(x) ∀x ∈ N.P(x) ∀x(N(x) → P(x))�für einige� gilt P �für einige N� gilt P∃x P(x) ∃x ∈ N.P(x) ∃x(N(x) ∧ P(x))Ni ht jeden �bes hränkten� Quantor kann man mit unbes hränktenQuantoren ums hreiben:�für die meisten N� gilt P = Most x ∈ N.P(x)= |N ∩ P | > |N ∩ P |

6= Most x (N(x) → P(x)) o.ä. 101 / 144

Page 102: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Es ist daher besser, bes hränkte Quantoren zu erlauben:Quantor(Restriktion,Eigens haft)= Q(N,P) = Qx (N(x),P(x))Ein Quantor Q vom Typ 〈1, 1〉 wird auf dem Universum U dur heine Relation zwis hen Teilmengen von U interpretiert:[[Q]] ⊆ P(U) × P(U).Beispiele:

[[alle]] = { (A,B) | |A ∩ B | = 0 }[[einige]] = { (A,B) | |A ∩ B | > 0 }

[[die meisten]] = { (A,B) | |A ∩ B | > |A ∩ B | }[[Qx(ϕ,ψ)]] = 1 ⇐⇒ ([[ϕ]], [[ψ]]) ∈ [[Q]],wobei [[ϕ]] := { a | [[ϕ]][x/a] = 1 }. 102 / 144

Page 103: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Für jede Bes hränkung N erhält man eine Eigens haft von Mengen:[[die meisten N]] = {B | |N ∩ B | > |N ∩ B| }

= {B | (N,B) ∈ [[die meisten]] }Allgemein: aus jedem Quantor Q vom Typ 〈1, 1〉 und einem Berei hA ⊆ U erhält man einen Quantor QA vom Typ 〈1〉 dur h[[Q]]A := {B | (A,B) ∈ [[Q]] }.Man kann einen Quantor vom Typ 〈1, 1〉 au h als eine FunktionQ : P(U) → P(U) → Bbetra hten, indem man Q(A)(B) := Q(A,B) setzt. Eine mit derSyntaxregel S → NP VP aufgebaute Aussage wird dann dur h dieFunktionsanwendung [[S ]] = [[NP]]([[VP]]) interpretiert:

[[(viele A�en) brüllen]] = [[viele A�en]]([[br ullen]]) = Q(A) (B). 103 / 144

Page 104: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Quantoren und NegationIn der natürli hen Spra he kann man Quantoren �negieren� :ni ht einer = keiner ; ni ht viele = wenige ;ni ht alle = einige ni ht;Jedes Q vom Typ 〈1, 1〉 hat eine äuÿere und eine innere Negation:(¬Q)(A,B) : ⇐⇒ ¬ Q(A,B), (Q¬)(A,B) : ⇐⇒ Q(A,B).Der zu Q duale Quantor vom Typ 〈1, 1〉 ist Qd := ¬(Q¬).Beispiel:((ni ht viele) Fis he) �iegen = ni ht ((viele Fis he) �iegen)= ni ht (viele(Fis he,�iegen))viele Fis he �iegen ni ht = (viele Fis he) (�iegen ni ht)= viele(Fis he,ni ht-�iegen)Beispiel: ∀ und ∃ sind zu einander dual:

∃x ∈ N ϕ ≡ ¬∀x ∈ N ¬ϕ, ∀x ∈ N ϕ ≡ ¬∃x ∈ N ¬ϕ. 104 / 144

Page 105: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ein n-stelliger Quantor Q vom Typ 〈1, . . . , 1〉 wird auf demUniversum U dur h eine n-stellige Mengen-Relation [[Q]] ⊆ P(U)ninterpretiert. Dem entspri ht eine Formel der GestaltQx(ϕ1, . . . , ϕn).OBdA sei das letzte Argumente das �Prädikat� von Individuen;dann ist Q(A1) . . . (An−1) die Bedeutung einer quanti�zierten NP.Quanti�zierte NP als Subjekt:[[(mehr A als B) sind P ]] = { (A,B ,P) | |A ∩ P | > |B ∩ P | }

[[genauso viele A wie B sind P ]] = { (A,B ,P) | |A ∩ P | = |B ∩ P | }[[3-mal so viele A wie B sind P ]] = { (A,B ,P) | |A ∩ P | = 3|B ∩ P | }Quanti�zierte NP als Objekt:[[Fritz kennt (mehr A als B)]] = { (A,B ,P) | |A ∩ P | > |B ∩ P | }mit P(x) = �Fritz kennt x� 105 / 144

Page 106: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Ein Quantor vom Typ 〈m1, . . . ,mn〉 wird auf U dur h eine Relation[[Q]] ⊆ P(Um1)× . . .× P(Umn)zwis hen (Individuen-)Relationen interpretiert.Beispiel:

◮ 〈2, 2〉-Quantoren Q(R ,P) ≃ Q(x , y)(R(x , y),P(x , y)), mitRelationsnomen R als Restriktion und Relationsnomen odersymmetris hem Verb P als Prädikat:�Alle|Einige|Viele Brüder sind Zwillinge� = Q(B ,Z )◮ 〈1, 2〉-Quantoren Q(R ,P) ≃ Q(x , y)(R(x) ∧ R(y),P(x , y))mit Nomen als Restriktion und Relationsnomen odersymmetris hem Verb als Prädikat�Alle Mens hen werden Brüder.��Einige Studenten kennen einander.�Bea hte: selbst bei einstelligem Nomen ist die Subjekt-NP Q(R)ambig, je na h dem m ∈ {1, 2} bei Q : P(U) → P(Um) → B. 106 / 144

Page 107: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eigens haften von QuantorenNi ht jede Relation Q ⊆ P(Um1)× . . . × P(Umn) entspri ht einemQuantor. Was sind logis he Eigens haften von �Quantoren� ?Ein Quantor Q vom Typ 〈m1, . . . ,mn〉 sollte u.a. erfüllen:◮ Monotonie im k-ten Argument: für alle Ai ⊆ Umi , Ak ⊆ A′k :Q(A1, . . . ,Ak , . . . ,An) ⇒ Q(A1, . . . ,A′k , . . . ,An).◮ Invarianz unter Isomorphie: Für jede Bijektion f : U → U istQ(R1, . . . ,Rn) ⇐⇒ Q(f (R1), . . . , f (Rn))◮ Erweiterbarkeit des Universums: für alle Ai ⊆ Umi , U ⊆ U ′Q(A1, . . . ,An) in U ⇐⇒ Q(A1, . . . ,An) in U ′.Literatur: Stanley Peters, Dag Westerstål: Quanti�ers in Languageand Logi . Clarendon Press, Oxford 2006 107 / 144

Page 108: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Anwendung eines Prädikats auf Nominalphrasen im Plural hatin natürli hen Spra hen vers hiedene Lesarten, darunter:◮ die distributive Lesart:

◮ �alle Mens hen sind sterbli h� = �jeder Mens h ist sterbli h�◮ �Karl und Emil träumen� = �Karl träumt und Emil träumt�

◮ die kollektive Lesart:◮ �Karl und Emil tragen das Klavier� 6= �Karl trägt das Klavierund Emil trägt das Klavier�◮ �die 22 Männer bildeten zwei Fuÿballmans haften� 6= �jederder 22 Männer bildete zwei Fuÿballmanns haften�

◮ die reziproke/paarweise Lesart:◮ �Karl und Emil sind Freunde� = � (Karl ist Freund von Emil)und (Emil ist Freund von Karl)� .◮ �die meisten Geraden s hneiden einander� = �für die meistenPaare (g , g ′) von Geraden gilt: g und g ′ s hneiden einander�Wel he Lesart angebra ht ist, hängt vom Prädikat ab: drü kt eseine Eigens haft von Indiviuen, Gruppen oder Individuenpaaren aus?108 / 144

Page 109: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Wie betra hten hauptsä hli h die distributive Lesart:Qplx ϕ := { a ∈ U | [[ϕ]][x/a] = 1 } ∈ [[Q]] ⊆ P(U)oder für relativierte Quantoren:Qplx (ϕ,ψ) := ([[ϕ]], [[ψ]]) ∈ [[Q]] ⊆ P(U) × P(U)Die paarweise (distributive) Lesart bindet zwei Variablen:Qpl (x , y) (ϕ,ψ) := ([[ϕ]], [[ψ]]) ∈ [[Q]] ⊆ P(U × U)× P(U × U)und hat mindestens ein zweistelliges Prädikat ψ(x , y). DieRestriktion ϕ kann eine zweistellige Relation ϕ(x , y) sein ��diemeisten Freunde� , oder aus einem einstelligen ϕ(x) dur hϕ(x) ∧ ϕ(y) gebildet werden � � die meisten Geraden� .Bem.: Die kollektive Lesart erfordert Formeln mit Mengenvariablen.109 / 144

Page 110: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Prädikatenlogis he Spra he L(Q)Sei L eine erstu�ge prädikatenlogis he Spra he. Die ErweiterungL(Q) von L um den Quantor Q vom Typ 〈m1, . . .mn〉 hat◮ als L(Q)-Terme die L-Terme,◮ als L(Q)-Formeln:1. die atomaren L-Formeln,2. mit Formeln ϕ und ψ und Variable x au h ¬ϕ, (ϕ ∧ ψ), ∃xϕ,3. mit Variablen ~xi = x1, . . . , xmi und Formeln ϕ1, . . . , ϕn au hQ(~x1, . . . , ~xn)(ϕ1, . . . , ϕmn ).(Falls m1 = . . . = mn = k , einfa h Q(x1, . . . , xk)(ϕ1, . . . , ϕn).)Eine L(Q)-Struktur ist eine L-Struktur A = (U,QA,RA, . . .) miteiner Relation QA ⊆ P(Un1)× . . .× P(Umn). Man de�niert

[[Q(~x1, . . .)(ϕ1, . . .)]]Ag = 1 : ⇐⇒ (ϕA,h1 , . . . , ϕA,hn ) ∈ QAfür ϕA,hi := {~ai | [[ϕi ]]Ah[~xi/~ai ] } für i = 1, . . . , n. 110 / 144

Page 111: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

λ-Termeλ-Terme sind eine S hreibweise für Funktionen und Daten:s, t := x Variable

| Konstante| (t · s) Anwendung von t auf s| λx t Funktionsabstraktion von t bzgl. xBea hte: bei der �Anwendung� (t · s) sind Funktion und Argumentglei hrangig, man kann bei beiden eine Variable haben � anders alsbei f (s) in Prolog und in der Prädikatenlogik.Bei jeder Interpretation D = (D, ·D, D, . . .) sollte u.a. gelten:

(λx t · s)D = (λx t)D ·D sD = tD[x/sD] = (t[x/s])D.Das will man dur h Termvereinfa hung, s → t, ausre hnen können,mit sD = tD bei allen Interpretationen D. 111 / 144

Page 112: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Termvereinfa hung s → tr → t(r · s) → (t · s) (=1) s → u

(r · s) → (r · u) (=2) r → sλx r → λx s (=3)y /∈ frei(t)

λx t → λy t[x/y ] (α) (λx t · s) → t[x/s] (β) x /∈ frei(t)λx (t · x) → t (η)Weitere Regeln legen den Umgang mit Konstanten fest, z.B.

(add ·0) ·y → y , (add · ((add ·x) · z)) ·y → (add ·x) · (add · z ·y)Die syntaktis he Einsetzung t[x/s] ist so zu de�nieren, daÿgebundene Variablen in t umbenannt werden, damit keiny ∈ frei(s) in den Wirkungsberei h eines λy von t gerät.Mit s →∗ t ist gemeint, daÿ man von s mit diesen Regeln (undgebundener Umbenennung) zu t kommen kann. 112 / 144

Page 113: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Syntaktis he Einsetzung t[x/s]Die frei in einem λ-Term vorkommenden Variablen sind:frei(y) := {y}, frei((s · t)) := frei(s) ∪ frei(t),frei( ) := ∅, frei(λx t) := frei(t) \ {x}.Die Ersetzung (der freien Vorkommen) von x in t dur h s, kurz:t[x/s], de�niert man induktiv über den Aufbau von t:y [x/s] :=

{s, falls y ≡ x ,y , falls y 6≡ x [x/s] := (r · t)[x/s] := (r [x/s] · t[x/s])λy t [x/s] :=

λy t, falls y ≡ x ,λy (t[x/s]), sonst, falls y /∈ frei(s),λz (t[y/z ][x/s]), sonst, mit z /∈ frei(λy t · s)113 / 144

Page 114: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiele für t[x/s]λx(y · x)︸ ︷︷ ︸t [x/λz( · z)

︸ ︷︷ ︸s ] = λx(y · x) t[x/s] = t, da x /∈ frei(t)λx(y · x)[y/λz( · z)] = λx(λz( · z) · x) da x /∈ frei(s)λx(y · x)[y/λz(x · z)] = λz((y · x)[x/z ][y/λz(x · z)])

= λz((y · z)[y/λz(x · z)])= λz(λz(x · z) · z)=α λu(λz(x · z) · u)

λy λx (y · x) · λz(x · z) →∗ λu(λz(x · z) · u)114 / 144

Page 115: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die β-Redexe eines Terms sind die Teilterme, auf die die β-Regelangewendet werden kann.Dur h Anwenden der Reduktionsregeln können neue Redexeentstehen: in s = λx((x · y) · (x · y)) · λv v→β ((x · y) · (x · y))[x/λv v ]= ((λv v · y) · (λv v · y)) =: t→β (y · (λv v · y)),→β (y · y),enthält der Ausgangsterm s einen β-Redex und der dur h dieReduktion entstandene Term t zwei β-Redexe. 115 / 144

Page 116: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Man kann i.a. einen Term mit vers hiedenen Regeln vereinfa hen.Eine mögli he Strategie, die Reduktionsregeln zu verwenden, ist:1. Wenn der Term die Form (λxt · s) hat, wende (β) an undvereinfa he das Ergebnis t[x/s] weiter.2. Wenn der Term die Form (r · s) hat, aber r kein λxr ′ ist,vereinfa he r na h (=1) zu einem t, wenn es geht, und dannvereinfa he das Ergebnis (t · s) weiter. Wenn r ni htvereinfa ht werden kann, vereinfa he s na h (=2) zu einem u,und vereinfa he das Ergebnis (r · u) weiter.3. Wenn der Term die Form λx(t · x) mit x /∈ frei(t) hat, wende(η) an und vereinfa he das Ergebnis t weiter.4. Wenn der Term die Form λxr hat, wo r kein (t · x) mitx /∈ frei(t) ist, vereinfa he r zu einem s und vereinfa he dasErgebnis λxs weiter.5. Andere Terme sind ni ht vereinfa hbar, es sei denn, es gibtKonstante mit weiteren Reduktionsregeln; dann sollte mandiese Regeln mögli hst vorrangig behandeln. 116 / 144

Page 117: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die �Vereinfa hung� kann sogar divergieren!Beispiel Für t := λx((x · x) · (x · x)) ist(t · t) = (λx((x · x) · (x · x)) · t)

→β ((x · x) · (x · x))[x/t]= ((t · t) · (t · t))→β (((t · t) · (t · t)) · (t · t)) →β . . .Eine uneinges hränkte Anwendungsoperation · ist also problema-tis h, wenn man Terme zu irreduziblen �Werten� vereinfa hen will.Es ist au h s hwierig, eine Interpretation D = (D, ·D, D, . . .) zu�nden, bei der man jedes Objekt d ∈ D in d ·D d links als eineFunktion interpretieren kann, die auf si h selbst �angewendet wird� .117 / 144

Page 118: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Getypte λ-TermeEinfa her ist es, wenn man Objekte und Terme vers hiedener Typenσ, τ := α | bool | int | (σ → τ)vorsieht und nur �typkorrekte� Anwendungen (t · s) benutzt, wo tvon einem Funktionstyp (σ → τ) und s vom Argumenttyp σ ist.Ein Typkontext Γ ist eine Liste von Annahmen x : τ von Typen τfür Variable x . Ein Term t hat im Kontext Γ den Typ τ , wenn

Γ ⊢ t : τ na h folgenden Regeln herleitbar ist:x : σ, Γ ⊢ x : σ(Var) x 6≡ y , Γ ⊢ x : σy : τ, Γ ⊢ x : σ

(Var)Γ ⊢ t : σ → τ, Γ ⊢ s : σ

Γ ⊢ (t · s) : τ (App) x : ρ, Γ ⊢ t : τΓ ⊢ λx t : (ρ→ τ)

(Abs)Jede Objektkonstante habe einen variablenfreien Typ τ . Es seiΓ ⊢ : τ (Const). 118 / 144

Page 119: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Man he Terme haben im selben Kontext viele Typen, z.B.x : int ⊢ x : int⊢ λx .x : (int → int) (Abs) x : σ ⊢ x : σ

⊢ λx .x : (σ → σ)(Abs)Andere Terme haben keinen Typ, z.B. die �Selbstanwendung� :x : α ⊢ x : α→ β

(∗Var , α =?(α→ β)), x : α ⊢ x : α(Var)x : α ⊢ (x · x) : β

⊢ λx(x · x) : (α→ β)(Abs) (App)Man kann eine �allgemeinste Typisierung� für t su hen, indem manunbekannte Typen für freie Variable annimmt und die nötigenTypglei hungen dur h Uni�kation von Typen löst:f : α, x : β ⊢ f : α f : α, x : β ⊢ x : βf : α, x : β ⊢ (f · x) : γ (App, α = (β → γ)) 119 / 144

Page 120: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Einfa hheitshalber notiert man die Typen als oberen Index, wie in(f β→γ · xβ)γ , λxα→βλy (α→β)→α(x · (y · x)α)β .Bea hte: Na h (Abs) haben im Term λxσt alle freien Vorkommenvon x in t denselben Typ σ. Insbesondere gilt:

Γ ⊢ (λxt · s) : τ =⇒ Γ ⊢ t[x/s] : τ.Man kann zeigen:1. Typerhaltung Ist Γ ⊢ t : τ und t →∗ s eine �Vereinfa hung�von t, so ist Γ ⊢ s : τ .2. Starke Normalisierung: Ist Γ ⊢ t : τ , so terminiert jedeReduktionsfolge t → t ′ → t ′′ → . . . (bis auf α-Reduktionen) inderselben Normalform nf (t). 120 / 144

Page 121: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Interpretation der getypten λ-TermeFür getypte Terme ist es einfa h, Interpretationen anzugeben.Sei Typ die Menge der variablenfreien Typen und L die Spra he derλ-Terme mit Konstanten : τ mit τ ∈ Typ. Eine (volle)Typstruktur

D = (〈Dσ〉σ∈Typ, D, . . .)besteht aus einer Familie von Universen Dσ und Elementen D, sodaÿ für alle Typen σ, τ und Konstanten : τ gilt:◮ D(σ→τ) = { f | f : Dσ → Dτ } ist der Berei h aller(mengentheoretis hen) totalen Funktionen von Dσ na h Dτ ,◮ : τ wird dur h ein Element D ∈ Dτ interpretiert.Bea hte: au h wenn die Basistypen dur h endli he Berei he wieDbool = {0, 1} interpretiert werden, ist D do h immer unendli h. 121 / 144

Page 122: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Sei e der Typ der �Individuen� und t (= bool) der Typ der�Wahrheitswerte� . Dann kann man logis he Formeln als spezielleλ-Terme vom Typ t ansehen:

◮ Junktoren können wir als (getypte) Konstante verstehen:(ϕ⇒ ψ) := ((⇒t→(t→t) ·ϕ) · ψ)

◮ Quantoren können wir als (getypte) Konstante verstehen:∀xϕ := (∀(e→t)→t · λxe ϕ).

◮ (zweistellige) Prädikate und Funktionen sind KonstanteP : e → (e → t) und f : e → (e → e).Man kann au h Quantoren über Objekte eines Typs σ 6= e zulassen:∀xσϕ := (∀(σ→t)→t · λxσ ϕ). 122 / 144

Page 123: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Mit λ-Termen können wir die Bedeutung von quanti�ziertenNominalphrasen und verallgemeinerten Quantoren ausdrü ken.Eigennamen sind Konstante : e.Peter 7→ : eQuanti�zierte Nominalphrasen haben einen komplexen Typ:(alle N) 7→ λPe→t [∀xe((N · x) ⇒ (P · x))t ]t : (e → t) → tVerallgemeinerte Quantoren vom Typ 〈1, 1〉 sind Konstanten vomTyp (e → t) → ((e → t) → t)alle 7→ λNe→t λPe→t ∀xe((N · x) ⇒ (P · x))tunabhängig davon, ob N und P Prädikate oder Formeln sind. 123 / 144

Page 124: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Wir interpretieren getypte λ-Terme in einer vollen TypstrukturD = (〈Dσ〉σ∈Typ, D, . . .) mit D :=

{Dσ | σ ∈ Typ }.Ein getypter λ-Term t(xσ, . . .)τ sei eine Typisierung Γ ⊢ t : τ von t,deren Annahmen x : σ an den freien Vorkommen von x in t stehen.Eine Γ respektierende Belegung g : Var → D belegt xσ aus Γ miteinem Element g(xσ) ∈ Dσ. Der Wert [[t(xσ, . . .)τ ]]Dg ∈ Dτ sei dann:[[xσ]]Dg := g(xσ) ∈ Dσ,

[[ σ]]Dg := Dσ ∈ Dσ,

[[(tσ→τ · sσ)τ ]]Dg := [[tσ→τ ]]Dg ·D [[sσ]]Dg := [[tσ→τ ]]Dg ([[sσ]]Dg ),[[λxσtτ ]]Dg := das f : Dσ → Dτ mit f (a) = [[tτ ]]Dg [xσ/a]Die Anwendung (f ·D a) ist die übli he Funktionsanwendung f (a) !124 / 144

Page 125: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Jeder Termvereinfa hungss hritt na h den Regeln des λ-Kalküls isteine in D allgemeingültige Glei hung:Prop. Ist t → s, so ist für jede Belegung g über D: [[t]]Dg = [[s]]Dg .Bew: Für die (β)-Regel (λxt · s) → t[x/s] sieht man das mit[[(λxσt · s)τ ]]Dg := [[λxσt]]Dg ([[sσ]]Dg )

= [[t]]Dg [xσ/[[sσ ]]Dg ]

= [[t[xσ/sσ]τ ]]Dg ,wobei man den letzten S hritt dur h Induktion über den Aufbauvon t zeigt (Ersetzungslemma).125 / 144

Page 126: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Montague-SemantikIdee: Man erhält eine Bedeutung [[α]] eines natürli hspra hli henAusdru ks α in zwei S hritten:1. übersetze α in einen getypten λ-Term α′,2. werte α′ in einer vollen Typstruktur D aus: [[α]] := [[α′]]Dg .Die Belegung g legt die Bedeutung indexikalis her Ausdrü ke(Personalpronmina, Zeit- und Ortsadverbien usw.) fest.Je na hdem, wie ausdru ksstark das betra htete Fragment dernatürli hen Spra he ist, brau ht man eine andere Typspra he LTyp:◮ extensionale Interpretation (für statis he Objekte, Relationen):Grundtypen sind e (Individuen) und t (Wahrheitswerte),◮ intensionale Interpretation (für Adverbien, Glaubensverbenu.a.): Grundtypen sind e, t und s (Situationen, mögl.Welten) 126 / 144

Page 127: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Montague-GrammatikR. Montague hat um 1970 eine Alternative zur GenerativenGrammatik von N. Chomsky ausgearbeitet, die eine �dur h eineÜbersetzung der natürli hspra hli hen Ausdrü ke in logis heFormeln angegebene� modelltheoretis he Semantik hat.Die syntaktis hen Kategorien sind:A,B := e (Entitätenbezei hner)| t (Aussagen)| A/B (A-Ausdrü ke, denen ein B-Ausdru k fehlt)| A//B (A-Ausdrü ke, denen ein B-Ausdru k fehlt)Jeder syntaktis hen Kategorie wird ein Typ der Logikspra he LTypzugeordnet. Ausdrü ke der Kategorien A/B und A//B verhaltensi h syntaktis h vers hieden, aber semantis h glei h. (Sie erhaltendeshalb denselben Typ (A/B)′ = (A//B)′, s.u.) 127 / 144

Page 128: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die syntaktis hen Kategorien der PTQ-GrammatikMontague, The Proper Treatment of Quanti� ation in OrdinaryEnglish [?℄ verwendet folgende Kategorien:Kategorie Informelle Bezei hnung Basisausdru ke Eigennamen John, hent Satz �CN := t//e Gemeinname manIV := t/e Verbalphrase walksT := t/IV Nominalphrase (3.sg), Term �TV := IV/T Transitives Verb �nd, loveIAV := IV/IV VP-Adverb slowlyt/t Satzadverb ne essarilyIAV/T Präposition inIV/t Verb mit Satzkomplement believeIV //IV Verb mit In�nitivkomplement tryDET := T/CN Determinator every, a, the 128 / 144

Page 129: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die extensionale Spra he LTyp getypter λ-TermeDie Menge Typ der einfa hen Typen σ, τ ist:σ, τ := e (Individuen)

| t (Wahrheitswerte)| (σ → τ) (Funktionen)Die Spra he LTyp besteht aus den Termen t vom Typ τ , kurz: t : τ ,für jedes τ ∈ Typ, die wie folgt aufgebaut sind:1. Konstante : τ und Variable xτ sind Terme vom Typ τ .2. Ist s ein Term vom Typ σ und t ein Term vom Typ (σ → τ),so ist t(s) (oder: (t · s)) ein Term vom Typ τ .3. Ist xσ eine Variable und t ein Term vom Typ τ , so ist λxσt einTerm vom Typ (σ → τ).Terme vom Typ t heiÿen Formeln und werden mit ϕ,ψ bezei hnet,sol he vom Typ e Individuenterme. 129 / 144

Page 130: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Wir nehmen an, daÿ es folgende Konstanten : τ gibt:¬ : t → t∨ : t → (t → t) ∃τ : (τ → t) → t∧ : t → (t → t) ∀τ : (τ → t) → tFür diese Konstanten wird die übli he S hreibweise benutzt, z.B.

(ϕ ∧ ψ) statt ∧(ϕ)(ψ),∀xσϕ statt ∀σ(λxσϕ),Logis he Formeln sind also in den Termen von LTyp enthalten.

130 / 144

Page 131: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung der syntaktis hen KategorienSyntaktis hen Kategorien A werden Typen A′ von LTyp zugeordnet;Ausdrü ke der Kategorie A werden später in λ-Terme vom Typ A′übersetzt.Jeder syntaktis hen Kategorie A wird dur he ′ := e (A/B)′ := (B ′ → A′)t ′ := t (A//B)′ := (B ′ → A′).ein Typ A′ von LTyp zugeordnet.131 / 144

Page 132: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung der syntaktis hen KategorienIgnorieren wir die Verben mit Satzkomplement, so erhalten wirfolgende Typen und entspre hende Objekte:Kategorie A Typ A′ von LTyp Objekt vom Typ A′e e Individuumt t WahrheitswertCN := t//e e → t Individueneigens haftIV := t/e e → t Individueneigens haftT := t/IV (e → t) → t Eigens haft vonIndividueneigens haftenTV := IV/TIAV := IV/IV (e → t) → (e → t) Modi�kator vonIndividueneigens haftent/t t → t Eigens haft vonWahrheitswertenIAV/TDET := T/CN (e → t) → ((e → t) → t) 132 / 144

Page 133: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Basisausdrü ke und ihre ÜbersetzungZuerst werden den den atomaren Ausdrü ken α der Kategorie A(evtl. zusammengesetzte) Terme α′ des Typs A′ zugeordnet, meistKonstante. Wir nehmen (für die extensionale Teilspra he) an:Die syntaktis hen Kategorien enthalten folgende Basisausdrü ke:1. Kategorie CN (Gemeinnamen): man, woman, book2. Kategorie e (Individuennamen): John, Mary, hen (n ∈ N),3. Kategorie IV (intransitive Verben): walk, talk,4. Kategorie TV (transitive Verben): �nd, see, read5. Kategorie DET: the, a, some, every.Wir s hreiben oft w : A oder wA statt �w hat die Kategorie A� .Bem: Eigennamen und Pronomen haben bei Montague dieKategorie T, hier die Kategorie e. Das ma ht die Übersetzunguniformer und wird dur h die Syntaxregel (S 1) kompensiert, mitder sie in Ausdrü ke der Kategorie T umgewandelt werden können.133 / 144

Page 134: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Jedem Wort w der Kategorie A wird eine Konstante w ′ vom Typ A′zugeordnet, auÿer bei◮ den Pronomina hen : e, denen die Variablen xn : e zugeordnetwerden, und◮ den Quantoren, die wie folgt übersetzt werden:

(everyDET )′ := λPe→tλQe→t∀xe(P(x) → Q(x))(aDET )′ := λPe→tλQe→t∃xe(P(x) ∧ Q(x))

(theDET )′ := λPe→tλQe→t∃xe((∀y e(P(y) ↔ x .= y) ∧ Q(x)).Die Übersezung von αDET hat den ri htigen TypDET ′ = (CN ′ → T ′) = (e → t) → ((e → t) → t).

134 / 144

Page 135: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Für Basisausdrü ke anderer Kategorien erhalten wir z.B. folgendeÜbersetzungen:(manCN)′ := man′ : CN ′ = man′ : (e → t),(walkIV )′ := walk′ : IV ′ = walk′ : (e → t),(Johne)′ := John′ : e.

(heen)′ := xn : e.Bem.: Die Übersetzung des bestimmten Artikels funktioniert ni htbesonders gut, und der unbestimmte Artikel sollte ni ht überall wieein Existenzquantor behandelt werden.135 / 144

Page 136: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bildung und Übersetzung zusammengesetzter Ausdrü keDie Bildung komplexer Ausdrü ke geben wir dur h numerierteRegeln der folgenden Form an:(S Nr.) α1 : A1, . . . , αk : Ak

α : ADiese Regel besagt: ist α1 ein Ausdru k der Kategorie A1 usw., soist der (aus α1, . . . , αk gebildete) Ausdru k α von der Kategorie A.Die Übersetzung eines zusammengesetzten Ausdru ks wird dur hentspre hende Regeln(T Nr.) α′1 : A′1, . . . , α′k : A′k

α′ : A′angegeben, die angeben, wie die Übersetzung von α aus denÜbersetzungen der Teilausdrü ke gebildet wird. 136 / 144

Page 137: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bildung und Übersetzung komplexer Ausdrü ke(S 1) α : e

α : T (T 1) α′ : eλPe→t [P(α′)] : (e → t) → t

(S 2) δ : DET , ξ : CNδ ξ : T (T 2) δ′ : (CN ′ → T ′), ξ′ : CN ′

δ′(ξ′) : T ′

(S 3n) ξ : CN, ϕ : tξ su h that ϕ[hen/he] : CN (T 3n) ξ′ : CN ′, ϕ′ : t

λxen (ξ′(xn) ∧ ϕ′) : CN ′

(S 4) α : T , δ : IVα δ3.sg : t (T 4) α′ : T ′, δ′ : IV ′

α′(δ′) : t(S 5) δ : TV , β : T

δ βa : IV (T 5) δ′ : (T ′ → IV ′), β′ : T ′

δ′(β′) : IV ′ 137 / 144

Page 138: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

(S 11a) ϕ : t, ψ : tϕ and ψ : t (T 11a) ϕ′ : t, ψ′ : t

(ϕ′ ∧ ψ′) : t(S 11b) ϕ : t, ψ : t

ϕ or ψ : t (T 11b) ϕ′ : t, ψ′ : t(ϕ′ ∨ ψ′) : t

(S 12a) δ : IV , γ : IVδ and γ : IV (T 12a) δ′ : e → t, γ′ : e → t

λxe(δ′(x) ∧ γ′(x)) : e → t(S 12b) δ : IV , γ : IV

δ or γ : IV (T 12b) δ′ : e → t, γ′ : e → tλxe(δ′(x) ∨ γ′(x)) : e → t

(S 13) α : T , β : Tα or β : T (T 13) α′ : T ′, β′ : T ′

λPe→t(α′(P) ∨ β′(P)) : T ′138 / 144

Page 139: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

(S 14n) α : T , ϕ : tϕ[hen/α] : t (T 14n) α′ : T ′, ϕ′ : t

α′(λxen .ϕ′) : tDarin werden zwei Varianten der Ersetzung α[x/β] benutzt:1. Die Ersetzung ϕ[hen/α] in (S 14n) ist so de�niert: fallsα ≡ hek ist, werden alle hen in ϕ dur h hek (im jeweilsglei hen Kasus) ersetzt; andernfalls wird das erste Vorkommenvon hen dur h α und die übrigen dur h he (bzw. she, it)ersetzt, wobei der Kasus vom jeweiligen Vorkommen von henund das Genus vom ersten Basisausdru k der Kategorie CNoder T in α übernommen wird.2. Die Ersetzung ϕ[hen/he] in (S 3) ist etwas anders: alleVorkommen von hen in ϕ sollen dur h he bzw. she,it ersetztwerden, wobei das Genus si h na h dem Genus des erstenBasisausdru ks der Kategorie CN in ξ ri htet. 139 / 144

Page 140: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

In der Montague-Grammatik entspri ht die Syntaxregel(S 4) α : T , δ : IV

α δ3.sg : t =α : T , δ : IVs4(α, δ) : tder dur h s4(α, δ) = α δ3.sg de�nierten Funktion s4 : T × IV → t.Der Syntaxregel ist eine Übersetzungsregel zugeordnet,

(T 4) α′ : T ′, δ′ : IV ′

α′ · δ′ : t ′ =α′ : T ′, δ′ : IV ′s ′4(α′, δ′) : t ′die einer Bedeutungsfunktion t4 := s ′4 : T ′ × IV ′ → t ′ entspri ht.Also hat man in der Montague-Grammatik:

◮ Syntaxregel = Konstruktionsfunktion s : A1 × . . .× An → A◮ Syntaktis he Struktur = �Analysebaum� = aus den Namen derAufbaufunktionen s gebildeter �Konstruktionsterm� 140 / 144

Page 141: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Zu jedem Konstruktor s gibt es eine Bedeutungsfunktion s ′:t1 : A1, . . . , tn : Ans(t1, . . . , tn) : A (S k) t ′1 : A′1, . . . , t ′n : A′ns ′(t ′1, . . . , t ′n) : A′(T k)Abstrakte Syntax:

◮ Kategorie = Typausdru k◮ syntaktis he Struktur = Konstruktionsterm,◮ �Syntaxregel� = getypter Funktionsname (�Konstruktor� )Die Bedeutung von Ausdrü ken kann dann induktiv über denAufbau der Konstruktionsterme de�niert werden.Konstruktionsterm s ∼ s ′

?

6

BedeutungstermAnwenden der ParsenKonstruktionsfunktionen Anwenden derBedeutungsfunktionen?Zei henreihe w [[ w ℄℄ Bedeutung 141 / 144

Page 142: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung von Personalpronomen und EigennamenAls Terme aufgefaÿte Pronomen und Eigennamen werden mit (T 1)übersetzt:((heen)T )′ =1 λPe→t [P((heen)′)] : (e → t) → t

= λPe→t [P(xen )] : (e → t) → t.((Johne)T )′ =1 λPe→t [P((Johne)′)] : (e → t) → t

= λPe→t [P(John′ e)] : (e → t) → t.In einem Modell D ist der Wert [[λP [P(John′)]]]D ∈ D(e→t)→tdieses Terms ni ht das Individuum [[John′]]D ∈ De , sondern die harakteristis he Funktion der Menge aller seiner Eigens haften.Das wird so kompliziert gema ht, damit die Übersetzung na hdemselben S hema verläuft wie bei koordinierten Termen wie Johnor Mary und quanti�zierten Termen wie every man (s.u.). 142 / 144

Page 143: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung atomarer Aussagen mit intransitivem VerbEinfa he Aussagen werden wie folgt übersetzt.(((Johne)T walkIVs)t)′ =4 ((Johne)T )′((walkIV )′) : t

=1 λPe→t [P(John′ e)](walk′ e→t) : tMit einer β-Reduktion kann der re hte Ausdru k vereinfa htwerden zu walk′e→t(John′ e) : t,ohne daÿ si h sein Wert bei einer Belegung g über einer Struktur Dändert.Obwohl die Kategorie der Terme nur Nominalphrasen der drittenPerson im Singular enthält, enthalten die Ausdrü ke der KategorieIV ni ht die Vollformen, sondern die In�nitive (bzw. Stammformen)der darin vorkommenden Verben. Deshalb hat die Morphologie derVollform des Verbs keinen Ein�uÿ auf das Übersetzungsergebnis. 143 / 144

Page 144: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Aussagen mit koordinierten Eigennamen werden mit (T 4), (T 13)und den obigen Übersetzungen von Termen übersetzt wie bei(((John or Mary)T walkIVs)t)′

=4 ((JohnT or MaryT )T )′((walkIV )′)=13 λP [(JohnT )′(P) ∨ (MaryT )′(P)]((walkIV )′) : t= λP [λQ[Q(John′ e)](P) ∨ λQ[Q(Mary′ e)](P)](walk′ e→t) : t.Dur h Anwendungen von β-Reduktionen kann dieser Ausdru kweiter vereinfa ht werden zu

λP [λQ[Q(John′ e)](P) ∨ λQ[Q(Mary′ e)](P)](walk′ e→t) : t→β λP [P(John′) ∨ P(Mary′)](walk′ e→t) : t→β [walke→t(John′ e) ∨ walke→t(Mary′ e)] : t,wieder ohne daÿ si h der Wert bei einer Belegung über einerTypstruktur D ändert. Die entstandene Formel ist die, die man alsErgebnis erwartet haben sollte. 144 / 144

Page 145: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die Regel (S 14) ersetzt ein Pseudopronomen hen dur h einenTerm, z.B.every : DET man : CNevery man : T (S 2) ...hen walks : t ...hen talks : then walks and hen talks : t (S 11)every man walks and he talks : t (S 14nIn den Syntaxregeln (S 3), (S 4) und (S 14) ges hieht mehr als nurdie Verkettung der Teilausdrü ke; es sind also keine kontextfreienRegeln.145 / 144

Page 146: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung von quanti�ziertem Subjekt und RelativsatzRelativsätze (in s hle hter Syntax) werden mit (T 3) übersetzt:((Every man su h that he walks)T talksIV )t)′

=4 ((Every man su h that he walks)T )′((talksIV )′) : t= ((EveryDET (man su h that he walks)CN)T )′(talks′ e→t) : t=2 (EveryDET )′(((man su h that he walks)CN)′)(talks′ e→t) : t= (EveryDET )′(((manCN su h that (heTn walksIV )t [hen/he])CN)′)(talks′ e→t t=3 (EveryDET )′(λxn((manCN)′(xn) ∧ ((heTn walksIV )t)′))(talks′ e→t) : t=4 (EveryDET )′(λxn(man′ e→t(xn) ∧ ((heTn )′((walksIV )′))))(talks′ e→t) : t= (EveryDET )′(λxn(man′ e→t(xn) ∧ λP[P(xn)](walks′ e→t)))(talks′ e→t) : t→β λPλQ∀xk (P(xk ) → Q(xk ))(λxn(man′ e→t(xn) ∧ walks′ e→t(xn)))(talks′ e t t→β λQ∀xk (λxn(man′ e→t(xn) ∧ walks′ e→t(xn))(xk ) → Q(xk ))(talks′ e→t) : t→β λQ∀xk ((man′ e→t(xk ) ∧ walks′ e→t(xk)) → Q(xk ))(talks′ e→t) : t→β ∀xk ((man′ e→t(xk ) ∧ walks′ e→t(xk )) → talks′ e→t(xk )) : t 146 / 144

Page 147: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Pronomenau�ösung innerhalb eines SatzesAuf wel hen Term si h ein Pronomen bezieht, legt der Satzaufbaudur h (S 14) mit Vorkommen derselben Variable hen fest.((A woman walks and she talks)t)′

= (((hen walks and hen talks)t [hen/(a woman)T ])t)′=14 ((a woman)T )′(λxn.((hen walks and hen talks)t)′)= ((a woman)T )′(λxn.(((hen walks)t and (hen talks)t)t)′)=11 ((a woman)T )′(λxn.(((heTn walksIV )t)′ ∧ ((heTn talksIV )t)′)=4 ((a woman)T )′(λxn.(((heen)T )′((walksIV )′) ∧ ((heen)T )′((talksIV )′)))= ((aDET womanCN)T )′(λxn.(λP [P(xn)](walks′) ∧ λP [P(xn)](talks′)))=2 (aDET )′(womanCN)′(λxn.(λP [P(xn)](walks′) ∧ λP [P(xn)](talks′)))= λPλQ∃x(P(x) ∧ Q(x))(woman′)

(λxn(λP [P(xn)](walks′) ∧ λP [P(xn)](talks′)))→β λPλQ∃x(P(x) ∧ Q(x))(woman′)(λxn(walks′(xn) ∧ talks′(xn)))→β ∃x(woman′(x) ∧ (walks′(x) ∧ talks′(x))) 147 / 144

Page 148: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung atomarer Aussagen mit transitivem VerbMontagues Kategorie TV := (t/e)/T (im intensionalen Fragment)ma ht einen Kategorienunters hied bei den Verbargumenten, da erSubjekte extensional interpretiert, Objekte aber intensional.Extensionale Verben übersetzen wir mit Hilfe von Konstanten vomTyp e → t bzw. e → (e → t) in Terme vom Typ IV ′ bzw. TV ′:(walkIV )′ := walk′ e→t : IV ′ = (e → t),(loveTV )′ := λQT ′

λxe [Q(λy e(love′ e→(e→t)(y)(x)))]: TV ′ = (T ′ → IV ′) = ((e → t) → t) → (e → t)Hierdur h hat das Objekt immer engeren Skopus als das Subjekt.

(love a woman)IV ′ = (loveTV (a woman)T )IV ′

=5 loveTV ′((a woman)T ′)

=β λxe [((a woman)T ′)(λy e(love′ e→(e→t)(y)(x)))]= λxe [∃y(woman′(y) ∧ (love′ e→(e→t)(y)(x)))]148 / 144

Page 149: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Quantoren im Subjekt haben dann den weiteren Wirkungsberei h:((Every man loves a woman)t)′

= (((Every man)T (love a woman)IV )t)′=s.o. ((every man)T )′(λxe [∃y e(woman′(y) ∧ (love′ e→(e→t)(y)(x)))])=β λP∀xe(man′(x) → P(x))

(λxe [∃y e(woman′(y) ∧ (love′ e→(e→t)(y)(x)))])=β ∀xe(man′(x) → ∃y e(woman′(y) ∧ (love′ e→(e→t)(y)(x))))

149 / 144

Page 150: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Wenn das Objekt weiten Skopus haben soll, muÿ man es mit (S 14)in einen Satz einbauen, der s hon das komplexe Subjekt enthält.((Every man loves a woman)t)′

= ((Every man loves hek)[hek/(a woman)T ])′=14 (a woman)T )′(λxek ((every man loves hek)t)′)= ((a woman)T )′(λxek (((every man)T (love hek )IV )t)′)=4 ((a woman)T )′(λxek .((every man)T )′(((loveTV heTk )IV )′))=5 ((a woman)T )′(λxek .((every man)T )′(loveTV ′(heTk ′

)))

=β ((a woman)T )′(λxek .((every man)T )′(λxe [Q(λy e(love′ e→(e→t)(y)(x)))][Q/heTk ′

]))

=1,β ((a woman)T )′(λxek .((every man)T )′(λxe [λy e(love′(y)(x))(xk )]))=β ((a woman)T )′(λxek ((every man)T )′(λxe [love′(xk )(x)]))

=2,β ((a woman)T )′(λxk (∀xn(man′(xn) → (loves′(xk )(xn)))))=2,β ∃xk(woman′(xk ) ∧ (∀xn(man′(xn) → (loves′(xk )(xn))))).150 / 144

Page 151: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bem. Im Skriptum ist die Kategorie IV zu IV := t/T geändert,damit alle Argumentstellen der Verben die Kategorie T haben. DieUnsymmetrie, daÿ bei (T 4) mit (αT δIV )′ = α′(δ′) das Verb dasArgument, bei (T 5) mit (δTV βT )′ = δ′(β′) aber das Verb dieFunktion ist, kann man vermeiden, indem man bei der Übersetzungdas Subjekt analog zu den Objekten behandelt:(walkIV )′ := λPT ′

[P(walk′ e→t)] : IV ′ = (T ′ → t),(loveTV )′ := λQT ′

λPT ′

[P(λxe [Q(λy e(love′ e→(e→t)(y)(x)))])]: TV ′ = (T ′ → IV ′) = (T ′ → (T ′ → t))Ein transitives Verb muÿ dann zuerst auf das Objekt vom Typ T ′angewendet werden, das entstandene IV auf das Subjekt vom TypT ′. (Dazu muÿ man (T 4) anpassen. Au h die Koordination vonVerben brau ht Argumenttyp T ′.) 151 / 144

Page 152: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Die intensionale Spra he LTyp getypter λ-TermeDie Extension (Umfang) eines Begri�s ist die Gesamtheit der�unter� den Begri� fallenden Objekte, die Intension (Sinn) alles,was �mitgemeint� ist (die Gesamtheit der Oberbegri�e).Ein Kontext ist ein Text mit einer �Lü ke� , oder ein Ausdru k γ(x)mit einer genau einmal frei vorkommenden Variable x . Der Kontextγ(x) ist intensional, wenn das Ersetzungslemma für γ(x) ni ht gilt,d.h. wenn für mindestens ein α und eine Interpretation D, g

[[γ(x/α)]]Dg 6= [[γ]]Dg [x/[[α]]Dg ].Beispiel: Der Kontext γ(x) = Emil glaubt, daÿ x . ist intensional, daEmil i.a. ni ht alle wahren (oder alle fals hen) Aussagen glaubt:Au h wenn [[Maria liebt Emil]]Dg = [[2 > 1]]Dg ist, kann es sein daÿ

[[Emil glaubt, daÿ (Maria ihn liebt)]]Dg 6= [[Emil glaubt, daÿ (2 > 1)]]Dg .152 / 144

Page 153: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Da es in der natürli hen Spra he viele intensionale Kontexte gibt,z.B. Glaubensverben mit �intensionalen Argumentstellen� , muÿ manbei der Bedeutung feinere Unters hiede ma hen als es Dt = {0, 1}für Aussagen erlaubt.Grundidee: unters heide zwis hen einer intensionalen Bedeutungund einer extensionsalen Bedeutung eines Terms t.Grundtypen ι und Typen σ, τ der intensionalen Logik sindι := e (Individuen)

| t (Wahrheitswerte)| s (Situationen)

σ, τ := ι (Grundtypen)| (s → τ) (Intensionen vom Typ τ)| (σ → τ) (Funktionen)Intensionen sind situationsabhängige Objekte eines Typs τ ,Extensionen die Objekte (des Typs τ) in einer Situation. 153 / 144

Page 154: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Terme t : τ vom Typ τ sind, wenn die Teilterme von den dur hIndizes angegeben Typen sind, die folgenden:t : τ := xτ : τ (Variable)| τ : τ (Konstante)| λxσ tτ : (σ → τ) (Funktionsterme)| tσ→τ (sσ) : τ (Anwendungsterme)| ∧tτ : (s → τ) (Intensionsbildung)| ∨ts→τ : τ (Extensionsbildung)| ¬ϕt : t (Formeln)| (ϕt ∧ ψt) : t| ∀xσϕt : t| �ϕt : t

154 / 144

Page 155: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine volle Typstruktur der intensionalen Logik ist eine volleTypstruktur D = (Dτ , D)τ∈Typ aus Berei hen Dτ mitDσ→τ = Dσ → Dτ und Intensionen(!) D ∈ Ds→τ für jedeni ht-logis he Konstante vom Typ τ . Logis he Konstanten ¬, ∧,∃τ werden wie bisher interpretiert.Jedes i ∈ Ds heiÿt Situation oder mögli he Welt, oder Index. EineProposition ist ein Element von Ds→t , d.h. ein situationsabhängigerWahrheitswert. Ein Individuenkonzept ist ein Element von Ds→e ,d.h. ein situationsabhängiges Individuum.Beispiel

◮ Dem Ausdru k der Bundeskanzler entspri ht kein i ∈ De ,sondern ein situationsabhängiges Individuum aus Ds→e .◮ Der Aussage Das Wetter ist s hön entspri ht keinWahrheitswert b ∈ Dt , sondern eine Proposition p ∈ Ds→t . 155 / 144

Page 156: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Eine Belegung g über der Typstruktur D ordnet jeder Variablenx : τ bei der Belegung g ein Element g(xτ ) ∈ Dτ zu. Der Wert desTerms t : τ in der Situation i ∈ Ds bei der Belegung g , [[t]]Dg ,i wirdrekursiv de�niert dur h:[[ τ ]]Dg ,i := ( τ )D(i) ∈ Dτ , für ni ht-logis he Konstante,[[xτ ]]Dg ,i := g(x) ∈ Dτ ,

[[tσ→τ (sσ)]]Dg ,i := [[tσ→τ ]]Dg ,i ([[sσ]]Dg ,i ),[[λxσtτ ]]Dg ,i := das f ∈ Dσ→τ mit f (a) = [[tτ ]]Dg [x/a],i für alle a ∈ Dσ,

[[∧tτ ]]Dg ,i := das f ∈ Ds→τ mit f (j) = [[tτ ]]Dg ,j für alle j ∈ Ds ,[[∨ts→τ ]]

Dg ,i := [[ts→τ ]]Dg ,i (i) ∈ Dτ

[[�ϕt ]]Dg ,i :=

{1, falls [[ϕ]]Dg ,j = 1 für alle j ∈ Ds ,0, sonst.Die logis hen Konstanten ¬(t→t), ∧t→(t→t) und ∃τ : (τ → t) → tsowie die Identität .=τ : τ → τ → t werden wie bisher interpretiert.156 / 144

Page 157: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Damit läÿt si h G.Freges Unters heidung zwis hen Sinn (Intension)und Bedeutung (Extension) so präzisieren:Die Intension von t : τ bei D und g in der Situation i ∈ Ds ist{|tτ |}Dg ,i := [[∧t]]Dg ,i ∈ Ds→τ .Die Extension von t : s → τ bei D und g in der Situation i ∈ Ds ist

[[∨t]]Dg ,i ∈ Dτ .Beispiel◮ {|der Morgenstern |}Dg ,i ist �der morgens ers heinende Stern�(mögli herweise an jedem Tag ein anderer),◮ [[der Morgenstern]]Dg ,i ist der am Tag i morgens ers heinendeStern. 157 / 144

Page 158: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Intensionales Fragment der Montague-GrammatikDas intensionale Fragment erweitert das extensionale Fragment um(i) Modaloperatoren,(ii) Verben mit Komplementsätzen,(iii) Verben mit intensional zu interpretierenden Objekten,(iv) Adverbien,(v) Tempusformen.Mehrstellige Verben, freie Präpositionalphrasen, und das Tempusvon Aussagen behandelt Montague erst in der intensionalenTeilspra he, da dies mit denselben te hnis hen Mitteln geht, die erzur Behandlung intensionaler Phänomene brau ht. 158 / 144

Page 159: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Grundidee: falls ein Teilausdru k βB eines Ausdru ks in einemintensionalem Kontext αA(xB ) steht, wird er bei der Übersetzungvon αA(xB/βB) ni ht in (βB)′ übersetzt, sondern in ∧(βB)′.Dadur h wird bei der Auswertung von αA(xB/βB) in der Situationi ni ht die Bedeutung [[(βB)′]]g ,i , sondern der Sinn {|(βB )′ |}g vonβ benutzt wird, der von der Situation i unabhängig ist.In der natürli hen Spra he kommen intensionale Kontexteman hmal in einander ges ha htelt vor, etwa inMaria glaubt, daÿ Emil zwar glaubt, sie zu lieben,es aber in Wirkli hkeit ni ht tut.

≃ Maria glaubt, Emil liebe Maria ni ht, undMaria glaubt, Emil glaube, Emil liebe Maria.Um das behandeln zu können, ist es nützli h, daÿ wir in LTyp denÜbergang zur Intension dur h ∧t iterieren können. 159 / 144

Page 160: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Übersetzung der KategorienJeder Kategorie A wird ein Typ A′ von LTyp zugeordnet:e ′ := e (A/B)′ := ((s → B ′) → A′)t ′ := t (A//B)′ := ((s → B ′) → A′).CN ′ := (e → t) IV ′ := (e → t).Auÿer bei CN und IV wurden die Argumentkategorien B von A/Bund A//B in intensionale Argumenttypen (s → B ′) übersetzt.Na h den Abkürzungen der Kategorien erhalten wir zum Beispiel:T ′ = (t/IV )′ = (s → IV ′) → t= (s → (e → t)) → tTV ′ = (IV /T )′ = (s → T ′) → IV ′

= (s → ((s → (e → t)) → t)) → (e → t)DET ′ = (T/CN)′ = (s → CN ′) → T ′

= (s → (e → t)) → ((s → (e → t)) → t)160 / 144

Page 161: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Basisausdrü ke und ihre ÜbersetzungDie syntaktis hen Kategorien enthalten weitere Basisausdrü ke:1. believe, laim sind von der Kategorie IV /t (transitive Verbenmit Komplementsatz),2. try, want sind von der Kategorie IV //IV (transitive Verben mitIn�nitivkomplement)3. possibly, ne essarily sind von der Kategorie t/t(Satzadverbien),4. slowly, rapidly, voluntarily sind von der Kategorie IAV(Adverbien)Da die Argumente von Kategorien der Form A/B oder A//B inTerme vom Typ s → B ′ übersetzt werden, wird bei der Anwendungvon Funktionen das Argument stets eine Intension sein. Deshalbmuÿ die Übersetzung der Konstanten etwas modi�ziert werden: 161 / 144

Page 162: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Variable und ni ht-logis he Konstante einer Kategorie A werden inVariable bzw. Konstante des Typs A′ übersetzt, z.B.:(heen)′ := xn : e

(Johne)′ := John′ : e,(manCN)′ := man′ e→t : CN ′

(walkIV )′ := walk′ e→t : IV ′

(seekIV /T )′ := seek′ : (s → T ′) → IV ′

(believeIV /t)′ := believe′ : (s → t) → IV ′Logis he Konstante erhalten eine besondere Übersetzung, z.B.:(aDET )′ := λPs→(e→t)λQs→(e→t)∃xe [∨P(x) ∧ ∨Q( )] : DET ′

(everyDET )′ := λPs→CN′

λQs→IV ′

∀xe [∨P(x) → ∨Q(x)] : DET ′. 162 / 144

Page 163: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Bildung und Übersetzung zusammengesetzer Ausdrü keDas Subjekt eines Verbs wird extensional, die anderen Argumenteintensional behandelt: Bei der Anwendung des Subjekts (αT )′ aufeine Verbalphrase (βIV )′ na h (T 4) wird in (T 1) zuerst von ∧(β′)zur Extension ∨∧(β′) = β′ übergegangen. Objekte β eines Verbs αwerden dagegen na h (T 5,7,8) als Intensionen ∧(β′) an dieFunktion α′ übergeben.(S 1) α : e

α : T (T 1) α′ : eλPs→(e→t)[∨P(α′)] : T ′

(S 2) δ : DET , ξ : CNδ ξ : T (T 2) δ′ : (s → CN ′) → T ′, ξ′ : CN

δ′(∧ξ′) : T ′

(S 3n) ξ : CN, ϕ : tξ su h that ϕ[hen/he] : CN (T 3n) ξ′ : CN ′, ϕ′ : t

λxen (ξ′(xn) ∧ ϕ′) : CN ′

(S 4) α : T , δ : IVα δ3.sg : t (T 4) α′ : (s → IV ′) → t, δ′ : IV

α′(∧δ′) : t 163 / 144

Page 164: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

(S 5) δ : TV , β : Tδ βa : IV (T 5) δ′ : (s → T ′) → IV ′, β′ : T ′

δ′(∧β′) : IV ′

(S 6) δ : IAV /T , α : Tδ αa : IAV (T 6) δ′ : (s → T ′) → IAV ′, α′ : T ′

δ′(∧α′) : IAV ′

(S 7) α : IV /t, ϕ : tα that ϕ : IV (T 7) α′ : (s → t) → IV ′, ϕ′ : t

α′(∧ϕ′) : IV ′

(S 8) δ : IV //IV , β : IVδ to β : IV (T 8) δ′ : (s → IV ′) → IV ′, β′ : IV ′

δ′(∧β′) : IV ′

(S 9) δ : t/t, ϕ : tδ ϕ : t (T 9) δ′ : (s → t) → t, ϕ′ : t

δ′(∧ϕ′) : t(S 10) δ : IV /IV , β : IV

β δ : IV (T 10) δ′ : (s → IV ′) → IV ′, β′ : IV ′

δ′(∧β′) : IV ′ 164 / 144

Page 165: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

(S 11a) ϕ : t, ψ : tϕ and ψ : t (T 11a) ϕ′ : t, ψ′ : t

(ϕ′ ∧ ψ′) : t(S 11b) ϕ : t, ψ : t

ϕ or ψ : t (T 11b) ϕ′ : t, ψ′ : t(ϕ′ ∨ ψ′) : t

(S 12a) δ : IV , γ : IVδ and γ : IV (T 12a) δ′ : e → t, γ′ : e → t

λxe(δ′(x) ∧ γ′(x)) : e → t(S 12b) δ : IV , γ : IV

δ or γ : IV (T 12b) δ′ : e → t, γ′ : e → tλxe(δ′(x) ∨ γ′(x)) : e → t

(S 13) α : T , β : Tα or β : T (T 13) α′ : T ′, β′ : T ′

λPs→(e→t)(α′(P) ∨ β′(P)) : T ′

(S 14n) α : T , ϕ : tϕ[hen/α] : t (T 14n) α′ : T ′, ϕ′ : t

α′(∧λxn.ϕ′) : t(S 16n) α : T , δ : IV

δ[hen/α] : IV (T 16n) α′ : T ′, δ′ : IV ′

λy e .α′(∧λxn.δ′(y)) : IV ′ 165 / 144

Page 166: leiss/semantik-I-13/folien-semantik-13.pdf

Beispiel Da Eigennamen und Pronomen na h (S 1) komplexeAusdrü ke der Kategorie T sind, ergibt deren Übersetzung jetzt (imUnters hied zum extensionalen Fragment):((Johne)T )′ =1 λPs→(e→t)[∨P((Johne)′)]

= λPs→(e→t)[∨P(John′ e)] : (s → IV ′) → t(heTn )′ := λPs→IV ′

[∨P(xen )] : T ′Dadur h erhalten wir für einfa he Sätze mit intransitiven Verbendas glei he Übersetzungsergebnis wie im extensionalen Fall:((JohnT talksIV )t)′ =4 (JohnT )′(∧(talksIV )′)

= λPs→IV ′

[∨P(John′e)](∧(talk′ IV ′

))

=β∨(∧(talk′ IV ′

))(John′ e)=∨∧ (talk′ e→t)(John′ e).Beispiele mit intensionalen Verben: siehe Skriptum. 166 / 144