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MinD - Magazin Die offizielle Zeitschrift von Mensa in Deutschland e. V. Juni Juli 2017 118 Wer wird Millionär? Sonja erzählt von ihrer Zeit vor Mensa Next Stop: Moscow Ralph lebt und arbeitet seit drei Jahren in Moskau Vom Regen an die Donau Das Jahrestreffen 2017 ist vorüber

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  • MinD-MagazinDie offizielle Zeitschrift von Mensa in Deutschland e. V.

    * *

    Juni Juli 2017 118

    Wer wird Millionär?

    Sonja erzählt von ihrer Zeit vor Mensa

    Next Stop: Moscow

    Ralph lebt und arbeitet seit drei Jahren in Moskau

    Vom Regen an die Donau

    Das Jahrestreffen 2017 ist vorüber

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    Editorial

    Titelbild | Obsolete Reverse I, Johanna Strobel. (Siehe dazu auch Intelligente Qunst auf Seite 18.)

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    Dies ist mein letztes Editorial als Chefredakteurin. Deshalb soll es perfekt sein. Nun gibt es leider keine bessere Möglichkeit zu scheitern, als wenn etwas perfekt sein soll. Meis-tens habe ich diesen Wesenszug, den ich mein eigen und viele andere Perfek-tionismus nenne(n), ganz gut im Griff. Hier nicht. Ich fühle mich an die End-phasen meiner Diplomarbeit oder Dis-sertation erinnert: Bevor ich schreiben kann, muss ich erst mal sehr dringend das ganze Haus putzen. Als ich vorhin „Editorial schreiben“ auf meiner Aufga-benliste sah, habe ich allen Ernstes erst mal der gesetzlichen Rentenversiche-rung meine Schul- und Studiumszeiten mitgeteilt. War ja auch längst überfällig.

    Erstaunlich, meine Ausweichstra-tegien, wo das Thema Rücktritt doch gerade total auf der Hand liegt. Ich sträube mich dagegen, im Trend zu liegen, denn ich bin natürlich sehr indi-viduell (und keinesfalls selbstironisch). Ich habe meinen Rücktritt bereits vor einem halben Jahr geplant und gehe in Frieden. Ganz lange habe ich das Auf-gabenspektrum der Chefredakteurin sehr gerne erfüllt, es ist ein spannendes und abwechslungsreiches Feld. Aber nach einigen Jahren war es mir dann doch zu viel Routine.

    Ich gehe ohne direkte Nachfolge. Ich finde es wichtig, dass ein Rücktritt dann stattfindet, wenn jemand ein

    Amt nicht mehr ausfüllt, und nicht, wenn eine Nachfolge gefunden ist. Und ich möchte meine Freizeit jetzt für andere Dinge nutzen. Auf jeden Fall lese ich weiterhin gerne das ganze Mag, kurz bevor es in Druck geht; vielleicht bald auch wieder einige Texte vorher. Beim MHN möchte ich mitanpacken, damit das Netzwerk wieder voll funkti-oniert. Außerdem möchte ich Freund-schaften und Familienbande intensiver pflegen und in unserem Wohnort bes-ser Fuß fassen. Langweilig wird mir so schnell nicht!

    Vom Magteam und den anderen direkt Beteiligten habe ich mich bereits als Chefredakteurin verabschiedet. Jetzt bleibt noch ihr, die Leserinnen und Leser des Mags und auch die Autorin-nen und Autoren. Durch euch wird die Redaktionsarbeit zu mehr als einem Selbstzweck. Und so möchte ich euch sagen: Danke fürs Lesen. Danke fürs Schreiben. Danke für all das Lob und jede Anregung zur Weiterentwicklung. Danke für jegliche Unterstützung.

    Eure

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    Ich reihe mich ein

    Sara Köser war bis zu dieser Ausgabe Chefredakteurin des MinD-Magazins.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 20174 |

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    Seite 52 | KiJu-Gruppen besuchen Sortierzentren der Deutschen Post. | Foto: Deutsche Post AG

    MinD-Magazin 118

    AktuellesEditorialIch reihe mich ein 3

    Schwarzes Brett• Berry sagt • 6Terminkalender 6Team hat sich aufgelöst 6Hotelzimmer buchen für Aachen und Hamburg 6Es geht wieder los! 7Ausweiswettbewerb für 2018Wo sind Mensaner bereit, Grenzen zu übertreten? 7Mensa-Fotowettbewerb 2017

    Von Ms für MsDer Mensaner von nebenanNext Stop: Moscow 8Als Expat in Russland

    Dr.-Farassat-StiftungPersönlichkeitstraining für hochbegabte Underachiever 11Wie die Integration in das Berufs- und Gesellschaftsleben gelingen kann

    Wer wird Millionär?Im Rampenlicht 14 „Don’t call us, we call you“

    PrismenfernglasÜ ürü üüüü 17Lustiges mit Vokalen

    Intelligente QunstDie Banane im Nachthimmel 19Geld setzt Johannas Kunst Grenzen

    Scheer-WareNeid essen Seele auf 20Oder: Bevor einen der eigene Neid auffrisst, sollte man sich fragen, ob man eigentlich haben will, was man anderen neidet

    RezensionenOhne Sinn kein Handeln 21Nur wo wir uns wiederfinden, finden wir Antrieb

    PhilosophischesSichtweisen 23Vorne muss nicht vorne sein

    Für KinderHautsache! 25Von schützenden Schichten, religiösen Ritualen und erstaunlicher Erneuerung

    Im VereinAus der VorstandsarbeitMit Zuversicht und klarem Blick … 30Peter folgt Andreas in den Vorstand nach

    Mensa vor zehn JahrenWas Mensa und Tokio Hotel verbindet 31Ein Rückblick auf den Juni 2007

    Ziele des Vereins?Werdet laut! 34Goetz Phillip Körner zur Diskussion über die Ziele von MensaProbleme erkennen und gemeinsam lösen 35Rainer Krauß zur Diskussion über die Ziele von Mensa

    Blick über die GrenzeAllerlei Grenzen, die überschritten werden 36Ein Besuch beim Aktivenseminar der niederländischen Nachbarn

    Spielepreis 2018Die Nominierten 38

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 5

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    Inhalt

    MHNMinD-Akademie 2017Experimente mit der Maus 40Die nächste MinD-Akademie ist Anfang Oktober in Köln

    Blick nach vornMitteldeutsches Jahrestreffen 2017Mittelland 41Kommt im September 2017 zum Mitteldeutschen Jahrestreffen nach Erfurt

    Mensa At Cambridge 2017Kannst du Meister deines Schicksals sein? 43Bei Mensa At Cambridge findest du es heraus

    Juniors-Seminarwochenende 2017Bildung in Bamberg 44Das Juniors-Seminarwochenende 2017

    PakostanePine-beach-Elfchen 44Schattenschach, Mattendach, Sommerwind, Tonnenmind, Wonnekind, Mensaner in corpore sano

    RückspiegelJahrestreffen 2017Vom Regen an die Donau: Geist und Genuss in Blau-Grau 45Abwechslungsreiche Tage in RegensburgDas JT in Zahlen 47

    Regensburger Impressionen 49Rauere Zeiten sind angebrochen

    Kids und JuniorsHier geht die Post ab! 52Drei unserer KiJu-Gruppen haben Sortierzentren der Deutschen Post besucht

    Wander-SIGDie Eifel war nie genug 54Saisoneröffnung der Wander-SIG am Mittelrhein

    StandardsLeserbriefSeit depp zueinander! 56

    Boris Schneider-Johne zum Editorial in MinD-Mag 117

    RätselTatami 57Auflösung aus MinD-Mag 117 58

    OrganisatorischesOrganisatoren lokaler Treffen 59Impressum & Adressen 61Vorstand & Verwaltung 62

    Die letzte SeiteSchluss mit lustig Ich stemple, also bin ich? 63Ein paar Tropfen Tinte auf Papier werfen Fragen und Risse auf

    Seiten 45–51 | Das Jah-restreffen in Regens-burg. | Foto: Babette Mairoth-Voigtmann

  • 6 |6 |

    Schwarzes Brett

    10.–13. Aug. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mensa at Cambridge in Cambridge, Großbritannien (Seite 43)25.–28. Aug. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scottish Mensa Annual Gathering in Sterling, Schottland8.–11. Sept. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . British Mensa Annual Gathering in Ipswich, East Anglia, Großbritannien15.–17. Sept. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jahrestreffen Mensa Schweiz in Genf, Schweiz22. Sept.–24. Sept. 2017 . . . . . . . . . . . . . . Mitteldeutsches Jahrestreffen in Erfurt (Seite 41)22. Sept.–25. Sept. 2017 . . . . . . . . . . . . . . CenterParc Sause in Bispingen29. Sept.–3.Okt. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . MinD-Akademie „Experimente“ in Köln (Seite 40)5.–8. Okt. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treffen des internationalen Vorstands (IBD) in Nizza, Frankreich12.–15. Okt. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AMAG Asian Mensa Annual Gathering in Gold Coast, Australia2.–6. Nov 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juniors Herbstseminar in Bamberg25. März–1. April 2018 . . . . . . . . . . . . . Juniors Ostercamp in Burg Monschau11.–15. April 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jahrestreffen in Aachen11.–15. Okt. 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juniors Herbstseminar in Erfurt

    Terminkalender

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    • Berry sagt •

    „Wir kommen i

    n diese Welt we

    inend, während

    alle um uns her

    um lächeln. Mö

    gen wir so

    leben, dass wir s

    ie mit einem Lä

    cheln verlassen,

    während alle um

    uns herum wei

    nen.

    Altes persisches

    Sprichwort

    aus vorislamisch

    er Zeit

    Hotelzimmer buchen

    für Aachen und Hamburg

    Wie die Orgateams mitteilen, kön-

    nen für die Jahrestreffen 2018

    (Aachen) und 2019 (Hamburg) bereits

    jetzt Zimmer in den reservierten Ho-

    telkontigenten gebucht werden.

    Die Seite des Aachener JTs (2018) fin-

    det ihr unter:

    ` http:// jt2018.mensa.de

    Die Seite des Hamburger JTs (2019)

    findet ihr unter:

    ` http://hamburg.mensa.de/jt

    Team hat sich aufgelöst

    Das für das erste Mensa-Jahresthema

    „Über Grenzen …“ zuständige Team

    (siehe Mag 116) hat sich Ende Juni aufge-

    löst. Ansprechpartner zum Thema bleibt

    das zuständige Vorstandsmitglied Thomas

    Plonsker. Sabine Bauten

    Warum so spät?

    Nein, den einen großen Grund, warum das Juni-Mag so spät erscheint, gibt es nicht. Eher eine Verkettung aus vielen klei-nen Gründen:

    Autoren, die plötzlich nicht mehr erreich-bar waren, weil die Familie ihr Recht forderte, Redakteure, deren berufliche Herausforde-rungen kurzfristig keine Zeit für das Ehren-amt ließen, Zeitfenster, die sich schlossen und erst zwei Wochen später wieder geöffnet werden konnten. Dass das Mag-Team viele Jahre auf der Überholspur gearbeitet hat, hat deutliche Spuren hinterlassen. Für den Kraftakt der Umstellung auf ein neues Re-daktionssystem (siehe Dezember-Editorial) wurden noch einmal alle Kräfte mobilisiert, ebenso für die fristgerechte Zustellung des April-Mags mit der Einladung zur Mitglieder-versammlung. Was in dieser Zeit an privatem und beruflichem von der Redaktion vernach-lässigt wurde, drängte sich danach wieder in den Vordergrund. Und womit? Mit Recht. Das bringt ehrenamtliche Arbeit so mit sich.

    Max Voigtmann

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    Hotelzimmer buchen

    für Aachen und Hamburg

    Wie die Orgateams mitteilen, kön-

    nen für die Jahrestreffen 2018

    (Aachen) und 2019 (Hamburg) bereits

    jetzt Zimmer in den reservierten Ho-

    telkontigenten gebucht werden.

    Die Seite des Aachener JTs (2018) fin-

    det ihr unter:

    ` http:// jt2018.mensa.de

    Die Seite des Hamburger JTs (2019)

    findet ihr unter:

    ` http://hamburg.mensa.de/jt

    Es geht wieder los!Ausweiswettbewerb für 2018

    Über die bereits beim vergangenen Ausweiswettbewerb bewährte Webschnittstelle[1] kannst du ab sofort und noch bis 15. September 2017 deine Entwürfe für den Mitgliedsausweis 2018 hochladen. Bitte melde dich dazu gege-benenfalls mit deinem persönlichen Zu-gang (also als Benutzer 049… mit dem zugehörigen Passwort) an. Die Wahl des beliebtesten Motivs soll dieses Mal direkt im Anschluss über dieselbe Ad-resse[1] stattfinden und bis 15. Oktober 2017 abgeschlossen sein, damit wir den Gewinner im Dezember-Mag gebüh-rend würdigen können.

    Katrin & Martin Sluka[2]

    Link und E-Mail[1] https://ausweis.mensa.de[2] [email protected]

    Wo sind Mensaner bereit, Grenzen zu übertreten?Mensa-Fotowettbewerb 2017

    Von Mensa Deutschland schaffte es 2016 beim Foto-wettbewerb zum Thema „Unerwartet“ leider kein Beitrag in die internationale Top Ten. Aber vielleicht wird diese Grenze dieses Mal überwunden? Das ist nämlich das Thema des Mensa-Fotowettbewerbs 2017: Borders – Grenzen. Womit nicht nur Landesgrenzen gemeint sind, sondern auch technische, biologische, körperliche, geis-tige … die nicht nur trennen, sondern auch verbinden können.Der Einsendeschluss für die Bilder der deutschen Teilnehmer war der 15. Juni 2017. Es wurden 44 Bilder ein-geschickt, nun sind die Sieger zu wählen. Die Bilder sind online zu sehen.[1]

    Vom 1. Juli bis 31. August 2017 findet die Online-Ab-stimmung im eMVZ[2] statt. Im Anschluss geben wir „unsere“ Sieger dann schnellstmöglich bekannt und leiten sie zum internatio-nalen Wettbewerb weiter. Eine Expertenjury wird dann die internationalen Sieger ermitteln. Wolf-Dieter Roth

    Link[1] http://mind-mag.de/link/wolfsfotos17[2] https://db.mensa.de/

    Die Verleihung der IQ-Preise auf dem Jahrestref-

    fen in Regensburg. (Mehr dazu auch ab Seite 45.)

  • MinD-Magazin 118 | Juli 20178 |

    * *

    Der Mensaner von nebenan

    „Das – ist nun mein Weg – wo ist der eure?“ so antwortete ich denen, welche

    mich „nach dem Wege“ fragten. Den Weg nämlich – den gibt es nicht! –

    Friedrich Nietzsche (Also sprach Zarathustra)

    Von Ralph Rutte

    Vielleicht stehen, standen oder werden einige von euch vor der weitreichenden Entscheidung stehen, als internationale Delegierte ihrer Firma im Ausland zu arbeiten. So jedenfalls geht es mir zur Zeit, diesmal

    in Russland, und ich möchte einige Er-fahrungen teilen. Nehmen wir einfach mal an, alle arbeitsrechtlichen, adminis-trativen und logistischen Bedingungen der Versetzung wurden bereits perfekt organisiert, dann gibt es noch genug weitere Herausforderungen vor Ort.

    Ich arbeite seit drei Jahren für einen globalen Konzern als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft in Moskau. Ich bin der einzige Ausländer in der Firma dort. Vor Moskau verbrachte ich einige Jahre in vergleichbarer Position in Polen, Deutschland und der Tschechischen Republik. Warum ausgerechnet mir diese Stelle angeboten wurde? Sprach-kenntnisse können es jedenfalls nicht gewesen sein: Ich sprach damals kein Wort Russisch! Eines Tages wurde ich eben gefragt, habe mich mit der Familie beraten (inklusive „Schnupperbesuch“ im Januar) – und zugesagt! Meine Frau und Tochter sind mit mir umgezogen,

    und wir haben es bestimmt nicht bereut.

    Einleben ist nicht weitermachenEine Entsendung ins Ausland ist länger als ein Urlaub, einsamer als ein Studium, und provisorischer als ein dauerhafter Umzug. Die zeitliche Begrenzung ist ein dau-ernd präsentes Kriterium.

    Bisher bin ich in allen Ländern gut gefahren mit der inneren Ein-stellung, dass der Aufenthalt „für immer“ sei: Jetzt bist du hier, mach was draus! Ich kenne allerdings an-dere deutsche Kollegen, für die ist Entdecken befremdlich, und das Heimweh treibt sie immer wieder (am liebsten in der Gruppe) in den Moskauer „Paulaner“, um

    Next Stop: MoscowAls Expat in Russland

    Parade der städtischen Infra-struktur-Arbeiter vor einem der klassischen Sta-lin-Hochhäuser.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 9

    * *

    Schnitzel zu essen und bayrisches Bier zu trinken. Für mich ist bewusstes Ein-tauchen und Erleben mit allen Sinnen immer wieder faszinierend (wenn auch nicht immer auf Anhieb positiv!). Man gewöhnt sich rasch an die allgegenwärti-gen grimmigen Sicherheitsleute (die mir mein früheres Hobby Geo-Caching sehr bald ausge„redet“ hatten), an die gegen-über Unbekannten verschlossene und unfreundliche Mimik der Russen, an die spezifischen Geschlechterrollen (zum Beispiel geben Männer Frauen nicht die Hand), oder die viel kleinere individuelle soziale „Wohlfühlzone“ (Armlänge Ab-stand? Pustekuchen!). Genauso genießt man die unschlagbare Herzlichkeit rus-sischer Bekannter, die reiche Kultur des Landes und die spontane Lebensfreude, und den allgemein hohen Bildungsstand.

    Survival of the Fittest: Wie komme ich in Moskau zu Trinkwasser? Das Leitungswasser („Hahnenburger“) mag ja bakteriologisch einwandfrei sein, ist allerdings geschmacklich überhaupt nicht auf der Höhe der Zeit. Nach-dem wir anfangs unser Trinkwasser in Fünfliter-Flaschen aus dem nahen Tante-Emma-Lädelchen nach Hause geschleppt hatten, entschlossen wir uns bald zur Online-Bestellung größerer Gebinde. An-gebote dafür gibt es wie Sand am Meer, die Preise sind gut. Die Bestellung selber kann, unterstützt durch Übersetzungs-programme, rasch ausgeführt werden. Fünf Minuten nach Drücken des roten „Bestellung-ausführen“-Buttons läutet dann das pflichtgemäß angegebene Te-lefon: Gnadenlos auf Russisch wird man gefragt, ob man sich der Bestellung mit den folgenden Details (hier folgt eine Wiederholung aller Bestelldaten) auch wirklich sicher sei, und ob die Lieferung

    statt wie gewünscht um 14 Uhr auch um 14.20 Uhr erfolgen könne. Ich habe mir angewöhnt, bei diesen Telefonaten kaum noch zuzuhören und nur in re-gelmäßigen Abständen „ja“ und „selbst-verständlich“ zu sagen; hat bisher (fast) immer geklappt. Erst kürzlich lernte ich, dass die Online-„Bestellung“ rechtlich eigentlich nur der Wunsch nach einer telefonischen Kontaktaufnahme ist; erst diese macht den Einkauf verbindlich.

    Einarbeiten ist auch nicht einfach weitermachenAndere Länder haben andere (geschrie-bene und ungeschriebene) Gesetze, und dies erfordert von Fremden nahezu unbegrenztes Vertrauen in die Kollegen und Mitarbeiter, erst recht für einen Ge-schäftsführer. Nicht, dass ich allgemein misstrauisch wurde, aber das Einholen einer second opinion blieb Gewohnheit und wurde oft belohnt. Meine leider nicht verhandlungssicheren russischen Sprachkenntnisse erfordern regelmäßig das Ausweichen auf Englisch, aber auf

    Die Fußgängerzo-ne in Moskau im Sommer 2016.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201710 |

    * *

    Der Mensaner von nebenan

    diesem neutral ground gibt es dann für beide Partner wenig Nuancen in der Kommunikation. So sind Gespräche und Nachrichten fast zwangsläufig ver-einfacht. Mit anderen Worten: Es gibt die russische Firma im Tagesgeschäft, und es gibt die (ausgewählten) Aspekte der Firma, die dem Chef auf Englisch erzählt werden.

    Schwierig wird dies im Zusam-menhang mit der Durchsetzung einer Compliance-Kultur der Einhaltung von Gesetzen, Vorschriften und Regeln – in einer über Jahrzehnte entwickelten Kultur der „old boys networks“ und des „alles geht, nur nicht erwischen lassen“ ist sie nicht immer leicht zu vermitteln.

    Wer nur Berge malen kann, der wird es an der Küste schwer haben!Vielleicht kann man den Auslandsauf-enthalt mit der Entstehung eines Gemäl-des vergleichen: Man beginnt mit einer weißen Leinwand und entwickelt Schritt für Schritt das Bild, aufbauend auf Motiv, Licht, Perspektive, Material, Können und Wollen, denn: „Wer nur Berge malen kann, wird es an der Küste schwer ha-ben!“ Es macht wenig Sinn, neue Eindrü-cke ständig mit „daheim“ zu vergleichen, denn sie stehen in anderem Kontext. Man ist jetzt woanders „daheim“.

    Entdecken in LangsamkeitFür mich erschließt sich eine neue Um-gebung langsam, und daher ist meine bevorzugte Fortbewegungsart beim Entdecken der Fremde das Spazierenge-hen. Gerne fahre ich mit der Moskauer Metro in ein beliebiges Quartier und laufe dort herum, oder ich schlendere durch benachbarte Straßen. Dann stu-diere ich Häuser und ihre ehemaligen Bewohner (es gibt Marmortafeln für

    berühmte Mieter, und kleine Edelstahl-plättchen für Opfer des Gulag), und stelle mir zum Beispiel vor, dass um genau diese Ecke hier schon Strawinsky bog, als er beim sowjetischen Kompo-nistenverband seine Loyalitätserklärung zu Stalin unterschreiben musste. Wenn ich meine, das auf dem Spaziergang oder sonst Erfahrene verstanden zu haben, notiere und bebildere ich seit Jahren die Erfahrungen in meinem Blog (sprachwand.blogspot.com) zum eige-nen späteren Wiedererkennen.

    Nun, Mensa, wie hältst du es mit Russland?Genau, wie geht es eigentlich Mensa in Russland? Natürlich fragte ich mich das am Anfang voller Freude auf einen loka-len Stammtisch auch, und kontaktierte noch vor meiner Umsiedlung Mensa International. Freundlich bekam ich acht (!) Kontakte zugeschickt, verteilt über das ganze große Land. Damit war die Idee des Stammtisches schon mal geplatzt. Und meine Mails wurden von den genannten Kontakten leider nicht beantwortet. Es gab dann später einen weiteren Anlauf über einen Berliner LocSec an die gleichen Adressaten, der aber wohl auch ins Leere lief. Die Zu-rückhaltung individueller Eigenschaften ist historisch verständlich in einem Land, dass durch Kollektive und ihre Werte geprägt wurde. Aber hat jemand eine Idee und Vorschläge, wie wir das heute ändern könnten?

    Ein Versuchen und Fragen war all mein Gehen – und wahrlich

    auch antworten muss man lernen auf solches Fragen! –

    Friedrich Nietzsche (Also sprach Zarathustra)

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 11

    * *

    Dr.-Farassat-Stiftung

    Die Dr.-Farassat-Stiftung widmet sich seit Mai 2016 der Begab-tenförderung und hier in be-sonderem Maße der Randgruppe der Underachiever.

    Hochbegabte Menschen sind anders. Wie bei jedem „Anders-Sein“ entstehen daraus besondere Herausforderungen. Dies gilt sowohl im Umgang mit der Familie als auch im sozialen und berufli-chen Umfeld. Gelingt es, die Herausfor-derungen zu meistern und die eigenen Talente umzusetzen, erzielen Hochbe-gabte außergewöhnliche Leistungen. Gelingt dieses nicht, geraten Hochbe-gabte rasch auf die Schattenseite des Lebens. Das „Anders-Sein“ führt zur Infragestellung der eigenen Persönlich-keit, die sich auch in einem mangelnden Selbstwertgefühl äußeren kann.

    Eine Betroffene benennt das Anders-Sein so: „Versager sind wir nicht. Es fehlt der Mut, unser Wissen zu zeigen. Im Rückzug angekommen, versagen wir uns, glücklich und erfolgreich zu sein.“

    Beim Einstieg in das Berufsleben treten oft bekannte Phänomene wie zum Beispiel Misstrauen, Neid und Vorurteile zu Tage. Durch Unterforde-rung, Persönlichkeits störungen und psychische Erkrankungen werden häufig somatische Krankheiten ausgelöst. Die Stiftungsarbeit setzt genau dort an, um zuerst das Selbstwertgefühl und die Sozialkompetenz aufzubauen. Erst im

    nächsten Schritt kann die besondere Begabung sich entfalten.

    Ein hoher Intelligenzquotient ist kein Garant für eine „lupenreine“ Karriere. Oft ist das Gegenteil der Fall. Hochbe-gabte haben häufig damit zu kämpfen, im Arbeitsleben unbewusst anzuecken, und überfordern zum Beispiel Kollegen mit ihrem schnellen Denken. Verhal-tensregeln werden dabei ignoriert, sie sind ungeduldig oder „laufen los“, ohne zu wissen, dass sie andere übergehen. Damit stellen sie sich schnell ins Abseits und werden von einem Teil der Kollegen gemieden. Dies ist der Anfang vom Ende einer Tätigkeit, da seitens der Kollegen alles getan wird, um dem Hochbegab-ten zu zeigen, wie es „richtig geht“, oder wie er sich zu verhalten hat, um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden.

    Die Stiftung nimmt sich dieser Men-schen an, um ihnen zu zeigen, wie der Prozess umgekehrt werden kann.

    Ursa Marie Kahn, die verantwortliche Persönlichkeitstrainerin der Stiftung, ist überzeugt, durch ihre Persönlichkeits-arbeit „die Weichen zu stellen, damit Leistungspotentiale, Selbstwert und Kreativität sich wieder zeigen und gelebt werden können“. Die Underachiever widersprechen dem Bild, das unsere Ge-sellschaft von Hochbe gabten hat, näm-lich hochmotivierte Koryphäen zu sein,

    Persönlichkeitstraining für hochbegabte Underachiever

    Wie die Integration in das Berufs- und Gesellschaftsleben gelingen kann

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201712 |

    * *

    Dr.-Farassat-Stiftung

    die alle beruflichen Herausforderungen mühelos überwinden.

    Die Dr.-Farassat-Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, durch ein spezielles Coaching begabte Menschen zu fördern, die außerhalb der Norm stehen und Schwierigkeiten haben, ihr Leistungspo-tential in das Leben zu bringen.

    Förderung durch TrainingIm ersten Teil des Persönlichkeitstrai-nings erforschen wir gemeinsam in Kleingruppen (maximal fünf Teilnehmer), Einzel- und Gruppencoachings, die Ein-schränkungen der Leistungsfähigkeit.

    Zunächst werden die Coachees als Team in Trainings auf das Berufsleben vorbereitet. Das Arbeiten in der Gruppe wird gezielt gefördert, da viele Hochbe-gabte als „Einzelkämpfer“ durch die Welt gegangen sind. In einer Gruppe zu arbei-ten, die Ideen anderer zuzulassen und in das Gesamtkonzept zu integrieren, damit außergewöhnliche Lösungsansät-ze entstehen, ist für die Teilnehmer des Förderprogramms eine neue Erfahrung. Der Teamgeist entsteht und erleichtert später das Arbeiten in fest geregelten Firmenstrukturen.

    Die jeweiligen Trainingskonzepte (zum Beispiel Traumalösung, Resilienz-training, Maltherapie, Emotional- und Kommunikationstraining, Transaktions-analyse et cetera) werden mit Ausrich-tung auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen verknüpft.

    In unserem Coaching erarbeiten die Teilnehmenden:

    ` den Aufbau eines positiven Selbst-konzeptes,

    ` die Stärkung ihrer Persönlichkeits-struktur, des Selbstvertrauens und der sozialen Kompetenz, und

    ` das Erkennen der eigenen herausra-genden Fähigkeiten, um diese weiter-zuentwickeln und je nach Neigungen einen Neustart zu ermöglichen.

    Die individuelle Förderung, der ganz-heitliche Lernansatz und die psycho-logische Hilfe tragen dazu bei, das außergewöhnliche Leistungsvermögen der Hochbegabten „zu heben“, damit sie lernen, es voll auszuschöpfen. Erfahrung, Lebenspraxis, spezielle Projekte sowie emotionale Begleitung in den Trainings-einheiten fördern das Sozialverhalten untereinander. Lern- und Arbeitsver-halten, Strategien für Krisensituationen und Motivation werden von der Stif-tung in dem kostenlosen Trainingspro-gramm angeboten.

    Ziel ist es, diese Menschen, die schein-bar ohne Grund im Studium scheitern oder in den Anfangsjahren ihres Be-rufslebens erfolglos bleiben, aus ihrer Situation herauszuholen, damit sie ihre Fähigkeiten für sich und die Gesellschaft zum Einsatz bringen.

    Integration des Hochbegabten in berufliche ProzesseIst das theoretische Trainingsprogramm der Coachees abgeschlossen, so ist es

    Der Stifter, Dr. Farhad Farassat, ist selbst ein hochbegabter Wissen-schaftler und Manager. Sein Wunsch ist, dass die Stiftung den Menschen mit die-sen besonderen Begabungen helfen kann, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, damit sie sich rundherum wohlfühlen. Weitere Informationen auf der Webseite der Stiftung. Ansprechpartner ist Rein-hard Foegelle.

    ` http://www.farassat-stiftung.de/

    Informationen zur Stiftung

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 13

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    ein wichtiges Ziel der Stiftung, dass die „Geschulten“ in ein ihnen passendes Ar-beitsumfeld integriert werden.

    In dem sich anschließenden prak-tischen Teil erarbeitet die Gruppe Lösungsansätze oder Konzepte für Projektaufträge mit spannenden Aufga-benstellungen, für die wir Unternehmen akquirieren.

    Erfolgreicher Auftakt mit der WirtschaftDem Persönlichkeitstraining mit Frau Kahn und anderen Coaches folgte für das erste Team ab Oktober 2016 ein sich über sieben Wochen erstreckendes Pilotprojekt mit der Firma Wölfel Engi-neering GmbH & Co. KG in Höchberg bei Würzburg. Dabei wurde das Thema „Schallemissionen von Windenergieanla-gen“ neu und kreativ betrachtet.

    Mit Max Lehnert, der auch über akademische Zusatz-Ausbildungen im Design Thinking verfügt, hat die Stiftung einen Projektmanager, der die Gruppe behutsam führt.

    Es hat sich gezeigt, dass das Training 2016 einer voller Erfolg war, da es gelun-gen ist, aus zurückhaltenden, introver-tierten Einzelgängern aufgeschlossene, interessierte Teamplayer zu machen. Sie haben gelernt, ihre persönlichen Blo-ckaden abzubauen, sich für ihr Leben zu öffnen und bereit zu sein, ihr Poten-tial einzubringen. Einer Teilnehmerin diente das Coaching in der Stiftung als Sprungbrett, gleich im Anschluss an das Projekt einen IT-Job zu finden. Ein an-derer Teilnehmer sieht sich jetzt in der Lage, das Studium des Maschinenbaus wieder aufzunehmen, um es erfolgreich zu beenden.

    Reinhard Foegelle (Geschäftsführer der Stiftung)

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  • MinD-Magazin 118 | Juli 201714 |

    * *

    Sonja, wie kamst du dazu, dich bei „Wer wird Millionär“ zu bewerben?Ehrlich gesagt bin ich mir beim Zu-schauen der Sendung selbst auf die Ner-ven gegangen: Bei vielen Fragen saß ich auf dem Sofa und dachte: „Wie einfach! Kann doch nicht sein, dass man das nicht weiß!“ Der Klassiker halt. Irgend-wann dachte ich dann, wenn ich das al-les so einfach finde, warum bewerbe ich mich dann nicht selbst? Gedacht, getan. Das geht online ja ganz fix.

    Was passiert alles, bevor man über-haupt wirklich sicher weiß, dass man bei „Wer wird Millionär“ teilnehmen darf?Nun, los geht es damit, dass aus allen Anmeldungen eine Zufallsauswahl eini-ger Personen erfolgt, die dann persön-lich angerufen werden. Das hat rein gar nichts mit Intelligenz zu tun, sondern ist einfach Glück. Während dieses ers-ten Telefonats werden ein paar Fragen zur Person gestellt, außerdem musste ich da bereits ein paar Wissensfragen beantworten. Am Ende hieß es dann „Don’t call us, we call you“. Tatsächlich erhielt ich zwei Wochen später eine Einladung zu einem Skype-Interview, bei dem dann über eine halbe Stunde lang

    Fragen im WwM-Stil gestellt wurden. Dummerweise war die Videoübertra-gung einseitig: Die Redakteure konnten mich sehen, ich sie aber nicht. Am Ende dieses Interviews erneut: „Don’t call us, we call you“. Und dann habe ich fast ein Jahr gar nichts mehr gehört. Ich hatte das Projekt schon abgeschrieben, als dann doch noch ein Anruf kam: In zwei Wochen ist die Aufzeichnung, haben Sie Zeit? Ab da lagen die Nerven blank.

    Wie war das für dich, zu wissen, dass ganz Deutschland zuschaut? Das ist wirklich ein ganz interessantes Phänomen: Als ich auf dem Stuhl saß, fühlte es sich gar nicht so ungewohnt an, denn die Kulisse kannte ich ja vom Sofa. Auch das Gesicht von Herrn Jauch hatte ich gefühlt schon tausendmal gesehen, sodass ich meiner Meinung nach gar nicht aufgeregt war. Als ich aber hinter-her die Aufzeichnung anschaute, konnte ich mich an ganze Passagen überhaupt nicht mehr erinnern. Anscheinend war ich während der gesamten Zeit doch relativ weit rechts auf der Lambdakurve unterwegs.

    Was hat der Gewinn bei „Wer wird Millionär“ in deinem Leben verändert?Anfangs nur den morgendlichen Kaffee, danach fast alles. Als das Geld auf mei-nem Konto ankam, habe ich sofort diese tolle Kaffeemaschine gekauft, auf die ich schon lange scharf war. Es folgten Geschenke und Reisen für meine Fami-lie und die Suche nach einem seriösen Finanzberater. Ich habe mir dann relativ viel Zeit genommen, um zu überlegen, was ich gerne in meinem Leben ändern würde. Schließlich habe ich mich dazu entschlossen, einen alten Traum wieder

    Im Rampenlicht „Don’t call us, we call you“

    Sonja hat erst vor einigen Jahren von ihrer Hochbegabung erfahren. Neu bei uns,

    erzählt sie von ihrer Zeit vor Mensa.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 15

    * *

    Wer wird Millionär?

    aufleben zu lassen: Schon immer wollte ich zurück an die Uni gehen und in der Lehre arbeiten. Gleichzeitig hatte ich schon ein paarmal erlebt, welche posi-tiven Auswirkungen ein Coaching auf Menschen haben kann, und konnte mir eine Tätigkeit in diesem Bereich gut vor-stellen. Durch den Gewinn hatte ich die Freiheit, aus meinem Job auszusteigen, eine Weiterbildung zum Coach zu absol-vieren und gleichzeitig als Dozentin zu arbeiten. Ein Traum!

    Während du in verschiedenen Un-ternehmen tätig warst, hast du promoviert und deinen Sohn alleine erzogen. Wie schafft man das zeitlich ohne Unterstützung?Auf dem Zahnfleisch. Alleinerziehen-de in Deutschland kämpfen an vielen Fronten: Kindergarten und Schule sehen, dass nicht genug Zeit für die Kinder bleibt, der Arbeitgeber sieht, dass nicht genug Zeit für den Job bleibt. Das Konto sieht, dass nicht genug Geld für den Mo-nat bleibt. Und man selbst sieht teilwei-se gar nichts mehr, weil selbst dazu die Energie fehlt. Für mich persönlich ent-wickelte sich aber doch alles sehr positiv, ich kam mit meinem jetzigen Ehemann zusammen, und mein Sohn ist mittler-weile erwachsen und ein toller Mann geworden, auf den ich sehr stolz bin.

    Heute bist du Hochschuldozentin an der FOM – Hochschule für Oeko-nomie und Management – und ar-beitest selbstständig als Coach. Was machst du genau?Ich bin ganz klassisch in der Lehre mit den Schwerpunkten Marketing und Wirtschaftspsychologie tätig. Das Be-sondere an der FOM ist, dass es sich um eine Hochschule für Berufstätige

    handelt – in meinen Vorlesungen sitzen also gestandene Leute, die tagsüber ih-rem Job nachgehen und abends und am Wochenende in den Hörsaal kommen, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Das sorgt für eine ganz besondere At-mosphäre: Als Dozentin stehe ich hier Menschen gegenüber, die bereits pro-funde Berufserfahrung mitbringen und diese auch einbringen. Das ist für die Kommilitonen und auch für mich im-mer wieder spannend. Außerdem habe ich großen Respekt vor der Motivation und dem Engagement der Studierenden, die für das Studium auf einen Großteil ihres Privatlebens verzichten. In meiner Arbeit als Coach kümmere ich mich um Menschen mit ganz unterschiedli-chen Anliegen: Einige stecken beruflich

    Sonja Klose: „Bei Mensa handelt es sich nicht um einen homo-genen Club der Besserwisser, sondern um einen bunten Querschnitt der Gesellschaft.“

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201716 |

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    Wer wird Millionär?

    und / oder privat in einer Situation fest, die sie gerne verlassen wollen, andere sind Burn-out-gefährdet, wieder andere haben Probleme, Entscheidungen zu treffen. Beide Jobs sind für mich Traum-jobs, und ich stehe jeden Morgen auf und freue mich auf die Arbeit, die vor mir liegt!

    Hast du dich schon immer irgendwie anders gefühlt, bevor du erfahren hast, dass du hochbegabt bist?Gute Frage! In der Tat war es manchmal der Fall, dass ich mit Lehrern, Dozenten oder Chefs Probleme hatte, die im Rück-blick wahrscheinlich auf meine Hochbe-gabung zurückzuführen waren. Ich kann mich an viele Situationen erinnern, in denen diese mich einfach nicht verstan-den und daher entweder für etwas be-griffsstutzig oder unverschämt gehalten haben – obwohl ich einfach nur im Kopf schon drei, vier Kurven weiter war. Al-lerdings bin ich erst mit über 40 auf die Idee gekommen, einmal einen Test zu machen. Das Ergebnis war für mich eine große Erleichterung – endlich wusste ich, was mit mir los war.

    Was gefällt dir bei Mensa besonders?Ich finde es gut, dass Mensa das Thema Hochbegabung aus allen Blickwinkeln beleuchtet. Es gibt halt einfach Vor- und Nachteile, wie bei jeder anderen menschlichen Besonderheit. Außerdem handelt es sich bei Mensa nicht um ei-nen homogenen Club der Besserwisser, sondern um einen bunten Querschnitt der Gesellschaft. Die Mitglieder, die ich bisher persönlich oder über Mail ken-nengelernt habe, sind komplett unter-schiedlich – und das finde ich toll!

    Das Interview führte Marc Sommer

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  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 17

    * *

    Prismenfernglas

    I (h)o e Ä ü!“ (Ich habe ein Ei übrig) und „I (h)o aa e Ä ü!“ (Betonung auf dem aa: Ich habe auch ein Ei übrig). Das ist ein unterfränkisches Schibboleth, also ein Satz, durch den man erkennen kann, ob der Sprecher wirklich Unter-fränkisch als Muttersprache hat. Auch die Türken kennen so etwas: „Ü ürü üüüü!“ So heißt „Kikeriki“ auf Türkisch. Enthalten alle Wörter eines Satzes den gleichen Vokal, spricht man von einem „Univokalismus“. Hier ein paar Beispiele, die ich mir ausgedacht habe: „Laras Handballmannschaft mag Lamas am Stadtparkplatz.“ „Neben Peters Weste klebt gelber Fleckenentferner, weswegen Peter sehr genervt weggeht.“ Der folgen-de Satz ist sogar ein Palindrom (also von vorne und hinten gelesen gleich): „Hand gar am Smaragd nah!“

    Wörter mit fünf Vokalen hinterein-ander sind „zweieiig“, „Donauauen“ und „Teeeier“. Der Produzent des Eies, der Vogel, heißt auf Französisch „oiseau“. Dies ist zugleich ein kurzes Wort, das die fünf Vokale a, e, i, o und u genau einmal enthält. Im Deutschen sind acht-buchstabige Wörter, die dieses Kriteri-um erfüllen, „Mietauto“, „Jalousie“ und „Alufolie“. Kürzere „Vokalwörter“ sind da grenzwertiger: Mit sieben Buchstaben gibt es „Sequoia“ (ein Mammutbaum) und „Eunomia“ (griechische Göttin der Gesetzmäßigkeit). Ich habe mir scherzhaft ausgedacht: „Omiaue“ und „Opiaue“, zwei „Landschaften für Rent-ner“. Nicht mehr zu toppen ist die Idee eines anderen Mensaners, die „Ioaue“, eine „Landschaft auf dem Jupitermond Io“. Wörter mit a, e, i, o und u in dieser Reihenfolge sind „Magermilchprodukt“, „Abseitsdrohung“, „Dankeinholung“ und „Dateimodus“.

    Ich habe mir zwei Gedichte ausge-dacht mit Wörtern, die sich nur in fünf Vokalen unterscheiden:

    Fünf Wörter unterscheiden sichnur in ihren fünf Vokalen.Dieses Rätsel löse sichohne allzu große Qualen.Oft xxxx ihr etwas von Karl May, mit xxxx und Tücke auch dabei. Den xxxx, ein Giftgas, man vergesse, nur Kriegsverbrechern von Int‘resse. Doch will dies‘ Rätsel Spaß bescheren, die xxxx am Raten euch vermehren. Ohne xxxx und Müh‘ habt ihr binnen von Sekunden, eine Lösung hier gefunden, dann wart prima ihr – und wie!

    Das zweite Gedicht ist etwas religiös ge-worden, enthält aber I-A-E-U-O:

    IHR Menschen an der AHR, eines, das ist wahr: Gott sei Lob und EHR‘, drum schaut doch nicht so sehr auf die UHR und hetzt. Denkt doch an zuletzt: Leiht mir euer OHR, denkt ans Himmelstor!

    Den Rekord bei solchen Wörtern hält: Lagen, legen, Ligen, logen, lugen, liegen, lägen, lögen, lügen, laugen. Ähnlich gut: Lader, Leder, Lider, loder, Luder, leider, Lieder. Oder auch: Zacken, Zecken, Zi-cken, zocken, zucken, zücken. Sowie: Stallen, stellen, stillen, Stollen, Stullen.

    Hartmut Blessing

    Ü ürü üüüüLustiges mit Vokalen

    Warum Prismen-fernglas? Prismen stehen für die Buntheit des Lebens, vor allem der Sprache – das Fernglas steht für den Blick über den Tellerrand. Unter dieser Ru-brik erscheinen regelmäßig Bei-träge zu Sprach-spielen und Etymologie.

    Lösunglest, List, Lost, Lust, Last

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201718 |

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    H-Series, Johanna Strobel

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 19

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    Intelligente Qunst

    Neben meiner individuellen künst-lerischen Praxis mit Schwer-punkt Malerei, arbeite ich seit 2014 kollaborativ mit Kristina Schmidt als Künstlerinnenduo Kitti & Joy. Beide Teile ergänzen, reflektieren, befruchten und erweitern einander.

    Obwohl ich mit Materialien wie Gips, Acrylglas, Beton und digitalen Mitteln arbeite, ist der Schwerpunkt meiner individuellen Arbeit die Malerei. Meine seriellen Noir-Stillleben stehen zuein-ander in assoziativem, formalem oder inhaltsbezogenen Zusammenhang. Ich generiere digitale Images, die ihren Ur-sprung in einem analogen Gegenstand haben. Meine Motive arrangiere, foto-grafiere, retuschiere, und rendere ich abwechselnd digital und analog. Malerei ist ein langsamer Prozess. So ermöglicht sie mir Distanz und gleichzeitig Kontrolle über diese Bilder. Ich spiele mit Dimen-sionen und Maßstäben, Vorstellungen und Projektionen, Ernsthaftigkeit und Humor, um das Große und das Nahelie-gende, das Umfassende und das Alltägli-che zusammen zu bringen. Ich versuche im einen das andere zu finden, die Milchstraße im Kaffeerahm, die Banane im Nachthimmel. Auch in der Arbeit von Kitti & Joy befragen wir den Kosmos, die Zukunft, aber auch das Internet und unsere Peers. Wir arbeiten interdis-ziplinär und sind nicht an ein bestimmtes Medium ge-bunden. Unsere Zusammen-arbeit gründet auf unserer Freundschaft, unserem Sinn für Humor und wir profi-tieren wechselseitig von der Anderen.

    Im Februar haben wir un-ser Studium in München als

    Meisterschülerinnen von Gregor Hilde-brandt mit einer kollaborativen Ins-tallation abgeschlossen. Als Nächstes planen wir gemeinsam ab August ein MFA-Studium in Los Angeles aufzuneh-men. Jetzt haben wir zwar Studienplät-ze, jedoch fehlen uns noch 30 Prozent der Studiengebühren. Deswegen hier ein kleiner Aufruf: Falls jemand eine Stiftung (oder Mäzen) weiß, die Studi-envorhaben fördert, oder unser Studi-um indirekt durch einen Ankauf oder eine Projektförderung unterstützen würde, wäre das großartig. Andere Ide-en sind natürlich mehr als willkommen!

    Johanna Strobel

    Links ` http://www.johannastrobel.com ` http://www.kittiandjoy.com

    Die Banane im Nachthimmel

    Geld setzt Johannas Kunst Grenzen

    Still, Kitti & Joy

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201720 |

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    Scheer-Ware

    Diplom-Psy-chologe Detlef Scheer arbeitet als Trainer, Coach, Autor und Kon-zeptentwickler.

    Vor einem Jahr traf ich auf eine große Portion Neid bei jeman-dem, der hochbegabt ist, einen interessanten Beruf, eine gesunde Fami-lie hat, selbstständig und durch weitere Tatsachen beschreibbar ist, die in den Augen der meisten Menschen das Bild eines eher beneidenswerten Daseins bieten.

    Sein eigener Neid aber, der hatte Spuren in seinem Gesicht hinterlassen wie schon die unzähligen Zigaretten und schlaflosen Nächte und seiner Seele schwere Bisswunden verpasst. Sie litt unter schweren Mangelerscheinungen und ich bekam automatisch Mitleid mit dem armen Ding.

    Er würde nie richtig erfolgreich. Über-all würde er sofort gemobbt, weil die, die zwar keine Ahnung hätten, aber bes-ser im Machtpoker wären, schnellstens dafür sorgten, dass er quasi handlungs-unfähig gemacht würde, bevor er selbst als Urheber irgendeines Erfolges erkannt werden könnte.

    Im Grunde hätten alle mehr Einkom-men, mehr Einfluss und mehr Glück im Leben, als er und das würde lediglich daran liegen, dass man seine Fähigkeiten fürchte wie der Teufel das Weihwasser, um nicht als das aufzufallen, was sie selbst tatsächlich seien: dumm, einfältig und machtgeil.

    Das wäre nun schon in der Zeit seines Angestelltendaseins trotz unzähliger Firmenwechsel so gewesen, und jetzt als Selbstständiger sei es keinen Deut besser geworden. Nur sei er jetzt nicht mehr von naiven bis dummen Chefs und fre-chen Kollegen abhängig, sondern von dreisten Kunden, viel zu viel Verwaltung und einfältiger Bürokratie. Er fühlte sich in einem stetigen Sinkflug gefangen. Nur sein Blutdruck hätte noch Spitzenwerte, meint er sarkastisch.

    Er war neidisch auf das erfolgreiche Leben der anderen, was ihm aus uner-findlichen Gründen nie vergönnt sein würde. Er würde einen Fehler nach dem anderen machen und wäre unfähig, sich anzupassen. Er fragte sich gerade, ob seine Ehe, seine Familie, und sein Selbst-wertgefühl überhaupt diesem Druck würden standhalten können. Ich war ernüchtert. Ich konnte ihm nicht wirk-lich helfen und führte das darauf zurück, dass ich zwar Coach, aber eben auch Freund war und deswegen vielleicht zu nah dran, um ihn wirklich professionell zu unterstützen.

    Als ich ihn jetzt wiedertraf, schien er wie ausgewechselt. Er kam gerade von einer Fahrradtour mit seiner Frau und seinem Sohn zurück. Sie waren zehn Tage durch echtes Aprilwetter entlang des Weser-Radwegs gefahren und hatten einen Heidenspaß gehabt. Sie waren mit einem befreundeten Paar losgefah-ren, und diese beiden hatte eine steile Karriere in einer Behörde gemacht. „Die Hofmanns, mit denen wir die Weser run-tergefahren sind, haben die ganze Zeit auf ihren E-Bikes von ihrem Job geredet. Echt arme Schweine! Die sind tatsächlich neidisch auf uns!“ war sein einziger Kom-mentar zum Grund seiner derzeitigen Zufriedenheit. Detlef Scheer

    Neid essen Seele aufOder: Bevor einen der eigene Neid auffrisst,

    sollte man sich fragen, ob man eigentlich haben will, was man anderen neidet

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 21

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    Rezensionen

    Sinn im Leben oder wofür wir das alles machen …Warum? In unserer Kindheit ist das die meistgestellte Frage. Und ohne dass wir es merken, auch in jedem weiteren Alter die immer im Hintergrund verbleibende Frage: Warum machen wir das alles? Wa-rum treiben wir uns an oder lassen uns antreiben? Warum und wofür leben wir?

    Diese Frage nach dem Sinn in unserem Leben stellt auch die Psychologin Tatjana Schnell und forscht dazu empirisch. In ihrer Publikation fasst sie zusammen, was wissenschaftlich unter Lebenssinn ver-standen wird und was uns antreibt. Was passiert, wenn wir Sinnkrisen haben oder wir uns in einer Phase existenzieller Indifferenz befinden. Und wie Sinn auf uns wirkt. Bezüglich der Gesund-heit, des Glücks, das wir empfinden, unserer Arbeit. Was uns bei der Sinn-findung hilft beziehungsweise was uns zur Feststellung der Sinnhaftig-keit führen kann. Auch wir Mensaner tauchen kurz auf. Eine empirische Untersuchung ergab, dass wir so-wohl beim Glücksempfinden als auch beim Erleben des Lebenssinns sowohl einer spezifischen Gruppe Hochleister als auch einer Kontrollgruppe von zufällig ausgewählten Personen gegenüber deut-lich niedrigere Werte aufwiesen. Hier ver-mutet sie eine Ursache im Schulerleben.

    Dieses Buch ist hochspannend zu le-sen und schafft viele Möglichkeiten zum Nachdenken über das, was uns bewegen könnte und vielleicht auch sollte.

    Swen Neumann

    ` Schnell, Tatjana: Psychologie des Lebenssinns195 Seiten, 29,99 EuroSpringer Verlag, 2016ISBN 978-3-662-48922-2

    Was uns zur Entfaltung der Begabung bringen könnteWarum wir etwas tun und wofür wir et-was tun, ist von elementarer Bedeutung. Es bestimmt auch die Entwicklung unse-res Potenzials zu einer Leistung, wie auch immer diese gestaltet ist. Wenn dann dazu ein Wollen kommt, dann haben wir die Facetten der Motivation bestimmt.

    Lehwald verbindet die Erkenntnisse aus Motivationsforschung und Be-gabungsforschung und leitet daraus Empfehlungen für die Förderung begab-ter Kinder und Jugendlicher ab. Dabei finden sich Unterschiede im Verhalten von Begabten. Allerdings wird auch die Bedeutung unterschiedlichen Motiva-

    tionsverhaltens noch einmal sehr deutlich, so die Auswirkungen von extrinsischer versus intrinsischer Motivation auf unseren Schulerfolg.

    Die Publikation ist für alle mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen befassten Personen-gruppen sehr hilfreich beim Ver-stehen motivationaler Prozesse in dieser Gruppe. Swen Neumann

    ` Lehwald, Gerhard: Motivation trifft Begabung222 Seiten, 24,95 EuroHogrefe, 2017ISBN 978-3-456-85588-2

    Ohne Sinn kein Handeln

    Nur wo wir uns wiederfinden, finden wir Antrieb

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201722 |

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    Rezensionen

    Die Lehrenden der zukünftig LehrendenWenn sich eine Lehrkraft in einem be-stimmten Thema nicht auskennt, dann können die Lernenden von dieser Lehr-kraft zu diesem Thema nichts lernen. Das erscheint trivial. Was bedeutet dieser Sachverhalt allerdings für das Thema Hochbegabung?

    In der vorliegenden Publikation wurden an mehreren österreichi-schen pädagogischen Hochschulen, die die Lehrkräfte für alle Schulty-pen ausbilden, die kein Gymnasium sind, Lehrende unter anderem dazu befragt, wie sie zu Hochbegabung stehen, welche Kenntnisse sie sich in diesem Bereich zuschreiben und wie sie ihre Lehrtätigkeit didaktisch gestalten. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass das Thema Hochbegabung nur einer Minderheit der Lehrenden vertraut ist. Was dann auch zur Folge hat, dass sie es nicht in ihren Unterricht einbeziehen. Weshalb das Thema auch nicht bei den Studierenden landet. Fordern wird also weit weniger gelehrt als fördern. Gefühlt haben wir das auch vorher schon ge-wusst und – ohne dass eine empirische Untersuchung vorliegt – für Deutsch-land dürfen wir keine besseren Ergebnis-se erwarten. Es bleibt also viel zu tun.

    Diese Untersuchung schafft Trans-parenz für dieses wichtige Thema und zeigt deutlich, wie viel noch zu tun ist. An der Quelle der Ausbildung von Lehr-kräften! Swen Neumann

    ` Müller, Martina: Begabungsförderung in der Lehrer/innenbildung – Voraus-setzungen und Rahmenbedingungen200 Seiten, 34,90 EuroLIT Verlag, 2016ISBN 978-3-643-50770-9

    Lehramtsstudierende in der BegabtenförderungEs gibt viele Möglichkeiten, begabte Kin-der im schulischen Kontext zu fördern. Eine davon ist forschendes Lernen. Diese Methode bildet den Kern des Münstera-ner Forder-Förder-Projekts Advanced für Schüler der Mittelstufe. Ergänzend wird dieses Projekt in die Lehrkraftausbildung einbezogen. Studierende des Lehramts können sich im Rahmen eines Prakti-kums mit der Förderung begabter Kinder auseinandersetzen.

    Hier setzt Rott mit seiner For-schungsarbeit an. In Leitfadeninterviews versucht er zu ergründen, wie sich die Handlungskompetenzen der Lehramts-studierenden, ihre Haltung und Refle-xion zum eigenen Handeln entwickelt.

    Die Unterschiede werden sehr deutlich und zeigen sowohl wenig interessierte Studierende mit wenig bis gar keiner Entwicklung als auch jene, die große Veränderung in ihrer Entwicklung und Haltung gegenüber dem Thema offenbaren. Es zeigt sich, wie wichtig solche Programme sind, um auch zukünftigen Lehrkräften ihre Möglichkeiten aufzuzeigen und

    wie schwierig es bleiben wird, Begabten-förderung langfristig und allgemein zu etablieren. Eine weitere jener seltenen Publikationen, die die wichtige Rolle von Lehrkräften und angehenden Lehrkräf-ten für die Begabtenförderung in den Fokus nimmt. Swen Neumann

    ` Rott, David: Die Entwicklung der Handlungskompetenz von Lehramts-studierenden in der Individuellen Begabungsförderung391 Seiten, 35,99 EuroWaxmann Verlag, 2017ISBN 978-3-8309-3498-1

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 23

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    Philosophisches

    Von Joachim Feuchter

    Immer und überall werden wir aufge-fordert, nur nach vorne zu schauen. Diese Aufforderung bekommen wir nicht ohne Grund. Aber manchmal wird uns ein Spiegel derart dicht vor das Gesicht gehalten, dass wir zum Blick auf uns selbst gezwungen sind.

    Die Art und Weise, wie wir mit einer solchen Situation umgehen, ist durch unsere Mentalität vorgegeben. Genau genommen ist nur der Ansatz einer Prägung nötig, denn jeder weitere Blick erfolgt auf der Basis des bisher Gesehe-nen, und es ergibt sich automatisch eine Verstärkung des ersten Eindrucks. Wer sich schon als Kind für unfehlbar hält, sieht nur seine Erfolge. Wer dagegen etwas Realitätssinn hat, sieht auch seine Schwächen. An dieser Stelle kommen die Ansprüche an sich selbst ins Spiel. Verloren hat, wer bei sich selbst das glei-che Maß anlegt wie bei den anderen!

    Je öfter wir einen Blick in den Spiegel werfen, desto lieber tun wir das. Schließ-lich wollen wir alle eine Bestätigung un-serer Meinung bekommen. Mit der Zeit werden die Blicke heftiger. Unter diesem Druck wölbt sich die betrachtete Ober-fläche, es entsteht ein Hohlspiegel. Wer dann den Überblick behalten will, gerät mit seinem Kopf unvermeidlich in den Brennpunkt dieses Geräts und wird von seinen Erkenntnissen verbrannt.

    Größenwahn und NormalitätAnders dagegen ergeht es denen, die nur die ihnen genehmen Details ihres Spie-gelbilds sehen wollen. Für einen solchen Blick auf Kleinigkeiten kneifen sie ein Auge zu und betrachten nur die kleinen Flecken am Rand. Wer das macht, hält

    sich weit genug vom Zentrum der Rea-lität fern und empfindet die Konzentra-tion der Gedanken als wohlige Wärme. Die eigenen Fähigkeiten erscheinen bei dieser Sichtweise geradezu gigantisch.

    An dieser Stelle kommt eine wichti-ge Aufforderung ins Spiel: „Liebe dich selbst, dann wirst du von den anderen geliebt!“ Wer von sich selbst überzeugt ist, wird auch andere Menschen über-zeugen. Und diese Rückmeldung stärkt die Selbstsicherheit weiter. Der Glaube an die eigene Unfehlbarkeit zwingt die Resultate einer solchen Entwicklung geradezu, die eigenen Vorstellungen als Regeln für alle zu formulieren. Diese Ge-setze können sie dann so überzeugend vermitteln, dass die ‚breite Masse‘ sie für gottgegeben hält.

    Hier will ich erneut ein Zitat anfüh-ren. Diesmal jedoch eine Aussage, die sich als fataler Irrtum erweisen musste. Der Satz „Alle Macht kommt aus den Gewehrläufen“ ist der Denkfehler, der das Scheitern des Kommunismus un-vermeidlich machte. Korrekt heißt es: „Alle Macht hat der, der die Schützen kontrolliert!“ Dieser Satz kann übrigens durchaus als kleine(?) Anspielung auf die hiesige „quantitative Demokratie“ ver-standen werden.

    Unabhängig vom Gesellschaftssys-tem gibt die vorstehende analytische Betrachtung aber eine logische Begrün-dung dafür, warum in jeder menschli-

    SichtweisenVorne muss nicht vorne sein

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201724 |

    * *

    Philosophisches

    chen Gemeinschaft die Macht in den Händen einer Bande von halbblinden und selbstverliebten Realitätsverweige-rern liegt! Der Vorteil dieser Machtver-teilung ist, dass er der ‚schweigenden Mehrheit‘ einen einfachen modus vi-vendi liefert: So lange sie die Sichtweise der Anführer unbesehen als ihre eigene übernehmen, sind sie normal. Das nor-male Mitglied der Gemeinschaft kann jeden, der eigene Gedanken und Denk-weisen entwickelt, mit Fug und Recht als ‚verrückt‘ ausgrenzen. Schließlich ist so etwas nicht ‚normal‘!

    Und ich?So weit die Philosophie. Hier noch eini-ge persönliche Ansichten zu einzelnen Aspekten. Für das oben Stehende sind sie unbedeutend, nur für die noch nicht Gelangweilten habe ich sie aufgenom-men: Energisch wehre ich mich gegen Anschuldigungen, nur eine von Beginn an negative Einstellung würde zur eige-nen Vernichtung führen. Denn der erste ehrliche Blick auf das Wort ‚menschlich‘ im Wörterbuch ist unabhängig vom Alter möglich. Dort wird nicht beschrie-ben, wie der Mensch ist. Es werden le-diglich die Eigenschaften genannt, die er eigentlich haben sollte!

    Alles im Leben ist schon von anderen Menschen in Worte gefasst worden, man muss den Inhalt von bekannten Zitaten und Volksweisheiten lediglich erkennen. Die realistische Selbst-Ein-schätzung bei der Partnersuche ist zum Beispiel überspitzt formuliert in dem Satz: „Es gibt fünf Sorten von Frauen: zu dick, zu dünn, zu groß, zu klein, zu gut für mich.“ Wer das erkennt, wird nie das für eine gedeihliche Partnerschaft erforderliche Selbstverständnis entwi-ckeln. ‚Gedeihlich‘ heißt schließlich nur,

    dass ich etwas davon habe! Für die Ge-sellschaft mit anderen Menschen, egal welchen Geschlechts, hat Woody Allen die Diskrepanz zwischen den Ansprü-chen an sich selbst und denen an andere pointiert formuliert: „Ich würde nie in einen Verein eintreten, der Leute wie mich aufnimmt.“* Das Fatale an diesem Satz ist, dass die ‚breite Masse‘ ihn nicht versteht. Sie erkennt nicht das um 180 Grad verdrehte eigene Gesicht, sondern stattdessen die fremde Fratze eines Ver-rückten. Fatal ist, dass dieses verzerrte Bild funktioniert wie eine sich selbst-erfüllende Prophezeihung. Wer zur ei-genen Fehlbarkeit steht, die Pointe also korrekt versteht, wird zwangsläufig von der Umwelt in den Wahnsinn getrieben. Damit bestätigt sich die Mehrheit dann selbst ihre deutsche Einschätzung, dass das Wortpaar ‚normal verrückt‘ ei-nen Gegensatz darstellt.

    Ich habe meine eigene Sichtweise, meinen eigenen Weg gefunden. Rael Imperial Aerosol Kid hat seinen ‚Bruder John‘ neben sich, der permanent Kritik an ihm übt. Die Geschichte ‚The Lamb Lies Down on Broadway‘ endet deshalb tragisch. Rael wird ‚geheilt‘ und in Zu-kunft wohl die Neuen in der ‚Colony of Slippermen‘ begrüßen. Mir hingegen steht ‚Freundin Johanna‘ bei. Ich erkläre ihr immer, was ich gerade mache. Sie bestätigt mir dann, dass ich alles richtig mache und dass sie glücklich ist, jeman-den wie mich an ihrer Seite zu haben. Das ist ihr Alleinstellungsmerkmal, und dafür liebe ich sie!

    „Wann immer ich zwei Übeln gegen-überstehe, wende ich mich dem zu,

    das ich noch nicht ausprobiert habe.“ – Mae West

    * Das Zitat geht im Original zu-rück auf Groucho Marx, der damit seinen Austritt aus dem Friars Club begründet haben soll. – Anm. der Red.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 25

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    Für Kinder

    Vorsichtig stelle ich meine Kaffee-tasse auf dem Schreibtisch ab und schalte den PC an. MinDrago sitzt lesend auf dem Sofa – natürlich mit Katergesellschaft. Tiger Yoshi räkelt sich neben ihm und lässt sich genüss-lich kraulen. MinDrago schaut von seinem Buch auf: „Wie siehst du denn aus, Cordula?“ Yoshi ist empört über die Unterbrechung und schaut ebenfalls auf – Bestie und Kater starren mich an. „Ich habe im Garten gearbeitet.“ Damit lässt MinDrago sich nicht abspeisen. „Und bist dabei in die Brennnesseln gefallen oder was? Wo kommen denn die ganzen Pusteln her?“ Während Yoshi sich wie-der gemütlich einrollt, hüpft MinDrago auf den Schreibtisch und inspiziert mein Gesicht und meine Arme. „Das sieht aber übel aus.“ Als wüsste ich das nicht selbst. „Ich habe vergessen, mich mit Sonnenschutzmittel einzucremen“, gestehe ich etwas kleinlaut, „und da hat die Sonnenallergie zugeschlagen.“

    Die Intelligenzbestie schüttelt missbil-ligend den Kopf, bis die Brille bedrohlich wackelt. „Seeehr leichtsinnig. So nachläs-sig sollte man mit dem größten Organ des Körpers nicht umgehen.“ Au weia, das klingt nach längerer Standpauke mit umfassender Belehrung. Und richtig

    – MinDrago rückt die verrutschte Brille zurecht und hebt den Zeigefinger. Ich greife nach der Kaffeetasse. Das kann länger dauern. „Hast du dir mal klarge-macht, was deine Haut alles für dich tut? Sie hält deinen Körper zusammen und schützt ihn nach außen. Ihre Nerven sind ein wichtiges Kommunikationsmit-tel – du spürst Kälte, Wärme und Be-rührungen. Und übrigens spielt sie auch eine wichtige Rolle beim Stoffwechsel. Denk nur an Vitamin D, das man durch Sonneneinstrahlung bildet. Wenn du

    versuchen würdest, das über die Nahrung zu be-kommen, müsstest du täglich große Mengen Eier, Fisch oder Innereien essen – für dich als Vegetarierin keine leichte Aufgabe. Zugegeben – für dich als Son-nenallergikerin natürlich auch nicht.“ Die Bestie macht eine Pause, um Luft zu holen. „Und übrigens – ‚Sonnenallergie‘ gibt es gar nicht. Du hast vermutlich eine polymorphe Lichtdermatose.“

    Manches geht uns unter die HautAha. Toll, da fühle ich mich gleich bes-ser. „Geht der Vortrag noch weiter oder kann ich jetzt arbeiten?“ Falsche Frage. Selbstverständlich geht der Vortrag noch weiter. MinDrago ist leicht ver-stimmt. „Hör mal ruhig gut zu. Dafür, dass sie so viele Aufgaben für sie erle-digt, wissen die meisten Menschen er-schreckend wenig über die Haut. Dabei habt ihr doch so viele Redewendungen über sie. ‚Unter die Haut gehen‘, ‚dünn-häutig sein‘, ‚eine ehrliche Haut sein‘. Da solltet ihr auch ein bisschen was über dieses phantastische Organ wissen.“ Da hat er auch wieder Recht. Okay, also Kaffee und Vortrag statt Arbeit. „Dann leg mal los, liebe Bestie.“

    Hautsache!Von schützenden Schichten, religiösen Ritualen und erstaunlicher Erneuerung

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201726 |

    * *

    „Aaalso, die Haut hat drei Schichten. Da ist zuerst die Epidermis. Sie ist die äu-ßere Hautschicht, etwa 0,05 Millimeter dick, und sie unterteilt sich noch einmal in mehrere Schichten. Bei der Epidermis handelt es sich um ein verhornendes Plattengewebe. Deshalb nennt man auch die Stellen, an denen sie dicker ist, wie zum Beispiel am Fuß, ‚Hornhaut‘. Dar-unter kommt die sogenannte Dermis, auch Lederhaut genannt. Sie besteht vorwiegend aus Bindegewebe. Ihre unte-re Schicht enthält glatte Muskulatur und Blutgefäße, die für die Temperaturrege-lung wichtig sind. Außerdem sind hier die Hautanhanggebilde wie Haare, Talg- und Schweißdrüsen. Und die unterste Hautschicht, die Unterhaut, heißt Sub-cutis. Sie enthält die größeren Blutgefäße und Nerven für die oberen Hautschich-ten.“ Mh, okay, davon habe ich immer-

    hin schon mal gehört. Aber MinDrago redet ohne Pause weiter: „Dieses Organ ist wirklich ein Multitalent! Hast du dir überhaupt schon mal klargemacht, vor wie vielen Gefahren dich deine Haut schützt? Sie wehrt Krankheitserreger ab, verhindert mechanische Verletzungen und Strahlenschäden und schützt dich vor Flüssigkeitsverlust. Dabei helfen ihr übrigens Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, die auf ihr siedeln; man nennt sie Hautflora. Manche Tiere atmen sogar durch die Haut, die Sauer-stoff aufnimmt und Kohlendioxid abgibt. Außerdem ist die Haut zuständig für den Wärmehaushalt. Das Unterhautfettge-webe hält die Wärme im Körper. Und wenn es zu warm wird, sondert die Haut Schweiß ab, der durch die Verdunstung Kühlung bringt. Bei Kälte werden die Haut und das Unterhautfettgewebe nur

    Die menschliche Haut besteht aus drei Schichten und erfüllt zahlreiche Aufgaben. | Foto: Sgbeer (CC-Lizenz)

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 27

    * *

    Für Kinder

    noch gering durchblutet und wirken so als isolierende Schutzschicht. Die Gän-sehaut ist ein Überbleibsel aus Zeiten, in denen wir noch eine stärkere Behaarung hatten: Ein spezieller Muskel richtet das Haar auf. Bei einer richtigen Felldecke wird so eine bessere Wärmeschutzfunk-tion aktiviert.“

    Sonnenschutz und SensibilitätEigentlich hat die Bestie Recht – selbst, wenn man all das zumindest ansatz-weise weiß, denkt man nur selten über diese zahlreichen Funktionen nach. MinDrago ist auch noch lange nicht am Ende: „Und denk nur an den Schutz vor UV-Strahlung! Der Mensch ist das einzige Säugetier, dessen Haut sich, zwangsläufig in Folge der fehlenden Be-haarung, durch Pigmentierung schützen kann. Die gebräunte Haut absorbiert die UV-Strahlung. Und der menschliche Schweiß enthält Urocaninsäure, die die Strahlung ebenfalls absorbiert. Und kluge Menschen cremen sich übrigens mit Sonnenschutzmittel ein.“ Dieser Seitenhieb durfte natürlich nicht fehlen. Ich höre mal elegant darüber hinweg. Ist MinDrago aber ohnehin egal, denn er ist voll in seinem Element. „Und natürlich ist die Haut ein grandioses Sinnesorgan! Sie enthält unterschiedliche Rezeptoren für Schmerzen, Druck und Temperatur. Außerdem gibt es die Tastrezeptoren. Diese sind besonders dicht verteilt in Körperregionen wie Fingerspitzen, Lip-pen und Zunge. Und das ist nicht alles

    – die Haut ist auch unmittelbar mit der Psyche verbunden! Denk an den Angst-schweiß oder das ungewollte Erröten bei peinlichen Situationen.“

    Ich halte MinDrago meinen Arm unter die Nase. „Du hast noch was vergessen! Die Haut ist auch dekorativ.

    Zum Beispiel mit Tattoos.“ Ein strafender Blick trifft mich. „Dazu wäre ich auch selbst gekommen. Natürlich hat die Haut auch eine Art Schmuckfunktion. Kosmetik, Schminken, Tätowierungen, Körperbemalung – da sind der Phan-tasie kaum Grenzen gesetzt. In so gut wie allen Kulturen spielt die Haut eine wichtige Rolle.“

    „Was ist eigentlich mit Skalpieren? In den Western-Filmen meiner Kind-heit war das ein großer Hit. Gab es das wirklich?“ Die Bestie verzieht leicht angewidert das Gesicht. „Ja, klar gibt es das. Als ‚Skalp‘ wird Haut, Unterhaut und Sehnengewebe des Schädels be-zeichnet. Beim Skalpieren wird diese Kopfschwarte vom Schädel gezogen, zum Beispiel bei Obduktionen. Ob die amerikanischen Ureinwohner das ritu-elle Skalpieren wirklich betrieben haben, um Trophäen ihrer Feinde zu sammeln, ist aber sehr umstritten. Es ist allerdings erwiesen, dass viele bodenbebauende Völker auf der ganzen Welt Skalps als Fruchtbarkeitssymbole und religiöse Ri-tualgegenstände benutzt haben.“

    Tätowierungen sind eine eigene Kunstform. – Foto: Piercings At Work (CC-Lizenz)

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201728 |

    * *

    Für Kinder

    Rundumerneuerung in wenigen Wochen„Das ist irgendwie … unschön. Schau mal, das hier finde ich viel schöner: Meine Tochter hat mir eine Schlangen-haut und die abgestreifte Haut einer Vogelspinne gegeben. Die sehen toll aus, und die früheren Bewohner dieser Hülle leben noch.“ Das sieht MinDrago auch so: „Ja, sehr schön. Man nennt diese Überreste übrigens ‚Exuvien‘. Bei vielen Tieren, zum Beispiel Spinnen und Libel-lenlarven, sehen diese Hüllen oft den eigentlichen Tieren täuschend ähnlich.“ Ich überlege. „Das ist doch eigentlich echt praktisch – in regelmäßigen Ab-ständen wirft man die alte Haut ab und hat dann eine nagelneue. Wir müssen die ganze Zeit die alte Haut behalten.“ Ein befremdeter Blick der Bestie zeigt mir, dass diese Bemerkung vermutlich irgendwie doof war. „Deine Haut erneu-ert sich ständig, viel häufiger als bei den meisten Häutungstieren. Alle vier Wo-chen hast du eine ganz neue Hautober-fläche. Hautzellen haben die Fähigkeit, sich ständig neu zu teilen. In der un-tersten Schicht der Oberhaut werden neue Zellen gebildet, die die darüber

    liegenden immer weiter hochschieben. Auf der Oberfläche verhornen dann die alten Schichten und werden schließ-lich abgestoßen. Ein Mensch verliert täglich bis zu 14 Gramm dieser alten Hornzellen.“ Das ist ja cool – ich schaue hoffnungsvoll auf meine verpustelte Haut und wünsche mir, es wäre bereits vier Wochen später. MinDrago scheint meine Gedanken lesen zu können. „Das wird schon wieder. Und weil du so artig zugehört hast, verrate ich dir jetzt etwas, das du bestimmt lieben wirst: Deine Haut hat die gleichen Vorlieben wie du – sie mag Kakao! Nicht nur, dass die in den Kakaobohnen enthaltene Kakao-butter ein sehr wirksames Pflegemittel ist. Es hilft auch, Kakao zu essen oder zu trinken. Wissenschaftler habe herausge-funden, dass Kakao das Sonnenbrand-risiko senkt und die Haut glatter macht und besser mit Feuchtigkeit versorgt! Also stell den blöden Kaffee weg und koch uns einen leckeren Kakao!“

    Wow – das ist mal eine gute Nach-richt! Da höre ich gern auf meine be-lehrende Bestie. Seid gut zu eurer Haut! Und vergesst den Kakao nicht!

    Cordula & MinDrago

    Der abgestreifte Chitinpanzer einer Garnele. | Foto: Jochen Zoth (CC-Lizenz)

    Mairoth & Voigtmann – Design, Text und Layout

    Max Voigtmann M. A.Redakteur und Grafi ker

    Babette Mairoth-Voigtmann Diplom-Designerin (FH) und Pressearbeit

    Sigererstraße 8 – 81249 München

    Telefon 089-87 18 11 20

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    Foto: Babet

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    Holen wir ihn da raus.

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 29

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  • MinD-Magazin 118 | Juli 201730 |

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    Aus der Vorstandsarbeit

    Liebe Ms, es freut mich, dass ich mich euch hiermit vorstellen darf. Ich bin 58 Jahre alt und seit 30 Jahren Mit-glied bei Mensa. Seit 2016 bin ich geschie-den und erziehe meinen Sohn Elias (zehn Jahre) im zweiwöchigen Turnus im Wechselmodell, bin also zur Hälfte Single und zur anderen Hälfte alleinerziehender Vater.

    Über meine berufliche Vita habe ich ja bereits im Rahmen meiner Bewerbung für das Vorstandsamt ausführlich ge-schrieben, daher möchte ich hier besser darauf eingehen, was ihr von mir in meiner neuen Aufga-be erwarten könnt.

    Im Rahmen meiner Tätig-keiten möchte ich mich für eine bessere Vereinsführung einsetzen, damit in den einzelnen Bereichen auch bei wachsen-der Mitgliederzahl weiterhin gute Arbeit geleistet werden kann. Denn Mensa lebt und gedeiht durch die vielfältigen Aktivitäten seiner Mitglieder, die oft frei-willig und ohne Bezahlung Großartiges leisten. Diese Mitglieder zu unterstützen betrachte ich als ein wichtiges Aufgaben-gebiet. Dabei möchte ich mich vor allem dafür einsetzen, dass Strukturen und Prozesse auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene eingeführt beziehungsweise verbessert werden, um

    eine kontinuierliche und konstruktive Zusammenarbeit auf allen Ebenen zu gewährleisten.

    Über die genaue zukünftige Ressor-taufteilung wollen wir uns in Kürze zu-sammensetzen und zeitnah informieren. Zu einem Thema fühle ich mich jedoch aufgrund meiner langjährigen Studien, Auslandsaufenthalte und professionellen Tätigkeiten besonders berufen. Ich möch-te mich gerne insbesondere der Kom-munikation und Vernetzung mit Mensa International und anderen nationalen Mensa-Organisationen widmen, sowie zu einer besseren Außenwirksamkeit gegenüber der Politik und gegebenenfalls

    bei internationalen Organisa-tionen (zum Beispiel UNESCO) beitragen.

    Vieles haben meine Mitstrei-ter und Vorgänger in den vielen Funktionen bereits vorange-bracht. Das Gute dieser Arbeit zu erhalten und weiterzuentwi-ckeln, dabei aber auch etwaig auftretende Missstände und Differenzen konstruktiv anzuge-hen, sehe ich als meine vorran-gige Aufgabe an. Dazu gehört

    auch, dass bei aller Wahrung der Privat-sphären der Mitglieder und entsprechen-der Beachtung der Datenschutz-Be-stimmungen ausreichend Transparenz und eine gehörige Portion Demokratie dafür sorgen, dass sich die Mitglieder im Verein gut aufgehoben, angehört und re-spektiert fühlen. Ich möchte ein offenes Ohr, eine offene Tür für eure Anliegen haben. Ich stehe dafür ein, klar, offen und vertrauensvoll zu kommunizieren, dabei aber respektvoll miteinander umzuge-hen. Ich danke euch für euer Vertrauen und freue mich, mich für euch einsetzen zu dürfen. Peter H. Hellmonds

    Mit Zuversicht und klarem Blick …

    Peter folgt Andreas in den Vorstand nach

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 31

    * *

    Mensa vor zehn Jahren

    Rückblick JT FrankfurtBeginnen wir mit dem Negativen: dem Essen. Genauer: dem Essen beim Galadi-ner. Das bei den Jahrestreffen schon lan-ge etablierte Event mit Kleiderordnung ging offenbar gehörig in die (Anzugs-)Hose. Wer dabei war, wird sich erinnern, für die anderen breiten wir das Tisch-tuch des Schweigens über diesen Abend.

    Die knapp 500 Mensaner machten nicht nur die Börse, den Flughafen, den Zoo und die Opelwerke unsicher, son-dern verteilten sich auf die gesamte Stadt und stießen auf ungewohnt gro-ßes Medienecho. Überall lauerten Ka-merateams und Journalisten und such-ten Interviewpartner. Das Jahrestreffen in Frankfurt setzte neue Maßstäbe: erstmals viertägig, das erste Galadiner, orange gekleidete Lotsen für die gut 60 Events in und außerhalb der Stadt – und eine Stadt voller jugendlicher Tokio-Hotel-Fans. Aber das hatte dann doch nichts mit Mensa zu tun.

    Deutscher IQ-Preis für Ranga YogeshwarNach Albrecht Beutelspacher (Gründer des „Mathematikums“), Günter Jauch und der „Sendung mit der Maus“ war Ranga Yogeshwar der vierte Empfänger des Deutschen IQ-Preises. Nach der Ehrung gab er den anwesenden Ms per Multimedia-Vortrag einen Einblick in seine Arbeit sowie sein „Familienalbum“.

    25 Jahre Udo SchultzWer kennt ihn nicht, den Mann mit dem ausladenden Schnurbart?

    Udo Schultz ist seit 1982 Mitglied, war von 1984 bis 1991 im Vorstand und ist bis heute LocSec in Kiel, mittlerweile zusammen mit seiner Frau Sigrid. Die beiden sind übrigens das erste deutsche

    MM-Paar (aber schon lange nicht mehr das einzige). Auch bei Men-sa International war er lange Zeit deutscher Mensa-Vertreter. Und weil Udo Mensa Deutschland so stark prägte wie kaum ein anderer, wurde er 1991 als zweites M nach Hans Lippmann zum Ehrenmitglied ernannt. Ob er auch heute noch so viel filmt und fotografiert wie damals, konnte nicht ausgemacht werden. Aber es ist schön, dass Udo Schultz auch nach 35 Jahren noch immer so aktiv ist, wovon nicht zuletzt das jährlich stattfindende Kieler Sommer-fest im Garten der M-Familie zeugt.

    Was Mensa und Tokio Hotel verbindet

    Ein Rückblick auf den Juni 2007

    Das Jahrestreffen ist das Highlight im Vereinsleben, deshalb können wir auf insgesamt neun Seiten

    noch einmal alles Revue passieren lassen. Außerdem lernen wir im MinD-Magazin 58

    Ms kennen, die bis heute sehr aktiv sind.

    MinD-MagazinDas offi zielle Organ von Mensa in Deutschland e. V.

    Juni 2007

    JT & mehrRanga Yogeshwar begeistert die Ms

    Das Essen beim Galadiner war ein Reinfall, doch das Rahmenprogramm war Klasse! | Foto :Sabine Bremer

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201732 |

    * *

    Mensa vor zehn Jahren

    MHN: MinD-Akademie und SpieleseminarDie MinD-Akademie in Würzburg im Oktober 2007 steht unter dem Motto „Kreativität und Innovation“, auch die do-cumensa 1 soll zeitgleich stattfinden.

    Im Februar 2007 fand im Alten Amtsgericht Fronhausen das Spielese-minar statt. Neben vielen Spielen für drinnen ging es auch nach draußen zum damals noch eher unbekannten Geocaching. Spieleautor Martin Ebel

    aus Kassel stellte einige seiner Prototy-pen vor, die ausgiebig getestet wurden. Einige „unverzagte Mensaner“ wollten „immer noch“ den Mensa-Spielepreis ins Leben rufen. Zum Glück ließen sie nicht

    locker, denn seit 2010 wird der Preis jährlich an ein besonderes Spiel verliehen.

    SommerfesteNatürlich wird bei Mensa im Sommer 2007 auch gegrillt – nicht nur bei Schultzens in Kiel, sondern auch traditionell mehrtägig mit

    Programm in Berlin und interna-tional in Aachen beim Euregio-

    Grillen.

    Menschen bei MensaTanja Gabriele Baudson (damals Klein) ist nun MERF-Koordinatorin und vermittelt zwischen Forschungs-aktivitäten zum Thema „Hochbega-bung“ auf nationaler und internatio-naler Ebene. MERF steht für „Mensa Education and Research Foundation“

    und jede nationale Mensa hat einen MERF Coordinator. Matthias Möhl, späteres Vorstandsmitglied, wird als neuer Beisitzer Marketing / Presse / PR vorgestellt. Mensanerin von nebenan ist Beate Käppele aus Düsseldorf, die von Vera Nentwich interviewt wurde.

    Kids und JuniorsDas erste Juniors-Seminar-Wochenende steht bevor und bietet ein vollgepacktes Programm für die 14- bis 19-jährigen.

    Auf der Kinderseite wird gekocht: Nudelteig und Plastik. Außerdem wird Kresse angebaut und wir erfahren, dass Erdbeeren gar keine Beeren sind – To-maten und Kürbisse dagegen schon.

    Rezensionen, Prismenfernglas und ein AAManon Garcia hat sich in ihrem Buch „Frei von der Leber ohne Blatt vorm Mund“ mit dem Schulsystem beschäftigt und wurde von Günter Wulf auf vierein-halb Seiten ausgiebig dazu interviewt.

    Hartmut Blessing ermöglicht uns wieder einen Blick durchs Prismenfern-glas, und wir erfahren, wer die Kurzge-schichte aus Mag 57 verfasst hat: Oliver Kröning. Melanie Lahmer

    Link ` http://mind-mag.de/link/archiv/58

    Achtung Bio-hazards! | Foto: Beate Käppele

    Die Erdbeere ist keine Beere …

    Udo Schultz in der Karikatur.

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    www.coaching-fuer-hochbegabte.de

    Wie ich werde, was ich bin.

    Coaching und Seminare für Hochbegabte

    Aufhören mit dem Suchen, Anfangen mit dem Finden!

    Die nächsten Termine für das Kleingruppen-Seminar

    „Wie ich werde, was ich bin…“ in Bremen:

    Im Herbst: 13.10.2017 (abends) bis 15.10.2017 (ca. 16.30 Uhr)

    Mit maximal vier (hochbegabten) Teilnehmern wichtige Schritte zur Konstruktion einer individuellen erfolgreichen und befriedigenden Zukunft tun! Oder ganz individuell im Einzelcoaching neue, passendere Wege finden:

    Im Rahmen einer „Großen Inspektion“ (re)konstruieren wir auch die biographische Grundlage für Ihre Zukunft und kümmern uns ganz pragmatisch um die Lösung und Beantwortung aktueller Probleme und Fragen.

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  • MinD-Magazin 118 | Juli 201734 |

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    „Denken ist schwer – darum urteilen die meisten.“ –

    Carl Gustav Jung

    Sich eine eigene Meinung bilden, Standpunkte vor anderen Men-schen klar vertreten und auch umstrittene Positionen nicht sofort verurteilen, sondern überdenken – das ist es, was in unserer Gesellschaft oft der Gemütlichkeit zum Opfer gefallen ist.

    Aber gerade jetzt, wo sich Deutsch-land, Europa und die Welt wieder in einem Stadium des Wandels befinden, müssen wir unsere Komfortzone verlas-sen. Insbesondere wir, die wir Mitglieder eines Vereins sind, der gegründet wur-de, um die Intelligenz zum Wohle der Menschheit zu nutzen. In sozialen Netz-werken, Blogs und einschlägigen Nach-richtenportalen machen sich momentan vor allem die anderen breit: Oft anony-misiert durch Avatare und erfundene Benutzernamen steigern sich „besorgte Bürger“ in (vermeintliche oder tatsäch-liche) Missstände, benutzen alternative Fakten und bedienen sich dabei einer immer ausfallenderen Sprache.

    Missstände (eben vermeintliche oder tatsächliche) tun sich viele auf – manche offensichtlich; nach manchen wird schon fast verzweifelt gesucht. Auf einmal sind „die Politiker“ aber nicht mehr „die da oben“, die alles lenken und auf die man ohnehin keinen Einfluss hat. Nicht-

    Politiker versammeln Zehntausende zu „Protestspaziergängen“. Nicht-Politiker gründen neue Parteien. Nicht-Politiker werden zu Präsidenten gewählt. WIR Nicht-Politiker KÖNNEN Einfluss nehmen.

    Vor 50 Jahren sind Menschen weltweit auf die Straßen gegangen, um gegen Krieg und ein politisches Establishment zu protestieren. Heute ist es das Inter-net, worauf die Menschen schauen. Nutzen tun das aber (zumindest ge-fühlt) hauptsächlich extreme Gruppen, insbesondere rechte, nationalistische Meinungsmacher. Gefühlt ist die ganze Welt nicht offen und liberal, sondern egoistisch: überall Trumps, Putins, Erdo-gans, AfDs und andere Entdifferenzierer, die postfaktisch auf Stimmenfang gehen. Die Mehrheit hört (noch) nicht auf sie. Damit das aber nicht kippt, müssen die Freidenker lauter werden.

    Dazu gehört aber nicht, alles nur schön zu reden, andere zu verurteilen oder sie zu beschimpfen. Unsere Waffen müssen politische Neutralität (unabhän-gig von rechten oder linken Schubladen) und Tatsachen sein. Auch Themen, die man inzwischen „doch wohl mal sagen darf“ müssen besprochen und nicht aus falschem Anstand und political cor-rectness aus Prinzip abgelehnt werden. Wir müssen populistische Schlagwörter aufnehmen, um die Themen nicht den Rechtspopulisten zu überlassen. Wir müssen sie auswerten und korrigiert, mit Fakten und Quellen untermauert, populär neu aufbereiten. Unser Nachteil: Verantwortungsbewusst geht das eben nicht innerhalb von 140 Zeichen.

    Der Verein Mensa ist zur absoluten Neutralität verpflichtet, allein um die Vielfältigkeit seiner Mitglieder nicht zu gefährden. Aber wir als Mitglieder dürfen und müssen über Politik, Gesellschaft

    Werdet laut!Goetz Phillip Körner zur Diskussion

    über die Ziele von Mensa

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 35

    * *

    Ziele des Vereins?

    und Religion sprechen. Die Mensa-Satzung erlaubt zum Beispiel auch, Um-frageergebnisse unter Mitgliedern zu veröffentlichen. Wir als die intelligentes-ten zwei Prozent in Deutschland sollten das nutzen und Diskussionsergebnisse auch an offiziellen Stellen publizieren. Und wenn wir nicht einer Meinung sind? Wenn einer Religion für wichtig hält, ein anderer für überflüssig? Einer Mitglied der Linken ist und der andere mit der AfD sympathisiert? Umso besser! Dann kön-nen wir diskutieren – nicht mit dem Ziel, den anderen zu überzeugen oder die ei-gene Überzeugung aufzugeben, sondern mit dem Ziel, die andere Seite zu verste-hen. Wir müssen die Schwarmintelligenz ausnutzen, die auch unserem Netzwerk durch das Medium Internet ermöglicht

    wird. Wir müssen die Risiken eingehen, die freies Denken und die Äußerung der eigenen Meinung mit sich bringen. Wir müssen zusammen Ideen und Perspek-tiven entwickeln, laut werden und die Massen überzeugen – wie unsere Statu-ten sagen „zum Wohle der Menschheit“ – und die Chance nutzen, die Welt wieder in bessere, stabilere Bahnen zu lenken.

    Goetz Phillip Körner

    Link ` https://denkrisiko.wordpress.com

    „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär nur

    deine Schuld, wenn Sie so bleibt.“ – Farin Urlaub (Die Ärzte, „Deine Schuld“)

    Es gab ja einiges an Diskussion über das Vereinsziel, „Intelligenz zum Wohle der Menschheit einzusetzen”. Die einen meinen, es sei eine Aufforde-rung, die Probleme der Welt zu lösen und dazu müsse man handelnd in den Lauf der Welt eingreifen. Und die anderen meinen, damit würde Mensa Meinungen ausdrücken, was gegen das umgangs-sprachlich zu stark vereinfachte „Mensa hat keine Meinung” verstoße, genauer definiert zum Beispiel in der Internatio-nal Constitution of Mensa: „Mensa as an organization shall not express an opinion as being that of Mensa, take any political

    action other than the publication of the results of its investigations, or have any ideological, philosophical, political, or religious affiliations.”

    Aber müsse Mensa denn in den Lauf der Welt eingreifen, um deren Probleme zu lösen?

    Zu den Zielen von Mensa gehört doch auch „das Aufspüren und die Förderung der menschlichen Intelligenz”. Und intel-ligente Menschen können die Probleme der Welt erkennen und gemeinsam lösen.

    Schauen wir uns dazu mal genauer an, was zu Intelligenz dazugehört. Außer den Abstraktions- und Merkfähigkeiten

    Probleme erkennen und gemeinsam lösen

    Rainer Krauß zur Diskussion über die Ziele von Mensa

  • MinD-Magazin 118 | Juli 201736 |

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    Ziele des Vereins?

    Über Grenzen …“ lautet unser diesjähriges Jahresthema, und passend dazu war ich im März wieder zum Aktivenseminar von Mensa Niederlande eingeladen. Das fand dies-mal nicht weit von der deutschen Gren-ze entfernt bei Enschede statt. Neu war außer dem Ort, dass unsere Nachbarn die Veranstaltung „Verdiepingsweekend“, also „Vertiefungswochenende“ genannt hatten. Das Konzept war bewährt, denn außer um das gegenseitige Kennenler-nen ging es wieder mehr um die für die Zusammenarbeit notwendigen „Soft Skills“ als um fachliche Inhalte. Das dies-jährige Thema „Zusammenarbeiten in einer sicheren Umgebung“ wurde vor dem Hintergrund gewählt, dass es letz-

    tes Jahr viel Streit mit dem und inner-halb des Vorstandes gegeben hatte, was zu dessen Rücktritt und einer komplet-ten Neubesetzung führte. Auch sonst erinnert vieles, was in den Niederlanden diskutiert wird, an Fragen, mit denen wir uns auch bei MinD beschäftigen: Darf man ein M von Mailinglisten ausschlie-ßen und wenn ja, unter welchen Um-ständen? Und wie findet und betreut man überhaupt Aktive? Für letzteres hat Mensa NL eine eigene sechsköpfige Kommission, die nicht nur von sich aus geeignete Ms anspricht, sondern auch „Stellenbeschreibungen“ für die Website entwirft. Überraschend ist auch, dass bereits seit mehr als einem Jahr keine Tests mehr stattgefunden haben, weil es Probleme mit der Normierung der Tests gab. Man arbeitet mit Hochdruck daran, im Sommer wieder testen zu können – immerhin stehen momentan etwa 700 Kandidaten auf der Warteliste.

    Über kulturelle GrenzenNach der allgemeinen Begrüßung am Samstagmorgen starteten die Work-shops, zum Teil im Plenum und zum Teil aufgeteilt nach Interessen. Zuerst ging es darum, welche verschiedenen Arten

    Allerlei Grenzen, die überschritten werden

    Ein Besuch beim Aktivenseminar der niederländischen Nachbarn

    werden von diversen Fachleuten dazuge-zählt: Empathie, Mitgefühl, systemisches Denken, Planungsfähigkeit, Voraussicht. Stichwort System: Unter uns Mensa-Mitgliedern ist dadurch ein System ent-standen, in welchem wir wohlwollend miteinander umgehen, aktiv zuhören und gemeinsam weiter denken sowie relevantes Wissen verbreiten – wozu wir auch neue gemeinsame Aktivitäten erdenken, sie ausprobieren und das, was sich gut bewährt, beibehalten.

    Wir bräuchten also nicht in den Lauf der Welt eingreifen, um deren Prob-leme zu lösen. Wir bräuchten einfach nur Menschen zusammenzubringen, so wie wir dies bereits miteinander tun, sie dabei unterstützen, ihre Intelligenz in ihrer gesamten Bandbreite und Vielfalt zu nutzen – und dabei zusehen, wie sie die Probleme der Welt selbst erkennen und lösen.

    Was meint ihr dazu? Rainer Krauss

  • MinD-Magazin 118 | Juli 2017 | 37

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    Blick über die Grenze

    von Teams es gibt. Da wir uns nicht nur be-rieseln lassen, sondern sozusagen die Grenzen unserer Komfortzone überschreiten sollten, war unsere Aufgabe herauszufinden, in welcher Art Team wir am liebsten arbeiten wollten und warum Ms entgegen allen Vorurteilen Teams be-reichern können. Vor allem kulturelle Gren-zen wurden anschließend im Workshop über „Führen in einer internationalen Umgebung“ überschritten. Au