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ANGEKOMMEN Sabina Schneebeli scheint mit 52 aufzublühen. Sie packt ein neues Projekt an. Mittendrin Die traut sich was: Statt rumzusitzen und auf Rollenangebote zu warten, eröffnete die Schauspielerin Sabina Schneebeli in Meilen einen Concept-Store. Sie hat sie alle gespielt: eine tanzende Katze (Musical «Cats», Hamburg), eine Bündner Tourismus-Chefin (in der TV- Serie «Die Direktorin»), eine tapfere Ärztin (in der Soap «Tag und Nacht»), sie war beim «Tatort» engagiert und beim Kinostreifen «Ernstfall in Havanna». Die Zürcher Actrice ist erfolgreich. Und 52. «Aber die hiesige Theater- und Film- branche hat für Frauen in den mittleren Jahren nicht viel übrig», sagt Schneebeli. «Obwohl die gerade die aufregendste Zeit ihres Lebens auskosten.» Schnee- beli beweist, dass die schönste Rolle sowieso nur die ist: sich selbst zu sein. Dazu gehört auch, seine Träume zu verwirklichen. Statt auf der Bühne steht Schneebeli seit Kurzem in ihrer kleinen Boutique und verkauft nebst Rosen alles, womit sie am liebsten auch ihr eigenes Heim schmückt. Schweizer Illustrierte Style: Von der gefeierten Schauspielerin zur Lädelibesitzerin – ein interessan- ter Karriereschritt. Sabina Schneebeli: Ja, nicht wahr? Ich finde es spannend, neue Dinge auszuprobieren. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Spass mir diese Aufgabe macht. Wie kamen Sie überhaupt auf diese Idee? Seit Jahren kaufe ich Rosen von Hugo Nydegger. Dabei habe ich Hugo er- zählt, dass ich neben der Schauspielerei gern einmal etwas ganz anderes machen würde. Eines Tages fragte er mich, ob ich nicht seine Blumen verkaufen wolle. Ich lasse mich schnell für etwas begeistern und sah mich bereits in einem Lädeli ste- hen, umgeben von duftenden Rosen. Der Gedanke liess mich nicht mehr los, und ich überlegte mit meinem Freund Paul Kurath (ein Gartenbau-Unternehmer, Anm. der Red.), was zu Rosen passen könnte: Karten, Schalen, Vasen, so kam eins zum anderen. Als meine Coiffeuse Manuela Daluz uns einen Teil ihres Salons Boa Hair in Meilen zur Miete anbot, zögerten wir nicht lang und grün- deten den Laden Epilog. Und fanden so das Glück. Ich könnte meinen Tag nicht schöner beginnen: Frühmorgens fahre ich zum Händler, suche die Rosen aus, bringe sie in mein Lager, putze sie und binde Sträusse. Wie das geht, hat mir Hugo beigebracht. Manchmal reissen mir die Kundinnen die schon aus den Händen, bevor ich sie einstellen kann. Es gibt aber auch Tage, an denen niemand Rosen möchte. Dann muss ich sie halt nach Hause nehmen (strahlt). Die Schauspielerei stellt ganz andere Anforderungen an Sie. Beim Spielen muss man auf Knopfdruck Leistung erbringen, sein Inneres nach aussen kehren. Die Aufmerksamkeit für meine Person ertrug ich all die Jahre eher schwer. Als zurückhaltender Mensch stehe ich nicht so gern im Rampenlicht. Im Store geht es nicht um mich, sondern um meine Ware. In den Hintergrund zu treten, entspannt mich. Trotzdem gebe ich meinen Beruf nicht auf. Gerade brüte ich über einem Vierpersonenstück, auch eine Rolle in einem Kurzfilm ist geplant. Je älter die Frau, desto spärlicher die Rollenangebote. Tut das weh? Natürlich. Ich stehe zwischen zwei Figu- ren, ich bin nicht mehr jung und noch nicht die Grossmutter. Schade, gibt es hierzulande nicht mehr Engage- ments für Frauen dieses Alters. Es ist eine spannende Zeit mit Auf- und Umbrüchen, das empfinde ich als eine grosse Bereicherung. Keine Trauer, dass die Jugend vorüber ist? Ich fühle mich heute wohler in mei- ner Haut als noch vor zehn Jahren. Klar entdecke ich körperliche Ver- änderungen und denke: «Läck, das sah schon besser aus …» Trotzdem möchte ich die Uhr nicht zurück- drehen. Abschied nehme ich nur von belastenden Dingen. Zum Beispiel? Mich selber so wahnsinnig wichtig zu nehmen. Oder von Ängsten: nicht zu genügen, es immer allen recht ma- chen zu müssen. Das war ein langer, aber befreiender Prozess. Ich spüre viel mehr Ruhe in mir, und ich lasse mich auch nicht mehr so schnell in eine Ecke drängen. Ihre Söhne Tim und Luca sind erwachsen, wie sehr beflügelt das Ihre Freiheit? Natürlich gibt mir das Luft und Raum, Dinge zu tun, die ich zurückstecken musste, solange die Kinder klein waren. Freiheiten gehen aber auch mit Loslassen Interview Daniela Fabian Fotos Suter Caputo «DAS DESSERT IST JETZT!» Die Kirschen des Lebens soll man nicht aufsparen, sondern essen. 59 privé

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ANGEKOMMEN Sabina Schneebeli scheint mit 52 aufzublühen. Sie packt ein neues Projekt an.

MittendrinDie traut sich was: Statt rumzusitzen und

auf Rollenangebote zu warten, erö� nete die Schauspielerin Sabina Schneebeli in Meilen

einen Concept-Store.

Sie hat sie alle gespielt: eine tanzende Katze (Musical «Cats», Hamburg), eine Bündner Tourismus-Che� n (in der TV-Serie «Die Direktorin»), eine tapfere Ärztin (in der Soap «Tag und Nacht»), sie war beim «Tatort» engagiert und beim Kinostreifen «Ernstfall in Havanna». Die Zürcher Actrice ist erfolgreich. Und 52. «Aber die hiesige Theater- und Film-branche hat für Frauen in den mittleren Jahren nicht viel übrig», sagt Schneebeli. «Obwohl die gerade die aufre gendste Zeit ihres Lebens auskosten.» Schnee-beli beweist, dass die schönste Rolle sowieso nur die ist: sich selbst zu sein. Dazu gehört auch, seine Träume zu verwirklichen. Statt auf der Bühne steht Schneebeli seit Kurzem in ihrer kleinen Boutique und verkauft nebst Rosen alles, womit sie am liebsten auch ihr eigenes Heim schmückt.

Schweizer Illustrierte Style: Von der gefeierten Schauspielerin zur Lädelibesitzerin – ein interessan-ter Karriereschritt.Sabina Schneebeli: Ja, nicht wahr? Ich � nde es spannend, neue Dinge auszuprobieren. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Spass mir diese Aufgabe macht.

Wie kamen Sie überhaupt auf diese Idee?Seit Jahren kaufe ich Rosen von Hugo Nydegger. Dabei habe ich Hugo er-zählt, dass ich neben der Schauspielerei gern einmal etwas ganz anderes machen würde. Eines Tages fragte er mich, ob ich nicht seine Blumen verkaufen wolle. Ich lasse mich schnell für etwas begeistern und sah mich bereits in einem Lädeli ste-hen, umgeben von duftenden Rosen. Der Gedanke liess mich nicht mehr los, und ich überlegte mit meinem Freund Paul Kurath (ein Gartenbau- Unternehmer, Anm. der Red.), was zu Rosen passen könnte: Karten, Schalen, Vasen, so kam eins zum anderen. Als meine Coiffeuse Manuela Daluz uns einen Teil ihres

Salons Boa Hair in Meilen zur Miete anbot, zögerten wir nicht lang und grün-deten den Laden Epilog.

Und fanden so das Glück.Ich könnte meinen Tag nicht schöner beginnen: Frühmorgens fahre ich zum Händler, suche die Rosen aus, bringe sie in mein Lager, putze sie und binde Sträusse. Wie das geht, hat mir Hugo beigebracht. Manchmal reissen mir die

Kundinnen die schon aus den Händen, bevor ich sie einstellen kann. Es gibt aber auch Tage, an denen niemand Rosen möchte. Dann muss ich sie halt nach Hause nehmen (strahlt).

Die Schauspielerei stellt ganz andere Anforderungen an Sie.Beim Spielen muss man auf Knopfdruck Leistung erbringen, sein Inneres nach aussen kehren. Die Aufmerksamkeit für meine Person ertrug ich all die Jahre eher schwer. Als zurückhaltender Mensch stehe ich nicht so gern im Rampenlicht.

Im Store geht es nicht um mich, sondern um meine Ware. In den Hintergrund zu treten, entspannt mich. Trotzdem gebe ich meinen Beruf nicht auf. Gerade brüte ich über einem Vierpersonenstück, auch eine Rolle in einem Kurz� lm ist geplant.

Je älter die Frau, desto spärlicher die Rollenangebote. Tut das weh?Natürlich. Ich stehe zwischen zwei Figu-ren, ich bin nicht mehr jung und noch

nicht die Grossmutter. Schade, gibt es hierzulande nicht mehr Engage-ments für Frauen dieses Alters. Es ist eine spannende Zeit mit Auf- und Umbrüchen, das emp� nde ich als eine grosse Bereicherung.

Keine Trauer, dass die Jugend vorüber ist?Ich fühle mich heute wohler in mei-ner Haut als noch vor zehn Jahren. Klar entdecke ich körperliche Ver-änderungen und denke: «Läck, das sah schon besser aus …» Trotzdem möchte ich die Uhr nicht zurück-drehen. Abschied nehme ich nur von belastenden Dingen.

Zum Beispiel?Mich selber so wahnsinnig wichtig zu nehmen. Oder von Ängsten: nicht zu genügen, es immer allen recht ma-chen zu müssen. Das war ein langer, aber befreiender Prozess. Ich spüre viel mehr Ruhe in mir, und ich lasse

mich auch nicht mehr so schnell in eine Ecke drängen.

Ihre Söhne Tim und Luca sind erwachsen, wie sehr be� ügelt das Ihre Freiheit?Natürlich gibt mir das Luft und Raum, Dinge zu tun, die ich zurückstecken musste, solange die Kinder klein waren. Freiheiten gehen aber auch mit Loslassen

Interview Daniela Fabian Fotos Suter Caputo

«DAS DESSERT IST JETZT!» Die Kirschen des Lebens soll man nicht

aufsparen, sondern essen.

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privé

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einher. Das ist nicht immer einfach. Aber ich bin mir bewusst: Loslassen ist der Schlüssel zum Glück. Manchmal gelingt es mir besser, in Bezug auf meine Söhne habe ich allerdings zu beissen.

Was fällt dort so schwer?Den Überblick nicht mehr zu haben. Wo sind sie? Was machen sie? Essen sie ge-sund, haben sie eine warme Jacke dabei? Tim besuchte zweieinhalb Jahre in New York die Schauspielschule, das war ein Lehrblätz für mich. Als ich ihn das erste Mal besuchte und sah, wie schäbig er wohnte, habe ich heimlich eine Träne ver-drückt. Nicht mal sieben Quadrat meter gross war sein Zimmer, ohne Fenster, in einer düsteren Ecke Brooklyns. Aber es gehört halt dazu. Wenn man Künstler sein will, muss man auch unten durch.

Sie selber haben ein bisschen was von Meg Ryan.Ach ja? Aber unoperiert, bitte sehr.

Liessen Sie nie etwas machen?Ehrlich, das Thema langweilt mich.

Uns nicht.Ich liess ein paar Flecken an den Händen weglasern. Und dieser hier (zeigt auf einen winzigen Schatten unterm Auge) stört mich. Der kommt auch noch weg. Ich habe Botox ausprobiert, aber ich � nde es schwierig, wenn man keine Mimik mehr hat. Schauen Sie (verzieht das Ge-sicht zu Grimassen), das würde alles nicht mehr gehen.

Benutzen Sie Anti-Aging-Produkte?Ich habe etwas Neues entdeckt, das übri-gens auch bei mir im Epilog erhältlich ist: Schweizer Naturkosmetik von Robert und Josiane. In ihrem Serum Schöne Aussichten verwenden sie unter anderem Amalaki. Es soll verjüngende Wirkung

haben. Diese Stachelbeere aus Indien gibt es auch in Pulverform. Ich löse es in Wasser und trinke jeden Tag ein Glas da-von. Amalaki ist mein neues Zauberwort.

Sie haben immer noch die Figur einer Tänzerin, ernähren Sie sich streng gesund?Früher hat mir Essen nicht viel bedeutet, mit Paul lernte ich es schätzen, er kocht gern und gut. Von mir aus müsste es kein Fleisch geben, ich mag Fisch. Ich liebe auch Smoothies aus Früchten und Ge-müse, gönne mir Pasta, aber kaum Brot. Ich esse, worauf ich Lust habe.

Wie haben Sie Paul kennengelernt?Beim Coiffeur.

Der scheint ein zentrales Thema bei Ihnen zu sein …(Lacht.) Erst habe ich dort seine Mutter getroffen. Eine äusserst attraktive ältere Dame, sie lächelte und strahlte, obwohl sie warten musste. Ich fand sie herzig, so modern, mit roten Haaren, ich musste einfach zu ihr hin und ihr ein Kompli-ment machen. Dann kam ein wunder-schöner Mann herein und grüsste sie, «Hoi, Mami». Er kaufte ein Shampoo und verlangte auch gleich die Rechnung seiner Mutter. Das fand ich rührend.

Glauben Sie denn noch an die grosse Liebe?Auf jeden Fall. An Liebe überhaupt.

Sie trifft einen ja nicht so oft.Das ist wahr.

Wie erklären Sie Ihren Söhnen, wie Liebe funktioniert?Das erkläre ich ihnen nicht, das sollen sie selber heraus� nden. Ich glaube auch nicht, dass sie das von mir hören wollen, sie würden sagen: «Ouuh Mama, häsch es ?!» Man kann nur versuchen, die Liebe vorzuleben durch Mitgefühl für Mensch, Tier und Umwelt. Durch Achtung und Respekt. Und Selbstliebe. Wenn man mit sich im Reinen ist, lernt man verzeihen. Liebe ist geben, ohne etwas zu erwarten.

Wie leben Sie Mutterliebe?Da müsste man meine Söhne fragen. In der Kontinuität vielleicht? Präsent und immer da gewesen zu sein. Zu beschüt-zen. Das war vielleicht auch mein gröss-ter Fehler, dass ich sie zu sehr bewahren wollte vor Schmerz und Schwierigkeiten.

Ihr Shop heisst Epilog. Warum?Tim fand diesen Namen. Es bedeutet Nachwort, dass noch etwas anderes kommt. Das Dessert sozusagen.

Für die Nachspeise sind Sie noch zu jung.Das sehe ich anders. Wir sollten das Le-ben immer hier und jetzt feiern, solange wir können und gesund sind. Wozu auf-sparen? Paul kauft gern etwas Schönes, und dann hortet er es. Letzthin einen Föhn. Ich: «Wo ist der neue Föhn?» Er: «Den sparen wir.» Auf wann? Wenn wir keine Haare mehr haben?

Wie schafften Sie es, sich selbst das Gute zu gönnen?Ich hatte einen Lehrer, einen buddhisti-schen Mönch. Tenzin Wangyal Rinpoche. In einer schwierigen Phase besuchte ich seine Kurse und lernte seine Meditations-praktiken. Ich hatte vieles ausprobiert, nur manchmal hilft das Zerreden von Pro blemen nicht weiter. Zur Stimme mei-nes Herzens fand ich in der Stille.

“Ich habe bei Schwierigkeitenschon so vieles ausprobiert. Zur Stimme meines Herzens fand ich erst in der Stille.”SABINA SCHNEEBELI

SEHNSUCHT GESTILLT «Unter dem Kirschbaum im Garten – dort ist mein Lieblings-platz.»

EI, EI! Auerhuhn

Frieda heisst im Entrée die Gäste

willkommen.

SPIEGLEIN … Eine Trouvaille vom Flohmarkt.

ROSIGE AUSSICHT Blumen und Bücher ge-hören dazu.

SITZLEDER Den romantischen Sessel hat Sabina Schneebeli eigen-händig restauriert.

UNGEKÜNSTELT Zarte Vasen machen auch leer etwas her.

AM TATORT Ihr Büro besteht bloss aus einer Nische im Shop. Dass die Zahlen stimmen, dafür sorgt Paul. epilog-laden.ch

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