Sonntagsblatt... · Created Date: 11/30/2017 12:45:55 PM

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l$.r''.u",*tr, Menschen mit Nahtoderleb- nissen berichten oft von außer- körperlichen Erfahrungen. Für die Theolo- gie sind diese Phänomene eine besondere Her- ausforderung. Foto: Turan Sezer/ Fotolia Der Kardiologe Pim van Lommel erforscht Nahtoderlebnisse Bewusstsein jenseits von Zeit und Raum? Viele Menschen wollen wis- sen, was auf der Schwelle zwi' schen Leben und Tod pas- siert. Wenn Pim van Lommel ans Rednerpult tritt, ist ihm ein aufmerksames Publikum gewiss. Der niederländische Kardiologe präsentiert neue medizinische Fakten zur Nah- toderfahrung. »Eine Nahtoderfahrung ist ein außerordentlicher Bewusst- seinszustando, erklärt van Lom- mel. Bei Herzstillstand, im Schock oder sogar im Koma ma- chen Patienten bisweilen außer- gewöhnliche Wahrnehmungen. Als Naturwissenschaftier habe er immer gedacht, dass das für einen Bewusstlosen nicht mög- lich sei. Bis ihm in den 1980er- Jahren ein aus dem Koma er- wachter Mann genau sagen konnte, wo die Krankenschrves- ter sein Gebiss deponiert hatte und was die Arztä an seinem Bett gesprochen hatten. ,Da bin ich neugierig geworden und habe angefangen, Menschen systema- tisch zn befragen, die einen Herzstillstand erlitten habeno, erzählt er. In einer Studie sagten 18 Pro- zent von 282 Befragten in den Niederlanden, sie hätten wäh- rend eines Herzstillstands be- wusst erlebt, was um sie herum geschehen sei. »Unabhängig von der religiösen oder kulturellen Prägung, vom Lebensalter, von Medikamenten- oder Drogen- konsum haben ganz verschie- dene Menschen dasselbe be- richtetu, fasst van Lommel zusammen. Die meisten hätten gespürt, dass die Liebe das Allerwich- tigste im Diesseits wie im Jen- seits sei. Deshalb habe sich ihr Leben nach der Nahtoderfah- rung auch stark verändert. Sie interessierten sich etwa mehr für spirituelle Fragen, auch noch viele Jahre später. Allein in Deutschland soll es rund drei Millionen Menschen mit ver- gleichbaren Erfahrungen geben. Sechsjährige hält eigenes Erleben bildlich fest Van Lommel zeigt die Zeich- nung einer Sechsjährigen, auf der sie ihr eigenes Erleben fest- gehalten hat: Auf dem Bild schwebt das Mädchen lächelnd über dem eigenen Körper, wäh- rend zwei Männer es mit einer Druckmassage wiederbeleben. »Kleine Kinder wissen nichts von Notfallmedizin. Das Mäd- chen hat gemalt, was es gesehen hat, als sein Herz stillstand«, so van Lommel. Solche außerkör- perlichen Erfahrungen ließen sich bestätigen, wenn das betei- nicht lokales Bewusstsein jen- ligte medizinische Personal be- seits von Zeit und Raum gibt. fragt werde. Die Hirnrinde diene als eine Art »Schnittstelleo für das Bewusst- B ew u s ste wa h r n e h m u n g i:ä Xäilä?' * lT,ti' ?.Yi:r::: ohne aktives Gehirn denen Programme - nur eine vermittelnde Funktion. Dieses Van Lommel berichtet auch nicht lokale Bewusstsein sei mit vom dokumentierten Fall eines allem, was existiert, verbunden. Patienten, der solche bewusste Deshalb hätten auch immer wie- Wahrnehmungen hatte, obwohl der Menschen die sichere Ge- das Messgerät, an das er ange- wissheit, wie es weit entfernt le- schlossen war, keinerlei Gehirn- benden Personen gerade gehe, aktivität mehr anzeigte. Wie oder sie wüssten plötzlich, dass aber kann das sein, wenn das diese gestorben seien. ,Noch Bewusstsein nur vom Gehirn ab- gibt es aber mehr Fragen ais Ant- hängt? Der Kardiologe zeigt sich worten«, räumt der Forscher ein. überzeugt davon, dass es ein Gabriele Riffert ßriliilIttTErill Nahtoderfahrung Nahtoderlebnisse und ihre fahrung nicht als Gottes- Interpretationen sind um- beweis verstanden werden. stritten. Zwar sind die Er- Diese Erfahrungen seien kenntnisse aus den Berich- ,nicht: geeignet, uns ge- ten von Sterbenden oder heime Informationen über vorübergehend klinisch To- das Jenseits zu lieferno, sagt ten in ihren Grundelemen- etwa Pfarrer Peter van Briel, ten so eindeutig, dass das der sich mit dem Thema in- Phänomen nicht geleugnet tensiv beschäftigt hat. Vor werden kann - die Existenz allem sollten Nahtoderfah- einer Seele, die den körper- rungen nicht über die Bibel lichen Tod überdauert, und den christlichen Glau- scheint die angemessenste ben gestellt werden, weil sie Erklärung z:t sein. Aller- keine Offenbarungsquellen dings sollte die Nahtoder- über Gott sind. 48/2017

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Menschen mitNahtoderleb-nissen berichtenoft von außer-körperlichenErfahrungen.Für die Theolo-gie sind diesePhänomene einebesondere Her-ausforderung.

Foto: Turan Sezer/

Fotolia

Der Kardiologe Pim van Lommel erforscht Nahtoderlebnisse

Bewusstsein jenseits von Zeit und Raum?Viele Menschen wollen wis-sen, was auf der Schwelle zwi'schen Leben und Tod pas-

siert. Wenn Pim van Lommelans Rednerpult tritt, ist ihm

ein aufmerksames Publikumgewiss. Der niederländischeKardiologe präsentiert neue

medizinische Fakten zur Nah-toderfahrung.

»Eine Nahtoderfahrung ist einaußerordentlicher Bewusst-seinszustando, erklärt van Lom-mel. Bei Herzstillstand, imSchock oder sogar im Koma ma-chen Patienten bisweilen außer-gewöhnliche Wahrnehmungen.Als Naturwissenschaftier habeer immer gedacht, dass das füreinen Bewusstlosen nicht mög-lich sei. Bis ihm in den 1980er-

Jahren ein aus dem Koma er-wachter Mann genau sagenkonnte, wo die Krankenschrves-ter sein Gebiss deponiert hatteund was die Arztä an seinemBett gesprochen hatten. ,Da binich neugierig geworden und habeangefangen, Menschen systema-tisch zn befragen, die einenHerzstillstand erlitten habeno,erzählt er.

In einer Studie sagten 18 Pro-zent von 282 Befragten in denNiederlanden, sie hätten wäh-rend eines Herzstillstands be-

wusst erlebt, was um sie herumgeschehen sei. »Unabhängig vonder religiösen oder kulturellenPrägung, vom Lebensalter, vonMedikamenten- oder Drogen-konsum haben ganz verschie-dene Menschen dasselbe be-richtetu, fasst van Lommelzusammen.

Die meisten hätten gespürt,dass die Liebe das Allerwich-tigste im Diesseits wie im Jen-seits sei. Deshalb habe sich ihrLeben nach der Nahtoderfah-rung auch stark verändert. Sieinteressierten sich etwa mehr fürspirituelle Fragen, auch nochviele Jahre später. Allein inDeutschland soll es rund dreiMillionen Menschen mit ver-gleichbaren Erfahrungen geben.

Sechsjährige hält eigenesErleben bildlich fest

Van Lommel zeigt die Zeich-nung einer Sechsjährigen, aufder sie ihr eigenes Erleben fest-gehalten hat: Auf dem Bildschwebt das Mädchen lächelndüber dem eigenen Körper, wäh-rend zwei Männer es mit einerDruckmassage wiederbeleben.»Kleine Kinder wissen nichtsvon Notfallmedizin. Das Mäd-chen hat gemalt, was es gesehenhat, als sein Herz stillstand«, sovan Lommel. Solche außerkör-perlichen Erfahrungen ließen

sich bestätigen, wenn das betei- nicht lokales Bewusstsein jen-ligte medizinische Personal be- seits von Zeit und Raum gibt.fragt werde. Die Hirnrinde diene als eine Art

»Schnittstelleo für das Bewusst-

B ew u s ste wa h r n e h m u n g i:ä Xäilä?' * lT,ti' ?.Yi:r:::ohne aktives Gehirn denen Programme - nur eine

vermittelnde Funktion. DiesesVan Lommel berichtet auch nicht lokale Bewusstsein sei mit

vom dokumentierten Fall eines allem, was existiert, verbunden.Patienten, der solche bewusste Deshalb hätten auch immer wie-Wahrnehmungen hatte, obwohl der Menschen die sichere Ge-das Messgerät, an das er ange- wissheit, wie es weit entfernt le-schlossen war, keinerlei Gehirn- benden Personen gerade gehe,

aktivität mehr anzeigte. Wie oder sie wüssten plötzlich, dass

aber kann das sein, wenn das diese gestorben seien. ,NochBewusstsein nur vom Gehirn ab- gibt es aber mehr Fragen ais Ant-hängt? Der Kardiologe zeigt sich worten«, räumt der Forscher ein.überzeugt davon, dass es ein Gabriele Riffert

ßriliilIttTErill

NahtoderfahrungNahtoderlebnisse und ihre fahrung nicht als Gottes-Interpretationen sind um- beweis verstanden werden.stritten. Zwar sind die Er- Diese Erfahrungen seienkenntnisse aus den Berich- ,nicht: geeignet, uns ge-

ten von Sterbenden oder heime Informationen übervorübergehend klinisch To- das Jenseits zu lieferno, sagtten in ihren Grundelemen- etwa Pfarrer Peter van Briel,ten so eindeutig, dass das der sich mit dem Thema in-Phänomen nicht geleugnet tensiv beschäftigt hat. Vorwerden kann - die Existenz allem sollten Nahtoderfah-einer Seele, die den körper- rungen nicht über die Bibellichen Tod überdauert, und den christlichen Glau-scheint die angemessenste ben gestellt werden, weil sieErklärung z:t sein. Aller- keine Offenbarungsquellendings sollte die Nahtoder- über Gott sind.

48/2017