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1 Medico International: Global Gerecht Gesund Weltgesundheit & Weltgerechtigkeit: Nächste Schritte Thomas Pogge pantheon.yale.edu/~tp4 Leitner Professor of Philosophy and International Affairs, Yale University with additional affiliations at the Australian Centre for Applied Philosophy and Public Ethics (CAPPE) and the University of Oslo Centre for the Study of Mind in Nature (CSMN)

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Medico International: Global Gerecht Gesund

Weltgesundheit & Weltgerechtigkeit: Nächste Schritte

Thomas Poggepantheon.yale.edu/~tp4

Leitner Professor of Philosophy and International Affairs, Yale Universitywith additional affiliations at

the Australian Centre for Applied Philosophy and Public Ethics (CAPPE)and the University of Oslo Centre for the Study of Mind in Nature (CSMN)

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Diese Powerpoint Präsentation

wird für Sie und alle öffentlich

zugänglich sein.

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Drei Ziele1. Fortsetzung unserer gestrigen Analyse der

globalen Gesundheitssituation; daraus

2. Begründung der Joint Learning Initiative, die das

Menschenrecht auf Gesundheit explizieren und

für alle Menschen verwirklichen soll;

3. Vorstellung einer möglichen Komponente der

Joint Learning Initiative: der Health Impact Fund

als Modell gerecht und marktwirtschaftlich

gesteuerter Innovation (neue Medikamente).

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Gerechtigkeit und Menschenrechte

Keine Konzeption von Gerechtigkeit ist heute

international konsensfähig. Als notwendige

Bedingung von Gerechtigkeit sind jedoch die

Menschenrechte weithin anerkannt, sofern man

sie eng versteht: absolute Priorität hat nur, bei

sozialen Regeln, die Erfüllung der Menschen-

rechte und nicht auch ihre Verrechtlichung —

und, bei Akteuren, nur ihre Nichtverletzung

(“respect”, negative Pflichten) und nicht auch

ihre Beförderung (“protect and fulfill”, positive

Pflichten). Auch: nur “absolute” Deprivationen…4

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Erster Teil #1. Unter den bestehenden Weltwirtschaftsregeln sind

die Menschenrechte der meisten Menschen

vorhersehbarerweise nicht erfüllt.

#2. Mit einem alternativen Design jener Regeln

wäre vorhersehbarerweise ein Großteil dieses

Menschenrechtsdefizits leidlich vermeidbar.

#3. Die bestehenden Regeln der Weltwirtschaft

verletzen massiv die Menschenrechte und sind

deshalb extrem ungerecht.

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#1. Unter den bestehenden

Weltwirtschaftsregeln sind

vorhersehbarerweise die

Menschenrechte der meisten

Menschen nicht erfüllt.

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Die menschlichen Kosten der Armut

Von 6800 Millionen Menschen heute sind etwa

925 Millionen unterernährt (FAO, Sept. 2010),

2000 Millionen ohne Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten (www.fic.nih.gov/about/plan/exec_summary.htm),

884 Millionen ohne sicheres Trinkwasser (WHO/UNICEF 2008, S. 32),

924 Millionen obdachlos (UN Habitat 2003, S. vi),

1600 Millionen ohne elektrischen Strom (UN Habitat, “Urban Energy”),

2500 Million ohne sanitäre Einrichtungen (WHO/UNICEF 2008, S. 7)

796 Millionen Erwachsene Analphabeten (www.uis.unesco.org),

218 Millionen Kinder (im Alter von 5-17) verrichten Lohnarbeit ausserhalb ihres Haushalts, oft unter sklavereiähnlichen Bedingungen: als Soldaten, Prostituierte, Hausangestellte, Landarbeiter, Bauarbeiter, Fabrikarbeiter oder Teppichknüpfer (ILO: The End of Child Labour, Within Reach, 2006, S. 9, 11, 17f.).

   

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Ein Drittel aller TodesfälleJährlich sterben etwa 18 Millionen Menschen (50.000 pro Tag), mehrheitlich Kinder, an armutsbedingten Ursachen, die billig vermeidbar wären: durch bessere Ernährung, sauberes Trinkwasser, Rehydrierungspräparate, Impfungen und andere Medikamente. In Tausenden:

Durchfall (2163) und Unterernährung (487),

Tod von Mutter (527) oder Kind (3180) bei der Geburt,

Kinderkrankheiten (847 — besonders Masern),

Tuberkulose (1464), Meningitis (340), Hepatitis (159),

Malaria (889) und andere Tropenkrankheiten (152),

Atemweginfektionen (4259 — bes. Lungenentzündung),

HIV/AIDS (2040), Geschlechtskrankheiten (128).

WHO: World Health Organization, Global Burden of Disease: 2004 Update, Geneva 2008, Table A1, S. 54-59 ..

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Millionen von Todesfällen

5.5

7.5

9

15

20

30

55

>300

0 50 100 150 200 250 300

Korea und Vietnam1951-54, 1965-74

Congo Free State 1886-1908

Russischer Bürgerkrieg 1917-22

Erster Weltkrieg 1914-18

Stalins Repression1924-53

Maos Grosser Sprungnach vorn 1959-62

Zweiter Weltkrieg 1939-45

Armutstode weltweit 1990-2009

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Das meistverletzte Menschenrecht

Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard,

der seine und seiner Familie Gesundheit und

Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung,

Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung

und notwendige soziale Leistungen, sowie

das Recht auf Sicherheit im Falle von

Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder

Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem

Verlust seiner Unterhaltsmittel durch

unverschuldete Umstände. [Artikel 25(1)].

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

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#2. Mit einem alternativen

Design jener Regeln wäre

vorhersehbarerweise ein Großteil

dieses Menschenrechtsdefizits

leidlich vermeidbar.

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Globale Ungleichheit

Die 1125 Milliardäre der Welt (2008) hatten ca.

3% des weltweiten Privatvermögens, die untere

Hälfte der Menschheit (3.400 Millionen) hatte ein

Drittel davon: 1%.

Das einkommenstärkste Hundertstelprozent der

US Bevölkerung (30.000 Menschen) hat etwa 2%

des globalen Haushaltseinkommens — von

0,29% im Jahr 1978 angestiegen; die untere

Hälfte der Menschheit (3.400 Millionen) hat

knapp 3%. Nach Marktwechselkursen

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Segment der Welt-

bevölkerung

Anteil am globalen

Haushalts-einkommen

1988

Anteil am globalen

Haushalts-einkommen

2002

Absolute Veränderung im Einkom-mensanteil

Relative Veränderung im Einkom-mensanteil

Reichstes Zwanzigstel 42,87 46,36 +3,49 +8,1%

Nächste vier Zwanzigstel 46,63 43,98 -2,65 -5,7%

Zweites Viertel

6,97 6,74 -0,23 -3,3%

Drittes Viertel

2,37 2,14 -0,23 -9,8%

Ärmstes Viertel

1,16 0,78 -0,38 -32,9%

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Systemproblem: Regulatory Capture mit Ungleichheitsspirale

Die finanzstärksten Teilnehmer beeinflussen ― oftmals konzertiert ― die Regeln und deren Anwendung und bauen so ihre Führungsrollen aus. Ein solches “Ausreissen” ökonomischer Ungleichheit verstärkt die Anreize und auch die Möglichkeiten zur Einflussnahme. Öffentliche Einrichtungen kommen unter die Kontrolle partikularer und kurzfristig denkender Teilnehmer, die sich zu diesem Zweck Unterstützung von Medien und Akademikern besorgen (Käuflichkeit insbesondere der Wirtschaftswissenschaften, die ihrem Modell des homo oeconomicus Ehre machen). Der Einfluss von Partikularinteressen auf internationale Verträge und Organisationen ist besonders ausgeprägt.

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Gegenargument

Armut entwickelt sich in verschiedenen

Ländern und Weltregionen unterschiedlich.

Das beweist, dass für das Fortbestehen

schwerer Armut lokale Faktoren

verantwortlich sind.

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Konzeptuelle Antwort auf’s Gegenargument

Es zeigt nur, dass lokale Faktoren für das

Fortbestehen schwerer Armut mit-

verantwortlich sind. Es zeigt nicht, dass

lokale Faktoren alleinverantwortlich sind.

Beispiel: Lernerfolg von SchülerInnen

in derselben Lehrveranstaltung.

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Globale institutionelle Ordnung

Regierungen der mächtigsten Länder

Nationale institutionelle

Ordnungen der Entwicklungsländer

Konzerne und Bürger der

mächtigsten Länder

Die unter schwerer Armut leidenden

Menschen

Medikamente Arbeitsrecht

4 Privilegen

KlimawandelProtektionismus

Korruption

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Globale Armutsgrenzen und -defizite

Armuts-grenzen in 2005 KKP Dollar pro Person & pro Tag

Arme im Jahr 2005Gesamtdefizit unter

Armutsgrenze

Anzahl in Milliarden

Mittleres Defizit

unter AG

in Prozent des Welteinkommens

in Mrd $ pro Jahr

nach KKPnach 2005

Wechselkursen

$1,25 1,38 30% 0,33% 0,17% 76$2,00 2,56 40% 1,28% 0,66% 296$2,50 3,08 45% 2,2% 1,13% 507

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Unser Versprechen, Armut bis 2015 zu halbieren: Erste Version

1996 Welternährungsgipfel in Rom verspricht,

1996-2015 die Anzahl extrem armer Menschen zu

halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion

um 3,58% (minus 50% in 19 Jahren).

“We pledge our political will and our common and national commitment to achieving food security for all and to an on‑going effort to eradicate hunger in all countries, with an immediate [!] view to reducing the number of undernourished people to half their present level no later than 2015.”

www.fao.org/docrep/003/w3613e/w3613e00.htm

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Unser Versprechen, Armut bis 2015 zu halbieren: Zweite Version1996 Welternährungsgipfel in Rom versprach, 1996-2015 die Anzahl extrem armer Menschen zu halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion um 3,58%.

Die 2000 Millennium Declaration verspricht, 2000-2015 den Anteil extrem armer Menschen an der Weltbevölkerung zu halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion um 3,40% (40% in 15 Jahren).

“to halve, by the year 2015, the proportion of the world’s people whose income is less than one dollar a day and the proportion of people who suffer from hunger.”

www.un.org/millennium/declaration/ares552e.htm

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Unser Versprechen, Armut bis 2015 zu halbieren: Dritte Version1996 Welternährungsgipfel in Rom versprach, 1996-2015 die Anzahl extrem armer Menschen zu halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion um 3,58%.

Die 2000 Millennium Declaration versprach, 2000-2015 den Anteil extrem armer Menschen an der Weltbevölkerung zu halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion um 3,40% (minus 40% in 15 Jahren).

MDG-1, wie nachträglich von der UNO formuliert, verspricht, 1990-2015 den Anteil extrem armer Menschen an der Bevölkerung der Entwicklungs-länder zu halbieren. Dies impliziert eine jährliche Reduktion um 1,25% (minus 27% in 25 Jahren).

www.un.org/millennium/declaration/ares552e.htm

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Das verwässerte Versprechen

Basis Jahr

Anzahl der Armen im Basisjahr

(Millionen)

Für 2015 verspro-chene

Reduktion

Für 2015 avisierte Zielzahl

(Millionen)

Nötige jährliche

Reduktion

World Food

Summit

1996 1656 50% in 19 Jhrn 828

3,58%

Millennium Declaratio

n

2000 1665 40% in 15 Jhrn 999

3,35%

Offizielles MDG-1

1990 1813 27% in 25 Jhrn 1324

1,25%

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Folgerung:

#3. Die bestehenden Regeln

der Weltwirtschaft verletzen

massiv die Menschenrechte und

sind deshalb extrem ungerecht.

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Menschenrechte als moralische Ansprüche an (globale) Institutionen

“Jeder hat Anspruch auf eine soziale und

internationale Ordnung, in der die in dieser

Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten

voll verwirklicht werden können.” (Artikel 28)

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

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Schon immer lebte eine Mehrheit der Mensch-

heit in bitterer Armut. Neu aber ist die leichte

Vermeidbarkeit von Armut: das groteske

Missverhältnis zwischen dem menschlichen

und dem ökonomischen Ausmass des

Weltarmutsproblems. Armutsbedingt sind ein

Drittel aller menschlichen Todesfälle und

mehr als ein Drittel aller menschlichen

Gesundheitsdefizite. Und doch ist das, was

den Armen an Einkommen fehlt, nur ein

Prozent des globalen Bruttoeinkommens.

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Zweiter Teil

Was wäre ein guter

erster Reformschritt?

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Hauptpunkt

Um die Armut zu beenden, müssen wir

sie nicht nur bekämpfen sondern an

der Wurzel abstellen: Beim Design und

Redesign der Grundregeln unserer

globalen institutionellen Ordnung müssen

wir das Weltarmutsproblem voll

berücksichtigen, ja sogar als vornehmste

Aufgabe dieses Regelsystems in den

Vordergrund stellen.

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Also: politische Reformen, dieeine bleibende strukturelle Veränderung bringen;

den gleichen Wert aller Menschen symbolizieren;

auch wichtigen, wohlorganisierten Segmenten der globalen Elite dienen (Profit und Image);

erweiterbar (scalable) sind, aber mit erfahrungsbasierten Anpassungen;

das Artikulations- und Durchsetzungvermögen der Armen (und anderer Reformkräfte) stärken;

eine realistische moralische Reformrichtung aufzeigen, etwa die reproduzierbare Schaffung globaler öffentlicher Güter (Inge Kaul). 28

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Der Health Impact Fund (HIF)• von willigen Regierungen mit anfangs mindestens

$6 Milliarden per annum finanziert (0,01% des Welteinkommens = Summe der BIPs);

• verspricht jedes gemeldete Medikament während der ersten zehn Jahre gemäß seiner globalen Gesundheitsauswirkungen zu prämieren;

• Meldung ist freiwillig und erfordert keine Aufgabe geistiger Eigentumsrechte;

• Melder sagt vertraglich zu, sein Medikament, wo es gebraucht wird, zum niedrigstmöglichen Kostenpreis zu verkaufen und nach zehn Jahren zum generischen Vertrieb freizugeben.

• www.HealthImpactFund.org

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Niedrigstmöglicher Kostenpreis

kann durch eine Auktion unter generischen

Herstellern ermittelt werden, die sich z.B.

zur Übernahme der Herstellung eines

Medikaments für die nächsten drei Jahre

anbieten würden. Der billigste verlässliche

Anbieter bekommt zwei Drittel der Welt-

produktion, der zweitbilligste ein Drittel.

Nach drei Jahren wird neu ausgeschrieben.

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Der HIF vermeidet drei kritische Probleme von Preisausschreibungen

• Wofür soll ein Preis ausgesetzt werden?

• Wie soll die “Ziellinie” definiert werden?

• Wie groß soll der Preis sein?

• Der HIF schafft einen Innovationsmarkt auf dem neue Medikamente für verschiedene Krankheiten miteinander konkurrieren können. Alle gemeldeten Produkte bekommen dieselbe Prämienrate ($/QALY), die sich automatisch der Marktlage anpasst.

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Der

pharmazeutische

Status Quo und

seine Lücken

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Die für die Entwicklung und Verteilung neuer Medikamente

relevanten Regeln

Das TRIPS Übereinkommen – ein Teil des

die Welthandelsorganisation gründenden

Vertrags – schreibt vor, dass jedes WTO

Mitgliedsland Firmen, die ein neues Medi-

kament erfinden, (auf Ansuchen) ein 20

Jahre gültiges Patent einräumen muss.

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Sieben Probleme von TRIPS-pur

1. Hohe Preise hindern arme Menschen

während der Laufzeit des Patents an

der Nutznießung des Medikaments

(neue Medikamente sind zu teuer für

arme Patienten).

Warum sind die Preise so hoch?

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Die Relevanz der weltweiten Wohlstandsverteilung

Der Preis patentierter Medikamente für globale Krankheiten wird profitmaximierend festgesetzt (Profit = Absatz x Gewinnspanne).

Bei wichtigen Medikamenten ist der optimale Preis sehr hoch aufgrund stark ungleicher Wohlstands-verteilung in Verbindung mit sehr geringer Preiselastizität der Nachfrage bei wohlhabenden Patienten: Es lohnt sich z.B. für Patentinhaber, die Gewinnspanne (= Preis minus Produktionskosten) zu verzehnfachen, auch wenn man dadurch 4/5 des potenziellen Absatzes verliert. 36

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Segmente der Weltbevölkerung

Anteil am globalen Haushaltseinkommen

(2005)

Reichstes Zwanzigstel 43,36 (9x)

Nächsten vier Zwanzigstel 43,98 (2x)

Zweites Viertel 6,74 (1/4)

Drittes Viertel 2,14 (1/12)

Ärmstes Viertel 0.78 (1/32)

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Globale Nachfragekurve bei Medikamenten

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Sieben Probleme von TRIPS-pur

1. Neue Medikamente zu teuer für Arme

2. Die Erforschung der auf arme Menschen konzentrierten Krankheiten ist unrentabel (“vernachlässigte” Krank-heiten; die sogenannte 10/90 Kluft)

Warum?

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Die Relevanz der weltweiten Wohlstandsverteilung

Medikamente für auf arme Menschen

konzentrierte Krankheiten sind nicht

lukrative Ziele pharmazeutischer

Forschung: bei ihnen liegt entweder

der Absatz oder die Gewinnspanne

sehr niedrig. 40

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Ziele der ForschungKrankheiten, die 90% der globalen Krankheitslast ausmachen ziehen nur 10% der weltweiten Pharmaforschung auf sich. Erkrankungen der Atemwege, Durchfallerkrankungen, Tuberkulose und Malaria machen über 20% der globalen Krankheitslast aus, und doch werden weniger als 1% aller pharmazeutischen Forschungsmittel auf diese Krankheiten verwendet. Von den 1556 neuen Medikamenten, die von 1975 bis 2004 auf den Markt kamen, waren nur 18 für Tropen-krankheiten und 3 for Tuberkulose.

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TRIPS-pur versus TRIPS+HIF

1. Neue Medikamente zu teuer für Arme

2. Vernachlässigte Krankheiten (10/90)

3. Tendenz zu symptommildernden Mitteln

4. Rechtsstreite, Deadweight Verluste, etc.

5. Hohe Marge Exzessives Marketing

6. Medikamentenfälschung (Counterfeiting)

7. Die “letzte Meile”

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Nächste

Schritte

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HIF Versuchsballons

• Eine Pharmafirma wird dazu angehalten, ein

neues Medikament in einem Land zu einem sehr

niedrigen Preis einzuführen, und wird dafür nach

Gesundheitsauswirkungen bezahlt. Wir suchen

noch weitere geeignete Medikamentkandidaten.

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Zwei weitere Anwendungen

• auf grüne/saubere Technologien: Erfinder

machen ihr Wissen umsonst zugänglich

und werden nach vermiedenen

Emissionen usw. bezahlt;

• auf landwirtschaftliche Innovationen:

Erfinder machen ihre Erfindung umsonst

zugänglich und werden bezahlt nach

Reduktion von Pestizidgebrauch,

erhöhtem Nahrstoffgehalt usw.

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Metric for Assessing Health Impact

• Health impact is to be assessed in QALYs through

comparison to outcomes that could have been

expected to occur given the state of technology

two years before the drug was introduced, and

excluding the firm’s own products.

• Quality-Adjusted Life Years: All health states are

rated on a 0-1 scale. For example, 2 QALYs

• = two extra years in good (1.0) health

• = four extra years in poor (0.5) health

• = ten years in improved (+0.2) health.

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How to Assess Health Impact

• Health impact is to be assessed annually based on collected data and inference

• Assessment will rely on data from

– Clinical trials

– Pragmatic or practical trials

– Audited data on sales aided by serial numbers on packages and mobile phone technology

– Stratified sampling of use of the product in different environments

– Global burden of disease data

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Assessment Cost

• The assessments would be expensive to run, consuming up to 10% of the fund payout, or $600 million per year. Judged to be feasible by experts (IHME).

• Better health impact monitoring is a priority in almost all countries already. – Clinical reasons– Budgetary reasons

• Assessment costs are therefore partly balanced by collateral benefits.

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How to Constrain the Selling Price

• Three design options: – The HIF sets a price ceiling equal to estimated

average cost of production

– The HIF requires open licensing of all relevant patents and data to create generic competition

– The HIF requires the registrant to issue tenders for production; registrant controls distribution but must sell product at no more than cost of acquisition plus a supplement to cover distribution

• Cost of production and distribution is to be minimized and registrant is not to profit from selling the drug, only from HIF-rewards. Incentive to lower price iff δQ(R+p–c) > Qδp

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Allocation Rules• Because pharmaceutical companies negotiate

under a virtual veil of ignorance with respect to as yet uninvented medicines, their collective interests will shape their negotiating strategy. They will favor allocation rules that maximize their collective harvest of rewards:

– They will want these rules to be clear and transparent so as to reduce uncertainty.

– They will want the incentives to be shaped to foster efficient collaboration and synergies among themselves.

– They will want to set up a cheap and reliable arbitration mechanism so as to avoid costly disputes.