001 Titel Topolino - Hanomag-Museum Weltrekordler aus H… · FIAT TOPOLINO Mein Klassiker...

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Nr. 37-1 | 2013 März | April | Mai www.swissclassics.com [email protected] Schweiz CHF 9.– | Österreich EUR 7.20 Deutschland EUR 7.– | BE/LUX EUR 8.30 DAS OLDTIMERMAGAZIN DER SCHWEIZ SMVC-Clubnachrichten SPEZIALCARROSSERIE: Willy Bernath WELTREKORDLER: Hanomag-Diesel PÄSSEFAHRT: Triumph TR4, Teil 2 Weitere Themen: MODELLE: Premiumclassixxs, BUB-Toys SWISSCLASSICS FAHRZEUGMARKT: 31 Seiten grossformatige Foto-Inserate RECHT: Oldtimer, Gewinne und Steuern RATGEBER: Welches Motorenöl braucht mein Klassiker? ANTIQUARISCHES BUCH: Ernest Henry Mein Klassiker FIAT TOPOLINO Kaufberatung Chevrolet Corvette C3

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    Nr. 37-1 | 2013 • M

    ärz | April | Mai

    Nr. 37-1 | 2013März | April | Mai

    [email protected]

    Schweiz CHF 9.– | Österreich EUR 7.20Deutschland EUR 7.– | BE/LUX EUR 8.30

    DAS OLDTIMERMAGAZIN DER SCHWEIZ

    SMVC-Clubnachrichten

    SPEZIALCARROSSERIE: Willy Bernath WELTREKORDLER: Hanomag-Diesel PÄSSEFAHRT: Triumph TR4, Teil 2

    Weitere Themen: MODELLE: Premiumclassixxs, BUB-Toys SWISSCLASSICS FAHRZEUGMARKT: 31 Seiten grossformatige Foto-Inserate RECHT: Oldtimer, Gewinne und Steuern RATGEBER: Welches Motorenöl braucht mein Klassiker? ANTIQUARISCHES BUCH: Ernest Henry

    Mein Klassiker

    FIAT TOPOLINO

    Kaufberatung

    Chevrolet Corvette C3

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    HANOMAG-DIESEL

    Weltrekordler aus Hannover Weltrekordler aus Hannover Weltrekordler aus Hannover mit Schweizer Genenmit Schweizer Genenmit Schweizer GenenIm Februar 1939 fuhr ein Ingenieur der Hanomag mit einem 1,9-Liter-Diesel

    auf der Autobahn bei Dessau vier Weltrekorde. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 156 km/h.Das im Krieg verbrannte Fahrzeug wird auf Basis noch vorhandener damaliger Serientechnik neu

    aufgebaut. Ausser einigen wenigen Fotos sowie Spanten- und Risszeichnungen existieren fast keine Unterlagen. Der Motorenkonstrukteur begann seine praktische Laufbahn bei Saurer, und die Patente

    für die Stromliniencarrosserie stammten von Paul Jaray, der lange in der Schweiz lebte.

    Text und Bilder: Horst-Dieter Görg

    Am Deisterplatz in Hannover-Linden wurde kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein neues Ka-pitel Automobilgeschichte aufgeschlagen. Das als Lokomotivhersteller seit dem 19. Jahrhundert weltbekannte Unternehmen Hanomag hatte ein starkes Team von Auto-konstrukteuren zusammengeholt. Ein Ergebnis dessen Ar-beit war die serienreife Entwicklung eines für die damalige Zeit im Pkw-Bau exotischen Motors: eines Diesels mit einem Hubraum von 1,9 Litern. Vorangegangen war eine Modifi ka-tion des Verbrennungsablaufs, durch den die bei Selbstzün-dern typische Lärmentfaltung reduziert werden konnte.Der Ehrgeiz der hannoverschen Konstrukteure war damit nicht befriedigt. Sie wollten der Welt beweisen, dass sich in einer Zeit, in der auf den Rennpisten mit Otto-Motoren immer neue Rekorde aufgestellt wurden, auch ein Diesel behaupten konnte. Das Team erhielt grünes Licht für den Bau eines be-sonderen Fahrzeugs mit dem Ziel, Weltrekorde aufzustellen.

    Gab den Anstoss: Jaray-Holzmodell im Verkehrshaus der Schweiz.

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  • Die Hanomag in Hannover gehörte damit neben Citroën und Mercedes-Benz zu den ersten Serienherstellern von Diesel-motoren für Personenwagen. Das Unternehmen hat aber nach dem Zweiten Weltkrieg den Pkw-Bau nicht wieder auf-genommen. Von den rund 100 000 gebauten Personenwagen haben nur wenige hundert überlebt. Besonders bekannt und beliebt ist das «Kommissbrot», von 1924 bis 1928 in 15 775 Ex-emplaren in Hannover gebaut. Dieser Kleinwagen mit ein- zylindrigem, wassergekühltem Mittelmotor und Pontoncar-rosserie begründete den Automobilbau an der Leine. Es folgten Wagen in klassischer Carrosserieform mit 4- und 6-Zylinder-Motoren, die Typen Kurier und Garant, Re-kord und Sturm. 1941 war es kriegsbedingt mit der zivilen Pkw-Produktion vorbei. Der ab 1938 in Serie gebaute Ha-nomag-1,3-Liter war der letzte automobile Höhepunkt mit stromlinienförmiger selbsttragender Carrosserie von Ambi-Budd aus Berlin.

    Die Diesel-Entwicklung1928 kam der Mann zur Hanomag, der das Unternehmen zum Dieselmotor brachte: Lazar Schargorodsky, Jahrgang 1882, stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie aus Odessa am Schwarzen Meer. Er hatte in München Maschi-nenbau studiert und war dann zu Saurer nach Arbon gekom-men, wo er seine berufliche Karriere begann. Im Eheregister von Steckborn ist am 23. August 1909 auch seine erste Eheschlies-sung dokumentiert. Nach Zwischenstation bei Deutz in Köln wurde Schargorodsky in Hannover Motoren-Chefkonstrukteur und blieb es ohne Einschränkungen bis zu seiner Pensionierung 1948. Wer ihn über die Kriegsjahre deckte, ist unklar. Tatsache ist aber, dass allein in der Ukraine, wozu Odessa gehört, von den Nazis laut Yad Vaschem, der Holocaust-Gedenkstätte in Israel, 111 Personen mit diesem Familiennamen ermordet wurden.Mit Schargorodsky hatte die Hanomag bereits 1930 den ers-ten Dieseltraktor serienreif. Die äusserst wirtschaftliche

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    WELTREKORDLER

    Der Diesel-Weltrekordler auf der Reichsautobahn bei Dessau, mit Fahrer Karl Haeberle, dem Sportleiter der Hanomag.

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  • Der Diesel-Weltrekordler auf der Reichsautobahn bei Dessau, vor einer der markanten Brücken im Bauhaus-Stil.

    Der 1,9-Liter-Dieselmotor, eine Eigenentwicklung der Hanomag. Motorenkonstrukteur Lazar Schargorodsky (1882–1967).

    Arbeitsweise ihrer Dieselmotoren für Landmaschinen und Zugmaschinen liess die Hanomag-Konstrukteure um Schar-gorodsky dazu übergehen, auch den Einbau eines Dieselmo-tors in den Pkw zu versuchen. Zunächst wurde ein 1,6-Liter-Aggregat getestet, dessen Standfestigkeit aber noch zu wünschen übrig liess. Erst der ab 1938 in Serie produzierte 4-Zylinder-Vorkammer-Dieselmotor mit 1,9 Litern Hubraum

    und fünffach gelagerter Kurbelwelle konnte dauerhaft über-zeugen. Das Aggregat wurde in den bereits in Serie laufenden Hanomag-Pkw Rekord, die Zugmaschine SS 20 sowie den Bauernschlepper RL20 eingebaut. Die Fahrzeuge unterschie-den sich technisch in erster Linie durch Getriebe und Hinter-achse, die unterschiedliche Drehzahl wurde durch die Bosch-Einspritzpumpe geregelt.

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    HANOMAG-DIESEL

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  • Dreidimensionale digitale Visualisierung der Spanten des Weltrekordwagens.

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    WELTREKORDLER

    Die noch vorhandenen Spantenrisse nach Koenig-Fachsenfeld.

    Nach Patenten von Paul Jaray wurde von Koenig Fachsenfeld eine Stromliniencarrosserie entworfen, die die Firma Wend-ler in Reutlingen bei Stuttgart auf einem gekürzten Rekord-Fahrgestell realisierte. Mit Hilfe eines Ferngangs Fe 25 der Zahnradfabrik Friedrichshafen wurde das serienmässige 4-Gang-Getriebe ZF AKS 15 auf höhere Geschwindigkeit bei gleichzeitig gesenkter Motordrehzahl gebracht. Auf der Dessauer Rekordwoche erzielte das im Laufe des Jahres 1938 optimierte Dieselfahrzeug vier Weltrekorde, die Höchstgeschwindigkeit lag bei 156 km/h. Am Lenkrad sass dick eingemummt gegen den eisigen Fahrtwind Ing. Karl Hae-berle. Er war bei der Hanomag als Sportleiter für die Einsätze bei Rallyes und den damals sehr beliebten und vom Publikum stark beachteten Dauerprüfungsfahrten wie beispielsweise der Ostpreussenfahrt, das Klausenpassrennen in den Schwei-zer Alpen oder die Mittelgebirgsfahrt zuständig gewesen.Die technische Mannschaft, die mit Haeberle auf eigener Ach-se angereist kam, hörte sorgfältig auf das Geräusch des 1,9-Li-ter-Vorkammer-Dieselmotors. In der Serienproduktion hatte dieser für die Ausrüstung der Pkw eine Leistung von 35 PS. Seine Konstrukteure werden ihn für den Rekordversuch mit Sicherheit etwas höhergekitzelt haben.

    Vollholzmodell im Massstab 1:5.

    Technische Daten: Hanomag-Weltrekordler

    Fahrgestell: Kastenprofilrahmen (verkürzte Roadster-Ausführung von 1938, FIN 217 356); Radstand: 2525 mm (statt 2825 mm); Bereifung: 5.00/5.25 x 17 (Continental).

    Motor: Typ D 19, 1910 ccm, 35 PS bei 3300 U/min; Bohrung: 80 mm, Hub: 95 mm, Verdichtung: 1:20; Hanomag-Eigenentwicklung mit Bosch-Einspritzpumpe, Anlasser und Lichtmaschine. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 165 km/h.

    Getriebe:Zahnradfabrik Friedrichshafen, ZF AKS 15, 4-Gang, mit ZF Ferngang Fe 25.

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  • Das detailgetreue Designmodell, 2012 mit vielen ausgearbeiteten Details realisiert.

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    HANOMAG-DIESEL

    Die RekonstruktionDie Idee zu dem Projekt kam den Hanomag-Freunden 2006 bei einem Besuch im Verkehrshaus der Schweiz. Dort waren Holzmodelle von Paul Jarays Konstruktion aus den 20er-Jah-ren des letzten Jahrhunderts ausgestellt, die als Vorbild auch für ein erstes Holzmodell des Hanomag-Diesels dienten. Und das war schon relativ bald gebaut, der Massstab noch 1:5.Daraus ergab sich die Idee, zunächst nach alten Plänen elek-tronisch die Oberfläche des Fahrzeugs zu rekonstruieren und damit wieder sichtbar zu machen. Ein Designmodell im Massstab 1:3 entstand anlässlich der IAA Nutzfahrzeuge im September 2012 in Hannover. Es wurde auch an der Desig-

    ners Night auf dem anschliessenden Automobilsalon in Paris gezeigt. Sponsoren aus dem Umfeld der Automobilindustrie machten sich um dieses gelungene Modell verdient. Parallel wurde von Enthusiasten der Hanomag-Interessenge-meinschaft ein angekauftes Serienfahrgestell aufgearbeitet und in einen präsentablen Zustand gebracht – die Basis für den Carrosseriebauer, der im Aufbau von Fahrzeugen mit Aluminiumcarrosserie über jahrelange Erfahrung verfügt.Mehr als 70 Jahre nach den Diesel-Weltrekorden wird das Fahr-zeug nun also nachgebaut. Durch Leichtbau und Aerodynamik ansprechend, soll dieser Meilenstein der Technikgeschichte 2014 wieder an den Start gehen und damit Geschichte für die

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  • Am PC schon fertig: der wiederauferstandene Diesel-Weltrekordler.

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    WELTREKORDLER

    Nachwelt erlebbar machen. Auf der Klassikwelt Bodensee ist im Juni 2013 in Friedrichshafen die nächste Präsentation ge-plant, dann bereits mit dem auf dem Fahrgestell montierten Gitterrohrrahmen.Das Projekt ist eine Hommage an Rudolf Diesel, der vor mehr als 100 Jahren den bis heute effizientesten Nutzfahrzeugmo-tor schuf. Und natürlich an Lazar Schargorodsky, der mit sei-nem Klein-Dieselmotor vor rund 75 Jahren das Diesel-Prinzip auch bei Personenwagen salonfähig machte. Die Initiatoren der Rekonstruktion erinnern damit an die Leis-tungen der Techniker und Ingenieure aus Hannover, die bei der Hanomag vor dem Zweiten Weltkrieg weltweit beachtliche Ent-

    wicklungen umsetzten. Während bei der Hanomag nach dem Krieg keine Pkw mehr gebaut wurden, hat es Mercedes hinge-gen verstanden, die Dieselaggregate bis heute zu immer neuen Höhen zu führen und damit auch andere Hersteller zu ermu-tigen, sich mit der wirtschaftlichen Technik zu befassen. Nach-dem Opel 1972 einen Rekord D auf den Markt gebracht hatte, zogen bis heute fast alle Automobilhersteller weltweit nach.

    Kontakt: Hanomag IG e.V., Horst-Dieter Görg, Nonnenkamp 17, D-31139 Hildesheim, Tel. +4951 218 48 56, www.hanomag-museum.de; [email protected]

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