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01 FERRERO ROCHER

WAS WIRD AUS JAMES BOND?

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Agentur > MCCANN-ERICKSON, FRANKFURT AM MAIN

Coach > Thilo Boullion, Senior Strategic Planner, [email protected]

Statement > »Das GWA JUNIOR AGENCY-Programm stellt auf der einen Seite zweifellos eine nutzbringende und spannende Gelegenheit dar,

Studierenden einen Real-Life-Eindruck in die Werbepraxis zu geben. Auf der anderen Seite war es für uns sehr interessant zu

erfahren, wie eine sehr heterogene und nicht von einschlägigem Praxiswissen belastete Arbeitsgruppe mit einer kommunikati-

onsstrategischen Aufgabenstellung umgeht. Die Ergebnisse zeigten, dass hier tatsächlich Neues entstehen kann.« (Thilo Boullion)

Kunde > FERRERO OHG MBH

Projekt > Rocher

Hochschule > JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT, FRANKFURT AM MAINStudenten > Yvonne Alter, 11. Semester, [email protected]

Isabella Pronjii, 9. Semester, [email protected]

Nadja Schmidt, 10. Semester, [email protected]

Tamara Wack, 7. Semester, [email protected]

Kay Weinhold, 7. Semester, [email protected]

Leitung > Prof. Dr. Karen Gedenk, Professur für BWL, insb. Marketing II, [email protected]

Nach der Promotion und Habilitation an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel übernahm Prof.-Gedenk im Sommerse-

mester 2000 den Lehrstuhl für Marketing II in Frankfurt. In der Lehre befasst sie sich mit Konsumgütermarketing. Schwerpunkt

der Forschung ist die Verkaufsförderung.

Timo Schulze, Professur für BWL, insb. Marketing II, [email protected]

Statement > »Unsere Studierenden haben durch die JUNIOR AGENCY sehr viel gelernt: Wie wird Werbung in der Praxis gemacht? Wie

verbindet man dabei Kreativität und wirtschaftliches Kalkül? Wie arbeitet man in Projekten mit sehr unterschiedlichen Leuten

zusammen? Daher vielen Dank an die GWA für die Initiative und an alle Beteiligten für die Mitarbeit!« (Prof. Dr. Karen Gedenk)

Hochschule > HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG, OFFENBACH

Studenten > Catrin Altenbrandt, 7. Semester, [email protected]

Astrid Amadori, 7. Semester, [email protected]

Michaela Binder, 10. Semester, [email protected]

Jörg Maier Rothe, 11. Semester, [email protected]

Christine Sebald, 10. Semester, [email protected]

Daniel Weitenauer, 13. Semester, [email protected]

Leitung > Prof. Bernd Kracke, Dekan des FB Visuelle Kommunikation, Professor für Elektronische Medien, [email protected]

Studium Kunst und Visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste, Hamburg und Erwerb des MA of Science

in Visual Studies am M.I.T. Center for Advanced Visual Studies, Cambridge/USA. 1990 –1999 Professur für Mediengestaltung

an der Kunsthochschule für Medien Köln. Von 1999 –2002 Präsident des Deutschen Direktmarketing Verband DDV.

Barbara Kotte, Lehrgebiete Werbung und Konzeption, [email protected]

Barbara Kotte ist Partnerin bei scrollan, einem Büro für Kommunikation in Berlin, und lehrt mit den Schwerpunkten Werbe-

konzeption, Text und Gestaltung.

Statement > »Ich denke nicht nur, dass Studenten viel von Agenturen lernen können, sondern auch andersrum. Und genau deshalb freut es

mich sehr, dass das GWA JUNIOR AGENCY-Programm sich so erfolgreich entwickelt.« (Barbara Kotte)

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SCHLUSSSZENE Schwenk vor das Café

STORY Der Schauplatz der Spots ist jeweils ein

Café mit viel Betrieb. Eine sportlich elegante Frau

(ca. 30 Jahre alt) betritt den Raum, bahnt sich ihren

Weg zur Theke und bestellt etwas. In der nächsten

Szene sieht man sie entspannt am Fenster stehen.

Sie greift in ihre Tasche und holt ein Ferrero Rocher

hervor. Sie packt es aus und isst es. Von dem nun

folgenden Teil gibt es mehrere Varianten.

Variante_01: Draußen vor dem Café fährt eine

Gruppe Wasserskifahrer vorbei.

Variante_02: Vor dem Fenster des Cafés sammelt

sich eine Gruppe Männer, schaut hinein und

beginnt zu tanzen.

Variante_03: Ein Mann läuft am Fenster vorbei,

sieht hinein, verwandelt sich in Fred Astaire und

tanzt aus dem Bild.

Zum Schluss der Blick von außen auf das Café:

die Darstellerin schaut verträumt nach draußen.

Alles hatte sich nur in ihrer Fantasie abgespielt.

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WAS IST EIGENTLICH LUXUS?

»Ich geb mir die Kugel« – der Fall Rocher. Team A.

Ferrero Rocher sind groß, schokoladig und die Deutschen lieben

sie. Haben sie den großen Erfolg, weil das Produkt so gut ist? Weil

die Marke so stark ist? Und wäre der Erfolg mit einer veränderten

Kommunikation noch größer?

B R I E F I N G Die Aufgabe an die JUNIOR AGENCY, gestellt von McCann-Erickson

Frankfurt, ist schlicht und einfach: herausfinden, wo der Erfolg von

Rocher herrührt und wie Neuverwender generiert werden können ohne

die bisherigen Verwender zu verschrecken.

S T R A T E G I E In einer von uns durchgeführten Imageanalyse der Marke stellte sich

heraus, dass die Marke Rocher nicht konstant in den Köpfen speziell

junger Zielgruppen ist. Es gelingt ihnen nicht hinreichend, eine Verbin-

dung zwischen sich selbst und der gelernten Rocher-Welt zu erkennen. In

der Folge wird Markenpotenzial nicht optimal ausgenutzt.

Um den Zielen aus unternehmerischer Sicht – heißt: eindeutige Positio-

nierung des Produkts, Motivationserhöhung der Konsumenten, Erhöhen

der Kauffrequenz, Absatzsteigerung – und kommunikativer Sicht – heißt:

Neuverwender generieren, Steigerung der durchschnittlichen Kaufhäu-

figkeit, Differenzierung von Wettbewerbsprodukten, Initiierung neuer

Verwendungsanlässe – Alltagsritualisierung – gerecht zu werden, sollte

eine Analyse des Wettbewerbsumfeldes und der derzeitig wahrgenomme-

nen Positionierung Aufschluss über Stärken und Schwächen der aktuel-

len Positionierung geben. Als Ergebnis dieser Analyse und der Befragung

von Fokusgruppen stellte sich heraus, dass Stil in Form der goldenen

Verpackung und den vielen verschiedenen Schichten von Rocher als

Kern-Markenattribut beibehalten werden sollte, aber der Begriff ›Luxus‹

als essenzieller Bestandteil des Markenkerns um relevante Dimensionen

zu erweitern ist. Eindeutiges Ziel unseres Ansatzes war es, Nähe zu den

jungen Potenzialverwendern zu schaffen.

Ein kurzer Abriss der Kommunikationshistorie von Rocher:

Das Hauptproblem der bisherigen Positionierung und Kommunika-

tion begründet sich in der bestehenden Rocher-Welt. In den Achtzigern

begann Rocher mit den ›Adel verpflichtet‹-Spots, die das Produkt sofort

als etwas Wertvolles für besondere Anlässe kennzeichneten. Diese Welt

des Glamour und Reichtums würde heute jedoch zu distanziert wirken,

deswegen entschied sich Ferrero für eine Weiterentwicklung, ohne

jedoch die stilvolle Welt zu verlassen. Daher tritt also jetzt James Bond

auf, der sich souverän und dennoch wie ein Außenstehender in der Welt

der Reichen und Schönen bewegt, und somit als neuer Sympathieträger

fungiert. Das war ein wichtiger Schritt, das Image der Marke für den

Kunden zugänglich zu halten. Um im nächsten Schritt explizit für die

Zielgruppe bis 30 Jahre eine relevante Ansprache zu finden, begannen

wir damit, zunächst den für die Marke sehr wichtigen Begriff ›Luxus‹

entsprechend zu aktualisieren.

Was ist Luxus?

Bei der Herleitung des Luxusbegriffes konzentrierten wir uns vorrangig

auf den Wandel in der Gesellschaft, da dieser für ein Unternehmen immer

wichtiger wird, um ihre Markenkommunikation auf einem hohen Stand

der Modernität zu halten.

Die bisherige Positionierung bzw. Kommunikation zielte sehr stark auf

eine Grundhaltung, in der materielle Werte eine große Rolle einnehmen.

Repräsentation nach außen steht hier im Vordergrund. Die herrschende

finanzielle Lage in der heutigen Gesellschaft führt allerdings dazu, über

wahre Werte nachzudenken. Hohe Lebenshaltungskosten verhindern

einen verschwenderischen Lebensstil, was zu einer Rückkehr zu altbe-

währten Zielen und Idealen führt (Quelle: BAT). Emotionale Werte wie

emotionaler Reichtum, Wohlfühlen und Zeit, individuelle Lebenswelten

und Erlebniswelten rücken in den Vordergrund. Dieses Bild des Luxus-

begriffs sollte nun Ferrero Rocher verkörpern. Es geht nicht mehr darum,

etwas nach außen zu repräsentieren, sondern um eine persönliche, innere

Zufriedenheit.

Luxus kommt in der heutigen Zeit durch die Betonung emotionaler statt

materieller Werte zum Ausdruck.

Mit dem Aufzeigen des Wertewandels in der Gesellschaft und der Projek-

tion dieser Erkenntnisse auf Rocher stand dann auch die Selling Idea:

Luxus heißt, sein zu können wie man ist (Consumer-Insight) und das

kann man mit Rocher.

_ Mit der Schokoladen-Spezialität von Rocher kann ich meine Genuss-

Momente so gestalten, wie ich es will (Emotional Benefit).

_ Die Facetten meiner Persönlichkeit sind wie die Geschmacksvielfalt

(3 Schichten) von Rocher (Reason Why).

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_ Konsumenten sollen Rocher als Luxus (Prestige: Marken heben das Selbstbewusstsein des

Kunden!) wahrnehmen, mit dem sie aber nicht überzogene Yuppie-Welten verbinden, sondern

die eigene Zufriedenheit, Zeit und Ruhe. Konkret heißt dies, dass das Besondere der Marke

Rocher Bestandteil der Markenpersönlichkeit bleiben soll, allerdings muss dem ›Besonderen‹

der Markenpersönlichkeit auf einem persönlich relevanten Niveau entsprochen werden. Fazit:

Die Rocher-Welt ist ehrlich, wirklich und vertraut, wie das Produkt selbst!

F A Z I T Hochschule für Gestaltung und Johann-Wolfgang-Goethe-Universität – oder: Zwei Welten prallen

aufeinander?

Geht man von den gängigen Vorurteilen aus, so könnte man meinen, dass sich aus der Zusammen-

arbeit einer gestalterischen Hochschule mit einem wirtschaftwissenschaftlichen Zweig so einige

Probleme ergeben könnten. Den Künstlern sagt man nach, dass sie unpünktliche, ziellose Träumer

sind, die allzu gern mal die Bodenhaftung verlieren, wohingegen die BWLer allzu viel derselben

besitzen: nämlich nur an Cash interessiert sind und das Zwischenmenschliche unter der Ellen-

bogenmentalität leiden lassen. Wir denken, dass sich in unserem Fall eindeutig gezeigt hat, dass

es sich hierbei eben doch nur um Vorurteile handelt. Die Zusammenarbeit gestaltete sich sehr

harmonisch, was sicher auch mit dafür verantwortlich ist, dass sich das Ergebnis wirklich sehen

lassen kann.

Unterschiede bestanden aber dennoch in der Vorgehensweise der beiden beteiligten Organisationen:

Die Universität Frankfurt, die zum ersten Mal an der GWA JUNIOR AGENCY teilnahm, schrieb

die Veranstaltung als freies Projekt neben dem sonstigen Universitätsalltag aus. In der Hochschule

für Gestaltung wurde das Projekt allerdings als

offizieller Kurs angeboten, in welchem man

auch einen Schein erwerben konnte und wel-

cher daher natürlich auch von Blockveranstal-

tungen begleitet wurde. So kam es, dass die Frankfurter Studenten so oft wie möglich versuchten,

auch an diesen Stunden teilzunehmen und in den Offenbacher Studienalltag hereinzuschnuppern,

was zu sehr interessanten Einsichten führte. Schon die Begrüßung am ersten Tag sprach für sich:

wir Frankfurter, an die Hektik einer Massenuniversität gewöhnt, betraten die für uns erstaunlich

leeren Flure der Offenbacher Hochschule mit etwas mulmigem Gefühl. Was würde uns hier erwar-

ten? Der fremde Geruch frischer Farbe empfing uns schon am Eingang, und nach wenigen Schrit-

ten stießen wir auf eine Gruppe von Studenten, die im Flur sitzend an einem Projekt arbeiteten

und uns zu der Teilnahme einluden.

Ähnlich freundlich stellte sich auch die Zusammenarbeit in den Blockveranstaltungen dar: in den

ersten Stunden wurden gemeinschaftlich Ideen gesammelt, themenverwandte Spots und Anzeigen

betrachtet um Eindrücke zu sammeln und die Historie der Marke Rocher erarbeitet. Wir waren

aber auch angewiesen worden, den Konkurrenzgedanken nicht zu kurz kommen zu lassen, denn

wir wurden ja in zwei Teams aufgeteilt, wobei jedes Team etwa gleichmäßig mit Offenbachern und

Frankfurtern besetzt war. Hierzu können wir nur sagen, dass ›unsere Offenbacher‹ sowohl von den

gestalterischen wie den menschlichen Eigenschaften sehr gut mit uns und unseren Vorstellungen

harmonierten. Daher war auch die Erstellung der Idee hinter dem Spot eine Gemeinschaftsarbeit

von Offenbachern und Frankfurtern.

Wir hoffen, dass wir dem Leser einen kleinen Eindruck unserer Ideen und dem Ablauf unserer

JUNIOR AGENCY vermitteln konnten und freuen uns über Nachfragen.

HFG & JWG-UNI: ZWEI WELTEN PRALLEN AUFEINANDER?

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ALARM Screenshots

ALARM Ein Pärchen schlendert in einer vornehmen Wohn-

gegend die Straße entlang. Sie packt ein Ferrero Rocher aus,

und steckt es ihrem Partner in den Mund. Daraufhin schnappt

er sie, wirbelt sie auf eins der parkenden Autos, und küsst sie. In

diesem Moment geht die Alarmanlage des Autos an. Zunächst

sehen sich die beiden erschrocken an, doch dann haben sie eine

Idee. Sie rennen die Straße entlang und küssen sich auf jedem

Auto, bis überall die Alarmanlage angeht.

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REMPLER Screenshots

REMPLER Mittagspause in einem Geschäftsviertel. Eine Frau

läuft die Straße entlang, holt ein Rocher aus ihrer Handtasche

und isst es. Gedankenversunken rempelt sie dabei einen gut

aussehenden Mann an. Sie entschuldigt sich, der Mann lächelt.

Da hat sie eine Idee. Sie läuft weiter, und sucht sich einen jungen

Mann aus, auf den sie zusteuert. Wieder holt sie ein Rocher

aus ihrer Tasche. Sie tut so, als ob sie ihn nicht bemerken würde,

und rempelt ihn auch an...

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Die Bedeutung von Lust steht im Vordergrund der Kreation von

Team B. Lust auf Schokolade ist das Thema, aber auch die Lust,

gerade das zu tun, was man möchte, auch wenn es gegen die herr-

schende Norm ist. Der Verzehr eines Rochers gibt den Anstoß, einer

solchen Lust nachzugehen.

In einer Zusammenarbeit, die nicht immer konfliktfrei war, ent-

stand ein interessanter, innovativer Ansatz, der sowohl bei den

Lehrstühlen, der Agentur und dem Kunden große Anerkennung

fand.

B R I E F I N G Die Aufgabenstellung kam von McCann-Erickson, Frankfurt: Entwicklung

einer Neupositionierung der Marke Ferrero Rocher und Kreation einer

Umsatz steigernden Werbekampagne.

S T R A T E G I E Unsere Aufgabe bestand nun darin, eine neue ›Selling Idea‹ zu entwi-

ckeln und eine passende Strategie zu erarbeiten, auf die die Kreation (das

Storyboard für einen 30-Sek.-Werbespot) aufbauen kann. Am Anfang

der Projektarbeit stand die Frage im Vordergrund, wie man konkret eine

Strategie entwickelt. Welche Anhaltspunkte haben wir? Welche theoreti-

schen Grundlagen und welches Handwerkszeug von der Agentur? Oder

überlegen wir uns zuerst den kreativen Teil und passen dann die Strategie

an? Wir entschieden uns mit der Strategie zu beginnen, allerdings immer

mit bestimmten Vorstellungen und Bildern im Hinterkopf. In der Gruppe

entwickelten die Kreativen der HfG Offenbach und die Marketingstu-

denten der Uni Frankfurt erste Ideen und Ansatzpunkte.

Ausgangspunkt war die Frage: »Was verbinde ich mit Ferrero Rocher?« bzw.

»Was verbindet der Konsument mit Ferrero Rocher?« Durch Brainstorming

und Pretest-Befragungen im Bekanntenkreis wurde folgender USP des Pro-

duktes Rocher ermittelt: Es handelt sich um eine Monopraline, eine Kugel

mit Waffel, Nougat und Haselnuss (Dreifachgenuss). Hervorstechend sind

die goldene Verpackung und die Einzelverpackung. Doch was passiert beim

Verzehr eines Rochers? Ein hilfreicher Eindruck war ein kurzer Film, den

die HfG-Studenten gedreht haben. Der Film zeigt, wie verschiedene Per-

sonen vor laufender Kamera ein Rocher auspacken und es essen. Es wurde

deutlich erkennbar, dass der Verzehr zelebriert wurde. Rocher wird oft

langsam gegessen, man kann es auf unterschiedliche Arten zu sich nehmen.

Einige beißen zunächst nur ein Stück ab, andere verschlingen es ganz.

Und oft sieht man deutlich, dass der Verzehr lustvoll genossen wurde.

Rocher ist also ein Stück Lust – eine Lust, die alles andere vergessen lässt.

Durch Kostproben wurde festgestellt, dass ein Rocher im Vergleich zu

einer ›klassischen‹ Praline sehr mächtig ist. In der Gruppe entstand die

Assoziation einer (süßen) Bombe, der Begriff ›oraler Hammer‹ ent-

stand.

Zusätzlich zur Identifikation von Rocher mussten auch der Markt und

der Wettbewerb analysiert werden.

_ Wer sind die Konkurrenten?

_ Wer ist die Zielgruppe der Kampagne?

_ Wie ist die Marke gegenwärtig platziert, d.h. als was nehmen die Kon-

sumenten das Produkt wahr?

_ Wie soll sie zukünftig platziert werden?

_ Wie soll Rocher in Zukunft wahrgenommen werden?

_ Durch welche Kommunikation lässt sich die Änderung der Wahrneh-

mung der Marke bei den Kunden erreichen?

_ Welche Medien sollen außer dem Werbespot im Rahmen einer ›inte-

grierten Kommunikation‹ noch verwendet werden?

Zur Beantwortung dieser Fragen zogen wir Materialien und Zahlen,

die uns von der Agentur zur Verfügung gestellt wurden, heran. Zusätz-

liche Erkenntnisse versuchten wir über Fokusgruppen-Interviews zu

gewinnen. In einer qualitativen Untersuchung testeten wir unsere ersten

Ideen. Zusätzlich überprüften wir dabei das aktuelle Markenbild, welche

Schokoladenprodukte als Konkurrenten angesehen werden, und wie die

aktuelle Kommunikation (Werbespot mit James Bond) bewertet wird.

Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigten unsere Vermutung:

KONKURRENZ Als Konkurrenten werden meist nur die anderen

Ferrero-Produkte, wie z.-B. Ferrero Küsschen gesehen.

ZIELGRUPPE DER KOMMUNIKATION Erschließung von

jüngeren Verwenderschichten, unter Vorbehalt der Sicherung der bishe-

rigen Kunden. In beiden Fokusgruppen hatten die Befragten eine sehr

ähnliche Wahrnehmung und Einschätzung der Marke, deshalb lässt sich

die Zielgruppe durchaus nach unten erweitern.

AKTUELLE POSITIONIERUNG – ›IST-ZUSTAND‹ Die

in der Vergangenheit dargestellte Rocher-Welt (»Adel verpflichtet« und

die Weiterentwicklung über Pierce Brosnan) hat der Marke ihr bisheriges

Image gegeben. Rocher wird als ›Klassiker‹ gesehen (gibt es schon seit

den 80er Jahren). Es wird hauptsächlich als Geschenk betrachtet (ist ein

FERRERO ROCHER IST LUST!

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Saisonprodukt), nicht unbedingt zum Eigenkonsum.

ZUKÜNFTIGE POSITIONIERUNG – ›SOLL-ZUSTAND‹ Erreicht werden soll

durch die neue Kommunikation eine verjüngende Imageverschiebung. Diese Entwicklung von

neuen Identifikationsmöglichkeiten soll unter Beachtung der angestammten Markenwerte statt-

finden. Ferrero Rocher soll auch nicht mehr nur als Verschenkprodukt angesehen werden, sondern

auch ganz klar zum Eigenkonsum gekauft werden.

KOMMUNIKATIONSZIEL Angestrebt wurde eine ehrlichere Kommunikation ohne Klischees

wie Adel und Society. Die Kommunikation soll einerseits ein realitätsnäheres Image schaffen und

gleichzeitig das edle Äußere von Rocher und sein schlichtes aber gutes Inneres in Einklang bringen.

Gleichzeitig muss auch der Genuss kommuniziert werden.

Durch die Kommunikation soll das Bedürfnis beim Konsumenten geweckt werden, dass er seiner

Lust nachgehen, sie ausleben und ehrlich damit sein kann. Damit ist nicht nur die Lust nach Scho-

kolade gemeint, sondern auch die Lust, etwas Spontanes, Unerwartetes, vielleicht auch ›Unnorma-

les‹ zu tun. Der Verzehr von Rocher fordert auf, sich dieser Lust hinzugeben.

Daraus ergibt sich unsere Selling Idea:

»Rocher ist Lust – Lust wider die Norm«

F A Z I T Das Projekt brachte allen beteiligten Studenten einen Einblick in die praktische Arbeit einer Werbe-

agentur. Eine interessante und wertvolle Erfahrung war die Zusammenarbeit von Studenten zweier

verschiedener Hochschulen und völlig unterschiedlichen Studiengängen.

Der Projektablauf war sehr realitätsnah. Die Zeit war knapp, es gab durchaus Unstimmigkeiten

in der Gruppe, aber letztendlich und vielleicht gerade deswegen wurde ein gutes Ergebnis erzielt.

Neben inhaltlichen Erkenntnissen (z.-B. durch welche Arbeitsschritte entwickelt man die Strategie

oder welche Hindernisse müssen bei der Entwicklung des kreativen Teils überwunden werden?)

konnte man auch aus der Zusammenarbeit in Teams seine Lehren ziehen. Man hat deutlich

gemerkt, welchen Stellenwert bei einer Teamarbeit Kommunikation und Teamfähigkeit einneh-

men.

Unsere Ergebnisse (Strategie und Storyboards) haben wir insgesamt dreimal präsentiert. Zuerst

vor der Agentur und den Lehrstühlen, dann fand die offizielle Präsentation des GWA statt und

schließlich wurde beim Kunden präsentiert.

Es war auf jeden Fall spannend, für eine so bekannte Marke zu arbeiten und sich mit dem Projekt

in einem sehr realistischen Umfeld zu bewegen.

ROCHER IST LUST – LUST WIDER DIE NORM

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> TEAM A Astrid Amadori, Daniel Weitenauer, Catrin Altenbrandt, Nadja Schmidt, Kai Weinhold

> TEAM B Christine Sebald, Michaela Binder, Jörg Maier Rothe, Tamara Wack, Yvonne Alter, Isabella Pranjic

NATÜRLICH VERÄNDERT SO VIEL NUSS, KEKS UND SCHOKOLADE IHR LEBEN

SAGEN, WAS SICH NIEMAND TRAUTBeim ersten Schulterblick mit McCann-Erickson fiel der Ausdruck. Es traf sehr gut das, was Ferrero

Rocher ist. ›Der orale Hammer‹. Nervöses Gelächter auf Agenturseite, Schmunzeln auf Kundenseite

und erstaunte Blicke auf Studentenseite. Kann man das so etwa nicht sagen?

Was Rocher ist, ist sehr schwer auszudrücken. Ferrero bezeichnet sein Produkt als eine Monopraline.

Mono, weil nicht eine Auswahl von verschiedenen in einer Schachtel ist. Doch für eine Praline

– da waren sich alle einig – ist Ferrero Rocher einfach zu groß. Aber was ist es? Mehrere Packungen

wurden gekauft, auf dem Tisch ausgebreitet und nacheinander in den Mund geschoben. Verschiedene

Techniken, die Kugel zu essen, wurden ausprobiert. Wie viele kann man essen, bis einem schlecht

ist?

Zentrale Fragen.

Die Kugel liegt groß im Mund, man kann nicht mehr sprechen, wenn man sie isst. Sie ist süß, sie

ist schokoladig, sie ist knackig, sie ist nussig. Wie kann man es nur sagen? Ferrero Rocher ist nun

einmal ein oraler Hammer. Aber wir sagen es nicht weiter. Nicht so.

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