022 Margueret Lukas - biblische- · PDF fileMarguerat geht dabei in die Tiefe, er...

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  • www.biblische-buecherschau.de 2014

    Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart

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    Daniel Marguerat

    Lukas, der erste christliche HistorikerEine Studie zur Apostelgeschichte(Abhandlungen zur Theologie des Alten und NeuenTestaments, 92)

    Zrich: TVZ 2011. 422 S. 55,40ISBN 978-3-290-17472-9

    Rainer Feldbacher (2014)

    Daniel Marguerats Werk wirft ein neues Licht auf Lukas, Verfasser der drittenEvangeliums und der Apostelgeschichte, und weiter die Frage auf, ob er alsHistoriker gelten darf. Marguerat schpft dabei aus zwei Quellen, aus derhistorischen Kritik und der Narratologie.Einfhrend werden die Sichtweisen seitens der Historiker und Exegeten des 18.-20.Jahrhunderts nher gebracht, sowie die einander widersprechenden Ansichtendeutscher Exegese und anglo-amerikanischer Forschung. Dabei wird besttigt, dassGeschichte immer Erzhlung und als solche von einem Standpunkt her konstruiertist. Und das von Beginn an, wenn etwa aufgrund einzelner Beschreibungen undVokabulare sich weder dokumentarische Genauigkeit zeigt noch die Themenpolitische oder kriegsgeschichtliche Berichte bieten, wie von Historikern andauernderwartet wurde. Und doch ist Lukas Erzhlung von Relevanz und zielt auf dieselbeLinie wie die jdische, whrend ihm im Unterschied zur griechischen Tradition diekritische Distanz fehlt, etwa zu bernatrlichen Phnomenen.Lukas Apostelgeschichte folgt auf seine Biographie Jesu, ursprnglich vermutlichein zusammenhngendes Werk ber die Entstehung des Christentums, beginnendmit dem Leben Jesu, das noch im zweiten Jahrhundert im Zuge der Kanonisierungdes Neuen Testaments zweigeteilt wurde: Das erste Buch wurde den Evangelienzugeordnet, whrend man das zweite Buch den Episteln als narrativer Rahmen derpaulinischen Schriften vorangestellt hatte. Vermutlich war sein Werk der Versuch, dieKluft zwischen Juden und Christen zu berwinden. Das zeigt sich schon anhand derHinweise und Vergleiche auf Einflsse etwa seitens Josephus und Philon, die nebengewisser Legitimation und Bewunderung aufgrund der alten jdischen Gesetzezwecks Integration eingebaut wurden, trotz gewisser Polemik gegenber Juden, dieja dazumal als Feinde der Christen galten. Auerdem kam es zur teilweisenZuhilfenahme griechischer Mythologien und Topographien. Immerhin findet sich berLukas-Evangelium und Apostelgeschichte eine Verortung des Christentumszwischen Jerusalem und Rom, also Israel und Rmischem Reich, dem Alten Bundund dem Neuen Weltreich. Nicht verwunderlich kommt es zu Verweisen aufsemantische Ambivalenzen, die meist wohl gezielt waren.

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    Somit werden die Protagonisten der Apostelgeschichte genauer beleuchtet, nichtzuletzt da einige von ihnen den bergang vom Judentum zur heidnischen Weltstellen: Wie sieht man die Geistausgieung als nachsterlicher Wirklichkeit, welchesGottesbild wird vermittelt? Des Weiteren werden sozialpolitische Gegebenheiteninnerhalb der Stdte des Rmischen Reichs aufgegriffen, die die Umstnde einerMissionierung zweifellos beeinflussten, oder auch identittsstiftende Einbettungen,etwa Christologie als trennende Instanz vom diffus Religisen, letztendlich auchdas Verhltnis zwischen Juden und Christen.Literarische Konventionen werden aufgefhrt, etwa wenn offensichtlich gerade antikeWerke mit hohem Stellenwert die Reisebeschreibung beeinflussten, die einenHinweis auf die Route aus Reiseberichten (in) der hellenistisch-rmischen Weltbringt, oder auch das offene Ende der Apostelgeschichte, um gewisse Erwartungender (klassischen geprgten) Leserschaft zu erfllen? Im letzten Kapitel gehtMarguerat noch auf die Paulusakten ein, als Relektre der Apostelgeschichte, diemanche Fragen gewissermaen offen lieen, etwa den Tod des Paulus. Nicht zuletzthaben diese Akten mehr biographischen Charakter als die Apostelgeschichte, dieden Fokus ja doch auf die Verbreitung des Wortes setzt.Als Anhang finden sich ein reichhaltiges Abkrzungsverzeichnis sowie eineBibliographie, sowie der Hinweis auf die jeweilige Erstpublikation, da ein Groteil derArtikel schon publiziert wurde. Ein daran folgendes Stellenregister wird unterteilt inBiblische Bcher, Jdische sowie Christliche Literatur, Antike Schriftsteller undPatristische Literatur.Insgesamt ist das Buch ein wertvoller neuer Einblick in das lukanische Werk.Marguerat geht dabei in die Tiefe, er zerpflckt die Stze, und nach derenZusammensetzen offenbart sich die Vieldeutigkeit, und doch Eindeutigkeit derlukanischen Texte, und regt somit zum Nachdenken an. Gerade die ThemenWunder, Wert und Glauben baut Marguerat hervorragend aus. Seine Ausfhrungensind klrend und lassen doch noch Raum fr eigene Gedanken.Daniel Marguerat selbst ist emeritierter Professor fr Neues Testament an derTheologischen Universitt Lausanne. Seine Werke umfassen vor allem dieAnfangsjahre des Christentums, etwa mit Les Actes des aptres (1-12) (Labor etFides, Genf 2007), sowie als Mitautor an den Bchern Introduction au NouveauTestament: Son histoire, son criture, sa thologie (Labor et Fides, Genf 20084),Quia fond le christianisme? (Labor et Fides, Genf 2010) und La source des paroles deJsus (Q): Aux origines du christianisme in Le monde de la Bible Nr. 60 (Labor etFides, Genf 2008).

    Zitierweise Rainer Feldbacher. Rezension zu: Daniel Marguerat. Lukas, der erste christlicheHistoriker. Zrich 2011in: bbs 3.2014 .