02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein...

10
Geldzufluss: Factoring bietet schnelle Liquidität und eine große Portion Sicherheit W enn es um neue Produkte und Dienst- leistungen geht, gelten deutsche mit- telständische Unternehmen als besonders innovativ. Im Bereich Finanzierung dagegen haben viele Firmen in der Vergangenheit un- gern bekanntes Terrain verlassen und sind bei klassischen Formen wie etwa Bankkre- diten geblieben. Doch angesichts der stren- geren Richtlinien, die Banken beispielsweise seit Inkrafttreten des Regelwerks Basel III im vergangenen Jahr bei der Kreditvergabe be- folgen müssen, kann sich dies negativ aus- wirken. Unternehmen, deren Eigenkapital- quote zu niedrig ausfällt, bekommen mitunter ungünstige Kreditkonditionen oder geringere Kreditvolumina. Aus diesem Grund denken immer mehr Mittelständler um und greifen auf alternative Finanzierungsformen wie Factoring zu. Dabei verkauft ein Unternehmen Forde- rungen an einen Finanzdienstleister, den so- genannten Factor. Dieser übernimmt die Außenstände dauerhaft und zahlt dem Ver- käufer im Gegenzug 80 bis 90 Prozent der Rechnungsbeträge abzüglich der vereinbar- ten Factoring-Gebühr aus (siehe auch Grafik Seite 2). Den restlichen Anteil, den sogenann- ten Sicherheitseinbehalt, erhält der Verkäufer, wenn seine Kunden ihre Rechnungen kom- plett beglichen haben. Sollten diese nicht zahlen, geht der Sicherheitseinbehalt den- noch spätestens 150 Tage nach Fälligkeit der Rechnungen auf seinem Konto ein. Beim Factoring handelt es sich also um ein Kauf- geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband Factoring für den Mittelstand (BFM) stieg die Anzahl der kleinen und mittleren Unterneh- men, die Factoring einsetzen, im Jahr 2014 um 7,7 Prozent. Das Ankaufvolumen wuchs um knapp vier Prozent, wie eine verbandsin- terne Erhebung ergab. „In einer repräsenta- tiven Studie des BFM, für die mehr als 1.500 deutsche Unternehmen bis 50 Millionen Euro Umsatz befragt wurden, hält fast die Hälf- Freiraum mit Factoring Cash gegen Forderungen: Immer mehr Unternehmen setzen auf Factoring. Was macht diese Form der Finanzierung so attraktiv ? INHALT EDITORIAL Nicolas Rädecke, Geschäftsführer Deutsche Unternehmerbörse (DUB) 09_RECHT & STEUERN Umsatzsteuer Beim Handel mit digitalen Pro- dukten und Gütern ist jetzt der Steuersatz im Land des Kunden maßgeblich für die Abrechnung. 07_GRüNDUNG & NACHFOLGE Notfallkoffer Was passiert, wenn der Chef plötz- lich ausfällt? Wie Unternehmer für den Fall der Fälle vorsorgen. 04_UNTERNEHMEN & MANAGEMENT Industrie 4.0 Die datengestützte Organisation von Unternehmen und Produktion sehen viele Manager skeptisch. Dabei kann die Digitalisierung die Produktivität deutlich steigern. 01_FINANZIERUNG Factoring Bleiben größere Rechnungen unbeglichen, wird es in manchem Betrieb schnell eng mit der Liquidi- tät. Der Verkauf von Forderungen erhöht Handlungsspielräume. Liebe Leserin, lieber Leser, der Frühling lässt auf sich warten. Dafür ist der große Bruder des DUB UNTER- NEHMER-Newsletters wieder da. Die gerade erschienene Frühjahrsausgabe des DUB UNTERNEHMER-Magazins bietet wieder Wissenswertes rund um Business, Family, Lifestyle. So äußern sich die Unternehmer-Legende Richard Branson und VW-Vorstand Martin Win- terkorn zum Thema geschäftlicher Erfolg. Und Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestra- tege für Privatkunden der Deutschen Bank, gibt Tipps für die erfolgreiche Ka- pitalanlage. Mehr erfahren Sie hier . Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihr Nicolas Rädecke 1 UNTERNEHMER MAGAZIN DER DEUTSCHEN UNTERNEHMERBÖRSE 02/2015 DUB

Transcript of 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein...

Page 1: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

Geldzufluss: Factoring bietet schnelle Liquidität und eine große Portion Sicherheit

Wenn es um neue Produkte und Dienst-leistungen geht, gelten deutsche mit-

telständische Unternehmen als besonders innovativ. Im Bereich Finanzierung dagegen haben viele Firmen in der Vergangenheit un-gern bekanntes Terrain verlassen und sind bei klassischen Formen wie etwa Bankkre-diten geblieben. Doch angesichts der stren-geren Richtlinien, die Banken beispielsweise seit Inkrafttreten des Regelwerks Basel III im vergangenen Jahr bei der Kreditvergabe be-folgen müssen, kann sich dies negativ aus-wirken. Unternehmen, deren Eigenkapital-quote zu niedrig ausfällt, bekommen mitunter ungünstige Kreditkonditionen oder geringere Kreditvolumina. Aus diesem Grund denken immer mehr Mittelständler um und greifen auf alternative Finanzierungsformen wie Factoring zu. Dabei verkauft ein Unternehmen Forde-rungen an einen Finanzdienstleister, den so-genannten Factor. Dieser übernimmt die Außenstände dauerhaft und zahlt dem Ver-

käufer im Gegenzug 80 bis 90 Prozent der Rechnungsbeträge abzüglich der vereinbar-ten Factoring-Gebühr aus (siehe auch Grafik Seite 2). Den restlichen Anteil, den sogenann-ten Sicherheitseinbehalt, erhält der Verkäufer, wenn seine Kunden ihre Rechnungen kom-plett beglichen haben. Sollten diese nicht zahlen, geht der Sicherheitseinbehalt den-noch spätestens 150 Tage nach Fälligkeit der Rechnungen auf seinem Konto ein. Beim Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband Factoring für den Mittelstand (BFM) stieg die Anzahl der kleinen und mittleren Unterneh-men, die Factoring einsetzen, im Jahr 2014 um 7,7 Prozent. Das Ankaufvolumen wuchs um knapp vier Prozent, wie eine verbandsin-terne Erhebung ergab. „In einer repräsenta-tiven Studie des BFM, für die mehr als 1.500 deutsche Unternehmen bis 50 Millionen Euro Umsatz befragt wurden, hält fast die Hälf-

Freiraum mit FactoringCash gegen Forderungen: Immer mehr Unternehmen setzen auf Factoring. Was macht diese Form der Finanzierung so attraktiv ?

INHALt

EDItORIAL

Nicolas Rädecke, Geschäftsführer Deutsche Unternehmerbörse (DUB)

09_Recht & SteueRn

umsatzsteuer Beim Handel mit digitalen Pro-dukten und Gütern ist jetzt der Steuersatz im Land des Kunden maßgeblich für die Abrechnung.

07_GRündunG & nachfolGe

notfallkoffer Was passiert, wenn der Chef plötz-lich ausfällt? Wie Unternehmer für den Fall der Fälle vorsorgen.

04_unteRnehmen & manaGement

Industrie 4.0 Die datengestützte Organisation von Unternehmen und Produktion sehen viele Manager skeptisch. Dabei kann die Digitalisierung die Produktivität deutlich steigern.

01_fInanzIeRunG

factoring Bleiben größere Rechnungen unbeglichen, wird es in manchem Betrieb schnell eng mit der Liquidi-tät. Der Verkauf von Forderungen erhöht Handlungsspielräume.

liebe leserin, lieber leser,der Frühling lässt auf sich warten. Dafür

ist der große Bruder des DUB UNTER-

NEHMER-Newsletters wieder da. Die

gerade erschienene Frühjahrsausgabe

des DUB UNTERNEHMER-Magazins

bietet wieder Wissenswertes rund um

Business, Family, Lifestyle. So äußern

sich die Unternehmer-Legende Richard

Branson und VW-Vorstand Martin Win-

terkorn zum Thema geschäftlicher Erfolg.

Und Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestra-

tege für Privatkunden der Deutschen

Bank, gibt Tipps für die erfolgreiche Ka-

pitalanlage. Mehr erfahren Sie hier.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Nicolas Rädecke

1

unternehmerMAGAzin DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe 02/2015

DUB

Page 2: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

te der kleinen und mittleren Unternehmen Factoring für eine interessante Finanzierungs-option“, so Volker Ernst, Vorstandsvorsitzen-der des Verbands.

Schnelle liquidität, hohe SicherheitDer Factoring-Einsatz bringt den Unterneh-men mehrere Vorteile. An erster Stelle steht die Absicherung von Forderungsausfällen durch das Factoring-Institut. Da der Kunde rasch den Gegenwert des Forderungsportfo-lios erhält, gehören für ihn Zahlungsausfälle und damit einhergehende Liquiditätsengpäs-se der Vergangenheit an. In Zeiten, in denen Firmen immer länger und oftmals auch ver-geblich darauf warten, dass ihre Kunden aus-stehende Rechnungen begleichen, ein wich-tiger Aspekt: Im Schnitt dauert es in Deutschland 46 Tage, bis das Geld auf dem Konto des Lieferanten eintrifft. Das Factoring stellt demnach eine sinnvolle Alternative zu einer Warenkreditversicherung dar, die erst wesentlich später zahlt.

Dank des schnellen Liquiditätszuflusses kön-nen Factoring-Kunden ihrerseits Verbindlich-keiten reduzieren – in der Folge verkürzt sich die Bilanz und die Eigenkapitalquote steigt. Die Eigenkapitalquote wiederum ist für Ban-ken und Sparkassen ein wichtiges Kriterium bei der Kreditvergabe. Je höher sie ausfällt, desto besser die Konditionen. Somit wirkt sich Factoring positiv auf Bankenrating und Kreditkonditionen der Unternehmen aus. Ein weiterer Pluspunkt: Es entstehen größe-re finanzielle Handlungsspielräume. So bieten freigewordene Mittel die Chance auf unter-nehmerisches Wachstum, etwa indem sie in Forschung und Entwicklung fließen. Des Wei-teren können Factoring-Kunden mit den liqui-den Mitteln Rechnungen eigener Lieferanten frühzeitig begleichen, um eingeräumte Skon-

ti zu nutzen und so Geld beim Wareneinkauf zu sparen.

Verlässliche finanzplanung Übernimmt das Factoring-Institut auch das Debitorenmanagement, können Kosten re-duziert und Ressourcen an anderer Stelle eingesetzt werden. Da der Factor die Bonität der Debitoren prüft, erhält das Unternehmen zudem einen guten Überblick über die Kredit-würdigkeit seiner Kunden. Wird beispielswei-se einer von ihnen schlecht bewertet, kann

das Unternehmen zukünftig bereits im Vorfeld die Zahlungsmodalitäten entsprechend an-passen oder von der Zusammenarbeit ganz Abstand nehmen. Diese Risikobewertung macht sich besonders bei Auslandsgeschäf-ten bezahlt, bei denen noch keine langjährige Erfahrung besteht. Die ausgelagerte Boni-tätsprüfung bedeutet zudem eine kontinuier-liche Überwachung der Debitoren, die vor allem kleinere Unternehmen oftmals ver-nachlässigen.

Trotz der zahlreichen positiven Effekte beste-hen immer noch Vorbehalte gegen Factoring. Eine gängige Befürchtung: Geschäftspartner könnten den Einsatz von Factoring negativ bewerten. Dazu Ernst: „Die Zeiten ändern sich: Heute wird Factoring von vielen Unter-nehmen und Banken sogar als Qualitätsmerk-mal für eine gute Unternehmensführung gesehen. In jedem Fall ist diese Art der Finanzierung ein Ausweis von Bonität, denn der Factor schließt Verträge erst nach sorg-fältiger Prüfung.“ Factoring steht demnach für eine verlässliche und sichere Finanzplanung – eine Finanzierungsoption, die mit dem Um-satz des Unternehmens wächst.

MEHR INFORMATIONENwww.buNdEsvERbANd-FAcTORINg.dE

INTERvIEw

GeORG RUHLAnD, LeiteR MARKt FACtORinG Bei DeR RAiFFeiSenBAnK ARnStORF eG, üBeR VORteiLe, SeRViCeS UnD tRenDS DeS FORDeRUnGSVeRKAUFS iM MitteLStAnD.

Georg Ruhland und sein team betreuen bei der Raiffeisenbank arnstorf eG factoring- Kunden aus den Branchen handwerk, handel und dienstleistung.

In den vergangenen Jahren legte das fac-toring im deutschen mittelstand zu. Worin liegen die Gründe?Wir sehen die Ursachen hierfür im Zahlungsver-halten der Abnehmer, welche die eingeräumten Zahlungsziele zum Teil erheblich überschreiten und so beim Lieferanten einen Liquiditätsengpass hervorrufen können. Factoring bietet eine sofor-tige Liquiditätsverbesserung, einhergehend mit der Erlangung der Skontierfähigkeit, also der Verbilligung des eigenen Wareneinkaufes, Ver-besserung der Bilanzstruktur und dem Schutz vor Forderungsausfällen. Factoring bietet Sicher-heit durch Vollkaskoschutz der Forderung. Zudem müssen neben den verkauften Forderungen kei-ne weiteren Sicherheiten gestellt werden, wie es heute etwa bei der restriktiveren Kreditvergabe der Banken üblich ist.

Welche formen des factorings fragen Ihre Kunden am häufigsten nach?

Eindeutig das Fullservice-Factoring, weil es dem Unternehmen neben der sofortigen Liquidität weitere wesentliche Vorteile bietet, etwa die kom-plette Auslagerung des Forderungsmanage-ments sowie den hundertprozentigen Schutz vor Forderungsausfällen. Somit wird die Verwaltung erheblich entlastet, und das Unternehmen hat mehr Zeit für seine Kunden.

Was schätzen die unternehmen besonders an Ihrem Service?Unsere Kunden schätzen das „stille Factoring“, bei dem in der Regel auf der Rechnung die Ab-tretung nicht offengelegt wird. Das heißt: Der Debitor erfährt nichts von der Abtretung der Forderung und leistet seine Zahlung weiterhin an das Unternehmen, allerdings auf ein Konto-korrentkonto bei unserer Bank. Ferner setzen sie auf den taggleichen Rechnungsankauf und die sofortige Auszahlung des vollen Rechnungs-betrages abzüglich der Factoringgebühr noch am selben Tag. Ein weiterer Vorteil für unsere Kunden ist das Mitspracherecht im Mahnwesen. Wir mahnen erst nach Rückfrage und Erlaubnis unseres Factoring-Kunden. Unternehmen aus der Baubranche schätzen zudem, dass auch hier die Forderungen sofort in voller Höhe angekauft und ausbezahlt werden und kein Sicherheitsein-behalt oder Sperrkonto verlangt wird. Besonders zufrieden sind unsere Kunden mit der überschau-baren „All-inclusive Factoringgebühr“, bei der keine weiteren versteckten Kosten anfallen, und der vollkommen unkomplizierten Abwicklung.

DeR FACtORinG-KUnDe VeRKAUFt FORDeRUnGen An Den FACtOR. DieSeR zAHLt nACH eineR BOnitätSPRüFUnG Den KAUFPReiS ABzüGLiCH DeR VeReinBARten GeBüHR.

sO FuNkTIONIERT FAcTORINg

Quelle: BFM

factoring-Kunde

factoRfactorabnehmer

lieferung der Ware

Information

zahlung des Kaufpreises

Verkauf der forderungBonitätsprüfung

Bezahlung der forderung

2

DUBFINANZIERUNG

DUB

Page 3: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

Sie sind mit Ihren Montage- und Befestigungsprodukten ein Garant für stabiles Wachstum. Denn was 1945 als Schraubengroßhandlung begann, ist heute ein Familienbetrieb aus über 400 Gesellschaften mit mehr als 66.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in über 80 Ländern. Dafür sagen wir Danke – und dafür, dass wir Ihr Wachstum als Genossenschaftliche FinanzGruppe von Anfang an begleiten durften: von den ersten Geldgeschäften in der Volksbank vor Ort bis hin zum internationalen Kapitalmarktzugang über unser Spitzeninstitut DZ BANK. Unsere Zusammenarbeit mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth und Bettina Würth für die Würth-Gruppe ist eine von vielen Erfolgsgeschichten. Erfahren Sie mehr und entdecken Sie unser Allfi nanzangebot für den Mittelstand unter deutschland-made-by-mittelstand.de

DANKE, FAMILIE WÜRTH, DASS WIR SIE BEI IHREM UNTERNEHMENSWACHSTUM UNTERSTÜTZEN DÜRFEN.

DANKEFÜR ERFOLG, DER WÄCHST

UND ZUSAMMENHÄLT.

Page 4: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

Neue Technologien bedeuten großes Po-tenzial für Wertschöpfungsprozesse. Die

vor vier Jahren von der Bundesregierung ins Leben gerufene Initiative Industrie 4.0 soll die vierte industrielle Revolution einleiten: „Mit intelligenteren Monitoring- und Entschei-dungsprozessen sollen Unternehmen und ganze Wertschöpfungsnetzwerke in nahezu Echtzeit gesteuert und optimiert werden kön-nen“, so die Vision des Bundesforschungs-ministeriums.

Ein Teil dieser Zukunftsvision ist das Internet der Dinge: Etliche Geräte sind mit dem Inter-net verbunden und erzeugen enorme Daten-mengen – bis zum Jahr 2020 werden es 40 Zettabite sein, so aktuelle Studien. Ziel ist es, aus diesen Datenmengen (Big Data) nutzba-re Informationen (Smart Data) zu gewinnen. So kann Smart Data innovative Geschäfte vorantreiben, wie ein Beispiel aus den USA zeigt: „Große Agrarkonzerne geben den Far-mern in den USA Ertragsgarantien, wenn sie ihre Felder nach individuell berechneten Emp-fehlungen bepflanzen, düngen und ernten.

Die Datenbasis sind Satellitenbilder, Wetter-daten und Sensordaten zum Zustand der Felder, die von heutigen High-Tech-Landma-schinen während der Bestellung erfasst und übermittelt werden“, so Dirk Hecker, Abtei-lungsleiter am Fraunhofer-Institut für Intelli-gente Analyse- und Informationssysteme IAIS.

Großes Wachstumspotenzial vorhandenVom Einsatz neuer Technologien profitieren viele Industriezweige. Der Branchenverband Bitkom hat in einer Studie 2014 ermittelt: Für die sechs Branchen Maschinen- und Anlagen-bau, Elektrotechnik, Automobilbau, chemische Industrie, Landwirtschaft und Informations- und Kommunikationstechnologie wird bis zum Jahr 2025 ein zusätzliches Wertschöpfungs-potenzial von 78 Milliarden Euro oder jährlich 1,7 Prozent Wachstum erwartet. Das größte Potenzial steckt im Maschinen- und Anlagen-bau mit 2,2 Prozent Wachstum im Jahr oder 23 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025.

Zwar ist inzwischen vielfach die Bereitschaft vorhanden, sich mit dem Thema Big Data zu

befassen, doch Hemmnisse bestehen weiter-hin, wie eine Studie des Fraunhofer IAIS zeigt. „Drei Hindernisse haben sich herauskristalli-siert“, so Hecker. „Es fehlen Best-Practice-Beispiele, klare Regeln im Umgang von sen-siblen personenbezogenen Daten, und es mangelt an Fachkräften, um Big-Data-Projek-te in Unternehmen umzusetzen.“

Laut Bitkom fehlen in Deutschland rund 40 000 IT-Fachkräfte in allen Wirtschaftsbereichen. Im Fokus steht besonders das neue Berufsbild des Data-Scientists. Er vereint Management- und Analysefähigkeiten, um aus Datenmengen Wissen zu erschließen und Projekte zu entwi-ckeln. Das Fraunhofer IAIS bildet Data-Scien-tists aus. Hecker: „In den USA gehört der Data-Scientist heute zu den ‚sexiest jobs‘.“

der aufwand bleibt überschaubarAuch in der Finanzdienstleistung kommen Smart-Data-Anwendungen zum Einsatz. So nutzen einige Unternehmen neue Technologi-en für Echtzeit-Marktforschung, etwa die PSD Bank Hannover. Um die Struktur bestehen-

In der Anwendung von modernen Technologien steckt großes Potenzial für die Wirtschaft. Dennoch bleiben viele Unternehmer skeptisch. Ein Grund: Es mangelt an Fachkräften, die Big-Data-Projekte umsetzen. Doch langfristig wird niemand um den Einsatz moderner Technologien herum kommen.

Datenschätze heben

Komplexer algorithmus: Aus Daten müssen Informationen werden, die dem Mittelstand zu großem Wachstumspotenzial verhelfen

4

DUBUNTERNEHMEN UND MANAGEMENT

Page 5: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

der und potenzieller Kundschaft besser kennen zu lernen, schaltete Marcus Wolters, verant-wortlich für den Internetvertrieb der Bank, den Dienstleister nugg.ad ein, einen Anbieter von Targeting-Technologie. „Wir wollten wissen, wer unsere Internetseite besucht und sich für un-sere Produkte interessiert“, sagt Wolters. Für die Analyse musste zunächst das nugg.ad-Messpixel auf den verschiedenen Bereichen der Website implementiert werden. Dann wur-de das Surfverhalten der Website-Besucher anonymisiert und datenschutzkonform für drei Monate gemessen und untersucht. „Das Er-gebnis deckt sich mit unseren Erwartungen: So ist der Großteil unserer Kunden männlich und älter“, sagt Wolters. „Dank dieser Maßnah-me, die mit überschaubarem Aufwand verbun-den war, können wir unser Marketingbudget noch zielgerichteter einsetzen.“

Der Reinigungsmaschinenbauer Kärcher etwa hat ein modernes Flottenmanagement entwi-ckelt: Jedes Gerät ist mit einer Telematik-Box ausgestattet, die Daten in eine Cloud sendet. Kunden können so Standort, Wartungszu-stand, Einsatzzeit oder Batteriegesundheit der Geräte abfragen. Tobias Böckle, Produktma-

nager bei Kärcher, sagt: „Von der besseren Kalkulierbarkeit der Aufträge bis zum gezielte-ren Maschineneinsatz hat das System große Potenziale. Durch frühzeitig erkannte Defekte, die in Zukunft teilweise online behoben werden, sind Kostensenkungen möglich.“ Die Reinungs-firma Nils Bogdol setzt auf das System. Urs Rempe, Leiter Customer Service und Einkauf, sagt: „Wir versprechen uns hohe Transparenz über alle relevanten Daten unserer Reinigungs-

MEHR INFORMATIONENwww.IAIs.FRAuNHOFER.dE

maschinen in Echtzeit und dadurch eine deut-lich bessere Auslastung der Kapazitäten.“ Die Nutzung moderner Technologien ist oft mit geringem Aufwand verbunden. Informationen, die zu mehr Kundenbindung oder zur Entwick-lung innovativer Produkte führen, sind vorhan-den – sie müssen nur genutzt werden.

am stärksten kann der maschinen- und anlagenbau in den nächsten zehn Jahren vom einsatz moderner technologien profitieren.

MOdERNE TEcHNOlOgIEN bERgEN ENORMEs pOTENzIAl

Quelle: Industrie 4.0 – Volkswirtschaftliches Potenzial für Deutschland, 2015, Bitkom und Fraunhofer IAO

wirtschafts bereiche bruttowertschöpfung(Mrd. Euro)

potenzial durch Industrie 4.0

Jährliche steigerung

steigerung (Mrd. Euro)

2013 2025 2013-25 2013-25 2013-25

chemische industrie 40,08 52,10 +30 % 2,21 % 12,02

kraftwagen- und kraftwagenteile 74,00 88,80 +20 % 1,53 % 14,80

maschinen- u. anlagenbau 76,79 99,83 +30 % 2,21 % 23,04

elektrische ausrüstung 40,27 52,35 +30 % 2,21 % 12,08

land- und forstwirtschaft 18,55 21,33 +15 % 1,17 % 2,78

informations- und kommunikationstechnik 93,65 107,70 +15 % 1,17 % 14,05

Verkehrsknotenpunkt Dubai: Die Wüstenstadt

verfügt über eine exzellente Infrastruktur

Der größte Flughafen der Welt ist nur eines von vielen Bauvorhaben, mit denen Dubai

sich auf die Expo 2020 vorbereitet. Die Welt-ausstellung unterstützt das seit vielen Jahren stabile Wirtschaftsplus der Vereinigten Ara-bischen Emirate (VAE) von jährlich acht Pro-zent. Längst stützt sich die Region nicht mehr auf Öl, heute wachsen die Bau- und Touris-musindustrie sowie der Sektor Finanzdienst-leistungen. Viele internationale Unternehmen

haben sich bereits in Dubai niedergelassen, um am Wachstum teilzuhaben.

Hilfreicher Vermittler vor Ort„Die Wege nach Afrika und Asien sind kurz, die Infrastruktur in den VAE mit ihren Häfen,

Flughäfen und Freihandelszonen zählt zu den besten im Nahen Osten“, sagt Andreas Ditt-rich, Regional Business Consultant der Capi-tal International Group (CIG). Er hilft Unter-nehmern, sich in Dubai niederzulassen. „Die Vorteile sind groß, so zahlen viele Firmen keine Einkommens- und Unternehmenssteu-er“, erklärt der Berater. Handelsbarrieren gibt es nicht, indes verlangt die Regierung für viele ausländische Geschäfte einen regionalen Partner, der 51 Prozent des Unternehmens hält. Dittrich: „Wir übernehmen diese Funkti-on, setzen Unternehmer aber voll in ihre Rech-te und Pflichten und kümmern uns um alle Behördenthemen.“ CIG steht für unternehme-rischen Erfolg in Dubai und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER CAPITAL INTERNATIONAL GROUP

Idealer Zeitpunkt für den großen SprungDie Vorbereitungen zur Expo 2020 verleihen den Vereinigten Arabischen Emiraten zusätzliches Wirtschaftswachstum. Viele Unternehmer zieht es darum nach Dubai.

MEHR INFORMATIONENwww.cIgdubAI.AE

andreas dittrich

Regional Business

Consultant, Kontakt:

andreas.dittrich

@cigdubai.ae

0171/830 70 03

www.cigdubai.ae

5

DUBUNTERNEHMEN UND MANAGEMENT

Page 7: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

MEHR INFORMATIONENwww.Hk24.dE

Vorbereitung treffen: Alle wichtigen Daten und Unterlagen sollten im Notfallordner deponiert werden

Wenn ein Unternehmer plötzlich ausfällt, kann das fatale Folgen für den Betrieb haben. Es ist daher existenziell wichtig, zentrale Informationen in einem Notfallordner zu hinterlegen.

Für den Ernstfall vorsorgen

Das Leben ist nicht immer ein langer, ruhi-ger Fluss. Manchmal wird es zu einem

wilden Gewässer mit gefährlichen Klippen und Stromschnellen. So wie bei Monika Borchert aus Hamburg. Die Inhaberin der Versiche-rungsagentur AssCurat GmbH hatte zusam-men mit ihrem Lebensgefährten und weiteren Partnern ein Unternehmen aufgebaut. Wäh-rend eines Urlaubs erlitt der Lebensgefährte einen Schlaganfall. Von heute auf morgen wurde er zum Pflegefall und musste seine Tätigkeit als Gesellschafter und Geschäfts-führer beenden. Dies war nicht nur ein persönliches Drama. Hinzu kamen unternehmerische Probleme. „Wir konnten die Aufgaben glücklicherweise sofort auf die anderen Partner verteilen“, so die Versicherungsexpertin. „Wie das gehen könnte, hatten wir im Vorfeld schon bespro-chen. Doch dann musste unser neuer Ge-schäftsführer diese Aufgabe viel schneller übernehmen, als dies ursprünglich geplant war.“

Vorsorge ist mehr als VersicherungenAndere Probleme ließen sich nicht so schnell lösen. „Ich empfehle meinen Kunden, wirklich alle wichtigen Punkte schriftlich zu regeln und die entsprechenden Dokumente dann auch an einer bekannten, zugänglichen Stelle, am besten einem Aktenordner, zu deponieren sowie die darin benannten Personen zu infor-mieren.“ Wie man einen derartigen Notfallord-ner anlegt, gibt Borchert unter anderem in Vorträgen des bundesweiten Unternehmerin-nen-Netzwerks „Schöne Aussichten“ weiter. Dabei legt sie ihren Zuhörerinnen ans Herz, das Vorhaben keinesfalls auf die lange Bank zu schieben. „Man denkt ja meist, das mache ich kommendes Wochenende oder irgend-wann mal. Bei uns lagen die ausgefüllten For-mulare lange Zeit auf dem Tisch, wir haben sie nur nicht unterschrieben. Und dann war

es plötzlich zu spät.“ Wichtig seien vor allem Vorsorgevollmacht, Betreuungsvollmacht, Patientenverfügung und Testament, so Bor-chert. „Versäumt es ein Unternehmer, ein Testament zu machen, besteht die Gefahr, dass plötzlich entfernte Verwandte aufgrund der gesetzlichen Erbfolge Mitinhaber des Un-ternehmens werden. Dies kann das Unter-nehmen in ernsthafte Gefahr bringen“, gibt sie zu bedenken.

unbedingt Kontozugriff sichernEine weitere große Gefahr besteht darin, dass die hinterbliebenen Verwandten oder Ge-schäftspartner keinen Zugriff auf die Konten haben. Mit diesem Problem war Borchert acht Monate lang konfrontiert. Auch der Tes-tamentsvollstrecker kam nicht an das Geld. „Enorm wichtig ist, dass ein Unternehmer ebenso wie ein Privatmann mit seiner Bank

oder den Banken alle Vollmachtsfragen für sämtliche Konten abspricht“, betont Borchert. „Die vorformulierten Vollmachtsformulare, die man aus dem Internet runterladen kann, wer-den meist nicht akzeptiert.“

Was dringend in den notfallordner muss eine Benachrichtigungsliste mit Geschäfts-partnern, Bankberatern, Versicherungsmak-lern, Kunden

Geschäftsunterlagen wie Vollmachten, Ver-träge, Steuerbescheide, Schlüsselverzeich-nis, Handelsregisterauszüge, Passwörter, PINs und TANs, Zugang für Safe

private Verfügungen wie Testament, Vorsor-gevollmacht, Patientenverfügung

private Versicherungsunterlagen

7

DUBGRÜNDUNG UND NACHFOLGE

Page 8: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

MEHR INFORMATIONENwww.dIgITAlAdvIsORybOARd.dE

netzwerken: Das DUB UNTERNEHMER-Magazin bringt Digitalmanager und Entscheider zusammen

Der digitale Wandel eröffnet Unternehmen gewaltige Wachstumsmöglichkeiten – und

droht zugleich mit zahllosen Fallstricken. Ob Online-Shop, Social-Media-Strategie oder Datenmanagement über die Cloud: Ihre Um-setzung fordert geballte Digitalkompetenz. „Die ist in Unternehmen derzeit aber eher die Ausnahme als die Regel“, sagt Dwight Cribb, Geschäftsführer der gleichnamigen Personal-beratung. „Außerdem kann eine Person allein im Vorstand oder ein Aufsichtsrat mit Digital-kompetenz zeitlich und inhaltlich nicht alle Fragestellungen adressieren“, so Cribb. Ab-hilfe schafft da ein digitaler Beirat: das -Digi-tal Advisory Board (DAB).Auf dem DAB Summit am 17. Juni in Hamburg führt die Cribb Personalberatung in Koopera-tion mit dem DUB UNTERNEHMER-Magazin erfahrene Digitalmanager und interessierte Entscheider zusammen. Unter anderem be-

richten Lars Hinrichs (XING-Gründer), Martina Bruder (CEO Meetic) und Nico Lumma (Autor) über die Zusammenstellung von DABs, ihre Vorteile für Unternehmen sowie deren Rechte, Pflichten und Vergütung. Diskussionsrunden und ein Fireside-Chat ergänzen das Programm.

Professionell die Weichen stellen„Wir befinden uns mitten im ‚Second Machine Age‘: Das Zusammenspiel aus exponentiell wachsender Computerleistung und Software wird die Welt ähnlich verändern, wie es die Dampfmaschine vor 200 Jahren getan hat“, sagt Hinrichs. „Das bedeutet, dass alles digi-tal wird, was digital sein kann.“ Unternehmen müssten diesen Wandel verstehen und jetzt handeln. „Dazu bedarf es einer echten Bereit-schaft zur Veränderung, die von innen, aber auch von außen angestoßen und getrieben wird“, erklärt Bruder. Lumma pflichtet bei: „Der

Austausch mit Persönlichkeiten aus der digi-talen Wirtschaft schärft den Blick auf die ei-genen Herausforderungen und bietet Erfah-rungswerte für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens.“

Die digitale Revolution setzt Unternehmen immer stärker unter Zugzwang. Im Juni bringen die Cribb Personalberatung und das DUB UNTERNEHMER-Magazin auf dem DAB Summit in Hamburg Digitalexperten und Entscheider aus der Wirtschaft an einen Tisch, um Lösungen zu erarbeiten.

Die Neuland-Lotsen

termin: 17. Juni 2015, 11 bis 18 Uhr, mit anschließendem Get-together

ort: „Altes Mädchen“, Lagerstraße 28b, 20357 Hamburg

teilnehmer: 100

zielgruppe: entscheidungsträger der traditionellen Wirtschaft sowie etablierte Gründer und top-Füh-rungskräfte aus der Digitalwirtschaft

frühbucherpreis: Unternehmensentscheider 750 euro, Digitalmanager 450 euro (inkl. zusätzlicher Bewerbung)

dATEN zuM dAb suMMIT

8

DUBVERANSTALTUNG

Page 9: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

ImPReSSum

DUB Unternehmer Magazin – der Service-Newsletter der Deutschen Unternehmerbörse · Schanzenstraße 70 · 20357 Hamburg · Telefon: 040/46 88 32-660 · Telefax: 040/46 88 32-669 · HRB 115977 Amtsgericht Hamburg · USt-IdNr. DE 273386655 · Geschäftsführer: Nico-las Rädecke (verantwortlich für den Inhalt i.S.d. § 5 TMG i.V.m. § 55 RStV) · Redaktion/Ver-marktung: JDB MEDIA GmbH, Hamburg · Media-Kontakt: Funda Demirbas, Telefon: 040/46 88 32-633 Foto credit: DUB (1), fotolia (1), iStock.com (6), PR (2)

RedaKtIonSSchluSS: 31.03.2015

umsatzsteuer: Onlinehändler müssen unterschiedliche Steuersätze im Blick haben

Seit Anfang des Jahres kommt für Unter-nehmen, die in der Europäischen Union

(EU) ansässig sind, ein neues Umsatzsteuer-gesetz zum Tragen. Danach gilt bei Geschäf-ten mit digitalen Gütern nun nicht mehr der Steuersatz des Landes, in dem der Verkäufer sitzt. Maßgeblich für die Besteuerung ist viel-mehr, wo der Kunde wohnt. Betroffen sind von der Neuregelung allerdings nur Firmen, die digitale Dienstleistungen und Produkte an Privatpersonen vertreiben. Dabei handelt es sich beispielsweise um Serviceprovider, die Web-Speicher, Datenbanken, E-Mail-Adres-sen und andere Produkte anbieten und zum Austausch von Daten via Internet bereitstellen. Dazu gehören aber auch Onlinehändler, bei denen Kunden Filme oder Musik, digitale Bil-der oder E-Books herunterladen können.

Der Handel zwischen Unternehmen und ju-ristischen Personen fällt nicht unter die neue Regelung. Dabei gilt nach wie vor das Verfah-ren der Steuerschuldumkehr („Reverse Char-ge“): Erbringen zum Beispiel in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Unternehmen Leistungen an ein Unternehmen in Deutsch-

land, übernimmt der deutsche Leistungsemp-fänger die Umsatzsteuerschuld des Leisten-den in seiner Umsatzsteuervoranmeldung beziehungsweise Umsatzsteuererklärung.

eine Vielzahl an SteuersätzenFür die Händler im E-Commerce hingegen ist das neue europäische Umsatzsteuergesetz mit Herausforderungen verbunden. „Die be-troffenen Händler müssen ihr Shopsystem technisch anpassen, damit die unterschiedli-chen Steuersätze sowohl berechnet, als auch angezeigt werden können“, gibt Kerstin Heiß, Rechtsanwältin bei Res Media, Kanzlei für IT-Recht, E-Commerce-Recht und gewerblichen Rechtsschutz in Mainz, zu bedenken. Die Angabe von Nettopreisen sei im Privatkun-dengeschäft jedenfalls aufgrund der eindeu-tigen Regelungen der Preisangabenverord-nung keine mögliche Alternative. Vielmehr müssten die angezeigten Bruttopreise für ausländische Besucher angepasst werden, so die Expertin.

Anbieter von digitalen Produkten und Services sehen sich damit im Extremfall mit den Steuer-

sätzen der 28 EU-Mitgliedstaaten konfrontiert, die sich aktuell zwischen 15 und 27 Prozent bewegen. Der Aufwand wird augenscheinlich, wenn man sich ein simples Beispiel vor Augen führt. Verkauft etwa ein Softwareentwickler aus Berlin über das Internet ein gerade fertig-gestelltes Programm an Anwender in Buda-pest, eine weitere Lizenz nach Brüssel und eine dritte nach Kopenhagen, dann muss er den jeweiligen Kunden 27 Prozent, 21 Prozent und 25 Prozent Mehrwertsteuer berechnen und auf der Rechnung ausweisen. Darüber hinaus ist der Betrag an die Finanzbehörden des Kundenlandes abzuführen. Versäumnis-se können die örtlichen Steuerbehörden mit einer Strafe belegen, die bis zu 200 Prozent des nicht abgeführten Steuersatzes betragen kann.

Vereinfachnung durch Pauschale Eine Vereinfachung im Umgang mit den Steu-ersätzen bietet eine einheitliche Umsatzsteu-ervoranmeldung im Rahmen des Mini-One-Stop-Shop-Verfahrens. Es ermöglicht in Deutschland ansässigen Unternehmern, ihre in den übrigen EU-Mitgliedstaaten ausgeführ-ten Umsätze in einer besonderen Steuerer-klärung abzugeben, diese zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) elektro-nisch zu übermitteln und die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten. Die Regelung gilt aber nur für die Umsätze in EU-Staaten, in denen der Unternehmer keine umsatzsteu-erliche Betriebsstätte hat.

In der Europäischen Union müssen Anbieter von digitalen Produkten und Diensten jetzt den Steuersatz berechnen, der im Land ihres Kunden gilt. Der Anpassungsbedarf ist hoch.

Unübersichtliche Umsatzsteuer

MEHR INFORMATIONENwww.bzsT.dE

9

DUBRECHT UND STEUERN

Page 10: 02/2015 MGAin A z DeR DeUtSCHen UnteRneHMeRBöRSe … · Factoring handelt es sich also um ein Kauf-geschäft und nicht, wie häufig angenommen, um ein Kreditgeschäft. Laut Bundesverband

Jetzt zum

Einführungspreis

+Champagner

GRATIS!

ALLES. DIGITAL.Der Handelsblatt Digital Pass

Der Handelsblatt Digital Pass 3 Monate zum Einführungspreisvon nur €�14,99 im Monat. Jetzt bestellen:

angebot.handelsblatt.com/digitalpass 0800.�000�20�53*�

*�Kostenlos aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkhöchstpreis €�0,42/Min.

Einmal kaufen. Alles nutzen. Handelsblatt Live App – Der Exklusivkanal 24/7 Handelsblatt ePaper – Das Original, digital

Premium Inhalte – Auf der Website und im Archiv Wirtschaft hautnah – Die Stars der Wirtschaft erleben