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Archäologie in Deutschland 5 | 2010 3 2 Archäologie in Deutschland 5 | 2010 »Fürstensitze« der Kelten Frühkeltische Großgrabhügel und befestigte Höhensiedlungen prägen bis heute das Bild der sie umgebenden Landschaft. Sie zeugen von einer kulturellen Blütephase, deren Entstehung und Verlauf in einem Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft an ausgewählten Plätzen untersucht wurde. Überraschende Ergebnisse – sowohl zur Bestandszeit und Struktur als auch zur Funktion der »Fürsten- sitze« – stellen wir Ihnen in unserem Titelthema vor. 1 Editorial 4 Spektrum Archäologie 6 Forschung: Familiengräber aus der Steinzeit Die Tragödie von Eulau 12 International: Sakkara (Ägypten) Tor zur Unsterblichkeit 18 Titelthema: »Fürstensitze« der Kelten 18 Von »Fürstengräbern« und »Fürstensitzen« 22 Heuneburg – neue Perspektiven auf einem »Fürstensitz« der Hallstattzeit 26 Zentralort mit mächtigen Befestigungen: der Ipf bei Bopfingen 60 Reportage: Römische Wasserorgeln »De Hydraulicis autem ...« 64 Museum: Limes-Erlebniszentrum Rheinbrohl Alltag am Rand des Imperiums 66 Denkmal: Saarland Monumentaler Grabhügel der frühen Keltenzeit 68 Unterwegs: Archäologie erleben Auf Caracallas Spuren – Freilichtmuseum Rainau am Rätischen Limes 70 Nachrichten 76 Bücher 78 Ausstellungen 81 Rätsel 74 Autoren dieses Heftes 80 Bildnachweis www.aid-magazin.de Welterbe in Trier Einen historischen Stadtrundgang durch die Stadt Trier von der Römer- bis in die Neuzeit kann man auf den offizi- ellen Seiten des Landes Rheinland-Pfalz zum Welterbe Triers unternehmen. Zahlreiche Karten und Rekonstruktions- zeichnungen erleichtern dabei die Orientierung. www.welterbe-trier.de Unser Titelbild zeigt die Silhouette des Ipf bei Bopfingen – ein ehe- maliger keltischer »Fürsten- sitz«. Inhalt 60 18 12 Tor zur Unsterblichkeit Bereits in der frühdynastischen Epoche entwickelte sich die Nekropole von Sakkara, 20 km südwestlich von Kairo, zum Elitefriedhof des Landes. Über viele Dynastien hinweg als Bestattungsplatz für hochherrschaftliche Ägypter genutzt, finden Archäologen in dieser außerge- wöhnlichen Begräbnisstätte ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an Hinter- lassenschaften. AiD 5 | 2010 30 Der Glauberg – kein »klassischer« Fürstensitz? 34 Rinder, Körner, Schweinespeck – Landnutzung und Ernährung in der Eisenzeit 38 Interview: Graben in unserer Zeit Hippies, Hexen, Henker – Archäologie etwas anders 40 Aktuelles aus der Landesarchäologie 56 Fenster Europa: Nordeuropa Den Rätseln der Thingplätze auf der Spur 58 Fenster Europa: Russland Elchjäger und Bibertrapper – Leben im Transural vor 10 000 Jahren Tragödie von Eulau Von Angesicht zu Angesicht sind sie begraben und starben scheinbar zum selben Zeitpunkt – die 2005 nahe Eulau entdeckten steinzeitlichen Bestattungen von 13 Individuen werfen viele Fragen auf. Gleichzeitig sind die Familiengräber von Eulau ein anschauliches Beispiel dafür, wie durch interdisziplinäre Zusammenarbeit eine Tragödie rekonstruiert werden konnte, die sich vor 4600 Jahren ereignete. Limes-Erlebniszentrum Rheinbrohl Repliken, Medien und Mitmach-Stationen statt fragiler Originale hinter Glas – die Rheinbrohler »RömerWelt« will mit neuen, unkonventionellen Ideen Geschichte vermitteln. Das 2008 eröffnete Museum und offizielle Limes-Besucherzentrum für Rheinland-Pfalz lädt die Besucher zum Anfassen, Verkleiden und Mitmachen ein. 64 6 Römische Wasserorgeln Antike Stücke authentisch musiziert – der Nachbau einer Wasserorgel aus Weißenburg, dem römischen Biriciana, macht dies nun möglich. Bei regel- mäßig stattfindenden Konzerten hat sich das Instrument bisher bestens bewährt und zeigt mit seiner ausge- reiften Konstruktion das hohe Niveau römischer Orgelbaukunst. Titelthema Service für unsere Abonnenten Für alle Fragen zum Bezug der »AiD« gibt es folgende Service-Nummern: Tel. 01805 002511*, Fax 01805 002513* Wie immer erreichen Sie Redaktion und Leserservice auch elektronisch unter [email protected] und [email protected]. * 14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk

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Archäologie in Deutschland 5 | 2010 32 Archäologie in Deutschland 5 | 2010

»Fürstensitze« der KeltenFrühkeltische Großgrabhügel und befestigte Höhensiedlungen prägen bis heute das Bild der sie umgebenden Landschaft. Sie zeugen von einer kulturellen Blütephase, deren Entstehung und Verlauf in einemSchwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft an ausgewählten Plätzen untersucht wurde. Überraschende Ergebnisse – sowohl zur Bestandszeit und Struktur als auch zur Funktion der »Fürsten-sitze« – stellen wir Ihnen in unserem Titelthema vor.

1 Editorial

4 Spektrum Archäologie

6 Forschung: Familiengräber aus der Steinzeit

Die Tragödie von Eulau

12 International: Sakkara (Ägypten)

Tor zur Unsterblichkeit

18 Titelthema: »Fürstensitze« der Kelten

18 Von »Fürstengräbern« und »Fürstensitzen«

22 Heuneburg – neue Perspektiven auf einem »Fürstensitz« der Hallstattzeit

26 Zentralort mit mächtigen Befestigungen: der Ipf bei Bopfingen

60 Reportage: Römische Wasserorgeln

»De Hydraulicis autem ...«

64 Museum: Limes-Erlebniszentrum Rheinbrohl

Alltag am Rand des Imperiums

66 Denkmal: Saarland

Monumentaler Grabhügel der frühen Keltenzeit

68 Unterwegs: Archäologie erleben

Auf Caracallas Spuren – Freilichtmuseum Rainauam Rätischen Limes

70 Nachrichten

76 Bücher

78 Ausstellungen

81 Rätsel

74 Autoren dieses Heftes

80 Bildnachweis

www.aid-magazin.de

Welterbe in TrierEinen historischen Stadtrundgang durch die Stadt Trier von der Römer- bisin die Neuzeit kann man auf den offizi -ellen Seiten des Landes Rheinland-Pfalzzum Welterbe Triers unternehmen. Zahlreiche Karten und Rekonstruktions-zeichnungen erleichtern dabei die Orientierung.www.welterbe-trier.de

Unser Titelbildzeigt die Silhouette des Ipf bei Bopfingen – ein ehe-maliger keltischer »Fürsten-sitz«.

Inhalt

6018 12 Tor zur UnsterblichkeitBereits in der frühdynastischen Epocheentwickelte sich die Nekropole von Sak kara, 20 km südwestlich von Kairo,zum Elitefriedhof des Landes. Über vieleDynastien hinweg als Bestattungsplatz für hochherrschaftliche Ägypter genutzt, finden Archäologen in dieser außerge-wöhnlichen Begräbnisstätte ein nahezuunerschöpfliches Reservoir an Hinter -lassenschaften.

AiD 5 | 201030 Der Glauberg – kein »klassischer« Fürstensitz?

34 Rinder, Körner, Schweinespeck – Landnutzung und Ernährung in der Eisenzeit

38 Interview: Graben in unserer Zeit

Hippies, Hexen, Henker – Archäologie etwas anders

40 Aktuelles aus der Landesarchäologie

56 Fenster Europa: Nordeuropa

Den Rätseln der Thingplätze auf der Spur

58 Fenster Europa: Russland

Elchjäger und Bibertrapper – Leben im Transural vor 10 000 Jahren

Tragödie von EulauVon Angesicht zu Angesicht sind sie begrabenund starben scheinbar zum selben Zeitpunkt –die 2005 nahe Eulau entdeckten steinzeitlichenBestattungen von 13 Individuen werfen vieleFragen auf. Gleichzeitig sind die Familiengräbervon Eulau ein anschauliches Beispiel dafür, wiedurch interdisziplinäre Zusammenarbeit eineTragödie rekonstruiert werden konnte, die sichvor 4600 Jahren ereignete.

Limes-ErlebniszentrumRheinbrohlRepliken, Medien und Mitmach-Stationenstatt fragiler Originale hinter Glas – dieRheinbrohler »RömerWelt« will mit neuen,unkonventionellen Ideen Geschichte vermitteln. Das 2008 eröffnete Museumund offizielle Limes-Besucherzentrum für Rheinland-Pfalz lädt die Besucher zum Anfassen, Verkleiden und Mitmachen ein.

646 Römische Wasserorgeln Antike Stücke authentisch musiziert –der Nachbau einer Wasserorgel aus Weißenburg, dem römischen Biriciana,macht dies nun möglich. Bei regel-mäßig stattfindenden Konzerten hat sich das Instrument bisher bestens bewährt und zeigt mit seiner ausge-reiften Konstruktion das hohe Niveau römischer Orgelbaukunst.

Titelthema

Service für unsere Abonnenten

Für alle Fragen zum Be zug der »AiD«gibt es folgende Service-Nummern: Tel. 01805 002511*, Fax 01805 002513*Wie immer erreichen Sie Redaktion und Leserservice auch elektronisch unter [email protected] und [email protected].* 14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk

schen und wurde bereits zu einer Zeit do- mestiziert, als noch Mammuts und Ren -tiere Europa durchstreiften. Der Ober kie-fer unterscheidet sich deutlich in Größeund Form von dem eines Wolfes. Die Zäh-

schung in diesem Gebiet. Wölfe, die Vor-fahren der Hunde, waren ehemals auf derganzen Nordhalbkugel verbreitet. WeiteTei le Asiens und Osteuropas sind abernoch kaum archäologisch erforscht, wasdie Eingrenzung des Domestikationsge-biets auf archäologischer Basis fast unmög-lich macht. Der Genetik könnte dies in na-her Zukunft gelingen, und Nordamerikakann bereits als frühes Domestikations-gebiet ausgeschlossen werden. Es mussjedoch auch in Betracht gezogen werden,dass der »Haushund« an mehreren StellenEurasiens gleichzeitig auftauchte und un-sere heutigen Hunde nicht nur von einereinzigen Population abstammen.

| Hannes Napierala, International Jour-nal of Osteoarchaeology

Opéra

Pfahlbauentdeckung am Zürichsee

Seit Mai gräbt eine 45 Kopf starke Equipeim Eiltempo auf 3500 m2 jungsteinzeitli-che Pfahlbauten aus. Und dies großteilsunter Tage, liegt die Notgrabung doch aufeiner Baustelle unter dem bereits einge-brachten Betondeckel des neuen Park-hauses »Opéra« am Züricher Theaterplatz.In der Platte klaffen nun drei 9 m x 9 m gro-ße Öffnungen, die als Zugänge der Aus-gräber dienen, um in der Tiefe ihrer Arbeitnachzugehen. Baubedingt liegt die unab-wendbare Grabungs-Deadline im Januar2011. Bis dahin müssen die noch bis 80 cmmächtigen Kulturschichtabfolgen undHaus strukturen dokumentiert und ausge-graben sein. Die letzte Unternehmung aufeiner derart großen zusammenhängendenFläche fand vor nunmehr fast 30 Jahren

am Zürichsee statt – die Grabung »Mo-zartstraße«.

Bereits jetzt liegen Tausende von Fund-stücken vornehmlich der Horgener Kulturaus der Zeit zwischen 3100 und 3000 v.Chr. vor, darunter ein Kinderbogen (?) undweitere bedeutende Artefakte aus orga -nischen Materialien. Von besonderer Be-deu tung ist der Fund von Legeschindeln,die eindeutig von einer Dachkonstruktionstammen. Über dieser Hauptschicht liegenzwei weitere Besiedlungsphasen aus derÜbergangszeit von später Horgener undSchnurkeramischer Kultur. Sie konnten bis-lang anhand der vorzüglich erhaltenen Ba u -hölzer auf die Jahre 2886 und 2776 v. Chr.datiert werden. Aus einer noch undatier-ten jungneolithischen Schicht ohne Sied-lungsreste stammt zudem ein menschli-ches Skelett.

An den Untersuchungen der Stadtar-chäologie Zürich sind Fachleute der Uni-versitäten Zürich und Basel beteiligt, dasTeam besteht aus Archäologen, Dendro-chronologen, Archäobotanikern, Anthro-pologen, Mikromorphologen und weite-ren Spezialisten.

Derzeit werden wöchentlich öffentlicheFührungen angeboten, abzurufen un terwww.stadt-zuerich.ch/hochbau. Hier gibtes auch aktuelle Infos zum Grabungs-stand. | EK

Gewaltiger Hortfund in England

Über 50 000 Münzen entdeckt

Einen der größten je in England angeleg-ten Münzhortfunde entdeckte ein Am a-teurarchäologe vor Kurzem bei Frome inSüdwestengland. Nachdem Dave Crisp die

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ne des Kesslerloch-Hundes sind dabei min-destens 3 mm kürzer als die von Wölfenaus dem gleichen Fundplatz. Auch Wölfeaus anderen prähistorischen Fundplätzensowie rezente Wölfe sind größer als derKesslerloch-Hund. Gemessen wurden vorallem die Zähne, da diese sich im Gegen-satz zu Knochen nach dem Zahnwechselkaum noch in Länge und Breite verän-dern. Die hervorragende Erhaltung desStücks ermöglichte eine direkte Datie-rung mithilfe der Radiokarbon-Methode,die ein Alter von 12 225±45 BP erbrachte(entspricht etwa 14 600–14 100 vor heu-te). Somit handelt es sich um den ältesten,sicheren Nachweis eines Hundes. Bislanggibt es keine älteren Funde, die so deut-lich wie der Kesslerloch-Hund aus der na-türlichen Variabilität von Wölfen heraus-fallen. Ein Unterkiefer aus Bonn-Oberkas-sel ist möglicherweise ebenso alt, es exis-tiert aber bislang keine Datierung. Diesgilt auch für einen einzelnen Hundezahnaus Champréveyres am Neuenburgersee(Schweiz). Zahlreiche, etwas jüngere Fun-de gibt es z. B. aus Portugal und Spanien,Frankreich, Deutschland, Dänemark undSchweden, aber auch aus Fundplätzen imNahen Osten. Dass so viele prähistorischeHunde in Mitteleuropa entdeckt wurden,liegt wahrscheinlich an der intensiven For-

Spektrum | Archäologie

4 Archäologie in Deutschland 5 | 2010

Im Fundmaterial des späteiszeitlichen Sie d-lungsplatzes »Kesslerloch« konnte jüngstein mehr als 14 000 Jahre alter Oberkie-fer eines Hundes identifiziert werden. DerHund ist das älteste Haustier des Men-

ersten 21 Münzen und das Gefäß, das siebarg, aufgedeckt hatte, meldete er denFund beim zuständigen Finds Officer desPortable Antiquities Scheme. Daraufhinuntersuchten Archäologen des SomersetCounty Council die Fundstelle und bargenden Schatz. Der Inhalt des Gefäßes wurdeschichtenweise abgetragen und die Mün-zen vor der Erstbestimmung im BritishMuseum gewaschen. Die 52503 Münzen,die zum Vorschein kamen, datieren in diezweite Hälfte des 3. Jh. und umfassen Prä-gungen der Kaiser Valerianus (253–260)bis Carausius, einem britannischen Gegen -kaiser, der die Insel und Teile Nordwest-galliens von 286 bis 293 kontrollierte. Be-sondere Bedeutung kommen sieben sel-te nen Silbermünzen des Gegenkaisers zu– die einzigen hochwertigen Silberprägun-gen im römischen Reich zu diesem Zeit-punkt.

Man hofft durch die Analyse der Anord -nung einzelner Münzen im Hort Erkennt-nisse über dessen Zustandekommen zuerlangen. So konnte beispielsweise bereitsfestgestellt werden, dass alle Münzen desKaisers Carausius innerhalb eines einzigenBereichs lagen und vermutlich gleichzei-tig im Gefäß deponiert worden waren.

Da es unmöglich war, das Gefäß samt160 kg schwerem Inhalt als Ganzes zutransportieren und zu vergraben oderauch zu heben, ohne es zu zerstören, ge-hen die Numismatiker am British Museumdavon aus, dass der Hortfund nie gebor-gen werden sollte. Es könnte ein Opfer andie Götter gewesen sein – vielleicht eineGemeinschaftsdeponierung von Bauerneiner Gemeinde. | David Wigg-Wolf –

http://finds.org.uk/blogs/fromehoard

Arnoldsweiler. Linear-bandkeramischerBrunnen mit äußeremund innerem Kasten.

Zürich-Opéra. Grabungunter Tage. Über dieausgesparten Öffnun-gen in der Betondeckegelangen die Ausgrä-ber zu ihrem Arbeits-platz in 3 m Tiefe.

Der schwere Topf mitinsgesamt 160 kg wie-gendem Inhalt wur-de nach und nach mitMünzen aufgefüllt.

7000 Jahre alt

Bandkeramischer Brunnen aus dem Rheinland

Spätestens seit den Untersuchungen in Kückhoven weiß man, dass auch Brunnenzu einer bandkeramischen Siedlung gehören. Dies bestätigte sich nun auch in Ar-noldsweiler (Kreis Düren), wo bei der Umverlegung der Autobahn A4 eine entspre-chende Siedlung mit Gräberfeld zutage kam (vgl. AiD 5/2009).

Der rechteckige Holzbrunnen war ca. 3,5 m tief in eine aus Kiesen und Sandenbestehende, Grundwasser führende Schicht abgesenkt worden. Er bestand aus ei-nem inneren ca. 0,80 m x 0,85 m und einem äußeren ca. 1,30 m x 1,25 m großen Kas-ten. Der äußere Kasten diente zur Aussteifung und Sicherung des inneren. Keilhöl-zer zwischen den beiden Kästen verspannten diese miteinander. Zusätzlich stabili-sierte Füllmaterial aus Grobkies im Zwischenraum die Konstruktion, wobei Spureneiner Kalfaterung, vermutlich aus Moosen, erkennbar sind.

Wenngleich beide Kästen nach ihrer Bergung noch vollständig untersucht wer-den müssen, ist festzuhalten, dass grundsätzlich Eichenholz Verwendung fand, in einem Fall jedoch auch ein Laubholz (Esche?). Während die Hölzer des inneren Kas-tens sorgfältig mit Ausklinkungen und Vorstößen verschränkt sind, lässt der zumSchutz errichtete äußere Kasten eine weniger aufwendige Konstruktion (Verkäm-mung) erkennen. Dazu passt auch, dass diese Hölzer Merkmale einer vorherigenNutzung aufweisen, also sekundär verwendet sind. Dies macht eine dendrochrono-logische Datierung – die bisherigen Messungen weisen in das 51. vorchristliche Jahr-hundert – eines jeden einzelnen Holzes zwingend notwendig.

| Erwin Cziesla, Horst Husmann, Thomas Ibeling, Jürgen Weiner

Im Blickpunkt

Unten der Hunde-Ober-kiefer aus dem »Kess-lerloch«, oben ein ähn-liches Fragment von einem Wolf aus der glei-chen Fundstelle.

»Kesslerloch«

Ein 14 000 Jahre alter Hundeknochen

»… ain ganz guet gulden halß pand undgulden ring, ouch sonst etlich stuck, alßwan die von aim kessel kommen…«

ei dieser kurzen N otiz handelt essich um die wohl älteste schriftli-che Überlieferung des Inventars

eines der Zusammensetzung nach früh-keltischen »Fürstengrabes« aus Wür t te m-berg. Sie stammt aus dem Jahr 1580 undumreißt die heute verschollene Aus stat-tung einer zum damaligen Zeitpunkt be- reits ca. 2000 Jahre alten Bestattung, diekurz zuvor »beym Asperg ußer aim ackergegraben« worden war. Den Begriff »Für s -tengrab« prägte allerdings erst der würt-tembergische Landes konservator Eduard

Paulus d.J. (1837–1907) in den 1870er-Jahren in Zusammenhang mit den spek-takulären archä ologischen Entdeckun-gen im Umfeld der an der oberen Do naugelegenen Heuneburg. Monumentalüber hügelte Grabanlagen mit steinüber-deckten hölzernen Grabkammern undungewöhnlich umfangreichen Inventa-ren mit wertvollen, teilweise aus demMittelmeerraum stammenden Beigaben(Wagen, Möbel, Speise- und Trinkser vi -ce, persönliche Ausstattungsstücke wiegoldene Hals- und Armringe etc.) zei-gen, dass es sich dabei um die Gräberder gesellschaftlichen Elite handelt. Diewohl bekannteste Prunkbestattung die-

ser Gr u p pe stellt das »Fürstengrab« vonHochdorf dar, das in den Jahren 1978/79 unweit des Hohenasperg ausgegrabenwurde. In Anlehnung an die Gräber wur-den die benachbarten befestigten Sied-lungen in topografisch dominieren derLage, unter deren Fundmaterial auch me-diterraner Import zu finden ist, »Fürs-tensitze« genannt. Beide Begriffe habensich in der Forschung bis heute gehal-ten, auch wenn sich die mit ihnen ver-bundenen Vorstellungen im Laufe derZeit deutlich gewandelt haben.

Wie entwickelten sich »Fürstensitze«?Da die kulturellen Prozesse, die zur

Ent stehung und Entwicklung dieser reichausgestatteten Prunkgräber und der zu-gehörigen Zentralorte führten, weitge-hend im Dunkeln lagen, entschloss sichdie Deutsche Forschungsgemeinschaft2003, das Schwerpunktprogramm 1171»Frühe Zentralisierungs- und Urbani-sierungsprozesse. Zur Genese und Ent-wicklung frühkeltischer Fürstensitze undihres territorialen Umlandes« ins Lebenzu rufen. Für die Ausgrabungen an früh-keltischen Fundstätten und für wissen-schaftliche Analysen stellte sie von 2004bis 2010 jährlich 1,25 Millionen Eu ro zurVerfügung. Am Programm beteili g tensich zwölf unabhängige Forschun gs ein -richtungen, Universitäten und Institu- ti o nen der Denkmalpflege aus Hessen,Rhe i n land-Pfalz, Bayern, Schleswig-Ho l -stein und Baden-Württemberg. Insge-sa mt wurden 21 Einzelprojekte geför-dert. Das Landesamt für DenkmalpflegeBaden-Württemberg im Regierungspr ä-sidium Stuttgart war mit sieben Projek-ten eingebunden und für die Koordi-nierung des Gesamtprogramms verant-wor t lich.

Im Mittelpunkt der Untersuchungenstanden neben der Heuneburg und demHohenasperg der Ipf bei Bopfingen amNördlinger Ries, der Glauberg am Randder Wetterau, das Umfeld von Bad Dürk-heim am Rand des Pfälzerwalds, die süd-liche Frankenalb und der Mont Lassoisbei Vix in Burgund. Archäologen, Palä o -botaniker, Archäozoologen und Geogr a-fen beschäftigten sich mit der zeitlichen

18 Archäologie in Deutschland 5 | 2010

Titelthema | »Fürstensitze« der Kelten

Von »Fürstengräbern« und »Fürstensitzen«Befestigte Höhensiedlungen und dazugehörige Großgrabhügel aus frühkeltischer Zeit heben sich auch heute noch markant von der sie umgebenden Landschaft ab.Sie zeugen von einer kulturellen Blütephase, deren Entstehung und Verlauf nun das Schwerpunktprogramm »Frühkeltische Fürstensitze« der Deutschen Forschungs-gemeinschaft an ausgewählten Plätzen untersucht hat.

Von Denise Beilharz und Dirk Krausse

A Bad Dürkheim; B Glauberg; C Heune-burg; D Hohenasperg; E Ipf; F Mont Lassois;Untersuchungsarealder Projekte: G Eisen-zeitliche Vegetations-geschichte in Mittel-europa; H Zentralisie-rungsprozesse südli-che Frankenalb; I Etrus-kische Zentralorte; J Siedlungshierarchienund Kulturelle Räume;K Fürstengräber Mit-tel- und Süditalien; L Fürstensitze und Um-land; M HistorischeGeo grafie und GIS.

B

� München

� Mainz

Die Heuneburg an der oberen Donau: Im Luftbild ist dieräumliche Nähe vonBurgberg und zuge-hörigen Großgrab -hügeln gut zu erken-nen. Der hinter demBurgberg angelegteGrabungsschnitt verläuft durch die Vorburgsiedlung und gibt rechts denBlick auf die Reste der Toranlage frei.

Einordnung, den Siedlungs- sowie Wirt-schaftsstrukturen und den vielfältigenFunktionen dieser Zentralorte. Ihre For-schungen zeigten, dass die »Fürstensit-ze« in Bestandszeit, Struktur und Funk-tion trotz mancher Übereinstimmungenkeine einheitliche Gruppe darstellen. Einweiterer Untersuchungsschwerpunkt galtder Siedlungsentwicklung in einem grö-ßeren Radius um die »Fürstensitze« so-wie dem Verhältnis von Zentralortenund Umland in wirtschaftlicher, poli -tischer und sozialer Hinsicht. Auf dieseWeise sollten Zentralisierungsprozesse,wie sie sich z.B. im Laufe des 7. und frü-hen 6. Jh. an der Heuneburg abzeich-nen, und Einzugsgebiete bzw. Territo-rien von »Fürstensitzen« erfasst werden.Mehrere naturwissenschaftliche Projek-te hatten zum Ziel, die durch Menschenverursachten Landschaftsveränderun -gen im Umfeld der Zentralorte zu er -forschen. Aufgrund der Vermutung, dassder Impuls für Zentralisierungsprozes-se nördlich der Alpen von Süden herausging, beschäftigten sich zwei Pro-jekte mit Urbanisierungsprozessen und»Fürstengräbern« im nördlichen Mittel -meergebiet.

Überraschungen an der HeuneburgSelbst an bereits außergewöhnlich gut

untersuchten Fundplätzen wie der Heu -neburg veränderten die neuen Forschun - gen das bislang bekannte Bild der früh-

keltischen Anlage. Zu den spektakulärs-ten Ergebnissen zählt sicherlich die Er-kenntnis, dass zur Heuneburg währenddes Bestehens der Lehmziegel mauer nachmediterranem Vorbild (frü hes 6. Jh. bisum 530 v.Chr.) eine über 70 ha großeAußensiedlung gehörte und eine rekon-struierte Bevölkerungszahl der Gesamt -anlage von etwa 5000 Menschen ange-nommen werden kann. Einen ebensoüberraschenden Befund stellte die Ent-

deckung einer nördlich der Alpen bis-lang singulären Toranlage mit steiner-nem Sockel als Bestandteil der Vorburg -befestigung dar. Außerdem zeigten dieSchlagdaten von Hölzern, die sich dankder Feuchtbodenbedingungen im Gra-ben der Befestigungsanlage erhalten ha-ben, dass das Wall-Graben-System derHeuneburg bereits in frühkeltischerZeit und nicht erst im Mittelalter ent-standen ist.

Keltische Kunst und Kultur in Stuttgart

Ab September 2012 werden die Fun-de und Ergebnisse des Forschungspro-gramms in der Großen Landesausstel-lung »Die Kelten« in Stuttgart zu sehensein. Die Vorbereitungen für die Aus-stellung, ein Kooperationsprojekt zwi-schen Landesamt für DenkmalpflegeBaden-Württemberg, ArchäologischemLandesmuseum Baden-Württemberg,Landesmuseum Württemberg und His-torischem Museum Bern, laufen bereitsauf Hochtouren. Im Kunstgebäude undim Alten Schloss werden die Besuche-rinnen und Besucher dann auf etwa2500 m2 Ausstellungsfläche in die Kunstund Kultur der Kelten eintauchen undsich mit Fragen wie »Ist die Heuneburgdie älteste Stadt nördlich der Alpen?«beschäftigen können.

20 Archäologie in Deutschland 5 | 2010

Titelthema | »Fürstensitze« der Kelten

Am Schwerpunktprogramm mit eigenen DFG-Projekten beteiligt:

1. Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege Esslingen2. Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Hem-

menhofen3. Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Osteo -

logie Konstanz4. Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Archäologische und Paläontologische Ab -

teilung, Wiesbaden5. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Archäologische Denkmalpflege, Amt

Speyer6. Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Frank-

furt/Main7. Universität Kiel, Institut für Ur- und Frühgeschichte8. Freie Universität Berlin, Institut für Prähistorische Archäologie9. Universität Frankfurt, Institut für Archäologische Wissenschaften, Abteilung Vor- und

Frühgeschichte10. Universität Mainz, Institut für Anthropologie und Institut für Ur- und Frühgeschichte11. Universität Würzburg, Institut für Archäologie/Lehrstuhl für vor- und frühgeschicht -

liche Archäologie12. Universität Bamberg, Institut für Geographie13. Universität Stuttgart, Institut für Geographie/Lehrstuhl für Physische Geographie14. Universität Tübingen, Historisches Seminar, Abteilung für Alte Geschichte15. Universität Tübingen, Institut für Klassische Archäologie16. Universität Tübingen, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittel-

alters

Die KeltenMythos und Wirklichkeit

Über Geschichte, Religion und

Sprache bis hin zur Rolle des

Keltischen in der Gegenwart:

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ein facettenreiches Bild der Kelten

und ihrer Kultur.

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Geheimnisvolle Kultur der Kelten

Blick auf den Hohen-asperg mit dem Groß-grabhügel »Kleinas-pergle« im Vorder-grund: Im Umfeld desmarkanten Zeugen-bergs findet sich diegrößte Konzentrationan keltischen »Fürs-tengräbern«.