04598 Tischel Affen Korr3 A01 001-224 v02-tw978-3-476-04599-7/1.pdf · Elftes Kapitel Narbenschrift...

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Alexandra Tischel

Affen wie wirWas die Literatur über uns und unsere nächsten Verwandten erzählt

Mit 12 Abbildungen

J. B. Metzler Verlag

Zur AutorinAlexandra Tischel ist Literaturwissenschaftlerin an der Universität Stuttgart.  

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-476-04598-0ISBN 978-3-476-04599-7 (eBook)

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

J. B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist Teil von Springer [email protected]

Einbandgestaltung : Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto : akg-images)Typografie und Satz : Tobias Wantzen, BremenDruck und Bindung : Ten Brink, Meppel, Niederlande

J. B. Metzler, Stuttgart© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature, 2018

Inhalt

Vorbemerkung 1

 

Erstes Kapitel Das kochende Tier 5

Zweites Kapitel Tierliebe 21

Drittes Kapitel Kreuzungen 39

Viertes Kapitel Der Traum des Tierarztes 57

Fünftes Kapitel Aggredior 75

Sechstes Kapitel Rangfragen 95

Siebtes Kapitel Der Barbier von Paris 109

Achtes Kapitel Kopfnüsse 127

Neuntes Kapitel Bequemes Loch, auf Wiedersehen 139

Zehntes Kapitel Oa und Ürülek 151

Elftes Kapitel Narbenschrift 167

Zwölftes Kapitel Sultans Geist 179

 

Anmerkungen 193

Literaturverzeichnis 206

Danksagung 215

Verzeichnis der Abbildungen 216

Vorbemerkung 1

Vorbemerkung

A m Anfang stand die Ähnlichkeit. Man braucht ihnen nur ins Gesicht zu sehen, um sie zu erkennen. Denn ein Ge-

sicht haben sie ganz eindeutig : Zwei parallel stehende Augen, darüber eine Art Wulst, der an Augenbrauen erinnert, eine Nase und, ja, einen Mund, nicht zu vergessen die Ohren, die seitlich vom Schädel abstehen. Dazu kommen die beiden Arme mit Händen, die greifen können. Und wenn sie so dasit-zen, mit diesen Händen Nahrung in den Mund stecken oder ein Kind im Arm halten, dann ist sie nicht zu übersehen. Na-türlich gibt es auch Unterschiede : Da wäre vor allem das Fell, das den gesamten Körper bedeckt, und schließlich gehen sie auf allen vieren. Aber die Ähnlichkeit ist da – und sie ist er-klärungsbedürftig.

Von diesem Verständigungsbedarf über die Affen zeugen zahlreiche Geschichten. Sie erzählen von der Entstehung der Affen, ihren Fähigkeiten und Mängeln und vor allem von unse-rem Verhältnis zu ihnen. Vieles davon gehört in den Bereich der Imagination, vieles aber ist erstaunlich treffend. Denn die Geschichten versuchen sich an der Aufklärung über die Tiere und sagen dabei vor allem etwas über uns Menschen aus : wie wir uns sehen und wovon wir uns abgrenzen müssen.

Genau davon soll in diesem Buch die Rede sein : von den Erzählungen, die unser Verhältnis zu unseren nächsten Ver-wandten behandeln. Dabei kommen zahlreiche Stimmen zu

2 Vorbemerkung

Wort : klassische Autoren wie E. T. A. Hoffmann, Edgar Allan Poe und Franz Kafka ebenso wie zeitgenössische, darunter J.  M.  Coetzee, Peter Høeg und Yann Martel. Sie alle setzen sich mit Affen auseinander, um über die wichtigen Fragen des Menschseins zu schreiben : Wie lieben, töten und trauern wir ? Was machen wir dabei anders als die Tiere ? Worin äh-neln wir ihnen ?

Natürlich arbeiten die Schriftsteller dabei nicht mit wis-senschaftlicher Genauigkeit, sondern mit ihren Mitteln. Sie denken sich Affenfiguren und menschliche Helden aus, die Grenzen überschreiten und Unerhörtes erleben. Bei Peter Høeg verlieben sich z. B. eine Frau und ein Affe ineinander und übertreten das jahrtausendealte Verbot der Sodomie. Der Text entwirft dabei eine Welt, in der der Sündenfall rückgän-gig gemacht und die Herrschaft über das Tier beendet wird. Zugleich spricht er aber auch über die Regeln unseres Sexual-verhaltens und darüber, wie wir die Unterscheidung vom Tier denken.

So zielen die literarischen Texte mit all ihrer imaginati-ven Kraft immer auch in den Kern eines anthropologischen Problems. Das Buch beginnt dabei mit den scheinbar ›niede-ren‹ Themen Ernährung (Yann Martel) und Sexualität (Peter Høeg), die an den Körper gebunden sind. Anschließend fol-gen Fragen der Verwandtschaft (Gustave Flaubert, Wilhelm Raabe) und des sozialen Miteinanders in Gestalt von Aggres-sion (William Boyd) und Dominanz (Will Self). Dann geht es in den Bereich der Nachahmung (Edgar Allan Poe) und der Kunst (E. T. A. Hoffmann) hinein. An ihn schließen sich die ›ernsten‹, intellektuellen Themen an, über die traditionell die Differenz zwischen Mensch und Tier verhandelt wurde und wird : Tod (Johann Gottfried Schnabel), Sprache (Colin McAdam), Erinnerung (Franz Kafka) und Geist (J. M. Coetzee). Dass es sich bei den Verfassern sämtlich um männliche Au-toren handelt, ist zuallererst der thematischen Auswahl ge-schuldet, mag aber insgesamt Anlass zum Nachdenken – oder Schmunzeln – geben.1

Vorbemerkung 3

Die Erzählungen der Autoren ergänzen dabei nicht nur die Erkenntnisse der Wissenschaften, etwa die der Primatologie, der Anthropologie und der Verhaltensforschung, sondern sie erweitern sie auch. Denn in ihrem spielerisch-kreativen Ges-tus entwickeln sie ungeahnte Szenarien, Begebenheiten und Begegnungen, die Licht auf unsere Welt und ihre Regeln wer-fen. Deshalb wird im Folgenden auch von den genannten Wis-senschaften, von ihren Entdeckungen, ihren Irrtümern und Wendungen gesprochen. Erst im Zusammenspiel und im Kon-trast zwischen den beiden Erkenntnisformen Literatur und Wissenschaft wird nämlich deutlich, was uns der Bereich des Möglichen, der Bereich der Fiktion, über uns selbst erzählt. Heraus kommt ein Buch, das von der Faszination, aber auch von der Abneigung und dem Abgrenzungsbedürfnis gegen-über diesen uns so ähnlichen Tieren spricht : Affen wie wir.