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inform physioaustria inform exklusiv Nur in der Ausgabe für Mitglieder von Physio Austria enthalten: 16 Seiten Berufspolitik, Tipps und Services für PhysiotherapeutInnen P.b.b. Verlagspostamt 8000 Graz 02Z031875 M 7,50 EUR Zeitschrift von Physio Austria, dem Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs Nr. 5 Dezember 2017 Kinder und Physiotherapie Möglichkeiten, Mittel und Motivation.

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inform exklusivNur in der Ausgabe für Mitglieder von Physio Austria enthalten: 16 Seiten Berufspolitik, Tipps und Services für PhysiotherapeutInnen

P.b.b. Verlagspostamt 8000 Graz 02Z031875 M 7

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RZeitschrift von Physio Austria, dem Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs

Nr. 5 Dezember 2017

Kinder und PhysiotherapieMöglichkeiten, Mittel und Motivation.

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das Thema der Kindergesundheit ist für die Physiotherapiezentral. In der Politik spiegelt sich die Wichtigkeit z. B. inder Entwicklung der Kindergesundheitsstrategie oder auchin Projekten wie dem der »Frühe Hilfen« oder der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit wider. Physio Austria ist, vertreten durch das fachliche Netzwerk Physiotherapie inder Pädiatrie, gerne Teil der künftigen politischen und ge-sellschaftlichen Entwicklungen.

Das Spektrum physiotherapeutischer Maßnahmen in derPädiatrie ist breit gefächert. Von uns PhysiotherapeutInnenwird die genaue Kenntnis über die Entwicklung eines Kindes, vom Säugling bis zum/zur Jugendlichen, erwartet –und das ist gut so, zumal unsere qualitative und evidenz-basierte Arbeit viel Verantwortung mit sich bringt. Über einebesondere Verantwortung, nämlich die der aufmerksamenBeobachtung von potenziell unter Missbrauch leidendenjungen PatientInnen, informiert uns in dieser Inform-Ausgabe die Sozialarbeiterin Mag. Sandra Krempl-Spörk.

Die individuellen Bedürfnisse unserer jungen PatientInnenstehen stets im Vordergrund unserer Arbeit. Das Funda-ment dieser Arbeit bilden Assessments und im Rahmen der physiotherapeutischen Ausbildung angeeignetes Fach-wissen. Welche unerwarteten Herausforderungen in derpraktischen Arbeit mit Kindern jedoch auf uns warten können, beschreibt die Physiotherapeutin Bettina Kriegl ineinem lebhaften Erfahrungsbericht über ein inkontinentesKind. Viele weitere spannende Beiträge erwarten Sie in der neuen Ausgabe des Inform.

Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Rückmeldungenan [email protected]

Silvia Mériaux-Kratochvila, MEdPRÄSIDENTIN PHYSIO AUSTRIA

Liebe LeserInnen,

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

06Kleine PatientInnen, große ZielePhysiotherapie im Kindes- und JugendalterValid Hanuna

12Begleitung durch eine Zeit des AnkommensPhysiotherapie bei Frühgeborenen undRisikoneugeborenenSabine Bauer-Mittermayr

14Gewalt an Kindern erkennenund richtig handelnÖsterreich: 100.000 Misshandlungsfälle jährlichMag. Sandra Krempl-Spörk

18Aller Anfang ist schwerInkontinenz bei KindernBettina Maria Kriegl

20Neue Chancen für die Neurorehabilitation?Selektive und perkutane Multilevel-Myotenofasciotomie durch NazarovMag. Marianne López Sánchez

23 SERIE GESUNDHEITSPOLITIKFörderung körperlicher Aktivitäten bei Kindern Gesundheitspolitik auf europäischer EbeneMag. Nicole Muzar

inform 2018THEMEN DER INFORM-AUSGABEN IM NÄCHSTEN JAHR

FebruarNeurologie

AprilInnere Medizin

JuniGynäkologie,Urologie,Proktologie

SeptemberIntensivmedizin

DezemberMuskuloskelettalePhysiotherapie

DezemberKinder und Physiotherapie

ImpressumMEDIENINHABER, HERAUSGEBERUND REDAKTION

physioaustriaBundesverband derPhysiotherapeutInnen ÖsterreichsLinke Wienzeile 8/28, 1060 WienTel. (01) 587 99 51-0, Fax DW-30www.physioaustria.atZVR 511125857

GESCHÄFTSFÜHRUNGMag. Stefan Moritz, [email protected]

REDAKTIONSSCHLUSSInserate und bezahlte Anzeigen für das mit Monatsbeginn erscheinende inform müssen bis spätestens 5. des Vormonats im Verbandsbüro eingelangt sein. Ist dieser Tag ein Samstag, Sonn- oder Feiertag, so gilt der nächste darauf folgende Werktag.

CHEFREDAKTIONJulia Stering, BA BA [email protected] Dechant Grafische ArbeitenFOTOS Helmut Wallner/© Physio Austria ausgenommen: wo gesondert angegebenFARBKORREKTUR/RETUSCHE Helmut WallnerDRUCK Steiermärkische Landesdruckerei, Graz

CREDITSS 1 fotolia © Maria StarusS 3 © FH Campus Wien, fotolia © contrastwerkstattS 6 fotolia © Picture-FactoryS 8 fotolia © JenkoAtaman S 10 fotolia © MartinanS 11 fotolia © caftorS 12 © KUKS 13 © KUKS 15 fotolia © dmitrimarutaS 16 fotolia © Ermolaev AlexandrS 17 © Krempl-SpörkS 18 fotolia © Aleksandar MijatovicS 19 fotolia © avtkS 20 © Lopez SanchezS 23 fotolia © Köpenicker © Physio Austria wallnerfotografie.atS 24 © Paul Bständig GmbHS 25 © Paul Bständig GmbHS 26 © HaidingerS 27 fotolia © ferkelraggae © Haidinger, © Haidinger © ScharnreitherS 28 © Auner-GröblS 29 fotolia © Photographee.eu © Auner-GröblS 30 fotolia © Sandy SchulzeS 33 © Klinik Judendorf-StraßengelS 34 fotolia © Robert KneschkeS 36 © Holzinger PannaglS 37 © Holzinger Pannagl © Andreas HechenbergerS 38 fotolia © picoS 39 pixabayS 41 © Franz MorgenbesserS e1 fotolia © photo 5000S e2 © Physio Austria wallnerfotografie.atS e3 © Physio Austria, Landesverband OberösterreichS e4 fotolia © Harald FlorianS e5 © Physio Austria wallnerfotografie.atS e7 © Grein S e9 © Physio Austria wallnerfotografie.atS e10 © mtdS e11 © privatS e12 © LochnerS e13 © privat S e14 fotolia © Artem MerzlenkoS e15 © privatS e16 © womue

BEZUGSPREISE Einzelheft: 7,50 Euro;Abo (5 Ausgaben/Jahr): 31 Euro(Inland), 53 Euro (Ausland).STORNO schriftlich 2 Monate vor Ablauf des Abos.

OFFENLEGUNG GEMÄSS MEDIENGESETZeinzusehen unterwww.physioaustria.at/impressum

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

inform Inhalt Dez 2017

Ausgabe 05/2017

24 Kinderleicht versorgtHilfsmittel für KinderDer Kinderorthopädietechniker Gerhard Dauter im InterviewEithne Sonnek, BSc.

26Praktisch und bedürfnisorientiert Weshalb Tragen für Babys und Eltern so wichtig istMelanie Scharnreither,Cornelia Haidinger

28Kindgerechte Physiotherapie bei SkolioseWo und wie positioniere ich mich bei jungen LangzeitpatientInnen?Dr. Petra Auner-Gröbl

30Säuglinge mit SchiefhalsBei PhysiotherapeutInnen in besten HändenChrista Timmerer-Nash

32Gemeinsam in die ZukunftEin Einblick in die erste Kinderrehabilitation ÖsterreichsNadine Gulyas, BSc.

34Klinisch orientierte PsychomotorikEin komplexer interdisziplinärer BehandlungsansatzBarbara Seebacher, MSc

36Spielend lernenKindgerechte Bewegungstherapie bei KnicksenkfußMarie-Theres Holzinger, Martina Pannagl

38 FOKUS QUALITÄT Messinstrumente für den praxistauglichen GebrauchEin Mitgliederservice im EntstehungsprozessMartina Sorge, MSc.

40 PHYSIO STUDIEN Studiert und kommentiert Effective treatment options for musculoskeletal pain in primary care: A systematic overview.Constance Schlegl, MPH

Nur für Mitglieder von Physio Austria:

INFORM EXKLUSIV

Ergebnisse und AusblickDie Wahlen sind geschlagen.

e2 Entwicklung, Veränderung und UmbauLandesverbandswahlen 2017 Martina Sorge, MSce4 GeneralversammlungMag. Stefan Moritz, MSce6 Alles neu – Umstrukturierungen in den fachlichen Netzwerkene7 PHYSIOFACESe8 Ihre Meinung und weitere Schritte zum DirektzugangMartina Sorge, MSce10 Ein voller Erfolg. Tiroler MTD-Tag zum Thema »Schlaganfall interdisziplinär«Markus Geireggere11 Endoprothetik. 22. PhysioTalk in GmundenIngrid Großbötzle12 PHYSIOWORLDe12 Sportphysiotherapie-Weltkongress.International informiertKarl Lochner, Maria Kormann, MSPhT e13 Wundermittel Bewegung – gemeinsam ans Ziel. Guide der freiberuflichenSalzburger PhysiotherapeutInnenDI(FH) Michael Seyss-Inquart, BSce14 SERIE ARBEITSRECHT Freiwillige Arbeitslosenversicherung(FALV) für freiberuflich TätigeValid Hanunae15 SERIE STEUERTIPPSSteuerspar-Checkliste.Abzuarbeiten bis 31. DezemberMag. Eveline Morawetz

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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Kleine PatientInnen, große ZielePhysiotherapie im Kindes- und Jugendalter

ÜBERBLICK Valid Hanuna

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8 physioaustria inform Dezember 2017

Das Thema der Kinder- und Jugendgesundheit ist nichtnur für die Physiotherapie ein zentrales. In der Politikspiegelt sich die Wichtigkeit zum Beispiel in der Ent-wicklung der Kindergesundheitsstrategie oder in der Berücksichtigung der Kinder- und Jugendgesundheit inden Gesundheitszielen wider. Die Komplexität des The-menfeldes erfordert von den Berufsangehörigen eineständige Fort- und Weiterbildung und die Entwicklungvon Spezialisierungspfaden, um komplexen Anforderun-gen adäquat begegnen zu können. Auch durch Projektewie Frühe Hilfen, Initiativen wie der Liga für Kinder- undJugendgesundheit und die Thematik des Mutter-Kind-Passes wird deutlich, dass es einer gebündelten Exper-tise im Bereich der »Kinderphysiotherapie« in Form einesstrukturierten und zielgerichteten österreichweiten Netz-werks von ExpertInnen bedarf. Im fachlichen NetzwerkPhysiotherapie in der Pädiatrie von Physio Austria arbei-ten PhysiotherapeutInnen als ExpertInnen auf dem Ge-biet der Pädiatrie bereits zusammen, um ihr Wissen zuvereinen. Nur so kann die Physiotherapie im Sinne derjungen PatientInnen in relevanten (Bundes-)Gremien vertreten und positioniert werden.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Die physiotherapeutischen Maßnahmen sind, je nach dem Entwicklungsstand des behandeltenKindes, spezifisch anzupassen.

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

»EIN ABGLEICH DER

ROLLEN

IST GANZ WESENTLIC

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ES KANN WÄHREND D

ER

EINHEIT PASSIEREN,

DASS

ELTERN IHR KIND AU

SBESSERN

ODER HANDLUNGSAN

WEISUNGEN

EINBRINGEN MÖCHTE

N.«

KURSANKÜNDIGUNGEN

Asymmetrische Haltungsmuster bei Säuglingen und Kleinkindern

8. bis 9. November 2018Wien, Praxis für Physiotherapie Michaela Pressel

Wochenbett und Rückbildung

20. bis 22. Juni 2018Wien, Physio Austria KurszentrumManuela Ganglbauer, MSPhT

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Physiotherapie hat in allen Lebensabschnitten die Förde-rung, Entwicklung, Erhaltung und Wiedererlangung der Bewegungsfähigkeit des Individuums zum zentralen Inhalt.Das bedeutet, dass bereits ab der Geburt eines Kindes beiBedarf Physiotherapie eingesetzt werden kann. Die Motorikist die Grundlage für die Handlungs- und Kommunikations-fähigkeit eines Kindes und muss durch entsprechende ExpertInnen beurteilt werden. PhysiotherapeutInnen sindspeziell darin ausgebildet, die Bewegungsentwicklung undMotorik eines Kindes einzuschätzen. Somit können sie Verzögerungen in der Entwicklung sowie mögliche Fehl-entwicklungen frühzeitig erkennen.

Physiotherapie wirkt auf den Menschen in seiner Gesamt-heit über die Wechselwirkung zwischen Bewegungssystem,Organfunktion, kognitiver Ebene und der Erlebens- und Verhaltensebene. PhysiotherapeutInnen berücksichtigenim Rahmen ihrer Arbeit Bewegungsentwicklungen und dieKontrolle von Bewegungen sowie funktionelle und neurolo-gische Zusammenhänge. Im Rahmen der Statuserhebung,ob eine zu erwartende Bewegungsfähigkeit erreicht wurde,wird auch die Qualität – das »Wie« – mitberücksichtigt. Assessments und Tests wie die Bewertung von grob- undfeinmotorischen Funktionen, Körperkoordinationstestsoder funktionelle Entwicklungsdiagnostik sind für die phy-siotherapeutische Befunderhebung und Verlaufskontrolleunverzichtbar und deren integraler Bestandteil.

Die physiotherapeutische Behandlung von Kindern erfolgt – ebenso wie jene von Erwachsenen – unter Berücksichtigung des salutogenetischen Gesundheits-paradigmas auf Basis wissenschaftlich fundierter Wirk-weisen und Erkenntnisse. Und doch sind Kinder keinekleinen Erwachsenen. Im Mittelpunkt der Physiotherapiemit einem Kind steht das Kind selbst mit seinen individu-ellen sensomotorischen Entwicklungen. Jede Therapie-einheit wird an die Bedürfnisse und das Alter des Kindesangepasst.

Dabei werden aktuelle Entwicklungen aus der Forschung ebenso berücksichtigt wie Bezugswissen-schaften, insbesondere die Naturwissenschaft, Human-medizin, Pädagogik, Psychologie, Soziologie und PublicHealth. Physiotherapeutische Arbeit im pädiatrischenFeld umfasst Aufgaben zur Erhaltung und Förderung vonGesundheit, von gesundheitsförderlichen Umwelten undzur Entwicklung gesundheitsfördernder Maßnahmen.

ÜBERBLICK Valid Hanuna

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10 physioaustria inform Dezember 2017

Als KommunikatorInnen ermöglichen Physiothera-peutInnen unter anderem

° professionelle und vertrauensvolle Beziehungen zu ihrem Umfeld. PhysiotherapeutInnen geben Informationen zielgruppenorientiert weiter.

° effektive Kommunikation und Entscheidungsfindungin intra- und interprofessionellen Teams.

° professionelles Auftreten gegenüber Stakeholdernzur Repräsentanz der eigenen Profession.

PhysiotherapeutInnen sind TeamworkerInnen in multi-professionellen und interdisziplinären Teams mit dem Ziel einer optimalen Versorgung von PatientInnen undKlientInnen. Eine Zusammenarbeit mehrere Professionenist bei der Behandlung von Kindern sehr wichtig.

Gebündelte ExpertiseDas Spektrum physiotherapeutischer Maßnahmen in derPädiatrie ist breit gefächert und verlangt von den Physio-therapeutInnen in diesem Bereich genaue Kenntnis derEntwicklung eines Säuglings bis hin zum/zur Jugendli-chen. Die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes stehen im Vordergrund.

Aufgrund des physiotherapeutischen Befundes wird dieBehandlung deshalb in Zusammenarbeit mit den Elternspeziell auf jedes Kind abgestimmt. Die Behandlung er-folgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Entwicklungs-stufe des Kindes oder des/der Jugendlichen. Die Phasender Entwicklung und deren jeweiligen Eigenschaften sindstets zu beachten. Auch die Methoden gleichen nicht der Behandlung von Erwachsenen. Physiotherapie mitKindern erfolgt meist auf spielerische Art mit einem the-rapeutischen Hintergrund. In kleinen Schritten und mit-tels altersentsprechenden Spielsachen und Materialienwerden die Kinder in ihrer Entwicklung gefördert und dasTherapieziel wird erarbeitet. Das fachliche Netzwerk Physiotherapie in der Pädiatrie von Physio Austria bün-delt die Expertise in diesem Bereich und widmet sichauch zukünftig relevanten Themen für eine kindgerechtePhysiotherapie.

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

LITERATUR

The Nordic Physiotherapist Associations (2017). Physiothe-rapy and well-being of children. Online: fysio.dk

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Die Physiotherapie hat schon längst, auch in der Pädia-trie, ihre Rolle in der Prävention gefunden. Ein Beispielfür den schulischen Bereich ist zum Beispiel das Projekt»Kids enorm in Form«. Das Projekt wird von Physio Aus-tria, dem Bachelorstudiengang Physiotherapie der FHCampus Wien und den Clinic Clowns Österreich gemein-sam durchgeführt und richtet sich an SchülerInnen, DirektorInnen und DiplompädagogInnen sowie Eltern undElternvereine. »Kids enorm in Form« hat das Ziel, das Bewegungsangebot im Schulalltag zu verstärken undeine bewegungs- und gesundheitsfördernde Lernumge-bung zu schaffen. Ebenso wird physischen und psy-chischen Belastungen sowie ernährungsbedingtenErkrankungen vorgebeugt. Dieses wie auch weitere Projekte und Initiativen haben auch in den Gesundheits-zielen Österreichs Einzug gehalten. Die zehn Gesund-heitsziele wurden in einem breit abgestimmten Prozessmit zahlreichen VertreterInnen aus Politik und Gesell-schaft entwickelt. Bis zum Jahr 2032 bilden sie denHandlungsrahmen für eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik.Dem Thema der Gesundheitsförderung und Präventionim Kindesalter durch PhysiotherapeutInnen wird auch international ein besonderer Stellenwert beigemessen.So haben die skandinavischen Physiotherapieverbändedas Consensus Statement »Physiotherapy and well-beingof children - the role of Physiotherapists in school health-care« verabschiedet. In diesem wird die Rolle der Physio-therapie in der schulischen Gesundheitsversorgungbeschrieben.

Haarsträubende MethodenDie Eltern sind ständige BegleiterInnen des Kindes unddadurch auch AnsprechpartnerInnen in der physiothera-peutischen Behandlung. Zum einen ist die gute Zusam-menarbeit zwischen TherapeutInnen und Eltern eineNotwendigkeit für den Erfolg der Behandlung. Zum anderen ist es herausfordernd, den oftmals hohen oderauch zu hohen Erwartungshaltungen der Eltern zu be-gegnen. Auch ein Abgleich der Rollen ist ein ganz wesentlicher Teil der Aufklärung, um einen reibungslosenTherapieablauf bzw. -verlauf gewährleisten zu können.Dies kann beinhalten, die Eltern darum zu bitten, nicht in das Therapiesetting einzugreifen, indem sie das Kindzusätzlich zur Korrektur der/des PhysiotherapeutIn aus-bessern oder Handlungsanweisungen einbringen. Hier ist auch eine Aufklärung der Eltern maßgeblich: Physio-therapeutInnen sind in der Lage, im Zuge der Therapie-situation abzuschätzen, in welchem Maße Kinder Inputerfassen können. Es gibt in unserem Bereich zudem immer wieder »Thera-piemethoden« und Trends, die zum Teil haarsträubendsind. Eltern, die immer das Beste für das eigene Kindwollen und alles versuchen, um ihrem Kind zu helfen,scheuen vor der Anwendung solcher Methoden oft nichtzurück. Dadurch schenken sie AnbieterInnen fragwürdi-ger Therapien manchmal eher Glauben. Die Aufgabe von PhysiotherapeutInnen ist in solchen Fällen die um-fassende Aufklärung der Eltern.

Physiotherapie in der Pädiatrie ist ein Spezialgebiet, dasspezielle Methoden verlangt. Die Behandlung ist komplexund erfolgt in einem multiprofessionellen Team. Die Früh-erkennung und die Frühbehandlung sind dabei enormwichtig. Für den Erfolg ist die Einbindung der Eltern unbedingt notwendig. ◼

Valid HanunaLeiter des fachlichen NetzwerksPhysiotherapie in der Pädiatrie

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Liga für Kinder- und Jugendgesundheit

Physio Austria ist Mitglied der ÖsterreichischenLiga für Kinder- und Jugendgesundheit. Die »Liga«ist ein berufsübergreifender Dachverband fürFachgesellschaften und Berufsverbände, für allemit Versorgung, Wissenschaft und Lehre befass-ten Organisationen, AnbieterInnen von Selbsthilfeoder gesundheitsfördernden Aktivitäten sowie Elternvertretungen und engagierten Einzelperso-nen, die im Bereich der Kinder- und Jugend-gesundheit tätig sind. Als gemeinnützige, über-parteiliche und überkonfessionelle Initiative bringtsie GesundheitsexpertInnen unter ein Dach.

Physio Austria ist durch Christa Timmerer-Nashvom fachlichen Netzwerk Physiotherapie in derPädiatrie vertreten. So gibt auch Physio AustriaKindern und Jugendlichen eine Stimme!

Die Ziele der Liga sind:

° Interdisziplinäre Vernetzung und Kooperationder Berufsgruppen und Fachgesellschaften

° Bewusstseinsbildung über den Wert der Kinder- und Jugendgesundheit in Öffentlich-keit und Politik

° Verbesserung der präventiven, kurativen und rehabilitativen Gesundheitsangebote für Kinder und Jugendliche

ÜBERBLICK Valid Hanuna

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

Die Arbeit von PhysiotherapeutInnen auf der Neonatologie ist viel-fältig: Sie beginnt bei der Unterstützung der Atmung und dem Anregen von Vitalfunktionen und führt über die Förderung der motorischen und sensorischen Entwicklung beziehungsweise die Unterstützung des Eltern-Kind-Kontakts bis hin zur Koordination der ambulanten Nachbetreuung.

12 physioaustria inform Dezember 2017

»DIE ORGANE SIND NOCH

NICHT

VOLLSTÄNDIG AUSGEREIFT

ODER NICHT

IMMER ZU PHYSIOLOGISCH

ER FUNKTION

FÄHIG, DIE UMGEBUNG IST

FREMD,

LAUT UND UNNATÜRLICH.«

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Begleitung durch eine Zeit des AnkommensPhysiotherapie bei Frühgeborenen und Risikoneugeborenen

Es ist noch keine fünf Jahrzehnte her, da vertrat die Wissenschaft die Meinung, dass Neugeboreneunempfindlich gegenüber Schmerz sind, da die Entwicklung ihres Nervensystems noch nicht ab-geschlossen sei. Heute wissen wir, dass Neugebo-rene empfindsame, wahrnehmende, interaktive undsoziale Wesen sind, die ein feines Gespür dafürhaben, ob ihre Lebensbedürfnisse nach Halt undKörperkontakt beantwortet werden. Sie reagierenfeinsinnig positiv auf Halt gebende Berührung,sanfte Stimmen und liebevollen Kontakt. Entsprichteine Intervention nicht den biologischen Erwartun-gen, kann man dies in einer ganzkörperlichen Antwort des Babys ablesen.Zu früh geborene oder auf eine andere Weise betroffene Neugeborene haben oft einen schwerenStart ins Leben: Ihre Organe sind noch nicht voll-ständig ausgereift oder nicht immer zu physiologi-scher Funktion fähig, ihr Körper ist zu unreif, umsich adäquat gegen die Schwerkraft zu bewegen,die Umgebung ist fremd, laut und unnatürlich.

Was kann Physiotherapie?Eines der ersten Ziele in der Behandlung dieser zar-ten Wesen ist die Reduktion der Atemarbeit: DurchSekretmobilisation sowie durch atemlenkende undatemvertiefende Maßnahmen wird das Atmen fürdas Baby enorm erleichtert. Eine individuell ange-passte, atemerleichternde Lagerung, zum Beispieldie Bauchlage, unterstützt das Kind vor, währendund nach der Therapie. Da sämtliche Maßnahmendes Kontakts der TherapeutInnenhände auf demKörper des Kindes bedürfen, erfahren die Kinderzusätzlich tiefe Entspannung während der Therapie,die durch osteopathische und craniosakralthera-peutische Techniken vertieft werden kann. Durchzu frühe Auseinandersetzungen mit der Schwer-kraft können Frühgeborene aufgrund ihrer Muskel-unreife kompensatorische Haltungen und Bewe-gungen entwickeln. Hierbei verstärken sich häufigMissverhältnisse in Körpertiefen und –breiten, zum Beispiel ein schmaler, ausladender Hinterkopf,Asymmetrien oder Überstreckungstendenzen.

Auch die orofazialen Aspekte der sensomotori-schen Entwicklung gilt es interdisziplinär zu berück-sichtigen. Entsprechende Lagerungsmaßnahmengeben dem Früh- und Neugeborenen Begrenzung,Stabilität, Geborgen- sowie Sicherheit und förderndie Eigenaktivität. Als Begleitung der individuellensensomotorischen Entwicklung des Frühgeborenenoder kranken Neugeborenen werden bei Bedarfneurophysiologische Therapien angeboten, um etwaige Folgeschäden von neurologischen Proble-men in ihrem Verlauf günstig zu beeinflussen.

Und die Eltern?Die Eltern werden ehestmöglich in den therapeuti-schen Prozess miteingebunden. Die Trennung vomKind, Angst um sein Überleben und Sorge um diekünftige Entwicklung stellen Belastungen für diegesamte Familie dar. Durch das »Kangarooing«, bei dem das Neugeborene Haut auf Haut am Ober-körper eines Elternteils oder Geschwisterchensliegt, wird die Verbindung zwischen Eltern und Kindgestärkt und Stresssymptome (bei Eltern und Kind)können gemildert werden. Ebenso werden die individuelle Lagerung des Kindes oder Beruhigungs-mechanismen mit den Eltern besprochen, damit dieTherapie in den Alltag auf der Station und auch zuHause miteinfließen kann. Somit stellt die physio-therapeutische Begleitung auf der Neonatologie außerdem eine wichtige präventive Maßnahme dar.Durch die sanfte physiotherapeutische Behandlungwerden Vitalfunktionen wie zum Beispiel Herzakti-vität, Verdauung, Lungentätigkeit, Durchblutungund Wachheit des Kindes angeregt, die es von den Reizen profitieren lassen, während es sich entspannt. ◼

NEONATOLOGIE Sabine Bauer-Mittermayr

Sabine Bauer-Mittermayrleitende Physiotherapeutin KeplerUniversitätsklinikum Linz MC IV,Weiterbildung Osteophathie und Kinderbobaththerapie, VortragendeUpledger Craniosakraltherapie undviszerale Osteopathie, derzeit Studium Neurowissenschaften

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KURSANKÜNDIGUNG

Geburtsvorbereitung Methode Menne-Heller9. bis 12. Jänner 2018

Wien, Physio Austria KurszentrumManuela Ganglbauer, MSPhT

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

77 Prozent aller Kindesmisshandlungsfälle erfolgen durch Familienmitglieder. Oftmals bleiben sie unerkannt und ungemeldet. Die Kinder leiden im Stillen. Wie können PhysiotherapeutInnen Warnzeichen an ihren kleinen PatientInnen erkennen und wie können sie helfen?

Gewalt an Kindern erkennenund richtig handeln Österreich: 100.000 Misshandlungsfälle jährlich

COURAGE

Marcel ist neun Jahre alt und lebt mit seinen Elternund seinem kleinen Bruder in einer kleinen Wohnung.Sein kleiner Bruder hat autistische Züge. Der Alltag istnicht immer leicht für Marcel. Oft kommt es zu lautenDiskussionen und Geschrei zwischen seinen Elternund an manchen Tagen, wenn sein kleiner Bruder besonders anstrengend ist, kann es schon passieren,dass seine Mutter sie ins Zimmer sperrt oder ihr dieHand auskommt. Marcel versucht, sich schützend vorseinen Bruder zu stellen und stark zu sein, doch esgelingt ihm nicht immer. Oft weint er sich am Abendin den Schlaf und sucht nach einem Ausweg.

Hier ist die gute Nachricht: Jeder, der Warnzeichenkennt und erkennt, kann helfen! Marcels kleiner Bruder befindet sich in physiotherapeutischer Be-handlung. Insbesondere PhysiotherapeutInnen sind inder Lage, wertvolle Schritte zu setzen, zumal sie Kinder unter Umständen isoliert, ohne das Beisein der Eltern physiotherapeutisch behandeln oder denUmgang von Eltern mit ihren Kindern gut beobachtenkönnen. Sie können den Eltern Hilfe zukommen lassen und den Buben eine – im Idealfall – gewaltfreieKindheit ermöglichen.

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(W.H. AUDEN)

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Mag. Sandra Krempl-Spörk

Rechtlicher Rahmen

° Bei Verdacht auf Gewalt und zur Abwendung von Gefahr für Leib und Sicherheit ist die berufsrechtlicheSchweigepflicht durchbrochen.

° Es ist die Pflicht aller BürgerInnen, bekannte und drohende Gewalt durchAnzeige bei der Polizei oder Staats-anwaltschaft zu melden, um damit zu ermöglichen, sie zu verhindern.

° Bei Vorliegen eines Verdachts auf Gewalt, Vernachlässigung oder Miss-brauch sind die notwendigen Meldun-gen an die entsprechenden Stellen(Polizei, Pflegschaftsgericht und Jugendfürsorge) zu veranlassen.

° Eine Meldung direkt an die Sicherheits-behörden oder auch an das (Pfleg-schafts-)Gericht ist in diesen Fällenohne jegliche berufsrechtliche Einschränkung unbedingt geboten!

° Auch die/der verordnende ÄrztIn solltedie entsprechenden Informationen erhalten, um ebenfalls rechtlicheSchritte setzen zu können.

° Gleichzeitig sollten die Gründe, aufdenen diese Einschätzung beruht (Befundung, Auffälligkeiten, sonstige Informationen), in der Behandlungs-dokumentation mit der notwendigen Genauigkeit und Sorgfalt festgehaltenwerden. Für die Sicherheitsbehördenund das Gericht wird diese Dokumen-tation ein wichtiges Beweismittel darstellen.

Information und Unterstützung

Schnelle, professionelle Hilfe ist besonders wichtig. Die unter www.justiz.gv.at/internet/prozessbegleitung angeführten Prozessbegleitungseinrichtungen sindrasch, unbürokratisch und kostenlos für alle Opfervon Straftaten da,

° wenn es bereits zu einer Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft gekommen ist,

° wenn die Strafverfolgung noch nicht eingeleitet worden ist.

www.gewaltinfo.atjustiz.gv.at

Hilfreiche Kontaktebit.ly/2zxo7xkOpferhilfe und Prozessbegleitungbit.ly/2jerGEKInformationsfolder Prozessbegleitungbit.ly/2hqmSf1

Opfer-Notruf 0800 112 112

Servicenummer der Polizei 059 133

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

Erkennungsmerkmale für körperliche Gewalt, sexuelle Gewalt oder Vernachlässigung bei VerdachtsfällenOft quälen Personen, die Verdacht schöpfen, Gedanken wie »Hab ich das richtig wahrgenommen? Unterstelle ich den Eltern etwas? Sind sie wirklichdazu in der Lage?«. In Österreich rechnet man mit100.000 Misshandlungsfällen jährlich. Im Folgendenfinden Sie zehn Merkmale, auf die Sie als Physio-therapeutIn bei Ihren jungen PatientInnen achten können, um Misshandlung bzw. Vernachlässigungfrühzeitig zu erkennen.

»DASS GEFÄHRDUNGS-

MELDUNGEN ZU EINER

DIREKTEN KINDESABNAHM

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FÜHREN, IST EIN WEIT

VERBREITETER IRRGLAUBE

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Nehmen Sie bewusst die Interaktion zwischen Eltern und ihren Kindern wahr.a Zeigen sie Interesse an ihren Kindern? b Gibt es liebevolle Berührungen?

Blaue Flecken an Gelenken und Oberschenkeln/Oberarmena Verdächtig sind alle Stellen, die

unwahrscheinlich beim natürlichen Spielen verletzt werden können.

b Achten Sie auf Handabdrücke, welchedurch massives Festhalten entstehen können.

Übersexualisiertes Verhalten Verdächtig ist der ständige Griff zwischen dieBeine sowie die Aufforderung des Kindes, dassdie/der TherapeutIn oder andere Kinder dies tunsollen. Auch das eigenständige Nachspielen vonsexualisierten Situationen ist verdächtig.

Mangelnde KörperhygieneHaben die Kinder ungepflegtes Haar, einenstrengen Eigengeruch und tragen schmutzigeKleidung? Ein eindeutiges Erkennungsmerkmalstellt schmutzige Unterwäsche dar.

Überreaktionen auf KörperkontaktDie Kinder reagieren nicht altersadäquat auf Be-rührungen und Nähe. Sie verspannen sich odernehmen eine Schutzhaltung ein. Viele ziehensich zurück, erstarren oder greifen in solchen Situationen an. Wutausbrüche unter enormemKrafteinsatz sind hier nicht selten.

Vermindertes Schmerzempfinden Viele Kinder weisen auch ein vermindertesSchmerzempfinden auf, weil sie sich über dieMisshandlungszeit einen guten Schutzmechanis-mus aufgebaut haben, welcher es ihnen ermöglicht, Schmerzen leichter zu ertragen.

SuizidgedankenKinder, die Suizidgedanken äußern, sollten in jedem Fall ernstgenommen werden.

DistanzzonenstörungenManche Kinder erkennen möglicherweise die na-türlichen Distanzzonen nicht, haben unange-brachten Körperkontakt und machen eventuellErwachsenen gegenüber sexuelle Andeutungen,da dies für sie ein Zeichen für Nähe darstellt.

Starke Entwicklungsverzögerung Diese kann, wenn kein anerkanntes Krankheits-bild vorliegt, durch mangelnden Kontakt undmangelnde Förderung sowie einen Schutz-mechanismus des Kindes ausgelöst werden, welcher es ihm ermöglicht, länger das »Kind-chenschema« auszunutzen.

Aggressives oder autoaggressives Verhalten

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Treffen ein oder mehrere Merkmale bei Ihrer/Ihrem jun-gen KlientIn zu? Dann besteht die Möglichkeit, dass dasKind misshandelt wird. Gehen Sie Ihrem Verdacht nachund beobachten/protokollieren Sie über einen längerenZeitraum. Ziehen Sie aber keine voreiligen Schlüsse. Siekönnen der Familie und Ihrem Schützling helfen. SchauenSie nicht weg! Bieten Sie Hilfe an oder leiten Sie durch Verständigungder Behörden eine unmittelbare Überprüfung der Situa-tion und Hilfestellung ein.

Schritte zum Schutz des KindesBei einem Verdacht auf Kindesmisshandlung oder Ver-nachlässigung trifft Sie eine Meldepflicht. Dieser könnenSie auch mit einer »Verdachtsmeldung auf Kindesmiss-handlung bzw. Vernachlässigung« beim Amt für Jugendund Familie nachkommen. Das Jugendamt ist bei einerGefährdungsmeldung verpflichtet, binnen 24 StundenKontakt zu der gemeldeten Familie aufzunehmen und dieser »Gefährdungsmeldung« nachzugehen. Dass dies zu einer direkten Kindesabnahme führt, ist jedoch einweit verbreiteter Irrglaube! Die zuständigen Sozial-arbeiterInnen werden versuchen, der Familie in ersterLinie zusätzliche Stützsysteme zur Seite zu stellen unddie Eltern in ihrer Rolle zu unterstützen und zu stärken.Zur tatsächlichen Kindesabnahme kommt es nur bei bewiesener akuter Gefährdung, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Bitte folgen Sie in der Praxis diesen fünf Schritten bei Kindesgefährdung:1. Fragen Sie das Kind, wenn möglich, wie es zu den

Blutergüssen, der mangelnden Hygiene oder seinenReaktionen gekommen ist. Mit einer guten Ver-trauensbasis können Sie hier Informationen sammeln und den Kindern in einem sicheren Rahmen Entlastung ermöglichen.

2. Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen detailliertund holen Sie sich, wenn möglich, eine zweite Meinung eines/einer KollegIn ein.

3. Sprechen Sie die Eltern auf Ihre Beobachtung an und achten Sie auf deren Reaktionen.

4. Melden Sie Ihren Verdacht dem Amt für Jugend und Familie in Ihrer Nähe. Bei eindeutiger Gewaltund akuter Gefährdung des Kindes sollten die Sicherheitsbehörden (Polizei) verständigt werden.

5. Nehmen Sie das Thema in die nächste Super-vision mit und teilen sie Ihre Gedanken mit KollegInnen.

Selbstverständlich sind die hier genannten Merkmalestets im Kontext von Situationen zu sehen. Elternteile, die vor Ihren Augen einmalig wenig Interesse an ihremKind zeigen, sind natürlich nicht automatisch als poten-zielle MisshandlerInnen anzusehen. Marcel hatte dasGlück, dass die Physiotherapeutin seines Bruders richtigreagiert hat und ihre Meldung beim Jugendamt einge-bracht hat. Die zuständige Sozialarbeiterin hat die Familieein Jahr lang begleitet und die Eltern entlastet. Marcelund sein Bruder können nun wieder zu Hause leben undsich in ihrer Kindheit entfalten, da sie sich zu Hause wieder sicher fühlen.◼

Mag. Sandra Krempl-SpörkStudium Sozialarbeit, Trainerin undsystemischer Coach mit Schwer-punkt Familiensysteme und Gewalt-erfahrungen, Supervisorin

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COURAGE Mag. Sandra Krempl-Spörk

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

Was bei der Physiotherapie von Kindern mit Inkontinenz alles in die Hose gehen kann und wie gerade diese wunderbare Herausforderung uns womöglich zu einem besseren Menschen werden lässt.

Aller Anfang ist schwer Inkontinenz bei Kindern

Das Thema Inkontinenz bei Kindern ist nach wie vor einBereich, der gewisse Berührungsängste mit sich bringt.Doch liegt gerade auch in diesem sehr intimen, nichtkonkret planbaren Therapiesetting die Möglichkeit, sichselbst und die eigenen Methoden weiterzuentwickeln,starre Muster abzulegen und gegebenenfalls auch etwasmehr Gelassenheit und Humor in den Therapiealltag ein-fließen zu lassen. Inkontinenz bei Erwachsenen zu be-handeln ist die eine Sache – die von Kindern eine völligandere. Meine Erfahrungen möchte ich anhand meinerallerersten pädiatrischen Therapiesitzung mit einemsechsjährigen Patienten veranschaulichen.

Neben einer Enkopresis (willkürliche und unwillkürlicheStuhlentleerung an ungeeigneten Orten bei Kindern abvier Jahren, bei denen organische Ursachen ausgeschlos-sen werden können) beschrieb die Mutter eine Entwick-lungsverzögerung sowie eine Aufmerksamkeits- undHyperaktivitätsstörung. Im Falle meines Patienten äußerte sich die Stuhlinkontinenz im Alltag: Er entleertemehrmals täglich seinen Stuhl im Kindergarten und zuHause in die Unterhose. Durch die Geruchsbelästigungwurde er von anderen Kindern im Kindergarten gemieden. Die soziale Situation war für den sechs-jährigen Jungen außerdem von einer sehr konflikt-beladenen Trennung seiner Eltern geprägt. Er wurde psychologisch betreut.

Phasenweise konnte sich mein Patient einige Tage garnicht entleeren, was wiederum eine Obstipation nachsich zog: Regelmäßige Einläufe waren an der Tagesord-nung. Die behandelnde Ärztin empfahl Toilettentraining:Es wurde vorgegeben, zehn Minuten nach jedem Essendie Toilette aufzusuchen und den Jungen, wenn er Stuhlabsetzt, eine Belohnung zukommen zu lassen. Diesbrachte keine Erfolge. Medikamentöse Therapie erfolgtekeine.

AmbitionenZum Zeitpunkt, als dieser junge Patient bei mir vorstelligwurde, hatte er noch kein einziges Mal seinen Stuhl indie Toilette abgegeben. Genährt von jeder Menge Fach-wissen, wollte ich dem Jungen in unserer ersten Einheitanhand von kindgerechter Literatur spielerisch die Abläufe der Defäkation näherbringen, um dann praktischzu meinen Programmpunkten Körperschema- und Aufmerksamkeitsübungen überzugehen. Ich merkte rechtschnell, dass ich mir meinen Therapieplan in die Haareschmieren konnte. Jemandem die Anatomie zu veran-schaulichen, der keine zwei Minuten still sitzen kann?Wahrnehmungsübungen, wenn jemand gerade überhauptkeine Lust auf Körperwahrnehmen hat – ganz gleich, wie spielerisch ich meine Intentionen auch zu verpackenversuchte? Ich war frustriert.

»ICH MERKTE RECHT

SCHNELL, DASS ICH MIR

MEINEN THERAPIEPLAN

IN DIE HAARE

SCHMIEREN KONNTE.«

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ERFAHRUNGSBERICHT Bettina Maria Kriegl

Nach diesem katastrophalen ersten Aufeinandertreffennahm ich ganz geknickt Kontakt zu meiner damaligenKursleiterin Astrid Landmesser auf. Sie erklärte mir, dassich mit meinen physiotherapeutischen Ideen auf dem richtigen Weg sei und bestärkte mich darin, meine Bestre-bungen beizubehalten, nur die Rahmenbedingungen auf-zulockern. Ich musste lernen, mich selbst nicht mit zustrengen Therapiezielen unter Druck zu setzen, Geduld zu haben mit meinem Patienten – und mit mir. Ich be-gann, den Jungen als jemanden zu sehen, von dem ich lernen konnte und versuchte nicht mehr, ihm meineMethoden aufzuzwingen.

Die Therapie veränderte sich innerhalb der nächsten Einheiten ganz erheblich. Ich lernte, seine Interessen indie Therapie einzubauen, experimentierte mit einfachenMaterialien und achtete darauf, das Thema rund um sein Stuhlverhalten nebenbei und sehr spielerisch zu integrieren.

Die Mutter meines Patienten wirkte sehr engagiert undzeichnete sich durch eine hervorragende Compliance aus,wenn es um die Integration der Aufträge in den Alltagging. Sie las ihm Geschichten vor, ging vor jeder Therapie-einheit bei mir mit ihm in den Wald, der Fernsehkonsumwurde eingestellt. Ich riet zu einer Ernährungsberatung.Nur durch die Reduktion von Zucker schien sich bei ihmschon viel zu verändern. Im Alltag wurde mein Patient lautseiner Mutter allmählich ruhiger und viel konzentrierter.Das Vertrauen zwischen uns dreien war der optimaleNährboden für alle weiteren Übungen rund um seine Atmung und Entspannung, die nun auch möglich waren.Nach insgesamt fünf Monaten Therapie rief mich die Mutter an und erzählte mir von unserem Erfolg: dem ersten Stuhlgang auf der Toilette.

Heute ist mir bewusst, dass Intuition, Flexibilität, Mut und ein interdisziplinärer Zugang in der Betreuung von inkontinenten Kindern eine große Rolle spielen. Sie müssen in unsere therapeutischen Ziele einfließendürfen.◼

Bettina Maria KrieglPhysiotherapeutin mit den Schwerpunkten Gynäkologie, Urologie, Proktologie, Lehrende ander FH Klagenfurt, Sozialpädagogin

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

Mag. Marianne López SánchezPhysiotherapeutin, Kinderphysiotherapie LOPEZ

Neue Chancen für die Neurorehabilitation? Selektive und perkutane Multilevel-Myotenofasciotomie durch Nazarov

PRAXISBERICHT Mag. Marianne López Sánchez

Ein Konzept rückt die multiprofessionelle und inter-nationale Zusammenarbeit bei der Behandlung kindlicherBewegungsstörungen ins Zentrum.

Kindliche Bewegungsstörungen unterschiedlicher Genese (z. B. infantile Zerebralparese, idiopathischerSpitzfuß, Plexusparese) bedeuten pathologische Bewe-gungskoordination und -entwicklung. Charakteristischsind dystrophe Veränderungen des faszialen Systems,sogenannte »Retraktionen«. Die Kinder erleiden massiveSekundär- und Tertiärveränderungen des Stütz- und Be-wegungsapparates. Die Behandlungsansätze umfassenkonservative und operative Methoden. Die Ergebnissesind nicht immer zufriedenstellend. Die selektive undperkutane Multilevel-Myotenofasciotomie stellt einesanfte, absolut gezielte Möglichkeit dar, PatientInnen von multiplen Retraktionen in allen funktionellen Faszien-linien zu befreien. Durchgeführt wird diese Operationvom Arzt Igor Nazarov und seinem Team CINAMED inBarcelona. Ein wesentlicher Aspekt der Behandlung istdie individuelle Versorgung der Betroffenen mit den variabel adaptierbaren Orthesensystemen nach POHLIG,die auf die individuellen postoperativen Bedürfnisse derPatientInnen reagieren. Fehlende koordinative und mus-kuläre Funktionen sowie Sekundärveränderungen wieGelenksinstabilitäten werden postoperativ durch dieseinnovative Orthesentherapie kompensiert und gelenkt. Postoperativ können freie Gelenksbeweglichkeit, Span-nungsreduktion des gesamten Systems, freie Entfaltungdes Muskelapparates sowie ein erleichterter Zugriff zuphysiologischeren Koordinationskomplexen beobachtetwerden. Ein detailliertes physiotherapeutisches Nach-behandlungsschema nach der OP ist vorgegeben. Wesentlicher Bestandteil ist dabei die Konzentration auf neurophysiologische Reedukation: Ungünstige, pathologische Bewegungsmuster sollen durch den Einsatz physiologischer Muster ersetzt und in die Alltags-motorik übernommen werden. Positive Veränderungenim Bewegungsverhalten sind über Jahre beobachtbar. Eine Annäherung an die physiologische motorische Ontogenese ist möglich.

Die selektive und perkutane Myotenofasciotomie stellteine effiziente Methode dar, PatientInnen mit Bewe-gungsstörungen auf schonende Weise von Kontrakturenzu befreien. Durch eine gezielte, multiprofessionelle Neurorehabilitation, an der ChirurgIn, Orthopädietechni-kerIn und PhysiotherapeutIn beteiligt sind, können PatientInnen nachhaltig auf ein qualitativ-quantitativ höheres Funktionsniveau gehoben werden. Eine ökono-mische Alltagsbewältigung sowie die Limitierung von Folgekomplikationen sind gesichert. Die Erkenntnissewurden auch beim internationalen Symposium mit inter-disziplinärem Charakter zum Thema »FOCUS Neuro-orthopädie – Mobilität bei infantiler Zerebralparese« 2015 vorgestellt.◼

LITERATUR

Nazarov, I. (2015). Selektive undperkutane Myotenofasciotomie.Abstractband Focus Neuro-orthopädie, Graz.

López Sánchez, M (2015). Selektive und perkutane Myotenofasciotomie, Chance für die Neurorehabilitation, Abstractband Focus Neuro-orthopädie, Graz.

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22 physioaustria inform Juni 2017

Neuerscheinungenin der Bibliothek von Physio Austria

Ebelt-Paprotny, G. & Taxhet, G. & Wappelhorst, U. (Hrsg.) (2017)Leitfaden PhysiotherapieMünchen: Elsevier Urban & Fischer

Wagner, A. & Mühlenhoff, S. (2017)Krafttraining im Radsport. Methoden und Übungen zur Leistungssteigerung und PräventionMünchen: Elsevier Urban & Fischer

Zalpour, C. (2017)Lernkarten Physiologie für die PhysiotherapieMünchen: Elsevier Urban & Fischer(Beachten Sie bitte den Online-Hinweis zum Erratum unter shop.elsevier.de)

Bestellmöglichkeit via [email protected]

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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physioaustria inform Dezember 2017 23

Förderung körperlicherAktivitäten bei Kindern Gesundheitspolitik auf europäischer EbeneDie Europäische Aktionsplattform für Ernährung, körperliche Bewegung und Gesundheit ist ein Forum für verschiedenste Organi-sationen auf europäischer Ebene. Ihr gehören Unternehmen der Lebensmittelindustrie ebenso wie NGOs an, die im Verbraucherschutztätig sind und sich mit den aktuellen Trends im Bereich Ernährung und Bewegung befassen.

Die Plattform soll als Anregung für nationale, regionale und lokale Initiativen in ganz Europa dienen. Als Mitglied dieser Plattform bringt der ER-WCPT als Dachverband der europäischen Physiotherapieverbände Agenden und Themender Physiotherapie zum Thema ein. Um zu den Bemühungen der Europäischen Kommission, Übergewicht und Adipositas durch Förderung körperlicher Aktivität bei Kindern zu verhindern und zu bekämpfen, beizutragen, hat der ER-WCPT am 30. November ein Dokument mit dem Titel »Promoting Physical Activity in Children, the Role of Physiotherapists« vorgestellt. Das Dokument enthält Informationen und Ressourcen für PhysiotherapeutInnen,Angehörige von Gesundheitsberufen, Interessengruppen, Mitgliedstaaten undlokale Behörden, um sie bei der Zusammenarbeit mit Regierungsstellen zu unterstützen.Neben den Empfehlungen zur körperlichen Aktivität und Informationen überderen Auswirkung auf die gesamte Lebensspanne enthält das Dokument auchHinweise, wie PhysiotherapeutInnen Programme für die Förderung körperlicherAktivität von Kindern in den Bereichen Prävention, Erhaltung, Förderung und Behandlung initiieren können. Weiters findet sich darin eine Datenbank mit Leitlinien für körperliche Aktivität oder gesundheitsfördernde Strategien, Aktionen und Kampagnen für Kinder – einschließlich Maßnahmen der ER-WCPT-Mitgliedsorganisation zur Förderung und Verbreitung körperlicher Betätigung für Kinder sowie EU-Politikdokumente oder von der WHO und der EU kofinanzierte Projekte.

Die Initiative soll zudem zur Bildung neuer Partnerschaften führen, um körperliche Aktivität mit den verschiedenen Akteuren der Plattform zu fördern.◼

Das Dokument ist online verfügbar:www.erwcpt.euNähere Informationen zur Plattform: ec.europa.eu/health/nutrition_physical_activity/platform_de

DiabetesstrategieDie österreichische Diabetes-Strategie, die im März dieses Jahres der Öffentlichkeitpräsentiert wurde, hat nun eine eigeneWebseite. Diese ist unter www.diabetesstrategie.at verfügbar.

Datenschutz-AnpassungsgesetzDas Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018wurde am 31. Juli 2017 verlautbart, erlangtallerdings erst mit 24. Mai 2018, wenn diebisherigen Standardanwendungen außerKraft treten, punktuelle Relevanz.Wir werden zeitgerecht und umfassend über die spezifisch für Physiothera-peutInnen relevanten Fragen der konkretenUmsetzung informieren.

SERIE GESUNDHEITSPOLITIK Mag. Nicole Muzar

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Update Umfrageergebnis DirektzugangIm Oktober fand die Umfrage zum ThemaDirektzugang unter den Mitgliedern vonPhysio Austria sowie Nichtmitgliedern statt.Aus 6.219 Kontakten konnten 2.065 Daten-sätze für eine Analyse generiert werden.Rund 95 Prozent der TeilnehmerInnen können sich vorstellen, Physiotherapie im Sinne einer Krankenbehandlung ohneVerordnung durchzuführen und rund 94 Prozent sind dafür, dass Physio Austriaweiterhin berufspolitisch in diese Richtung aktiv ist.

Mag. Nicole MuzarRessort BerufspolitikPhysio Austria

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24 physioaustria inform Dezember 2017

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

Kinderleicht versorgtHilfsmittel für Kinder

Seit wann sind Sie in der Hilfsmittelversorgung bei Kindern tätig?Nach meinem Lehrabschluss habe ich 1988 bei der Firma Kerkoc mit der Versorgung für Kinder begonnen. Seit 2003 arbeite ich bei der Firma bständig und habe dort die Kinderorthopädie mit aufgebaut. Heute verfügen wir über eine eigene Kinderabteilung in Wien.

Wie haben sich die Anforderungen verändert?Die Wünsche und Vorstellungen von ÄrztInnen, PhysiotherapeutInnen und Eltern werden höher.Manche Passteile, zum Beispiel Gelenksysteme, werdenheute auswärts angefertigt. Natürlich verändert sich auch die Technik, wodurch sich neue Möglichkeiten eröffnen. Die Zukunft geht in Richtung Digitalisierung, das sieht man derzeit beim Scannen und beim 3D-Print. Die Krankenkassen sind gefordert, mit den neuen Entwicklungen mitzugehen.

Welche Hilfsmittelversorgungen sind bei Kindern möglich?Wir fertigen diverse, individuell angepasste Schienen nachGipsabdruck, zum Beispiel mit dynamischen Gelenken, Orthesen, Korsetts, Rollstühle, Sitzversorgungen wie Sitzschalen, Schuhe und Liegebetten sowie Gehorthesen,Reha-Buggies und verschiedene Gehhilfen an.

Wie kommt ein Kind zu Hilfsmitteln?Im besten Fall wird das gewünschte Hilfsmittel im Team mit ArztIn, PhysiotherapeutIn, BetreuerIn und den Eltern besprochen und verordnet. Restkosten und Unter-stützungsmöglichkeiten werden abgeklärt. Ein Kosten-voranschlag wird bei der Krankenkasse zur Bewilligung eingereicht. Nach der finanziellen Abklärung beginnen wir mit der Versorgung.

Wie lange dauert es bis zur endgültigen Hilfsmittelübergabe?Das kommt auf die Krankenkasse und das Hilfsmittel an.Bestenfalls dauert die Versorgung eine bis vier Wochen, es kann aber auch bis zu ein Jahr sein. Das hängt auch vonder Restkostenabklärung ab. Sitzversorgungen brauchen vier bis acht Wochen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Versorgung der kleinen PatientInnen?Wegen des Wachstums sind häufiger Anpassungen erforderlich, hier bedarf es engmaschiger Kontrollen. Der Behelf sollte unkompliziert und kostengünstig – auch für den Kostenträger – adaptiert werden können. Bei denVersorgungen muss man zum Beispiel auf Druckstellen auf-passen und natürlich die Eltern miteinbeziehen. Es kommtvor, dass das verordnete Hilfsmittel nicht den Wünschen derEltern entspricht. Nach Rücksprache im Team mit ÄrztInnenund PhysiotherapeutInnen versuchen wir auch, dem gerechtzu werden. Letztlich muss die Versorgung das Kind in seinerEntwicklung und Selbstständigkeit fördern.

Der Kinderorthopädietechniker Gerhard Dauter steht Rede und Antwort.

»TIPP: GELENKE VOR

DER SCHIENENANLAGE

DURCHBEWEGEN.«

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INTERVIEW Eithne Sonnek, BSc.

Oftmals finden Versorgungen auch in Zusammenarbeit mitPhysiotherapeutInnen statt. Wie empfinden Sie diese? Wo gibt es interdisziplinäre Schnittstellen?Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr gut, wir probie-ren gemeinsam mit den PhysiotherapeutInnen vieles aus,wodurch man viel voneinander lernt. Ausprobieren machtSinn, man muss nur ein Ziel vor Augen haben. Wichtig ist dergegenseitige Respekt. Es sollte keine Hierarchie im Teamgeben, denn bei allen Beteiligten steht das Kind im Mittel-punkt. Schnittstellen gibt es vor allem in den Spitälern undAmbulatorien, zum Beispiel bei Teambegutachtungen bei orthopädischen Nachmittagen sowie im Austausch auf Symposien und Weiterbildungen.

Worauf sollten PhysiotherapeutInnen achten?Wichtig ist, die Nutzung des Hilfsmittels zu überprüfen undEltern gegebenenfalls erneut in das Handling einzuweisen.Auch das Wachstum des Kindes sollte beobachtet werden.Mein Tipp: Gelenke vor der Schienenanlage durchbewegen.

Können Sie uns exemplarisch die Versorgungsmöglichkeitenbei einem Kind mit Zerebralparese erklären?Wichtig sind Prophylaxe und Korrektur, um Operationen vorzubeugen und das Kind schmerzfrei zu bekommen. Mankann das Kind mit Schuhen und Nachtlagerungsorthesensowie Stehorthesen und Stehständern versorgen. Sitzver-sorgungen mit Rollstühlen, Sitzschalen und Korsetts sindweitere wichtige Optionen. Unser Ziel ist, wenn möglich, die Aufrichtung, aber nicht um jeden Preis.

Wann ist es Zeit für ein neues Hilfsmittel?Wenn Adaptierungen am vorhandenen Behelf aufgrund vonWachstum und anatomischen Veränderungen nicht mehrmöglich sind. Sitzschalen passen in der Regel eineinhalb bis zwei Jahre.◼

Eithne Sonnek, BSc.Seit 2015 Physiotherapeutin inden Bereichen Pädiatrie, Orthopä-die, Traumatologie und Geriatrie,Funktionärin bei Physio Austria

Gerhard Dauter, Teamleiter der Kinderorthopädietechnik bei der Firma bständig in Wien

Bständig Competence Center (BCC)Ranftlgasse 9, 1170 Wienwww.bständig.at

SÜSS Medizintechnik GmbHFuchsleiten 3, 4911 Tumeltsham

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Praktisch und bedürfnisorientiert Weshalb Tragen für Babys und Eltern so wichtig ist

Menschliche Säuglinge sind seit UrzeitenTraglinge. Nach neun Monaten voll Wärme,Bewegung und ständigem Kontakt zur Mutterist die Geburt eine große Veränderung für dasBaby. Babys haben auch nach der Geburt eingroßes Bedürfnis nach direktem Körperkon-takt und das Tragen »Körper an Körper« erfülltdieses intensive Bedürfnis des Babys nachWärme, Nähe und Geborgenheit. In der Praxishat man beobachtet, dass getragene Babyseine regelmäßigere Herzfrequenz haben alsKinder, die in einem Kinderwagen geschobenwerden: Der Rhythmus der mütterlichenSchritte und ihr regelmäßiger Herzschlag tragen dazu bei. Das fest gebundene Tuchoder eine geeignete Tragehilfe vermitteln das vertraute Gefühl von Enge, Geräuschewerden ähnlich wahrgenommen wie im Mutterleib. Der Herzschlag und der Geruchder Mutter tun ihr Übriges, um die elemen-tarsten Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen.Ein Kind im Kinderwagen muss hingegen ganz alleine mit unregelmäßigen Stößen und Vibrationen fertig werden, ohne die mütterliche Taktgeberin.

Das Tragen bietet dem Baby vielfältige Stimulation.Es vermittelt dem Kind starke taktile und vestibu-läre Reize. Durch die ständigen Bewegungen desTragenden werden Tiefensinne angesprochen:Gleichgewicht, Körpergefühl und Tiefensensibilität.Am kindlichen Körperbau weist vieles darauf hin,dass ein Menschenkind als Tragling geboren wird.Die Hüftpfannen sind nach vorne orientiert, dieBeine werden gespreizt und nach vorne oben angehockt. Durch diese Anhock-Spreiz-Haltungwird die Ausreifung der Hüften des Babys begüns-tigt. Sowohl am Moro- als auch am Greifreflex ist zu erkennen, dass Babys darauf angelegt sind,getragen zu werden.

Anhock-Spreiz-Haltung

Tragen entspricht den natürlichen Bedürfnissen des Babys und erleichtert Eltern den Alltag. Davon profitieren beide Seiten.

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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Was ist zu beachten?Das Tuch oder die Tragehilfe muss immer korrektgebunden bzw. die Tragehilfe angepasst werden,damit die Wirbelsäule des Babys ausreichend gestützt ist und sich die Hüfte in einer optimalen Position befindet. Die korrekte Anlegetechnik vonTuch oder Tragehilfe wird am besten bei einer Trageberatung erlernt. Es gibt verschiedene, demAlter und dem motorischen Entwicklungsschritt angepasste Trageweisen. Tragen ist vielfältig, be-dürfnisorientiert, praktisch und zeitgemäß. Auch fürdie Eltern hat das Tragen Vorteile: Durch die gleich-mäßige Verteilung des kindlichen Gewichts aufbeide Schultern wird eine aufrechte Haltung ohneAusgleichsbewegungen ermöglicht und Rücken-schmerzen vorgebeugt. Da der Schwerpunkt desBabys nahe am Körper ist, wird auch der Becken-boden der Mutter, die kürzlich entbunden hat, geschont. Beim Tragen des Babys am Arm oder inder Babyschale ist diese gleichmäßige Gewichts-verteilung nicht gegeben, es entsteht eine einseitigeBelastung von Hals- und Lendenwirbelsäule. Oft-mals werden durch den Druck des Babyschalen-bügels auch Nervenkompressionen am Unterarmverursacht. Durch das regelmäßige Tragen wird mit steigendem Gewicht des Babys auch die Rumpf-muskulatur der Eltern trainiert, wodurch eine Haltungsverbesserung erfolgen kann.◼

VERTRAUTHEIT Melanie Scharnreither, Cornelia Haidinger

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Melanie ScharnreitherPhysiotherapeutin seit 2003, Kepler Universitätsklinikum NeuromedCampus Linz, Bobath-Ausbildung, Weiterbildung in der Trageberatung (Zertifikat/Trageschule Österreich)

Cornelia HaidingerPhysiotherapeutin seit 2004, selbst-ständig in eigener Praxis in March-trenk, Bobath-Ausbildung,Weiterbildung in der Trageberatung(Zertifikat/Trageschule Österreich)

»DAS FEST GEBUNDENE TU

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ODER EINE GEEIGNETE

TRAGEHILFE VERMITTELN

DAS VERTRAUTE GEFÜHL V

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ENGE WIE IM MUTTERLEIB

Beim Tragen des Babys am Arm oder in der Babyschaleist keine gleichmäßige Gewichtsverteilung gegeben.

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Kindgerechte Physiotherapie bei Skoliose Wo und wie positioniere ich mich bei jungen LangzeitpatientInnen?

Fitnesssteigerung oder unspezifische »Bewegungs-therapie« haben keinen Erfolg in der Behandlung derSkoliose. Bei aller Euphorie zur Physiotherapie mussklar sein, dass diese nur bedingt in der Lage ist, bereitsentstandene strukturelle Abweichungen zu verbessern.Der Erfolg hängt von zahlreichen Faktoren, unter ande-rem vom Zeitpunkt des Behandlungsbeginnes und vom Ausprägungsgrad, ab. Skoliosen mit einem Cobb-Winkelvon unter 10 Grad können im Sinne einer prophylak-tischen Behandlung mit niedriger Therapiefrequenz und der Korrektur von ungünstigen Schlaf- und Alltags-körperpositionen behandelt werden. Entsprechend der Ausprägung steigert sich die Notwendigkeit für Pa-tientInnen, konsequent und skoliosespezifisch zu üben.Physiotherapie bei Skoliosen mit einer Achsenabwei-chung der Wirbelsäule mit einem Cobb-Winkel von 20bis 25 Grad kann im Idealfall die Progredienz stoppen.Bei derart ausgeprägten Skoliosen zielt die Behandlungin erster Linie auf eine dreidimensionale Korrektur derWirbelsäule, Stabilisation, Eigenwahrnehmung und muskuläres Durchhaltevermögen ab.

Genaueste Befundaufnahme, korrekte Indikations-stellung sowie befundgerechte Behandlung zählen zumSkoliosekonzept nach Katharina Schroth. Individuell erarbeitete Korrekturübungen werden für die eigen-ständige Durchführung mit dem Kind eingeübt. Allen anerkannten Skoliosekonzepten liegt die Idee der atemunterstützten Elongation und Derotation unter Berücksichtigung der Dreidimensionalität zugrunde. Die korrigierte Haltung sollte sich mittels Therapie soautomatisieren, dass sie unbewusst im Alltag eingesetztwird. Eine Integration von korrigiertem Bewegungsver-halten in die Aktivitäten des täglichen Lebens ist das erklärte Ziel, dem das Skoliosekonzept SEAS (ScientificExercises Approach to Scoliosis) folgt.

Vergleicht man den Zeit- und Trainingsaufwand junger SkoliosepatientInnen mit dem gleichaltriger SportlerInnen, dann eröffnet sich folgendes Bild:Beide trainieren im Optimalfall in einer guten TrainerIn-nen-AthletInnen- bzw. TherapeutInnen-PatientInnen-Situation konsequent mit optimal abgestimmten Trai-ningsbedingungen. Die Eltern sind geschätzte PartnerIn-nen auf diesem Weg. Die Motivation aller ist der Erfolg – eine messbare Leistung wird wertgeschätzt.Aber: Für SkoliosepatientInnen gibt es keine Pokale,keine evaluierbaren Verbesserungen, nur ein Lob beihalbjährlichen Kontrollen.

DIE Herausforderungen in der Langzeittherapie vonjungen PatientInnen mit idiopathischer Skolioselauten Compliance und Motivation.

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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»NEBEN DEM MOTIV

DER HEILUNG BESTEHEN

BIOLOGISCHE UND

SOZIOLOGISCHE

GRUNDBEDÜRFNISSE.«

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Kinder: besondere PatientInnenDie Skoliose-Korsettversorgung im Kindes und Jugend-alter stellt eine besondere Herausforderung bezüglichder unerlässlichen Therapietreue dar. Das Arbeiten aneiner positiven Körper- bzw. Eigenwahrnehmung ist wesentlicher Bestandteil der Behandlung. Die Schaffungmotivierender Therapiesituationen berücksichtigt meh-rere Handlungsebenen und verbindet psychologische,neurologische und evolutionsbiologische Sichtweisen.Neben dem Motiv der Heilung bestehen biologische undsoziologische Grundbedürfnisse. Kinder und Jugendlicheorientieren sich bei der Einschätzung von Handlungenan der Bewertung von Bezugspersonen. So spiegelt sichAngst, Unsicherheit, Gleichgültigkeit oder Aggressivitätsofort wider und diese Emotionen werden fatalerweisemit der zu übenden motorischen Bewegung verknüpft.Diese Sensibilität der Kinder verbietet es Physiothera-peutInnen nahezu, sowohl hinsichtlich der Mimik alsauch in Bezug auf die Körpersprache gedankenlos zuhandeln. Pädagogische Konzepte und Interventionenwie das Dialogisieren (Gesprächsführung), Modelling(Vorbildwirkung von PhysiotherapeutInnen), positivesVerstärken oder das Bewusstmachen von selektiverWahrnehmung können für die jungen PatientInnen genutzt werden. Der Motivationsprozess wird nach traditioneller Auslegung im Wesentlichen von zwei Komponenten bedingt: von der inneren (intrinsischenprimären) Motivation der Kinder und der (extrinsischensekundären) Situation der Therapie. Somit ist die posi-tive Einstellung der Familie unerlässlich. Sowohl über-fürsorgliches Verhalten als auch zu wenig Unterstützungwirken sich negativ aus. Zu frühe Verantwortung bedeu-tet Überforderung, zu viel Unterstützung im Gegensatzdazu Bevormundung.◼

UNBEUGSAM Dr. Petra Auner-Gröbl

KURSANKÜNDIGUNGEN

Idiopathische und neurogene Skoliose9. bis 10. Februar 2018Graz, FH Joanneum Dr. Petra Auner-Gröbl

Skoliose 4. bis 5. Oktober 2018Wien, Praxis für Physiotherapie Michaela Pressel

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Dr. Petra Auner-GröblPhysiotherapeutin, Lehrende an derFH Joanneum, Autorin, Dissertationzum Thema Skoliosebehandlung beiKindern

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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LITERATUR

Argenta, L. (2004). Clinical classification of positional plagio-cephaly. J. Craniofac. In: Surg,;15(3):368-372.

Kaplan, S.; Coulter, C.; Fetters, L.(2013). Physical Therapy Manage-ment of Congenital Muscular Torti-collis. An Evidence-Based ClinicalPractice Guideline. In: Pediatr Phys Ther., 25(3):348-394.

Öhman, A.; Beckung, E. (2008). Reference Values for Range of Motion and Muscle Function of the Neck in Infants. In: Pediatr Phys Ther., 20(1):53-58.

Upledger Institut Österreich| Sparbersbachg. 63 | 8010 Graz

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KURSANKÜNDIGUNG

Asymmetrische Haltungsmuster bei Säuglingen und Kleinkindern26. bis 27. April 2018Wien, Praxis für Physiotherapie Michaela Pressel

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Säuglinge mit SchiefhalsBei PhysiotherapeutInnen in besten Händen

Die klassischen Maßnahmen der Physio-therapie in der Pädiatrie sind erfolgreich und anderen Maßnahmen überlegen.

Für das Neugeborene mit Schiefhals wäre esgemäß der Leitlinien zur Behandlung des Con-genital Muscular Torticollis (CMT) ideal, wenn diePersonen, mit denen es in den ersten Lebenstagenin Kontakt kommt, die Frühsymptome eines drohenden CMT erkennen können. Die Familie sollnoch vor dem vollendeten ersten Lebensmonat miteiner Physiotherapeutin/einem Physiotherapeutenbekannt gemacht werden. (Kaplan et al.).

98 Prozent der Neugeborenen, die vor ihrem erstenLebensmonat physiotherapeutisch behandelt wer-den, erreichen innerhalb von eineinhalb Monateneinen annähernd normalen Bewegungsumfang derHalswirbelsäule. Wird nach dem ersten Lebens-monat begonnen, steigt die Behandlungsdauer aufsechs Monate und bei einem Behandlungsbeginnnach dem sechsten Lebensmonat auf neun biszehn Monate bei gleichzeitig sinkender Wahr-scheinlichkeit, eine normale, volle Beweglichkeit zuerlangen. Eltern profitieren von einer Frühbehand-lung, weil sie bei ihrem jungen – noch nicht mobi-len – Säugling die zahlreichen non-invasiventherapeutischen Maßnahmen leichter und nach-haltiger in den Alltag integrieren können als beieinem drei bis sechs Monate alten Säugling, derbereits Lagewechsel schafft oder sich sogar schonfortbewegt. Gemäß der Congenital Muscular Torti-collis Clinical Practice Guidelines (CPG) sollen zumBeispiel Hebammen, ÄrztInnen oder Pflegefachper-sonen das Neugeborene einem Kinderarzt/einerKinderärztin und PhysiotherapeutInnen im BereichPädiatrie zuweisen, sobald eine Gesichtsasymme-trie, eine Schädelasymmetrie, eine Bevorzugungeiner Position, eine Bewegungseinschränkungender Halswirbelsäule oder eine Verdickung des M. Sternocleidomastoideus beobachtet wird.

Empfohlene Assessments zur Untersuchung und Dokumentation des Behandlungsverlaufs Beispiele für die Untersuchung auf Körperstruktur-und Funktionsebene:

° Argenta Scale zur Quantifizierung von Kraniofazialen Asymmetrien (Argenta)

° Arthrodial Protractor zur Quantifizierung der bilateralen passiven und aktiven Lateral-flexion und Rotation der Halswirbelsäule(Öhman et al.)

° Muskelfunktionsskala nach Öhman zur Feststellung der Kraft der cervikalen Lateralflexoren (Öhman et al.)

Die Symmetrie der Körperhaltung, die Toleranz des Kindes in Ruhe-, Bauchlage und Sitz sowie daspassive und aktive Bewegungsausmaß von Rumpfund Extremitäten werden mittels Beobachtung,passivem Bewegen und Anamnese beurteilt.

Beispiele für die Untersuchung auf Aktivitäts- und PartizipationsebeneZur Feststellung des Entwicklungsstandes wird die Alberta Infant Motor Scale empfohlen. Wichtig sind auch Antworten der Eltern auf Fragenwie: Werden die Seiten beim Füttern gewechselt?Wie ist die Schlafposition? Wie viel Zeit verbringtder Säugling in Bauchlage, wie viel Zeit in Gerätenwie der Wippe?

Empfohlene »First Choice Interventions«Moderate Evidenz liegt für die Behandlung folgender fünf Komponenten vor:

° passive Beweglichkeit des Nackens:Evidenz für Stretching mit unterschiedlichenIntensitäten von 1 bis 30 Sekunden liegt vor.Bezüglich Repetition gibt es eine Tendenz,dass häufige auf den Tag verteilte Dehnungenzu einer schnelleren Symptomreduktion füh-ren. Die Autoren empfehlen niedrig dosierte,anhaltende, schmerzfreie Dehnungen, die gestoppt werden sollen, sobald der Säuglingdagegenspannt.

° aktive Beweglichkeit des Nackens und Rumpfes

° Entwicklung symmetrischer Bewegungen

° Adaptation der Umgebung

° Instruktion der Eltern/Bezugspersonen

Schwache Evidenz gibt es zur Anwendung vonTape. Keine Evidenz gibt es für die Wirksamkeit von Manualtherapie. Die Autoren der Guidelineempfehlen diese Maßnahme nicht. Keine wissen-schaftliche Literatur liegt für Craniosacral-Therapiebei CMT vor. Die CPG formulieren insgesamt 16»Action Statements«, die alle hochrelevant für dieLebensqualität der betroffenen Familien sind. DieCPG sind eine wertvolle Ressource für die physio-therapeutische Praxis. Wir sollten aktiv dazu beitra-gen, diese auch in Österreich zu implementieren.◼

EMPFEHLUNGEN Christa Timmerer-Nash

Christa Timmerer-NashPhysiotherapeutin, Mitglied desfachlichen Netzwerks Pädiatrie von Physio Austria, Vertretung von Physio Austria in der Öster-reichischen Liga für Kinder und Jugendgesundheit

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Gemeinsam in die Zukunft Ein Einblick in die erste Kinderrehabilitation Österreichs

Angeborene und erworbene Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können bei unzu-reichender Behandlung die Selbstständigkeit,Selbstbestimmtheit sowie die Inklusion derKinder beeinträchtigen und sich dadurch aufihre Lebensqualität auswirken. Aus diesemGrund ist eine interdisziplinäre Rehabilitation,in welcher auf die Bedürfnisse der Kinder undihrer Eltern eingegangen wird, von Anfang ansehr wichtig. Die Klinik Judendorf-Straßengel nahe bei Grazwählte Kinder-Rehabilitation als einen ihrerSchwerpunkte und zählt damit zu einer derinnovativsten Kliniken des Landes.

Bereits bei der Aufnahme versuchen die Mit-arbeiterInnen der Klinik, die Lebensumständeder kleinen PatientInnen kennenzulernen undgemeinsam mit ihren Eltern ein alltagsrele-vantes Ziel zu definieren, welches ihre Selbst-ständigkeit, Selbstbestimmtheit und dieInklusion fördert und unterstützt. Im interdis-ziplinären Team wird dafür gesorgt, dass dienotwendigen Maßnahmen eingeleitet werden,um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen.

Zum Lernen brauchen Kinder eine wohltuende Atmosphäre, Motivation und Spaß an der Aktivität.Sie sollen motiviert werden, neue Bewegungser-fahrung zu machen, ihren Körper bewusst wahrzu-nehmen und dabei ihre Muskeln zu kräftigen unddie Propriozeption zu steigern. Ein abwechslungs-reiches, interdisziplinäres Therapieprogramm bietet ein großes Repertoire an motorischen, sensorischen und kognitiven Reizen, welches demKind helfen soll, an sein Ziel zu kommen.

Während des Rehabilitationsaufenthalts in der Klinik Judendorf-Straßengel wird täglich ein indivi-duell angepasster Therapieplan für das Kind erstellt. Neben fachärztlicher Betreuung, kind-gerechter Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädieund Psychologie bietet die Klinik auch rehabilitativePflege, medizinische Trainingstherapie, physika-lische Therapie und Diätologie. Eine enge Zusam-menarbeit mit der Orthopädie- und Rehabilitations-technik ermöglicht individuelle Anpassung dernötigen Hilfsmittel und Heilbehelfe. Die Klinik zähltmit dem Kinderlokomaten und einem eigens ent-wickelten Babylokomaten zu den Vorreitern im Bereich der physiologischen Gangerfahrung. Darüber hinaus werden computerunterstützte Therapien für Schulter, Arm- und Handrehabilita-tion sowie das Gleichgewicht angeboten. Durchdie hausinterne Schule bekommen schulpflichtigeKinder während ihres Rehabilitationsaufenthaltstäglich individuellen Unterricht, welcher die schuli-sche Wiedereingliederung nach dem Aufenthalt erleichtert.

Im steirischen Judendorf-Straßengel befindet sich eine Klinik mit dem Schwerpunkt Kinder-Rehabilitation. Es handelt sich um die erste Einrichtung dieser Art im Land.

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

32 physioaustria inform Dezember 2017

»DURCH DIE HAUSINTERNE

SCHULE BEKOMMEN

SCHULPFLICHTIGE KINDER

WÄHREND IHRES AUFENTH

ALTS

TÄGLICH INDIVIDUELLEN

UNTERRICHT.«

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Ein großes Anliegen ist der interdisziplinäre Aus-tausch, weshalb wöchentlich zwei Teamsitzungenstattfinden, in welchen der Therapieerfolg kontrol-liert und die Situation der kleinen PatientInnen imTeam besprochen werden.

Die Eltern stehen gemeinsam mit ihrem Kind im Mittelpunkt der Rehabilitation. Es ist ein Anliegender Klinik, Eltern von Anfang an in die Therapienihrer Kinder miteinzubinden und ihnen zu zeigen,wie sie mit einfachen Mitteln die Entwicklung ihresKindes zuhause fördern können. Durch ein individu-ell angepasstes Heimprogramm und ein Abschluss-video nehmen sich die Kinder und ihre Eltern einWerkzeug mit nach Hause, welches sie im Alltag unterstützen soll. ◼

INNOVATIV Nadine Gulyas, BSc.

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Nadine Gulyas, BSc.Physiotherapeutin in der KlinikJudendorf-Straßengel, Kinder-Bobath-Therapeutin

Informationsdetails

Die Klinik Judendorf-Straßengel ist eine Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche mit mobilisierendem Schwerpunkt in Österreich/Versorgungszone Süd. Zu uns kommen junge PatientInnen mit Erkrankungen aus den folgenden Bereichen:

° Neurologie ° Kinderchirurgie

° Orthopädie ° Neurochirurgie

° Neuroorthopädie ° Onkologie

° Rheumatologie

Rehaplan Im aktuellen Kinderrehaplan des Hauptverbands der öster-reichischen Sozialversicherungsträger ist der Bedarf an Kinder-Rehabilitationszentren für ganz Österreich in vier Versorgungszonenmit elf Indikationsgruppen und insgesamt 343 Betten für Kinder und Jugendliche (zuzüglich 50 Betten für Angehörige) vorgesehen.www.hauptverband.at

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Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

»DIE THERAPIE IST V

OM

ZUSAMMENSPIEL ZWI

SCHEN DER

KINDLICHEN PSYCHE,

DEM KÖRPER

UND DEM >SYSTEM F

AMILIE<

GEPRÄGT.«

34 physioaustria inform Dezember 2017

LITERATUR

Hanne-Behnke, G. (2001). Klinischorientierte Psychomotorik. Kompe-tenzerwerb durch Spiel. München:Pflaum Verlag.

Zimmer, R. (2012). Handbuch derPsychomotorik: Theorie und Praxisder psychomotorischen Förderung.Freiburg: Herder Verlag.

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Klinisch orientierte PsychomotorikEin komplexer interdisziplinärer Behandlungsansatz

Der Begriff Psychomotorik spiegelt die Inter-aktion von Emotionen, Wahrnehmung, Den-ken und Bewegung wider, Voraussetzungenfür menschliches Handeln.

Basierend auf den Ideen des deutschen Sportpäda-gogen Ernst J. Kiphard entwickelte sich die Psycho-motorik ab etwa dem Anfang des 20. Jahrhundertsin mehreren europäischen Ländern parallel. Damals neue Erkenntnisse über den Einfluss musi-kalischer Rhythmen auf Bewegungskoordinationund psychisch-kognitive Fähigkeiten nach FrancoisDelsarte wurden ebenso in das Konzept integriertwie die Entwicklungspsychologie von Jean Piaget.Begründet auf Evidenz aus Psychologie, Neurologie,Neuropsychologie, Soziologie und Pädagogik wirddie klinisch orientierte Psychomotorik (KOPM) vornehmlich therapeutisch eingesetzt. Im Fokusder Behandlung sind Kinder mit umschriebenenEntwicklungsstörungen motorischer Funktionen,Aufmerksamkeitsstörungen mit/ohne Hyperakti-vität, Verhaltens- oder Wahrnehmungsstörungenbzw. körperlich-mentalen Behinderungen. Die Prinzipien können aber auch bei Erwachsenen Verwendung finden. Die KOPM-Behandlung findetim Einzel- oder Gruppensetting statt und kann mitihrem ganzheitlichen Ansatz auch zur Präventionangewandt werden. Dabei können die kreativenStärken des behandelten Menschen sowie einevertrauensvolle therapeutische Beziehung im Vor-dergrund stehen. Auf der Basis einer entwicklungs-orientierten Sichtweise über neue Bewegungs-,Wahrnehmungs- und Handlungsstrategien wirddazu beigetragen, dass ein verändertes Erleben ermöglicht ist.

Die Therapie ist vom Zusammenspiel zwischen derkindlichen Psyche, dem Körper und dem »SystemFamilie« geprägt. Ausgehend von vorhandenenRessourcen liegt das Augenmerk der Therapie aufder Entfaltung und Entwicklung des Kindes. Ziel derPsychomotorik ist zum einen die Entwicklung derPersönlichkeit oder »Ich-Kompetenz« – ermöglichtdurch die Förderung der kindlichen Selbstwahr-nehmung, seines Selbstbewusstseins und seiner Eigenwirksamkeit. Die kommunikative und spieleri-sche Interaktion mit der Therapeutin/dem Thera-peuten und anderen Kindern zielt darauf ab, die»Sozialkompetenz« des Kindes zu erweitern und die Wahrnehmung eigener und fremder Gefühle,Bedürfnisse und Grenzen zu schärfen.

Dazu gehören auch die Spannungsfelder Nähe –Distanz oder Konkurrenz – Kooperation. Das Zielder »Sachkompetenz« beinhaltet den adäquatenUmgang mit Materialien in der Auseinandersetzungmit der eigenen körperlichen Bewegung. Dazu ge-hören »klassische« psychomotorische Materialienwie Pedalo, Schwungtuch, Trampolin oder Rollbrett,aber auch Therapie- und Alltagsmaterialien oderphysikalische Gesetzmäßigkeiten wie Flieh- undSchwerkraft oder Gleichgewicht. Aus all dem kanndas Kind in seinem Spiel eine »Sinn-Kompetenz«entwickeln, die ein Repertoire zur Bewältigung sei-nes täglichen Lebens darstellt.

Die KOPM-Diagnostik erfolgt anhand der Anam-nese, beobachtungsbasierter Bewegungserfassungsowie motometrischer Verfahren und diagnosti-scher Inventare. Untersucht werden neben Selbst-ständigkeit, Verhalten, Emotionen und Sprache diegrob-, fein- und visuomotorische Koordination, Graphomotorik, vestibuläre, taktil-kinästhetische,visuell-räumliche, auditive, olfaktorische und gusta-torische Perzeption, das Gleichgewicht, der Mus-keltonus sowie neuropsychologische Leistungenwie Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Handlungsplanung. Im Mittelpunkt der Thera-pie steht der spielerische Dialog mit der Therapeu-tin/dem Therapeuten, anderen Kindern und derUmwelt. Der Prozess des Spiels ist selbstmotiviertund spontan und ermöglicht das Lösen praktischerund symbolischer Probleme. Bewegungskoordina-tion bezieht rhythmische Elemente in Bewegungs-abfolgen sowie Musik oder Perkussionsinstrumenteein. Materialien zum Klettern, Hüpfen, Hängen, Rollen, Schwingen, Balancieren, Bauen, Spürenetc. sind Teil der KOPM-Therapie. Zwischen-menschliche, Körper- und Materialerfahrungen ermöglichen eine Förderung der motorischen, psychisch-emotionalen, kognitiven und sozialenEntwicklung des Kindes.◼

ZUSAMMENSPIEL Barbara Seebacher, MSc

Barbara Seebacher, MScPhysiotherapeutin, Lehrende an der FHG Innsbruck, PhD-Defensio in Physiotherapie an der UniversitätBrighton Dezember 2017, Mitglied des fachlichen Netzwerks Neurologie

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Spielend lernenKindgerechte Bewegungstherapie bei Knicksenkfuß

Bei gut einem Drittel der Kinder in Österreich wird einKnicksenkfuß diagnostiziert. Vielfach wird die Meinungvertreten, ein Knicksenkfuß wächst sich zwischen demsiebten und zehnten Lebensjahr aus und eine Therapiewird nicht empfohlen. Unserer Erfahrung nach sollte einKnicksenkfuß dann behandelt werden, wenn bei norma-len Bewegungsabläufen keine spontane Aufrichtung desFersenbeines möglich ist, wie zum Beispiel beim Zehen-ballenstand und bei Gleichgewichtsreaktionen. Wirempfehlen hier einen Therapiestart ab dem vierten Lebensjahr. Die Therapie ist gleichzeitig eine Präventionfür eventuell später auftretende Überlastungs-pathologien.

Eine häufige Diagnosestellung bei Kindern, die zu uns indie Praxis kommen, ist ein Knicksenkfuß in Kombinationmit einer Innenrotationsfehlstellung der Oberschenkel,einem ventral gekippten Becken und einer stärker ausgeprägten Lordose der Lendenwirbelsäule. Alle Gelenkstrukturen der unteren Extremität sind meistausreichend beweglich und schmerzfrei. Einzig im Hüft-gelenk findet sich häufig eine mangelnde Extension.

Kindgerechtes Befunden: begreifen, verstehen, erlebenUnser Fokus ist es, stärken- und potenzialorientiert zuarbeiten und nicht die Defizite zu betonen. Eine sensibleBefundung ist daher von großer Bedeutung. Wir wollenmöglichst spielerisch herausfinden, was die Kinder alleskönnen und uns an das herantasten, wo unsere Unter-stützung gebraucht wird. Es gibt vorerst kein Richtigund kein Falsch, es gibt einfach nur Möglichkeiten. So vermeidet man Frustration und das Gefühl, »nicht in Ordnung« zu sein.

Während des Befundens und Spielens wird mit demKind gemeinsam herausgefunden, ob sich zum Beispieldurch die Bewegung des Beckens eine neue Ausrich-tung der Beinachse bis nach unten zu den Füßen beob-achten lässt. Klebepunkte erleichtern das Beobachtenund gemeinsame Spielideen wie »Schaufensterpuppeeinrichten« oder »Bildhauer sein« das Experimentieren.Richtet sich das Fersenbein auf, wenn das Becken dorsal bewegt wird? Bleibt der Großzehenballen dabeiam Boden liegen? Oder tritt dieser Effekt erst ein, wennder Oberschenkel durch eine leichte Außenrotation gerade eingestellt wird?

Für die Behandlung ist der Spagat zwischen fokus-sierter Therapie UND Spaß und Spiel notwendig. Erfahrungsschätze aus der Praxis

Themenschwerpunkt Kinder und Physiotherapie

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»SPIELEN IST LERNEN.

LERNEN IST EMOTIONS-

UND BEZIEHUNGS-

ABHÄNGIG.«

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Kindgerechte Physiotherapie: entdecken, spüren, forschenWir üben und lernen in der Therapie unzählige verschie-dene oder leicht abgewandelte Varianten. Fehler undBlödeleien der Kinder werden als neue Möglichkeit auf-gegriffen und in die gewünschte Richtung transformiert.Wir versuchen, in einen Spielfluss zu kommen und dieAufmerksamkeit auf die therapeutische Interventionbeizubehalten. Spielen ist Lernen. Das Gehirn soll mög-lichst vielfältig angeregt werden, um wach zu bleiben.Dadurch werden die täglich neu entstehenden Neuro-nen differenziert vernetzt und gehen nicht zugrunde.Reines Wiederholen von Bewegungsabläufen nutzt ehernur die bereits eingeschliffenen Bahnen.

Wir basteln Füße aus PlayMais oder Knetmasse, wirmalen die Füße an oder umranden sie einfach auf Papier, wir schneiden gemalte Fußumrisse aus und kleben die Füße dann als Parkour auf den Boden. DieFüße werden mit bunten Punkten versehen oder mitStempeln, mit Zahlen oder Buchstaben, genau an denStellen, wo mehr oder weniger Kontakt zum Boden seinsoll. Jedes Mal kreieren wir miteinander eine kleineSpiellandschaft rund um das Thema Fuß und Beinachse.So entstehen Fußgesichter mit großen Nasen undAugen, Ninja-Training-Camps, Indianer-Anschleich-Streiche und vieles mehr. Auch die Sinne werden vonuns immer wieder miteinbezogen.

Vor allem dann, wenn wir merken, dass KinderSchwierigkeiten mit der Koordination und Konzentra-tion haben. Unser Ziel ist, etwas Neues bei unserenjungen PatientInnen zu verinnerlichen. Das brauchtZeit. Die Fortschritte sind oft nur sehr klein und dieErgebnisse lassen auf sich warten. Wesentlich ist füruns, dass ein Kind gerne zur Therapie kommt, nichtgedrängt wird und selbstbestimmt mitgestalten darf.Lernen ist emotions- und beziehungsabhängig. ImGehirn wird die Emotion immer gemeinsam mit derFunktion abgerufen – was gibt es Schöneres, als mitaufrechten und lachenden Füßen durchs Leben zugehen?◼

AUFRECHT Marie-Theres Holzinger, Martina Pannagl

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Marie-Theres HolzingerPhysiotherapeutin in der Praxis »Physiologisch«, Tänzerin, Spiraldynamik® Level Professional

Martina PannaglPhysiotherapeutin in der Praxis »Physiologisch«, Spiraldynamik® Level Professional

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Geplant mit Anfang 2018 soll auf der Physio Austria-Webseite im Bereich für Mitglieder eine Auswahl an Assessments als Download zur Verfügung gestellt werden. In Zusammenarbeit mit den ExpertInnen derfachlichen Netzwerke wird hierfür in einer Projekt-gruppe portionsweise das große Feld der für die Physio-therapie relevanten Messinstrumente nach validen,deutschsprachigen und frei zugänglichen sowie kosten-freien Assessments gescreent und exklusiv für den Gebrauch von Mitgliedern aufbereitet.

Die als passend identifizierten Assessments werden inmöglichst praktikabler Form präsentiert und im Rahmeneines mehrstufigen Such-Moduls in die Webseite inte-griert. Parallel zu diesen Entwicklungen wird die Artikel-serie »Assessments« praxisnäher ausgerichtet undschildert künftig Fallbeispiele inklusive des damit ein-hergehenden Einsatzes von Assessments. Diese sollensodann auch auf der Webseite zu finden sein.

Messinstrumente für den praxistauglichen Gebrauch Ein Mitgliederservice im Entstehungsprozess

Fokus Qualität

Die Nachfrage nach dem Angebot von Assessments für den Einsatz inder alltäglichen physiotherapeutischen Praxis steigt. Das liegt an derNotwendigkeit eines evidenzbasierten Arbeitens, an der spezifischenNachfrage durch Kostenträger und nicht zuletzt am Wunsch der Physio-therapeutInnen selbst. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, erweitert Physio Austria sein Serviceangebot für Mitglieder.

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EckpunkteDie International Classification of Functioning, Disabilityand Health ICF ist zentrales Element zur Orientierungbeim Einsatz von Assessments. Als sinnvoll zeigt sichdaher eine Kategorisierung nach Struktur und Funktionbzw. Aktivität und Partizipation sowie teilweise nach bestimmten Krankheitsbildern, wenn ein Assessmentkrankheitsspezifisch entwickelt wurde.

Weiters wird in der differenzierten Auseinandersetzung –im Sinne des physiotherapeutischen Prozesses – die Zielsetzung und Zielformulierung der Physiotherapie(nach SMART-Kriterien, d. h spezifisch, messbar, ange-messen erreichbar, realistisch/relevant und terminiert)Niederschlag finden. Denn Ziele und Assessments müssen gleichermaßen aktivitäts- oder funktions-bezogen sein.

Als weitere Aspekte bei der (Aus-)Wahl und Einteilungder Assessments sollen beispielsweise die jeweiligeMessgröße, der Fach- und mögliche Einsatzbereich(Hausbesuch, stationär, ambulant, Früh-/Spät-Reha), Erfordernisse an Material und Umgebung, die Dauersowie Informationen zu den Gütekriterien berücksichtigtwerden. Eine Schlagwortsuche soll ebenso möglich sein.

WeiterbildungsangeboteIm Seminarprogramm von Physio Austria wird bei deneinzelnen Weiterbildungsinhalten der konkrete Einsatzvon adäquaten Assessments stets weiterentwickelt.Zudem werden aufbauende Module für spezifische Inhalte zum Thema Assessment entwickelt. In den Seminaren soll auch der mögliche bzw. erforderliche»Vernetzungsgedanke« unter PhysiotherapeutInnen mitgegeben werden, da sich durch den Einsatz von Assessments das Erfordernis von spezifischen ExpertIn-nen zeigen kann, zu welchen in weiterer Folge weiter-verwiesen werde sollte.

Stets zeigen sich weitere Vorteile des Einsatzes von Assessments. So können Ziele konkret definiert, Maßnahmen evaluiert und somit Erfolge auch jenen PatientInnen, die mögliche (evtl. kleine) Fortschritte inder Therapie nicht wahrnehmen, aufgezeigt werden.◼

ASSESSMENTS Martina Sorge, MSc.

Assessments online

Für eine erste Online-Veröffentlichung werden folgende Assessments ins Auge gefasst:

BBS Berg Balance ScaleDASH Disabilities of the Arm,

Shoulder and HandFABQ Fear Avoidance Beliefs QuestionnaireNRS Numeric Rating ScaleODI Oswestry Disability Index PCS Pain Catastrophizing ScalePOMA Performance Oriented Mobility AssessmentPPT Physical Performance TestRMDQ Roland and Morris Disability

Questionnaire6MWT Six Minute Walk TestSTarT-G STarT Back Tool German VersionTUG Timed Up and GoVAS Visual Analog Scale

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Martina Sorge, MScRessort Berufspolitik Physio Austria

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Physio Studien

Die vorgestellte Arbeit gibt einen Überblick über die aktuell beste Evidenz zu derzeit gängigen Therapieformen für die fünf häufigsten Lokalisationen von muskuloskelettalem Schmerz. Dazu gehören Rücken-, Nacken-, Schulter- undKnieschmerz sowie Schmerz in verschiedenen Körperarealen (»Multi Site Pain«).

Hintergrund Muskuloskelettaler Schmerz ist weltweit einer derHauptgründe für körperliche Einschränkungen undeine gleichermaßen zunehmende Herausforderung für betroffene Personen sowie die behandelnden GesundheitsexpertInnen. Die Verlaufsprognose isthäufig ähnlich, ebenso die Schmerzcharakteristik unabhängig von der betroffenen Körperregion. Diese Arbeit basiert auf dem Hintergrund der Über-legung, dass der Effekt der jeweiligen Therapie ähnlich - unabhängig von der behandelten Körperregion – ist.

StudiendesignIn der vorliegenden Arbeit wurden systematische Reviews, qualitativ hochwertige Leitlinien, Meta-Analysen sowie randomisierte kontrollierte Studien(RCTs), welche bisher keine Abbildung in anderen Arbeiten gefunden hatten, in einer systematisch an-gelegten Übersichtsarbeit analysiert. Berücksichtigtwurden ausschließlich Publikationen aus dem eng-lischsprachigen Raum. Dabei wurden 146 Reviewseingeschlossen.

Babatunde OO, Jordan JL, Van der Windt DA, Hill JC, Foster NE, Protheroe J (2017) PLoS ONE12(6): e0178621.

: für Sie EINE AKTUEL

LE WISSENSCHAFTLICHE

STUDIE MIT ERLÄUTERNDE

M KOMMENTAR

Studiert und kommentiert Effective treatment options for musculoskeletal pain in primary care: A systematic overview of current evidence.

Links zur Publikation

Die Publikation ist frei zugänglich überwww.ncbi.nlm.nih.gov/pmcwww.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed

Eine Übersicht der Ergebnisse finden Sie unter journals.plos.org direkt über bit.ly/2zumDnx

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MUSKULOSKELLETALER SCHMERZ Constance Schlegl, MPH

Ergebnisse

° Höchste Evidenz für Bewegungstherapie/Training OUTCOME

Schmerz, Funktion, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit (Kurz- und Langzeiteffekte)

° Moderate bis hohe Evidenz für psychosoziale Interventionen OUTCOME

Schmerz, Funktion und Lebensqualität (Kurz- und Langzeiteffekte)

° Moderate Evidenz für Medikamentöse Therapie – Cortisoninjektionen an Knie- und Schultergelenk (nur kurzzeitiger Effekt für Knieschmerz)

° Moderate Evidenz für Medikamentöse Therapie–NSAR und Opiate OUTCOME

Schmerz, kurzzeitige Wirkung, erhebliches Nebenwirkungsrisiko

° Niedrige Evidenz für Selbstmanagement und Edukation als alleinige Maßnahme OUTCOME

Schmerz, Funktion mit Kurzzeiteffekten (unklare Evidenz für Langzeiteffekte)

° Niedrige Evidenz für Manuelle Therapie OUTCOME

Schmerz, Funktion (kurzfristige Effekte, unklare Evidenz für Langzeiteffekte)

° Niedrige und unklare Evidenz für Ultraschall, Akupunktur, Wärme- und Kälteanwendungen, TENS sowie Laser OUTCOME

Schmerz, Funktion (niedrige sowie nicht-signifikante Evidenz)

° Niedrige und unklare Evidenz für Operationen OUTCOME

Schmerz, Funktion und Lebensqualität (sehr niedrige Evidenz für Kurzzeiteffekte, unklare Evidenz für Langzeiteffekte)

KommentarDie Recherche ist klar dargestellt und nachvoll-ziehbar. Die Stärke der Arbeit liegt in der Zusam-menfassung von Evidenz für eine große Bandreitean Interventionen für muskuloskelettalen Schmerz.Dabei lag der Fokus auf qualitativ hochwertiger Evidenz wie Cochrane Reviews, gut etablierten Leitlinien und evidenzbasierten, multidisziplinärenVersorgungsplänen und Behandlungspfaden. Es wird von den AutorInnen allerdings auch deut-lich auf Limitierungen hingewiesen, insbesonderedarauf, dass aufgrund der bereits jeweils unter-schiedlichen Bewertung der ReviewerInnen in deneinzelnen, analysierten Reviews ein einheitlichesVorgehen nahezu unmöglich war. Unter anderemwird auch darauf hingewiesen, dass in zahlreichenReviews, Leitlinien und Studien keine isolierten Interventionen untersucht wurden, sondern meisteine Kombination von Anwendungen, so sind zumBeispiel Selbstmanagement und Edukation immerwieder als Bestandteil von schmerztherapeutischerIntervention erwähnt, aber nicht vergleichend miteiner anderen Maßnahme untersucht. Dennochwerden gerade Selbstmanagement und Edukationin aktuellen Leitlinien als Methode erster Wahlempfohlen. Dies ist kritisch zu betrachten, qualita-tiv hochwertige Studien für die Wirksamkeit als isolierte Maßnahme sind empfehlenswert. Die besten Ergebnisse in Bezug auf Schmerzreduktion,Verbesserung von Funktion und Lebensqualitätsowie Arbeitsfähigkeit bei muskuloskelettalemSchmerz werden durch Bewegungstherapie/Training erzielt. Operationen sind laut vorliegenderLiteratur nicht die Therapieform der ersten Wahl. ◼

Constance Schlegl, MPH Präsidiumsmitglied Physio Austria,Leiterin fachliches Netzwerk Geriatrie

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Demenz: Medizinische und therapeutische Grundlagen18.1.2018

Angehörige im Therapieprozess19.1.2018

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Laufanalyse und Therapieansätzebei Laufverletzungen 23. bis 25.2.2018ODER

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OMT – Manuelle Therapie nach Kaltenborn-EvjenthHWS und Kiefer 25. bis 28.1.2018Andreas Gattermeier, MAS

Ellbogen und Hand23. bis 25.2.2018 Martin Weidinger, MScPhysio Austria Kurszentrum, Wien

Idiopathische und neurogene Skoliose9. bis 10.2.2018

Mag. Dr. Petra Auner-GröblFH Joanneum, Graz

Patellofemorales Schmerzsyndrom13.1.2018 Physio Austria Kurszentrum, Wien

5.5.2018 Salzburg

Christiane Groß, MSc, PT, OMT

Medizinische TrainingstherapieModul Schulter21. bis 23.2.2018 Wien

Modul Knie/Hüfte11. bis 13.4.2018 FH Joanneum, Graz Frank Diemer, M.Sc.

Alpha Lauf für Physios

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Bewegung für Orthopädie undSportmedizinPrehab – Rehab – Athletic

Seminare 1a und 1b, 2a und 2b, 3ab Mai 2018

Matthias Keller, BA und TeamBSFZ Südstadt Maria Enzersdorf, NÖ

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Stefan Perner, BA BScElisabeth Jelem-ZdrazilPhysio Austria Kurszentrum, Wien

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