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08.2015 | 12.40 EUR www.personalmagazin.de MATERIAL-NR. 04062-5178 Spezial Personalarbeit im Gesundheits- wesen S. 58 Mehr als olle Kamellen Wie Sie die Ausbildung wirklich attraktiver machen S. 18 ENTSENDUNG Wie Unternehmen eine Global-Mobility-Strategie aufbauen und umsetzen S. 46 FÜHRUNG Wie es um die Wert- schätzung der Mitarbeiter in deutschen Firmen bestellt ist S. 36 ENTSCHEIDUNG Wann Tarifver- träge Gewerkschaftsmitglieder bevorzugen dürfen S.73

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Spezial Personalarbeitim Gesundheits-wesenS. 58Mehr als olle Kamellen

Wie Sie die Ausbildung wirklich attraktiver machen S. 18

ENTSENDUNG Wie Unternehmen eine Global-Mobility-Strategie aufbauen und umsetzen S. 46

FÜHRUNG Wie es um die Wert-schätzung der Mitarbeiter in deutschen Firmen bestellt ist S. 36

ENTSCHEIDUNG Wann Tarifver-träge Gewerkschaftsmitglieder bevorzugen dürfen S.73

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3EDITORIAL

unsere duale Berufsausbildung wird internationl bewundert, doch die

Lage ist schlechter als das Image: Die Berufsausbildung hat an Strahlkraft

eingebüßt, die Studierneigung der Jugendlichen nimmt weiter zu und immer

mehr Ausbildungsleiter können ihre offenen Stellen nicht besetzen. Die

Verantwortlichen werden angesichts des Fachkräftemangels nervös: DIHK-

Präsident Eric Schweitzer polterte neulich gegen die „Überakademisierung“

und forderte eine Begrenzung der Studienplätze. Doch die Berufsplanung

der Jugendlichen lässt sich in

einer freiheitlichen Gesellschaft

nicht mit dirigistischen Metho-

den steuern, der DIHK-Präsident

kassierte mit seiner Äußerung ein

Eigentor (siehe Seite 21). Um der

Berufsbildung neue Strahlkraft

zu geben, ist ein Umdenken in

den Betrieben, Verbänden und der

Politik notwendig. Hunderttau-

sende von Jugendlichen stecken

derzeit in Übergangssystemen,

weil sie keine Stelle finden oder

weil ihnen der Schulabschluss fehlt. Besonders schwer haben es Jugendliche

mit Migrationshintergrund oder einem Handicap. Die Betriebe wollen stets

die Besten einstellen, sie wollen und können nicht Probleme lösen, die in der

Schule oder im Elternhaus entstanden sind – so die Argumente, die häufig

zu hören sind. Das ist zwar nachvollziehbar, doch nicht zukunftsorientiert.

Der Fachkräftemanagel von kleinen und mittleren Betrieben wird sich nur

lösen lassen, wenn sich die Ausbildungsleiter auch um diese Jugendlichen

kümmern. Wir brauchen darum Ausbildungsleiter, die sich mit Herzblut

dieser Aufgabe annehmen und Mut haben, neue Wege einzuschlagen.

Ihr

Liebe Leserinnen und Leser,

„Wir brauchen mutige und experimentier-willige Ausbil-dungsleiter, um

die duale Berufsausbildung zu neuer Attraktivität zu führen.“Reiner Straub, Herausgeber

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personalmagazin 08 / 15

4 INHALT_AUGUST 2015

Was HR-Vorstände verdienenVW-Personalvorstand Horst Neumann kassiert das höchste Jahresgehalt.

12

06 News und Events

09 Der Tag der Personaler DerPersonalmanagementkongress

inBerlinstandganzimZeichenderDigitalisiserung.ImFokusstandzudemdieneueBPM-Präsidentin

10 Schlaflos in Berlin BeimHRHackathonentwickelten

PersonalerundTechiesneueIT-LösungenfüralteHR-Probleme

12 Transparenz statt Fantasie WasDeutschlandsTop-Personaler

verdienen

16 Serie HR-Start-ups DieApp„Gastromatic“zur

Personaleinsatzplanung

MANAGEMENT SZENE TITELTHEMA

18

34 News und Dienstleistungsmarkt

36 Da geht noch was ... EineaktuelleStudiezeigt,dasses

inSachenWertschätzungindenUnternehmennochimmerhapert

40 Pro und Contra IstdieGenerationYwirklichanders

alsVorgängergenerationen?DreiWissenschaftlerbeziehenStellung

42 Leistung im Kollektiv DiesesMalinunsererSerieüber

US-StudienmitHR-Bezug:DieBedingungenundWirkungenvonkollektivemEngagement

Diese Symbole weisen auf Add-ons in der Personalmagazin-App hin.

Video

Audio

Bildergalerie

Umfrage

Rechner

Zusatzinfo

18 Mehr als olle Kamellen WieSiedieAusbildungwirklich

attraktivermachen

21 Politik statt Fakten DerBachelorkommtineiner

DIHK-Studienichtgutweg.DochdahinterstecktpolitischeTaktik

22 Eine Million Betriebe, eine Marke EinegroßeEmployer-Branding-

KampagnesolldemHandwerkmehrundguteAzubisbescheren

26 „Mit Persönlichkeit zum Erfolg“ BeiProvadisergänzteinPersönlich-

keitstestdieAzubi-Auswahl.Soer-haltendieSoftSkillsmehrGewicht

28 Drei Abschlüsse in fünf Jahren DastrialeStudiumhältEinzug:Die

TeilnehmererhaltenGesellen-undMeisterbriefsowiedenBachelor

31 Der Konsument wird Produzent WerAzubisbegeisternwill,muss

aufinteraktiveLernformatesetzen

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50

ORGANISATION SPEZIAL

RECHT

PERSÖNLICH

RUBRIKEN

Gelungene AusbildungUnternehmen werben um gute Azubis: mit Employer Branding, attraktiven Inhalten und innovativen Aus-bildungswegen.

Nicht ohne meine FamilieDamit Entsendungen erfolgreich verlaufen, sollten Unter-nehmen sich auch um die mitreisende Familie kümmern.

44 News und Softwaremarkt

46 Keine Mobilität ohne Strategie ZweiStudienoffenbarenhäufige

PraxisfallenimGlobal-Mobility-Management

50 Nicht ohne meine Familie VieleEntsendungenscheiternan

derfehlendenUnterstützungfürdiemitreisendeFamilie.WelcheAngeboteesdafürgibt

53 Experten international stärken Sozentralwienötig,solokalwie

möglich:dieinternationaleWeiter-bildungsstrategiebeiTüvSüd

56 Konzepte für den Nachwuchs DasstrategischeKonzeptder

„Personaldienstleistung2.0“um-fasstauchneueAnsätzefürAzubis

66 News

68 Aktuelle Urteile

70 Die Höhe des Honorars AntwortenaufStreitfragenzur

VergütungdesBetriebsratsanwalts

73 Geschlossene Gesellschaft NeuePraxis:Tarifverträgeenthalten

Klauseln,dieLeistungennurfürGewerkschaftsmitgliedervorsehen

76 News und Weiterbildung

78 Mit Empathie und Feingefühl WiesichPersonaleraufTrennungs-

gesprächevorbereitensollten

80 Buchtipps

82 Ganz persönlich AndreasTenkmann,VicePresident

HRDACHbeiSodexo,beantwortetunserenFragenbogen

03 Editorial

81 Impressum, Rückblick

82 Vorschau

58 Suche über Grenzen hinweg GegendenFachkräftemangel:

EinigeKlinikenlassenkünftigesPersonalimAuslandausbilden

61 Mehr Qualität in HR DasQualitätsmanagementinkleinen

PflegeeinrichtungenfürHRnutzen

64 Wenig attraktiv für Bewerber DieKarrierewebseitenimGesund-

heitswesensindnochausbaufähig©

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personalmagazin 08 / 15

6 SZENE_NEWS

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

MARTIN BABILASZum 1. Januar 2016 wird Martin Babilas den Vorstandsvorsitz bei Altana übernehmen. Er hat damit künftig die Ressortleitung unter anderem für Unternehmensentwicklung/M&A und Personal inne.

STEPHAN GRABMEIER Am 1. August übernimmt Stephan Grabmeier, Geschäftsführer der Innovation Evangelists und Vorstandsmitglied der Selbst-GmbH, bei Haufe-Umantis die Position des Chief Innovation Evangelist. Zuvor war er als Head of Culture Initiatives bei der Deutschen Telekom tätig.

JOACHIM LUTZ Bei Cropenergies hat Joachim Lutz die Position des Vorstandssprechers übernommen und ist in dieser Funktion auch für das Personalressort

zuständig. Joachim Lutz ist seit 2006 im Unternehmen tätig und war zuletzt Finanzvorstand.

JOACHIM SCHLEDTZum neuen ersten Vorsitzenden der Initiative „Wege zur Selbst-GmbH“ wurde im Juni Joachim Schledt gewählt. Der Diplom-Pädagoge ist seit 2008 Personalleiter der Alnatura Produktions- und Handels GmbH und seit 2000 Mitglied des Netzwerks. Er folgte auf Siegfried Baumeister.

JOSEF SCHELCHSHORNDer bisherige Personalvorstand von Seat, Josef Schelchshorn, ist seit dem 1. Juli Vorstand für Personal bei MAN und MAN Truck & Bus. Er folgt in dieser Funktion auf Jochen Schumm, der in den Ruhestand geht. Sein Nachfolger bei Seat wird Xavier Ros.

ELKE ELLER

Im Juni wurde Elke Eller zur neuen Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) gewählt. Sie ist seit 2012 Personalvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge. Zuvor arbeitete die Diplom-Volkswirtin, die auf 28 Berufsjahre und 15 Jahre Aufsichtsratstätig-keit zurückblickt, an ihrer Promotion. Und von 2007 bis 2009 war sie für das Personal-ressort im Vorstand der Volkswagen Financial Services AG zuständig. Im BPM-Präsidium folgt sie auf Joachim Sauer, der zum Ehrenvorsitzenden des BPM gewählt wurde. Im Ge-spräch mit dem Personalmagazin sagte sie zur ihrer Motivation, das Amt zu übernehmen: „Wir Personaler brauchen eine Stimme in der Öffentlichkeit und auch ein Forum zur Vernetzung und Entwicklung neuer Konzepte und Ansätze für die Personalarbeit. Den BPM habe ich immer als frisch, selbstbewusst und ein bisschen anders wahrgenommen.“

MICHAEL KIENLE

Neuer HR Director von L’Oréal Deutschland ist Michael Kienle. Er ist seit 1999 im Unternehmen – zunächst im Marketing und ab 2001 im Recruiting. Von 2006 bis 2009 fungierte er als HR Director für zwei Geschäftsbereiche des Unternehmens in Deutschland, anschließend leitete er die HR-Be-reiche in Belgien und den Benelux-Ländern. In seiner jüngsten Funktion war er HR-Director eines Geschäftsbereichs für Westeuropa. Als Deutschland-Personalchef folgt der Absolvent der London School of Economics and Political Science auf Nicolas Pauthier, der in die Konzernzentrale in Paris zurückkehrt, wo er die internationale HR-Leitung für den gesamten digitalen Bereich übernimmt.

Stellenwechsel

MARCO WAGNER

Neuer Personalchef von Airbus ist seit dem 1. Juli Marco Wagner. In den vergangenen zwei Jahren arbeitete er als Managing Director und Chief Human Resource Officer bei dem Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec. Davor war er bereits für Airbus tätig. Der Diplom-Kaufmann mit MBA-Degree war 2002 in die Gruppe (damals EADS) eingestiegen. Seit 2006 verantwortete er den Personalbereich am Standort Ottobrunn und seit 2008 am Standort Manching. 2010 übernahm er die Personallei-tung für den Bereich Flugzeugprogramme in der Airbus-Zentrale in Toulouse. In der neuen Position folgte er auf Thomas Ehm, der den Vorsitz der Geschäftsführung bei Premium Aerotec übernimmt.

+++ Aktue l le Per sona l ien +++ täg l i ch unte r www.haufe .de/persona l +++ Rubr ik „Persona l s zene“

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... Cornelia Quennet-Thielen zum Thema Deutschlandstipendium

CORNELIA QUENNET-THIELEN ist Staatssekretärin und Amtschefin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Frage eins: Das Deutschlandstipendium steht in der Kritik. Es sei ein Ladenhü-ter, sagten die Grünen. Wie hoch ist die Förderquote derzeit?Cornelia Quennet-Thielen: Über das Pro-gramm werden inzwischen fast so viele Stipendien vergeben wie über die etab-lierten Begabtenförderungswerke – im vergangenen Jahr über 22.000. Die An-zahl der vergebenen Stipendien ist im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent gestiegen. Die Hochschulen konnten seit 2011 über 60 Millionen Euro private Fördermittel einwerben. Allein im Jahr 2014 haben rund 6.700 private Förderer mit 24 Millionen zur Förderung junger Menschen beigetragen.

Frage zwei: Wo liegen die Vorteile des Sti-pendiums gegenüber anderen staatlichen Förderungen? Quennet-Thielen: Es ist das erste Stipendi-um, das dezentral von den Hochschulen

in ganz Deutschland vergeben wird, und das auf eine Kofinanzierung von Staat und privaten Förderern setzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Auswahl der Ge-förderten findet vor Ort statt. Die Geför-derten sind dadurch ihrer Hochschule in besonderem Maße verbunden. Durch die Zusammenarbeit mit privaten Förderern vernetzt sich die Hochschule mit ihrem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld. Die Förderer können über die Finanzierung hinaus Verantwortung für leistungsstarke junge Menschen über-nehmen und die Geförderten kommen in Kontakt mit interessanten Persönlichkei-ten und Unternehmen. Außerdem finden sie sich häufig in Hochschulgruppen zu-sammen und entwickeln aus eigener Ini-tiative gemeinnützige Projekte.

Frage drei: Wie wollen Sie dem Stipendium nun zu mehr Erfolg verhelfen? Quennet-Thielen: Ich werbe gerne und häu-

Drei Fragen an ...

fig für das Deutschlandstipendium, und das gilt genauso für unsere Ministerin Johanna Wanka und das BMBF insge-samt: Wir gehen auf Hochschulen, Un-ternehmerinnen und Unternehmer, Stif-tungen und Privatpersonen zu. Zugleich gilt: Unsere besten Botschafter sind die Förderer, die Geförderten und die enga-gierten Hochschulen. Dieses wachsende Netzwerk werden wir weiter stärken. Wir werden die Gesichter und Geschich-ten des Deutschlandstipendiums noch mehr in den Fokus rücken.

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personalmagazin 08 / 15

8 SZENE_NEWSSZENE_EVENTS8

Auf der Fachmesse IT & Business zeigen Aussteller, wie Unterneh-men durch eine digitale Optimierung ihrer betrieblichen Abläufe effizienter und kostengünstiger arbeiten können. Ein wichtiger

Aspekt dabei ist HR, denn Industrie 4.0 kann ohne Mitarbeiter nicht um-gesetzt werden. Die Messe findet vom 29. September bis zum 1. Oktober in der Messe Stuttgart statt. Für Personalmanager ist der 30. September besonders interessant: Ab 13.30 Uhr diskutieren Experten auf dem Forum „MES, Zeit und Sicherheit“ Fragen rund um die Arbeit im Kontext von In-dustrie 4.0. „Flexible Personaleinsatzplanung in Zeiten von Industrie 4.0 muss die Mitarbeiter mitnehmen, um erfolgreich zu sein“, lautet der Titel der ersten Podiumsdiskussion, an der sich Dr. Karsten Sontow (Trovarit), Burkhard Röhrig (GFOS), Guido Zander (Dr. Scherf Schütt und Zander) und Mathias Schwabbauer (MFB Resultants) beteiligen. Im Anschluss geht es um Recruiting und Retention: „Neue Wege der Mitarbeitergewinnung und -bindung sind ein Muss – flexiblere Arbeitszeitgestaltung ist ein möglicher Weg“. Geplant ist auch ein Arbeitgeber-Speed-Check. Unter dem Motto „Wer ist für mich der richtige Arbeitgeber – IT-Häuser stellen sich vor“ können sich Unternehmen als potenzielle Arbeitgeber präsentieren.

Um die Messethemen bereits im Vorfeld zu diskutieren, wurde ein Blog zu den Foren eingerichtet. Hier können sich Aussteller und Besucher intensiv beteiligen, Inhalte einstellen und gezielt Fragen einreichen, die dann von den Experten in Stuttgart beantwortet werden. http://derforumblog.com/

Arbeiten rund um Industrie 4.0

HR-Branchenparty in Köln

Der 15. September, der erste Tag der Fachmesse Zukunft Personal, wartet abends mit der ersten „HR-Night“ auf. Im Kölner Restau-rant „Wartesaal“ stehen in drei verschiedenen Bereichen, unter

anderem einem großen Außenbereich, Networking und Feiern auf dem Programm. Die passende „Dancemusic“ liefert ein bekannter Kölner Szene-DJ. Die Branchenparty, die am ersten Messetag um 19 Uhr beginnt, wartet zudem mit einigen Kommunikationsmodulen wie Speed-Networ-king auf. Eintrittskarten sind online erhältlich: www.hr-night.de

Fragen aus dem HR-Bereich werden auf der Fachmesse IT & Business diskutiert.

TERMINE

10. und 11. Sep-tember, Berlin

5. Tagung TalentmanagementTel. 030 84859350www.hrm-forum.eu

15. bis 17. Sep-tember, Köln

Zukunft PersonalTel. 0621 70019-0www.zukunft- personal.de

24. bis 25. Sep-tember, Berlin

DGFP//Lab Tel. 0211 5978-175www.lab.dgfp.de

Wer begeistert seine Bewerber?

Bereits am 24. Juli endet die An-meldefrist für die ersten Can-didate Experience Awards, die

in der DACH-Region vergeben werden. Der Preis ist 2011 in den USA gestartet und zeichnet diejenigen Firmen aus, die im gesamten Bewerbungsprozess einen konsistenten Bewerberkontakt bieten. Unternehmen können sich an drei Er-hebungsrunden beteiligen: In der ersten findet eine mehrdimensionale Online-Befragung zu den aktuellen Rekrutie-rungspraktiken statt. Danach erfahren die Unternehmen, wie sie im Vergleich zu anderen abschneiden. In der zweiten Erhebungsrunde erhalten sie einen Link, den sie an ihre Bewerber aus den Jahren 2014 bis 2015 weiterleiten. Diese werden gebeten, ihre Erfahrungen mit dem Un-ternehmen mitzuteilen. Wer in diesen beiden Runden überdurchschnittlich gut abschneidet, wird mit dem Candidate Experience Award ausgezeichnet. Zu-sätzlich werden in einer dritten Runde die „Gewinnerunternehmen“ durch eine unabhängige Jury bestimmt und auf ei-ner Veranstaltung Ende 2015 vorgestellt.

www.thecandidateexperienceawards.de

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Die Mobilisierungskraft des Bun-desverbands der Personalma-nager (BPM) ist ungebrochen: 1.500 Personalmanager ström-

ten am 18. und 19. Juni zum Jahresevent, dem Personalmanagementkongress 2015, nach Berlin. Unter dem Motto „Was ist, was kommt“ wurde in Foren und Plenums-veranstaltungen über Employer Branding, Weiterbildung oder HR-Strategie disku-tiert. Als Hauptthema kristallisierte sich die Digitalisierung heraus. Die neue BPM-Präsidentin Elke Eller sieht darin das ent-scheidende Zukunftsthema und kündigte an: „HR muss die Digitalisierung der Ar-beitswelt gestalten. Den nächsten Kon-gress werden wir deshalb unter den Titel Personalmanagement 4.0 stellen.“

Am Vorabend hatte die Mitgliederver-sammlung des BPM Elke Eller, Personal-vorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge, als neue Präsidiumsvorsitzende gewählt. Joachim Sauer, der den Verband aufge-baut und maßgeblich geprägt hat, trat erwartungsgemäß ab. Die neue Präsiden-tin war sich bewusst, wie schwer es wird, aus dem Schatten des Gründungspräsi-denten herauszukommen. Ihre ersten Auftritte auf dem Kongress waren daher von Zurückhaltung geprägt. Während Sauer durch seine Zuspitzungen die gan-ze Aufmerksamkeit auf sich zog, pflegt Eller einen sachlichen und integrativen Führungsstil. „Ich bin keine Anhängerin des Mottos neue Besen kehren gut“, sagte sie. „Ich verstehe mich als Teamplayerin.“

Der Kongress hatte mit einer Enttäu-schung begonnen: Bundesfamilienminis-

Von Reiner Straub (Red.)

Der Tag der PersonalerRÜCKBLICK. Der Personalmanagementkongress stand ganz im Zeichen der Digita-lisierung. Zentrales Thema war auch der Führungswechsel im BPM-Präsidium.

terin Manuela Schwesig ließ sich durch ihren Staatssekretär Ralf Kleindiek vertreten. Der trug zwar die Positionen des Ministeriums zu Frauenquote und Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor, konnte aber das Publikum nicht begeis-tern. Das gelang erst Sascha Lobo, der mit provokanten Thesen aufrüttelte. Die „Likes“, die jemand in Facebook hinter-lasse, hätten eine bessere Prognosekraft für den beruflichen Erfolg als ein Assess-ment Center. Lobo sieht außerdem den „Plattform-Kapitalismus“ kommen: Eine

Armada von Amateuranbietern werde neue Formen der Leiharbeit bringen. Vor-boten dafür seien Uber oder Amazon, die Taxifahrer und Paketzusteller über Ne-benerwerbs-Selbstständige aushebelten.

Noch mehr Beifall erhielt Viktor Ma-yer-Schönberger (Universität Oxford). In seinem Vortrag über Big Data sagte er, Daten würden den Unternehmen zwar ermöglichen, bessere Entscheidungen zu treffen. Doch er warnte zugleich: „Die Daten sind nur ein Schatten der Wirklich-keit, nicht die Wirklichkeit selbst. Für die Herrschaft über die Daten brauchen wir unsere menschlichen Fähigkeiten.“

In den Diskussionen über Big Data und Digitalisierung wurde klar, dass die Entwicklung erst am Anfang steht. Per-sonaler konnten also die gute Botschaft mitnehmen, dass noch ausreichend Zeit zur Ausgestaltung vorhanden ist.

BILDERGALERIE

Weitere Eindrücke vom Personal­managementkongress 2015 finden Sie in der Personalmagazin­App.

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Personalmanagementkongress 2015: Rund 1.500 Personaler nahmen teil.

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10 SZENE_EVENTS

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Genau 330 Tassen Kaffee, acht IT-Lösungen, ein Gewinner-team: So lautet das Fazit des ersten HR Hackathons in

Berlin. Dort kamen 25 HRler und rund 50 ITler zusammen, um gemeinsam HR-IT-Lösungen zu entwickeln. Das in-novative Format hatten die beiden In-itiatoren, Recruiting-Beraterin Eva Zils von Online-Recruiting.net und Andreas Dittes, Gründer und Geschäftsführer des Recruiting-Start-ups Talentwunder, an IT-Hackathons angelehnt.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung im Berliner Base Camp Ende Mai konnten die Vertreter beider Zünfte bei einem Pitch IT-Ideen zur Verbesserung der

Von Andrea Sattler (Red.) Personalarbeit vorstellen. Insgesamt elf Personaler sowie Entwickler wagten sich und stellten ihre erlebten Heraus-forderungen und die damit verknüpf-ten Wünsche an eine IT-Lösung vor. Im Anschluss daran fanden sich die Ideen-geber mit den Entwicklern in Teams zu-sammen, um gemeinsam eine IT-Lösung zu entwickeln. Die Techis machten sich sogleich an die Arbeit – teilweise bis tief in die Nacht hinein, wie nächtliche Tweets belegen.

Erlaubt ist, was technisch möglich ist

Zum Abschluss der Veranstaltung prä-sentierten die Teams ihre Lösungen, da-runter bereits erste Prototypen: Aus elf Pitches waren acht Lösungen entstan-den, die eine Experten-Jury bewertete.

Auf dem ersten Platz landete der so-genannte „Job Agent“: Er soll den Be-werbungsprozess von Anfang bis Ende automatisch durchsteuern. Der Assistent übernimmt vollautomatisiert die Suche nach offenen Stellen, das Verschicken der Bewerbungen und sogar die Terminkoor-dination zwischen Recruiter und Bewer-ber. Idealerweise solle der „Job Agent“ sogar die Gehaltsverhandlungen automa-tisch führen können, so der Wunsch des federführenden Personalers.

Das zweitplatzierte Tool, der so-genannte „Skill Aggregator“, soll es Personalern, Führungskräften oder Projektleitern möglich machen, per ein-facher Suchabfrage diejenigen Mitar-beiter im Unternehmen zu finden, die über die passenden Fähigkeiten für eine Stelle oder ein Projekt verfügen. Das Tool soll sich die Mitarbeiter-Skills aus allen möglichen Quellen ziehen und diese mit-tels bunter Ringe, die für die einzelnen Skills stehen, visualisieren.

Mit dem dritten Platz zeichnete die Ju-ry die Lösung „Mobile Video Recruiting“ aus, die es ermöglichen soll, die Persön-lichkeitspassung des Bewerbers schon zu Anfang des Recruitingprozesses zu bewerten. Die ITler entwickelten ein ein-fach zu handhabendes Tool, mit dessen Hilfe sich der Bewerber in einem kurzen Video präsentiert und der Recruiter so-mit einen ersten lebhaften Eindruck von dessen Persönlichkeit bekommt.

Auch wenn offen bleibt, ob die Perso-naler künftig die entwickelten Tools wirk-lich einsetzen und nutzen können, ist der HR Hackathon seinem Anspruch gerecht geworden: Personaler und Entwickler zusammenzubringen und deutlich zu machen, was in der schönen neuen HR-IT-Welt schon jetzt möglich ist – aber bisher viel zu wenig genutzt wird.

NACHBERICHT. Beim HR Hackathon entwickelten einige Perso naler zusammen mit Techis neue IT-Lösungen für alte HR-Probleme – teils bis tief in die Nacht.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Mit Bleistift und Laptop bewaffnet macht sich ein Entwicklerteam an die Arbeit.

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Es wurde noch mehr getüftelt: Weitere Eindrücke vom ersten HR Hackathon in Berlin finden Sie in einer Bildergalerie in der Personalmagazin-App.

BILDERGALERIE

Schlaflos in Berlin : HR hackt mit IT

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12 SZENE_HR-VORSTÄNDE

personalmagazin 08 / 15

Die ganz große Aufregung um überzogene Vorstandsgehäl-ter und Boni hat sich gelegt – Nach haltigkeitsregelungen

und Kontrollmöglichkeiten durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vor-standsvergütung zeigen Wirkung. Per-sonalvorstände traf die Kritik dabei seltener – ihr Gehalt scheint bisher die für Stakeholder und Gesellschaft nicht mehr akzeptable Grenze nie überschrit-ten zu haben. Das belegt auch die Aus-wertung der Geschäftsberichte 2014 der Dax-30-Unternehmen durch die HKP Group: Im Schnitt bekam ein Personal-vorstand im Dax-30-Konzern im letzten Jahr 2.795.000 Euro ausbezahlt, konkret

Von Katharina Schmitt (Red.) bewegen sich die Bezüge zwischen et-was über einer Million Euro (Dr. Jürgen Götz, Arbeitsdirektor bei Fresenius) und knapp sechseinhalb Millionen Eu-ro für Professor Horst Neumann, Vor-stand Personal und Organisation bei VW. Ebenfalls unter den Spitzenverdie-nern: Wilfried Porth, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Daimler AG, und Kathrin Menges, zuständig für den Unternehmensbereich Personal sowie

Infrastruktur-Services (die Übersicht über alle Gehälter der ganzjährig be-schäftigten Personalvorstände in den Dax-30-Unternehmen finden Sie auf Sei-te 14). Im Vergleich zu 2013 zeigt sich allerdings gerade bei den Spitzenverdie-nern eine deutliche Verschiebung nach oben: Das Gehalt von Frau Menges stieg um 500.000 Euro, das von Neumann um 1.100.000 gegenüber dem Vorjahr, Daimler-Personaler Porth bekam statt drei Millionen Euro für 2013 nun fast das Doppelte. Sind das Anzeichen für eine der Begrenzung der Vorstandsgehälter gegenläufige Entwicklung?

Tatsächliche Auszahlung im Fokus

Mitnichten, erklärt Regine Siepmann, Senior Managerin bei HKP Group und

Transparenz statt Fantasie EINBLICK. Was Deutschlands Top-Personaler verdienen, wird durch den Corporate Governance Kodex erstmals transparent. Doch nicht jeder der Dax-30 hält sich daran.

BILDERGALERIE

Sehen Sie in unserer Bilderstrecke in der App, was die Personalvorstände der Dax-30-Unternehmen 2014 verdienten.

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4.529.402 €5.533.000 €6.482.244 €

Die Spitzenverdiener unter den HR-Vorständen: Prof. Dr. Horst Neumann (VW), Wilfried Porth (Daimler) und Kathrin Menges (Henkel)

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Mitautorin der Geschäftsberichtsaus-wertung 2014. Ausschlaggebend für die veränderten Werte, so Siepmann, sei die 2014 erstmals angewandte neue Zu-flusstabelle für die Berechnung der Vor-standsvergütungen nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Zum einen soll danach die ausgewiesene Direktvergütung neben der Grundver-gütung auch die ausgezahlten Langfrist-vergütungen und Boni enthalten, zum anderen werde erstmals auch die Al-tersversorgung der Vorstandsmitglieder als Vergütungsbestandteil anerkannt und ausgewiesen. Diese Empfehlung ergänzt freiwillig die Geschäftsberichte, in die nach dem HGB lediglich die Ge-samtvergütung der Vorstandsmitglieder und – statt der tatsächlich geflossenen Langfristvergütung – die in Aussicht gestellten Bezüge einberechnet werden müssen. Mit Ausnahme von Merck und BMW kommen alle Dax-Unternehmen der DCGK-Empfehlung nach. Letzte-re haben eine Entsprechenserklärung abgegeben, nach der sie über ihre Vor-standsvergütung weiterhin alleine nach der HGB-Regelung berichten werden.

So könne im Einzelfall wie bei Daimler-Personaler Porth auch die Direktvergü-tung nach Anwendung des Corporate

Governance Kodex sehr viel höher aus-fallen als nach reiner HGB-Logik, da die nach mehreren erfolgreichen Geschäfts-jahren ausgezahlte Langfristvergütung den ursprünglich angesetzten Zielwert übersteigt. Abweichungen nach unten lassen sich genauso erklären, wenn re-lativ hoch angesetzte langfristige Vari-ablen im Betrachtungszeitraum wegen schlechterer Performance nicht oder ge-ringer ausbezahlt wurden.

Mehrwert Altersversorgung deutlich

Auch die Einberechnung der individuel-len Altersversorgung bringt mehr Trans-parenz. Aufgrund der unterschiedlichen Ressortzuschnitte der mit HR betrauten Vorstände, erklärt Nina Grochowitzki, Senior Consultant bei HKP Group und ebenfalls Mitautorin der Geschäfts-berichtsauswertung, sei ein direkter Vergleich grundsätzlich nur sehr ein-geschränkt möglich. Welch deutlich substanziellen Anteil an der Gesamt-vergütung die Altersversorgung aber tatsächlich habe, zeige sich daran, dass auch in Konzernen, die allen Vorstands-mitgliedern unabhängig vom Ressort grundsätzlich dasselbe Gehalt zahlen (Deutsche Bank, Deutsche Lufthansa, Eon, Henkel und RWE) nun nach DCGK-

Logik doch Unterschiede feststellbar sind. Insbesondere, wenn sehr werthal-tige Altersvorsorgemodelle, über die nur noch langjährige Vorstände verfügen, durch neue Systeme abgelöst wurden.

Insgesamt, so Siepmann, schaffe der Corporate Governance Kodex Vergü-tungsrealität. Das HGB habe hier durch seine buchhalterische Prägung Schwä-chen in der Praxis, demgegenüber be-trachte der DCGK die Zuflüsse unter der praktischen Vergütungsbrille: „Für den Leser des Geschäftsberichts, den Aktio-när, ist weniger interessant, was eventu-ell zurückgestellt wird oder als Aufwand gebucht wird. Er möchte wissen: Was ist tatsächlich für das Geschäftsjahr rausgekommen? Was bekommt der Vor-stand überwiesen?“ Natürlich hätten die Dax-30-Unternehmen ein sehr erfolg-reiches Jahr hinter sich, dementspre-chend haben sich auch die Vergütungen ein Stück nach oben bewegt. Doch ge-rade der oben geäußerten Befürchtung, dass mit immer weiter steigenden Ergeb-nissen auch die Gehälter immer höher werden, schiebe der DCGK durch eine betragsmäßige Obergrenze einen Riegel vor.

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Am unteren Ende der Gehaltsliste: Dr. Jürgen Götz (Fresenius), Frank Annuscheit (Commerzbank), Dr. Bettina Volkens (Deutsche Lufthansa).

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Die Übersicht „Vergütung ganzjährig tätiger

Vorstände“ finden Sie auf der folgenden Seite.

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14 SZENE_HR-VORSTÄNDE

personalmagazin 08 / 15Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Unternehmen Name CHRO Titel und Ressorts Direktver-gütung CHRO

Abweichung CHRO/VV

Abweichung CHRO/Ø OVM

Adidas Robin J. Stalker Arbeitsdirektor, Finanzvorstand 3.369.910 € -41,90% +36,23%

Allianz Dr. Werner Zedelius Insurance German Speaking Countries, Allianz Banking, Human Resources (Arbeitsdirektor)

3.610.000 € -30,40% +69,89%

BASF Margret Suckale Arbeits direktorin, Engineering & Maintenance; Environment, Health & Safety; European Site & Verbund Management; Human Resources

2.452.000 € -68,56% -25,03%

Bayer Michael König Arbeitsdirektor, Personal 2.039.000 € -69,40% -49,19%

BMW Milagros Caiña Carreiro-Andree

Arbeitsdirektorin, Personal- und Sozialwesen 4.048.420 €*

-46%* -8,00%*

Commerzbank Frank Annuscheit Chief Operating Officer, Human Resources 1.392.000 € -32,28% -2,77%

Daimler Wilfried Porth Arbeitsdirektor, Personal, Mercedes-Benz Vans 5.533.000 € -61,64% +12,71%

Deutsche Bank Dr. Stephan Leithner Chief Executive Officer Europa (ohne Deutschland und Großbritan-nien), Personal, Compliance, Anti-Financial Crime, Government & Regulatory Affairs

3.315.246 € -40,76% +0,32%

Deutsche Börse Gregor Pottmeyer Chief Financial Officer 2.341.800 € -36,00% +10,57%

Deutsche Lufthansa Dr. Bettina Volkens Arbeitsdirektorin, Personal und Recht 1.428.000 € n/a -1,89%

Eon Mike Winkel Erzeugung, Erneuerbare Energien, Personal, Operational Efficiency (bis 2015)

1.640.451 € -48,13% -0,92%

Fresenius Dr. Jürgen Götz Arbeitsdirektor, Recht, Compliance und Personal 1.283.000 € -86,00% -49,40%

Heidelberg Cement Dr. Bernd Scheifele VV, Personal n/a n/a n/a

Henkel Kathrin Menges Personal und Infrastruktur-Services 4.529.402 € -40,88% -0,32%

Infineon Dr. Reinhard Ploss VV, Arbeitsdirektor, Fertigung, Forschung und Entwicklung n/a n/a n/a

K+S Dr. Thomas Nöcker Arbeitsdirektor und Corporate HR, K+S Transport GmbH, Corporate IT, Business Center

1.854.600 € -15,34% +21,07%

Lanxess Dr. Rainier van Roessel Arbeitsdirektor 2.345.000 € n/a +26,83%

Linde Georg Denoke Arbeitsdirektor, Group Accounting & Reporting, Information Services, Insurance, Mergers & Acquisitions, Procurement, Risk Management, Tax, Treasury; Operational Finance, Controlling & Investments, Real Estate sowie für Finance/Controlling

2.575.726 € n/a +4,81%

Merck Dr. Kai Beckmann Group Human Resources 4.963.000 €* -44,00%* -24,00%*

Münchener Rück Dr. Joachim Wenning Arbeitsdirektor, Life, Zentralbereich Human Resources 2.683.447 € -55,26% -24,23%

RWE Uwe Tigges Personalvorstand und Arbeitsdirektor 1.717.000 € -47,52% +1,00%

Siemens Klaus Helmrich Arbeitsdirektor, Chief Technology Officer, Corporate Technology, Human Resources (inzwischen Übernahme durch Janina Kugel)

3.009.296 € -54,92% -16,04%

Thyssenkrupp Oliver Burkhard Arbeitsdirektor, Human Resources Strategy, People Development & Executive Management, Regional Services Germany, Corporate Services

2.292.000 € -55,76% -2,55%

Volkswagen Prof. h.c. Dr. Horst Neumann

Personal und Organisation 6.482.244 € -59,13% -10,16%

Durchschnitt 2.795.000 € -54,84 % -3,72 %

VERGÜTUNG GANZJÄHRIG TÄTIGER VORSTÄNDE

QUELLE: HKP GROUP 2015

Grundlage aller Werte außer bei BMW und Merck ist die Gesamtvergütung nach dem Corporate Governance Kodex (Grundvergütung, aus-bezahlter Jahresbonus, ausbezahlte Langfristvergütung und Dienstzeitaufwand für bAV). BMW und Merck weisen die Vergütung nach HGB aus (Grundvergütung, Nebenleistungen, ausbezahlter Bonus und in Aussicht gestellte langfristige variable Vergütungsbestandteile, separate bAV-Angabe wurde zu Vergleichszwecken hinzuaddiert). Rechts die Abweichungen vom Durchschnittsgehalt der Vorstandskollegen.

VV = Vorstandsvorsitzende/r CHRO = Personalvorstand OVM = Ordentliches Vorstandsmitglied

* Berechnung der Gesamtvergütung nach HGB

positive Abweichung > 2% keine Abweichung negative Abweichung > 2%

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16 SZENE_HR START-UP

personalmagazin 08 / 15Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

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In unserer Serie stellen wir Ihnen

Jungunternehmer aus dem HR-Bereich

mit ihrer Idee vor. In dieser Ausgabe die

App Gastromatic.

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Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit vielen Pilotpartnern war die Entwicklung zum Teil sehr aufwendig und hat mehr Zeit in Anspruch genommen als angenommen. Im Nachhinein hat sich dies jedoch ausgezahlt.

Wie war die Entwicklungszeit?

Aktuell entwickeln wir an einer Schnittstelle zur Lohnbuchhaltung von Datev. Diese wird in den nächsten Wochen marktreif sein.

Flexible Strukturen und kurze Entscheidungswege haben es uns in unserem Unternehmen ermöglicht, die Kundenbedürfnis-se genau zu erfassen, um diese dann mit einer individuellen Lösung zu befriedigen. Auch wenn es aufwendig ist, sollte man immer darauf achten, nah am Zielmarkt zu arbeiten und sich immer wieder Feedback von diesem einzuholen. Das gilt für größere Unternehmen genauso wie für neu gegründete. Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass flache Hierarchien für ein gutes Betriebsklima sorgen und damit nicht nur zur Steige-rung der Produktqualität, sondern auch zu mehr Produktinnova-tion durch die Mitarbeiter beitragen.

Was soll noch geändert werden?

Was können etablierte Unternehmen von Ihnen lernen?

Die App „Gastromatic“ des Start-ups Vertical Cloud Solution GmbH ist dazu bestimmt, die Personaleinsatzplanung in gastronomischen Betrieben zu erleichtern.

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Die Gründer sind fünf ehemalige Studenten aus Darmstadt und Mannheim. Das Team setzt sich aus Wirtschaftsingenieuren und -informatikern zusam-men. Die beiden Geschäftsführer und Initiatoren von Gastromatic sind Florian Klima (im Bild zweiter von rechts) und Patrick Pötzsch (Mitte). Seit August 2013 arbeitet das Team an Gastromatic und seit August 2014 sind auch drei Investoren an der Unterneh-mung beteiligt.

Wer hat’s gegründet?

Die Idee zu Gastromatic, einer webbasierten Soft-ware zur Personalorganisation, wurde bei Besu-chen diverser gastronomischer Betriebe geboren. Uns ist aufgefallen, dass die Personalorganisation und -disposition ein sehr komplexer, teils auch chaotischer Bereich der Betriebsadministration in Gastronomien ist. Nach intensiver Marktrecherche und einer langen Pilotphase mit unterschiedlichs-ten Betrieben der Branche haben wir die App Gastromatic entwickelt. Mittlerweile ist Gastromatic ein umfassendes Tool, das alle Prozesse rund um Dienstplanung, Zeiterfassung und Lohnauswertung abbildet. Der Nutzen entsteht in erster Linie auf der Seite der Betreiber, durch die Ersparnis von Zeit und Lohnkosten sowie einen Zuwachs an Transparenz. Außerdem unterstützt Gastromatic bei der Erfül-lung gesetzlicher Rahmenbedingungen wie dem Arbeitszeitgesetz und den Aufzeichnungspflichten nach dem Mindestlohngesetz. Via Smartphone-App werden die Mitarbeiter der einzelnen Betriebe in den Prozess der Dienstplanung integriert. Dadurch sind diese immer auf dem aktuellen Stand.

Was ist die Idee dahinter?

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personalmagazin 08 / 15

18 TITEL_AUSBILDUNG

Alle Jahre wieder kurz vor Be­ginn des Ausbildungsjahrs rüttelt die Bundesregierung mit ihrem Berufsbildungs­

bericht Deutschlands Ausbilder wach. Darin wird das endende Ausbildungs­jahr in Zahlen zusammengefasst. In den vergangenen drei Jahren warteten die Politiker jedes Mal mit Nachrichten auf, die wie ein schlechtes Omen fürs kommende Ausbildungsjahr anmuteten: Jeder vierte Azubi bricht seine Lehre ab, war dort etwa 2013 zu lesen; im vergan­

genen Jahr wurde ein Zuwachs an un­besetzten Lehrstellen und zunehmende Schwierigkeiten, Bewerber und Betriebe zusammenzubringen, vermeldet. Dieses Jahr gab es gar ein Rekordhoch an unbe­setzten Lehrstellen zu beklagen: Rund 37.100 Stellen blieben ohne passenden Azubi, zehn Prozent mehr als im Vor­jahr. Die Zahl der neu abgeschlossenen

Von Andrea Sattler (Red.) Ausbildungsverträge ging um 1,4 Pro­zent auf rund 522.200 zurück.

Den Betrieben fehlen Bewerber – gute umso mehr. Denn immer weniger Jugend­liche wollen eine Lehre machen. Die meis­ten Schulabgänger zieht es mittlerweile in den Uni­Hörsaal: Im Jahr 2009 haben die Studenten die Azubis zahlenmäßig über­holt, 2012 kamen auf vier Azubis schon fünf Studenten, wie Zahlen des Statisti­schen Bundesamts belegen.

Die Folgen dieser Entwicklung könnten Prognosen zufolge dramatisch werden: Laut einer gemeinsamen Projektion des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt­ und Berufsforschung (IAB) könnte die Zahl der Arbeitnehmer mit Berufsausbildung bis zum Jahr 2030 um rund drei Millionen zurückgehen – was vor allem zu Engpäs­sen in Gesundheits­ und Sozialberufen so­wie den be­, verarbeitenden und instand setzenden Berufen führen werde, sagen die Forscher voraus.

Neben der zunehmenden Attraktivi­tät der akademischen Ausbildung spielt auch ein Imageproblem mancher Ausbil­dungsberufe eine Rolle dabei, dass die Ausbildungsbetriebe in einem immer kleiner werdenden Bewerberpool fi­schen müssen. Dass diese Imageproble­me nicht (nur) auf Vorurteilen beruhen, belegt der Ausbildungsreport 2014 des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB): Dort attestieren die befragten Azubis je­nen Berufen, die als unattraktiv gelten, auch eine mangelhafte Ausbildungsqua­lität. Schlechte Noten erhalten darin vor allem Berufe aus dem Gastronomiebe­reich wie Lebensmittelfachverkäufer,

Hotelfachmann und Koch. Daneben kom­men auch die Berufe Maler/Lackierer und zahnmedizinischer Fachangestellter in der Azubibewertung schlecht weg.

Wohl auch infolgedessen haben Aus­bilder in diesen Branchen unterdurch­schnittliche Übernahmequoten zu vermelden. Während die Ausbildung über alle Branchen hinweg in zwei von drei Fällen mit einem Happy End aus­geht, wird in der Gastronomie noch nicht einmal aus der Hälfte der Azubiverträ­ge ein regulärer Arbeitsvertrag. Auch sind in diesen Branchen die unbesetz­ten Lehrstellen besonders zahlreich. Zu Beginn des Ausbildungsjahrs 2015 sind Informationen des Deutschen Industrie­ und Handelskammertags (DIHK) zufolge in Gastronomie und Handel noch 30 Pro­zent der Ausbildungsstellen unbesetzt.

Als Gründe für die Unzufriedenheit mit ihrem Ausbildungsberuf nennen die vom DGB befragten Azubis vor allem Überstunden, ausbildungsfremde Tätig­keiten und schlechte Bezahlung.

Aber auch an anderer Stelle ließe sich noch feilen – etwa an Ausbildungsformen und ­inhalten. So beklagt etwa Arnold Pi­cot, Professor für Betriebswirtschaftsleh­re an der Ludwig­Maximilians­Universität München, im Interview mit haufe.de/personal unzeitgemäße Ausbildungsin­halte. Die Ausbildung bereite etwa noch zu wenig auf die Digitalisierung vor, die Curricula seien zudem noch zu stark auf die Anforderungen des 19. und 20. Jahr­hunderts ausgerichtet.

Daneben scheint es in den Curricula an der richtigen Balance zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ zu hapern: In einer

Mehr als olle KamellenÜBERBLICK. Mehr denn je brauchen Ausbildungsbetriebe ein überzeugendes Gesamt­paket, um künftig mehr Schulabgänger als bisher für eine Lehre zu begeistern.

Um Azubis zu ködern, setzen viele lieber auf Goodies wie Prämien und Smartphones statt auf sinnvolle Motivato­ren wie die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung.

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Befragung von Ausbildung.de gaben drei Viertel der rund 1.000 teilnehmenden Azubis an, dass sie sich in ihrer Ausbil­dung unterfordert fühlen; ein Viertel fühlt sich hingegen überfordert.

Betriebe müssen um die Besten buhlen – doch wer sind die Besten?

Die Gemengelage zwingt Ausbildungs­betriebe also aktuell mehr denn je dazu, sich als attraktiver Arbeitgeber zu posi­

tionieren, wenn sie die besten Azubis für sich als Fachkräfte der Zukunft si­chern wollen. Doch obgleich sich diese Entwicklung nicht erst seit gestern an­deutet, halten sich Ausbildungsbetriebe häufig noch an wenig vielversprechen­de Methoden, um Azubis zu ködern. So zeigte etwa eine DIHK­Befragung aus dem vergangenen Jahr, dass viele Unter­nehmen lieber auf monetäre Anreize wie Prämienzahlungen, Wohnungszuschüs­

se, Büchergeld, Mitgliedschaftsbeiträge fürs Fitnessstudio und Smartphones setzen als auf sinnvolle Motivatoren, mit denen sie den Bewerberpool um gute Kandidaten erweitern könnten – etwa, indem sie Azubis die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung anbieten, um sich auch für Bewerber attraktiv zu machen, die nicht in Vollzeit arbeiten können. Doch dieser Ansatz ist der Studie zufol­ge noch wenig verbreitet.

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Was da wohl drin ist? Um Azubis wirklich zu über-zeugen, muss mehr in die Tüte kommen als Goodies.

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20 TITEL_AUSBILDUNG

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personalmagazin: Die Bildungsinitiative „Making of a Champion“ ist im Januar gestartet. Worum geht‘s dabei?Ernst Holzmann: Die Bildungsinitiative richtet sich an junge Menschen zwi­schen 15 und 25 Jahren, die in heteroge­nen Gruppen zusammenkommen. Das Programm dauert zehn Monate, jeweils zwei bis vier Stunden die Woche – zu­sätzlich zu Schule, Studium oder Beruf. Dabei geht es nicht um Wissensvermitt­lung, es geht um eine ganzheitliche Per­sönlichkeitsentwicklung, darum, Ver­antwortung zu übernehmen, sich Ziele zu stecken – alles, was wichtiger ist, als nur den Satz des Pythagoras zu lernen.

personalmagazin: ...also in etwa das vielge-forderte Fach „Lebensführung“?Holzmann: Ja, das kann man so sagen. In meiner Zusammenarbeit mit jungen Menschen habe ich festgestellt, dass sie

ein solches Fach brauchen, es aber nir­gendwo gelehrt wird. Dies ist zwar auch Aufgabe der Eltern und der Bildungsins­titutionen. Oft wird den Jugendlichen aber vor allem Wissen eingetrichtert, nicht Werte oder Soft Skills vermittelt. Vielen von ihnen fehlt ein eigener Plan, auch weil sie zu stark in die akademi­sche Laufbahn gedrängt werden. Die klassische Berufsausbildung wird im­mer seltener, und auch deswegen geht frühzeitige Praxiserfahrung verloren.

personalmagazin: Gibt es im Programm Be-rufsberatung, um zu zeigen, dass es auch ein Leben jenseits des Studiums gibt?Holzmann: Nein, denn wir möchten das Programm neutral halten und nicht Lob­byismus für eine Seite betreiben. Sinn des Programms ist es, dass die Jugend­lichen sich über ihre Ziele klar werden und dann selbst entscheiden sollen.

„Wichtiger als der Satz des Pythagoras“

INTERVIEW

Die frisch gestartete Bildungsinitiative „Making of a Champion“ soll Jugendlichen die Chance bieten, sich außerhalb von Schule, Ausbildung und Studium weiterzuentwickeln.

Das Interview führte Andrea Sattler.

personalmagazin: Wie ist es aufgebaut?Holzmann: Wir haben das Programm am Modell des „Lebensrads“ orientiert. Die Jugendlichen durchlaufen sechs Modu­le: „Ethik und Moral“, „Gesellschaft und Kultur“, „Familie und Heim“, „Beruf und Finanzen“, „Körper und Gesundheit“, „Geist und Bildung“. Darin geht es um ganz praktische Themen wie: „Kann ich mit 1.200 Euro netto leben?“ und „Wie schaffe ich es, nicht zu verblöden?“.

personalmagazin: Und wie werden diese Inhalte vermittelt? Per Schulunterricht?Holzmann: Nein, das wäre langweilig und verkehrt. Die Methoden bieten eine Mi­schung aus Expertenvorträgen, Frontal­unterricht, Exkursionen und Projektar­beit – eben so viel Leben wie möglich.

ERNST HOLZ-MANN ist Redner, Hochschuldozent und Schirmherr der Initiative „Making of a Champion“.

Andere Maßnahmen finden dagegen in den Betrieben schon größeren An­klang. So ist laut DIHK­Studie für jeden zweiten Betrieb Ausbildungsmarketing ein wichtiges Instrument, um sich für Azubis attraktiver zu machen. Das Hand­werk legt zu diesem Zweck regelmäßig neue Employer­Branding­Kampagnen auf. Aktuell locken die Handwerker Ju­gendliche etwa mit den Motiven der „Hol Dir meinen Job!“­Kampagne. Cool soll die Ansprache wirken und azubigerecht. Ob die Kampagnen halten können, was sie versprechen, analysiert der Beitrag „Eine Million Betriebe, eine Marke“.

Eine Möglichkeit, die Ausbildung in­haltlich attraktiver zu machen, besteht darin, sie mit zusätzlichen Inhalten an­

zureichern. Ein Beispiel dafür ist das tri­ale Studium, ein Paket aus Ausbildung, Meisterqualifizierung und Bachelorstu­dium. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag „Drei Abschlüsse in fünf Jahren“.

Wer die besten Bewerber für sich ge­winnen will, sollte sich auch die Frage stellen, wer „die Besten“ für ihn sind. Dies kann helfen, neue Bewerberziel­gruppen zu erschließen. Einen sorgfäl­tig geprüften Ansatz fährt der Ausbilder Provadis aus dem Industriepark Höchst. Die Hessen haben aus der Not, immer weniger Bewerbungen zu erhalten, eine Tugend gemacht: Mittels eines mit der LMU München entwickelten eignungs­diagnostischen Testmodells setzen sie inzwischen statt auf die kognitiven

Überflieger auf jene Bewerber, die mit ihrer Persönlichkeit punkten können. Wie genau dieses Modell funktioniert, berichten die beiden Partner im Inter­view „Mit Persönlichkeit zum Erfolg“.

Wie die Ausbildung mittels zeitgemä­ßer Lernformate – wie Augmented Rea­lity und kollaborativer Lernplattformen – für die technikaffinen Jugendlichen at­traktiver werden kann, lesen Sie im Bei­trag „Der Konsument wird Produzent“.

Und auch außerhalb des Betriebs gibt es attraktive Entwicklungsmöglichkei­ten für Azubis, um nicht nur ihre fachli­chen Qualifikationen, sondern auch ihre Soft Skills aufzupolieren. Mehr dazu er­fahren Sie im Interview „Wichtiger als der Satz des Pythagoras“.

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Nur noch 47 Prozent der Un-ternehmen sagen, dass Bachelor-Absolventen die Vo-raussetzungen mitbringen,

um gut auf das Berufsleben vorbereitet zu sein“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handels-kammertages (DIHK), am 31. Mai in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Dabei be-zog er sich auf die Ergebnisse einer DIHK-Online-Befragung, an der sich 2.003 Unternehmen beteiligt hatten. Das Pro-blem: Die Aussage entspricht nicht den Ergebnissen der Studie. Denn die Frage dort lautete: „Wurden Ihre Erwartungen an Bachelor-Absolventen erfüllt?“ Dabei antworteten 47 Prozent mit ja. Doch zwi-schen Erwartungen und erfüllten Voraus-setzungen ist ein Unterschied.

Großes Medienecho

Schon im April hatte die DIHK-Studie für Wirbel gesorgt. In einem Interview mit „Der Welt“ sagte der DIHK-Präsi-dent: „Wir beobachten, dass viele Unter-nehmen sich mit Bachelor-Absolventen immer schwerer tun. Waren 2011 noch 63 Prozent zufrieden, sind es heute nur noch 47 Prozent. Ein Unterschied von 16 Prozentpunkten! Das ist eine besorgnis-erregende Entwicklung.“

Nachdem die Meldung auch über die Nachrichtenagentur DPA lief, griffen alle großen Medien das Thema begierig auf. „Kritik an Uni-Abschlüssen wächst, Wirt-schaft klagt über Bachelor-Absolventen“, schrieb das Managermagazin online. Bei der „Zeit“ hieß es: „DIHK-Studie: Viele

Von Bärbel Schwertfeger Unternehmen mit Bachelor-Absolventen unzufrieden.“ Allerdings hatte die Stu-die damals noch keiner gesehen.

Studie hat methodische Mängel

Erst sechs Wochen später lag der 23-sei-tige Bericht vor. Der zeigt: Gegenüber der Umfrage von 2011 wurde die Einteilung der Unternehmensgrößen verändert – ein erheblicher methodischer Schnitzer. „Die Bereinigung um mögliche Stichpro-benverzerrungen ist damit leider nicht vollständig möglich“, kritisiert Heiko Weckmüller, Professor International Ma-nagement an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Bonn. Die Unternehmensgröße hat außerdem einen erheblichen Einfluss auf die Zufrie-denheit. „Größere Betriebe sind überwie-gend zufriedener mit Bachelor-Absolven-ten als kleinere“, schreibt der DIHK. Dass ein Großteil der Befragten – nämlich 70 Prozent - weniger als 200 Mitarbeiter ha-ben, verzerrt natürlich das Ergebnis.

Ähnliche methodische Unsauberkeiten finden sich auch bei der Branchenauf-teilung. Dabei hat auch die Branche einen erheblichen Einfluss auf die Bewer-tungen. Laut DIHK sind Unternehmen der Tourismuswirtschaft besonders unzufrie-den, dabei hat sich gerade in der Hotelle-rie der Bachelor längst durchgesetzt. „80 Prozent unserer Bachelor-Absolventen gehen in den Job“, beobachtet Professor Peter Thuy. Der Rektor der Internationa-len Hochschule Bad Honnef ärgert sich vor allem, dass die Diskussion so ideolo-gisiert ist. „Die Erwartungen an Bachelor sind einfach überhöht“, so der Professor. „Man muss einen Bachelor immer weiter

qualifizieren. Alles andere ist eine Illu-sion.“ Dass die Erwartungen an Bache-lor-Absolventen seltener als 2011 erfüllt werden, führt Weckmüller auch auf die höheren Erwartungen zurück. „Die Fra-ge ist unglücklich, da hier ein mentaler Abgleich mit einer Erwartungsbildung notwendig ist, die vor vielen Jahren statt-gefunden hat.“

Debatte ist ideologisiert

DIHK-Präsident Schweitzer will die Stu-dienplätze verknappen, um der dualen Ausbildung wieder einen höheren Stel-lenwert zu verschaffen: „Es studieren zu viele, die besser eine Ausbildung ma-chen würden. Ich halte das unbegrenzte politische Angebot für falsch, dass jeder, der studieren will, auch studieren kön-nen soll“, sagte er gegenüber der „Welt“. Auf die Frage, ob die Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse dazu beigetragen hat, dass sich zu viele jun-ge Leute für ein Studium entscheiden, antworteten nur 35 Prozent der Studi-enteilnehmer mit Ja. Das heißt: Nur et-was mehr als ein Drittel bestätigen die Position des DIHK-Präsidenten. Und 33 Prozent stimmten ihm explizit nicht zu.

Fazit: Obwohl die Studie durchaus auch Ansatzpunkte für Verbesserungen enthält, fokussiert sich der DIHK auf die zunehmende Unzufriedenheit, um seine politischen Forderungen zu untermau-ern. Doch das nützt weder den Unterneh-men noch den Bachelor-Absolventen.

Politik statt FaktenKOMMENTAR. Laut einer DIHK-Studie sind Unternehmen unzufrieden mit dem Bachelor. Doch ein Blick in die Ergebnisse zeigt, dass es vor allem um politische Forderungen geht.

BÄRBEL SCHWERTFEGER arbeitet als freie Journalistin in München.

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Früh übt sich, wer ein Meister werden will.“ So schreibt bereits Friedrich Schiller in Wilhelm Tell. Doch das Interesse der Ju-

gend an einer Ausbildung im Handwerk ist in den vergangenen Jahren sukzes-sive zurückgegangen. Es ist schlecht um die künftige Meistergeneration be-stellt. Während im Jahr 2000 noch über 204.000 Neuverträge für Ausbildungs-stellen abgeschlossen wurden, waren es 2010 nur noch gut 156.000 und 2014 nur noch knapp 118.000 Neuverträge. Das Handwerk, einst Ausbilder der Nation, muss nun um diese Stellung bangen. Und das, obwohl das Handwerk mit einem Bruttoumsatz von fast 500 Milliarden Eu-ro im Jahr 2011 zur Wirtschaftsleistung Deutschlands beiträgt und für 70 Prozent des Umsatzes der gewerblichen Wirt-

Von Luisa Sabine Heß

Eine Million Betriebe, eine MarkeANALYSE. Das Handwerk investiert in eine große Employer-Branding-Kampagne. Damit wurden bereits Erfolge erzielt, einige Potenziale sind aber noch ungenutzt.

schaft verantwortlich ist. Das Handwerk ist einer der größten Arbeitgeber Deutsch-lands und beschäftigt rund 12,8 Prozent aller Erwerbstätigen in diesem Land.

Düstere Nachwuchsprognosen, steigende Anforderungen

Fraglich ist, ob das Handwerk diese Stellung wird aufrechterhalten können. Über 20.000 Ausbildungsstellen blieben im Jahr 2014 im Handwerk unbesetzt. Zum einen fehlt einem Teil der Bewer-berinnen und Bewerber die schulische Vorbildung. Zum anderen interessieren sich die besser qualifizierten Jugend-lichen in der Mehrheit nicht für eine handwerkliche Ausbildung, sondern streben ein Studium an. Die Progno-sen der künftigen Nachwuchssituati-on sehen tendenziell düster aus, führt Deutschland nun seit Kurzem auch noch die Liste der Länder mit der niedrigsten

Geburtenrate weltweit an. Es ist abzu-sehen, dass der Wettbewerb um Aus-zubildende sich deutlich verschärfen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anforderungen an die Beschäftigten im Handwerk steigen. Einfache und re-petitive Tätigkeiten werden durch Ma-schinen verrichtet, sodass im Handwerk künftig Köpfchen gepaart mit hand-werklichem Können gefragt sind.

Studie zeigt Imageprobleme des Handwerks auf

Neben dem demografischen Trend und den steigenden Anforderungen an die Qualifikation zeigt auch eine vom Hand-werk in Auftrag gegebene, groß angeleg-te Imagestudie die Notwendigkeit zum Handeln. Die Ergebnisse dieser Studie lieferten ein deutliches Bild: Das Image des Handwerks durchlebt einen Wan-del. Während die über 60-Jährigen ver-

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gleichsweise positiv über das Handwerk denken, hat es bei der jüngeren Gene-ration an Ansehen und Aufmerksamkeit eingebüßt. Insbesondere schulisch bes-ser qualifizierte Jugendliche verbinden das Handwerk nicht mit hohem sozialen Ansehen, kommen zu wenig mit ihm in Berührung und sind schlecht über Ein-stiegs- und Karrierechancen informiert. Handwerk verbinden sie tendenziell eher mit „schmutzig“, „monoton“ und „harter Arbeit“ als mit moderner Tech-nik, Innovation oder „goldenem Boden“.

Einzelhandel schlägt Handwerk – trotz schlechterer Karriereperspektiven

Der Einzelhandel, zu dem die Jugend-lichen wohl vielfach durch eigene Ein-kaufserlebnisse eine enge Verbindung haben, erscheint ihnen als attraktivster

Arbeitgeber, ungeachtet der fehlenden Perspektive auf Selbstständigkeit oder Meisterqualifikation. Und nicht zuletzt gelten Arbeitsplätze im Handwerk bei Jugendlichen und jüngeren Erwachse-nen als schlecht bezahlt und unsicher, auch weil das Handwerk als stark kon-junkturabhängig gilt.

Dieser Umstand könnte weitreichende Folgen für die künftige Stellung des Handwerks nach sich ziehen. Zehrt das Handwerk heute noch von dem positiven Bild, das es bei älteren Generationen hat, lässt sich der Trend bei künftigen Gene-rationen an der Einstellung der heutigen Jugend zum Handwerk ablesen. Denn die Jugendlichen von heute werden in einigen Jahren ihren Kindern das Bild vom Hand-werk vermitteln, das sie selbst haben.

Daneben hat sich die Wahrnehmung des Handwerks in den vergangenen zehn Jahren stark auf die Berufe im Bau- und Ausbaubereich konzentriert. Berufe wie Bäcker oder Friseur werden nicht mit dem Handwerk, sondern zum Beispiel mit dem Einzelhandel in Verbindung gebracht. Auch das gesellschaftliche En-gagement des Handwerks wird oft nicht wahrgenommen, vielleicht weil inter-nationale Sponsoren deutlich präsenter werben. So läuft das Handwerk Gefahr, als eigenständiger Wirtschafts- und Ge-sellschaftsbereich aus dem öffentlichen

Bewusstsein zu schwinden, was mittel-fristig den politischen Einflussbereich der Handwerksorganisation gefähr-den würde. Der Bedeutungsverlust des Handwerks wäre damit programmiert.

DHKT investiert 100 Millionen Euro in groß angelegte Imagekampagne

Der Dachverband der 53 Handwerks-kammern, der Deutsche Handwerks-kammertag (DHKT) als Vertreter der circa 975.000 eingetragenen Hand-werksbetriebe, entschloss sich daher, eine groß angelegte Imagekampagne ins Leben zu rufen. Dafür investiert das Handwerk seit 2010 zehn Millionen Euro jährlich. Die aktuell geplante Kam-pagnenlaufzeit beträgt zehn Jahre. Das Handwerk investiert also bis 2019 ins-gesamt 100 Millionen Euro für die Ver-besserung des Handwerksimages. Der Slogan des Handwerks lautet seitdem: „Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht von Nebenan“. In den ersten fünf Jahren war die Agentur Scholz & Friends mit der Entwicklung der Kampagne beauf-tragt, seit 2015 ist die Berliner Agentur Heimat federführend verantwortlich.

Die Kampagne richtet sich an ver-schiedene Zielgruppen. Bei den Jugend-lichen sollen Ausbildungsmöglichkeiten im Handwerk vermittelt werden und auch die Eltern, die die Jugendlichen

Oben links: Kristina Tangermann, Bootsbauerin. Darunter: Christian Bönniger, Gerüstbauer. Rechts: Anna Wackernagel, Mechatronikerin. Diese und weitere Azubis standen für die Imagekampagne des Handwerks als Testimonials zur Verfügung.

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BILDERGALERIE

Eine Bildergalerie mit Kampagnen­motiven finden Sie in der App.

ADD-ON

Screenshots und Links zu den Social­ Media­Elementen der Imagekampagne des Handwerks finden Sie in der App.

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häufig bei ihrer Berufswahl beraten, sollen vom Handwerk und dessen be-ruflichen Perspektiven überzeugt wer-den. In der breiten Bevölkerung soll die Sichtbarkeit des Handwerks erhöht und seine gesellschaftliche und ökonomische Bedeutung kommuniziert werden. Eine weitere wichtige Adressatengruppe sind die Internen, also die Menschen in den Handwerksunternehmen, die Eigentü-mer der Betriebe und deren Mitarbei-ter. Bei ihnen soll die Kampagne Stolz auf die Zugehörigkeit zum Handwerk wecken, ihr Selbstwertgefühl als Hand-werker stärken, sie motivieren und im Handwerk halten. Daher zeigen die Bild-motive der Kampagne auch keine Schau-spieler, sondern echte Handwerker. Dies schafft Identifikation.

Themen, Maßnahmen und Kommunikationskanäle

Für die Kampagne wurde ein Themen-fahrplan entwickelt (siehe Kasten). So stand im Jahr 2010 die Verknüpfung des Handwerks mit Größe und Innovations-kraft im Vordergrund. Die Ansprache in den Jahren 2011 und 2012 zielten auf die Verknüpfung des Handwerks mit Vielfalt und Lebensnähe. Seit 2013 ist es das Ziel, die Marke Handwerk mit po-sitiven Emotionen zu verknüpfen.

Die Kampagne umfasst eine breite Palette an Maßnahmen und nutzt alle verfügbaren Kanäle für die zielgruppen-gerechte Ansprache der verschiedenen Adressaten: Events, Plakate und Anzei-gen, TV-Spots und eine Vielfalt an Social-Media-Elementen. Die Internen, also die Handwerker selbst, werden beispiels-weise über einen sogenannten „Tag des Handwerks“ dazu aufgerufen, gemeinsam Werbung in eigener Sache zu machen, sich geschlossen als Einheit zu präsen-tieren und aktiv auf Kunden und poten-zielle Auszubildende zuzugehen. Für die Ansprache der breiten Masse wurden verschiedene TV-Spots sowie regelmäßig neue Großflächenplakate entwickelt. In größeren Städten wurden S-Bahnen groß-flächig mit Werbung versehen.

Die Jugendlichen werden über eigene Plakate angesprochen. Auch die Schu-len wurden als Plattform berücksichtigt. Besonders Social-Media-Elemente (zum Beispiel auf Facebook, Instagram und Youtube) spielen in dieser Zielgruppe eine große Rolle. Beispielsweise wurde ein sogenannter „Berufechecker“ kon-zipiert, den die Jugendlichen online auf www.handwerk.de nutzen können. Dieser stellt Informationen bereit und ermöglicht eine interaktive Auseinan-dersetzung mit verschiedenen Hand-werksberufen. Darüber hinaus wurden die Apps „Lehrstellenradar“ und „Appzu-bi 2.0“ entwickelt, die die Jugendlichen auf ihr Smartphone laden können. Die Apps unterstützen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz beziehungs-weise begleiten die Ausbildungszeit mit Tipps und Nachrichten, zum Beispiel wichtigen Prüfungsterminen.

Der Schauspieler und Comedian Si-mon Gosejohann, ein in der Zielgruppe der Jugendlichen bekanntes Gesicht, fun-gierte einige Zeit als Testimonial in der Kampagne und ermöglichte Einblicke in verschiedene Handwerksberufe. In kurzen Videos, die unter anderem auf Youtube zu sehen sind, übernahm Go-sejohann die Rolle eines Reporters. Er interviewte Mitarbeiter und Auszubil-dende in den Betrieben und blickte ih-nen bei der Arbeit über die Schulter.

Was mit der Kampagne bishererreicht wurde und was nicht

Um Erfolge der Kampagne und weiteren Handlungsbedarf zu identifizieren, wur-den während der Laufzeit regelmäßig Imagestudien durchgeführt. Die Mes-sungen aus 2015 zeigen: Während im Jahr 2008 nur elf Prozent der Befragten angab, in der letzten Zeit etwas über das Handwerk gehört oder gelesen zu ha-ben, lag dieser Wert in der Gruppe der 14- bis 24-Jährigen in diesem Jahr bei 48 Prozent. Auch die Verknüpfung von Handwerk mit einer großen Bandbreite verschiedener Berufe ist der jüngsten Forsa-Umfrage zufolge geglückt.

Allerdings: 2008 hielten 48 Prozent al-ler befragten Schüler und Studierenden das Handwerk für einen attraktiven Ar-beitgeber. Dieser Wert hat sich 2015 nicht verbessert, obwohl sich die Kampag ne bereits im sechsten Jahr befindet. Offen-bar besteht weiterhin eine Diskrepanz zwischen den Ansprüchen der Jugend an eine Arbeitsstelle und der Vorstellung dessen, was das Handwerk als Arbeitge-ber bieten kann. Daher soll der Fokus nun deutlich auf die Jugendlichen gerichtet werden. Die 2015 entwickelten Kam pag-nen elemente aus der Feder der neuen Agentur zielen auf die Aktivierung der Ju-gendlichen durch Motive mit dem Zusatz „Pack mit an“ oder „Hol dir meinen Job“.

Eine einheitliche Marke für eine Million verschiedene Arbeitgeber?

Eine Arbeitgebermarke für das gesam-te Handwerk zu positionieren, die für knapp eine Million kleine und größere Handwerksbetriebe, also letztlich fast eine Million verschiedener Arbeitgeber steht, ist ohne Zweifel eine Herausforde-

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Videos sind ein zentrales Element der Imagekampagne. In der App sehen Sie einige Beispiele.

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rung. Fraglich ist, was das verbindende Element der Handwerksbetriebe in ih-rer Rolle als Arbeitgeber sein kann. Die Imagestudien zeigen deutlich, dass zwar Wissen über das Handwerk vermittelt wurde und es auch deutlich präsenter in den Köpfen ist, dass das Arbeitgeber-image aber nur bedingt besser gewor-den ist. Der Kern der „Employer Value Proposition“, das Markenversprechen, das das Handwerk als Arbeitgeber gibt, ist bisher nicht klar erkennbar. Hier bleiben große Potenziale ungenutzt.

Es böte sich beispielsweise an, den Meister als Markenkern der Arbeitgeber-marke zu platzieren. Im Meister sind alle Gewerke geeint, und der Meister hat histo-risch betrachtet eine Leuchtturmfunktion im Handwerk inne. Er ist positiv besetzt, wie tief im Sprachgebrauch verankerte Redewendungen wie „Meister fallen nicht vom Himmel“ dokumentieren. Auch die „Meisterschaft“ im Sport zeugt vom posi-tiven Image des Meisterbegriffs. Er wird mit Könnerschaft und Kompetenz ver-knüpft und wurde im europäischen Qua-

lifikationsrahmen als gleichwertig zum Bachelorabschluss eingestuft. Die Meis-terqualifikation fungiert als Hochschulzu-gangsberechtigung für Studienfächer, die in etwa der bisherigen beruflichen Fach-richtung entsprechen. Künftigen Hand-werksmeisterinnen und -meistern steht also der Weg an die Uni offen, womit auch die Karriereperspektiven im Handwerk vermittelt werden könnten. Auch die Tat-sache, dass Frauen bisher im Handwerk stark unterrepräsentiert sind, bietet noch nicht voll ausgeschöpfte Potenziale zur Nachwuchsgewinnung. Die aktuelle Kam-page spricht zwar gezielt auch Frauen an, um hier einen Wandel zu bewirken, wird jedoch noch stärkerer Werbedruck in die-ser Zielgruppe notwendig sein.

Beispielhafte Kampagne mit einigen bisher ungenutzten Potenzialen

Das Handwerk hat viel zu bieten, gerade für die junge Generation, die nach dem Sinn sucht. Es verspricht Befriedigung aus handwerklichem Können und Stolz auf das sichtbare, greifbare Arbeitsergeb-

Am Anfang waren Himmel und Erde. Den ganzen Rest haben wir gemacht.

Faustkeil. Dampfmaschine. Nanotechnologie. Fortsetzung folgt.

Wir zeigen Ihnen, wo der Hammer hängt. Und der Föhn. Und der Rota­tionslaser.

Ich backe keine Brötchen. Ich arbeite am perfekten Morgen.

Mehr Kunden als Aldi. Trotzdem kennen wir jeden einzelnen davon mit Namen.

Wir geben immer 100 % (außer bei Tiernahrung).

Liebe Männer, Handwerk liegt nicht in den Genen, sondern im Blut.

Ich bin nicht nur Handwerker. Ich bin der Motor, der Deutschland antreibt.

Selbst bei einem 0:0 haben wir zwei Tore gemacht.

Statistisch gesehen macht ein Drittel Ihres Kindes bei uns seine Lehre.

Qualität kommt nicht aus Dam Ping. Ich schneide keine Haare. Ich rette dein nächstes Date.

460.000 Innovationen. Und das Patentamt haben wir auch gebaut.

Die Eskimos haben 90 Wörter für Schnee. Die Deutschen über 130 für Handwerk.

Wir legen Fundamente für Häuser, Schulen, Fabriken und Volkswirt­schaften.

Ich repariere keine Motoren. Ich lasse Herzen wieder schlagen.

Bei uns zählt nicht, wo man her­kommt. Sondern wo man hinwill.

Warum Karrierepläne schmieden, wenn man sie schweißen kann.

Wir setzen auf nachwachsende Ressourcen. Azubis.

Zukunft kommt vom Können.

Wie deine Playstation. Nur für Fort­geschrittene.

Zeig, was in dir steckt! Werde Profi auf Probe.

Gelötet wird immer.

THEMEN UND WERBEBOTSCHAFTEN

Die Tabelle gibt eine exemplarische Übersicht über die Werbebotschaften der Imagekampagne des Deutschen Handwerks in den Jahren 2010 bis 2013, die sich an die breite Masse richteten.

nis, sei es die neue Frisur des Kunden, das selbst gemachte Brot oder die neu ins-tallierte Heizung. Dies alles vermit telt die Imagekampagne. Damit dies aller dings auch bei den Jugendlichen an kommt und das Handwerk als attrakti ver Arbeitge-ber wahrgenommen wird, werden noch weitere Employer-Branding-Aktivitäten notwendig sein. Die Kampagne ist jedoch ein hevorragendes Beispiel dafür, wie verschiedene Zielgruppen angesprochen und ein sinnvoller Mix an Kommuni ka-tions kanälen und Maßnahmen im Emplo-yer Branding eingesetzt werden können. Gerade die Vielfalt an Social-Media-Elementen kann auch Unter nehmen aus anderen Branchen als Anregung dienen, in der Zielgruppe der Nach wuchs kräfte präsent zu sein und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

2010: Größe und Innovationskraft

2011: Vielfalt 2012: Lebensnähe 2013: Emotion

DR. LUISA SABINE HESS ist Inhaberin der Professur für Unternehmensführung und Personalmanagement an der Cologne Business School.

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ber treffen, über welche Persönlichkeits-eigenschaften Azubis verfügen, die die Ausbildung gut absolvieren, und welche jene haben, die Probleme damit hatten.

personalmagazin: Welche erfolgsrelevanten Eigenschaften haben Sie identifiziert?Bühner: Das müsste Herr Vogel beantwor-ten, das ist möglicherweise ein Betriebs-geheimnis...Vogel: Ja, genau, das fällt unters Betriebs-geheimnis – denn die erfolgsrelevanten Eigenschaften sind die Grundlage für unser neues Auswahlmodell und somit unser Kapital. Ich kann aber so viel verraten: Bestimmte Eigenschaften aus dem Bereich Gewissenhaftigkeit, aber auch Offenheit sind besonders wichtig für den Ausbildungserfolg.

personalmagazin: Was haben Sie getan, nachdem Sie diese identifiziert hatten?Bühner: Nach Abschluss der Ausbildung dieser 700 Azubis lagen jede Menge Leistungs- und Persönlichkeitsdaten vor, mit denen wir eine Formel entwi-ckelt haben, in die die Werte der Bewer-ber aus dem Selbsteinschätzungstest und kognitiven Tests eingesetzt werden. Diese errechnet dann die Wahrschein-lichkeit, mit der der Bewerber seine Ausbildung erfolgreich beendet. Dabei können bestimmte Persönlichkeitsei-genschaften Schwächen im kognitiven Bereich bis zu einem gewissen Grad kompensieren. Es handelt sich um ein „kompensatorisches Modell“.

personalmagazin: Was hat die Erfahrung gezeigt: Funktioniert das Modell?

„Mit Persönlichkeit zum Erfolg“INTERVIEW. Die Firma Provadis hat mit der LMU München ein diag nos ti sches Modell entwickelt, das auch Azubis eine Chance bietet, die im IQ-Test unter Schnitt liegen.

personalmagazin: Aus Unternehmen wie auch aus Ausbildungsstatistiken dringen seit Jahren die gleichen Klagen: Es gebe zu wenig gute Azubi-Bewerber, zudem ha-pere es häufig an der Passung zwischen Azubis und Ausbildungsbetrieb. Können Sie sich dem anschließen? Markus Vogel: Wir hatten in der Tat mit ei-nigen Azubis bei Provadis das ein oder andere Problem mit der Zuverlässigkeit und der Gewissenhaftigkeit: Einige fehl-ten etwa unentschuldigt in der Berufs-schule. Zudem gab es eine Reihe von Azubis, die schlecht abschnitten, etwa in den Ausbilderbewertungen, oder die ihre Ausbildung ganz abbrachen. Mit den Testverfahren, die wir damals ver-wendeten – kognitive und Leistungs-tests – konnten wir einige erfolgsrele-vante Kriterien wie die Soft Skills der Kandidaten allerdings nicht erfassen.

personalmagazin: Wie haben Sie reagiert?Vogel: Wir haben uns entschieden, un-sere Testverfahren mit einem Persön-lichkeitstest zu ergänzen, der uns dabei helfen sollte, mehr Aussagen über die Gesamtpersönlichkeit eines potenziel-len Azubis zu erhalten und seine Er-folgswahrscheinlichkeit besser als mit Leistungstests vorhersagen zu können. Dafür haben wir uns an die LMU Mün-chen gewandt und mit ihnen definiert, welche Verhaltenskriterien als „auffäl-lig“ gelten und nicht zum Erfolg führen.

personalmagazin: Herr Professor Bühner, hier kommen Sie ins Spiel. Wie genau sind Sie vorgegangen bei der Konzipie-rung des neuen Auswahlsystems?

Markus Bühner: Wir haben im Jahr 2007 bei Provadis erstmals einen bekannten Persönlichkeitstest eingesetzt, der per Selbsteinschätzung die sogenannten „Big Five“ der Persönlichkeit mit seinen Facetten misst: Extraversion, Offenheit für neue Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus. Nach jeweils einem Jahr haben wir von Provadis die Daten von rund 230 eingestellten Azubis aus den Selbstein-schätzungstests sowie die bis dato vor-handenen Ausbildungsbeurteilungen erhalten. Wir konnten mit einer großen Stichprobe, insgesamt 700 Bewerbern aus drei Ausbildungsjahren, arbeiten. Diese Daten haben wir dann abgegli-chen und konnten so eine Aussage darü-

MARKUS VOGEL ist Leiter Personalcenter, Schwerpunkt Ausbildung, beim Bildungs-dienstleister Provadis in Frankfurt-Höchst.

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Das Interview führte Andrea Sattler.

PROF. DR. MARKUS BÜHNER ist Lehr-stuhlinhaber psychologische Methodenlehre und Diagnostik an der LMU München.

Bühner: Man darf das natürlich nicht mit klinischen Werten vergleichen – aber wir können mithilfe des Modells rund die Hälfte der Bewerber erkennen, die ihre Ausbildung wahrscheinlich abbre-chen, und 80 Prozent der Leute richtig klassifizieren, die ihre Ausbildung tat-sächlich beenden. Das ist nicht wenig.

personalmagazin: Liefert die Formel denn auch Informationen über die berufs- oder unternehmensspezifische Passung?Vogel: Nein, das Modell zeigt uns allge-mein, mit welcher Wahrscheinlichkeit jemand die Ausbildung schafft. Alle anderen Fragen – wie Passung zum Beruf oder Unternehmen – klären wir nach wie vor im Interview. Was unser kompensatorisches Modell allerdings daneben noch leisten kann, ist es, dem Ausbilder gleich zu Anfang zu zeigen, wo ein Azubi Schwächen hat, die er dann im Laufe der Ausbildung noch beheben kann, zum Beispiel Defizite in Mathe. Und: Wir können prüfen, ob ein Kandi-dat, der prinzipiell passt, aber nicht für den Ausbildungsberuf, auf den er sich beworben hat, für einen anderen Beruf infrage kommt. So gelingt es uns, mehr Kandidaten aus einem immer kleiner werdenden Bewerberpool zu ziehen.

personalmagazin: Wie hat es sich denn auf Ihre Herangehensweise ausgewirkt, dass Sie inzwischen weniger Bewerber haben?Vogel: Nach den ersten Validierungen des Persönlichkeitstests haben wir ihn 2011 erstmals für die Auswahl einge-setzt. Damals wurde er eher zur Risiko-minimierung eingesetzt, um die Prog-nose der Ausbildungsbeurteilungen zu verbessern. Dadurch haben wir aber viele Bewerber nicht berücksichtigt, die potenziell die Ausbildung hätten schaf-fen können. Das kann man sich aber nur leisten, wenn man genügend Bewerber hat – was damals noch so war. Mittler-weile haben wir aufgrund des demo-grafischen Wandels allerdings weniger Bewerber. Wir wären mit dem früheren System nicht weitergekommen.

personalmagazin: Welche Strategien verfol-gen Sie beim Versuch, mehr Azubis aus einem kleineren Bewerberpool zu ziehen?Vogel: Mit dem kompensatorischen Mo-dell wird die Eignungsdiagnostik per-sönlichkeitsorientierter. Das bedeutet, dass künftig zusätzliche Potenzialkandi-daten mit Schwächen im Fähigkeitsbe-reich identifiziert werden, die aufgrund ihrer Persönlichkeitseigenschaften er-folgreich eine Ausbildung absolvieren können. Dadurch erhöht sich die Zahl potenzieller Kandidaten im Vergleich zum bisherigen Verfahren.Bühner: Wir sind gerade dabei, das kom-pensatorische Modell zu erproben. Zum ersten Mal haben wir es in der Einstel-lungsrunde im September 2014 für die Einstellung September 2015 eingesetzt. Inwieweit es sich bewährt, wird sich zei-gen: Um valide Aussagen treffen zu kön-nen, brauchen wir wiederum eine große Stichprobe aus drei Ausbildungsjahren.

personalmagazin: Herr Vogel, einige der Bewerber aus der ersten Runde 2014 ha-ben Sie ja schon eingestellt. Was hat sich beim Auswahlverfahren geändert?Vogel: Wir haben mit dem neuen Aus-wahlmodell erste positive Erfahrungen bei der Auswahl von Pharmakanten und Chemikanten gesammelt und dabei nun auch Bewerber berücksichtigt, deren Werte aus dem kognitiven Test unter

dem Durchschnitt lagen – aber die pas-senden Persönlichkeitseigenschaften zur Kompensation und somit zur Pas-sung führten. Auf diese Weise haben wir schon einige Leute eingestellt, die wir früher abgelehnt hätten.

personalmagazin: Akzeptieren denn die Azubis dieses Auswahlverfahren?Vogel: Es gab zwar anfangs Bedenken im Unternehmen, gerade bei den Betriebs-räten. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Bewerber die Tests gut akzeptieren. Wir hatten noch keinen Bewerber, der deswegen nicht zum Test-termin gekommen wäre. Die Reaktionen zeigen eher das Gegenteil: Die meisten finden es interessant, einmal über sich nachzudenken. Wir versuchen aber, den Test kurz zu halten, aktuell bei 35 Minuten. Als wir den Persönlichkeits-test eingeführt haben, haben wir dafür einen Drahtbiegetest herausgenommen, der das handwerkliche Geschick testen sollte. Die Validierungsstudien hatten gezeigt, dass er nicht aussagekräftig ist.

personalmagazin: Planen Sie, das Verfah-ren auf andere Positionen auszuweiten?Vogel: Das gestaltet sich schwieriger. Jun-ge Leute sind solchen Tests gegenüber offener, sie wollen mehr über sich er-fahren. Erfahrene Fach- und Führungs-kräfte haben meist schon oft über sich nachgedacht und daher eher Vorbehal-te gegenüber Persönlichkeitstests. Wir nutzen bei ihnen andere Instrumente.

personalmagazin: Herr Professor Bühner, wie bewerten Sie das?Bühner: Ich würde mir wünschen, dass Unternehmen nicht nur bei Azubi-, son-dern auch bei anderen Positionen mehr eignungsdiagnostische Tests einsetzen. Bei Führungskräften gehen etwa viele davon aus, dass auf diesem Level Intelli-genz und Persönlichkeit nicht mehr dif-ferenzieren würden. Das ist aus meiner Sicht ein Irrglaube.

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In Mönchengladbach geht dem Handwerk der Nachwuchs aus. „Be-warben sich vor fünf Jahren noch 150 junge Leute für einen Ausbil-

dungsplatz“, sagt Kuno Schwamborn, Inhaber eines auf Energie- und Gebäu-detechnik spezialisierten Betriebs, „er-hielt ich zuletzt lediglich 35 Anfragen.“ Den Schuldigen hat Schwamborn längst gefunden: „Das Handwerk hat eindeutig versäumt, Zukunftschancen aufzuzei-gen.“ Offizielle Arbeitsmarktzahlen be-stätigen diese Aussage.

Im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) versucht man erst gar nicht, das Problem klein zu reden. „In-folge des demografischen Wandels sinkt die Zahl der Abgänger in allen Schulen“, sagt Dr. Volker Born, Abteilungsleiter Berufliche Bildung. Gleichzeitig steigt die Quote von Abiturienten und diese lassen das Handwerk links liegen: Ent-weder nehmen sie ein Studium auf oder entscheiden sich für die Ausbildung in einem Industrieberuf. Entsprechend stark buhlen die Betriebe um den Nach-wuchs. Doch nicht nur Lehrlinge werden gesucht: 17.800 Stellen richten sich an Fachkräfte mit mehrjähriger Berufserfah-rung, 14.600 explizit an Meister.

Dem gravierenden Problem des mangelnden Fach- und Führungskräf-tenachwuchses will man nun mit einer konzertierten Aktion zu Leibe rücken. Laut Born erwarten Jugendliche heute, Bildungswege auch noch in fünf oder zehn Jahren flexibel gestalten zu kön-nen. Dieses Ziel hat sich nun auch der

Von Winfried Gertz

ZDH auf die Fahnen geschrieben: „Ju-gendliche sollen nicht mehr allein an die Erstausbildung denken, sondern auch daran anschließende Bildungsoptionen ins Kalkül ziehen“, bekräftigt Born.

Triales Studium als neuer Lösungsweg

Dabei bezieht sich der Bildungsexperte nicht allein auf Duale Studiengänge, die laut einer ZDH-Studie immerhin jede zweite Handwerkskammer gemeinsam mit einer Hochschule entwickelt hat. In den Fokus rückt vielmehr ein neues Konzept, das seit fünf Jahren für immer mehr Aufmerksamkeit sorgt: das Triale

Studium. Born zufolge zeige es als bei-spielhaftes Gesamtpaket aus Erstaus-bildung, Meisterqualifizierung und Bachelorstudium, dass „das Handwerk Jugendlichen mehr anbieten muss und Jugendliche mehr Wahlfreiheit haben“.

An den Führungskräftenachwuchs richten sich derzeit zwei solcher Studien-angebote. Während „Handwerksmanage-ment“ an der staatlichen Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach erst-mals im kommenden Wintersemester an den Start gehen wird, schrieben sich bereits vor fünf Jahren die ersten Stu-denten im gleichnamigen Studium an der

Drei Abschlüsse in fünf JahrenTREND. Für Handwerksberufe interessieren sich immer weniger junge Leute. Mit dem „Trialen Studium“ werden nun Abiturienten für spätere Führungsaufgaben geworben.

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privaten Fachhochschule des Mittelstands in Köln ein. Ist das Studium am Nieder-rhein zunächst auf die Gewerke Tischler und Elektroniker beschränkt, stand der Studiengang bei der Konkurrenz in Köln seit jeher allen Handwerksberufen offen.

Ähnlich wie das Duale Studium ver-bindet auch das Triale Studium The-orie und Praxis sowie das Lernen an

einer Hochschule und in einem Betrieb. Während jedoch Dual Studierende den Praxisteil in Gestalt eines Praktikums absolvieren können, ist eine Ausbildung beim Trialen Studium Pflicht. Nur so kann man anschließend auch den Mei-ster erwerben. Die beiden Studienange-bote in Mönchengladbach und Köln sind zwar namensgleich, unterscheiden sich jedoch im Ablauf.

Triale Studenten an der Hochschule Niederrhein verbringen zuerst drei Ta-ge im Betrieb und zwei im Berufskolleg. Sind sie zunächst nur am Samstagvor-mittag in der Hochschule, müssen sie

ab dem dritten Semester den Freitag-abend sowie den ganzen Samstag stu-dieren. Zusätzlich verbringen sie einen Tag im Berufskolleg und drei Tage im Handwerksbetrieb. Nach dem fünften Semester steht die Gesellenprüfung an. Während des achten und neunten Se-mesters besuchen sie die Meisterschule. Den krönenden Abschluss bilden Mei-sterprüfung und Bachelorexamen.

An der Kölner Fachhochschule ist der Stundenplan darauf ausgerichtet, dass die Studenten wie andere Azubis im Betrieb mitarbeiten können. Seminare finden abends und an den Wochenenden statt. Erst im vierten Jahr sind die Studenten ganztägig an der Hochschule.

Hier wie dort müssen Bewerber eine Hochschulzugangsberechtigung nach-weisen. Während die jeweilige Hand-werkskammer prüft, ob der Interessent für die Ausbildung und Meisterschule geeignet ist, absolvieren Bewerber an der Hochschule Niederrhein ein Online-As-sessment. „Dabei handelt es sich um eine Orientierungshilfe und nicht um einen Test, der einen negativen Bescheid nach sich ziehen könnte“, betont Frederike Königs, verantwortlich für die Studien-gangentwicklung im Dekanat des Fach-bereichs Wirtschaftswissenschaften.

Bei der Konkurrenz in Köln ist man strenger. Zusätzlich zu einem schrift-lichen Test führen Bewerber ein persön-liches Gespräch mit den verantwortlichen Dozenten. Laut Professor Sascha Lord, der den Studiengang leitet, wird darin ermit-telt, ob die Bewerber der „relativ hohen psychischen und physischen Belastung“ gewachsen sind. „Wir möchten ausschlie-ßen, dass jemand nicht weiß, worauf er sich einlässt.“

Headhunter sind schon aufmerksam

Im Mai beendete der erste Jahrgang das Triale Studium in Köln. Lord zufolge hielten alle Teilnehmer, die vor fünf Jah-ren ihr Studium aufnahmen, bis zuletzt durch. Der überwiegende Teil übernimmt Führungsaufgaben im elterlichen Be-trieb. Zwei Absolventen entschieden sich

für ein Masterstudium, während eine weitere Gruppe lukrative Aufgaben bei namhaften Automobilherstellern und Markenartiklern dem eigentlich vorgese-henen Einstieg im Familienunternehmen vorzieht. Headhunter, so Lord, hätten die Absolventen gezielt für ihre Auftraggeber angesprochen.

Die Verantwortlichen sehen sich in ih-rem Konzept bestätigt. Triale Studenten sind Lord zufolge wesentlich praxiso-rientierter als ihre Kommilitonen aus anderen Studiengängen und zeigten eine höhere Leistungsbereitschaft. Sie müssten auch ein deutlich höheres Pen-sum absolvieren. „Es handelt sich also um Studenten, wie man sie sich eigent-lich wünscht.“ Born vom ZDH schließt sich an: Wer das anspruchsvolle Studi-um in vier bis fünf Jahren schaffe, „hat wirklich etwas geleistet“.

Diesen Eindruck gewinnen auch Ex-perten, die sich wissenschaftlich mit Bildungsthemen befassen. „Ich halte das Triale Studium für sehr ambitioniert“, sagt Dr. Sirikit Krone von der Universität Duisburg-Essen. Die Sozialwissenschaft-lerin erforscht am Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) Duale Studiengänge. „Studierende sind mit einem hohen Workload konfrontiert. Doch mit drei zu erwerbenden Abschlüssen in vier bis fünf Jahren scheint es für Abiturienten durchaus attraktiv zu sein.“

Familienbetriebe springen darauf an

Als die Fachhochschule in Köln das Stu-dienkonzept erstmals vorstellte, zeigten sich viele Familienbetriebe, die ihre Kinder als Nachfolger aufbauen wol-len, Lord zufolge „sofort angetan“. Aus diesem Kreis rekrutierte sich auch der überwiegende Teil der ersten Studen-tengruppe. „Sie sind unsere Türöffner“, sagt der Professor. Seit Neuauflage des Studienangebots 2010 haben sich in mehreren Jahrgängen insgesamt rund 100 Teilnehmer immatrikuliert, heißt es. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage hat die Fachhochschule des Mittelstands das Triale Studium nun auch für weitere

Neben dem Gesellen­brief erhalten trial Studierende auch den Meistertitel und einen Bachelor­abschluss.

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Standorte vorgesehen. Nachdem es im Wintersemester 2014 am Campus Han-nover an den Start ging, soll der Campus Schwerin 2016 nachziehen.

Wie interessiert Betriebe auf das Stu-dienangebot reagieren, skizziert Nadine Grün, verantwortlich für Hochschulkon-takte bei der Handwerkskammer der niedersächsischen Landeshauptstadt. „Eltern von Studienkandidaten sagen frei heraus, dass sie gern selbst so ein Studium absolviert hätten, um ihre Be-triebe zu gründen oder aufzubauen.“ Sie hätten sofort den Vorteil des Trialen Studiums erkannt, dass die Teilnehmer ihren Beruf von der Pike auf erlernen und so den insbesondere im Handwerk geforderten „Stallgeruch“ mitbringen würden. Rückten sie erst in leitende Po-sitionen auf, so Grün, „wird ihnen hohe Wertschätzung zuteil“.

Alternative für Studienabbrecher

Neben dem in Familienbetrieben für höhere Aufgaben vorgesehenen Nach-wuchs will man für das Studienangebot als weitere Zielgruppe auch Studien-abbrecher gewinnen, die eine stärkere Praxisorientierung der Theorie vorzie-hen wollen. Auch in der Dachdecker-firma von Jost Presuhn absolviert ein Studienabbrecher nun seine Lehre. „Im Unterschied zu anderen Lehrlingen weiß er als 22-Jähriger schon, wie das Leben spielt“, sagt der Handwerksmeister.

Der Betrieb in Wunstorf bei Hannover wird heute in der fünften Generation geführt. Doch gegen die Verwerfungen am Arbeitsmarkt kann Tradition we-nig ausrichten: Wie Schwamborn klagt auch Presuhn, der zwölf Mitarbeiter beschäftigt, über drastisch sinkende Bewerberzahlen. „Heute will doch nie-mand mehr auf den Bau“, beklagt sich der Dachdeckermeister über den herben Imageverlust des Handwerks. Dass er durch Vermittlung der Handwerkskam-mer einen Studenten als Azubi an Bord lotsen konnte, verknüpft er deshalb mit hohen Erwartungen. Nicht nur sein be-triebswirtschaftliches Wissen könne

dem Betrieb helfen. „Ich verspreche mir während der Ausbildung, dass wir von ihm auch als Mensch profitieren.“

Vom potenziellen Führungsnach-wuchs zeigen sich auch andere Firmen im Bauhandwerk angetan. Wie Grün berichtet, habe ein junger Mann, der eine Maurerausbildung mit dem Tri-alen Studium kombinieren möchte, um später Bauleiter zu werden, bereits drei Zusagen von Bauunternehmen erhal-ten. Insgesamt hätten sich schon 30 Be-triebe als Ausbilder für Triale Studenten ins Gespräch gebracht. „Inserieren sie Ausbildungsangebote in unserer Lehr-stellenbörse, teilen sie darin gleich mit, dass auch Interessenten für ein Triales Studium willkommen sind“, so Grün.

Diese Dynamik in der Nachfrage er-hoffen sich auch die Verantwortlichen, die gemeinsam mit der Hochschule Nie-derrhein das neue Triale Studium auf den Weg gebracht haben. Frank Mund, Vorstand der KFZ-Innung Mönchen-gladbach und einer der Drahtzieher des neuen Studienangebots, weist darauf hin, dass in der Region demnächst 9.000 Betriebe altersbedingt übergeben wer-den müssen. Nicht nur für die Nachfolge böten sich Absolventen des Trialen Stu-diums perspektivisch an, auch für an-dere Führungspositionen. Abiturienten, „die nicht intelligenter sind als vor 20 Jahren“, sagt Mund, sollten das Hand-werk wieder als spannendes Berufsfeld entdecken und sich darin zu Führungs-kräften entwickeln, die der Wirtschafts-zweig so dringend benötige. Denn: „Es ist unglaublich schwer, qualifizierte Fili-alleiter, Verkaufsleiter oder Serviceleiter zu finden. Sie müssen ein gutes Zahlen-verständnis mitbringen, technisches Ver-ständnis zeigen und sich führungsstark erweisen. Das erwarten Kunden und Mit-arbeiter von ihnen.“ In diese Lücke sollen die Absolventen des Trialen Studiums stoßen. Wer sich für das anspruchsvolle Programm entscheidet, sagt Mund, „der brennt und hat Biss“.

Wahrscheinlich würden Absolventen den erlernten Handwerksberuf gar

nicht mehr ausüben, sondern als Füh-rungskraft tätig sein, erwartet Mund. „Während des Studiums erhoffe ich mir von den Studenten, dass sie ihre Studi-enarbeiten betriebsbezogen schreiben und so Ideen in die Betriebe einbringen, die wir sonst auf dem Markt einkaufen müssten.“ Derzeit liefen Gespräche zwi-schen der Innung und der Hochschule Niederrhein, damit im folgenden Stu-dienjahr 2016 auch Anwärter für KFZ-Berufe nachziehen können.

Antwort auf einen wichtigen Wunsch

Halten wir fest: Das Triale Studium als Weiterentwicklung der ausbildungsinteg-rierten Dualen Studiengänge scheint den Nerv des Handwerks zu treffen. Forsche-rin Krone begrüßt dies auch, mahnt aber zu Vorsicht. Untersuchungen zu Dualen Studiengängen hätten gezeigt, dass die Verknüpfung von Berufsausbildung und Hochschulausbildung nicht immer gut funktioniere. Zudem müssten Studieren-de desselben Studiengangs in ihren je-weiligen Betrieben mit sehr unterschied-lichen Bedingungen zurechtkommen. „Deshalb plädieren wir für die Entwick-lung von einheitlichen Standards, an die sich alle Beteiligten halten müssen“, sagt Krone. Denkbar wäre, der Gesetzge-ber würde sie ins Berufsbildungsgesetz schreiben.

WINFRIED GERTZ ist freier Journalist in München.

VIDEO

In der Personalmagazin-App finden Sie ein Video der Handwerkskammer, in der das Triale Studium in Hannover erläutert wird. Außerdem finden Sie dort Videos mit O-Tönen von Trial-Studierenden und Ausbildern.

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Ausbilder beklagen sich gerne über Motivation und Können von Azubis: Faul seien sie, undiszipliniert, und richtig

rechnen und schreiben könnten sie obendrein nicht, heißt es etwa in einer DIHK-Studie. Dagegen fühlen sich laut Befragung von Ausbildung.de viele Azu-bis unterfordert. Dass diese sich offen-bar langweilen, während die Ausbilder sie als unmotiviert wahrnehmen, hängt sicher nicht nur an der Einstellung der Azubis. Auch die Ausbilder sollten hin und wieder ihre Methoden „aufpimpen“.

Ein Ansatzpunkt dafür können attrak-tive, zeitgemäße Lehr- und Lernformate sein, die im Vergleich mit Angeboten wie Facebook, Youtube und Co. bestehen. Wie können solche Formate aussehen? Wir haben uns in zwei Projekten, in de-nen neue Lehr- und Lernmethoden für die Ausbildung erprobt werden, und in zwei Betrieben, die ihre Azubis als enga-giert und lernwillig erleben, umgehört.

Lernen mit Augmented Reality

Eine nahe liegende Möglichkeit ist, die Jugendlichen beim Lernen in der Ausbil-dung damit zu locken, was sie in ihrer Freizeit ganz selbstverständlich nut-zen: „Mobile Endgeräte sind das ideale Mittel, um technikaffine Jugendliche zu erreichen“, sagt Thomas Hagenhofer, Projektkoordinator beim Zentral-Fach-ausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA). Im Projekt „Social Aug-mented Learning“ erproben Hagenho-fer und seine Kollegen den Einsatz von

Von Andrea Sattler (Red.) Augmented Reality in der Berufsausbil-dung in der Druckindustrie. Das Lernen mit der digital erweiterten Realität wird aktuell an acht Berufsschulen und zwei Ausbildungsbetrieben getestet, Heidel-berger Druck ist einer der Partner.

Dort können Azubis mittels Augmen-ted Reality Abläufe in der Druckma-schine auf ihrem Tablet anhand eines 3-D-Modells verfolgen, während diese

läuft (siehe Bilder). Doch es kann mehr: „Das Lernen mit Augmented Reality hat das Potenzial, dem Lerner beim arbeits-platzorientierten Lernen Zusatzinfos zur Verfügung zu stellen: Er kann bei Bedarf auf tiefergehende Lerninhalte zurück-greifen und daher selbstgesteuert direkt an der Maschine arbeiten“, berichtet Hagenhofer. „Er braucht keine Bücher oder Web-based-Trainings mehr.“ So er-halten die Lerner auf ihrem Gerät etwa Zusatzinformationen zu Abläufen und Bauteilen. Zudem lassen sich die mobi-len Geräte verknüpfen. Ein Azubi kann etwa ein Bauteil markieren, Kommenta-re einfügen und mit den anderen teilen. Per Blog oder Wiki können die Azubis in-teragieren – auch standortübergreifend. Die Ausbilder können die Technologie

also für geführten Unterricht einsetzen, gleichzeitig aber auch das selbstorgani-sierte Lernen fördern. Mittels eines Au-torentools können Ausbilder die Inhalte erweitern. „Im Zeitalter von Social Me-dia ist es erforderlich, dass Lernmaterial nicht tot produziert wird, sondern erwei-terbar und interaktiv ist“, so Hagenhofer.

Die neue Technologie fordere den Ausbildern aber auch einiges ab. Sie

könnten die neuen Möglichkeiten nicht mittels alter didaktischer Konzepte auf-bereiten. „Es gilt das Gleiche wie beim E-Learning: Es reicht nicht, die Technik zur Verfügung zu stellen. Es braucht ad-äquate Inhalte und diaktische Konzepte auf hohem Niveau“, so Hagenhofer.

Lernplattform mit 28 digitalen Tools

Wie digitale Lernformate künftig mit didaktischen Konzepten verknüpft wer-den können, erproben Jens Hofmann und seine Kollegen gerade im vom BMBF geförderten Projekt „Chemnet“ in der Ausbildung und der beruflichen Aufstiegsqualifizierung im Chemiebe-reich. Daraus ist die Web-2.0-Lernplatt-form „Chemnet“ mit 28 verschiedenen Tools – etwa Foren, Blogs, Wikis und

Der Konsument wird ProduzentPRAXIS. Frontalbeschallung war gestern: Zeitgemäße Entwicklungsformate in der Ausbildung fördern das eigenständige Lernen. Was in der Praxis ausprobiert wird.

„In Zeiten von Social Media muss Ler-nen interaktiv und erweiterbar sein.“ Thomas Hagenhofer, Projektkoordinator beim Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA)

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Chats – hervorgegangen, die Hofmann, Mitarbeiter für bildungsbezogene Pro-jektarbeit bei der Sächsischen Bildungs-gesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe, betreut. Er und seine Kollegen arbeiten mit 130 Unternehmen zusammen, wissenschaftlicher Input kommt von der TU Dresden.

Auf dieser Grundlage wird die Platt-form in Iterationsschleifen ständig weiterentwickelt. Jeder Ausbilder kann sich dort die passenden Tools für seine Azubis heraussuchen, um sie zu einem

„schönen, bunten Mosaik“ zusammen-zufügen, so Hofmann.

Um digitales und analoges Lernen zu verzahnen, könnten Ausbilder etwa die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts ins Tool verlegen – etwa, indem sie die Azubis dort Fallstudien mit Selbstlern-aufgaben erarbeiten lassen. Daneben können damit die Lernorte, also die Berufsschule, der Betrieb und gegebe-nenfalls die überbetriebliche Bildungs-einrichtung, stärker vernetzt werden. Ein Beispiel dafür ist eine „Azubi-Am-

pel“, mit deren Hilfe sich die Verantwort-lichen aus den drei Lernorten mittels Ampelfarben-Visualisierung über den Kenntnisstand der Azubis informieren.

Zudem müsse man Zusatzangebote schaffen, um die Nutzer in die Plattform zu locken und dort zu binden – etwa mit-tels kollaborativer Worktools, mit denen Azubis etwa Online-Protokolle über La-borexperimente verfassen, einzeln oder im Team, und diese dann an den Ausbil-der schicken. „Man muss es mittelfristig schaffen, dass die Azubis den Bogen vom Konsumenten zum Produzenten schla-gen“, lautet Hofmanns Fazit. Dabei dürfe man sie jedoch nicht allein lassen. Bei Chemnet werden die Ausbilder daher zur Didaktik digitaler Medien geschult.

Arbeitsauftrag mit vielen Freiheiten

Die Lerner zum eigenständigen Lernen zu motivieren, aber sie dennoch nicht al-

Beim Lernen mit Augmented Reality können Azubis die Abläufe in laufenden Maschinen – hier im Druckbereich – live auf dem Tablet verfolgen, Kommentare einfügen und diese miteinander teilen.

„Digitale Lernformate fügen sich zum schönen, bunten Mosaik zusammen.“Jens Hofmann, Mitarbeiter für bildungsbezogene Projektarbeit, Sächsische Bildungsgesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe

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33TITEL_AUSBILDUNG

08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

leine zu lassen: So lautet auch das Kon-zept beim Ausbildungsunternehmen Laudert. Der Medien- und IT-Dienstleis-ter mit Hauptsitz in Vreden hat schon verschiedene Auszeichnungen für seine Ausbildung erhalten. Was kommt bei der Azubi-Zielgruppe besonders gut an? „In Feedbackrunden loben unsere Azu-bis besonders, dass sie viele Freiheiten

genießen“, sagt Hermann Breuers, Aus-bilder Mediengestalter bei Laudert. „Wir geben unseren Azubis beispielsweise die Aufgabe, innerhalb von zwei Tagen eigenständig ein neues Werbemittel zu entwerfen“, so Breuers. Neben solchen Ad-hoc-Aufgaben gestalten sie alle zwei Jahre die Laudert-Ausbildungskampag-ne neu, die die Firma unter www.mach-was-mit-medien.de präsentiert – Emplo-yer Branding von Azubis für Azubis.

Als Input für eigenständige Aufgaben stellen die Ausbilder ihnen verschiedene Lehrmaterialien, unter anderem Online-Tutorials zur Verfügung – damit die Ju-gendlichen „auch mal was Abgedrehtes ausprobieren können“, so Breuers. Be-liebt bei Azubis sind auch praxisnahe Intermezzi wie Fotoshootings im firmen-eigenen Fotostudio. Auch hier ist ein An-satz, den Azubi vom Konsumenten zum Produzenten zu machen: „Die Azubis sollen nicht einfach „Germany‘s Next Topmodel“ im Fernsehen anschauen, sondern selbst bei Fotoshootings mitma-chen“, erläutert der Ausbilder.

Gleichzeitig können sich die Auszubil-denden jederzeit Unterstützung holen. „Wir geben uns Mühe, nehmen uns Zeit und kümmern uns um die Azubis“, so Breuers Credo. „Ein Beispiel dafür ist

unsere Prüfungsvorbereitung: Sechs Wochen vor der Prüfung können die Azubis die Themen online einsehen. Falls Bedarf besteht, gibt es Nachhil-fe, Schulungen, manchmal holen wir Azubis aus Hamburg und Stuttgart zur Nachschulung nach Vreden.“ Viel Mühe geben sich die Vredener auch schon bei der Auswahl der Azubis: Um herauszu-

finden, ob die Bewerber auch wirklich ins Team passen, würden auch mal pro Ausbildungsstelle 30 Interviews durch-geführt, sagt Breuers.

Mitspracherecht für Azubis

Ein ähnliches Konzept fährt die Hotel-gruppe Lindner bei der Auswahl der Auszubildenden zum Hotelfachmann, Hotelkaufmann und Koch: Hier wird die Messlatte ebenfalls von Anfang an hoch-gelegt, um zu vermeiden, dass erst im dritten Lehrjahr auffällt, dass Azubi und

Betrieb nicht zusammenpassen. Sind die Azubis eingestellt, geht es los mit einem speziellen, zweitägigen Onboardingse-minar. Bei regelmäßigen Probezeit- und Feedbackgesprächen wird die Passung ständig überprüft. Dank dieser Feed-backmechanismen sei es noch nie der

Fall gewesen, dass die mangelnde Pas-sung erst im dritten Lehrjahr aufgefal-len sei, sagt Silke Beyer, Corporate Ma-nager Human Resources bei der Lindner Unternehmensgruppe. Für Azubis und duale Studenten, deren Übernahme be-vorsteht, führt Lindner jährlich den so-genannten „Lindner Day to Stay“ durch, um Karriere- und Entwicklungsmög-lichkeiten vorzustellen und diese mit Geschäftsführung und Führungskräften zu diskutieren.

Mitspracherecht genießen die Azu-bis bei Lindner auch an anderer Stelle. In der jährlichen Mitarbeiterbefragung haben sich die Azubis etwa eine andere Art der Kommunikation gewünscht – bei ihnen käme alles an, das online und vom Computer aus läuft, so Beyer. Lindner hat daraufhin ein neues Intranet mit Social-Media-Elementen eingeführt. Ei-ne Arbeitsgemeinschaft aus Azubis hat dort sogar eine eigene Site gestaltet.

Auch für Beyer gehört es zum Erfolgs-geheimnis, die Jugendlichen geleitet laufen zu lassen. „Manchmal müssen Azubis auf den richtigen Weg geschubst werden – etwa per Kurztrainings oder Vieraugengesprächen“, sagt sie. Offen-bar hat sich die Methode bewährt: Sowohl Linder als auch Laudert können über-durchschnittliche Übernahmequoten vorweisen. Lindner hat im vergangenen

Jahr 69 Prozent der Azubis eingestellt – deutlich mehr als in der Hotelbranche üblich. Laudert hat Ausbilder Breuers zufolge in den vergangenen sechs Jahren sogar fast 90 Prozent übernommen. Und zwei Drittel aller Ex-Azubis sind Laudert noch immer treu.

„Manchmal müssen Azubis auf den rich-tigen Weg geschubst werden – etwa per Kurztraining oder Vieraugengespräch.“Silke Beyer, Corporate Manager HR, Lindner Unternehmensgruppe

„Azubis sollen nicht einfach ‚Germany‘s Next Topmodel‘ anschauen – sondern selbst bei Fotoshootings mitmachen.“ Hermann Breuers, Leiter Ausbildung bei Laudert

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34 MANAGEMENT_NEWS

Deutsche Unternehmen unterschätzen das informelle Lernen. Zu diesem Schluss kommt der Ökonom Andries de Grip von der Universität Maastricht, der den internationalen Forschungsstand zur Kultur des informellen Lernens zusam-mengefasst hat. Danach berichten in einer OECD-Studie nur 26 Prozent der deutschen Arbeitnehmer von täglichem Erkenntnisgewinn durch „Learning by Doing“, während es in den USA 44 Pro-zent sind. Das widerspricht der populären Bildungsformel „70-20-10“, die besagt, dass Lernen zu 70 Prozent aus „Learning on the Job“, zu 20 Prozent aus Lernen von anderen und zu zehn Prozent aus formeller Weiterbildung besteht. Eine Erklärung für diesen Widerspruch liefert Professor Axel Koch, Hochschule für angewandtes Management in Erding, in Ausgabe 5/2015 der „wirtschaft + weiterbildung“: Die Formel setze einen selbstverantwortlichen, lernwilligen, mo-tivierten und transferstarken Mitarbeiter voraus. Genau dieser Typ sei in Deutsch-lands Unternehmen in der Minderheit.

70-20-10 auf dem Prüfstand

NACHGELESEN

Dauer Durchschnittlich 28,8 Tage müssen sich Bewerber in Deutschland von der Bewerbung bis zum Jobangebot gedulden. Das ergibt eine Analyse der Nutzerdaten von Glassdoor.com. Die Tendenz ist danach allerdings schon seit 2010 steigend.

Vorbereitung Nicht einmal jeder zweite Student fühlt sich von seinem Studium gut auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbe-reitet, so das Ergebnis einer Online-Umfrage des Jobportals Talerio unter 227 Studenten aus zwölf Fachrichtungen. Viele Studenten werden darum offenbar zu Autodidakten: 55 Prozent von ihnen geben an, sich die erforderlichen Fähigkeiten selbst angeeignet zu haben.

Täuschung Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern keine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit gönnen, greifen diese zuweilen zu ungewöhnlichen Mitteln: In einer Studie der Universität Boston offenbaren Mitarbeiter einer Beratungsfirma, ihrem Chef den Workaholic vorzugaukeln – um heimlich mehr Zeit für ihre Familie zu haben.

NEWS DES MONATS

+++ Aktue l le News +++ H inte rg ründe +++ täg l i ch unte r www.haufe .de/persona l +++

Wenn Narzissten führen

Gut drei Viertel der weiblichen Führungskräfte berichten davon, dass sie schon einmal aufgrund ihres Geschlechts am Arbeitsplatz diskri-miniert wurden, so eine Umfrage des Verbands „Die Führungskräfte

– DFK“ unter 120 Managerinnen. Die Studienautoren fragten auch danach, wo aus Sicht der Frauen die Ursachen für ihre Benachteiligung liegen könnten. 2012 nannten die Teilnehmerinnen dabei noch auf Platz zwei ein schlechtes Selbstmarketing; 2014 liegt dieser Grund nur noch auf Rang 4. Allerdings belegt eine US-Studie, dass Männer die größeren Narzissten seien – was mit einem größeren Durchsetzungsvermögen und Machtstreben einhergehe. Die Autoren, Wissenschaftler der School of Management der University at Buffa-lo, vermuten, dass Frauen ihren Narzissmus eher unterdrücken – und unter anderem deshalb seltener im Top-Management vertreten sind.

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08 / 15 personalmagazin

35MANAGEMENT_DIENSTLEISTUNGEN

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

NEUES PORTAL. Fachkraftauktion.de ist eine neue Internetplattform für Fachkräfte in Mangelberufen. Das Innovative daran: Die Arbeitgeber be-werben sich dort bei Arbeitnehmern. Fachkräfte können ihre Wünsche an einen Arbeitsplatz einstellen und sich eingehende Angebote ansehen, bevor sie mit einem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen. www.fachkraftauktion.de

STELLENANZEIGEN. Personalberatungen nutzen bei der Kandidatenansprache in hohem Maße Stellenanzeigen. Das ergab eine Umfrage der HR Consult Group unter 250 Beratungen. 70 Pro-zent setzen generell auf eine anzei-gengestützte Suche, lediglich sechs Prozent machen keinen Gebrauch von Inseraten. Damit hat die Bedeu-tung der Stellenanzeige für Perso-nalberatungen im Vergleich zu einer Umfrage von 2013 deutlich zugenom-men, trotz des Trends zum Social Re-cruiting. www.hr-consult-group.de

DIENSTLEISTUNG. Unter dem Namen „Search & Ident“ bietet Experteer eine neue Dienstleistung. Diese soll die zeitaufwendige Suche und Identifikation geeigneter Fach- und Führungskräfte abdecken. Hierfür werden in einem Beratungsgespräch der aktuelle Rekrutierungsbedarf und das ideale Kandidatenprofil festgelegt, dann suchen die Partner im Experteer-Pool nach passenden Kräften, die auch Interesse an der Vakanz bekunden, und liefern dem Unternehmen eine Liste geeigneter Kandidaten. www.experteer.de

SPEZIALISTENBÖRSE. Die Plattform „Get in IT“ zielt auf einen Interessen-abgleich auf Augenhöhe zwischen Bewerbern und IT-Unternehmen ab. Arbeitnehmer können sich über gut 2.300 Einstiegsprogramme informie-ren und Arbeitgeber können nach IT-Nachwuchskräften suchen, die sich dort vorstellen. www.get-in-it.de

Neues von den Stellenmärkten

Mehr Umsätze in der Zeitarbeit

Der Zeitarbeitsmarkt ist 2014 um 7,7 Prozent auf 24 Milliarden Euro angewachsen. Auch die Zahl der

Zeitarbeitnehmer ist nach zwei Jahren Rückgang leicht (um knapp drei Prozent) angestiegen. Gleichzeitig sind die Markt- erwartungen der Anbieter trotz guter Kon-junkturdaten für das laufende Jahr 2015 wenig optimistisch. Im Durchschnitt rech-nen die 25 größten Anbieter lediglich mit einem Umsatzwachstum im Markt von drei Prozent, so die Ergebnisse der aktu-ellen Lünendonk-Liste. www.luenendonk.de

KURZNACHRICHTEN

Fusion am ZeitarbeitsmarktDie Manpower-Group Deutschland über-nimmt die 7-S-Group. Damit wächst das Unternehmen nach eigenen Angaben auf 27.000 Mitarbeiter und einen Um-satz von über 850 Millionen Euro an und rückt auf Platz drei der Personaldienst-leister in Deutschland vor. Spätestens im September soll die Übernahme formal abgeschlossen sein, bis dahin müssen die deutschen und europäischen Kartell-ämter der Akquisition noch zustimmen. www.manpowergroup.de

Mitarbeiterbindung aus Japan Der Incentive-Anbieter Benefit One Inc. Japan bietet seit knapp 20 Jahren japa-nischen Firmen ein Incentive-Programm an, das die Mitarbeiter langfristig zu mehr Engagement anspornen soll. Ein Teil des Firmenbudgets wird in „Incentive Points“ umgewandelt, die die Mitarbeiter je nach Arbeitsleistung erhalten. Sie kön-nen in frei wählbare Belohnungen um-getauscht werden. Vor Kurzem hat das Unternehmen die erste Niederlassung in Deutschland gegründet. Von München aus will es in weitere europäische Länder expandieren.

Vielfältig Rekrutieren Kleine und mittlere Unternehmen dabei zu unterstützen, die Vielfalt in der Beleg-schaft zu erhöhen – mit dieser Zielset-zung entwickelte das Institut für Arbeit und Personal (IAP) der FOM Hochschule eine Toolbox zur diversitätsorientierten Rekrutierung. Die Instrumente sollen da-bei helfen, den Prozess zu strukturieren, die Objektivität der Auswahl zu erhöhen, konkrete Anforderungen in den Mittel-punkt zu stellen und den Bewerberpool zu vergrößern. Die kostenfreie Toolbox hat vier Bestandteile: Anforderungspro-fil, Stellenanzeige, Bewerbungsmanage-ment und Einstellungsgespräch. www.fom.de/forschung/insitute/iap.html

Anhand der Umsatzzahlen 2014 be-stimmte Lünendonk die führenden Zeitarbeits- und Personaldienstleis-tungsunternehmen in Deutschland.

QUELLE: LÜNENDONK GMBH, KAUFBEUREN, 2015

TOP TEN

Umsatz (in Mio. Euro)

Zeitarbeit-nehmer

Randstad

Deutschland

1.949,3 55.000

Adecco Germany 1.629,3 37.300

Persona Service 709,5 19.000

Autovision

Zeitarbeit

618,0 11.200

Manpower-Group 590,2 19.958

I.K. Hofmann 578,0 17.114

Dekra Arbeit 318,0 8.743

7S Group 294,5 7.261

ZAG Zeit arbeits-

Gesellschaft

270,0 10.000

Orizon 261,6 7.139

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36 MANAGEMENT_MITARBEITERORIENTIERUNG

personalmagazin 08 / 15

Inwiefern erfahren Mitarbeiter Wert-schätzung in ihrem Arbeitsalltag? Diese Frage haben das Institut für angewandtes Wissen e. V. (IAW-

Köln) und die Hochschule der Sparkassen Bonn im Mai dieses Jahres über 1.500 Mit-arbeitern branchenübergreifend in ganz Deutschland gestellt. Der Anlass zu die-ser Befragung lässt sich in zwei zentralen

Von Uwe Döring-Katerkamp Aussagen darstellen: Zum einen betrach-ten wir beim IAW-Köln Wertschätzung als ethische Forderung, wie man Menschen in der Arbeit behandeln sollte. Insofern ist Wertschätzung ein Wert an sich, der eigentlich nicht weiter hinterfragt werden müsste. Zum anderen macht Wertschät-zung aber auch aus der Perspektive von Unternehmen Sinn; denn ein wertschät-zendes Umfeld bringt im Allgemeinen ein höheres Engagement der Mitarbeiter

hervor, das sich letztlich in mehr Effizi-enz niederschlägt. Ebenso zeigen immer wieder Umfragen, dass ein wertschätzen-des Umfeld ein wichtiges Kriterium zur Gewinnung neuer, guter Mitarbeiter ist.

Allerdings – so viel sei über die Ergeb-nisse unserer Umfrage vorweggenom-men – steht es bisher nicht allzu gut um die Wertschätzung in den Unternehmen. Dass nur rund fünf Prozent der Befragten keinen Handlungsbedarf in Sachen Wert-

Da geht noch was …STUDIE. Eine wertschätzende Führungs- und Unternehmenskultur ist das Ziel vieler Organisationen. Doch laut einer aktuellen Umfrage ist es damit nicht weit her.

Mitarbeiter erwarten mehr als Blabla von ihren Chefs. Sie wünschen sich Wertschätzung in Aussagen und Taten.

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

schätzung sehen, zeigt, dass hier noch Luft nach oben besteht.

Die genannten Gründe wären eigent-lich ausreichend genug um zu erkunden, wie es um die Wertschätzung der Mitar-beiter aussieht. Uns war jedoch ein wei-terer Aspekt wichtig. Wir wollten nicht nur zu generellen Aussagen in Bezug auf Wertschätzung kommen, sondern bei Bedarf Handlungsfelder aufzeigen, die im Unternehmen auch konkret bearbei-tet werden können und zu einer Verbes-serung der Situation führen. Denn nur wenn klar erkennbar ist, wie sich ein Arbeitsalltag gezielt wertschätzender gestalten lässt, und dass sich hieraus für alle Beteiligten auch Vorteile ergeben, hat das Thema Wertschätzung dauerhaft eine Chance. Insofern wollen wir zu Be-ginn ein Verständnis von Wertschätzung im Arbeitsumfeld anbieten, aus dem sich konkrete, einzelne Handlungsebenen und Handlungsfelder ableiten lassen, die ebenso konkret und pragmatisch im Arbeitsalltag bearbeitet werden können. Zugrunde liegen hierzu die praktischen Erfahrungen, die wir beim IAW-Köln in Zusammenarbeit mit Unternehmen sam-meln konnten.

Was bedeutet eigentlich Wert­schätzung in der Arbeit?

Verkürzt und nach Wikipedia wieder-gegeben, bezeichnet Wertschätzung die positive Bewertung eines anderen Men-schen als Ganzes. Wertschätzung ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zu-gewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Diese Vorstellung haben wir auf die besonderen Bedingun-gen der Arbeitswelt übertragen. Hier hat man es per se mit einem System zu tun, bei dem gegenseitige Leistungserwartun-gen die Grundlage der Zusammenarbeit bilden. Jegliche Form der Erwartung an den anderen, des Umgangs miteinan-der sowie der Belohnung und Anerken-nung, sind hier letztlich mit einer kon-kreten Arbeitssituation und dem Erfolg des Handelns und der Arbeit gekoppelt.

Wertschätzung, im hier verwendeten Ver-ständnis, bezieht sich demnach auf eine bestimmte Art und Weise miteinander umzugehen, um den Arbeitsalltag von Menschen zu gestalten und zu leben.

Hierbei sind Mitarbeiter traditionell in einer abhängigen Position; sie erfahren, wie mit ihnen umgegangen wird – was bisher nicht immer als wertschätzend bezeichnet werden kann. Waren sie in den frühen Zeiten der Industrialisierung lediglich Ressourcen und Befehlsemp-fänger, so hat sich im Laufe der Zeit ein Wandel vollzogen, der jetzt mit dem Mit-arbeiter als wertgeschätzten Menschen, zum Finale kommen soll. Das heißt, die rein funktionale Betrachtungsweise hat sich weiterentwickelt; die Mitarbeiter wurden immer umfassender mit ihrem Können, ihren Ideen und ihrer Verant-wortungsbereitschaft wahrgenommen und behandelt. Die letzte Stufe bildet jetzt die Wertschätzung, sprich, die Er-kenntnis, dass Mitarbeiter Menschen sind mit Vorstellungen, Erwartungen Emotionen und Fähigkeiten. Jeder Ein-zelne möchte als Mensch in seiner Ganz-heit gesehen und behandelt werden bei der Ausgestaltung der Arbeitswirklich-keit, in der er jeden Tag seinen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens erbringen soll und in der Regel auch will.

Hier zeigt sich ein weiterer wichtiger Punkt zum Thema Wertschätzung in der Arbeit: Welche Vorstellungen, Emp-findungen et cetera ein Mitarbeiter hat, kann kein Unternehmen und auch keine Führungskraft im Vorfeld wissen. Diese Punkte gilt es mit den Mitarbeitern in ih-rem konkreten Arbeitsumfeld zu klären.

Drei Handlungsebenen für Wertschätzung

Wie und wo kann nun ein Unternehmen aktiv werden, um Wertschätzung in prak-tisches Handeln umzusetzen? Hier bieten sich drei Handlungsebenen an.

Erstens: Strukturelle Maßnahmen – hierunter werden an dieser Stelle gene-relle Maßnahmen verstanden werden, die sich pauschal auf alle Mitarbeiter

auswirken. Hierzu zählen beispielswei-se Formen der gerechten Entlohnung, Mitspracherechte, Maßnahmen für ein gesundes Arbeitsumfeld oder Gleichbe-rechtigung.

Zweitens: Führungskräfteentwicklung – hier gilt es, durch entsprechende Maß-nahmen Verständnis zu erzeugen sowie eine Einstellungs- und Verhaltensände-rung zu bewirken. Führungskräfte sol-len auf diese Weise in die Lage versetzt werden, durch verändertes Handeln ein wertschätzendes Umfeld zu ermöglichen, beziehungsweise bei ihren Mitarbeitern Wertschätzung hervorzurufen.

Drittens: Veränderung der Arbeits-wirklichkeit – das unmittelbare Umfeld eines Mitarbeiters, also sein Bereich, in dem er sieht, was zu tun ist und wo seine Fähigkeiten zum Tragen kommen, wo er gestalten kann und oft auch will. In die-ser persönlichen Arbeitswirklichkeit gilt es, den Mitarbeiter ernst zu nehmen und mit ihm zu klären, wie diese Arbeits-wirklichkeit beschaffen sein sollte. Auf der Ebene der Arbeitswirklichkeit lassen sich am einfachsten und am schnellsten Maßnahmen ergreifen, durch die für alle Beteiligten der Vorteil eines wertschät-zenden Umgangs unmittelbar zu erfah-ren ist.

Vier Handlungsfelder für die Maßnahmen

Auf jeder der drei Ebenen lassen sich nun wiederum die vier folgenden, ein-deutigen Handlungsfelder abgrenzen, in denen Führungskräfte Maßnahmen angehen können.• Respekt: Mitarbeiter wollen ernst ge-nommen werden, eigene Sichtweisen und Themen einbringen können, Ant-worten auf Fragen erhalten. Respekt

ADD-ON

In der Personalmagazin-App finden Sie die einzelnen Ergebnisse der Umfrage dargestellt in Tabellenform.

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38 MANAGEMENT_MITARBEITERORIENTIERUNG

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tig über Dinge informiert zu werden, die sie in ihrer Arbeitswirklichkeit betref-fen. Das heißt, das Gefühl in der Arbeit als Mensch mit Fragen, Bedürfnissen et cetera gesehen zu werden, statt nur Kompetenzträger und Ressource zu sein, wird in weiten Teilen nicht empfunden.

Im Feld der „Chancen und Selbst-wirksamkeit“ stellt sich die Frage, wie sich Mitarbeiter einbringen können und welche Chancen sie erhalten. Fast 60 Prozent der Mitarbeiter können eigene Ideen und Meinungen einbringen. Cir-ca 70 Prozent genießen vonseiten ihrer Führungskraft das Vertrauen, notwen-dige Entscheidung für ihre Arbeit selbst zu treffen. Allerdings erhält nicht einmal jeder zweite Mitarbeiter den Freiraum, eigene Vorstellungen und Ideen auch umsetzen zu können. Entsprechend glauben auch nur gut 40 Prozent, dass sie ihre Fähigkeiten bestens in ihrer Ar-beit zur Geltung bringen können.

Wie kann man dies verstehen? Auch wenn man annimmt, dass nur in jedem zweiten Fall durch die Mitarbeiter eine Arbeit verbessert werden kann, bleibt hier immer noch ein großes Potenzial ungenutzt. Entsprechend hat nicht ein-mal jeder zweite Mitarbeiter das Gefühl ,einen befriedigenden Job zu machen.

Im Handlungsfeld von „Erfolg und An-erkennung“ sieht es noch schlechter aus: Nicht einmal ein Drittel der Befragten hat das Gefühl, dass das Unternehmen seine Fähigkeiten und Leistungen an-erkennt. Und nur jeder Fünfte hat das Gefühl, dass diese Anerkennung in der

bedeutet, den Mitarbeiter in dieser um-fassenden Rolle zu sehen, zu akzeptieren und als Grundlage für die (Mit-)Gestal-tung von Arbeitswirklichkeit zuzulassen. • Chancen: Mitarbeiter wollen sich in ihrem vertrauten Bereich einbringen können und Gestaltungschancen für die eigenen Vorstellungen erhalten. Mit Blick auf die eigene Arbeitswirklichkeit finden Mitarbeiter beinahe immer The-men, die ihrer Meinung nach angepackt werden sollten und bei denen sie Vor-stellungen haben, wie dies gemacht wer-den sollte. Es gilt, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, hier aktiv zu sein. • Selbstwirksamkeit: Mitarbeiter wol-len sich als kompetent im Handeln er-fahren. Sie möchten erleben, dass sie gerade auch eigene Ideen umsetzen können; dass sie fähige Akteure sind.• Erfolg und Anerkennung: Mitarbeiter möchten Wertschöpfung und Erfolg des eigenen Handelns erleben und Bestäti-gung als erfolgreicher Mensch gerade auch im sozialen Umfeld erfahren.

Wie man nun leicht nachvollziehen kann, stellt Wertschätzung für uns kei-ne eindimensionale Belobigung vom Vorgesetzten dar, sondern zeigt sich in der Art und Weise, wie auf drei un-terschiedlichen Handlungsebenen vier unterschiedliche Handlungsfelder be-arbeitet und ausgestaltet werden. Da-bei interessiert uns am allermeisten die unmittelbare Arbeitswirklichkeit, da hier die Mitarbeiter am schnellsten und effektivsten ein wertschätzendes Arbeitsumfeld mitgestalten können. Auf diesen Bereich konzentrierte sich dann auch die Befragung.

Was sagen die Mitarbeiter zur Wertschätzung ihrer Chefs?

Nach dieser, zugegebenermaßen etwas umfangreicheren Einführung, stellen wir nun die wichtigsten Ergebnisse dar: Alle Aussagen konnten von Teilnehmern auf einer fünfstufigen Skala von „Trifft gar nicht zu“ bis „Trifft völlig zu“ bewer-tet werden. Die neutrale Position wurde als eher negativ bewertet. Die Fragen be-

trafen einzelne Handlungs felder sowie zum Abschluss auch generalisierende Aussagen zum Thema Wertschätzung, womit wir auch anfangen möchten. Die Frage, ob die Mitarbeiter die Wertschät-zung erhalten, die sie sich in der Arbeit erwarten, wird nur von 28 Prozent posi-tiv beantwortet. Ein Viertel verhält sich neutral dazu, aber fast die Hälfte ist un-zufrieden mit der Situation. Daran hat sich auch in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert. Nur 14 Prozent sind der Meinung, dass sich an der Situ-ation in den vergangenen beiden Jahren etwas spürbar verbessert hat. Was den Blick in die Zukunft betrifft, so sehen nur fünf Prozent keinen Handlungsbe-darf in diesem Bereich.

Ergebnisse der Umfrage in den einzelnen Handlungsfeldern

Betrachten wir nun zunächst das Hand-lungsfeld „Respekt“: Inwieweit empfin-den sich Mitarbeiter als Menschen wahr-genommen und mit ihren Meinungen, Gefühlen, Fragen et cetera respektiert und akzeptiert? Rund 50 Prozent der Befragten haben nicht das Gefühl, mit ihren täglichen Problemen und Heraus-forderungen von Kollegen und ihrer Füh-rungskraft wahrgenommen zu werden. Dies spricht nicht für ein ausgepräg-tes Team- oder Wir-Gefühl oder für ein menschliches Miteinander. Allerdings empfinden sich rund zwei Drittel von ihrem Vorgesetzten als kompetente Ge-sprächspartner respektiert. Andererseits hat nur ein Drittel das Gefühl, rechtzei-

VIER STUFEN DER WERTSCHÄTZUNG

Es lassen sich vier eindeutige Handlungsfelder voneinander abgrenzen, in denen Füh-rungskräfte mit Maßnahmen zur Wertschätzung ansetzen können.

Respekt Chance SelbstwirksamkeitErfolg &

Anerkennung

Ernst genommen werden, eigene Sichtweisen, Fragen und Themen ein-bringen können

Gestaltungs-Chancen – auch für eigene Themen erhalten

Sich kompetent im (eigen-initiierten) Handeln erfahren

Erfolg und Bestäti-gung des eigenen Tuns erleben

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Form stattfindet, die er sich für sein En-gagement und seine Leistung eigentlich wünscht.

In der Umfrage zeigt sich also, dass in allen Handlungsfeldern der Wertschät-zung noch deutlicher Bedarf von den Mitarbeitern signalisiert wird. Um die Ergebnisse zu interpretieren, sei noch gesagt, dass rund 70 Prozent der Teil-nehmer keine Managementverantwor-tung haben und nur rund 20 Prozent ein Team mit maximal zehn Mitarbeitern lei-ten. Frauen und Männer waren fast pari-tätisch repräsentiert und unterscheiden sich in ihren Beurteilungen nicht sig-nifikant. Die Teilnehmer waren eher überdurchschnittlich gut ausgebildet. Unsere Vermutung ist, dass in einfache-

ren Berufen die Werte eher schlechter ausgefallen wären und das Gesamtbild ins Negative verschoben worden wäre.

Insgesamt lässt sich festhalten: Es gibt noch viel Luft nach oben

Wenn wir nun noch einmal die Aus-gangsdefinition von Wertschätzung ei-nes Menschen in der Arbeit betrachten, die beinhaltet, den Mitarbeiter als gan-zen Menschen, mit seinen Gefühlen und Ideen ernst zu nehmen, so ist dies für viele Mitarbeiter noch nicht erreicht – insbesondere wenn es um die Anerken-nung der eigenen Leistungen geht.

Zwar erfahren sich viele Mitarbeiter, gerade durch ihren direkten Vorgesetz-ten, als Kompetenzträger als durchaus

ernst genommen. Doch als ganzer Mensch mit Problemen und Fragen und der Mög-lichkeit sich einzubringen, fühlt sich noch nicht einmal jeder zweite Mitarbei-ter wahrgenommen und behandelt. Dies bedeutet, dass sowohl für das Empfinden der Mitarbeiter, ein wertgeschätzter Teil des Unternehmens zu sein, als auch ihr Engagement und ihren Beitrag zum Erfolg des Unternehmens, noch deutlich Luft nach oben ist und man die dort schlum-mernden Potenziale heben sollte.

UWE DÖRING-KATERKAMP ist Vorstand des Instituts für angewandtes Wissen e. V. (IAW-Köln).

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40 MANAGEMENT_GENERATION Y

personalmagazin 08 / 15

In der Jugend prägen uns Ereignis-se, Personen, Normen und Konven-tionen. Nach dem Soziologen Karl

Mannheimer behalten Menschen diese Prägung ihr Leben lang weitgehend bei. Und das ist es, was zu unterschiedlichen Generationen führt. Bezogen auf die Ar-beitswelt sind dies die Baby Boomer so-wie die Generationen X, Y und Z.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen sieht die internationale Forschung die-se vier Generationen als eindeutig un-terschiedlich an – egal, welche Art von

„Es gibt definitiv Unterschiede“Studien man zugrunde legt: Aus evi-denzbasierten Schilderungen der Praxis, wie sie beispielsweise Manuela Müller-Gerndt und Patric Traut von IBM präsen-tieren, wird deutlich, dass die Vertreter der vier Generationen ganz unterschied-liche Problemlösungsstrategien fahren. Danach lassen sich Angehörige der Ge-neration X als unabhängig, Y-Vertreter als kooperativ und Z-Zugehörige als glo-bal vernetzt-unabhängig beschreiben.

Auch empirisch groß angelegte Stu-dien, wie die von Argo oder Randstad,

Wir gehören beide der „Genera-tion X“ an, sind also beschei-dene Konsumverweigerer.

Gleichzeitig sind wir auch Kinder der „Generation Golf“, somit markenbe-wusste Hedonisten. Viel lässt sich phi-losophieren über die Auswirkungen verschiedener gesellschaftlicher Ein-flüsse auf die Kinder der jeweiligen Zeit. Sicher, die „Generation Youtube“ besitzt andere technische Fertigkeiten als die „Flakhelfergeneration“. Die grundlegen-den Werte und Einstellungen aber haben

duen anhand von Typen erscheint intu-itiv und ein solches Schubladendenken erleichtert den Umgang mit den leicht zu definierenden Gruppen. Wissen-schaftlich haltbar ist es aber nicht und eine darauf aufbauende Personalpolitik verfehlt.

Die Frage nach der Andersartigkeit verschiedener Generationen ist letztlich eine empirische, aber auch hier können Interpretationen divergieren. Ein Bei-spiel: In unserem Artikel „Viel Lärm um fast Nichts“ in der Zeitschrift „Personal Quarterly“ zur Generation Y hatten wir über eine Studie von Jean M. Twenge

„Anders als oft postuliert“sich nur wenig verändert. Auch heute legen junge Mitarbeiter ähnlich großen Wert auf das Gehalt, interessante Auf-gaben und einen sicheren Arbeitsplatz.

Warum sind Generationenkonzepte dann so populär? Einen Erklärungs-ansatz liefert der sogenannte Barnum-Effekt. Generationsbeschreibungen sind wie Horoskope, sie sind so allgemein ge-schrieben, dass immer ein Teil Wahrheit enthalten ist. Sie wirken auf den ersten Blick plausibel, sind aber ziemlicher Quatsch. Die Klassifizierung von Indivi-

UNIV.-PROF. DR. CHRISTIAN SCHOLZ, Universität des Saarlandes, hat über die Ge-neration Z ein gleichnamiges Buch verfasst.

PERSONALMAGAZIN WILL WISSEN

JA, NEIN ODER JEIN? [email protected]

Pro

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

belegen Differenzen: Generation X will ihre Meinung frei äußern, Generation Y wünscht sich Feedback und Generation Z sucht einen zuhörenden Vorgesetzten. Nach der Untersuchung von Success Fac-tors verlangt die Generation X eher nach höheren Positionen (Baby Boomer: sechs Prozent, X: 49 Prozent, Y: 24 Prozent), aber weniger nach Weiterbildung (Baby Boomer: zwei Prozent, X: 17 Prozent, Y: 40 Prozent). Beeindruckend sind auch Längsschnittanalysen wie die von Lau-ra Wray-Lake et al., die mit Daten von 1976 bis 2005 arbeitet: Sie erkennt klare Unterschiede, beispielsweise für Mate-

rialismus (Baby Boomer: 36 Prozent, Y: 51 Prozent). Schließlich kann man dazu auch einen Blick in die Metastudien wer-fen: Hier analysierten Sean Lyons und Li-sa Kuron mehr als hundert Quellen und zogen daraus eindeutige Beweise für die Gültigkeit des Generationenkonzepts.

Wenn sich die Generationen also so klar voneinander unterscheiden, warum gibt es Forscher und Berater, die keine Unterschiede erkennen? Das liegt an der prinzipiellen Schwierigkeit, Muster zu lokalisieren. Legt man beispiels-weise Babyboomer und Generation X sowie Generation Y und Z zusammen,

dann fallen durch die Mittelwertbildung Unterschiede zwischen diesen zwei Gruppen klein aus, auch wenn es klare Unterschiede zwischen den vier Grup-pen gibt. Oder aber man betont fälschli-cherweise als Beleg für Gleichartigkeit, dass alle Generationen nach Work-Life-Balance streben. Aber dieser Schluss ist trügerisch: Denn die Generation Y ver-steht unter Work-Life-Balance eher das Konzept des „Work-Life-Blending“, also einen fließenden Übergang zwischen Arbeits- und Privatleben. Dagegen sieht die Generation Z darin „Work-Life Sepa-ration“, also eine klare Trennung.

et al. berichtet, die Wertunterschiede zwischen Generationen untersucht. Auf einer Skala von 1 bis 5 ergab sich für Altruismus: Babyboomer: 3,30; Gen X: 3,27; Gen Y: 3,23. Wir nennen diese Un-terschiede gering. Christian Scholz über-setzt dieselben Werte in seinem Buch zur „Generation Z“ in „relativ hoch“, „mittel“, „relativ niedrig“ und ergänzt – manche mögen’s heiß – ohne entspre-chende empirische Basis ein „niedrig“ für die Gen Z.

Unser Fazit: Ja, es gibt Unterschiede zwischen Generationen. Diese sind aber klein und oft anders als postuliert.

JA, NEIN ODER JEIN? [email protected]

DEBATTE. Über die Generationen, die derzeit im Berufs leben stehen, wurde schon viel geschrieben – gerade über die Generation Y. Doch genauso häufig kommt die Frage auf, ob ihre Vertreter nun wirklich derart andere Werte aufweisen als ihre Vorgänger. Drei Wissenschaftler geben dazu ihre Antwort.

PROF. DR. HEIKO WECKMÜLLER, FOM Hochschule für Oekonomie und Management, PROF. DR. TORSTEN BIEMANN, Uni Mannheim, haben Generationsstudien analysiert.

Contra

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42 MANAGEMENT_WISSENSCHAFTSTRANSFER

personalmagazin 08 / 15

In der vergangenen Personalmaga-zin-Ausgabe haben wir an dieser Stelle darüber berichtet, wie Per-formance-Management-Systeme

ausgestaltet sein sollen, damit die Un-ternehmensleistung steigt. Eine ähnli-che Zielsetzung verfolgen die Autoren unseres diesmaligen Top-Journal-Ar-tikels: Was müssen Unternehmen tun, damit es zu kollektivem Engagement in Organisationen kommt – das heißt, dass sich alle Mitarbeiter für die Firma ins Zeug legen, um mehr Wert zu schaffen? Konkret untersucht die Studie anhand von 900 Beschäftigten aus 83 Banken, wie kollektives organisationales Enga-gement entsteht und sich positiv auf die Unternehmensleistung auswirkt.

Was man sich merken sollte

Kollektives organisationales Engage-ment liegt dann vor, wenn sich alle Mitarbeiter physisch, kognitiv und emotional für die Organisation in den

Von Martin Claßen und Christian Gärtner Arbeitsalltag einbringen. Die Voraus-setzungen dafür kann das Management schaffen, indem es auf drei Handlungs-feldern tätig wird: Arbeitsplatzgestal-tung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Führung. Je nachdem wie gut das Management diese Hebel strategiekonform umsetzt, steigt die Unternehmensleistung – via kollektivem Engagement – stärker oder nicht (siehe Grafik). Die durchgeführte Regressionsanalyse bestätigt diesen Zu-sammenhang.

Schon das kleine Statistik-Einmaleins lehrt, dass eine Korrelation keine Kau-salität ist. Deshalb muss der Wirkungs-zusammenhang zwischen kollektivem Engagement und positiver Wertschöp-fung noch extra erläutert werden. Die Autoren argumentieren über einen sich selbst verstärkenden Mechanismus: Es besteht insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine gute Chance, dass sich Mitarbeiter bei jenen „anstecken“, die bereits großes Engagement zeigen. Förderlich für die-se motivierende Ansteckung ist, dass in Organisationen soziale Vergleichspro-zesse stattfinden, nach dem Credo: was machen die fleißigen Kollegen und was bekommen sie dafür? Dieser Vergleichs-druck erschwert es Mitarbeitern, beim kollektiven Mitmachen nicht mitzuma-chen und in die Faulheit auszubüchsen.

Für wen oder was das Ganze gilt

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Ursache-Wirkungsbeziehungen nur zum Teil auf empirischen Daten be-ruhen und zum anderen auf theoreti-

schen Argumenten. Zudem wurde die Unternehmensleistung nur anhand des „Return on Assets“ gemessen. Dieser mag für die untersuchten Firmen zwar relevant sein, für andere Branchen zäh-len vielleicht andere Finanzkennzahlen oder gar Kunden- und Mitarbeiterzu-friedenheitsmaße. Immerhin basieren die Ergebnisse auf der Erforschung von KMU, was eine Vergleichbarkeit mit den meisten Unternehmen gewährleistet – in den USA sogar mit über 99 Prozent der Firmen, wie die Autoren betonen. Dieser Wert ist hierzulande schätzungs-weise ähnlich hoch.

Der wichtigste und der nachdenk­lichste Satz der Studie

Der wichtigste Satz lautet: „Kollektives organisationales Engagement ist eine einzigartige, wertschöpfende organi-sationale Fähigkeit und viele Gründe sprechen dafür, dass Firmen mit star-kem kollektivem organisationalen En-gagement erfolgreicher sind als andere“ (Seite 119).

Der nachdenklichste Satz lautet: „Künftige Studien sollten die Langzeit-wirkungen erforschen, um die kausalen Zusammenhänge besser testen zu kön-nen“ (Seite 129).

Konsequenzen für HR­Management

Die drei Faktoren Arbeitsplatzgestal-tung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Führung beto-nen wichtige Handlungsfelder des HR-Managements. Insbesondere wirken sich Maßnahmen in diesen Bereichen auf drei Bedingungen aus, die für Enga-

Leistung im KollektivSERIE. Wie schaffen es Personaler, dass sich alle Mitarbeiter engagieren? Eine US-Studie zeigt die Bedingungen und Wirkungen von kollektivem Engagement auf.

Laut den Autoren der US-Studie besteht gera-de in KMU die Chance, dass sich Mitarbeiter von Kollegen anstecken lassen, die bereits gro-ßes Engagement zeigen.

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

gement notwendig sind: Sinnhaftigkeit, psychologische Sicherheit und psycho-logische Verfügbarkeit. Beispielsweise fühlen sich Mitarbeiter bedeutender, wenn sie sich als Teil eines großen Gan-zen sehen, was durch Arbeitsplatzge-staltung und Führungsverhalten beein-flusst werden kann: Mitarbeiter erleben den Sinn ihrer Arbeit vor allem dann, wenn sie Feedback über die Wirkung ih-rer Tätigkeit erhalten und eine überzeu-gende Vision vor Augen haben. Ein wei-teres Beispiel: Eine Personalstrategie, die unbefristete Arbeitsverträge forciert und bei den Vergütungs- und Beförde-rungspraktiken auf Leistung ebenso viel Wert legt wie auf Entwicklung und Fair-ness, trägt zu gefühlter Sicherheit bei.

Sind die ersten Maßnahmen imple-mentiert, gilt es für das Management vor allem auf die Passung zur Strategie zu achten, denn dieser Faktor wird als entscheidend identifiziert. Ist auf allen Handlungsfeldern ein Anfang gemacht, profitiert das Management von der posi-tiven Ansteckungsdynamik, denn ähn-lich wie beim viralen Marketing sind Aufwand und Kosten überschaubar, die Verbreitung hingegen geschieht schnell und weitläufig.

Die Studie aus Sicht der HR­Praxis weitergedacht

Im Grunde weiß man das: Es gibt flei-ßige und es gibt faule Organisationen. Wenn kollektives Engagement ein wich-

tiger Faktor für die Unternehmensleis-tung ist, der sich in seiner Ausprägung zwischen Firmen unterscheidet, dann liegt es nahe, den klassischen Manage-ment-Dreischritt zu vollziehen: Messen, Analysieren und Verbessern. Messen lässt sich der Grad an kollektivem En-gagement zum Beispiel durch die in der Studie verwendeten Fragebögen. Ag-gregiert könnte das zum Beispiel einen „Organizational Engagement Index“ mit Werten von null bis zehn ergeben. Aller-dings weiß man als Manager dann noch nicht, wie aus einer Zwei eine Fünf oder aus einer Sechs eine Acht wird. Also heißt es analysieren, an welchen Stell-schrauben es noch hakt und wie sich Änderungen auswirken. Dazu gibt die Studie wertvolle Hinweise, weil sie Fak-toren und deren Wirkungsbeziehung offenlegt.

Das Modell ist zudem einfach gehal-ten und mit Maßnahmen illustriert. Auf diese Weise können schnell Ideen für Verbesserungen gefunden werden. De-ren Umsetzung wiederum ist allerdings nicht einfach, weil es für Veränderungs-prozesse keine einfachen Blaupausen gibt. Und selbst wenn man es geschafft hat, dass sich alle für die Firma ins Zeug legen, gilt es zu vermeiden, was wir den „Jürgen-Klopp-Effekt“ oder auch „BVB-Effekt“ nennen: auf Dauer kann keine Organisation hoch engagiert und hoch erregt sein, weil sie sonst überhitzt und die Mitarbeiter physisch, kognitiv oder emotional ausbrennen. Dann wird aus der von den Wissenschaftlern betonten Ansteckungschance die im Volksmund bekannte Ansteckungsgefahr.

MARTIN CLASSEN führt seit 2010 sein Beratungsunter-nehmen People Consulting.

DR. CHRISTIAN GÄRTNER ist Assistenz-Professor an der Universität der Bundeswehr in Hamburg.

Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Darum stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner in den folgenden Ausgaben des Personalmagazins betriebswirtschaftliche Studien aus den USA mit ihren Kernergebnissen vor und ziehen Schlussfolgerungen für das deutsche Perso-nalmanagement. In diesem Serienteil geht es um die Studie „Collective Organizational Engagement: Linking Motivational Antecedents, Strategic Implementation and Firm Level Performance“ von Murray R. Barrick, Gary R. Thurgood, Troy A. Smith and Stephen H. Courtright. Sie ist 2015 in „Academy of Management Journal, Vol. 58, No. 1“ erschienen.

SERIE

Arbeitsplatzgestaltung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Füh-rung sind die drei wichtigen Hebel für kollektives Engagement.

QUELLE: NACH BARRICK, THURGOOD, SMITH, COURTRIGHT

DREI HEBEL FÜR ENGAGEMENT

Motivierende Arbeitsplatzgestaltung

Personalstrategie und ­praktiken

Transformationales Führen durch CEO

Kollektives organisatio­nales Engagement

Unternehmens­leistung

Strategische Umsetzung

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personalmagazin 08 / 15Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

44 ORGANISATION_NEWS

Konferenz: Betriebliche Kranken-versicherung als Erfolgsfaktor

Mehr als 70 Prozent der Arbeit-geber in Deutschland erwarten von einer betrieblichen Kran-

kenversicherung einen positiven Beitrag zur Unternehmenskultur und Mitarbei-terbindung. Ebenfalls weit mehr als die Hälfte sehen in ihr darüber hinaus ein Instrument zur Mitarbeitergewinnung (65 Prozent) und Arbeitnehmermotivati-on (59 Prozent) – das zeigt eine Umfrage

der Strategieberatung Bülow & Consor-ten. Trotzdem ist der Aufklärungsbedarf hoch: 59 Prozent der Befragten schätzen ihren eigenen Kenntnisstand zur Umset-zung und konkreten Ausgestaltung einer bKV als niedrig ein.

Konkrete Unterstützung und Informa-tion zu den Möglichkeiten einer privaten Krankenzusatzversicherung durch den Arbeitgeber bietet die SZ-Fachkonferenz

Besorgt Fast drei Viertel der Führungskräfte machen sich Sorgen, wo sie in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter finden können, das zeigt der Global CEO Survey von PWC. Als Strategie gegen den Fachkräftemängel wird vermehrt nach Fachkräften mit einem breiten Themenspektrum gesucht.

Gestresst Neben den Klassikern wie der Arbeitsmenge und hohen Leistungsanforderungen kann auch die subjektive Einstellung zum Stressfaktor werden. Ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer kämpfen mit dem Gefühl, bei der Arbeit nie fertig zu werden, so eine Focus-Online-Umfrage.

Skeptisch Gegen die Auslagerung von HR-Anwendungen in die Cloud hegt der Mittelstand noch immer erhebliche Vorbehalte. Nach einer Studie von ROC werden vor allem Probleme im Datenschutz, aber auch zu geringe Praxistauglichkeit, fehlende Individualisierung und Serviceschwächen befürchtet.

NEWS DES MONATS

+++ Aktue l le News +++ H inte rg ründe +++ täg l i ch unte r www.haufe .de/persona l +++

Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, informiert in Düsseldorf über die aktuelle Gesetzgebung zur betrieblichen Gesundheitsversorgung.

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„Betriebliche Krankenversicherung – Er-folgsfaktoren für Unternehmen und Ver-sicherer“ am 29. September in Düsseldorf. Themenschwerpunkte des Kongresses für Führungskräfte und HR-Verantwortliche insbesondere aus Industrie- und Mittel-standsunternehmen sind die aktuelle Gesetzgebung und rechtliche Aspekte der bKV, die Möglichkeiten einer bKV als Instrument der Mitarbeiterbindung und zahlreiche Praxisbeispiele von der Ein-führung einer bKV bis zum Return of In-vest. Weitere Information und Anmeldung unter www.sv-veranstaltungen.de

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45ORGANISATION_SOFTWAREMARKT

Urlaubsverwaltung per App

Eine neue App zur Urlaubsverwaltung bietet der Aachener Of-fice-365-Spezialist Utilitas. Die Browser-basierende Anwen-dung verspricht Unterstützung bei allen Prozessen rund um

die Urlaubsplanung, Genehmigung und Benachrichtigung: Die Mög-lichkeit, Urlaubswünsche digital einzureichen und zu genehmigen, spart Zeit und hilft bei der Dokumentation, daneben schafft insbeson-dere die Funktion des Planungsboards eine dynamische Übersicht über alle Urlaube und Urlaubsansprüche. Ein kostenfreier Testzugang ist im Internet nach Registrierung möglich. www.utilitas.net

Der Urlaubsantrag auf dem Smartphone zeigt auch die Resturlaubstage.

Basis für demografie-feste Personalarbeit

Die Industrie- und Handelskammern bie-ten einen kostenlosen Demografierech-ner an, mit dessen Hilfe Unternehmen die

Altersstruktur im eigenen Betrieb transparent machen und den Fachkräftebedarf bis in das Jahr 2030 ermitteln können. Für Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin können diese Ergebnisse mit regional- und bran-chenspezifischen Entwicklungen am Arbeits-markt verglichen und ausgewertet werden. An der Aufnahme regionaler, makro-ökonomischer Arbeitsmarktdaten der anderen Bundesländer wird gearbeitet. www.demografierechner.de

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46 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG

personalmagazin 08 / 15

Viele international tätige Un-ternehmen beschäftigen sich verstärkt mit der Frage, welche Rolle ihre internationale Mobi-

lität für die Unternehmensstrategie spielt und wie die Global-Mobility-Abteilung aus gerichtet sein soll. In der Praxis läuft die Bearbeitung der gesamten Bandbreite stra tegischer und operativer Themen, die mit internationalen Mitarbeitereinsät-zen einhergehen, in der Mobility-Abtei-lung zusammen. Komplexe und schwer von einander abgrenzbare Themen wie Ein reisebestimmungen, steuer- und sozial-ver sicherungsrechtliche Auswirkungen, inter kulturelle Herausforderungen, fami-liäre Angelegenheiten, Umzugsorganisa-tion, Gehaltsanpassungen, Karriereziele der Mitarbeiter sowie Unternehmens- und Abteilungsziele werden allein im „Mobili-ty-Silo“ bearbeitet. Dieses Silo gilt es zu durchbrechen.

Zusammenarbeit statt Silodenken

Im Rahmen des jährlichen „Global Mobi-lity Survey“ von Ernst & Young wurden meh rere Hundert Unternehmen aus al-len Kontinenten zu ihrem Global-Mobi-lity-Management befragt. Die jüngste Global-Mobility-Studie zeigt dabei eine Zweiteilung zwischen den wenigen Un-ternehmen (26 Prozent), die strategisch einen proaktiven, vorausschauenden Ansatz in ihrem Global-Mobility-Mana-ge ment verfolgen, und denen, die ihre Mit arbeiter eher bedarfsorientiert und „ad hoc“ ins Ausland entsenden. Dabei

Von Ulrike Hasbargen, David J. Rooney und

Melanie Feistauer

Keine Mobilität ohne Strategie LEITFADEN. Zwei Studien zeigen die Bedeutung eines strategischen Global-Mobility-Mana ge ments, offenbaren Praxisfallen und geben Tipps zur Umsetzung.

bedeutet ein strategischer Ansatz, das gesamte Global-Mobility-Programm un-ter die Lupe zu nehmen und zu Beginn dieser Reise die übergeordneten Unter-nehmensziele in den Blick zu nehmen, um sie mit Global Mobility zu verknüp-fen. Global Mobility und seine Stake-holder, insbesondere die entsenden den Geschäfts bereiche, müssen eng zusam-menarbeiten und sich überlegen, wie Global Mobility als Mittel zur Erreichung von Unternehmens- und Abteilungszie-len genutzt werden kann. Wir empfeh-len, sich dieser Frage zu stellen, bevor Policies oder wesentliche Prozesse an-gepasst werden, denn die Strategie be-stimmt das „Was“ und das „Wie“.

Doch was genau bedeutet strategische Global Mobility? In unseren Augen einen holistischen Ansatz mit Blick auf das ge-samte Global-Mobility-Management. Ein-facher gesagt: Es ist eine Reise, vor deren Antritt das Unternehmen diese Fragen geklärt haben sollte: Warum? Was? Wie?

Warum? Die Frage nach den Zielen

Wer sein Global-Mobility-Management überdenken und vorausschauender ge-stalten möchte, sollte sich zu Beginn dieses Projekts folgende Frage stellen: Warum wollen wir Mitarbeiter interna-tional einsetzen und welche Ziele ver-folgen wir damit? Im Rahmen dieser Überlegung ergeben sich häufig weite-re Fragen, die darauf abzielen, sich als international tätiges Unternehmen eine „Global-Mobility-Identität“ zu geben (siehe Kasten „Selbsttest“).

Die Surveys zeigen, dass einige führen-de Unternehmen das Potenzial von Global

Mobility als strategisches Werkzeug für den Aufbau und die Förderung eines Ta-lentpools erkannt haben. Nichtsdestotrotz tun sich Unternehmen schwer damit, Global Mobility und Talent Management strategisch miteinander zu verknüpfen. So berichten lediglich 58 Prozent der Un-ternehmen, dass sie ein globales Talent Management-Programm aufgestellt ha-ben, das Global Mobility zumindest auf dem Papier miteinbezieht. Im Vergleich zum Vorjahr (51 Prozent) lässt sich damit zwar ein positiver Trend verzeichnen, die Praxis birgt allerdings nach wie vor er-hebliches Verbesserungspotenzial.

Zunehmend, so zeigt sich, wird die Ar-beit in oder die Leitung von internationa-len virtuellen Teams ebenso als „internationale Erfahrung“ angesehen wie ein Auslandseinsatz im klassischen Sinne. Ob eine solche Erfahrung wichtig für die Personalentwicklung ist, ist ei-ne Frage der Unternehmenskultur und -ziele, die mit Global Mobility verknüpft sind. Und auch die Frage nach der Diver-sität sollte gestellt werden: Durchschnitt-lich mehr als vier Mal so viele Männer wie Frauen gehen, so die Survey-Ergebnisse, für Projekteinsätze (circa drei bis zwölf Monate) ins Ausland. Bei Langzeitentsen-dungen (drei bis fünf Jahre) liegt die Ver-teilung sogar bei 85 Prozent Männern zu 15 Prozent Frauen.

Diese zentralen Fragen können nicht allein von der Global-Mobility-Abteilung beantwortet werden. Vielmehr ist das Feedback von Global-Mobility-Stake-holdern gefragt, um ein möglichst aus-sagekräftiges Bild darüber zu erhalten, welche Bedürfnisse es rund um Aus-

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

landseinsätze gibt. Zu den Stakeholdern zählen neben der Mobility-Funktion sowohl die Kollegen aus den Geschäfts-bereichen, die Mitarbeiter entsenden (Business-Partner), als auch die eng mit diesen Geschäftsbereichen kooperie-renden HR-Business-Partner. Weitere Stakeholder sind Kollegen aus unter-schiedlichen HR-Bereichen wie Talent Management, Recruiting, Diversity, Per-sonalplanung und Vergütung und nicht zuletzt Expatriates und Repatriates (vom Auslandseinsatz zurückgekehrte Mitar-beiter).

Es ist ebenfalls ratsam, die Vorstands-ebene so früh wie möglich in das Projekt „Strategische Global Mobility“ einzube-ziehen. Nur so ist das nötige Manage-ment-Buy-in für die Entwicklung und Umsetzung einer neuen Strategie für das Entsendemanagement sichergestellt. Laut der diesjährigen EY-Studie diskutieren 47 Prozent der Unternehmen, die oben als „Strategen“ erläutert wurden, quartals-weise oder häufiger (monatlich oder wö-chentlich) mit der Vorstandsebene über Global Mobility. Unter den Unternehmen, die Global Mobility eher bedarfsorientiert und reaktiv managen, trifft dies nur auf 27 Prozent zu.

Zur Entwicklung der Strategie sollten in einem ersten Schritt gewisse Global-Mobility-Treiber, das heißt vom Stake-holder-Feedback abgeleitete Grundsätze, definiert werden. Diese dienen als Ant-worten auf die zu Beginn gestellten Fra-gen und geben dem Unternehmen die „Global-Mobility-Identität“.

Was? Die Frage nach dem Angebot

Was wollen wir im Rahmen unseres Global-Mobility-Programms für wen an-bieten? Nach der Klärung, warum Mitar-beiter global mobil sein sollen, was dies für das Unternehmen bedeutet und in welchen Bereichen Global Mobility ver-ändert werden soll, kann nun definiert werden, welche und wie viele Mitarbei-ter zu welchen Konditionen in welche Märkte verschickt werden. Nicht jeder Auslandseinsatz verfolgt dasselbe Ziel.

Zur Entwicklung einer echten Global-Mobility-Strategie braucht der Mobility-

Manager auch die Unterstützung von HR und der Geschäftsführung.

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Nicht jeder Mitarbeiter passt für jeden Auslandseinsatz. Anhand von vier Beispiels-gruppen sehen Sie, welcher Typ welchen Entsendezweck am besten erfüllen wird.

Skills-based: Ein Projekteinsatz von wenigen Monaten dient klassischerweise dazu, einen Experten mit fachlichem Know-how für eine konkrete Aufgabe zu entsenden. Hier steht mehr die Erledigung der Aufgabe im Sinne des Unternehmens als die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters im Vordergrund.

Junior-Mobility: Junge Mitarbeiter wie zum Beispiel Berufseinsteiger oder Praktikanten verfügen häufig über eine hohe intrinsische Motivation, Auslandserfahrung zu sammeln, ohne dass im Ausland eine konkrete Aufgabe ansteht. Zweck der Entsendung ist hier die Steigerung der Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber.

Developmental: Aufstrebende Talente, sogenannte High Potentials sollen anhand einer herausfordernden Aufgabe im Ausland in ihrer Entwicklung gefördert werden. Die per-sönliche Entwicklung des Mitarbeiters steht hierbei im Vordergrund der Entsendung.

Strategic: Schlüsselpositionen wie die Geschäftsführung ausländischer Unternehmensein-heiten sollen strategisch mit Führungskräften oder definierten Nachwuchsführungskräf-ten besetzt werden, die bereits in ihrem Heimatumfeld wichtige Aufgaben übernommen haben. Sowohl der Mehrwert für das Unternehmen als auch der Entwicklungswert für den Mitarbeiter sind Ziele dieses Auslandseinsatzes.

Mitarbeiterziele und Entsendezweck

ENTSENDETYPEN

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STRATEGISCHER ANSATZ IN DREI PHASEN

Der strategische Ansatz zum Aufbau einer Global Mobility umfasst sieben Schritte. Jeder dieser Schritte muss die Kernziele der Global-Mobility-Strategie beachten und umsetzen.

Stakeholder-Feedback einholen

Strategie entwickeln

WARUM? WIE?

Mobility Population einteilen

Policies erstellen/anpassen

WAS?

Dienst-leistungs-

palette definieren

Dienst-leistungs-

erbringung organisieren

Prozesse definieren & IT-Lösung

finden

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Stellt man den Mehrwert einer Entsen-dung aus Sicht des Unternehmens dem Mehrwert für die persönliche Entwick-lung des Mitarbeiters gegenüber, zeigen sich unterschiedliche Entsendetypen, vier beispielhafte Gruppen finden Sie im Kasten „Entsendetypen“. Dies sind keineswegs fest vordefinierte oder all-gemeingültige Mobility-Gruppen, viel-mehr ist für jedes Unternehmen indivi-duell zu überlegen, welche und wie viele verschiedene Gruppen unterschieden werden können. Wir beobachten bei-spielsweise einen Trend dahin, mehr Pendler- (sogenannte Commuter) Optio-nen anzubieten. Hierbei verbleibt die Familie im Heimatland, dafür wird dem Mitarbeiter mehr Flexibilität bei Heim-flügen angeboten. So können typischen Herausforderungen in Verbindung mit der Entsendung ganzer Familien, wie beispielsweise Karriereeinschrän-kungen des mitreisenden Partners bei „Dual Career“-Familien, entgegenge-wirkt werden.

Die Einteilung der Global-Mobility-Population in diese Gruppen erlaubt Unternehmen, ihr Global-Mobility-Mana gement in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren. Sowohl das Maß der Betreuung für die unterschiedlichen Mo-bility-Populationen als auch die Höhe der vertraglich zugesicherten Global-Mobili-ty-Leistungen (finanzieller und ideeller Natur) sollten für die jeweilige Gruppe unterschiedlich sein.

Junior-Mobility-Kandidaten mit ihrer hohen intrinsischen Motivation benöti-gen und fordern zum Beispiel ein ver-gleichsweise kleines Betreuungspaket gegenüber Mitarbeitern in wichtigen Führungspositionen, die im Regelfall für mehrere Jahre mitsamt ihren Familien und den damit verbundenen Herausfor-derungen ins Ausland gehen. Dahinge-gen kann bei Developmental-Einsätzen eine teilweise Übernahme von entsende-bedingten Belastungen durch den Mitar-beiter selbst durchaus erwartet werden. Skills-based-Einsätze schließlich sollten durch schnellen und reibungslosen Sup-

port, jedoch ohne „high-touch“-Ansatz gemanagt werden.

Individuelle Dienstleistungspaletten

Pro Mobility-Population kann es eine separate Richtlinie (sogenannte Policy) geben, die das Maß der Betreuung sowie die unterschiedlichen Global-Mobility-Leistungen regelt. Diese Global-Mobi-lity-Dienstleistungspalette wird dem-nach ebenso pro Mobility-Population definiert, wobei lediglich die Anzahl der unterschiedlichen Leistungen pro Mitarbeitergruppe, nicht allerdings die Qualität der Erbringung variieren soll-te. Bei der Überlegung, welche Dienst-leistungen für welche Gruppe erbracht werden, sollte ein gewisses Mindestmaß an Dienstleistungen für alle Mitarbeiter gelten. Dazu zählen einerseits Fürsorge-pflichten wie zum Beispiel die Zurver-fügungstellung einer Wohnung, Anpas-sung der Lebenshaltungskosten sowie Rückflüge und medizinische Versor-gung in Notfällen und andererseits die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen in den Bereichen Immigration, Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Darüber hinaus angebotene Leistungen wie Umzugspauschalen, vorbereiten-de Trainings und Heimflüge können je nach definierter Gruppe und der mit den Auslandseinsätzen verbundenen Ziele variieren. Eine solche Differenzie-rung der Mobility-Population und des angebotenen Leistungsumfangs ermög-licht eine differenzierte Verteilung und somit Optimierung der Kosten im Sinne des Unternehmens.

Auch in dieser „Was“-Phase sollten Un-ternehmen den Blick in Richtung Talent

Management wagen und sich überlegen, für welche Mobility-Gruppen sie welche Talent-Management-Maßnahmen ergrei-fen. Insbesondere bei Auslandseinsät-zen, die das Ziel verfolgen, Mitarbeiter persönlich zu entwickeln, um sie für zu-künftige oder weitere Schlüsselaufgaben im Unternehmen vorzubereiten (Deve-lopmental und Strategic), sollte eine be-wusste Karriereplanung für die Zeit nach dem Auslandseinsatz vorgenommen werden. Welche Nachfolgeposition bie-tet sich für diesen strategisch wichtigen Kandidaten an? Wie können wir ihn auch nach dem Auslandseinsatz langfristig an unser Unternehmen binden? Bereits vor der Entsendung und konkret mehrere Monate vor der geplanten Rückkehr des Mitarbeiters sollten geeignete Nachfolge-stellen in den entsprechenden Personen-kreisen diskutiert werden.

Die Reintegration von Expatriates erhält eine besondere Relevanz, wenn man die hohe Kündigungsquote unter Rückkehrern betrachtet: Die in der EY-Studie befragten Unternehmen geben an, dass mit durchschnittlich 16 Prozent fast jeder sechste Mitarbeiter das Unter-nehmen innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Rückkehr vom Auslandseinsatz verlässt. Einer der Hauptgründe ist die Unzufriedenheit mit der Rückkehrposi-tion, die dem im Ausland gewonnenen Wissen, Fähigkeiten und Netzwerk häufig nicht gerecht wird. Durch die Kündigung eines Repatriates geht dem Unternehmen nicht nur der Ertrag aus ihrer Investition in den Mitarbeiter ver-loren, es entstehen außerdem Schwierig-keiten, zukünftig Mitarbeiter für einen Auslandseinsatz zu motivieren, wenn diese die Kündigungsentscheidung ihres Kollegen als Folge eines schlechten Global-Mobility-Managements wahrneh-men.

Darüber hinaus stellen sich einige Unternehmen bereits die Frage, ob in-ternationale Erfahrung als Kriterium für definierte Führungspositionen gelten sollte. Wenn es das Ziel ist, als Unter-nehmen insgesamt internationaler zu

ONLINE

Zu den Global-Mobility-Studien von Ernst &

Young gelangen Sie über die Personal-

magazin-App oder über unser Portal (Such-

wort Global Mobility) www.haufe.de/personal

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

kann diese Prozesse durch Tracking und einfaches Reporting unterstützen. Die Suche nach der richtigen IT-Unterstüt-zung für das Global-Mobility-Programm sollte bereits während der Phase der Prozessdefinition starten, um die in den Prozessen gewünschten Outputs und Schnittstellen zu berücksichtigen.

Mit Global Mobility am Strategie tisch

Einige Global-Mobility-Verantwortliche haben bereits einen festen Sitz am „Stra-tegietisch“ ihrer Unternehmen erkämpft. Hier ist das Interesse am Erfolg des ge-samten Global-Mobility-Programms so groß, dass strategisches Global Mobility gemeinsam mit dem Geschäftsführer-bereich und möglichst vielen weiteren Stake holdern diskutiert wird. Dabei be-deutet ein strategischer Ansatz, das ge-samte Global-Mobility-Programm unter die Lupe zu nehmen, und zu Beginn die-ser Reise die Frage nach dem „Warum“ zu wagen, das heißt nach den übergeord-neten Unternehmenszielen, um diese mit Global Mobility zu verknüpfen. Wir emp-fehlen, diese Frage zu stellen, bevor Poli-cies oder wesentliche Prozesse angepasst werden, denn die Strategie bestimmt das „Was“ und das „Wie“. Nur auf diese Weise kann die Reise in einem Global-Mobility-Programm enden, das die Ziele und Be-dürfnisse von Unternehmen und Mitar-beiter miteinschließt.

ULRIKE HASBARGEN ist Partner, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Leiterin Human Capital Deutschland,

Schweiz, Österreich, Ernst & Young WPG.

DAVID J. ROONEY ist Executi-ve Director im Bereich Human Capital – Global Mobility, Ernst & Young WPG, Eschborn.

MELANIE FEISTAUER ist Seni- or Consultant im Bereich Hu-man Capital – Global Mobility, Ernst & Young WPG München.

Folgende Ausgangsfragen sollten Sie sich stellen, um ihr Global-Mobility-Programm strategisch aufzubauen und mit den Unternehmenszielen zu verbinden: • Dienen Auslandseinsätze der Entwicklung von Mitarbeitern oder der Erledigung einer

Aufgabe? Oder beides? Was bedeutet Talent Management in diesem Zusammenhang?

• Was bedeutet Globale Mobilität beziehungsweise internationale Erfahrung für uns als Unternehmen? Zählen dazu nur Auslandseinsätze oder auch die Mitarbeit beziehungs-weise Leitung eines internationalen virtuellen Teams?

• Wie möchten wir als Unternehmen kulturell aussehen? Welche Diversitäts-Ziele verfol-gen wir allgemein und in Global Mobility?

• Passt unser derzeitiges Global-Mobility-Angebot zu den Bedürfnissen unseres Geschäfts?

• Wie wichtig ist uns der Wissenstransfer von der Zentrale in unsere Auslandsstandorte und umgekehrt oder zwischen Auslandsstandorten?

• Bedeutet Global Mobility „unvermeidbare Kosten“ oder „notwendiges Investment“?

• Woran messen wir den Erfolg unseres Global-Mobility-Programms?

• Ist unser Global-Mobility-Programm für zukünftige Anforderungen gerüstet?

Global-Mobility-Identität

SELBSTTEST

werden und ein „global mindset“ aufzu-bauen, kann dies eine geeignete Maß-nahme sein.

Wie? Die Frage nach der Umsetzung

In dieser Phase gilt es zunächst, mit ei-ner geeigneten Organisationsstruktur die zuvor definierten Dienstleistungen möglichst einheitlich und effizient „an den Expat“ zu bringen. Dabei gelten fol-gende Überlegungen: Möchten wir unsere Services selbst, also intern anbieten oder beauftragen wir externe Spezialisten? Sollten unsere Services „on-shore“ oder „off-shore“ geliefert werden, das heißt mit einem direkten Ansprechpartner vor Ort oder mithilfe einer oder mehrerer Global-Mobility-Servicestellen? Letztere soge-nannte „Global Mobility Hubs“ werden vermehrt in Unternehmen mit mehreren Hundert oder gar vierstelligen Entsen-dezahlen und bei vielen Einsatzländern genutzt. Dabei wird meistens pro Region, zum Beispiel Europa, Americas und Asia-Pacific, eine Servicestelle gegründet, die dann für die operative Global-Mobility-Be-treuung der gesamten Region zuständig ist. In der Regel werden diese Hubs von einem sogenannten Center of Excellence (CoE) angeleitet, das übergreifende stra-tegische Themen wie die Einhaltung der

Grundsätze und Policies sowie das Ven-dor Management zentral verantwortet. Diesem Team, das häufig entweder in der Zentrale sitzt oder virtuell aufgestellt ist, kommt somit eine Governance-Rolle zu. Zusätzlich kann diese Struktur durch ein Shared Service Center unterstützt wer-den, das die operative Umsetzung einfa-cher, übergreifender und standardisierter Prozesse übernimmt. Hier muss jedes Un-ternehmen anhand der Entsendezahlen, -population und definierten Dienstleis-tungspalette individuell überlegen, wel-che Struktur geeignet ist. Als Trend zeigt sich ein wachsender Bedarf an entsende-bereiten Mitarbeitern: Fast drei Viertel der Befragten in der jüngsten EY-Studie erwarten, dass der Bedarf an mobilen Mitarbeitern in den nächsten drei Jahren mäßig bis signifikant steigt. Knapp zwei Drittel der Unternehmen haben diesen Trend bereits in den vergangenen drei Jahren beobachtet. Im letzten Schritt wer-den die standardisierten Prozesse für alle Dienstleistungsbereiche definiert und Verantwortlichkeiten, insbesondere rund um Schnittstellenthemen, klar zu-geteilt. Dabei sollten die definierten und dokumentierten Prozesse über alle Mo-bility-Gruppen hinweg konsistent umge-setzt werden. Eine geeignete IT-Lösung

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Die Globalisierung ist in vollem Gange. Nicht nur die Konzern-welt, sondern zunehmend auch der deutsche Mittelstand

rechnet mit weiter steigenden Investitio-nen im Ausland – und sieht sich folglich mit den Herausforderungen weltweiter Mitarbeiterentsendungen konfrontiert. Dabei geht es für Unternehmen nicht nur darum, administrative oder recht-liche Hürden zu überwinden, sondern auch um sehr persönliche Anliegen, al-len voran die persönliche Situation ihrer Wunschkandidaten. Studien zufolge ist die Familie nämlich der am häufigsten genannte Grund dafür, dass Mitarbei-ter längerfristige Auslandseinsätze von vornherein ablehnen. Kommt es schließ-lich doch zur Entsendung, sind laut Car-tus Mobility Report 2014 in 61 Prozent der Entsendungen die mitreisenden An-gehörigen für einen vorzeitigen Abbruch verantwortlich. Und das, obwohl gerade die mitreisende Familie oft aufwendig auf den Auslandsaufenthalt vorbereitet wird.

Die Familie: Stabilisator oder Risiko für den Auslandseinsatz

Wieso bringen Familienentsendungen trotzdem offensichtlich so viel Problem-potenzial mit sich, dass sich einige Un-ternehmen inzwischen sogar strategisch gegen das Entsenden ganzer Familien entscheiden – und damit wertvolle Res-sourcen ungenutzt lassen? Vergleichen wir die familiäre Balance mit einer tra-ditionellen Waage, so enthält die eine

Von Constance Grunewald-Petschke und

Gyöngyi Varga

Nicht ohne meine FamilieÜBERBLICK. Der Erfolg einer Entsendung hängt auch von der mitreisenden Familie ab. Externe Unterstützungsangebote können vermeiden, dass diese auf der Strecke bleibt.

Waagschale mögliche Stressfaktoren, die der den Expat begleitenden Familie meist begegnen werden: ein neuer Arbeits-platz, ein Umzug oder ein Schulwech-sel der Kinder. Die gegen-überliegende Waagschale umfasst die Ressourcen, die der Familie zur Verfügung stehen, um den dadurch entstehenden Stress zu re-

duzieren: vertraute Rituale, gemeinsame Freizeitaktivitäten oder die Unterstüt-zung durch das soziale Netzwerk. Im gewohnten Alltag besteht ein Gleich-gewicht zwischen Stress faktoren und Ressourcen – das Familiengefüge gilt als ausbalanciert. Ein Aus lands auf enthalt verändert jedoch praktisch alle Bereiche

Anschlussmöglichkei-ten für die Familien-

mitglieder ist eine der Grundbedingun-gen für erfolgreiche

Entsendungen.

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des Familienlebens und bedeutet die geballte Ladung Stress für alle Famili-enmitglieder. Gleichzeitig brechen viele stabilisierende Ressourcen weg. Die sensible Balance gerät in Schieflage und wird zum Risikofaktor für den Erfolg des Auslandseinsatzes.

Susan Salzbrenner, Organisations-psychologin und Entsendungsexpertin: „Besonders die mitreisenden Partner leiden häufig unter der Veränderung ihres Alltags, einer ungewohnten Rolle oder dem Verlust ihrer Berufstätigkeit im Heimatland. Daraus entsteht meist Unzufriedenheit, und nicht selten sind familiäre Spannungen, Demotivation des Mitarbeiters oder sogar der Abbruch des Aufenthalts die Konsequenz. Dra-matisch nicht nur für die Familie selbst,

sondern auch für die entsendenden Un-ternehmen, denn die Situation kann zur Fluktuation hoch qualifizierter Fach- und Führungskräfte führen. Langfristig kön-nen solche Fälle die Mitarbeitermobilität verringern und das Unternehmensimage schädigen.“

Unzufrieden mit Unterstützung

Auf den ersten Blick scheinen entsen-dende Unternehmen das Risiko erkannt zu haben und treffen umfangreiche Vorkehrungen, um die mitreisenden Fa-milien zu unterstützen. Laut Brookfield Global Mobility Trend Survey 2014 neh-men Sprachkurse seit Jahren die abso-lute Spitzenposition ein, etwas mehr als die Hälfte der Arbeitgeber unterstützt die mitreisenden Partner immerhin mit

interkulturellen Trainings, jedes dritte Unternehmen sponsert die Jobsuche im Gastland.

Eine Studie, in der die Entsendungsex-pertin Yvonne McNulty erstmalig auch qualitative Daten über die Zufriedenheit der mitreisenden Partner im Gastland erhob, zeigt, dass einige der Maßnah-men, die bei Personalverantwortlichen am beliebtesten sind, von den Angehö-rigen als kaum relevant für eine erfolg-reiche Eingewöhnung der Familie im Gastland eingestuft werden. Die Studie gibt entsendenden Unternehmen und Personalverantwortlichen eine völlig neue Perspektive auf ihr Entsendungs-management: die der Betroffenen selbst. Und davon beurteilen gerade einmal 29 Prozent die Unterstützung durch das

Um Auslandsentsendungen zum beabsichtigten Erfolg zu führen und um vorzeitigen Abbrüchen vorzubeugen, sollten Personal- und Mobilityverantwortliche die folgenden fünf Tipps für eine erfolg-reiche Unterstützung mitreisender Angehöriger berücksichtigen.

Wertschätzung. Binden Sie die mitreisenden Familienmitglieder Ihres Mitarbeiters von Anfang an in das Entsendungsprojekt mit ein. Diese haben einen enormen Einfluss auf die Motivation des zu Entsendenden.

Zielorientierung. Vermeiden Sie Barauszahlungen. Ein konkretes Leistungspaket können Sie zielgerichteter einsetzen, den Erfolg messen und immer wieder überprüfen.

Ganzheitlichkeit. Beachten Sie die Gesamtheit der Veränderungen, die sich durch die Entsendung für die Familie ergeben. Gestalten Sie Ihr Maßnahmenpaket maßgeschneidert.

Nachhaltigkeit. Bedenken Sie, dass eine Entsendung bereits vor dem Aufenthalt beginnt und erst dann endet, wenn die Familie wieder zurück in Deutschland ist. Wählen Sie ein Paket, das alle Entsendungsphasen abdeckt.

Praxisnähe. Beauftragen Sie Dienstleister mit hoher Praxiserfahrung. Wer selbst in der Situation eines Expats oder eines begleitenden Familienmitglieds gewesen ist, kann gezielt und professionell auf die Bedürfnisse mitreisender Partner eingehen.

Leitlinien für die Vorbereitung

PRAXISTIPPS

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entsendende Unternehmen als gut oder sehr gut. Insbesondere zeigt sich, dass gerade die Maßnahmen, die Unterneh-men am häufigsten zur Unterstützung ihrer Expats nutzen, bei Weitem nicht die effektivsten sind oder auch nachläs-sig gewährt werden. Im Einzelnen: • Interkulturelle Trainings: Vorbereiten-de Maßnahmen wie interkulturelle Trai-nings oder Sprachunterricht halten zwar 71 Prozent der Angehörigen für wichtig. Ganze 85 Prozent der Befragten erachten diese jedoch nur dann als sinnvoll, wenn sie nicht nur zur Vorbereitung, sondern auch während des Auslandsaufenthalts stattfinden. Eine kontinuierliche Beglei-tung ist bis dato jedoch eher die große Ausnahme als eine gängige Praxis.• Finanzielle Hilfe zur Weiterentwick-lung oder zur Tätigkeit des Partners: Was ihre berufliche Weiterentwicklung angeht, empfinden 76 Prozent der mit-reisenden Partner eine Unterstützung durch das Unternehmen grundsätzlich als wünschenswert. Überraschend ist jedoch, dass davon nur knapp die Hälfte eine finanzielle Hilfe für das Aufnehmen einer bezahlten oder ehrenamtlichen Tä-tigkeit favorisiert. Dies scheint – obwohl es zu den Standardangeboten vieler Fir-men zählt - für die Zufriedenheit der Fa-milien im Gastland nur eine untergeord-nete Rolle zu spielen. • Ganzheitliche Coaching- oder Mento-renprogramme: 90 Prozent der Befrag-ten meinen, ein ganzheitliches Coa-ching- oder Mentorenprogramm könnte einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die erfolgreiche Eingewöhnung der Familie im Ausland haben. Betrachtet man jedoch die gängigen Unterstüt-zungsmaßnahmen, taucht gerade das in der derzeitigen Unternehmenspraxis kaum auf. Stattdessen werden in vielen Mobility Centern einzelne Leistungen von verschiedenen Anbietern scheinbar wahllos miteinander kombiniert.

McNultys Studie beweist, dass ein kontinuierliches, ganzheitliches und nachhaltiges Unterstützungskonzept zur langfristigen Zufriedenheit im Gastland

beiträgt. Und je zufriedener die Ange-hörigen, desto fokussierter, engagierter und produktiver die Mitarbeiter. Das be-stätigt auch Kai Probst, ehemaliger Spre-cher der Geschäftsführung des Tüv Süd: „Die Zufriedenheit der mitreisenden Angehörigen im Ausland ist nicht nur für den entsandten Mitarbeiter, sondern auch für das Unternehmen erfolgsrele-vant. Die Firma, die hier nicht Acht gibt, spart an der falschen Stelle - im „worst case“ ist das Projekt gescheitert und der Mitarbeiter wechselt zum Wettbewerb.“

Coaching- und Trainingsprogramme müssen passen

Dennoch entscheiden sich noch immer viele entsendende Unternehmen für scheinbar bewährte Maßnahmen wie Sprachkurse und interkulturelle Vorbe-reitungsseminare. Die helfen den Expats zwar, sich in ihrem Gastland besser ver-ständigen zu können und geben zumin-dest einen ersten Einblick in die Gast-kultur. Sind die Betroffenen dann aber vor Ort, stellen sich gerade vorberei-tende Seminare und Workshops häufig als nur begrenzt nützlich heraus. Denn die gelernten Inhalte sind zum Zeit-punkt der Maßnahme für die meisten Auslandsreisenden noch nicht relevant. Kommt es dann später im Gastland zu kulturell bedingten Stresssituationen, sind die Informationen nicht abrufbar – der Praxistransfer fehlt, die Maßnahme verliert ihre Wirkung.

Einige Unternehmen tragen mittler-weile zumindest den veränderten Fami-lienmodellen Rechnung. Sie bieten den mitreisenden Partnern auf Wunsch ein gezieltes Karrierecoaching an oder fi-nanzieren eine Weiterbildung während

GYÖNGYI VARGA ist trans-kultureller Coach und arbeitet als Beraterin und Trainerin für interkulturelle Kommunikati-

on und Kompetenz unter anderem bei der Haufe Akademie.

der Auslandszeit, die helfen soll, sich beruflich weiterzuentwickeln oder sich später wieder nahtlos in den Berufsall-tag zu integrieren. Ob und wie wirk-sam diese Maßnahmen jedoch auf die Dauer tatsächlich sind, hängt von vie-len Faktoren ab. McNultys Studie lässt zumindest daran zweifeln, dass sie den Betroffenen in ihrer aktuellen Lebenssi-tuation weiterhilft.

Kontinuität, Nachhaltigkeit und ein ganzheitlicher Ansatz sind in der heu-tigen Unternehmenspraxis jedoch im-mer noch die Ausnahme. Da sich aber gerade durch eine Auslandsentsendung alle Lebensbereiche verändern und der Alltag der Familie manchmal völlig auf den Kopf gestellt wird, sollten gerade das Anforderungen an eine moderne und bedarfsgerechte Betreuung der entsende-ten Mitarbeiter und deren Familien sein.

Wer als HR-Verantwortlicher die best-möglichen Voraussetzungen für gelun-gene Auslandsprojekte schaffen möchte, sollte unbedingt die Bedürfnisse der mitreisenden Angehörigen einbeziehen – und dann einen kritischen Blick auf sein aktuelles Unterstützungsangebot werfen. Stellt sich dabei heraus, dass interkulturelles Tagestraining und pri-vater Sprachunterricht nicht ganz die Erwartungen der entsandten Familien treffen, könnte ein ganzheitliches virtu-elles Coachingprogramm für mitreisen-de Angehörige eine lohnenswerte und nachhaltige Alternative sein.

ADD-ON

Einen Einblick in das Online-Coaching www.How-To-Create-My-Life-Abroad.com und einen kostenlosen Testzugang für unsere Leser finden Sie in unserer App.

CONSTANCE GRUNEWALD-PETSCHKE, Geschäftsführerin der Entsendungsberatung Abroad in Düsseldorf, ist zer-

tifizierte interkulturelle Trainerin und Coach und selbst mitreisende Partnerin in Istanbul.

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ORGANISATION_WEITERBILDUNGSSTRATEGIE

In der heutigen Arbeitswelt bedeutet Wissensverlust sowohl für Arbeit-nehmer als auch für Arbeitgeber stets einen Wettbewerbsnachteil.

Hier kann ein durchdachtes Bildungs-management helfen, Talente gezielt zu fördern und Mitarbeiter nachhaltig weiterzubilden. So können sich Unter-nehmen von der Konkurrenz abheben und sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Für die Tüv Süd AG hat eine kontinuierliche Weiterbildung und -entwicklung der Mitarbeiter nicht zu-letzt deshalb eine hohe Priorität, weil die Leistungsfähigkeit des Unternehmens mit deren Know-how steht und fällt. Der ursprünglich deutsche Dienstleister, dessen Leistungsspektrum neben Prü-fungen und Gutachten unter anderem auch die Bereiche Ausbildung und Zerti-fizierung umfasst, hat sich über die Jahre hinweg zu einem globalen Konzern ent-wickelt. Mittlerweile ist über die Hälfte seiner 22.000 Mitarbeiter im Ausland be-schäftigt. Während das Know-how noch vor ein paar Jahrzehnten ausschließlich von Deutschland in andere Länder floss, läuft der Transfer mittlerweile auch in die andere Richtung ab.

Dieser Entwicklung wollen der Vor-stand und der Konzernbereich Personal bei Tüv Süd Rechnung tragen. Darum se-hen sie es bei ihrer globalen Wachstums-strategie als einen schlüssigen Schritt,

Von Gabriele Sommer und Erich Hildenbrand auch die Weiterbildung des Unterneh-mens stärker zu internationalisieren.

In einem Initialworkshop diskutierte der Vorstand Anfang 2012 gemeinsam mit den Human-Resources-Verantwort-lichen und den CEOs einzelner Tüv-Süd-Gesellschaften den aktuellen Stand und Optimierungsbedarf. Das Ergebnis zeigte, dass der Konzern in puncto Weiterbildung bereits engagiert war, die diversen Maß-nahmen aber bis dato wenig aufeinander abgestimmt und regional unterschiedlich waren. Zudem stellten die Verantwort-lichen fest, dass bislang der Fokus auf der Führungskräfteentwicklung lag und noch wenig in die internationale Exper-tenentwicklung investiert wurde. Eine in-

ternationale Weiterbildungsstrategie mit einem entsprechenden Modell sollte dem Ganzen deshalb eine konzerneinheitliche Richtung geben und alle Aktivitäten rund um die Themen „Lernen und Entwick-lung“ unter einem Dach bündeln. Vor allem aber sollte die neue Strategie die Entwicklung von Experten stärken, um hoch motivierten und kompetenten Leis-tungsträgern im Unternehmen neben der Laufbahn als Führungskraft eine weitere Perspektive zu bieten.

Fokus auf der Expertenlaufbahn

Um dieses Ziel zu erreichen, vereinten HR und die interne Akademie unter dem Namen „Leadership & Expert Develop-

Experten international stärkenPRAXIS. Tüv Süd hat eine internationale Weiterbildungsstrategie mit Fokus auf der Expertenentwicklung implementiert – so zentral wie möglich, so lokal wie nötig.

Als Teil der Wachstumsstrategie hat Tüv Süd die Weiterbildung internationalisiert.

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des Konzerns kam ihr allerdings immer mehr Bedeutung zu. Um das technische Know-how neu eingestellter Experten in Business-Know-how zu wandeln, sah der Konzern deren gezielte Entwicklung und Förderung als essenziell an. Mithilfe von speziellen Programmen sollte die Per-sonalentwicklung sie nun systematisch darauf vorbereiten, ihre Fachkompetenz in übergeordneten und meist internatio-nalen Projekten zu nutzen.

Herausforderungen beim Roll-out

Diese Weiterbildungsprogramme sollten künftig durchgängig auf allen Ebenen und in allen Regionen stattfinden, um so einen Klammereffekt für das Unter-nehmen zu haben. Die Implementierung dieser internationalen Weiterbildungs-strategie sollte aber nicht einfach zent-ral aus Deutschland gesteuert werden, sondern auch die historisch gewachsenen Strukturen des nunmehr internationalen Unternehmens berücksichtigen.

Eine Herausforderung für die Initiato-ren war es dabei, dass sie beim Ausrollen der internationalen Weiterbildungsstra-tegie vor Ort zunächst erst eine gewisse Akzeptanz und ein Verständnis für die Internationalisierung und Vereinheitli-chung schaffen mussten. Eine weitere Herausforderung lag auch darin, das gesamte Projekt über größere Distanzen hinweg erfolgreich anzuschieben. Die Verantwortlichen von HR und der inter-nen Akademie stellten schnell fest, dass Telefonate und Videokonferenzen allein für die interkulturelle Kommunikation nicht ausreichten. Auch wenn aufgrund der Höhe der Reisekosten und -zeit nicht alle Termine vor Ort stattfinden konn-ten, führte das Unternehmen deshalb regelmäßig persönliche Meetings in den jeweiligen Regionen ein. So konnten die Beteiligten mögliche Missverständnisse und Unklarheiten aus dem Weg räumen und gemeinsam mit der Abteilung „Stra-tegie und Innovation“ übergeordnete, teils abstrakte Strategien auf die mittle-re oder untere Führungsebene herunter-brechen. Denn gerade kleinere Regionen

ment“ (LED) Angebote für Führungs-kräfte und Experten und bauten dabei auf bestehenden Angeboten für alle Mit-arbeiter wie der Corporate Academy und der Web Academy auf. Die Grundlage für dieses Führungs- und Expertenent-wicklungsmodell bildeten die Leitlinien für Führungskräfte und Mitarbeiter, neu entwickelte Kompetenzmodelle und die ausgeschriebene Wachstumsstrate-gie (siehe Grafik).

Für die Implementierung der inter-nationalen Weiterbildungsstrategie be-gann Tüv Süd 2012 damit, sowohl die Experten- als auch die Führungskräfte-entwicklung anhand bereits bestehender Blaupausen, sogenannter „Blueprints“, global auszurollen.

Der Blueprint für die Führungskräfte-laufbahnen wurde nach dem Baukasten-prinzip geregelt: Jeder Mitarbeiter, der bereits eine Führungsposition besetzt

oder anstrebt, sollte entsprechende Trai-nings durchlaufen. Diese würden sich jeweils an Nachwuchsführungskräfte, das mittlere Management, die oberste Führungsebene und sogenannte High Potentials richten, wobei alle Teilnehmer nominiert werden sollten. Die Programme für die obersten Führungskräfte sollten sich aus Mitarbeitern aller Tüv-Süd-Ge-sellschaften und Regionen zusammen-setzen. Die anderen Programme sollten regional auf Basis eines einheitlichen Rahmens durchgeführt werden, um län-derspezifischen und kulturellen Beson-derheiten Rechnung zu tragen.

Im Gegensatz zur Laufbahn der Füh-rungskräfte war die der Experten nicht so einfach vorzugeben, da es für sie noch keine klaren Hierarchien gab und gibt. Wie auch in vielen anderen Betrieben war die Expertenentwicklung ein recht junges Thema bei Tüv Süd. Innerhalb

MODELL FÜR WEITERBILDUNG

Das Modell „Leadership & Expert Development“ (LED) mit Fokus auf der Führungskräfte- und Expertenentwicklung wurde bei Tüv Süd von Deutschland ins Ausland exportiert.

Tüv Süd Mitarbeiterakademie

QUELLE: TÜV SÜD AG

Tüv Süd Webakademie

Wissenstransfer

Tüv Süd Business and Leadership School

Programm für Nachwuchs-führungskräfte

Programm für das mittlere Management

Programm für die obersten Führungskräfte

Expertenentwicklung (technisch/nicht-technisch)

Senior-Expertenentwicklung (technisch/nicht-technisch)

Maßnahmen für Technologie-führerHigh-Potential-Programm

„Jump“

High-Potential-Programm„Chance“

Führungskräfteentwicklung und Expertenentwicklung

Leitlinien für Führungs-kräfte und Mitarbeiter

Corporate und Company Strategien

Compliance Kompetenzmodell

Tüv SüdFührungskräfte- und Expertenentwicklung

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GABRIELE SOMMER ist Kon-zernbereichsleiterin Personal bei Tüv Süd.

ERICH HILDENBRAND ist Direktor der Business and Leadership School von Tüv Süd.

oder einzelne Niederlassungen taten sich anfangs schwer, sich darin wieder-zufinden und die Vorgaben für ihr Um-feld anzupassen. So unterschiedlich die Aufgaben der einzelnen Bereiche sind, so individuell musste die Strategie an-gepasst werden, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.

Blueprints werden lokal angepasst

Um diese lokalen Bedürfnisse einerseits und den Anspruch an eine einheitliche Strategie andererseits miteinander zu vereinen, wurden und werden beim globalen Ausrollen der Programme, das 2012 begonnen hat und noch bis dato andauert, die Blueprints regional an-gepasst. Dabei verfolgt Tüv Süd einen 80-Prozent-Ansatz: Das bedeutet, dass das Unternehmen bei allen Trainings-maßnahmen weltweit 80 Prozent der übergeordneten Konzernvorgaben und -inhalte umsetzt und 20 Prozent indivi-duell durch die Region gestaltet werden. So kann es zum Beispiel sein, dass eine Region in Asien aus lokalen beziehungs-weise kulturellen Gründen andere oder ergänzende Module braucht, damit ein Führungskräfte- oder Expertenseminar für sie sinnvoll ist. Haben die Regionen die Freiheiten, einzelne Features der Programme selbst zu gestalten, sind die Maßnahmen meist erfolgreicher. Zudem ist es wichtig, dass lokale Trainer zum Einsatz kommen. Zum einen kennen sie die Gegebenheiten vor Ort und können

besser auf die Teilnehmer eingehen, zum anderen entfallen zusätzliche Kos-ten. Im Idealfall arbeitet man mit einer internationalen Trainingsagentur zu-sammen, die zum Beispiel neben Euro-pa auch in Asien sitzt. Der große Vorteil hierbei ist, dass die Verantwortlichen die Agentur nur einmal briefen müssen.

Mitarbeiter leiten Ziele selbst ab

Die internationalen Führungskräfte- und Expertenentwicklungsprogramme sind schon erfolgreich angelaufen: Aktu-ell finden Führungskräftetrainings der obersten Ebene statt, die größtenteils voraussichtlich Ende 2015 abgeschlos-sen sein werden. Die 2013 gestarteten internationalen Trainings für die mitt-lere Führungsebene und Nachwuchs-kräfte haben einen großen Zulauf und sind ebenfalls nach wie vor in Gang. Gleichzeitig läuft aktuell ein Experten-entwicklungsprogramm, das aus 19 Teil-nehmern aus allen Divisionen besteht.

Dabei setzen wir unter anderem auf in allen Trainings wiederkehrende Tools wie einen Parcours, bei dem die Teilneh-mer spielerisch Leitlinien reflektieren, und divisionsübergreifende Maßnah-men. Ein wichtiger Baustein dabei: Tüv Süd nimmt beim Expertenprogramm wie auch bei den Führungskräftetrainings die Teilnehmer selbst in die Pflicht, in-dem diese die eigene Regions- oder Unternehmensstrategie mit der des Kon-zerns abgleichen und daraus ihre Ziele

und Aufgaben definieren sollen. Die Teil-nehmer der Seminare sollen aktiv wer-den und selbst Lösungen erarbeiten. Ziel ist immer, dass am Schluss eines Trai-nings eine Handlungsmaßnahme steht, die mit dem Vorgesetzten besprochen wird. Durch diese Einbindung haben diese einen besseren Überblick über die Trainings und den Entwicklungsstand ihrer Mitarbeiter.

Weitere Maßnahmen sind geplant

Rückblickend betrachtet, wäre es bei der Implementierung zwar leichter gewe-sen, alle Maßnahmen bereits zu einem früheren Zeitpunkt zentral zu steuern und dabei mehr Mitarbeiter bereichs-übergreifend einzusetzen – doch wollten wir dabei auch lokale Gegebenheiten und gewachsene Strukturen berücksichtigen.

Und die Mühe hat sich gelohnt: Für Tüv Süd trägt diese ganzheitliche Weiter-entwicklung des Weiterbildungssystems schon erste Früchte; Teilnehmer der Füh-rungskräfte- und Expertenprogramme äußern sich sehr positiv und haben das Erlernte bereits in ihren Regionen oder Divisionen umgesetzt oder die ersten Schritte dafür eingeleitet. Viele Rück-meldungen aus verschiedenen Bereichen runden das Konzept Erfolg versprechend ab und zeigen, dass die Strategie Schritt für Schritt im Konzern umgesetzt wird.

Bei den bisherigen Maßnahmen rund um die internationale Weiterbildungs-strategie soll es nicht bleiben: Der Konzernbereich Personal wird noch in diesem Jahr mit dem Vorstand die Ent-wicklung weiterer Maßnahmen für das obere Management besprechen.

Von Deutschland (Hauptsitz München) rollte Tüv Süd die Strategie international aus.

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Konzepte für den NachwuchsSERIE. Rekrutieren, begleiten, abschließen: Das strategische Konzept der „Personal-dienstleistung 2.0“ schafft neue Lösungsansätze – auch für die Ausbildung.

munikationskenntnisse oft nicht ausbil-dungsfähig. Sie sind dadurch entweder gar nicht vermittelbar, brechen nach kurzer Zeit ab oder können aufgrund mangelhafter Grundfertigkeiten in den Betrieben kaum eingesetzt werden.

Probleme im Bildungssystem

Schlechte Noten, Widerworte, Unpünkt-lichkeit – immer häufiger zweifeln Unter- nehmen an der Durchführbarkeit ihres Ausbildungsauftrags. Fast ein Viertel der Betriebe bildet heute gar nicht mehr aus, weil sie die erhöhten Anforderun-gen nicht leisten können oder das zu hohe Abbruchrisiko scheuen. Laut Bun-desinstitut für Berufsbildung betrug die Vertragslösungsquote bei Auszubilden-den ohne Hauptschulabschluss 2013 rund 38 Prozent – nahezu das Dreifache von Auszubildenden mit Studienberech-tigung (2013 knapp 14 Prozent).

Was vielen Betrieben fehlt, sind ganz-heitliche Ausbildungskonzepte und die Kapazität, um sich auch auf Auszubil-dende mit schwierigen Grundvoraus-setzungen einzulassen. Dabei dürfte feststehen: Auch aus benachteiligten Jugendlichen können gute Auszubilden-

de werden und sie bleiben es, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Neue Strukturen für die Ausbildung

Lösungsansätze kommen auch aus den Reihen der Personaldienstleister. Als langfristige strategische Partner im Sinne der „Personaldienstleistung 2.0“ gehen diese das Thema Ausbildung vor dem Hintergrund der Bildungsmisere und der schrumpfenden Anzahl guter Bewerber ganzheitlich an. Im engen und auf Dauer angelegten Dialog mit Unter-nehmen, Verbänden und öffentlichen Institutionen schaffen sie neue Zugänge und unterstützende Strukturen für die Ausbildung: von der Akquise geeigneter Bewerber über das begleitende Coaching sowie die pädagogische Begleitung bei Problemen im Betrieb oder die Beratung bei persönlichen Themen bis hin zur Prüfungsvorbereitung und Hilfestellung für eine erfolgreiche Übernahme. Auch die Ausbildung im Verbund, bei der der jeweilige Arbeitgeber als Ausbildungs-pate mit Übernahmeberechtigung eini-ge Risiken und Verantwortungsbereiche auslagern kann, ist ein zukunftsweisen-des Modell. Während Unternehmen und Wirtschaftsverbände als Multiplikato-ren fungieren, übernehmen Personal-dienstleister die oben beschriebene Or-ganisation, Begleitung und inhaltliche Vorbereitung.

Praxisbeispiel „Reaktiva“

Nachdem die Ausbildungsaktivität in der Region Ostwestfalen-Lippe 2006 trotz hohem Lehrstellenbedarf und langfris-tiger Förderkarrieren von Jugendlichen

Von Thomas Voß

Noch nie wurden seit der Wie-dervereinigung so wenige Ausbildungsstellen besetzt wie im Jahr 2014. Nur 522.000

neue Ausbildungsverträge wurden ge-schlossen, 100.000 weniger als 2007. Die Zahl der Neuverträge könnte 2015 dem aktuellen Berufsbildungsbericht des Bun-desbildungsministeriums zufolge gar auf unter 510.000 sinken (mehr zum Thema Ausbildung lesen Sie auch ab Seite 16).

Abgesehen vom demografischen Wandel, der in den kommenden Jahren zunehmend Einfluss auf die Ausbil-dungszahlen haben wird, ist das Thema Bildung aktuell ein kritischer Faktor zwischen Wirtschaft und Politik. Eine der größten Herausforderungen ist die Differenz zwischen dem, was Betriebe suchen, und dem, was viele Jugendliche mitbringen. Seit Jahren fordern Unter-nehmer eine Gesamtstrategie für eine umfassende Bildung von Persönlich-keit und Berufsfähigkeit. Insbesondere Hauptschulabgänger sind wegen Schwä-chen in zentralen Bildungsbereichen wie unzureichender Mathematik- und Kom-

SERIE PERSONALDIENSTLEISTUNG 2.0

• Ausgabe 08/2015: Ausbildung als strategischer Faktor

• Ausgabe 09/2015: High Professionals – Vielfalt als Herausforderung

• Ausgabe 10/2015: Die Veränderungen in der Branche der Personaldienstleister

In Zusammenarbeit mit

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

ohne Ausbildung stark abgenommen hatte, suchte der Personaldienstleister Piening Personal für die öffentlich ge-förderte Ausbildungsinitiative zur „Re-Aktivierung“ von Ausbildungsplätzen gezielt nach Kooperationsbetrieben, die noch nicht oder nicht mehr ausgebildet hatten. Das Ziel, 50 Jugendliche erfolg-reich zu vermitteln, konnte übertroffen werden. Insgesamt 70 Bewerber starte-ten die Verbundausbildung. Die Koope-rationsbetriebe, in der die Ausbildungen durchgeführt wurden, wurden vom Per-sonaldienstleister bürokratisch, fachlich und sozialpädagogisch entlastet. Die Brutto-Ausbildungsvergütung übernah-men der Verbundpartner und der Per-sonaldienstleister aus Mitteln des Eu-ropäischen Sozialfonds. Lediglich eine Beteiligung an den Ausbildungslehrmit-teln und Prüfungskosten war durch die Betriebe zu tragen. 69 der Jugendlichen haben ihre Ausbildung erfolgreich been-det und wurden größtenteils von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen.

Der Wettbewerb um Auszubildende

Neben der mangelnden Ausbildungs-fähigkeit ist die „Akademisierung der Massen“ ein Thema. Weil immer weni-ger Schulabgänger nach immer höheren Abschlüssen streben, gehen die Bewer-berzahlen in den Ausbildungsberufen

kontinuierlich zurück. Schulabsolven-ten mit guten Leistungen finden seltener den Weg in die klassische Ausbildung.

Umgekehrt sollten aber unter den jähr-lich rund 100.000 Studienabbrechern Kandidaten zu finden sein, die sich für eine Ausbildung begeistern lassen. Das dürfte namhaften Unternehmen leichter fallen als weniger bekannten Mittelständ-lern und „Hidden Champions“. Diese wer-den trotz guter Ausbildungsbedingungen und Karrierechancen häufig übersehen.

Ein anderes Problem: Viele Schulab-solventen versteifen sich auf wenige, sehr begehrte Ausbildungsberufe wie etwa Industriekauffrau/-mann oder Kfz-Mechatroniker. Unregelmäßige Arbeits-zeiten, harte körperliche Arbeit und ein schlechtes Branchenimage schrecken da-gegen ab. So konnten zum Beispiel mehr als 60 Prozent der Arbeitgeber im Gast-gewerbe und rund ein Drittel der Banken und Versicherungen 2014 nicht alle Aus-bildungsplätze besetzen.

Personaldienstleister als Schnittstelle

Im Bemühen um Auszubildende ist es sinnvoll, dass Unternehmen ihre Kräfte bündeln und auch Personaldienstleister als strategische Partner ihre Kompetenz im Bereich Human Resources einbrin-gen. Ein Beispiel für eine regionale Maß-nahme ist die „Bielefelder Ausbildungs-

offensive“, die ein umfangreiches Paket zur Förderung der Ausbildung umfasst. Dazu zählen unter anderem eine ver-stärkte Kooperation mit Schulen bei Information und Praktikum sowie eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsar-beit für gute Ausbildungsbeispiele aus der Region. Ergänzende Aktionen wie das „Speed-Dating“ sollen Unternehmen und Schulabsolventen auf unkompli-zierte Weise einander näherbringen.

Das Modell einer regionalen Aus-bildungsplattform für die Beratung, Betreuung und Koordination sieht den Personaldienstleister dabei als Schnitt-stelle zwischen den beteilig ten Unter-nehmen und Bewerbern (siehe Grafik). Zu den Aufgaben zählen unter anderem Rekrutierung, Auswahl und Einstellung von Bewerbern. Hinzu kommt die Koor-dination einer Austauschbörse, über die stark frequentierte Firmen ihren Über-schuss an guten Bewerbern mit deren Einverständnis unbürokratisch an regio-nale Wettbewerber weitergeben können.

Ein ganz aktuelles Thema: Seit Novem-ber 2014 dürfen Flüchtlinge nach drei Monaten eine Ausbildung beginnen. Auch hier können Personaldienstleister durch Sprachvorbereitungskurse und Ausbildungsbegleitung einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Integration lei-sten. Laut der Deutschen Presseagentur sieht Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer auch in der Zeitarbeit einen Weg, mit praktischen Fertigkeiten und persön-lichen Kompetenzen zu überzeugen. Das Beschäftigungsverbot für Flüchtlinge sieht er als nicht mehr zeitgemäß an.

Der zweite Teil der Serie „Personal-dienstleistung 2.0“ beleuchtet das The-ma „High Professionals“ und diskutiert, was in diesem Segment die Form der Ar-beitnehmerüberlassung für Arbeitneh-mer und Unternehmen leisten kann.

AUSBILDUNGSPLATTFORM

Schnittstelle zwischen Bewerber und Unternehmen: Der Personaldienstleister über-nimmt mit der Ausbildungsplattform die Beratung, Betreuung und Koordination.

ANZEIGENSONDERVERÖFFENTLICHUNG

THOMAS VOSS verantwortet als Projektleiter den Bereich der Aus- und Weiterbildung bei Piening Personal.

QUELLE: PIENING PERSONAL 2015

Bew

erbe

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PersonaldienstleisterBeratung, Betreuung, Koordination, Organisation

Unt

erne

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Jobgarantie nach Ausbildung

Ausbildungsabbrüche Ausbildungsfähigkeit

Matching und Verteilung

Auswahl und Pool

Projekte mit Europäischem Sozialfonds

Rekrutierung, Einstellung

Auslandsrekrutierung

Ausbildungs plattform und Talentbörse

Ausbildungspaten

Praktische Ausbildung

Ausbildungsentgelt, Sozialversicherung

Praktikum in Koope-rationsunternehmen

Berechtigung zur Übernahme

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Durchschnittlich 120 Tage dau-ert es, eine offene Stelle für Ge-sundheits- und Krankenpfleger zu besetzen. Damit liegt die Va-

kanzzeit um 48 Prozent über dem Mittel-wert aller Berufe. Und auf 100 gemeldete Stellen kommen lediglich 84 Arbeitssu-chende, bei Altenpflegekräften sind es nur noch 44. In den examinierten Pfle-geberufen ist der Fachkräftemangel Fakt, stellt die Bundesagentur für Arbeit fest.

Kein Wunder, dass Klinikchefs und Betreiber von Pflegeeinrichtungen auf der Suche nach neuen Mitarbeitern den Blick seit Längerem auch über die

Von Dietmar Metzger und Thomas Bastian Landesgrenzen hinaus richten. Hierbei müssen sie einige Hürden überwinden: Meist fehlen die erforderlichen Sprach-kenntnisse. Die Ausbildungswege und -inhalte unterscheiden sich von Land zu Land und der Anerkennungsprozess kann sich einige Zeit hinziehen. Die Inte-gration der neuen Mitarbeiter hält nicht nur die Personalabteilung auf Trab, son-dern frustriert auch die Fachkräfte, die während des Anerkennungsprozesses nur in Helferpositionen arbeiten dürfen.

Träger deutscher Kliniken und Pfle-geeinrichtungen gehen seit 2012 in Kooperation mit der Dekra Akademie ei-nen neuen Weg: Sie lassen Pflegekräfte direkt in ihrem Heimatland ausbilden.

Beim Start in Deutschland ist die Aner-kennung ihres Abschlusses garantiert und die neuen Mitarbeiter bringen die erforderlichen Sprachkenntnisse sowie spezielles Wissen mit, das sie bei ihrem deutschen Arbeitgeber benötigen.

Ausbildung mit Jobzusage

Aktuell absolvieren in Ungarn 15 Klas-sen mit je 30 Teilnehmern die dreijäh-rige Ausbildung. Auch in Serbien und Albanien befinden sich zwölf bezie-hungsweise zwei Klassen in Ausbil-dung. Nach ihrem Examen starten 2016 die ersten ungarischen Pflegefachkräfte in ihrer neuen Heimat. Einer der künfti-gen Arbeitgeber ist beispielsweise eine

Grenzenlose Qualifikation TREND. Pflegefachkräfte sind rar. Träger von Kliniken und Pflegeeinrichtungen reagie-ren auf den Fachkräftemangel und lassen Mitarbeiter im Ausland qualifizieren.

Pflegeschüler in Ungarn erlernen parallel Inhalte, die für eine Tätig-keit in Deutsch-land nötig sind.

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Klinikgruppe mit rund 9.000 Mitar-beitern, die deutschlandweit Standorte betreibt. Sie lässt in Ungarn gleich eine ganze Klasse qualifizieren.

Alle Pflegeschüler haben eines ge-meinsam: Sie hätten den Beruf trotz ei-ner hohen Affinität zur Pflegetätigkeit aufgrund der Arbeitsbedingungen in ih-rem Heimatland nicht gewählt. Von der Ausbildung erwarten sie, unter moder-nen Verhältnissen arbeiten und pflegen zu können. Für die angehenden Pflege-fachkräfte hat die Entscheidung weit-reichende Konsequenzen, deshalb wird jeder einzelne Fall im Vorfeld ausführlich besprochen und geprüft.

Formale Zugangsvoraussetzung ist das Abitur. Darüber hinaus bringen die Teilnehmer bereits unterschiedliche Be-rufe und Vorerfahrungen mit. Mitarbei-ter der Dekra Niederlassungen vor Ort übernehmen die Vorauswahl auf Basis der definierten Anforderungsprofile der Auftraggeber. Sie legen Wert auf Kan-didaten mit einer glaubhaften Neigung zum Pflegeberuf sowie einer starken Persönlichkeit und einem stabilen Um-feld. Die Pflegeschüler erwartet ein an-spruchsvolles Programm, das sie neben ihrem Beruf abends, an den Wochenen-den und im Urlaub absolvieren.

Lokale Inhalte mit Blick auf Deutschland

Die Inhalte sind klar geregelt: Die Teil-nehmer erwerben den Abschluss in ih-rem Heimatland, er muss später dem deutschen Berufsbild der Examinierten Pflegefachkraft entsprechen. Zusätzlich benötigen sie für die Anerkennung in

Deutschland Sprachkenntnisse auf Ni-veau B2. Das Curriculum ist an dem des jeweiligen Landes ausgerichtet. Wo es Ermessensspielräume gibt, wird es den deutschen Anforderungen angepasst. Bei denjenigen, die sich für die Alten-pflege entschieden haben, wurden ent-sprechende Schwerpunkte integriert. In der berufspraktischen Ausbildung kooperiert die Dekra Akademie mit Kli-niken vor Ort. Daneben besuchen alle Pflegeschüler einen Sprachkurs, den sie vor Ausbildungsende mit dem Zertifikat Telc B2 plus medizinische Fachsprache Pflege abschließen.

Im letzten Schuljahr ergänzen Spezi-almodule für den jeweiligen Arbeitge-ber die regulären Ausbildungsinhalte. Dies können vertiefende Inhalte zu den medizinischen und pflegefachlichen Schwerpunkten der Träger sein oder or-ganisatorische Aspekte wie der Umgang mit dem Krankenhausinformationssys- tem und der Dokumentation. Hierfür stehen 200 Unterrichtsstunden zur Ver-fügung. Die spezifischen Vorkenntnisse erleichtern den Kandidaten den Start und verkürzen die Einarbeitungszeit.

Bindung während der Ausbildung

Alle Teilnehmer haben eine feste Job-zusage von einem deutschen Träger, wenn sie die Ausbildung beginnen. Außerdem besuchen alle Mitarbeiter eines künftigen Arbeitgebers dieselbe Klasse, dadurch entwickeln sich in der Gruppe schon früh Freundschaften und ein Teamgefühl. Es ist den Arbeitgebern auch wichtig, schon in der Ausbildung eine persönliche Bindung zu den neuen

Mitarbeitern aufzubauen. Die meisten ermöglichen bei Ausbildungsbeginn ein persönliches Kennenlernen und eine Einführung in die Häuser.

Manche Träger bieten ihren Pflege-schülern während der Qualifizierung einen Besuch in Deutschland an, um künftige Kollegen, die unterschiedlichen Einrichtungen und ihre neue Heimatre-gionen kennenzulernen. Darüber hinaus stellen einige Praktikumsaufenthalte be-reit. Teilnehmer, die diese Möglichkeit bereits hatten, waren begeistert, da sie einen realistischen Eindruck bekom-men haben, was sie erwartet und sie der Besuch in ihrer Entscheidung bestärkt hat. Für die Personalverantwortlichen ist es ein wichtiger Bestandteil der Aus-bildung, da er die Mitarbeiter motiviert, Vertrauen aufbaut und mögliche Ängste schon im Vorfeld beseitigt.

Anerkennung und Integration

Im letzten Halbjahr legen die Arbeitgeber final fest, an welchem Standort die neu-en Mitarbeiter arbeiten werden. Dann organisiert die Dekra Akademie das Anerkennungsverfahren, das in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt ist. Für Personalverantwortliche entfällt da-mit ein manchmal langwieriger Prozess, der für neue Fachkräfte aus dem Ausland sehr frustrierend sein kann.

Auch wenn die Fachkräfte optimal vor-bereitet nach Deutschland kommen und die Sprach- und Anerkennungshürde wegfällt, ist die Anfangsphase kritisch. Sie sind mit vielen neuen Erfahrungen konfrontiert, angefangen bei Behörden-gängen bis hin zur Wohnungssuche. Ebenso ist es für Arbeitgeber eine He-rausforderung, eine größere Anzahl neu-er Mitarbeiter gleichzeitig in ihre Teams zu integrieren. Deshalb beinhaltet das Qualifizierungsprogramm auf Wunsch ein individuelles Integrationskonzept, das die Personalabteilung und die Teams unterstützt. Es enthält unter anderem Weiterbildungen für Integrationsbe-auftragte und bei Bedarf stehen exter-ne Ressourcen als „Integrationslotsen“

Die Bunderegierung hat die Bedeutung der Fachkräftesicherung erkannt und will Unternehmen bei der Personalgewinnung im In- und Ausland unterstützen.

Ende 2014 ist die Fachkräfte-Offensive des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und der Bundesagentur für Arbeit in eine neue Runde gegangen. Mit Informationen zur Weiterbildung, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Anwerbung von Fachkräften sollen Unternehmen und Be-schäftigte für die Fachkräftesicherung sensibilisiert werden. Fachkräfte aus dem Ausland erhalten auf dem mehrsprachigen Willkommensportal www.make-it-in-germany.com Informationen über Leben und Arbeiten in Deutschland. www.fachkraefte-offensive.de

Bundesregierung wirbt um Fachkräfte

KAMPAGNE

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zur Verfügung. Diese kümmern sich um Details wie die Wohnungssuche, Behör-dengänge oder unterstützen auch Ange-hörige bei der Stellensuche.

Alternative Qualifizierung

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in manchen Ländern Überkapazitäten an arbeitssuchenden Pflegefachkräften. Hier bietet die Dekra Akademie ein zweites Qualifizierungsmodell für Träger, die den Rekrutierungs- und Integrationsaufwand bereits examinierter Pflegefachkräfte selbst nicht leisten können. In Serbien starteten im vergangenen November 100 Krankenschwestern und -pfleger in ein Programm, das zwischen einem und ein-einhalb Jahre dauert. Hierbei besuchen sie einen Sprachkurs, der sie auf Niveau Telc B2 bringt, und erwerben Fachwis-sen, das für die Anerkennung noch fehlt. Ein zweiwöchiger Intensivkurs an einer

Krankenpflegeschule in Deutschland be-reitet die Fachkräfte auf die praktische und mündliche Prüfung zur Berufsan-erkennung vor. Dieses Programm ist in weiteren europanahen Drittstaaten und ausgewählten Ländern Asiens im Aufbau.

Alle Beteiligten gewinnen

Wie viele neue Mitarbeiter die Arbeit-geber im Ausland qualifizieren lassen, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Die meisten von ihnen haben das Ausbil-dungs- und Qualifizierungsprogramm jedoch fest in ihrer langfristigen Per-sonalstrategie verankert, da es ihnen Planungssicherheit bietet. Im Gegen-satz zur klassischen Rekrutierung im Ausland wissen sie nun genau, dass sie zu einem festen Zeitpunkt mit einer konkreten Anzahl neuer Pflegefachkräf-te rechnen können, die anerkannt und individuell auf die Arbeit in ihrem Haus

vorbereitet sind. Dies bedeutet Sicher-heit, auch für die Bewerber.

Bei der Entwicklung der zwei unter-schiedlichen Qualifizierungsansätze stand der sogenannte Triple-Win-Ansatz im Vordergrund: Nicht nur die Fachkraft und der Arbeitgeber beziehungsweise der deutsche Arbeitsmarkt sollen profitieren, sondern auch das Herkunftsland. Durch die Ausbildung und den Abschluss in der Heimat können Teilnehmer später ohne Probleme an den dortigen Arbeitsmarkt zurückkehren und arbeiten. Gleichzeitig fördert es den Transfer von Know-how und vermeidet Braindrain in den betrof-fenen Ländern.

personalmagazin: Von der Architektur zur Altenpflege, das ist kein naheliegender Schritt. Warum haben Sie sich für die Ausbildung im Bereich Altenpflege entschieden? Karolin Nagy: Die Entscheidung war na-türlich nicht leicht für mich. Aber als Architektin habe ich in Ungarn keine Stelle gefunden, also habe ich mich nach Alternativen umgesehen. Bei der Stel-lensuche im Internet bin ich auf diese Ausbildung gestoßen. Die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen und gleichzei-tig eine Jobgarantie zu haben, hat mich neugierig gemacht und dann überzeugt. Und ja, Altenpflege ist etwas völlig ande-res als Architektur. Aber meine Mutter ist auch Pflegerin und so hatte ich schon eine Vorstellung von dem Beruf und den Anforderungen. Außerdem arbeite ich

neben der Ausbildung in einer Einrich-tung für Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen.

personalmagazin: Würden Sie die Ausbil-dung noch einmal beginnen?Nagy: Ja. Aber ich freue mich auch, wenn ich in zwei Jahren fertig bin. Vor allem die ersten Monate waren anstrengend, denn ich bin im Februar in einen Kurs eingestiegen, der schon im Herbst 2013 begonnen hat. Ich bin froh, dass ich diese Möglichkeit hatte, doch mit Inten-siv-Nachholstunden die ersten Monate aufzuarbeiten, war dann eben auch be-sonders belastend. Zum Glück habe ich schon in der Schule Deutsch gelernt, so-dass die bisherigen Teile des Sprachkur-ses eher eine Auffrischung waren. Mei-ne Lehrer sind sehr motivierend und

Von Architektur zur Altenpflege

INTERVIEW

Die 25-jährige Karolin Nagy hat in Ungarn Architektur studiert. Da sie in ihrem Beruf keine Stelle fand, begann sie eine Ausbildung im Bereich Altenpflege.

Das Interview führte Ulla Laux.

mir gefällt, dass sie uns sehr unterstüt-zen und auch offen für Probleme sind.

personalmagazin: Was erwarten Sie von der Arbeit in Deutschland?Nagy: Mit der Ausbildung kann ich voll in das Berufsleben und vor allem in einen erlernten Beruf einsteigen. Die Alterna-tive in Ungarn wäre eine fachfremde Tä-tigkeit gewesen. Ich war schon mehrmals als Touristin in Deutschland. Natürlich ist es etwas anderes, wenn man in einem anderen Land lebt und arbeitet. Aber es hilft mir, zumindest eine Vorstellung zu haben, wohin ich gehe. Außerdem wer-de ich nicht alleine sein, denn meine 29 Klassenkameraden gehen dann mit mir zum gleichen Arbeitgeber.

KAROLIN NAGY ist seit Februar 2014 eine der Teilneh-merinnen der Altenpflege-Ausbil-dung in Ungarn.

DIETMAR METZGER ist Leiter Geschäfts-entwicklung International, Dekra Akademie.THOMAS BASTIAN ist Leiter Gesundheits- und Sozialwesen, Dekra Akademie.

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Pflegeunternehmen haben bereits jetzt in verschiedenen Regionen Deutschlands Schwierigkeiten, ausreichend qualifiziertes Pfle-

gepersonal zu finden. Zugleich sind sie nicht darauf vorbereitet, Pflegekräfte länger an ihr Unternehmen zu binden be-ziehungsweise deren Beschäftigungsfä-higkeit zu erhalten. Die Pflegetätigkeit mit über 50 oder gar 60 Jahren auszuüben, so eine häufige Aussage von Geschäftsfüh-rern, sei aufgrund der hohen physischen als auch psychischen Belastungen weit-gehend unmöglich. In der Tat sind die Ar-beitsbelastungen in der Pflege hoch und auch der häufigste Grund, ganz aus dem Beruf auszuscheiden, wie unter anderem aus den Ergebnissen der europäischen „Nurses‘ early exit study“ (Next) von 2011 hervorgeht.

Zu den ungünstigen Bedingungen ge-hört zudem die schlechte Bezahlung, die maßgeblich von den Kostenträgern auf Länderebene bestimmt wird. Somit haben gerade kleine Betriebe geringe materielle Spielräume, um günstigere Arbeitsbedin-gungen oder Gehaltsaufstockungen zum Beispiel durch Leistungsprämien für ihre Pflegekräfte zu schaffen. Umso mehr sind sie gefordert, möglichst nachhaltige Per-sonalmanagementkonzepte aufzulegen sowie schonend mit ihren wertvollen Per-sonalressourcen umzugehen und ihren Pflegekräften Entwicklungsperspektiven bis ins höhere Erwerbsalter anzubieten, wie Manfred Haubrock in seinem Aufsatz „Sozialökonomische Herausforderungen für die Pflege“ belegt.

Von Sabine Nitsche und Veit Hannemann Betrachtet man genauer, welche Einflussfaktoren für die Bindung der Pflegekräfte an das Unternehmen von besonderer Bedeutung sind, rücken drei Handlungsfelder ins Blickfeld: Füh-rung, Arbeitsbewältigung und Kompe-tenzentwicklung. Die Führung ist nach Ergebnissen der Next-Studie einer der relevantesten Gründe dafür, dass Pfle-gekräfte das Unternehmen verlassen. Mitarbeiterorientierte Führungsstile ge-hen mit einer besseren Gesundheit der Mitarbeiter, weniger Stresserleben und

gesundheitlichen Beschwerden einher. Dies belegen zahlreiche Untersuchungen und ein transformationaler Führungsstil wirkt gesundheitsförderlich, wie Andre-as Zimber und Sabine Gregersen anhand eines Projekts dazu belegt haben.

Die Arbeitsbewältigungsfähigkeit bezeichnet das Passungsverhältnis zwischen den Arbeitsaufgaben und der Summe der Faktoren, die einen Mitar-beiter in die Lage versetzen, diese Ar-beitsaufgabe erfolgreich zu bewältigen, erklären Juhani Ilmarinen und Jürgen

Mehr Qualität in HR ANSATZ. Gerade kleine Pflegeunternehmen brauchen strategische Personalkonzepte. Dafür bietet es sich an, das etablierte Qualitätsmanagement auf HR zu übertragen.

PROZESS

Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess besteht in vielen Unternehmen bereits zum Beispiel für die Produktion. Er sollte auch für das HR-Management die Regel werden.

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Personalmanagement(angelehnt an DIN EN ISO 9001:2008)

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ActRessourcenmanagement:• Führung • Kompetenzen • Arbeitsfähigkeit

CheckMessung/Analyse (QPM-Kennzahlen)

Verantwortung des Personal-managements Interner Kunde/M

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Zufriedenheit und Bindung

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Pflegequalität

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Verantwortung des QM

Wirkungskette/Wertschöpfung Information

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Tempel in ihrem Buch „Arbeitsfähigkeit 2010“. Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Arbeitsfähigkeit in der Pflegebranche insbesondere bei älteren Beschäftigten verhältnismäßig niedrig ist. Das Passungsverhältnis zwischen Anforderungen und Leistungsfähigkeit sollte angesichts steigender Belastungen für die Pflegekräfte im Fokus des Ma-nagements liegen.

Wie oben beschrieben, ist das dritte wichtige Handlungsfeld für die Mitar-beiterbindung die Kompetenzentwick-lung. Auf lange Sicht kommt es dabei auch auf Kompetenzen der Pflegekräfte in nichtfachlichen Bereichen an. Es gilt, diese besser zu erfassen und gezielter zu fördern. Damit steigt ihre Zufriedenheit, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ihre verschiedenen Kompetenzen erfolgreich zum Einsatz bringen können. Umso mehr kommt es in der Pflege in Zukunft auf ei-ne gezielte Laufbahnentwicklung an.

HR-Management neu ausrichten

Wie lassen sich diese Handlungsfelder also in das Personalmanagement von (kleinen) Pflegeunternehmen aufneh-men? Die Übertragung des Grundgedan-kens des Total-Quality-Managements (TQM), den Mitarbeiter als Kunden des Personalmanagements anzusehen, bie-tet sich auch dafür an (siehe Grafik). Selbst kleine Betriebe haben entspre-chend den gesetzlichen Vorschriften bereits ein Qualitätsmanagement etab-liert oder sind zumindest mit dessen Regularien in der Organisation vertraut. Entscheidend für das Gelingen ist al-lerdings das Qualitätsverständnis in der Organisation: Steht die Qualitätssi-cherung im Vordergrund, dann liegt es nahe, dass sich eine Kultur der Kont-rolle und Fehlervermeidung herausge-bildet hat, in der die Verantwortlichen dazu neigen, Gestaltungsspielräume von Mitarbeitern entweder von vornehe-rein zu begrenzen oder zu ignorieren. Besteht dagegen bereits ein gelebter, auf allen Organisationsebenen aktiv unter-stützter Kreislauf des „Plan, Do, Check,

Act“ im Sinne einer Qualitätsentwick-lung (siehe Grafik), dann bietet sich da-mit eine gute Ausgangslage, diesen um mitarbeiterbezogene Kriterien zu erwei-tern und auf die Personalentwicklung zu übertragen. Das bestätigt unter ande-rem Beatrice Piechotta in ihrem Buch „Qualitätsmanagement für psychothera-peutische Praxen“.

Den systematischen Dialog fördern

Wichtig ist also, einen systematischen Dialog zwischen Mitarbeitern und Füh-rungskräften zu fördern. Die Themen Arbeitsbewältigung und Kompetenzen sollten Bestandteil dieses Dialogs sein und in verschiedenen Gesprächssitua-tionen wie zum Beispiel in Mitarbeiter-gesprächen aufgegriffen werden. Damit auch Führungskräfte der unteren Orga-nisationsebene Verantwortung für einen solchen systematischen Dialog über-nehmen können, müssen sie auf diese Aufgabe vorbereitet werden: durch infor-mative und sensibilisierende Trainings auch zu arbeitspsychologischen Themen und in enger Abstimmung mit den Pfle-gedienstleitungen.

Zudem muss auch Führungskräften in der Pflegebranche der Zugang zu Super-vision und Coaching geöffnet werden, damit sie ihre Führungsrolle ausfüllen und eine Vorbildfunktion einnehmen können. Investitionen in diesem Be-reich zahlen sich aus, denn sie tragen langfristig dazu bei, dass Pflegekräfte länger leistungsfähig bleiben und wenn sie zufriedener mit den Führungskräf-ten sind, auch länger im Unternehmen bleiben. Kosten durch Fluktuation und hoher Krankenstand lassen sich so deut-lich reduzieren.

Veränderungen – Schritt für Schritt

Angesichts der Vielzahl der in eine sol-che Dialogstruktur eingebundenen Ins-trumente dürfte in Pflegeunternehmen schnell das Gefühl der Überforderung eintreten. Mit einer gut überlegten, schrittweise eingeführten Strategie kann dieses jedoch klein gehalten werden. Mit

Sicherheit sind im Unternehmen bereits Instrumente in Benutzung beziehungs-weise Erfahrungen dazu gesammelt wor-den. Hier kann angeknüpft werden.

Konkrete Maßnahmen getestet

In dem Forschungsprojekt „Integriertes Qualitäts- und Personalmanagement in der Pflege (QPM-Pflege)“ wurden von Oktober 2012 bis Dezember 2014 in Kooperation mit zwei Berliner Pflegeun-ternehmen Bedingungen für die Integ-ration des Qualitäts- und Personalma-nagements analysiert und Ansätze für eine nachhaltige und demografietaugli-che Steuerung entwickelt.

Dazu wurden zunächst die Funkti-onsbeschreibungen der Führungskräfte betrachtet, wobei die Analyse der an sie gestellten Anforderungen im Mittelpunkt stand. Diese wurde dann durch eine Selbsteinschätzung der Führungskräfte ergänzt. Angesichts eines bisher zu un-klaren Führungsauftrags erfolgte eine Neuabgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der zentralen Pflegedienstlei-tung und der mittleren Führungsebene, die in den entsprechenden Funktionsbe-schreibungen festgehalten wurde.

Überprüft wurde in den am Projekt be-teiligten Unternehmen auch, wie regel-mäßig Mitarbeitergespräche geführt und wie sie ausgewertet wurden. Es erfolgte eine Überarbeitung des Gesprächsleitfa-dens. Im ambulanten Pflegebetrieb soll die mittlere Führungsebene (Bereichs-leitungen, die mehrere Pflegeteams un-ter sich haben) gestärkt und zunächst intensiver auf die erweiterte Führungs-verantwortung vorbereitet werden. Dazu gehören die Nutzung aktualisierter Ge-sprächsleitfäden und die Berücksichti-gung eines wertschätzenden Umgangs. Ziel ist zudem die stärkere Einbindung der Mitarbeiter in die Lösung im Pflege-alltag auftretender Probleme.

Im ambulanten Pflegeunternehmen wurde die Kommunikation und Infor-mationsvermittlung zwischen der Ein-satzzentrale und den Pflegeteams auf den Prüfstand gestellt. Dazu wurden in

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einem Workshop Mitarbeiter aus den Pflegeteams und der Einsatzzentrale, die täglich zahlreiche Kontakte zu An-gehörigen und Vertretern anderer Be-rufsgruppen (Ärzte, Apotheker) haben, zusammengesetzt. Sie analysierten die in der Kommunikation auftretenden Pro-bleme und entwickelten dafür gemein-sam Lösungsvorschläge. Dies führte zunächst zu höherem Verständnis für die Handlungskontexte, im zweiten Schritt dann zu einigen Verbesserungs-maßnahmen im Ablauf. Für Situationen, in denen es um mangelnde Wertschät-

zung ging, wurden positivere Umgangs-formen vorgeschlagen.

In der Tabelle wird beispielhaft zu-sammengefasst, wie Pflegeunternehmen solch einen Wandlungsprozess hin zu einem integrierten Qualitäts- und Perso-nalmanagement gehen können.

Frühwarnindikatoren nutzen

Ein kontinuierlicher Verbesserungspro-zess (siehe Grafik) sollte auch für das Personalmanagement die Regel werden. Die Qualitätsentwicklung in der Pflege wird dann verknüpft mit einem nach-

haltigen Management der Personalres-sourcen, in dem Mitarbeiter ebenfalls als Kunden verstanden werden. Jeder Zyklus ständiger Verbesserung schließt mit ei-ner Überprüfung der Zielerreichung ab. Dafür bedarf es von vorneherein festge-legter Messgrößen.

Im Gegensatz zu den üblichen Indi-katoren wie den Krankentagen oder der Fluktuationsrate erfüllen Indika-toren wie zum Beispiel der Index der Arbeitsbewältigungsfähigkeit eher den Anspruch, Frühwarnindikatoren für die Gesundheit oder die Belastungssituation der Pflegekräfte zu sein. Das gilt auch für Beteiligungsquoten an Mitarbeiter-gesprächen oder für die Umsetzung von Mitarbeiterideen zur belastungsärmeren Arbeitsgestaltung. Solche Kennzahlen sind durchaus mit begrenztem Aufwand zu erheben. Sie können dazu beitragen, erfolgreiches Führungskräfteverhal-ten und gute Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen zu etablieren. Das wiede-rum verbessert die Arbeitsfähigkeit und stärkt die Mitarbeiterbindung – auch und gerade in kleineren Pflegeunterneh-men.

PROF. DR. SABINE NITSCHE ist Professorin für den Studien-gang Wirtschaftsingenieur-wesen mit dem Schwerpunkt

Personal und Organisation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

VEIT HANNEMANN war wis-senschaftlicher Mitarbeiter im Projekt QPM-Pflege und ist derzeit im BMBF-Forschungs-

projekt Compcare tätig.

ONLINE

Ergebnisse des Forschungsprojekts QPM-Pflege

der Alice Salomon Hochschule und der Hoch-

schule für Wirtschaft und Technik Berlin finden

Sie zusammen mit einem Leitfaden online:

www.qpm-pflege.de

KONKRETE MASSNAHMEN

Auch kleine Pflegeunternehmen können schrittweise einen Wandlungsprozess hin zu einem integrierten Qualitäts- und Personalmanagement gehen. Die Tabelle stellt dafür einige Maßnahmen vor. Der Mitarbeiter wird dabei als Kunde betrachtet.

Instrumente der QPM-Pflege

Zielrichtung Empfohlene Analyse ... Mögliche erste Maßnahmen

Mitarbeiter-gespräch

• ergänzende Auswer-tung für eine bessere Arbeitsgestaltung

• erweiterte Verantwort-lichkeit der unteren Führungsebene

• zur bisherigen Fre-quenz und Qualität der Mitarbeitergespräche

• zur bisherigen Nutzung des Gesprächsleitfa-dens und -protokolls

• den Gesprächsleitfaden ergänzen, zum Beispiel durch Fragen zur Ar-beitsbewältigung

• die Zuständigkeit für die Mitarbeitergesprä-che verlagern zum Beispiel auf Wohnbe-reichsleitung (WBL)

Mitarbeiter-begleitung

• ergänzende Auswer-tung für eine bessere Arbeitsgestaltung

• erweiterte Verantwort-lichkeit der unteren Führungsebene

• zur bisherigen Fre-quenz und Qualität der Begleitsituationen

• zur Nutzung des Ge-sprächsleitfadens und -protokolls mit dem Ziel der Informations-verwertung

• den Gesprächsleitfaden ergänzen, zum Beispiel durch Fragen zur Ar-beitsbewältigung

• die Zuständigkeit für die Mitarbeiterbegleitung verlagern, zum Beispiel auf WBL

Vorschlags-wesen/ Ideen- management

• Steigerung der Kunden (Patienten-) und Mitar-beiterzufriedenheit

• kontinuierlichen Verbes-serungsprozess stärken

• bisheriger Umgang/Verfahren mit Vorschlä-gen von Mitarbeitern

• Bewertung des bisherigen Nutzens beziehungsweise des Gewinns

• Hinweise von Mitarbei-tern zur Prozessoptimie-rung nutzen

• ein Flussdiagramm erstellen, das Informa-tionsfluss und Zustän-digkeiten klar regelt

Qualitätszirkel/ Gesundheits- zirkel

• Anregung von Beteili-gung der Pflegekräfte durch Betroffenheit

• gesteigerte Lösungs-orientierung

• kontinuierlichen Verbes-serungsprozess stärken

• zur bisherigen Betei-ligung, Moderation, Verantwortlichkeit

• Bewertung des bisheri-gen Outputs

• ein Training für lösungs-orientiertes Handeln im Pflegeteam

• ein Training für Zirkel-moderatoren

Austritts- und Rückkehr-gespräche

• frühzeitige Gewinnung von Anhaltspunkten für eine bessere Mitarbei-terbindung, zum Bei-spiel Berücksichtigung der Work-Life-Balance nach Elternzeit

• zu bisherigen Erfahrungen mit der Gesprächsführung und den Wiedereinstiegs-situationen

• die Erarbeitung eines Konzepts, das Zeitpunk-te, Gesprächsleitfaden, Protokollauswertung und Zuständigkeiten berücksichtigt

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64 SPEZIAL_GESUNDHEITSWESEN

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Wie sind Krankenhäuser und Kliniken online auf-gestellt? Wie ist es um die Arbeitgeberauftritte in

einer Branche bestellt, die stark mit der Herausforderung Fachkräftemangel zu kämpfen hat? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Studie, die die Online- Recruiting-Praxis von 63 Krankenhäusern und Kliniken unterschiedlicher Größen untersuchte. Im Fokus standen Karrie-reseiten, Online-Stellenanzeigen sowie weitere Online-Aktivitäten in Arbeitge-ber-Bewertungsplattformen und Social-Media-Netzwerken. Durchgeführt wurde die Studie von der Recruiting-Beratung Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg. Bewertet wurden schwerpunktmäßig Häuser, die nicht zu Klinikketten gehö-ren. Insgesamt 170 Bewertungskriterien wurden hierbei zugrunde gelegt.

Wenig Infos auf Karriereseiten

Wie die Untersuchung der Karrieresei-ten zeigt, besteht dort noch erhebliches Optimierungspotenzial: Nur 18 Prozent der Häuser informieren auf ihren Kar-riereseiten ausführlich über Eckdaten, die für Bewerber relevant sind. Ledig-lich drei Prozent der Kliniken geben umfassend Einblick in die Arbeitsbedin-gungen. Auskünfte zum Bewerbungs-prozess erteilen sechs Prozent der Häu-ser. Welche Bewerbungsunterlagen sie erwarten, teilt rund ein Drittel mit. Nur zwei Prozent der Karrierewebseiten dif-ferenzieren nach verschiedenen Bewer-bergruppen. Eine Ausnahme gibt es bei

Von Ruth Böck und Karl-Heinrich Bruckschen den Azubis: Immerhin drei Viertel der Seiten halten gesonderte Informationen für künftige Azubis bereit. Eine Anpas-sung an mobile Endgeräte ist selten ge-geben: Erst 19 Prozent der untersuchten Karriereseiten sind mobil optimiert.

Textlastige Online-Anzeigen

Auch die Analyse der Online-Stellenan-zeigen offenbart Verbesserungsbedarf: Überraschend viele Häuser verzichten auf zentrale Bestandteile von Stellenan-zeigen. Bei 44 Prozent fehlt ein Stellen-profil, 35 Prozent informieren nicht oder nur sehr knapp über die Anforderungen und 44 Prozent schreiben nichts oder nur Allgemeines über die Arbeitgeber-

leistungen. Gut zwei Drittel der Stellen-anzeigen haben keine Bilder. 20 Prozent der Stellenanzeigen sind reine Fließtexte. Lediglich bei etwas mehr als der Hälf-te der Häuser sind die Stellenanzeigen einheitlich gestaltet. Mobiltauglich sind 13 Prozent der Stellenanzeigen. Positiv fällt die sehr hohe Zahl der namentlichen Ansprechpartner in den Stellenanzeigen auf (86 Prozent). Allerdings fehlen bei 75 Prozent der Anzeigen Verlinkungen zur Webseite oder Social-Media-Auftritten.

Weitere Online-Aktivitäten

Auf der Arbeitgeber-Bewertungsplatt-form Kununu und in Social Media sind die Kliniken wenig präsent: 54 Prozent

Wenig attraktiv für BewerberSTUDIE. Die Online-Präsenz als Arbeitgeber ist wichtig, um Bewerbungen zu generieren. Eine Untersuchung macht deutlich: Im Gesundheitswesen ist noch viel Luft nach oben.

Im Online-Recruiting sind Krankenhäuser und Kliniken im Vergleich mit mittelständi-schen Unternehmen weniger gut aufgestellt.

QUELLE: #OREP15, UPO

VERGLEICH

Kliniken Angaben in ProzentMittelstand

Information zu Eckdaten Arbeitgeber

Information zu Arbeitsbedingungen

Information zu Bewerbungsprozess

Differenzierung nach Bewerbergruppen

Emotionale Einblicke

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Inhalte der Karriereseite – keine Kriterien erfüllt

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wurden bisher nicht auf Kununu bewer-tet, nur acht Prozent haben mehr als zehn Bewertungen. Keines der Häuser hat auf Bewertungen reagiert. Ein Social-Media-Profil haben 48 Prozent der untersuch-ten Einrichtungen. Die meisten Profile existieren auf Facebook, an zweiter Stel-le liegt Xing. In den Profilen sind in den meisten Fällen wenige bis gar keine Ar-beitgeberinformationen zu finden, auch der Aktivitätsgrad fällt eher gering aus.

Der Mittelstand ist aktiver

Eine identische Untersuchung zum Online-Recruiting im Mittelstand aus dem März 2015 macht deutlich, dass die Gesundheitsbranche auch im direkten Vergleich weniger gut aufgestellt ist.

Das betrifft insbesondere die Inhalte der Karriereseiten (siehe Grafik). Bei den Stellenanzeigen liegen die Kliniken bei den Kriterien „Firmenprofil“, „Beschrei-bung Arbeitgeberleistungen“ und „per-sönlicher Ansprechpartner“ sogar leicht vor den Mittelständlern.

Daraus lassen sich konkrete Hand-lungsempfehlungen ableiten. Kliniken müssen auf ihren Karriereseiten kon-krete Informationen bereitstellen: Unternehmensinfos, Angaben zu Ar-beitsbedingungen sowie Eckpunkte des Bewerbungsprozesses. Sie sollten emotionale Einblicke geben und unter-schiedliche Bewerbergruppen – Ärzte, Pflegekräfte, medizinisch-technisches Personal, Azubis – zielgruppengerecht

informieren. Auch die Nutzerfreund-lichkeit muss gesteigert werden, durch besser lesbare Schriften, besser struk-turierte Texte und passende Bilder, Gra-fiken und Videos. Wichtig ist eine mobil optimierte Darstellung – das gilt auch für die Stellenanzeigen. Diese sollten zudem konkrete und beispielorientierte Angaben zu Aufgaben und Anforderun-gen enthalten und in einem zuvor defi-nierten Corporate Design erscheinen.

DR. RUTH BÖCK ist Gesellschafterin von Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg.DR. KARL-HEINRICH BRUCKSCHEN ist Geschäftsführer von Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg.

www.itandbusiness.de

Taugt IT wirklich dazu, Prozesse zu verbessern?

Miteinander verknüpfte Prozesse abzubilden, um sie zu unterstüt-

zen und sie zu steuern – kurz: sie einfacher, sicherer, effizienter und

kostengünstiger zu machen – ist eine der vornehmsten Aufgaben

der IT. Um das in aller Vollständigkeit zu tun, sind meist mehrere

Lösungen notwendig, die dann zusammenspielen müssen. Häufig

verstecken sie sich hinter drei Buchstaben: ERP, MES, CRM, ECM,

BPM, PLM, … Doch wie wird aus diesen Einzellösungen ein Team?

Die Antwort finden Sie auf der IT & Business 2015.

Part of IT & Business

Fachlicher Träger Ideeller Träger Partner

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66 RECHT_NEWS

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Weniger Mindestlohn-Bürokratie

Ein halbes Jahr nach Einführung des Mindestlohns lockert Arbeitsmi-nisterin Andrea Nahles die umstrittenen Aufzeichnungs- und Doku-mentationspflichten. Bislang müssen Arbeitgeber – soweit sie zu einer

der neun im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen zählen – für Arbeitnehmer mit einem Gehalt bis zu 2.958 Euro den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnen. Diese Gehaltsschwelle soll nun gesenkt werden. Künftig sollen Arbeitgeber bei Arbeitsverhältnis-sen mit längerem Bestand die Arbeitszeit nicht mehr aufzeichnen, wenn der Beschäftigte regelmäßig 2.000 Euro brutto pro Monat verdient und diesen Lohn die vergangenen zwölf Monate auch tatsächlich empfangen hat. Mit dieser Änderung geht Nahles auf eine wesentliche Forderung der Union ein, die Aufzeichnungspflicht zu mildern.

Bestandsprüfung Krankenkassen sollen künftig Meldungen der Arbeitgeber mit ihrem Datenbestand abgleichen und Bestandsprüfun-gen vornehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers werden ab 2016 Beitragsnachweise, AAG-Anträge und Meldungen abgewiesen, sofern Abweichungen vorliegen. Statt Aufklärung in der Sachbearbeitung weisen die Kassen die fehlerhaften Meldungen also maschinell zurück.

UV-Jahresmeldung Ab dem Jahr 2016 wird das Meldeverfahren bezüglich der Unfallversicherung modernisiert. Vorbei die Zeit, in der Arbeitgeber die Daten zur Unfallversicherung in jeder Meldung angeben müssen. Stattdessen wird es eine neue UV-Jahresmeldung geben.

Arbeitgeberdarlehen Die Verwaltung hat ihren Erlass zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen aktualisiert. Berücksich-tigt werden dabei insbesondere die neuen Entwicklungen der Rechtsprechung zur Bestimmung des maßgebenden Preises bei Sachbezügen.

Syndikusanwälte Das Bundessozialgericht hatte zuletzt die Praxis zur Rentenbefreiung der in Unternehmen beschäftigten Freiberufler gerügt. Nun hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der insbesondere für angestellte Rechtsanwälte Klarheit bringen soll.

NEWS DES MONATS

+++ Aktue l le News +++ H inte rg ründe +++ täg l i ch unte r www.haufe .de/persona l +++

Kopftuchstreit beendet?

NACHGEBESSERT

Nur das Nötigste hatte der Landtag in Nordrhein-Westfalen am Schulgesetz geändert. Im Zusammenhang mit dem Kopftuchstreit hatte das Bundesverfas-sungsgericht einen Absatz des Schul-gesetzes für nichtig erklärt, den die Parlamentarier nun angepasst haben. Die Karlsruher Richter monierten jedoch auch das pauschale Kopftuchverbot. Der Schulfrieden oder die staatliche Neutra-lität müsse für ein Verbot nicht abstrakt, sondern hinreichend konkret gefährdet sein. Das Schulgesetz war in diesem Punkt nicht zwingend zu ändern, jedoch verfassungsgemäß auszulegen. Daher passten die Parlamentarier – trotz Kritik – die Vorschriften nicht an, zum Beispiel um Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr. Das lässt Spielraum für Interpre-tationen, wobei unabhängig davon der Streit ums Kopftuch bleiben dürfte. Das zeigt nicht zuletzt ein Fall der Berliner Verwaltung, die einer Referendarin erst nach eingehender Prüfung erlaubte, die Ausbildungsstation dort abzuleisten.

Weniger Papierkram beim Mindestlohn? Die Ministerin kündigt Lockerungen an.

RECHNERDer Mindestlohnrechner in unserer App berechnet den Stundenlohn unter Berücksichtigung aller anrechenbaren Bestandteile Ihrer Mitarbeiter.

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NEWS FASHION BUSINESS

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Freigrenze erhöht

Entsprechend der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags gelten seit 1. Juli 2015 auch neue

Pfändungsfreigrenzen für Arbeitsein-kommen. Der monatlich unpfändbare Grundbetrag beträgt künftig 1.073,88 Euro anstatt bislang 1.045,04 Euro. Sind gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfül-len, erhöht er sich um monatlich 404,16 Euro für die erste und für die zweite bis fünfte Person um jeweils weitere 225,17 Euro. Die Pfändungsfreigrenzen werden alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli ange-passt. Seit dem letzten Stichtag hat sich der steuerliche Grundfreibetrag um 2,76 Prozent erhöht.

Neue AU-Bescheinigung ab 2016

Das gelbe Formular, die Ar-beitsunfähigkeitsbeschei-nigung, hatte vermutlich

jeder Berufstätige und Personaler schon in der Hand. Zum Januar 2016 wird dieses Papier nun mit dem sogenannten Auszahlschein in einem Muster zusammengefasst. Bei Arbeitgebern sorgt ein Durch-schlag der neuen einheitlichen Bescheinigung für mehr Klarheit: Geschwärzte Kopien des Auszahl-scheins oder zusätzlich ausgestell-te AU-Bescheinigungen während des Krankengeldbezugs sind so für den Nachweis der Arbeitsunfä-

higkeit nicht mehr nötig. Bislang versenden Krankenkassen an den Versicherten einen Auszahlschein, den der Arzt ausfüllen muss, wenn Krankengeld bezogen werden soll. Diese Zusatzabfrage kann den Übergang von Entgeltfortzahlung – mit AU-Bescheinigung – zu Kran-kengeld – mit Auszahlschein – ver-zögern. Künftig wird durchgehend die neue AU-Bescheinigung ge-nutzt. Durch die neuen Standards können Ärzte das Formular auch während des Krankengeldbezugs leichter und IT-gestützt ausfüllen und dadurch Fehler vermeiden.

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personalmagazin 08 / 15

68 RECHT_URTEILSDIENST

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BVerfG: Blutspendedienst muss Mitbestimmung zulassenEs verstößt nicht gegen die Verfassung, wenn das oberste deutsche Arbeitsge-richt einen Blutspendedienst nicht als karitativen Tendenzbetrieb anerkennt. Zwar sei die Organisation als gemein-

gericht (BAG) bereits 2012. Das Bundes-verfassungsgericht hat nun die Verfas-sungsbeschwerde gegen das BAG-Urteil bereits im Vorfeld abgelehnt und nicht zur Entscheidung angenommen.

nützig registriert und genießt steuer-rechtliche Vorzüge, arbeitsrechtlich kön-ne sich die Gesellschaft jedoch nicht auf eine Sonderstellung als Tendenzbetrieb berufen, entschied das Bundesarbeits-

URTEIL DES MONATS

In der BAG-Entscheidung ging es darum, einen Wirtschaftsausschuss im Unternehmen zu bilden. Für Tendenzbetriebe finden die Vor-schriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zum Wirtschafts-ausschuss jedoch keine Anwendung. Auf den Tendenzschutz können sich nur die Arbeitgeber berufen, die die Voraussetzungen des § 118 BetrVG erfüllen. Das BAG hatte in seiner Entscheidung den in der Vorschrift enthaltenen Begriff „karitativ“ eng ausgelegt. Ein Un-ternehmen diene nur dann unmittelbar karitativen Bestimmungen, wenn der Tendenzzweck in dem Unternehmen selbst verwirklicht wird. Der Dienst der Organisation müsse danach den leidenden Menschen direkt zugutekommen.Diese enge Auslegung verstoße nicht gegen die Verfassung, entschied nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). So könne sich der Blutspendedienst nicht auf Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG berufen. Zwar werde das Unternehmen von einer übergreifend karitativ-humanitären Bestimmung geleitet. Eine religiöse oder weltanschauliche Dimension sei jedoch kein bestimmendes Element der Tätigkeit, begründeten die Verfassungsrichter ihre Entscheidung.Das BAG-Urteil beruhe auch nicht auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen. Vielmehr folge das BAG anerkannten Grundsätzen. Nicht zuletzt schränke das BAG-Urteil auch nicht die

BAG FRAGT EUGH

ZUSAMMENFASSUNG Mit den Auswirkungen einer sogenannten dynamischen Bezugnahmeklausel beim Betriebsübergang hatte sich das BAG zu beschäftigen. Ob dessen Auslegung – die Richter sehen den Erwerber eines Betriebsteils an eine solche Klausel gebunden, als habe er diese selbst mit dem Arbeitnehmer getroffen – mit EU-Recht vereinbar ist, muss nun vorab der EuGH klären.

RELEVANZ Spannend ist die Wirkung der dynamischen Bezugnahme-klausel – grob gesagt, des arbeitsvertraglichen Verweises auf einen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung – bei einem Betriebs-übergang, wenn für den Erwerber andere Tarifwerke gelten. Die BAG-Rechtsprechung geriet in Konflikt mit der „Alemo-Herron“-Ent-scheidung des EuGH. Dieser kann nun seine Auslegung präzisieren.

BVERFG ZUM MINDESTLOHN

ZUSAMMENFASSUNG Mit zwei anderen Verfassungsbeschwerden gegen das Mindestlohngesetz wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch jene von 14 ausländischen Transportunternehmen als unzulässig ab. Die Betriebe wehrten sich gegen die Pflicht, den – auch nur kurzfristig – im Inland beschäftigten Arbeitnehmern den Mindestlohn zu zahlen und Meldungen nachzukommen.

RELEVANZ Die Aufmerksamkeit war der Transportbranche sicher, als die Mindestlohnpflicht im Transitverkehr sogar auf europäischer Ebe-ne diskutiert wurde. Das BVerfG äußerte sich nun nicht inhaltlich zu der Beschwerde, da die Fachgerichte vorrangig zuständig sind. Das BVerfG gab aber schon wichtige Fragen vor, die sich die Fachgerichte stellen müssen – bevor zuletzt doch wieder das BVerfG entscheidet.

Berufsfreiheit (Art. 12 GG) in unzumutbarer Weise ein. Dem Verfas-sungsgericht fehlten letztlich auch Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit des Blutspendediensts durch die Bildung eines Wirtschafts-ausschusses in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde..

Blut abnehmen: Ein entsprechender Dienst ist kein Tendenzbetrieb.

Quelle BVerfG, Beschluss vom 30.4.2015, Az. 1 BvR 2274/1

Quelle BVerfG, Beschluss vom 25.6.2015, Az. 1 BvR 555/15Quelle BAG, Besschluss vom 17.5.2015, Az. 4 AZR 61/14 (A)

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70 RECHT_BETRIEBSRAT

personalmagazin 08 / 15

Allein die Tatsache, dass der Ar­beitgeber die gegen ihn gerich­tete Beratung des Betriebsrats zu zahlen hat, sorgt für nega­

tive Emotionen und ist häufig Anlass für einen Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Auch die fehlende Rechtssi­cherheit, insbesondere zur Höhe des An­waltshonorars, fördert einen Konflikt. Soll die Vergütung des Betriebsratsanwalts jedoch richtig bewertet werden, müssen Arbeitgeber zwischen der grundsätz­

Von Bernd Weller lichen Erstattungsfähigkeit der Kosten des Betriebsratsanwalts („ob“) und der konkreten Höhe („wie viel“) differenzie­ren. Ferner ist nach der konkreten Rolle des Anwalts zu unterscheiden.

Beisitzer in Einigungsstelle

Die Vergütung als Beisitzer einer Ei­nigungsstelle ist eindeutig geregelt und damit selten Anlass für Streit zwi­schen Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Betriebs rat benennt nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (Be­trVG) „seine“ Beisitzer in der Einigungs­

stelle selbst. Der Betriebsrat entscheidet allein und ohne Mitentscheidungsbe­fugnis des Arbeitgebers, ob betriebsan­gehörige oder externe Beisitzer benannt werden. Begrenzt wird dieses Auswahl­recht nach der Rechtsprechung des BAG nur, wenn der benannte Beisitzer offen­kundig nicht für dieses Amt qualifiziert ist. Da Juristen aber grundsätzlich hier­für infrage kommen, kann mit diesem Argument ein Betriebsratsanwalt nur höchst selten ausgeschlossen werden.

Mit der Auswahl des Beisitzers ist zugleich die Entscheidung über die Ver­

Die Höhe des AnwaltshonorarsPRAXIS. Die Vergütung des Betriebsratsanwalts sorgt häufig für Unmut bei Arbeit­gebern. Insbesondere beim Gegenstandswert oder Stundensatz bleiben Fragen offen.

Am Ende bezahlt der Arbeitgeber: Häufig ist die Vergütung des Betriebsrats-anwalts Anlass für Streit.

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gütungspflicht des Arbeitgebers gefällt. Der Arbeitgeber hat gemäß § 76a Abs. 1 BetrVG die Kosten der Einigungsstelle zu tragen. Dazu gehört nach § 76a Abs. 3 BetrVG auch die Vergütung der externen Beisitzer. In der Praxis erhalten externe Beisitzer 70 Prozent der Vergütung des Einigungsstellenvorsitzenden.

Bevollmächtigter in Einigungsstelle

Immer wieder lassen sich Betriebsräte durch einen Prozessbevollmächtigten in der Einigungsstelle begleiten, insbe­sondere wenn die Zahl der Beisitzer so niedrig bemessen ist, dass nicht genug Plätze für alle Betriebsratsfraktionen und den Betriebsratsanwalt existieren.

Allerdings: Die Aufgabe der Einigungs­stelle ist es, Sachverhalte zu regeln und nicht Rechtsfragen zu entscheiden. Da­her ist fraglich, ob die Einbindung eines Rechtsanwalts zusätzlich zu den Beisit­zern in der Einigungsstelle erforderlich ist. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber nur die erforderlichen Kos­ten der Betriebsratsarbeit übernehmen. Da die Regelung von Sachverhalten (Be­triebsvereinbarung zur Arbeitszeit, zum Rauchverbot et cetera) die Kernaufgabe des Betriebsrats ist, kann – gerade in einem Einigungsstellenverfahren, in dem ein neutraler und juristisch vorge­bildeter Vorsitzender das Procedere leitet – über diese Erforderlichkeit gestritten werden. Sie wird wohl nur in komplexen Regelungsmaterien anzunehmen sein.

Angenommen, die Begleitung der Einigungsstelle durch einen Prozess­bevollmächtigten ist erforderlich, so bleibt die Frage nach der erforderlichen Vergütungshöhe. Hier lauert immen­ses Streitpotenzial. Die Vergütung von Rechtsanwälten ist im Rechtsanwaltsver­gütungsgesetz (RVG) geregelt. Danach bestimmt sich das Honorar anhand des Gegenstands­ oder Streitwerts einer An­gelegenheit sowie nach der Höhe des jeweils zulässigen Hebesatzes einer Gebühr (Geschäftsgebühr, Verfahrens­gebühr, Terminsgebühr et cetera). Bei betriebsverfassungsrechtlichen Strei­

tigkeiten geht es um das (Nicht­)Beste­hen eines Mitbestimmungsrechts. Als solches ist dies nicht zu beziffern. Es handelt sich um eine nichtvermögens­rechtliche Streitigkeit, für die das RVG einen Hilfswert von 5.000 Euro vorsieht.

Da dies keine hohe Vergütung für die Anwälte begründet, werden Wege gesucht, das Honorar zu erhöhen. So gehen verschiedene Arbeitsgerichte davon aus, dass der Wert des Mitbe­stimmungsrechts steigt, wenn mehr Mitarbeiter (potenziell) davon betrof­fen sind, das Betriebsratsgremium also größer ist. Der Hilfswert von 5.000 Euro wird dann mit der Anzahl der Betriebs­ratsmitglieder oder der Zahl der betrof­fenen Mitarbeiter multipliziert. Das BAG hingegen vertritt die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht nicht dadurch wertvoller wird, dass es mehr oder weni­ger Mitarbeiter betrifft. Zuweilen wurde auch versucht, zum Beispiel den Streit über das Sozialplanvolumen, der durch utopisch hohe Forderungen riesige Di­mensionen annehmen kann, als Maßstab für die Anwaltsvergütung zu nehmen. Das hat sich zu Recht nicht durchgesetzt.

Die Vereinbarung von Stundensät­zen ist in der Praxis zwar üblich, steht aber rechtlich auf tönernen Füßen (sie­he Kasten auf Seite 72). Da das Konzept der Erforderlichkeit nach § 40 BetrVG auch größtmögliche Kostenschonung des Arbeitgebers vorsieht, ist eine Stundenhonorarvereinbarung nur in Ausnahmefällen ohne Zustimmung des Arbeitgebers wirksam.

Vertreter bei Rechtsstreitigkeiten

Natürlich hat der Betriebsratsanwalt in seiner forensischen Tätigkeit einen Anspruch auf Vergütung. Die Arbeits­gerichte sind bei der Frage, ob die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einem Gerichtsver­fahren erforderlich ist, großzügig. Nur in krassen Ausnahmenfällen wird dies verneint, etwa wenn das vom Betriebs­rat angestrengte Verfahren offenkundig keinen Erfolg verspricht.

Bezüglich der Vergütungshöhe hin­gegen kann umfänglich auf die Ausfüh­rungen zum Prozessbevollmächtigten in der Einigungsstelle verwiesen werden. Auch hier findet der Streit über die Hö­he der Vergütung – und den jeweiligen Gegenstandswert nach RVG – oft statt. Erstaunlicherweise werden bei Gerichts­verfahren selten Stundensatzvereinba­rungen getroffen. Hier ist also nach der Praxiseinschätzung der Arbeitsgerichte der Betriebsratsanwalt unabhängig von der Komplexität der Materie und dem je­weiligen Gegenstandswert dazu bereit, auf RVG­Basis tätig zu werden. Warum dies bei außergerichtlichen Angelegen­heiten ausgeschlossen sein soll, bleibt das Geheimnis der Arbeitsgerichte.

Außergerichtliche Beratung

Für den Betriebsrat gibt es – auch nicht aus dem Gedanken der Waffengleichheit heraus – kein Recht auf arbeitsrechtliche Dauerberatung. Das BAG weist darauf hin, dass Betriebsratsmitglieder nach § 36 Abs. 6 und Abs. 7 BetrVG umfang­reich zur Teilnahme an Schulungen auf Kosten des Arbeitgebers berechtigt sind. Diese sind kein Selbstzweck, sondern sol­len das nötige Wissen vermitteln.

Für die außergerichtliche Tätigkeit eines Anwaltes gilt § 80 Abs. 3 BetrVG. Danach kann der Betriebsrat externe kostenpflichtige Sachverständige (auch Rechtsanwälte) nur beauftragen, wenn • das Betriebsratsgremium zuvor durch

Beschluss • die Zustimmung des Arbeitgebers • zur Beauftragung eines konkret be­

nannten Rechtsanwalts • mit der Beantwortung einer konkret

benannten Frage • und zu einem konkret vorgesehenen

Honorarvolumen erbeten hat und• der Arbeitgeber seine Zustimmung

erteilt hat.

Fachbeitrag Die notwendigen Kosten des

Betriebsrats (HI3547060)

Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe

Personal Office (HPO). Internetzugriff:

www.haufe.de/hi3547060

ARBEITSHILFE

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72 RECHT_BETRIEBSRAT

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Das bedeutet: Ohne Zustimmung des Arbeitgebers darf der Betriebsrat sei­nen Anwalt außergerichtlich nicht man­datieren. Er muss nach der Konzeption des Gesetzes hingegen ein Verfahren vor den Arbeitsgerichten führen, in dem die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zustimmung zu der Mandatierung des externen Anwalts erreicht werden soll. Nach dem Gesetz sollen die Kosten von Sachverständigen gering gehalten und dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein­geräumt werden, eigene Erkenntnis­quellen (Mitarbeiter oder vorliegende Memoranda eines Anwalts) zu nutzen. Der Betriebsrat kann dem nicht das Ar­gument der „Befangenheit“ entgegnen.

Ausschließlich in Fällen der Betriebs­änderung in Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers exter­ne Berater hinzuziehen. Auch dann ist er

jedoch an die Grenzen der Erforderlich­keit im Sinne des § 40 BetrVG gebunden.

Konsequenz: Haftet der Betriebsrat?

Werden die geschilderten Grenzen bei der Mandatierung vom Betriebsrat nicht eingehalten, ist es wie sonst im Leben auch: Wer Grenzen überschreitet, haftet dafür. Tatsächlich haftet das handeln­de Betriebsratsmitglied dem externen Sachverständigen gegenüber für das Ho­norar, ohne dass damit ein Freistellungs­anspruch gegen den Arbeitgeber ver­bunden wäre. Nach Auffassung von BAG und BGH ist dies der Preis einer freien Gesellschaft – wer handelt, muss auch die Konsequenzen tragen. Dies ist kein Verstoß gegen den Grundsatz, wonach das Betriebsratsamt nicht mit finanziel­len Nachteilen oder Vorteilen verbunden sein darf. Denn dies gewährt keine Nar­renfreiheit oder Generalfreistellung.

Allerdings kommt die Haftung fast nie zum Tragen. Zum einen wird der Anwalt denjenigen, der regelmäßig Mandate bringt, nicht in Haftung nehmen. Zum anderen kann sich der Betriebsrat ge­genüber dem externen Anwalt darauf berufen, dass für diesen die Unzulässig­keit der Mandatierung erkennbar war.

Weiche Faktoren sind Teil des Streits

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass häufig auch weiche Faktoren den Streit über das Honorar des Betriebs­ratsanwalts bestimmen. So ist der Ar­beitgeber meist strengen Vorgaben für die Auftragsvergabe unterworfen. Die eigenen Anwälte müssen sich also in „Beauty Contests“ und Vergabeverfah­ren bewähren. Betriebsratsgremien entscheiden hingegen freihändig. Die Unternehmensrichtlinien sind freilich nicht anwendbar. Die Mandatsentschei­dung des Betriebsrats ist oft schon des­halb für den Arbeitgeber ein rotes Tuch.

Hinzu kommt die Geheimniskrämerei, die manche Betriebsratsanwälte um ihre Tätigkeit machen. Oft weigern sie sich, die Honoraransprüche so zu belegen, wie dies nach der BGH­Rechtsprechung erforderlich ist. Unter Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht werden Angaben zu zeitlichem Umfang und Inhalt der Beratung selbst bei Stun­densatzvereinbarungen verweigert. Dies führt jedoch nur dazu, dass Arbeitgeber die Rechnung mangels unzureichender Substanziierung nicht zu zahlen haben.

Letztlich dürfte ein Stundenhonorar der Betriebsratsanwälte in der Regel nicht erforderlich sein. Nach RVG gibt es wiederum viel Raum für Streit. Insofern wäre eine einheitliche Linie der Gerichte oder die Aufgabe der gesetzgeberischen Zurückhaltung angebracht. Ein leidiges Streitthema würde so beseitigt.

BERND WELLER ist Fach-anwalt für Arbeitsrecht und Partner der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Die Vereinbarung von Stundensätzen ist in der Praxis zwar üblich, steht aber rechtlich auf tönernen Füßen. Zumal die vorgebrachten Argumente nicht überzeugen.

In der Praxis werden Stundensätze für Betriebsratsanwälte bisweilen von Arbeitsgerich-ten mit den folgenden Argumenten gutgeheißen:

• Ein Stundensatz in der konkreten Höhe (200 bis 300 Euro) sei üblich,

• auch der Arbeitgeber zahle seinem anwaltlichen Berater ein Stundenhonorar und

• auf dem Markt sei kein Betriebsratsanwalt bereit, ein Mandat anzunehmen, das nicht auf Stundenbasis vergütet werde.

Das erste Argument ist bei näherer Betrachtung kein Argument, sondern ein Tatsachen-befund. Er hat allerdings keinerlei Aussagekraft. Dass eine bestimmte Honorarabrede mit Zustimmung des Arbeitgebers in der Praxis häufig getroffen wird, sagt nichts darü-ber aus, welche Vergütung das Betriebsratsgremium gegen den Willen des Arbeitgebers auf dessen Kosten beschließen darf. Das Argument der Waffengleichheit ist sozialro-mantisch, aber dem BetrVG nicht zu entnehmen. Die Behauptung, es sei doch kein (guter) Anwalt ohne Stundenhonorar zu finden, wird mantraartig wiederholt; eine Be-weisaufnahme dazu findet jedoch nie statt. Die Praxis belegt sehr wohl, dass zahlreiche Betriebsratsanwälte auch auf Basis des RVG tätig werden. Da die Erforderlichkeit nach § 40 BetrVG auch größtmögliche Kostenschonung des Arbeitgebers vorsieht, ist eine Stundenhonorarvereinbarung nur in Ausnahmen ohne dessen Zustimmung wirksam.

Ist das Stundenhonorar erforderlich?

BETRIEBSRATSANWALT

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Muss sich unser Unterneh­men eigentlich zwingend an einen Tarifvertrag halten? Diese Frage wird in der Pra­

xis im Ergebnis häufig allein dann schon bejaht, wenn das Unternehmen einem Arbeitgeberverband angehört oder am Abschluss eines Haustarifvertrags mit­gewirkt hat. Entsprechend wird diese Er­kenntnis dann meist dadurch umgesetzt, dass in den Arbeitsverträgen aller Mitar­beiter auf diese Tarifbindung hingewiesen

Von Thomas Muschiol

Geschlossene GesellschaftURTEIL. Eine neue Praxis kommt auf Unternehmen zu: Tarifverträge enthalten häufig Klauseln, die bestimmte Leistungen nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen.

wird, indem etwa folgende Formulierung auftaucht: „Im Übrigen gilt für das Ar­beitsverhältnis der Tarifvertrag xy“.

Die arbeitsrechtlich gespaltene Belegschaft ist Realität

Arbeitsrechtlich gesehen reicht es für eine exakte Beschreibung der Rechtsla­ge nicht aus, auf die Tarifbindung des Unternehmens hinzuweisen. Vielmehr müsste die Antwort auf die Ausgangs­frage wie folgt lauten: Da das Unterneh­men tarifgebunden ist, muss der Tarif­vertrag zwingend auf alle Mitarbeiter

angewandt werden, die ihrerseits tarif­gebunden sind, also der Gewerkschaft angehören, die den Tarifvertrag mit dem Verband, dem das Unternehmen angehört, abgeschlossen hat. Für diese Mitarbei ter entfaltet der Tarifvertrag in­soweit sogenannte normative Wirkung. Das bedeutet, dass das Unternehmen sich an einen solchen wie an ein Gesetz halten muss, auch ohne dass im Arbeits­vertrag ein Wort über die Anwendung des Tarifvertrags verloren wird. Geht man davon aus, dass in kaum einem Un­ternehmen der Organisations grad bei

RECHT_TARIFVERTRÄGE 73

Nur für Mitglieder: Tarifverträge differenzieren Leistungen nach Gewerkschaftszugehörigkeit.

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74 RECHT_TARIFVERTRÄGE

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Gerade in höherrangigen Positionen vereinbaren Arbeitgeber und Beschäftigter ein außertarifliches Arbeitspapier. Dabei ist der Blick auf den Geltungsbereich des Tarif-vertrags zu richten.

„Die Parteien schließen folgenden außertariflichen Arbeitsvertrag.“ Wenn tarifgebundene Unternehmen mit einer solchen Formulierung arbeiten, wollen sie erreichen, dass für diesen Mitarbeiter ein Tarifvertrag gerade nicht gelten soll. Ist dieser Mitarbeiter in der Gewerkschaft, so ist ein solcher Vertrag nur sinnvoll, wenn es sich um eine Tätigkeit bezie-hungsweise Position handelt, die vom Tarifvertrag selbst ausdrücklich aus dem tariflichen Geltungsbereich ausgeklammert wird. Ist dieser Mitarbeiter nicht in der Gewerkschaft, so kann mangels normativer Tarifbindung auch bei „normalen“ Tätigkeiten vom Tarifvertrag abgewichen werden. Dieser Mitarbeiter kann aber durch schlichten Gewerkschaftsbeitritt die vom Tarifvertrag abweichenden Vertragsbestandteile unwirksam werden lassen.

Der Irrtum mit AT-Verträgen

HINWEIS100 Prozent liegen dürfte, heißt das zu­nächst: Entschließt sich ein Unterneh­men, einem tarifschließenden Arbeit­geberverband beizutreten oder Partner eines Haustarifvertrags zu werden, be­steht die normative Pflicht, sich an ei­nen Tarifvertrag zu halten, nur für den Teil der Belegschaft, die Gewerkschafts­mitglieder sind. Und nicht nur das: Das Beispiel der Auseinandersetzung zwi­schen der Gewerkschaft der Lok führer und der Deutschen Bahn zeigt, dass die Beantwortung der Frage, wann eine nor­mative Tarifbindung besteht, auch noch davon abhängen kann, in welcher Ge­werkschaft der jeweilige Mitarbeiter ist.

Die arbeitsrechtlich gespaltene Belegschaft ist Realität

Daraus folgt, dass Unternehmen hinsicht­lich ihres arbeitsrechtlichen Vertrags­gestaltungsspielraums zwei Gruppen von Arbeitnehmern gegenüberstehen: denen, die in der (richtigen) Gewerk­schaft sind und bei denen auch ohne Hin­weis im Arbeitsvertrag der Tarifvertrag normative Wirkung entfaltet, und denen, die nicht in der (richtigen) Gewerkschaft sind und bei denen die Arbeitsbedin­gungen im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Vertragsfreiheit ohne Rücksichtnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrags frei gestaltet werden können. So wäre es insoweit durchaus denkbar, mit Mitarbeitern der letzteren Gruppe einen über die tarifliche Arbeits­zeit hinausgehenden Arbeitsvertrag über eine 40­Stunden­Woche abzuschließen und dies mit einem erheblichen Lohnzu­schlag zu kompensieren.

Angenommen, jedem Personalver­antwortlichen ist bewusst, dass diese Möglichkeiten der Differenzierung exis­tieren: Es werden sich wohl – wenn überhaupt – nur in wenigen Unterneh­men solche Arbeitsverträge finden, bei denen von dieser legalen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Der Grund liegt auf der Hand: Jeder nicht tarifgebundene Mitarbeiter hat es in der Hand, durch schlichten Beitritt in die Gewerkschaft

die normative Wirkung eines Tarifver­trags herbeizuführen. Nimmt er diese Möglichkeit wahr, so würde die vormals legale Abweichung von einem Tarifver­trag vom Beitritt in die Gewerkschaft an unwirksam, da eine einzelvertragliche Abweichung von einem normativ gel­tenden Tarifvertrag nicht möglich ist.

Die traditionelle Folge dieser Situa­tion ist: Die meisten Unternehmen, die sich für eine Tarifbindung entschieden haben, verhalten sich faktisch gegen­über allen Mitarbeitern so, als wenn ihr Tarifvertrag unterschiedslos normative Wirkung hätte und stellen dies durch einen entsprechenden Hinweis „auf die

Das Interesse an der Gewerkschaftszugehörigkeit hat im Bewerbungsverfahren im Grundsatz nichts zu suchen. Während des Arbeitsverhältnisses kann die Frage jedoch durchaus notwendig sein.

„Sind Sie Gewerkschaftsmitglied?“ Wenn diese Frage im Rahmen von Einstellungsge-sprächen oder in einem Bewerbungsfragebogen gestellt wird, handelt es sich um eine unzulässige Frage, bei der dem Bewerber ein sogenanntes Recht zur Lüge zugestanden wird. Anders sieht es jedoch im laufenden Beschäftigungsverhältnis aus. Hier ist die Frage immer dann erlaubt, wenn dies für die Berechnung des Lohns oder zur Einhaltung sonstiger Tarifvorschriften notwendig ist. Erst recht dann, wenn in einem Tarifvertrag eine zulässige Differenzierungsklausel besteht. Völlig neue Bedeutung hat die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit durch die Aufgabe der Rechtsprechung zur Tarifeinheit er-langt. Da es insoweit möglich ist, dass in einem Unternehmen mehrere Tarifverträge gel-ten, sind unter Umständen auch Angaben zur Frage, welche Gewerkschaftszugehörigkeit besteht, notwendig. Allerdings wird insoweit ein aktuelles BAG-Urteil zu berücksichtigen sein (Urteil vom 18.11.2014, Az. 1 AZR 257/13). Darin wurde einem Arbeitgeberverband untersagt, sein Fragerecht im Vorfeld von Tarifergebnissen schon im Rahmen von Tarifver-handlungen auszuüben. Es muss also ein konkreter objektiver Anlass bestehen.

Ist die Gewerkschafts-Frage erlaubt?

DISKRIMINIERUNG

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Geltung des Tarifvertrags“ gegenüber den Arbeitnehmern in den Arbeitsver­trägen klar.

Exklusive Besserstellung im Interesse der Gewerkschaft

Dass Unternehmen von der Möglichkeit, zwischen Mitarbeitern mit und ohne Gewerkschaftsausweis zu differenzie­ren, bisher so gut wie keinen Gebrauch machen wollen, hat aber auch eine un­ternehmerpolitische Bedeutung. Man stelle sich vor, ein Unternehmen käme auf die Idee, eine bestimmte tarifver­tragliche Leistung nur dann zu gewäh­ren, wenn es „sein muss“, sprich wenn der Mitarbeiter in der (richtigen) Ge­werkschaft ist. Er dürfte sich in einem solchen Fall über das anschließende An­steigen des gewerkschaftlichen Organi­sationsgrads nicht wundern.

Im Gegenzug dürfte nachvollziehbar sein, dass die Gewerkschaften gerade ein hohes Interesse daran haben, dass Unternehmen für ihre Mitglieder eine exklusive Besserstellung durchführen. Das wirft jedoch folgende Frage auf: Können die Gewerkschaften im Wege von Tarifverhandlungen oder gegebe­nenfalls durch Streiks durchsetzen, dass Leistungen eines Tarifvertrags nur Gewerkschaftsmitgliedern zugutekom­men?

Die Antwort mag zunächst verblüf­fend klingen: Selbstverständlich dürfen sie dies, denn es liegt in der Natur von Tarifverhandlungen, dass die daran be­teiligten Gewerkschaften nur Ansprü­che ihrer Mitglieder begründen können. Nicht aus der Natur von Tarifverhand­lungen ergibt sich dagegen ein Verbot, Tarifverträge auch freiwillig auf nicht ge­werkschaftlich organisierte Mitarbeiter, sogenannte Außenseiter, anzuwenden. Was aber wäre, wenn es einer Gewerk­schaft gelänge, in einen Tarifvertrag ei­ne solche Differenzierungsklausel für Gewerkschaftsmitglieder ausdrücklich hinein zu verhandeln oder zu erstreiten? Müssten sich dann die tarifgebundenen Unternehmen daran halten?

Die Antwort lautet zunächst: nein. Eine solche Vereinbarung wäre verfassungs­widrig, weil es gegen die sogenannte „negative Koalitionsfreiheit“ verstößt. Sie würde nämlich die Außenseiter fak­tisch dazu zwingen, der Gewerkschaft beizutreten. So musste sich das Bundes­arbeitsgericht (BAG) im Jahr 2011 (Ur­teil vom 23.3.2011, Az. 4 AZR 366/09) mit der Wirksamkeit einer sogenannten „Spannenklausel“ beschäftigen. Dies waren Verhandlungsergebnisse, die in Tarifverträgen absichern sollten, dass Gewerkschaftsmitglieder immer einen definierten prozentualen Gehaltsvor­sprung vor ihren nicht organisierten Kollegen haben. „Wegen Überschreitung der Tarifmacht“, so das BAG, seien derar­tige Klauseln unwirksam.

Konkrete Sonderzahlung für Gewerkschafter wirksam

Was aber ist, wenn nicht der Tarifvertrag als Ganzes oder bestimmte Abschnitte in Tarifverhandlungen als „Exklusiv­leistung“ bezeichnet werden, sondern es den Gewerkschaften gelingt, einzelne Zuwendungen, etwa eine Sonderzah­lung oder eine „Erholungsbeihilfe“, aus­schließlich für Gewerkschaftsmitglie­der in den Tarifvertrag zu bekommen? An dieser Stelle ist Schluss mit einem pauschalen Verweis auf die „negative Koalitionsfreiheit“. Vielmehr ist jede dieser Leistungen auf ihre Zulässigkeit abzuklopfen.

Im Jahr 2013 hat das BAG den Weg für einzelne Fallgestaltungen geöffnet, bei denen tarifliche Regelungen (im entschiedenen Fall ging es um eine Son­derzahlung), die an die Gewerkschafts­zugehörigkeit anknüpfen, tatsächlich zulässig sind (Urteil vom 21.8.2013, Az. 4 AZR 861/11). Seitdem vergeht kaum ei­ne Tarifverhandlung, in der nicht an der einen oder anderen Stelle eine Leistung auftaucht, die mit einer Differenzierungs­klausel ausgestattet ist. Dementspre­chend sind die Arbeitsgerichte reichlich mit der Überprüfung im Auftrag der Unternehmen, die die Unterscheidungen

nach der Gewerkschaftszugehörigkeit scheuen, beschäftigt. Nicht wenige Ar­beitgeber haben sich inzwischen jedoch mit dieser ungewohnten Rechtslage ab­gefunden, was dann allerdings mit einer Frage nach der Gewerkschaftszugehörig­keit (siehe Kasten) einhergehen muss.

Ist in diesen Unternehmen damit der Rechtsfrieden für die Arbeitgeber durch Nachgeben und Verzicht auf eine Klage gerettet? Keineswegs, denn in diesen Fällen müssen die Arbeitgeber damit rechnen, dass sie mit Klagen derjenigen Mitarbeiter überzogen werden, die nicht in der Gewerkschaft sind und auch nicht gezwungen werden wollen, wegen des Vorteils einer einzelnen tariflichen Leis­tung einzutreten.

LAG: Zulässige Differenzierung im Sozialtarifvertrag

Auch hier gibt es mittlerweile ein rich­tungsweisendes LAG­Urteil. In dem konkreten Fall war in einer Differenzie­rungsklausel festgelegt, dass Gewerk­schaftsmitglieder aus einem Sozialtarif­vertrag eine höhere Abfindung als ihren nichtorganisierten Kollegen zusteht (LAG München, Urteil vom 10.2.2015, Az. 9 Sa 662714). Eine zulässige Unter­scheidung, entschieden die bayrischen LAG­Richter. Allerdings muss noch das BAG über die eingelegte Revision ent­scheiden.

Urteil Das BAG-Urteil vom 23.3.2011, Az. 4

AZR 366/09, im Volltext (HI2727695)

Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe

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ARBEITSHILFE

THOMAS MUSCHIOL ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Arbeits- und Sozialversiche-rungsrecht in Freiburg.

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76 PERSÖNLICH_NEWS

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

Die Karriere planen

Nur 43 Prozent der Arbeitnehmer planen ihr Weiterkommen im Job. Ihnen gegenüber stehen „planlose“

56 Prozent. Dies zeigt eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Universität für Weiterbildung. Diese macht zudem deutlich, dass sich der Karrierebegriff gewandelt hat: Den Arbeitnehmern geht es weniger um Aufstieg, Status und Macht, sondern darum, dass die Stelle zum Leben passt. Als Maß-nahmen für eine bessere Karriereplanung nennen die Initiatoren der Studie die aktive Teilnahme in Business-Plattformen, Weiter-bildung und das Setzen von Etappenzielen. Von den Befragten, die ihre Karriere planen, setzen sich bislang nur 24 Prozent konkrete Etappenziele. www.duw-berlin.de

Vergütung im Vergleich: Welche Branchen zahlen wie gut?

In welchen Branchen werden HR-Experten am besten bezahlt? Die-ser Frage geht der Vergütungs-Check von Compensation-Online und Personalmagazin in diesem Monat nach. Die Tabelle zeigt den

jeweiligen Branchen-Durchschnittswerts im prozentualen Verhältnis zum Gesamtdurchschnitt. Ab der Septemberausgabe beginnt der Ver-gütungs-Check wieder mit den Durchschnittsgehältern zentraler Tä-tigkeitsfelder im Personalwesen (siehe Übersicht).

3. bis 4. Septem-ber, Frankfurt a.M./Oberursel

Optimale Personalprozesse Tel. 0761 898-4422www-haufe-akademie.de

22. bis 25. Sep-tember, Hamburg

Führen – Delegieren – MotivierenTel. 07551 9368-185www.die-akademie.de

28. bis 29. Sep-tember, Bonn

Verändern – aber wie? Tel. 0228 265004 www.zfm-bonn.de

ONLINE-SEMINARE

Für Abonnenten des Haufe Personal Office Premium sind diese Online- Seminare inklusive.

SEMINARE

HPO

8. September Mutterschutz und Elternzeit Teil 1

21. September Grundlagenwissen der betrieblichen Altersversorgung

22. September Mutterschutz und Elternzeit Teil 2

Weitere Informationen zu den Online-Seminaren erhalten Sie unter Tel. 0180 5050-440 und www.haufe-online-training.de.

WO PERSONALER WIE VIEL VERDIENEN

QUELLE: WWW.COMPENSATION-ONLINE.DE, 2015

ÜBERSICHT

Sept.: Personalentwickler

Okt.: Fachlicher Trainer

Nov.: Persönlichkeitstrainer

Dez.: Syndikus

Jan.: Lohn und Gehalt

Feb.: Personalmarketing

März: Personalleiter

April: Personalreferent

Mai: Personalsachbearbeiter

Juni: Personalberater

Juli: Personaldisponent

Aug.: Branchenvergleich

Durchschnittswerte über 120 Prozent

Halbleiter

Sonstige Investitionsgüter

Luftfahrt

Banken, Finanzdienstleistung

Sonstige Informationstechnologie

Pharma, Chemie, Verfahrenstechnik

Unternehmensberatung

Autoindustrie

Computer (Herstellung Hardware)

Großhandel

Anlagenbau

Telekommunikation

Konsum- und Gebrauchsgüter

Medizintechnik

Maschinenbau

Energie, Wasser, Umwelt, Entsorg.

Software

Durchschnittswerte 100 bis 120 Prozent

Elektrotechnik

Versicherungen

IT-Systemhäuser

Biotechnologie

Fahrzeugbau, Metall

Feinmechanik, Optik

Schifffahrt

Kosmetik

Sonstige Industrie

Messebetreiber

Forschungsinstitute

Kunststoff, Gummi, Glas, Keramik

Medien, Presse

Bekleidung, Textil

Krankenhäuser

Druck und Papier, Verpackung

Durchschnittswerte 90 bis 100 Prozent

Lebensmittel, Nahrung, Genuss

Öffentliche Verwaltung, Behörden

Personalberatung

Ingenieurbüro

Verbände

Bau

Immobilien

Großhandel, Technik

Möbel, Holz

Bildungsinstitutionen

Großhandel, Sonstiges

Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung

Internet- und Versandhandel

Durchschnittswerte 80 bis 90 Prozent

Kultur

Sonstige Dienstleistungen

Großhandel, Bau und Einrichtung

Logistik, Transport, Verkehr

Rechtsberatung

Werbung und PR

Großhandel: Lebensmittel, Bekleidung, Textil

Gesundheitswesen

Zeitarbeit

Autohäuser

Durchschnittswerte bis 80 Prozent

Handwerk

Touristik, Freizeit

Einzelhandel: Technik, Bau und Einrichtung

Einzelhandel: Bekleidung, Textil

Soziale Einrichtungen

Einzelhandel: Lebensmittel, Sonstiges

Hotel und Gaststätten

Call Center

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Neue Mitarbeiter stellen Sie so dem internati-onalen Team vor: „Here is our new colleague in this department, Mrs XY“ (Hier ist unsere neue Kollegin in dieser Abteilung, Frau XY).

Geben Sie einige Informationen zur Person: „Mrs XY has a long history of innovative work in the field of…“ (Frau XY verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich innovativer Tätigkeiten von…), „She has experience in the areas of…“ (Sie hat Erfahrung in den Bereichen…), „Our new colleague comes to us after several years of experience as…“ (Unsere neue Kollegin ist zu uns gekommen, nachdem sie einige Jahre als… Erfahrung gesammelt hat).

„presenting the new colleague“

An dieser Stelle stellt Ihnen das Personalmagazin hilfreiche Redewendungen

aus dem Englischen vor. Diese sind dem Haufe Praxisratgeber „Business

English für Personaler“ entnommen.

ANZE IGE

Akademie Koblenz

HR-NETZWERKE

Ansprechpartner: Tim-O. Goldmann E-Mail: [email protected]

Mit den Themen HR, Führung und Gesundheit befasst sich das Netzwerk „Zukunft Wirtschaft: Faktor Mensch!“, das im Juli 2013 startete und heute rund 50 Mitglie-der aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zählt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Fünfmal jährlich finden Treffen an verschiedenen Orten in Hamburg statt. Diese bieten Impulsvorträge und die Möglichkeit zum Netzwerken. Im Vordergrund stehen neue Impulse und der Austausch im Kollegenkreis, aber auch das Besprechen erfolgreicher Praxisbeispiele und das Hinterfragen wissenschaftlicher Ansätze. Der nächste Termin im Oktober befasst sich mit „Stress in Organisationen“.

Unterhalten Sie einen nicht kommerziellen Personaler- Treff und sind offen für neue Mitglieder? Dann schreiben Sie unter dem Stichwort „HR-Netze“ eine Nachricht an: [email protected].

Zukunft Wirtschaft: Faktor Mensch!

Ausbildung zum Change-Manager

In vielen Unternehmen ist der Change- und Lernbe-darf so groß, dass er mit externen Beratern allein nicht mehr gedeckt werden kann. Für Unternehmen,

die selbst die erforderliche Change-Management-Kom-petenz aufbauen wollen, hat das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis in Esslingen, zusammen mit dem Steinbeis Transferzentrum in Reutlingen, eine Change-Management-Kompaktausbildung entwickelt. Diese Inhouse-Ausbildung enthält zwei Module zu je zwei Tagen und integriert Fallstudien aus dem Be-triebsalltag der Teilnehmer. Ab Januar 2016 wird auch eine offene Change-Management-Ausbildung angebo-ten, an denen Mitarbeiter verschiedener Unternehmen teilnehmen können. www.ilea-institut.de

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78 PERSÖNLICH_TRENNUNGSGESPRÄCHE

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Das Trennungsgespräch gehört zu den schwierigsten Diszi-plinen im HR-Management, denn hier sind nicht nur Fach-

wissen und Kenntnisse in Gesprächsfüh-rung gefragt, sondern die Empathie und das Feingefühl der Personalmanager. Da der Verlust eines Arbeitsplatzes immer ein einschneidendes Erlebnis ist und die betroffene Person durchaus in eine persönliche Krise stürzen kann, ist äu-ßerste Sorgfalt bei der Vorbereitung und Durchführung wichtig, um eine Gefähr-dung rechtzeitig zu erkennen und geziel-te Hilfe anbieten zu können.

Organisatorische Vorbereitung

Voraussetzung für eine Trennung ist die juristische Prüfung der Rechtmäßigkeit und der Konditionen der Trennung. Ist dieser Punkt geklärt, ist viel Organisa-torisches zu regeln, zum Beispiel die zeitliche Planung. Zwischen der Unter-nehmensentscheidung, sich von einer Person zu trennen, und dem Gespräch sollte nicht zu viel Zeit vergehen. Der Gesprächstermin sollte nicht an beson-deren Tagen – wie dem Geburtstag des Mitarbeiters oder seinem Firmenjubilä-um – stattfinden. Das Gespräch sollte in geschützter Atmosphäre stattfinden – einem ruhigen Raum, der nicht einseh-bar und akustisch gedämmt ist.

Vorab ist zu klären, wer an dem Ge-spräch teilnimmt. Hier gilt: Das Gespräch führt die Person, die auch für die Mit-arbeitergespräche zuständig war – also in den meisten Fällen der Vorgesetzte.

Von Anja von Kanitz

Diese Person wird, insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen, als „Tandem“ von einem Vertreter der Per-sonalabteilung unterstützt. Ein Betriebs-ratsmitglied ist dann einzubinden, wenn der Betroffene diese Begleitung wünscht.

Individuelle Vorbereitung

Bei einem Trennungsgespräch geht es auch darum, der betroffenen Person den gehörigen Respekt für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit entge-genzubringen. Die Gesprächsführenden sollten wissen, wie lange die Person im Betrieb ist und was sie dort getan hat. Zur guten Vorbereitung gehört folglich, dass alle Informationen zur betroffe-nen Person vorliegen. Weiterhin gehört dazu, sich im Vorfeld zu überlegen, was außer der Trennungsnachricht übermit-

telt werden soll. Die Vorbereitung hilft auch, realistisch einzuschätzen, welche Folgen die Trennung für den Betroffe-nen hat, wie er reagieren wird und wel-che Hilfen das Unternehmen anbieten kann, um den Übergang möglichst gut zu gestalten. Zielführend hierbei sind Fragen wie: Was wissen Sie über seine persönliche Situation? Wie würden Sie die Person als Typ beschreiben? Es ist hilfreich, diese Einschätzung zusam-men mit dem Tandem-Partner aus der Fachabteilung vorzunehmen.

Genauso wichtig ist eine vorherige Absprache der Tandem-Partner zu den jeweiligen Gesprächsrollen. Eine be-währte Arbeitsteilung ist, dass der Vor-gesetzte das Gespräch führt und der Personaler sich immer dann einschaltet, wenn es um rechtliche oder organisato-

Mit Empathie und FeingefühlPRAXIS. Sich von einem Mitarbeiter zu trennen, ist für alle Seiten schwierig und belastend. Eine gute Vorbereitung hilft beim entscheidenden Gespräch.

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08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

rische Aspekte oder konkrete Unterstüt-zungsangebote des Unternehmens geht.

Emotionale Vorbereitung

Die emotionale Vorbereitung betrifft die eigenen Gefühle und Gedanken rund um das Trennungsgespräch und mögliche Strategien, um das Gespräch zu meis-tern. Auch für die Gesprächsführenden

ist es häufig belastend, sich von Mitar-beitern zu trennen, gerade dann, wenn diese sich nichts haben zu Schulden kommen lassen und betriebsbedingte Gründe zu dieser Trennung führen.

Die gründliche Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen im Vorfeld hilft, im Gespräch zugewandt und hilf-reich zu agieren, ohne von eigenen Gefühlen mitgerissen zu werden. Die emotionale Vorbereitung schützt auch davor, sich im Gespräch durch Vorwürfe des Betroffenen provozieren zu lassen.

Strukturierte Durchführung

Das Gespräch selbst sollte gut struktu-riert sein. Die drei Phasen – Einstieg, Kernphase und Abschlussphase – geben dem Gespräch Halt. Der Einstieg dient

dazu, die Teilnehmer auf das Gespräch einzustimmen, eine inhaltliche und zeit-liche Orientierung zu geben und für eine respektvolle Atmosphäre zu sorgen.

In der Kernphase werden alle wesent-lichen Inhalte angesprochen. Wichtig hierbei ist, dass Sie die Trennungsbot-schaft klar und verständlich ausspre-chen und dass Sie dem Gegenüber Zeit

geben, die Nachricht zu verarbeiten und darauf zu reagieren. In der Kernphase erläutern Sie die Gründe für die Tren-nung, das weitere Vorgehen und stellen die Angebote des Unternehmens zur Unterstützung dar. Idealerweise vermit-teln Sie dem Betroffenen trotz allem die Botschaft: „Wir wissen, was Sie für das Unternehmen geleistet haben.“

Da nicht sicher ist, wie aufnahmefä-hig der Betroffene nach der Mitteilung des Trennungswunschs ist, müssen Sie fallweise entscheiden, welche Informati-onen auf jeden Fall in diesem Gespräch übermittelt und verstanden werden sol-len und was in einem Folgegespräch ge-regelt werden kann.

Die Abschlussphase sollten Sie deut-lich einleiten: „Alle Punkte, die wir in

diesem ersten Gespräch mit Ihnen be-handeln wollten, haben wir jetzt bespro-chen. Ich denke, Sie benötigen nun Zeit, um das alles zu verarbeiten. Gibt es von Ihrer Seite Punkte, die wir unbedingt noch klären sollten?“ In jedem Fall müs-sen Sie sich am Ende des Gesprächs den Empfang der schriftlichen Kündigung mit Ort, Datum und Unterschrift quittie-ren lassen. Fassen Sie abschließend das im Gespräch Vereinbarte zusammen. Bevor Sie auseinander gehen, sollten Sie sicher sein, dass die betroffene Person in der Verfassung ist, allein nach Hause zu gehen. Haben Sie Zweifel, sorgen Sie für Unterstützung und Begleitung.

Das Gespräch nachbereiten

Mit dem Trennungsgespräch ist der Trennungsprozess noch nicht beendet. Eine sorgfältige Nachbereitung ist Vor-aussetzung dafür, dass alle Beteiligten den Prozess fachlich und persönlich ab-schließen – und positiv in die Zukunft schauen können. Deshalb sollten Sie nach dem Gespräch eine kurze Reflexi-on vornehmen, in der Sie für sich Ihren Eindruck vom Gesprächsverlauf klären. Dies wird Ihnen helfen, die Situation klarer zu sehen und – gerade auch im Austausch mit dem Fachvorgesetzten – ein realistisches Bild von Ihrem eigenen Auftreten zu bekommen.

Zur organisatorischen Nachbereitung gehört das Erstellen eines Ergebnispro-tokolls, in dem Sie Absprachen und Vereinbarungen sowie weitere geplante Termine festhalten. Notieren Sie, was zu klären ist, wer sich darum kümmert und bis wann das geschehen soll. Mit verbindlicher Kommunikation zwischen den unternehmensinternen Stellen ver-hindern Sie ein Informations- und Pla-nungschaos in der Trennungsphase.

ANJA VON KANITZ ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik,

Kommunikation und Moderation.

Anja von Kanitz: Trennungsgespräche im Unternehmen. 224 Seiten,

Haufe Verlag, Freiburg, 2015. 39,95 Euro. � www.haufe.de/personal

BUCHTIPP

Ein Trennungsgespräch verläuft besser, wenn es gut vorbereitet ist. So können die Gesprächsführenden meist auch schwierige Situationen souverän meistern.

Im Buch erläutert die Kommunikationsexpertin Anja von Ka-nitz, wie ein konstruktives Kündigungsgespräch aufgebaut ist. Sie beschreibt die einzelnen Gesprächsphasen und erläutert, wie Sprache, Stimme und Körperhaltung dazu beitragen, die Gesprächsinhalte verständlich zu vermitteln. Auch der Um-gang mit Wut, Trauer und persönlichen Vorwürfen ist Inhalt des Buchs. Darüber hinaus stellt die Autorin Checklisten und Übungen für alle Gesprächsphasen bereit.

Professionell und konstruktiv

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80 PERSÖNLICH_BUCHTIPPS

ORGANISATION. Die Schlagworte „Ar-beiten 4.0“ und „New Work“ prägten schon weit vor dem Start der Offensive zur Arbeit 4.0 von Arbeitsministerin Andrea Nahles die öffentliche Diskus-sion. Erstaunlich bei der Debatte um die Arbeit der Zukunft ist aber, dass der Wandel in der Arbeitswelt mit Re-zepten der Vergangenheit gemeistert werden soll, schreiben die Microsoft-Manager Elke Frank und Thorsten

Hübschen im Vorwort. Ihr Credo: Wir brauchen ein grundle-gend neues Bild von Arbeit. Voraussetzung für ein Gelingen des neuen Arbeitens ist das konsequente Führen nach Zielen. Ohne konkrete, individuell ausgehandelte und messbare Ziele wird das flexible Arbeiten scheitern. Darin steckt die eigent-

liche Herausforderung beim Wandel der Arbeitswelt. Weitere Voraussetzungen sind Vertrauen und Wertschätzung. Mit ih-rem Buch wollen die Autoren einen Reiseführer in die (Büro-)Arbeitswelt von Morgen bereitstellen. Nach einer Einführung in die Thematik und Herausforderungen beschreiben Frank und Hübschen die neue Arbeitswelt anhand von drei Aspekten, die auch bei Microsoft im Fokus stehen: Menschen, Orte und Technologien. Nur wem es gelinge, diese drei Faktoren sinnvoll und mitarbeitergerecht zu verbinden, könne die nächste Sta-tion auf dem Weg in die neue Arbeitswelt in Angriff nehmen. BEWERTUNG: Das Buch beschreibt vornehmlich die Arbeitswelt der Wissensarbeiter – aus einem einfachen Grund: In Büros kennen sich die Buchautoren aus. Sie liefern zahlreiche Beispie-le aus dem eigenen, aber auch aus anderen Unternehmen. (dfu)Elke Frank, Thorsten Hübschen: Out of Office. 269 Seiten, Redline Verlag,

München, 2015. 19,99 Euro. www.m-vg.de

Die Büroarbeit neu organisieren

AUS UNSEREM VERLAG. Was müssen Recruiter heute können, um auf enger werdenden Arbeitsmärkten qualifi-zierte Mitarbeiter zu gewinnen? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Ausfüh-rungen von Robindro Ullah und Micha-el Witte, die langjährige Erfahrung im operativen Recruiting, Employer Bran-ding und HR-Marketing mitbringen. Sie plädieren für eine systemische Pro-fessionalisierung des Recruitings, das

auf top ausgebildete Recruiting-Mitarbeiter setzt: Recruiting besteht aus grundsoliden Fähigkeiten, die aufgebaut und regel-mäßig nachjustiert und verfeinert werden müssen. Im Buch be-schreiben sie alle Aspekte der Personalgewinnung ausführlich und prozessorientiert – angefangen bei der Bedarfsplanung über die Stellenausschreibung bis zur Bewerberauswahl und zum Onboarding. Sie gehen auf einzelne Recruiting-Tools ein und räumen dem Social Media Recruiting umfangreichen Raum ein. Und sie erläutern, welche Kennzahlen wichtig sind, um die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen zu messen. Im An-hang liefern sie ein Glossar sowie eine Übersicht über HR-Blogs in Deutschland. (dfu)Robindro Ullah, Michael Witt: Praxishandbuch Recruiting. 282 Seiten,

Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 2015. 49,95 Euro. www.schaeffer-poeschel.de

ORGANISATION. Die meisten Organi-sationen haben zahlreiche Change-Programme, Zentralisierungen und Dezentralisierungen, neue IT- und Prämiensysteme, neue Leitbilder und strategische Managementsysteme er-fahren. Was bleibt, ist die Sehnsucht nach einer radikal anderen Weise der Zusammenarbeit. Wie können Organi-sationen aussehen, die ein Mehr des menschlichen Potenzials zugänglich

machen? Wie können solche evolutionären Organisationen verwirklicht werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Überlegungen von Frederic Laloux – nicht auf rein akademi-scher Ebene, sondern stark praxisorientiert. Er präsentiert seine Erkenntnisse aus einer Untersuchung von zwölf Unter-nehmen und erarbeitet einen Leitfaden für den Weg zu einer ganzheitlich orientierten und sinnstiftenden Organisation.BEWERTUNG: Mit seinen Forschungsergebnissen liefert der Un-ternehmensberater Frederic Laloux zukunftsweisende Erkennt-nisse für die Organisationsentwicklung. Zahlreiche Praxistipps helfen bei der Entwicklung einer evolutionären Firma, in der sich die Mitarbeiter selbst organisieren. (dfu)Frederic Laloux: Reinventing Organizations. 356 Seiten, Verlag Franz

Vahlen, München, 2015. 39,80 Euro. www.vahlen.de

Mehr Professionalität für das Recruiting und die Recruiter

Die Art und Weise der Zusammenarbeit neu erfinden

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81PERSÖNLICH_RÜCKBLICK

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

IMPRESSUMVERLAG Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 FreiburgKommanditgesellschaft, Sitz FreiburgRegistergericht Freiburg, HRA 4408Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs GmbH, Sitz Freiburg, Registergeri-cht Freiburg, HRB 5557, Martin LaquaGeschäftsführung: Isabel Blank, Markus Dränert, Jörg Frey, Birte Hackenjos, Randolf Jessl, Markus Reithwiesner, Joachim Rotzinger, Dr. Carsten ThiesBeiratsvorsitzende: Andrea HaufeSteuernummer: 06392/11008Umsatzsteuer-Identifikations nummer: DE 812398835

ABONNENTEN-SERVICE UND VERTRIEBTel.: 0800 / 7234 253 (kostenlos)Fax: 0800 / 5050 446 (kostenlos)E-Mail: [email protected]

VERLAGSLEITUNG / HERAUSGEBER Reiner Straub, Randolf Jessl

ERSCHEINUNGSWEISE Monatlich, in der Regel am letzten Freitag eines Monats, 16. Jahrgang

REDAKTIONReiner Straub (str) (v.i.S.d.P.)E-Mail: [email protected] Furkel (dfu) (Chefreporterin)E-Mail: [email protected] Schmitt (ks)E-Mail: [email protected] Melanie Rößler (mer) E-Mail: [email protected] Enderle da Silva (end)E-Mail: [email protected] Miller (mim)E-Mail: [email protected] Andrea Sattler (ak) E-Mail: [email protected]

REDAKTIONSASSISTENZBrigitte Pelka, Tel.: 07 61/8 98-3921, Telefax 07 61/8 98-99-3921, E-Mail: [email protected]

AUTOREN UND MITARBEITER DIESER AUSGABEThomas Bastian, Dr. Ruth Böck, Dr. Karl-Heinrich Bruckschen, Martin Claßen, Melanie Feistauer, Dr. Christian Gärtner, Winfried Gertz, Constanze Grune-wald-Petschke, Veit Hannemann, Ulrike Hasbargen, Dr. Luisa Sabine Heß, Erich Hildenbrand, Uwe Döring-Katerkamp, Anja von Kunitz, Ulla Laux, Dietmar Metzger, Thomas Muschiol, Prof. Dr. Sabine Nitsche, David J. Rooney, Bärbel Schwertfeger, Gabriele Sommer, Gyöngyi Varga, Thomas Voß, Bernd Weller

GRAFIK / LAYOUT Ruth Großer

ANZEIGEN Gültige Anzeigenpreisliste vom 1.1.2015Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Niederlassung Würzburg, Unternehmensbereich Media Sales, Im Kreuz 9, D-97076 Würzburg

ANZEIGENLEITUNG (verantwortlich für Anzeigen)Bernd Junker, Tel. 09 31 / 27 91-556E-Mail: [email protected]

KEY ACCOUNT MANAGEMENTDominik Castillo, Tel.: 09 31/27 91-751, Fax -477E-Mail: [email protected] Annette Förster, Tel.: 09 31/27 91-544, Fax -477 E-Mail: [email protected] Freund (Stellenmarkt), Tel.: 0931/27 91-777, Fax -477E-Mail: [email protected] Horejsi, Tel.: 09 31/27 91-451, Fax -477 E-Mail: [email protected]

ANZEIGENDISPOSITIONYvonne Goebel, Tel.: 09 31/27 91-470, Fax -477E-Mail: [email protected]

ABONNEMENT-PREISE Jahresabonnement (12 Ausgaben) 134 Euro inkl. MwSt., Porto- und Versandkosten; Bestell-Nummer: 04062-0001, ISSN: 1438-4558. Bezieher des Loseblattwerks „Das Personalbüro in Recht und Praxis“ und der CD-ROM „Haufe Personal Office“ sowie „Haufe Steuer Office Premium“ erhalten das Personalmagazin im Rahmen ihres Abonnements.

DRUCK Konradin Druck GmbH, Kohlhammerstraße 1-15, 70771 Leinfelden-Echterdingen

URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktio-nell bearbeitet oder redigiert worden sind. Soweit die Rechte an Bildern bei Dritten liegen, ist dies gekennzeichnet. Ansonsten liegen die Nutzungsrechte beim Verlag.

NACHDRUCK Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterialien übernimmt der Verlag keine Haftung.

LESERBRIEFE Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Aktuelle Informa-tionen zu den Zeitschriften- und Online-Angeboten der Haufe-Gruppe finden Sie unter: www.haufe.de/mediacenter.

Auswahl im Team selten

Beim Erstellen des Jobprofils

Frage: Wenn Sie oder ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens das eigene Team bei der Personalauswahl einbezieht: Inwiefern geschieht dies?

Angaben in Prozent; Mehrfachantworten möglich

Beim Probearbeiten

Bei der Ansprache potenzieller Kandidaten

Beim Auswahlgespräch

Beim Erstellen der Stellenanzeige

ERGEBNIS DER UMFRAGE

Bei der Bewertung der Bewerbungsunterlagen

Bei der finalen Entscheidung

Im Zuge eines bisher nicht genannten Aus-wahlverfahrens (Assessment Center, Test usw.)

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Personalmagazin, Ausgabe 06/2015, Seite 30

Unter dem Titel „Mehr als Mitmachtheater“ hatten Ruth Lemmer und Pia Weber über den Ansatz berichtet, Neueinstellungen im Team entscheiden zu lassen. Über die App-Version konnten unsere Leser ihre eigenen Überlegungen dazu mitteilen. Hier das Ergebnis der Umfrage. Wissenschaftler, Personalexperten und Praktiker sehen den Sinn einer Personalauswahl durch einige der späteren Teammitglieder oder auch durch das komplette Team sehr differenziert. Teilweise wird bezweifelt, dass die künftigen Teammitglieder genügend Fachkompetenz und Weit-sicht für die Anforderungen des Unternehmens auch im Hinblick auf die Personalentwicklung haben, andere schwören auf weitere Synergie-effekte durch eine demokratische Mitarbeiterauswahl und eine erhöhte Verantwortungsbereitschaft. Zwar ist es, so das Ergebnis unserer Umfrage, bereits in 16 Prozent der befragten Unternehmen üblich, das Team bei der Auswahl gelegentlich dazuzuholen, doch gab es keinen einzigen Praktiker, der das Team be-reits standardmäßig bei der Personalrekrutierung und Mitarbeiteraus-wahl einbezieht. 50 Prozent der Befragten lehnen dieses Vorgehen generell ab. Personalverantwortliche, die die Expertise der zukünf-tigen Kollegen einholen, machen dies in erster Linie bei der Erstellung des Jobprofils (66 Prozent) oder bei der Probearbeit (ebenfalls 66 Prozent). Zur Erstellung der Stellenanzeige werden nur in 33 Prozent der befragten Unternehmen potenzielle Kollegen mit einbezogen. Jeder zweite nimmt dagegen ein oder mehrere Teammitglieder verein-zelt zum Auswahlgespräch dazu. Bei anderen Auswahlverfahren wie Assessmentcenter oder Tests sind die künftigen Kollegen jedoch nur ausnahmsweise dabei – lediglich 16 Prozent haben das schon ein- oder mehrmals praktiziert. Wenig genutzt scheint das Netzwerk des Teams bei der Suche nach Kandidaten: Nur die Hälfte der Befragten setzt hier auf die Mithilfe der Mitarbeiter.

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82 PERSÖNLICH_FRAGEBOGEN

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]

VORSCHAU AUSGABE 09/15

Das nächste Personalmagazin erscheint am 25. August 2015

TITEL Die 40 führenden Köpfe im Personalwesen

MANAGEMENT Persönlichkeitstests richtig interpretieren

ORGANISATION Digitales Gesundheitsmanagement

RECHT Neues zur Verdachtskündigung

PERSÖNLICH Erfolgreich netzwerken

Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen in HR?Die existierenden HR-Organisationen von drei Ländern unter einem Dach zu vereinen und gleichzeitig so aufzustellen, dass wir den steigenden Ansprüchen unserer nationalen und interna-tionalen Kunden weiterhin gerecht werden und zudem die Kolle-gen im operativen Geschäft täglich in ihrer Arbeit unterstützen.

Welches Projekt würden Sie gern umsetzen, wenn Ihnen ein verdoppeltes HR-Budget zur Verfügung stünde?Wir führen bereits seit Jahren erfolgreich Engagement Surveys durch. Ich würde die Aktivitäten rund um dieses Thema gern noch weiter steigern.

Eine wichtige Tugend für einen Personalmanager ist…?Authentizität, Verlässlichkeit und „vor Ort sein“.

Was war Ihr bislang schönstes Projekt?Ich habe ein deutsches mittelständisches Unternehmen erfolg-reich in einen globalen Konzern integriert. Dabei erkannte der Betriebsrat die Chancen für die Mitarbeiter. Er akzeptierte die Neuerungen wie den „Code of Business Conduct“ oder die Jah-reszielgespräche nicht nur, sondern unterstützte sie bewusst.

Wie halten Sie es selbst mit der Work-Life-Balance?Für mich ist es besonders wichtig, die manchmal limitierte Zeit bewusst qualitativ mit meinen Kindern zu verbringen. Mit dem Kleinsten im Sandkasten zu sitzen oder mit den anderen eine Radtour zu machen, beansprucht mich, macht aber gleichzeitig den Kopf frei.

Wann haben Sie im Job zum letzten Mal geschwänzt?Ich weiß nicht, ob man es wirklich schwänzen nennen kann: Vor einigen Wochen startete mein Flieger aus Krakau mit deut-licher Verspätung, weshalb ich ein Meeting mit unserer Kanz-lei nicht mehr wahrnehmen konnte. Da ich an der Situation nichts ändern konnte, entschied ich mich fürs „Chillen“. Ich habe die gewonnene Zeit ein wenig genossen, Kaffee getrun-ken, die Menschen beobachtet und in Ruhe ein Automagazin gelesen. Von diesem habe ich allerdings nur die Bilder verstan-den – der Text war in Polnisch verfasst…

Wie kamen Sie zur HR-Laufbahn?Ich habe keine klassische HR-Laufbahn eingeschlagen, son-dern mir die Aufgaben über viele Schritte vom Consultant und Prozessberater erschlossen. Die Übernahme einer HR-Leitung war dabei eine logische Konsequenz.

Wer inspiriert Sie?Beruflich inspirieren mich meine Mitarbeiter und natür-lich das operative Geschäft. Privat meine Kinder, da sie mir helfen, die Themen des Tages aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten.

Wofür hätten Sie gern mehr Zeit?Wir haben ein kleines altes Bauernhaus in der Ortenau. Hier würde ich gern mehr Zeit mit der Familie verbringen.

Ganz persönlich

ANDREAS TENKMANN ist seit 1. April 2015 Vice President HR DACH bei Sodexo. Der Diplom-Kaufmann blickt auf langjährige Erfahrungen in verschiedenen HR-Führungspositionen zurück. Seit 2012 war er als HR-Director bei Foot Locker tätig. Erfahrungen aus dem Facility-Management und Catering-Markt sammelte er von 2007 bis 2012 als HR-Director bei Aramark. Davor arbeitete er in verschiedenen HR-Positionen für KPMG Consulting/BearingPoint.

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Projektführung, ergebniso�ene Prozesse,

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bieren und ein �exibles Arbeitsplatz- und

Zeitverständnis:

Sieht so das Unternehmen der Zukun�

aus? Und wenn ja, was bedeutet dies für

die Unternehmens- und Mitarbeiterfüh-

rung? Schon heute ist klar: Führungsprin-

zipien von gestern funktionieren in der

globalen, digitalisierten Wissenswelt mit

jungen, selbstbewussten Mitarbeitern von

heute nicht mehr.

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Visionären. Mit dabei sind u.a.

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