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1 Boolesche Algebra und Schaltalgebra Folie 1 Grundlagen der Technischen Informatik 1 Version: WS07/08 1. Boolesche Algebra und Schaltalgebra 1.1 Was ist Informatik? Definition des Begriffs Informatik Die Informatik ist die Wissenschaft, die sich mit der systematischen Analyse, Beschreibung und Gestaltung von informationsverarbeitenden Prozessen beschäftigt. Unter Prozessen werden hier Vorgänge zur Umformung und Übertragung von Informationen verstanden.

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Grundlagen der Technischen Informatik 1 Version: WS07/08

1. Boolesche Algebra und Schaltalgebra 1.1 Was ist Informatik?

Definition des Begriffs Informatik

Die Informatik ist die Wissenschaft, die sich mit der systematischen Analyse, Beschreibung und Gestaltungvon informationsverarbeitenden Prozessen beschäftigt. Unter Prozessen werden hier Vorgänge zur Umformung und Übertragung von Informationen verstanden.

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Informatik

Theoretische Informatik

- Automatentheorie - Theorie der Formalen

Sprache - Theorie der

Berechenbarkeit - Komplexitätstheorie - Algorithmenanalyse - Theorie der

Programmierung - Automatische

Programmsynthese - Formale Semantik - Künstliche Intelligenz

(Methoden)

Technische Informatik

- Hardware: o Prozessoren, o Schaltkreise, o Baugruppen o usw.

- Firmware, Mikroprogrammierung

- Rechnerorganisation, Rechnerarchitektur

- Schnittstellen - Kommunikation,

Rechnernetze - Kommunikationssy-

steme: LAN, MAP, Telekommunikation: ISDN

Praktische Informatik

- Algorithmen, Datenstrukturen, Programmiermethoden

- Programmiersprachen, Compiler

- Betriebssysteme - Software-Engineering - Mensch-Maschine-

Kommunikation

Angewandte Informatik

- Prozeßdatenverarbei-tungsysteme, Automatisierungs-systeme

- Cxx-Verfahren, z. B. CAE, CAD, CIM

- Simulation und Modellierung

- Computergraphik - Künstliche Intelligenz

(Anwendungen) - Spezifische

Anwendungen in: o Ingenieurwesen, o Wirtschaft, o Verwaltung, o Naturwissenschaften, o Medizin, o Sozialwissenschaften, o Geisteswissenschaften o Kunst

usw.

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1.2 Einführung

„Eine Aussage ist ein sprachliches Gebilde, von dem es sinnvoll ist, zu sagen, es sei wahr oder falsch.“ (Aristoteles)

Definition 1-1: Aussage

Eine Aussage bezeichnet ein sprachliches Gebilde, dem in sinnvoller Weise genau eine der beiden Eigenschaften wahr oder falsch zugeordnet werden kann.

Definition 1-2: Aussageform

Eine logische Aussage kann auf verschiedene Art und Weise dargestellt werden. Sie kann sprachlich formuliert werden oder durch Verwendung bestimmter Formalismen beschrieben werden (Boolesche Algebra). Aber auch innerhalb einer festgelegten Beschreibungsform gibt es meist mehrere Darstellungsmöglichkeiten, die alle zueinander äquivalent sind. Eine Aussage kann also durch mehrere zueinander äquivalente Aussageformen beschrieben werden.

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1.3 Definition der Booleschen Algebra

A1: Kommutativgesetz

ABBAABBA

ψψφφ

==

A2: Distributivgesetz

( ) ( ) ( )CABACBA)CA()BA()CB(A

ψφψφψφψφψφ

==

A3: Neutrale Elemente Es gibt zwei neutrale Elemente e (Einselement = 1), n (Nullelement = 0) ∈ M, so dass für alle A ∈ M gilt:

AeA =φ

bzw. AnA =ψ

A4: Komplement eAA =ψ

bzw. nAA =φ

Definition 1-3: Boolesche Algebra

Gegeben sei eine Menge M mit den Elementen A, B, C,... . Zwischen den Elementen der Menge seien zweistellige Operationen φ und ψ und eine einstellige Operation (der Negationsoperator) derart definiert, dass durch Anwendung der Operationen wiederum eindeutig Elemente von M entstehen.

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Aus diesen 4 Axiomen lassen sich weitere Theoreme ableiten, z.B.:

T1: Assoziativgesetz ( ) ( )( ) ( )CBACBA

CBACBAψψψψφφφφ

==

T2: Idempotenzgesetz

AAAAAA

==

ψφ

T3: Absorptionsgesetz ( )( ) ABAA

ABAA==

ψφφψ

T4: De Morgan’sche Regel

BABABABA

ψφ

φψ

=

=

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Beispiele boolescher Algebra:

a) Die Potenzmenge

M = P(S) einer Menge S wird mit Durchschnitt und Vereinigung zu einer Booleschen Algebra:

S = { 1 , 2 , 3 }

P(S) = { { } , { 1 } , { 2 } , { 3 } , { 1 , 2 } , { 1, 3 } , { 2 , 3 } ,

{ 1 , 2 , 3 } }

n = { }

e ={ 1 , 2 , 3 }

{ 2 , 3} φ e = { 2 , 3}

{ 2 , 3} ψ n = { 2 , 3}

{⎯1 } = { 2, 3 } ={ 1 , 2 , 3 } – { 1 }

b) Zwei-elementige Boolesche Algebra

M = { A , B }

( )( )

A1AB,AmaxBA

B,AminBA

−=

==

ψφ

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1.4 Schaltalgebra 1.4.1 Technische Grundlagen

Definition 1-4: Schaltalgebra

Die Aussagenalgebra, im technischen Kontext Schaltalgebra genannt, ist eine spezielle Boolesche Algebra, die die zweielementige Menge M = {0,1} benutzt. Die Operation ψwird dabei als ODER-Verknüpfung bzw. Disjunktion (+,∨) und die Operation Φ als UND-Verknüpfung bzw. Konjunktion (⋅,∧) erklärt. Die beiden Elemente e = 1 und n = 0 werden als Wahrheitswerte „wahr“ bzw. „falsch“ beliebiger Aussagen interpretiert. Die Komplementbildung bezeichnet man in der Schaltalgebra auch als Negation (⎯A, ¬A).

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Y = 0 mit Y = f(A)

Y = I

U

Umax

0

Bereich von logisch 1

undefinierter Bereich

Bereich von logisch 0

positive Logikt

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positive LogikUmax

Umin

logisch 0 logisch 1

U

t

U

logisch 0 logisch 1

negative Logik

t

Umax

Umin

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1.4.2 Logische Grundfunktionen

1.4.2.1 Logische Grundfunktionen für eine Variable

Identität

Wahrheitstabelle

A Y

0 0

I I

Karnaugh-Veitch-Diagramm

A A

Venn-Diagramm

A A

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Negation

Wahrheitstabelle

A Y

0 I

I 0

Karnaugh-Veitch-Diagramm

A A

Venn-Diagramm

Symbol nach DIN/IEC

A 1

Y

Symbol nach ANSI/IEEE

A Y

A A

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Impulsdiagramm

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Logische Konjunktion (UND-Verknüpfung)

BAY ⋅=

Wahrheitstabelle

A B BA ⋅

0 0 0

0 1 0

1 0 0

1 1 1

Karnaugh-Veitch-Diagramm

B B

A

A

Venn-Diagramm

(Durchschnitt)

BA ⋅

A B

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Symbol nach DIN/IEC

A

B

&

Y

Symbol nach ANSI/IEEE

A

B Y

Impulsdiagramm

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Logische Disjunktion (ODER-Verknüpfung)

BAY +=

Wahrheitstabelle

A B BA +

0 0 0

0 I l

I 0 l

I I I

Karnaugh-Veitch-Diagramm

B B

A

A

Venn-Diagramm

(Durchschnitt)

BA +

A B

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Symbol nach DIN/IEC

A

B

>1

Y

Symbol nach ANSI/IEEE

A

B Y

Impulsdiagramm

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1.4.3 Gesetze der Schaltalgebra

1.4.3.1 Axiome für die logischen Werte

Grundlegender Zusammenhang zwischen den Elementen:

A1: A = 0 g.d.w A ≠ 1 nur zweiwertige Variablen zugelassen,

A = 1 g.d.w A ≠ 0 Dualität (s.u.) erkennbar.

Aus Axiom A1 und der Regeln der Negation gilt entsprechend:

A2: I0 = 0I =

Aus der Definition der UND- und ODER-Verknüpfung resultieren die folgenden Axiome:

A3: 000 =⋅ UND III =+ ODER

A4: III =⋅ UND 000 =+ ODER

A5: 0I00I =⋅=⋅ UND I0II0 =+=+ ODER

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1.4.3.2 Theoreme für eine Variable

T1: Formulierung des Axioms A1 der Schaltalgebra für eine Variable ( ) AA =

AA = T2: Definition der neutralen Elemente

A0A =+ AIA =⋅

T3: Folgerung aus der Definition von UND und ODER IIA =+ 00A =⋅

T4: Idempotenzgesetz AAA =+

AAA =⋅ T5: Komplement

IAA =+ 0AA =⋅

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1.4.3.3 Theoreme für zwei Variablen

T6: Kommutatives Gesetz ABBA +=+

ABBA ⋅=⋅ T7: Expansionsformel

( ) ( )BABAA ⋅+⋅=

( ) ( )BABAA +⋅+=

T8: Reduktionsformeln 1 (Absorptionsgesetz)

( ) ABAA =+⋅

( ) ABAA =⋅+

T9: Reduktionsformeln 2 ( ) BABAA ⋅=+⋅

( ) BABAA +=⋅+

1.4.3.4 Theoreme für drei Variablen

T10: Distributives Gesetz ( ) ( ) ( )CABACBA ⋅+⋅=+⋅

( ) ( ) ( )CABACBA +⋅+=⋅+

T11: Assoziatives Gesetz ( ) ( ) ( )CABCBACBACBA ++=++=++=++

( ) ( ) ( )CABCBACBACBA ⋅⋅=⋅⋅=⋅⋅=⋅⋅

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1.4.3.5 Theoreme für n∈N Variablen

T12: De Morgansche Regel ( ) ...DCBA...DCBA ++++=⋅⋅⋅⋅

( ) ...DCBA...DCBA ⋅⋅⋅⋅=++++

T13: Verallgemeinerung des Gesetzes von de Morgan (Satz von Shannon)

( ) ( ) ( )+⋅=⋅+=⋅+ ,,...,C,B,A,...,C,B,Af,,...,C,B,A,...,C,B,Af,,...,C,B,A,...,C,B,Af

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1.4.4 Funktionen der Schaltalgebra

Variable

Funktionen

A B f0 f1 f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 f10 f11 f12 f13 f14 f15

0 0 0 I 0 I 0 I 0 I 0 I 0 I 0 I 0 I 0 I 0 0 I I 0 0 I I 0 0 I I 0 0 I I I 0 0 0 0 0 I I I I 0 0 0 0 I I I I I I 0 0 0 0 0 0 0 0 I I I I I I I I

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0)B,A(f0 = Nullfunktion, Kontradiktion

BABABA)B,A(f1

↓=

+=⋅=

NICHT-ODER, NOR, Pierce-Funktion

ABBA)B,A(f2→/=⋅=

Inhibition, Nicht-Implikation, Ausschluss,Wenn B dann A

A)B,A(f3 = Negation, Inversion, Invertierung, Komplement, NICHT, NOT (nur für A def.)

BABA)B,A(f4→/=⋅=

Inhibition, Nicht-Implikation, Ausschluss, Wenn A dann B

B)B,A(f5 = Negation, Inversion, Invertierung, Komplement, NICHT, NOT (nur für B def.)

BABABABA)B,A(f6≡/=⊕=

⋅+⋅=

Antivalenz, Exklusiv-ODER, XOR, EXOR, modulo 2 Addition

( )B|A

BABAB,Af7=

⋅=+= NICHT-UND, NAND, Sheffer-Funktion

BABA)B,A(f8∧=

⋅=

UND, AND, Konjunktion

BABABABA)B,A(f9↔=≡=

⋅+⋅= Äquivalenz, Inklusiv-Oder

B)B,A(f10 = Identität, Tautologie (nur für B definiert)

A B

A B

A B

A B

A B

A B

A B

A B

A B

A B

A B

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BABA)B,A(f11

→=+=

Implikation, Wenn A dann B

A)B,A(f12 = Identität, Tautologie (nur für A definiert)

ABBA)B,A(f13

→=

+= Implikation, Wenn B dann A

BABA)B,A(f14

∨=

+=

ODER, OR, Disjunktion

I)B,A(f15 = Einsfunktion, Tautologie (immer)

A B

A B

A B

A B

A B

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1.5 Systeme vollständiger Verknüpfung

Variable

Funktionen

A B f1(A,B)

NOR(A,B)

f3(A,B)

NOT (A)

f7(A,B)

NAND(A,B)

f8(A,B)

AND(A,B)

f14(A,B)

OR(A,B)

0 0 I I I 0 0 0 I 0 I I 0 I I 0 0 0 I 0 I I I 0 0 0 I I

1.5.1 NEGATION

Realisierung einer NEGATION mit Hilfe von NAND- oder NOR-Verknüpfungen.

AIAAAAAAAA =↓=+=⋅=

& AA

>1 A

A

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1.5.2 UND

&AB

A B&

>1

>1

>1A

B

A B

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1.5.3 ODER

&&

&A

B

A + B

AB

A + B>1>1

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1.5.4 Zusammenfassung

NAND bzw. NOR können jeweils unter alleiniger Verwendung dieses Operators alle Funktionen der Schaltalgebra darstellen.

Aber: Weder für den NOR- noch für den NAND-Operator gilt das Assoziativgesetz!

(A ↓ B) ↓ C ≠ A ↓ (B ↓ C) (A | B) | C ≠ A | (B | C)

Folge: In einer Booleschen Funktion dürfen die Pierce- und Sheffer-Operator immer nur auf genau zwei Operanden angewandt werden. Dieser Nachteil kann nur behoben werden, wenn bei der schaltungstechnischen Realisierung Gatter mit entsprechend großer Eingangsanzahl (> 2) voraus-gesetzt werden können ("allgemeine NAND- und NOR-Funktionen").

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1.6 Darstellungsformen 1.6.1 Kurzzeichen

Beispiele für die Darstellung der Grundoperationen in den verschiedenen Logikformen:

Verknüpfung Mengen-algebra

Aussagen-algebra

Schalt-algebra

Darstellung nach DIN

66000 Konjunktion

Diskonjunktion Negation Neutrale Elemente

Die Konjunktion dreier Variablen A, B und C wird wie folgt geschrieben:

Bei der Konjunktion ist es möglich für eine verkürzte Schreibweise das Konjunktionssymbol wegzulassen:

Analog sieht die Disjunktion der Variablen wie folgt aus:

Für die Negation wird ein horizontaler Strich über die Variable geschrieben:

Definition 1-12: Schaltfunktion

Die Darstellungsweise der logischen Funktionsweise einer Schaltung mittels einer Booleschen Funktion wird als Schaltfunktion bezeichnet. Hierbei werden die in der Spalte "Schaltalgebra" angegebenen Kurzzeichen verwendet.

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1.6.2 Wahrheitstabelle

Beispiele:

Konjunktion (AND)

Disjunktion (OR) Negation (NOT)

BAX ⋅= BAX += AX = A B X A B X A X 0 0 0 0 0 0 I 0 I I I 0 I 0 I I I I

Definition 1-13: Wahrheitstabelle

In einer Wahrheitstabelle werden alle Kombinationen der Eingangsvariablen für die zulässigen Werte logisch 0 und logisch I eingetragen. Jede Eingangsvariable sowie die Ausgangsvariable erhalten dabei eine eigene Spalte. Die Ausgangsvariable erhält entsprechend der Verknüpfung einen eindeutigen Wert.

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1.6.3 Mengendiagramm

Für die anschauliche Darstellung logischer Funktionen mit wenigen Eingangsvariablen (≤4) eignen sich Mengen-diagramme. Diese Darstellungsweise wurde aus der mathematischen Mengenlehre abgeleitet. Die gefüllte Fläche stellt den Funktionswert dar, für die die Funktion X den Wert I annimmt.

Beispiele:

Konjunktion (AND) Disjunktion (OR) Negation (NOT) BAX ⋅= BAX += AX =

B

A

A

B

A

A

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1.6.4 Schaltzeichen

DIN / IEC ANSI / IEEE Funktion

AND &

BAX ⋅= f8

OR >1

BAX += f14

NOT 1

AX = f3

NAND &

BAX ⋅= f7

NOR >1

BAX += f1

Antivalenz

XOR

=1

BABAX ⋅+⋅= f6

Äquivalenz =

BABAX ⋅+⋅= f9

Bei diesen Schaltzeichen ist es möglich einen invertierten Eingang durch einen Kreis zu kennzeichnen.

Beispiel:

<=>

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1.6.5 Impulsdiagramm

Beispiele:

Konjunktion (AND) Disjunktion (OR) Negation (NOT) BAX ⋅= BAX += AX =

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1.7 Normalformen

Definition 1-14: Normalform

Eine Normalform ist eine Aussageform, die als Repräsentant einer Menge von Aussageformen dient, die sich zwar in ihrer Darstellung unterscheiden, aber nicht in ihrer Funktionalität. Letzteres bedeutet, dass alle Aussage-formen aus dieser Menge von Aussageformen für eine beliebige Eingangskombinationen die selbe Ergebnisgröße liefern.

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1.7.1 Wahrheitstabelle mit Min- und Maxtermen

Werden alle Eingangsvariablen oder deren Negation konjunktiv (UND) miteinander verknüpft, so ergibt sich eine Voll-konjunktion, welche als Minterm bezeichnet wird.

Definition 1-15: Minterm

Eine konjunktive Verknüpfung aller Eingangsvariablen (in negierter oder nicht negierter Form) heißt Minterm (oder Vollkonjunktion).

n321i bn

b3

b2

b1

n

1i

bik AAAAAm ⋅⋅⋅⋅== ∏

=L

mit ⎩⎨⎧

==

=0bfürAIbfürA

Aiiiib

ii

Desweitern gilt:

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Werden hingegen alle Eingangsvariablen oder deren Negation disjunktiv miteinander verknüpft, so ergibt sich eine Voll-disjunktion, welche als Maxterm bezeichnet wird.

Definition 1-16: Maxterm

Eine disjunktive Verknüpfung aller Eingangsvariablen (in negierter oder nicht negierter Form) heißt Maxterm (oder Volldisjunktion).

n321i bn

b3

b2

b1

n

1i

bik AAAAAM ++++== ∑

=L

mit ⎩⎨⎧

==

=0bfürAIbfürAA

ii

iibi

i

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Beispiel:

A B C Minterme, mk Maxterme, Mk

0 0 0

0 0 I

0 I 0

0 I I I 0 0 I 0 I I I 0 I I I

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1.7.2 Disjunktive Normalformen

Beispiel: Gegeben sei Funktion f durch die folgende erweiterte Wahrheitstabelle.

A B C f Minterme, mk

0 0 0 I

0 0 I 0

0 I 0 0

0 I I 0

I 0 0 I

I 0 I I

I I 0 I

I I I I

Damit lautet die DNF der gegebenen Funktion:

Definition 1-17: Disjunktive Normalform (DNF) Jede Boolesche Funktion f(A1, A2, ... An) lässt sich durch disjunktive Verknüpftung bestimmter Minterme darstellen:

∑=k

ckn21 km)A,...A,A(f

⎩⎨⎧

==

=0cfür0

Icfürmmmit

k

kkck k

und ck = Funktionswert f in der k-ten Zeile der Wahrheits-tabelle von f.

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1.7.3 Konjunktive Normalformen

Beispiel: Für selbige Funktion f lautet die KNF:

A B C f Maxterme, Mk

0 0 0 I

0 0 I 0

0 I 0 0

0 I I 0

I 0 0 I

I 0 I I

I I 0 I

I I I I

Damit lautet die KNF der gegebenen Funktion:

Definition 1-18: Konjunktive Normalform (KNF) Jede Boolesche Funktion f(A1, A2, ... An) lässt sich durch konjunktive Verknüpfung bestimmter Maxterme darstellen:

kck

kn21 M)A,...A,A(f Π=

⎩⎨⎧

==

=IcfürI0cfürM

Mmitk

kkck k

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1.7.4 Unvollständig definierte Boolesche Funktionen

Beispiel: Die folgende Wahrheitstabelle sei die ausreichende Definition der Funktion f(A,B,C).

A B C f

0 0 I I

0 I 0 0

I 0 0 I

Für alle in dieser Wahrheitstabelle nicht aufgeführten Eingangsbelegungen ist der Funktionswert f beliebig. Ein solch beliebiger Funktionswert wird bei der Schaltungssynthese als "don't care" bezeichnet und durch ein "X" symbolisiert.

A B C f f1 f2 f3

0 0 0 X →

0 0 I I

0 I 0 0

0 I I X →

I 0 0 I

I 0 I X →

I I 0 X →

I I I X →

Dabei kann für das "X" sowohl I als auch 0 angesetzt werden. Die Funktionen f1 bis f3 zeigen mögliche Vervollständigungen der unvollständig definierten Funktion f.

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1.8 Vereinfachung von Funktionen Warum wird eine Boolesche Funktion vereinfacht?

DCBADCBADCBACDBADABCABCDX +++++=

CBAACX +=

Die folgende Abbildung stellt die schaltungstechnische Realisierung der beiden im obigen Beispiel aufgeführten Ausdrücke für die Funktion X dar.

Es existieren drei Gruppen von systematischen Minimierungs-verfahren:

- algebraische Minimierungsverfahren - grafische Minimierungsverfahren - tabellarische Minimierungsverfahren

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1.8.1 Karnaugh-Veitch Diagramm

1.8.1.1 Allgemeines Aufbauprinzip

Der Grundaufbau eines KV-Diagramms mit einer Variablen ist in der folgenden Abbildung gegeben:

A = 0A

A

1 Variable: 2 FelderA = 1

Um ein besseres Verständnis des KV-Diagramms zu gewährleisten, sei der Aufbau kurz an einem einfachen Beispiel des Euler-Venn-Diagramms erläutert.

A A

kombiniert mit

BB

ergibt BB A ABA

BA

A A

A A

kombiniert mit

B

B

B

B

ergibt BA

A A

B

B

B

B

A AB

A

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Ein KV-Diagramm für (n+1) Variablen entsteht, indem das KV-Diagramm für (n) Variablen an der unteren Kante gespiegelt wird, falls (n) ungerade ist, bzw. an der rechten seitlichen Kante gespiegelt wird, falls (n) gerade ist.

A

A

B

A

B

C

A

C

B

D

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A

B

C

D

Jedes Feld des KV-Diagramms entspricht genau einem Minterm.

A

B

C

0000

D

0I00 II00 I000

0000 0I00 II00 I000

00I0 0II0 III0 I0I0

00II 0III IIII I0II

000I 0I0I II0I I00I

000I 0I0I II0I I00I

0000

00I0

00II

000I

I000

I0I0

I0II

I00I

Definition 1-19: „benachbart“

Zwei Felder gelten als benachbart, wenn sie sich in genau einer Variablen unterscheiden, die beim einen Feld in negierter und beim anderen in nicht negierter Form auftritt.

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Achtung: Bei KV-Diagrammen mit mehr als vier Variablen ergeben sich ab der fünften Variablen nicht mehr für alle Variablen zusammenhängende Bereiche!

AE

C

Bp2D

A

BD

A C.

A C.

p2

p1 p1 p1 p1

p2 p2p3 p3

Beispiele:

EDCB3pDBC 2pDBA1p

⋅⋅⋅=

⋅⋅=

⋅⋅=

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1.8.1.2 Minimierung

Beispiel:

( ) BACCBACBACBAf ⋅=+⋅⋅=⋅⋅+⋅⋅=

Dieser Vorgang wird im KV-Diagramm grafisch realisiert, indem benachbarte Felder, die beide mit einer I gekennzeichnet sind, zusammengefasst werden. Diese Zusammenfassung wird durch einen Kringel um dies Felder kenntlich gemacht.

Achtung: Ein "don’t care"-Funktionswert kann hierbei als I betrachtet werden, falls es für die Minimierung förderlich ist.

Beispiel:

CBACBAf ⋅⋅+⋅⋅=

BAf ⋅=⇒

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Beispiel 1:

DNF: f1 = CBA + CBA + CBA + CBA + CBA + A B C + CBA

CBA

CBA

CBA

CBA

CBACBA

A B C CBA

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Beispiel 2:

DNF: f2 = DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA

A

I I I I

B I I 0 I I I 0 I D 0 0 0 I

C => Disjunktive Minimalform:

Beispiel 3:

DNF: f3 = DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA

A I I I I

I I I I B 0 0 0 0

0 0 0 0D

C

=> Disjunktive Minimalform:

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Beispiel 4:

DNF: f4 = DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA + DCBA

A 0 I 0 0

B I 0 0 I I 0 0 I D 0 I 0 0

C => Disjunktive Minimalform:

Beispiel 5:

DNF: f5 = DCBA + DCBA + DCBA + DCBA

A

I 0 0 I B 0 0 0 0 0 0 0 0 D I 0 0 I

C => Disjunktive Minimalform:

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1.8.2 Quine-McCluskey

Schritt 1: Ermittlung der Primterme

Gegeben: Die Funktion f in der DNF.

Schritt 1.1: Umwandeln der Minterme in die Binär-äquivalente

Die Darstellung der durch f gegebenen Minterme mittels des Binäräquivalents ist für das weitere Vorgehen wesentlich übersichtlicher. Dabei gelten die folgenden Konventionen:

enthaltenTermimAnochAWeder

IA0A

ii

i

i

⇔−

⇔⇔

Schritt 1.2: Sortieren und Gruppieren der Binär-äquivalente

Für alle Binäräquivalente der Minterme der gegebenen DNF wird die Anzahl der enthaltenen "I"-en, der sogenannte Index, ermittelt. Anschließend werden sie nach aufsteigendem Index geordnet in die erste Spalte der im Folgenden dargestellten Tabelle eingetragen. Dabei bilden Binäräquivalente gleichen Index eine Gruppe. Die einzelnen Gruppen werden in der Tabelle durch einen Querstrich getrennt.

Beispiel:

DCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBADCBAf

++++

+++++++=

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Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 Nr Index Term entstan-

den ausIndex Term entstanden

aus Term

0 0 0000 2 1 00I0 4 1 0I00 8 1 I000 5 2 0I0I 9 2 I00I 10 2 I0I0 12 2 II00 7 3 0III 11 3 I0II 13 3 II0I

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Schritt 1.3: Zusammenfassen der Terme

Jeder Term einer Gruppe (Index = i) wird mit jedem Term der folgenden Gruppe (Index = i+1) verglichen. Unterscheiden sich zwei Terme in genau einer Stelle, so werden sie mit einem Häkchen ("√") markiert und der zusammengefasste Term wird in der nächsten Spalte einschließlich der Nummern der Terme, aus denen er entstanden ist, notiert (s.Tab.). Die Stelle bzw. Variable, in der sich die beiden zusammengefassten Terme unterscheiden, wird als “−“ notiert. Dieses Verfahren wird für alle Gruppenpaare der Spalte 1 durchgeführt.

Nun wird mit Spalte 2 genauso verfahren wie mit Spalte 1 und so entsteht Spalte 3. Diese Vorgehensweise wird solange fortgesetzt, bis eine Spalte entsteht, in der keine Zusammenfassung mehr möglich ist.

Schritt 1.4: Sammeln der Primterme

Kann ein Term nicht mehr mit einem anderen aus seiner benachbarten Gruppe zusammengefasst werden, so handelt es sich hierbei um einen Primterm. Die Primterme werden mit P1, P2, u.s.w. bezeichnet. Diese Bezeichnung wird an Stelle des Häkchen in der Tabelle eingetragen (vgl.Tab.: P1 in Spalte 2).

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Schritt 2: Bestimmung einer minimalen DNF

Schritt 2.1: Aufstellung der Primterm-Minterm-Tabelle

Zunächst stellt man eine Tabelle bzw. Matrix auf, in der jedem Minterm eine Spalte und jedem Primterm eine Zeile zugeordnet ist, Dh in der ersten Zeile der Primterm-Minterm-Tabelle werden die Ordnungsnummern der gegebenen Minterme in numerischer Reihenfolge aufgeführt. Die erste Spalte enthält die gefundenen Primterme P1 bis Pn. In der so entstandenen Primterm-Minterm-Tabelle werden alle Felder [i, k] mit einem Kreuz markiert, an denen ein Primterm Pi einen Minterm mk überdeckt, d.h. der Primterm Pi muss die selbe logische Funktion beschreiben wie die Disjunktion der von ihm über-deckten Minterm mk (Pi ↔ Σmk). Die Nummern der von einem Primterm überdeckten Minterme können direkt aus der Tabelle aus Schritt 1 aus der Spalte "entstanden aus" abgelesen werden.

Für das obige Beispiel ergibt sich die folgende Primterm-Minterm-Tabelle:

0 2 4 5 7 8 9 10 11 12 13 P1 P2 P3 P4 P5 P6

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Schritt 2.2: Ermittlen der Kernprimimplikanten

Wird ein Minterme nur durch einen Primterm abgedeckt, so muss dieser Primterm auf jeden Fall in der minimalen DNF zur Beschreibung von f verwendet werden. Solche Primterme werden als Kernprimimplikanten bezeichnet. Im KV-Diagramm ist ein Kernprimimplikant anschaulich ein Block, der eine (I) enthält, die in keinen anderen Primterm enthalten ist.Ihr exklusiv abgedeckter Minterm wird in der Tabelle doppelt unterstrichen dargestellt. Für die weiteren Minimierungs-überlegungen müssen alle Minterme, die zusätzlich durch diesen Primterm abgedeckt werden, nicht mehr betrachtet werden. Dies wird kenntlich gemacht, indem sowohl die Zeile des entsprechenden Kernprimimplikanten, als auch die Spalte aller von ihm abgedeckter Minterme gestrichen werden. Nach Weglassen aller gestrichenen Zeilen und Spalten verbleibt die folgende Restmatrix:

Schritt 2.3: Streichen von dominierten Zeilen

Im letzten Teilschritt soll für die noch verbliebenen Minterme ein möglichst kurzer Ausdruck mittels der verbliebenen Primterme ermittelt werden. In diesem Beispiel dominiert der Primterm P4 über die Primterme P3 und P6, da er alle Minterme abdeckt, die vom jeweiligen dominierten Primterm (P3 bzw. P6) abgedeckt werden. Die dominierten Primterm werden durch Streichen der entsprechenden Zeile eliminiert.