1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG –...

38
1 Einführung in die Einführung in die Pädagogik Pädagogik 26. April 2008 26. April 2008

Transcript of 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG –...

Page 1: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

11

Einführung in die Einführung in die Pädagogik Pädagogik

26. April 200826. April 2008

Page 2: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

2

ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik

Page 3: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

3

Drei neurobiologische Argumente Drei neurobiologische Argumente

► Frühe KindheitFrühe Kindheit ► Entstehung von neuronalen VerbindungenEntstehung von neuronalen Verbindungen► Kritische Phasen in der HirnentwicklungKritische Phasen in der Hirnentwicklung► Anregende, fördernde oder komplexe Anregende, fördernde oder komplexe

Umwelten Umwelten ► Annahme: die ersten drei Lebensjahre Annahme: die ersten drei Lebensjahre

sind von einzigartiger Bedeutung für eine sind von einzigartiger Bedeutung für eine optimale Entwicklung optimale Entwicklung

► Auswirkungen auf die Pädagogik Auswirkungen auf die Pädagogik

Page 4: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

4

Drei neurobiologische Argumente Drei neurobiologische Argumente

► In den ersten drei Lebensjahren der In den ersten drei Lebensjahren der Menschen gibt es einen Zeitraum schneller Menschen gibt es einen Zeitraum schneller Synapsenbildung, die Nervenzellen zu Synapsenbildung, die Nervenzellen zu funktionierenden Regelkreisen verbinden. funktionierenden Regelkreisen verbinden. Dieser Zeitraum ist die kritische Phase in Dieser Zeitraum ist die kritische Phase in der Entwicklung des Gehirns. Zwar der Entwicklung des Gehirns. Zwar entwickelt sich das Gehirn weiter, doch tut entwickelt sich das Gehirn weiter, doch tut es dies nur noch, indem es Synapsen es dies nur noch, indem es Synapsen verliert oder eliminiert, nicht indem es neue verliert oder eliminiert, nicht indem es neue bildet. In dieser wichtigen Zeitspanne bildet. In dieser wichtigen Zeitspanne können anregende Umwelten und können anregende Umwelten und vermehrte Stimulation die größte Wirkung vermehrte Stimulation die größte Wirkung auf die Entwicklung des Gehirns haben. auf die Entwicklung des Gehirns haben.

Page 5: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

5

Neuronale VerbindungenNeuronale Verbindungen

►Neurowissenschaftler entdeckten eine Neurowissenschaftler entdeckten eine rasche Zunahme der rasche Zunahme der Vernetzungsaktivitäten (Kortex) beim Vernetzungsaktivitäten (Kortex) beim Menschen (Tier) in der frühen Kindheit Menschen (Tier) in der frühen Kindheit synaptische Dichte nimmt enorm synaptische Dichte nimmt enorm zu. zu.

►Verlässliche Dichten zu errechnen wirft Verlässliche Dichten zu errechnen wirft eine Reihe eine Reihe methodologischer methodologischer ProblemeProbleme auf. auf.

Page 6: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

6

Struktur: NEURONStruktur: NEURON

Page 7: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

7

Page 8: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

8

Page 9: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

9

Page 10: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

10

Neuronale VerbindungenNeuronale Verbindungen

►Neurowissenschaftler entdeckten (vor Neurowissenschaftler entdeckten (vor ca. 25 Jahren) die Phase der schnellen, ca. 25 Jahren) die Phase der schnellen, postnatalen Synapsenbildung. postnatalen Synapsenbildung.

►Beispiel: visueller Bereich – Katzenhirn Beispiel: visueller Bereich – Katzenhirn ►Annahme: 1. Phase: Annahme: 1. Phase:

Frühe Entwicklungsphase, in der die Frühe Entwicklungsphase, in der die Zahl der Synapsenbildung die der Zahl der Synapsenbildung die der Synapseneliminierung übertrifft.Synapseneliminierung übertrifft.2. Phase: umgekehrt 2. Phase: umgekehrt

Page 11: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

11

Neuronale VerbindungenNeuronale Verbindungen

► Die Kurve der synaptischen Dichten über Die Kurve der synaptischen Dichten über unsere Lebensspanne gleicht einem unsere Lebensspanne gleicht einem umgedrehten U. (Untersuchungen von Rakic umgedrehten U. (Untersuchungen von Rakic und Huttenlocher).und Huttenlocher).

► Bei der Geburt haben wir ungefähr die Bei der Geburt haben wir ungefähr die gleichen synaptischen Dichten wie später im gleichen synaptischen Dichten wie später im erwachsenen Alter. erwachsenen Alter.

► Die schnelle Synapsenbildung nach der Die schnelle Synapsenbildung nach der Geburt führt zu einer Plateauphase. Geburt führt zu einer Plateauphase.

► Die Synapseneliminierung (Pubertät) senkt Die Synapseneliminierung (Pubertät) senkt die Dichten auf das Erwachsenenniveau. die Dichten auf das Erwachsenenniveau.

Page 12: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

12

Phänomen frühe, schnelle Phänomen frühe, schnelle SynpasenbildungSynpasenbildung

Drei Behauptungen Drei Behauptungen 1.1. Frühe Entwicklungsphase ist von Frühe Entwicklungsphase ist von

entscheidender Bedeutung, da in dieser Zeit entscheidender Bedeutung, da in dieser Zeit die meisten Synapsen entstehen. Je mehr die meisten Synapsen entstehen. Je mehr Synapsen wir hätten, umso intelligenter seien Synapsen wir hätten, umso intelligenter seien wir. wir.

2.2. Frühe Stimulation durch die Umwelt löst Frühe Stimulation durch die Umwelt löst Synapsenbildung aus. Synapsenbildung aus.

3.3. Phase rascher Synapsenbildung ist die Zeit, in Phase rascher Synapsenbildung ist die Zeit, in der grundlegende Lernbefähigungen stabil der grundlegende Lernbefähigungen stabil vernetzt werden. Prozess endet, wenn die vernetzt werden. Prozess endet, wenn die Zeit der schnellen Synapsenbildung zu Ende Zeit der schnellen Synapsenbildung zu Ende ist. ist.

Page 13: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

13

Hirnleistung und synaptische Dichte Hirnleistung und synaptische Dichte

► Annahme: Es gibt einen linearen Annahme: Es gibt einen linearen Zusammenhang zwischen der Zahl der Zusammenhang zwischen der Zahl der Synapsen im Gehirn und dessen Synapsen im Gehirn und dessen Leistungsfähigkeit. Leistungsfähigkeit.

► Daten von Rakic, Huttenlocher, Chugani Daten von Rakic, Huttenlocher, Chugani sagen nichts über dieses Thema aus! sagen nichts über dieses Thema aus!

► Bezüglich der Synapsen ist die normale Bezüglich der Synapsen ist die normale Hirnentwicklung möglicherweise eher Hirnentwicklung möglicherweise eher ein regressiver als ein progressiver ein regressiver als ein progressiver Prozess. Prozess.

Page 14: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

14

Hirnleistung und synaptische Dichte Hirnleistung und synaptische Dichte

► Die Behauptung, je mehr Die Behauptung, je mehr Hirnverbindungen man hat, umso Hirnverbindungen man hat, umso intelligenter ist man, wird von intelligenter ist man, wird von neurowissenschaftlichen neurowissenschaftlichen Forschungsergebnissen nicht Forschungsergebnissen nicht bestätigt. bestätigt.

Page 15: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

15

Stimulation und frühe Stimulation und frühe Hirnentwicklung Hirnentwicklung

► Annahme: Frühe Stimulation oder Annahme: Frühe Stimulation oder Erfahrungen mit der Umwelt Erfahrungen mit der Umwelt verursacht die Bildung von Synapsen.verursacht die Bildung von Synapsen.

► Neurowissenschaftliche Forschung: Neurowissenschaftliche Forschung: Genetische und der Entwicklung Genetische und der Entwicklung inhärente Programme steuern die inhärente Programme steuern die frühe Synapsenbildung.frühe Synapsenbildung.

► Huttenlocher: Synapsenbildung Huttenlocher: Synapsenbildung beginnt in manchen Hirnregionen vor beginnt in manchen Hirnregionen vor der Geburt.der Geburt.

Page 16: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

16

Stimulation und frühe Stimulation und frühe Hirnentwicklung Hirnentwicklung

► Experimente zeigen, dass die Experimente zeigen, dass die Geschwindigkeit der Geschwindigkeit der Synapsenbildung und die synaptische Synapsenbildung und die synaptische Dichte von der Quantität der Dichte von der Quantität der Stimulation unabhängig ist. Frühe Stimulation unabhängig ist. Frühe und rasche Synapsenbildung ist von und rasche Synapsenbildung ist von genetischen Faktoren und nicht von genetischen Faktoren und nicht von Umwelteinflüssen abhängig. Umwelteinflüssen abhängig.

Page 17: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

17

Rasche Synapsenbildung und die Rasche Synapsenbildung und die Festvernetzung des Gehirns Festvernetzung des Gehirns

► Annahme: Nach der Zeit rascher Annahme: Nach der Zeit rascher Synapsenbildung (ca. 3. bis 3 ½ Jahre) sind Synapsenbildung (ca. 3. bis 3 ½ Jahre) sind die Lernmechanismen etabliert und die Lernmechanismen etabliert und Hirnregelkreise vernetzt. Hirnregelkreise vernetzt.

► Forschungsergebnisse legen den Schluss Forschungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass sich das vorstellende Gedächtnis nahe, dass sich das vorstellende Gedächtnis in annähernd der gleichen Geschwindigkeit in annähernd der gleichen Geschwindigkeit entwickelt, unabhängig von Übung sowie entwickelt, unabhängig von Übung sowie von schichtspezifischen Unterschieden in von schichtspezifischen Unterschieden in den frühkindlichen Erfahrungen. den frühkindlichen Erfahrungen.

Page 18: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

18

Rasche Synapsenbildung und die Rasche Synapsenbildung und die Festvernetzung des Gehirns Festvernetzung des Gehirns

► Die Vernetzung ist nach der frühen Die Vernetzung ist nach der frühen Entwicklung nicht abgeschlossen, Entwicklung nicht abgeschlossen, „fest vernetzt“ oder für immer fixiert. „fest vernetzt“ oder für immer fixiert. Sie ist nicht auf die Zeit beschränkt, Sie ist nicht auf die Zeit beschränkt, in der sich die Synapsen am in der sich die Synapsen am schnellsten bilden. schnellsten bilden.

Page 19: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

19

Kritische Phasen Kritische Phasen (Entwicklungsfenster) (Entwicklungsfenster)

► Kritische Phasen gibt es. Kritische Phasen gibt es. 1.1. Nur für spezifische und beschränkte Nur für spezifische und beschränkte

Aspekte des Lernens und der Entwicklung. Aspekte des Lernens und der Entwicklung. 2.2. Die Quantität an Erfahrung und Stimulation Die Quantität an Erfahrung und Stimulation

sind nicht die entscheidende Variable in sind nicht die entscheidende Variable in der Hirnentwicklung. der Hirnentwicklung.

3.3. Kritische Phasen sind sehr komplex und Kritische Phasen sind sehr komplex und erstrecken sich über beträchtliche erstrecken sich über beträchtliche Zeiträume (ins zweite Lebensjahrzehnt).Zeiträume (ins zweite Lebensjahrzehnt).

4.4. Kritische Phasen passen keineswegs in das Kritische Phasen passen keineswegs in das Schema der ersten drei Lebensjahre. Schema der ersten drei Lebensjahre.

Page 20: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

20

Kritische Phasen Kritische Phasen (Entwicklungsfenster) (Entwicklungsfenster)

► Kritische Phasen sind Zeitspannen in Kritische Phasen sind Zeitspannen in der Entwicklung, in denen Tiere wie der Entwicklung, in denen Tiere wie auch Menschen spezifische auch Menschen spezifische Eigenschaften, Verhaltensweisen und Eigenschaften, Verhaltensweisen und Fertigkeiten erwerben können (sensible Fertigkeiten erwerben können (sensible Phasen). Phasen).

► Evolution: Das Gehirn ist plastisch, d.h. Evolution: Das Gehirn ist plastisch, d.h. durch Erfahrung prägbar, die durch Erfahrung prägbar, die Feinabstimmung des neuronalen Feinabstimmung des neuronalen Netzwerkes beruht auf dieser Plastizität.Netzwerkes beruht auf dieser Plastizität.

Page 21: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

21

Kritische Phasen Kritische Phasen (Entwicklungsfenster) (Entwicklungsfenster)

► Bill Greenough nennt die Bill Greenough nennt die Hirnplastizität, die den kritischen Hirnplastizität, die den kritischen Phasen zugrunde liegt, Phasen zugrunde liegt, erfahrungsheischende Hirnplastizitäterfahrungsheischende Hirnplastizität. .

► Kritische Phasen ermöglichen die Kritische Phasen ermöglichen die Aneignung speziestypischer Aneignung speziestypischer Merkmale – sensorische Fähigkeiten, Merkmale – sensorische Fähigkeiten, motorische Fertigkeiten, Sprache…motorische Fertigkeiten, Sprache…

Page 22: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

22

Kritische Phasen Kritische Phasen (Entwicklungsfenster) (Entwicklungsfenster)

► Kritische Phasen existieren eher nicht Kritische Phasen existieren eher nicht für Merkmale und Verhaltensweisen, die für Merkmale und Verhaltensweisen, die den Erfahrungen von Individuen, den Erfahrungen von Individuen, sozialen Gruppen oder Kulturen sozialen Gruppen oder Kulturen zugehören. zugehören.

► Greenough nennt den neuronalen Greenough nennt den neuronalen Mechanismus, welcher der Fähigkeit des Mechanismus, welcher der Fähigkeit des Individuums zugrunde liegt, aus seinen Individuums zugrunde liegt, aus seinen persönlichen Erfahrungen zu lernen, persönlichen Erfahrungen zu lernen, erfahrungsabhängige Hirnplastizitäterfahrungsabhängige Hirnplastizität. .

Page 23: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

23

Kritische Phasen Kritische Phasen (Entwicklungsfenster) (Entwicklungsfenster)

► Kritische Phasen sind evolutionär Kritische Phasen sind evolutionär sinnvoll, weil sie von Stimuli sinnvoll, weil sie von Stimuli abhängen, die in normalen abhängen, die in normalen menschlichen Umwelten überall zu menschlichen Umwelten überall zu finden sind. finden sind.

► Die Stimulation, die Kinder in den Die Stimulation, die Kinder in den kritischen Phasen für die kritischen Phasen für die Feinvernetzung des Hirns brauchen, Feinvernetzung des Hirns brauchen, ist überall um sie herum. ist überall um sie herum.

Page 24: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

24

Bedeutung anregender Umwelten Bedeutung anregender Umwelten

► Annahme: Die Stimulierung von Annahme: Die Stimulierung von Synapsen ist zwar das ganze Leben über Synapsen ist zwar das ganze Leben über wichtig, besonders aber in der frühen wichtig, besonders aber in der frühen Entwicklung. Entwicklung.

► „ „Frühe Erfahrungen einen Frühe Erfahrungen einen dramatischen Einfluss auf den Prozess dramatischen Einfluss auf den Prozess der Hirnvernetzung haben können, in der Hirnvernetzung haben können, in dem sie die endgültige Anzahl der dem sie die endgültige Anzahl der Synapsen im Hirn um bis zu 25 Prozent Synapsen im Hirn um bis zu 25 Prozent vermehren oder vermindern“ (Starting vermehren oder vermindern“ (Starting Smart). Smart).

Page 25: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

25

Bedeutung anregender Umwelten Bedeutung anregender Umwelten

► Untersuchungen belegen, Untersuchungen belegen, 1.1. dass während des größten Teils des dass während des größten Teils des

Lebens (Tieren, Menschen) Erfahrungen Lebens (Tieren, Menschen) Erfahrungen die Hirnstruktur beeinflussen. die Hirnstruktur beeinflussen.

2.2. dass wir nicht erwarten können, dass eine dass wir nicht erwarten können, dass eine immer größer werdende immer größer werdende Umweltkomplexität eine immer größere Umweltkomplexität eine immer größere synaptische Dichte zur Folge hat. synaptische Dichte zur Folge hat.

3.3. dass das Gehirn während der ganzen dass das Gehirn während der ganzen späteren Entwicklung bis ins späteren Entwicklung bis ins Erwachsenenalter hinein plastisch, das Erwachsenenalter hinein plastisch, das heißt durch Erfahrung modifizierbar bleibt. heißt durch Erfahrung modifizierbar bleibt.

Page 26: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

26

Neurodidaktik Neurodidaktik

► Neurodidaktik geht von der Lernfähigkeit Neurodidaktik geht von der Lernfähigkeit des Menschen aus und sucht nach den des Menschen aus und sucht nach den Bedingungen, unter denen sich Lernen am Bedingungen, unter denen sich Lernen am besten entfaltet. besten entfaltet.

► Schlüsselidee: Plastizität des Gehirns und Schlüsselidee: Plastizität des Gehirns und die Lernfähigkeit in unauflöslicher die Lernfähigkeit in unauflöslicher Beziehung zueinander stehen. Beziehung zueinander stehen.

► Aufgabe: Neurobiologische Erkenntnisse Aufgabe: Neurobiologische Erkenntnisse für die Didaktik aufzuarbeiten, um sie auf für die Didaktik aufzuarbeiten, um sie auf den Prozess menschlicher Erziehung und den Prozess menschlicher Erziehung und Bildung anzuwenden. Bildung anzuwenden.

Page 27: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

27

Was wissen wir über das lernende Was wissen wir über das lernende Gehirn – und was nicht?Gehirn – und was nicht?

► Wie dasjenige, was wir Lernen nennen, in Wie dasjenige, was wir Lernen nennen, in den Hirnzellen und ihren Verknüpfungen den Hirnzellen und ihren Verknüpfungen funktioniert, wissen wir nicht. Nur dass es funktioniert, wissen wir nicht. Nur dass es funktioniert und wann. funktioniert und wann.

► Wie Informationen abrufbar gespeichert Wie Informationen abrufbar gespeichert werden, ist ebenso unbekannt wie der werden, ist ebenso unbekannt wie der Prozess ihrer Verknüpfung zu Prozess ihrer Verknüpfung zu „Sinnstrukturen“ (neuronale „Sinnstrukturen“ (neuronale Repräsentationen). Repräsentationen).

► Wie höhere kognitive Leistungen des Wie höhere kognitive Leistungen des Gehirns (Begriffe, Sprache) zustande Gehirns (Begriffe, Sprache) zustande kommen, ist unbekannt. kommen, ist unbekannt.

Page 28: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

28

Was wissen wir über das lernende Was wissen wir über das lernende Gehirn – und was nicht?Gehirn – und was nicht?

► In Ansätzen überprüft, dass (auch zum Teil In Ansätzen überprüft, dass (auch zum Teil wodurch) Informationsaufnahme und –wodurch) Informationsaufnahme und –Informationsverarbeitung durch bestimmte Informationsverarbeitung durch bestimmte Umstände unterbunden, erschwert oder Umstände unterbunden, erschwert oder begünstigt werden kann. begünstigt werden kann.

► Natürliches Lernen geht sehr langsam Natürliches Lernen geht sehr langsam (viele Wiederholungen), ist in der Regel (viele Wiederholungen), ist in der Regel aber sehr erfolgreich. aber sehr erfolgreich.

► Details ohne Bedeutungskontexte vergisst Details ohne Bedeutungskontexte vergisst das Gehirn sehr rasch. das Gehirn sehr rasch.

Page 29: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

29

Was wissen wir über das lernende Was wissen wir über das lernende Gehirn – und was nicht?Gehirn – und was nicht?

► Das unterrichtlich-organisierte Das unterrichtlich-organisierte Lernen geht wie das natürlich Lernen geht wie das natürlich langsam vor sich und ist in der langsam vor sich und ist in der individuellen und kaum individuellen und kaum beeinflussbaren beeinflussbaren Informationsverarbeitung und Informationsverarbeitung und Bedeutungsgenerierung hinsichtlich Bedeutungsgenerierung hinsichtlich einer normierten Zielerreichung einer normierten Zielerreichung höchst störanfällig. höchst störanfällig.

Page 30: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

30

Neurodidaktische Impulse – Neurodidaktische Impulse – Merkmale erfolgreichen LernensMerkmale erfolgreichen Lernens

► Das limbische SystemDas limbische System

Sollen neue Informationen aufgenommen Sollen neue Informationen aufgenommen werden, dann sollten diese wichtig, werden, dann sollten diese wichtig, wünschenswert (nützlich) und von wünschenswert (nützlich) und von angenehmen Gefühlen begleitet sein. angenehmen Gefühlen begleitet sein.

► NeugierverhaltenNeugierverhalten

Suche nach bedeutungsvollen Erfahrungen Suche nach bedeutungsvollen Erfahrungen ist angeboren und erlahmt bei ist angeboren und erlahmt bei bedeutungslosen oder nicht bedeutungslosen oder nicht erklärungsbedürftigen Sachverhalten. erklärungsbedürftigen Sachverhalten.

Page 31: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

31

Neurodidaktische Impulse – Neurodidaktische Impulse – Merkmale erfolgreichen LernensMerkmale erfolgreichen Lernens

► Entspannte Atmosphäre, Spiel, VertrauenEntspannte Atmosphäre, Spiel, Vertrauen

Erwartung auf Erfolg stärken, Angst vor Misserfolg Erwartung auf Erfolg stärken, Angst vor Misserfolg schwächen, Selbstbewusstsein stärkenschwächen, Selbstbewusstsein stärken

► Entspannung für Gedächtniskonsolidierung Entspannung für Gedächtniskonsolidierung

Gehirn braucht die notwendige Zeit für die Gehirn braucht die notwendige Zeit für die Speicherung von Informationen und die Speicherung von Informationen und die Verknüpfung zu Bedeutungszusammenhängen. Verknüpfung zu Bedeutungszusammenhängen. Optimale Rhythmus von Anspannung und Optimale Rhythmus von Anspannung und Entspannung. Entspannung.

Page 32: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

32

Neurodidaktische Impulse – Neurodidaktische Impulse – Merkmale erfolgreichen LernensMerkmale erfolgreichen Lernens

► Emotion und Kognition Emotion und Kognition Ein Erlebnis als bleibende Erfahrung ist Ein Erlebnis als bleibende Erfahrung ist durch eine besondere emotionale durch eine besondere emotionale Weise gekennzeichnet. Starke innere, Weise gekennzeichnet. Starke innere, aktive Beteiligung der Lernendenaktive Beteiligung der Lernenden

► Belohnung und Spaß Belohnung und Spaß Das Gehirn funktioniert umso besser, Das Gehirn funktioniert umso besser, je attraktiver die Lernsituation je attraktiver die Lernsituation empfunden wird, die sich am Erfolg empfunden wird, die sich am Erfolg misst. misst.

Page 33: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

33

Neurodidaktische Impulse – Neurodidaktische Impulse – Merkmale erfolgreichen LernensMerkmale erfolgreichen Lernens

► Kommunikatives HandelnKommunikatives Handeln

Für Lernen und Leisten sind sozial-Für Lernen und Leisten sind sozial-emotionale Beziehungen notwendig. emotionale Beziehungen notwendig. Beziehungsgestaltung. Beziehungsgestaltung. Nichtbeachtung schwächt das Nichtbeachtung schwächt das Motivationssystem und erhöht das Motivationssystem und erhöht das Aggressionspotenzial. Aggressionspotenzial.

Page 34: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

34

Neue Herausforderungen für die Neue Herausforderungen für die Pädagogik?! Erfolgreiches Lernen Pädagogik?! Erfolgreiches Lernen

braucht Bedingungen braucht Bedingungen ► Eine praktische Herausforderung stellen, Eine praktische Herausforderung stellen,

die bewältigbar und subjektiv sinnvoll ist.die bewältigbar und subjektiv sinnvoll ist.► Nicht entmutigen beim Versuch, etwas zu Nicht entmutigen beim Versuch, etwas zu

vollbringen oder ein Problem zu lösen. vollbringen oder ein Problem zu lösen. ► Wissbegierde und Neugier nicht behindern, Wissbegierde und Neugier nicht behindern,

das Individuum (Kind) seine eigenen das Individuum (Kind) seine eigenen Lernwege gehen lassen. Lernwege gehen lassen.

► Viele Gelegenheiten zum Wiederholen und Viele Gelegenheiten zum Wiederholen und Üben bieten (Sicherheit und Erfolg).Üben bieten (Sicherheit und Erfolg).

► Individuelle zugemessene Anforderungen Individuelle zugemessene Anforderungen stellen (keine Unter- oder Überforderung). stellen (keine Unter- oder Überforderung).

Page 35: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

35

Neurodidaktik –Neurodidaktik –Kritikpunkte (PädagogInnen)Kritikpunkte (PädagogInnen)

► Alles schon bekanntAlles schon bekanntDie Neurodidaktiker hätten keine Die Neurodidaktiker hätten keine Ergebnisse vorgelegt, die PädagogInnen Ergebnisse vorgelegt, die PädagogInnen zwingen würden, ihren Unterricht zwingen würden, ihren Unterricht irgendwie anders zu gestalten (Stern). irgendwie anders zu gestalten (Stern).

► Keine PraxisrelevanzKeine Praxisrelevanz Die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse Die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse bzgl. des Lernens beziehen sich auf bzgl. des Lernens beziehen sich auf einfache (implizite) Lernvorgänge.einfache (implizite) Lernvorgänge.

► Unzulässige UmkehrschlüsseUnzulässige Umkehrschlüsse Z.B. Entwicklung besser bei anregender Z.B. Entwicklung besser bei anregender Umwelt Umwelt

Page 36: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

36

Neurodidaktik –Neurodidaktik –Kritikpunkte (PädagogInnen)Kritikpunkte (PädagogInnen)

► Emotionen sind kein automatischer Emotionen sind kein automatischer Lernfaktor Lernfaktor Aus Sicht der Kritiker ist kein klarer Beweis Aus Sicht der Kritiker ist kein klarer Beweis erbracht, das positive Gefühle pauschal das erbracht, das positive Gefühle pauschal das Lernen unterstützen. Und eine ganz andere Lernen unterstützen. Und eine ganz andere Frage sei, wie sich ein positives Gefühl bei Frage sei, wie sich ein positives Gefühl bei Individuen (Schülern) hervorrufen lasse. Individuen (Schülern) hervorrufen lasse.

► Lernphasen gelten nicht Lernphasen gelten nicht verallgemeinerndverallgemeinernd Kritiker weisen darauf hin, dass es enorme Kritiker weisen darauf hin, dass es enorme individuelle Unterschiede bei Lernenden gibt. individuelle Unterschiede bei Lernenden gibt.

Page 37: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

37

Positive Versprechen der Positive Versprechen der NeurowissenschaftNeurowissenschaft

► „„Time on task“ – die mit den Aufgaben Time on task“ – die mit den Aufgaben verbrachte Zeit ist wichtig. verbrachte Zeit ist wichtig.

► Kinder, die vor der Schule nicht mit Kinder, die vor der Schule nicht mit dieser Kultur vertraut gemacht dieser Kultur vertraut gemacht wurden, sind bei Schuleintritt stark wurden, sind bei Schuleintritt stark benachteiligt benachteiligt Kinder diese Kinder diese akulturierende Erfahrung früh akulturierende Erfahrung früh zugänglich machen. zugänglich machen.

Page 38: 1 Einführung in die Pädagogik 26. April 2008. 2 ERGEBNISSE NEUROWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG – Auswirkungen auf die Pädagogik.

38

LiteraturhinweiseLiteraturhinweise: :

► SPITZER, M.: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. SPITZER, M.: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg 2007. Heidelberg 2007.

► BRUER, J. T.: Der Mythos der ersten drei Jahre. Warum wir lebenslang BRUER, J. T.: Der Mythos der ersten drei Jahre. Warum wir lebenslang lernen. Weinheim 2000. lernen. Weinheim 2000.

► STADELMANN, W.: „Frühe Förderung und lebensbegleitendes Lernen STADELMANN, W.: „Frühe Förderung und lebensbegleitendes Lernen im Lichte neuropsychologischer Erkenntnisse.“ OECD, 2005. im Lichte neuropsychologischer Erkenntnisse.“ OECD, 2005.

► SINGER, W.: Was kann ein Mensch wann lernen? Ein Beitrag aus der SINGER, W.: Was kann ein Mensch wann lernen? Ein Beitrag aus der Hirnforschung. In: FTHENAKIS, W. E. (Hrsg.): Elementarpädagogik Hirnforschung. In: FTHENAKIS, W. E. (Hrsg.): Elementarpädagogik nach PISA. 2. Auflage. Freiburg im Breisgau 2003, S. 67-77.nach PISA. 2. Auflage. Freiburg im Breisgau 2003, S. 67-77.

► ROTH, G.: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Frankfurt am Main ROTH, G.: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Frankfurt am Main

20002000..