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1 Einleitung
1.1 Vorbemerkung und Aufgabestellung
Die distale Radiusfraktur ist schon heute eine der häufigsten Frakturen überhaupt,
sie wird in der Literatur mit 15-25% aller Frakturen angegeben [1, 17, 61, 70]. Die
Anzahl und Bedeutung dieser Verletzung wird in den nächsten Jahren durch eine
weitere Veränderung der Altersstruktur unserer Bevölkerung zunehmen [25, 29, 47,
49, 59]. In beiden Geschlechtern werden unterschiedliche Altersgipfel ihres
Auftretens beobachtet. Beim männlichen Geschlecht liegt der Häufigkeitsgipfel um
das 30. Lebensjahr, hier dominieren Rasanztraumen und Stürze aus größerer Höhe
[41]. Bei Frauen liegt der Altersdurchschnitt um das 60. Lebensjahr [1, 41, 80, 90],
als Ursache führt hier der Sturz in der Ebene. Dieser zweiten, älteren Gruppe widmet
sich diese Arbeit. In den letzten 20 Jahren hat ein Wandel in der Behandlung von
distalen Radiusfrakturen stattgefunden. Lange Zeit war sie eine Domäne der
konservativen Frakturbehandlung, jedoch wurden oft nur schlechte
Behandlungsergebnisse erreicht [6, 41, 67, 79]. Mit dem zunehmenden Anspruch an
ein gutes funktionelles Behandlungsergebnis erfolgte ein Verfahrenswechsel hin zu
operativen Behandlungsverfahren. So werden seit dem Ende der 90’er Jahre
bevorzugt palmare winkelstabile Plattenosteosynthesen eingesetzt und zahlreiche
Autoren berichten über gute und sehr gute Ergebnisse [31, 35, 36, 37, 50, 57, 72].
Somit wurde auch die Indikation für die palmaren Plattensysteme erweitert.
Verschiedene Autoren favorisieren die palmare Plattenosteosynthese bei allen
operationspflichtigen distalen Radiusfrakturen [31, 36, 57, 67]. Die Kirschner-Draht-
Spickung stellt als minimalinvasives Verfahren den Mittelweg zwischen konservativer
Behandlung und Plattenosteosynthese dar.
An der Universitätsklinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der
Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg am Standort der BG Kliniken
„Bergmannstrost“ Halle konnten in der Vergangenheit gute Behandlungsergebnisse
mit diesem Verfahren erreicht werden [46, 63], auch anderen Autoren berichtet über
gute Ergebnisse mit diesem Verfahren [4, 58, 86]. Aus diesem Grund wurden im
Zeitraum vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2006 an der Universitätsklinik und Poliklinik
für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Martin Luther Universität Halle -
Wittenberg am Standort Halle-Kröllwitz und am Städtischen Krankenhaus Martha-
Maria Halle - Dölau 40 Patienten ab dem 65. Lebensjahr mit distalen Radiusfrakturen
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vom Typ AO 23 A2, A3 und C1 behandelt und in die vorliegende randomisierte,
prospektiv-klinische Studie eingeschlossen. Bei diesen Frakturentypen werden in der
internationalen Literatur beide Behandlungsverfahren als möglich erachtet [16, 50,
58, 61, 63, 81]. Ziel dieser Arbeit ist der Vergleich der Behandlungsergebnisse und -
verläufe zwischen diesen beiden Verfahren im ersten postoperativen Jahr bei den
oben genannten Frakturentypen.
1.2 Funktionelle Anatomie des distalen Unterarmes
Zwischen den Unterarmknochen Ulna und Radius spannt sich die Membrana
interossea antebrachii aus. Der Radius weist im distalen Schaftbereich eine
dreieckige Form auf, die ulnarseitig scharf in die Margo interosseus ausläuft. Die
begrenzenden Flächen des Radius sind die Facies posterior, die Facies anterior und
die Facies lateralis. Am distalen Ende verbreitert sich der Radius zur Facies
articularis carpalis. Am ulnaren Rand befindet sich die Incisura ulnaris radii. Sie bildet
die radiale Gelenkfläche der Articulatio radioulnaris distalis (DRUG). Die Facies
articularis carpalis unterteilt sich in zwei Abschnitte, die Fossa scaphoidea und die
Fossa lunata, deren beide Gelenkflächen konkav sind. Die sagittale Ebene der
Gelenkfläche neigt sich in der Frontalebene um etwa 23 Grad nach ulnar (Abb.1). In
der Sagittalebene ist die Gelenkfläche etwa um ca. 12 Grad nach palmar geneigt
(Abb.2). Diese Inklination ist für die Kraftübertragung zwischen Carpus und Radius
von großer Bedeutung. Dorsal am Radius befindet sich eine Erhebung, das
Tuberculum Listeri, welches dem M. extensor pollicis als Hypomochlion dient.
Abb. 1: Ulnarinklination, Norm 23° [19]
Das Caput ulna endet in einem kleinen Fortsatz, dem Processus styloideus (2-6mm)
ulnae und weist zwei Gelenkflächen auf, eine zu den Handwurzelknochen und eine
zum distalen Radius. Eine intakte Basis des Processus styloideus ulnae ist für die
Stabilität des distale Radioulnargelenkes aufgrund der ansetzenden Bandstrukturen
bedeutsam [48]. Zwischen dem Caput ulnae und dem Carpus liegt der Discus
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articularis, dieser wird im neueren Sprachgebrauch als TFC (triangular fibrocartilage)
bezeichnet. Er wird von extrinsischen Bändern, die von der Ulna zum Carpus ziehen,
stabilisiert. Für die freie Beweglichkeit des Handgelenkes sollte die Ulnarvarianz,
nicht größer als +4/-4 mm sein (Abb.3) [19].
Abb. 2: Palmarinklination, Abb. 3: Ulnarvarianz,
Norm 12° [19] Norm +4/-4 mm [19]
Die Umwendebewegung des Handgelenkes wird durch die Articulatio radioulnaris
proximalis und die Articulatio radioulnaris distalis (DRUG) ermöglicht. Die
artikulierenden Gelenkflächen der Articulatio radioulnaris distalis sind die Incisura
ulnaris radii und die Circumferentia articularis ulnae.
Für die Pronation ist der M. pronator terres und der M. pronator quatratus
verantwortlich. Der Musculus supinator und der M. biceps brachii ermöglichen die
Supination des Unterarmes. Das Bewegungsausmaß von Pronation und Supination
beträgt etwa 160 Grad [83].
Die Extensoren der Finger und des Handgelenks befinden sich auf der Dorsalseite
des Unterarmes und werden vom sechs Fächer umfassenden Retinaculum
extensorum umspannt.
1. Fach: M. abductor pollicis longus, M. extensor pollicis brevis.
2. Fach: M. extensor radialis longus, M. extensor radialis brevis.
3. Fach: M. extensor pollicis longus.
4. Fach: M. extensor digitorum M. extensor indicis.
5. Fach: M. extensor digiti minimi.
6. Fach: M. extensor carpi ulnaris.
Die Strecksehnenruptur ist eine bedeutsame Komplikation der operativen
Behandlung und wird durch die Arrosion der Sehnen durch Kirschner-Drähte oder
überragende Schrauben verursacht.
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Die Palmarflexion des Handgelenks wird sowohl von den Mm. flexores carpi radialis
und ulnaris, als auch vom M. palmaris longus und von den Mm. flexores digitorum
ausgeführt. Der Bewegungsumfang von Extension und Flexion im Handgelenk
beträgt etwa 120 Grad [19, 83, 84].
Der M. flexor carpi radialis und der M. extensor carpi radialis sind für die
Radialabduktion verantwortlich. Die Ulnarabduktion wird vom M. flexor carpi ulnaris
und vom M. extensor carpi radialis ausgeführt. Der Bewegungsumfang von Radial-
/Ulnardeviation beträgt etwa 50 Grad [11, 19, 84].
Die Muskeln des Unterarmes werden von der Fascia antebrachii umhüllt. Diese dient
im proximalen Anteil den Extensoren und zugleich den Flexoren als Ursprung. Die
drei Muskelgruppen werden untereinander nochmals durch Fascien getrennt.
Die Leitungsbahnen des Unterarmes ziehen durch vorgegebene Gefäß-Nerven-
Straßen. Das dorsale Gefäßnervenbündel endet an der Handwurzel, es führt die A.
interossea antebrachi posterior und den Ramus profundus des N. radialis.
Die radiale Unterarmstraße wird vom M. flexor carpi radialis, M. pronator terres und
vom M. brachioradialis begrenzt. Sie führt die A. radialis, Vv. radiales und den R.
superficialis des N. radialis. Die Unterarmmittelstraße liegt zwischen oberflächlichen
und tiefen Flexoren. Sie beherbergt den N. medianus und die ihn begleitende A.
comitans n. mediani. Diese Straße setzt sich durch den Karpaltunnel in die Hohlhand
fort.
Die ulnare Unterarmstraße wird vom M. flexor digitorum und dem M. flexor carpi
ulnaris begrenzt. Sie führt die A. ulnaris, V. ulnaris und den N. ulnaris. Dieses
Gefäßnervenbündel gelangt durch die Guyon-Loge zur Hohlhand. Durch die
beugeseitige Zwischenknochennervenstraße zieht die A. interossea antebrachi und
der N. interosseus antebrachii auf der Membrana interossea distalwärts.
Vom Hamulus ossis hamati und Os pisiforme zum Os scaphoideum spannt sich das
Retinaculum flexorum aus. Es überspannt den Canalis carpi. Durch diesen ziehen
die Sehnen des M. flexor pollicics longus, des M. flexor digitorum profundus und
superficialis, sowie der N. medianus mit begleitender Arterie. Die Einengung des N.
medianus führt zum Karpaltunnelsyndrom, einer weiteren häufigen Komplikation. Der
N. ulnaris und die A. ularis ziehen durch den Ulnariskanal (Loge de Gyon) zur
Hohlhand.
Die Hand ist in drei Abschnitte unterteilt, den Carpus, den Metacarpus und die Digiti
manus. Die Handwurzelknochen ordnen sich in zwei Reihen an. Zur proximalen
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Handwurzelreihe gehören das Os scaphoideum, das Os lunatum, das Os triquetrum
und das Os pisiforme. Die Articulatio manus proximalis ist ein Ellipsoidgelenk. Das
Os scaphoideum, das Os Lunatum und das Os triquetrum bilden mit ihren proximalen
Gelenkflächen den Gelenkanteil des Carpus. Diese sind durch ligamentäre
Strukturen miteinander verbunden und weisen in ihrer Gesamtheit eine palmare
Konkavität auf, den Sulcus carpi.
Der Radius, die Ulna und der Discus triangularis bilden die dazugehörige
Gelenkfläche des Unterarmes. Man unterscheidet zwei Achsen, eine radioulnäre und
eine dazu senkrechte. Die große Beweglichkeit im Handgelenk ergibt sich durch die
Kombination der Bewegungen entlang dieser beiden Achsen.
Das Handgelenk wird von extrinsischen und intrinsischen Bändern stabilisiert. Die
extrinsischen Bänder überspannen das Radiocarpal-, das Ulnocarpal- und das
Intercarpalgelenk. Die intrinsischen Bänder verbinden die Handwurzelknochen
miteinander. Diese Bänder und der Discus triangularis stabilisieren das distale
Radiounargelenk und das proximale Handgelenk.
Abb. 4: Extrinsische karpale Bänder [19]
Abb. 5: Intrinsische karpale Bänder [19]
Das drei 3-Säulen-Modell nach Rikli und Regazzoni (1996) berücksichtigt die
biomechanischen und pathophysiologischen Befunde bei der Rekonstruktion und
Stabilisierung des distalen Speichen- und Ulnaendes unter Verwendung für diese
Segmente speziell formadaptierter Platten. Biomechanische Untersuchungen
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zeigten, dass bei einer Handgelenkstellung in 0°Stellung etwa 80% des Kraftflusses
über die mittlere Säule (Os capitatum, Os lunatum, die Fossa lunata, ulnarer Anteil
des distalen Radius) verläuft. Eine Veränderung der Gelenkflächenschaftwinkel und
der Stellung des Radius zur Ulna führt zu einer erheblichen Veränderung der
Richtung des Kraftflusses und damit Überbeanspruchung der ulnaren Säule mit
entsprechenden funktionellen Veränderungen und chronischer Instabilität der
Handwurzel und des Handgelenks. Eine Dorsalkippung des Gelenk tragenden
distalen Radiusfragments von mehr als 20° führt zu einer Verminderung der
Extensions- und Flexionsbewegung von durchschnittlich 50°. Gleichzeitig kommt es
zu einer erheblichen unphysiologischen Mehrbelastung der intrinsischen
Karpalbänder mit der Folge der typischen karpalen Instabilität und nachfolgender
radiokarpaler Arthrose [19].
1.3 Inzidenz und Ätiologie der distalen Radiusfraktur
In beiden Geschlechtern werden unterschiedliche Altersgipfel beobachtet [1, 58].
Beim männlichen Geschlecht liegt der Häufigkeitsgipfel um das 30. Lebensjahr. Hier
dominieren Rasanztraumen und Stürze aus größerer Höhe, daraus resultieren oft
komplexe Frakturen mit Gelenkbeteiligung. Bei Frauen gibt es einen Altersgipfel um
das 60. Lebensjahr. Ursache hierfür ist eine vermehrte Sturzneigung bei
kardiovaskulären, neurologischen und Stoffwechselerkrankungen. Hinzu kommt eine
häufig bestehende Involutions- und pathologische Osteoporose. Des Weiteren lässt
die relative arthrosebedingte Gelenksteifigkeit und die hypothrophe Muskulatur das
Sturztrauma ohne Schutzwirkung und ungefedert auf den Knochen einwirken [10].
Eine verminderte Knochendichte konnte als Risikofaktor für die Entstehung von
distalen Radiusfrakturen beschrieben werden [39, 85]. Als kritische Knochendichte
wurde ein Wert von 235 mg/cm² in einer 5-Jahres-Beobachtungsstudie definiert [44].
Folgende Faktoren beeinflussen das Verletzungsmuster [21, 73]:
• die Stellung des Handgelenks
• die Größe der einwirkenden Kraft
• der individueller Knochenbau bzw. dessen Festigkeit.
Typische Begleitverletzungen bei distalen Radiusfrkturen sind Frakturen des Os
scaphoideum oder scapholunäre Dissoziationen, welche durch die Ruptur des
scapholunären Bandes entstehen. Beides sind klassische Ursachen des in mehreren
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Stufen ablaufenden carpalen Kollapses [43]. Auch kann es zu Verletzungen des TFC
kommen, was zur sekundär, posttraumatischen Arthrose des Handgelenkes führen
kann. Die distale Radiusfraktur ist die häufigste Ursache eines sekundären
Karpaltunnelsyndromes [42].
1.4 Klassifikation der distalen Radiusfraktur
Es stehen zahlreiche Klassifikationen zur Verfügung, die sich um sinnvolle
Ordnungsprinzipien mit therapeutischen Konsequenzen bei distalen
Speichenbrüchen bemühen. Im Folgenden werden historische Einteilungen und die
für diese Arbeit wichtige AO-Klassifikation der Frakturen genannt [53].
1.4.1 Historische Einteilungen der Radiusfraktur Da die distale Radiusfraktur seit jeher eine sehr häufige Verletzung ist, wurden in der
Vergangenheit Bezeichnungen eingeführt, bei deren Einteilung man zumeist von der
Dislokationsrichtung des distalen Fragmentes ausgegangen ist. Diese wurden
üblicherweise nach ihrem Erstbeschreiber benannt.
• Dislokation nach dorsal - Colles Fraktur [13]
• Dislokation nach palmar - Smith Fraktur [82]
• dorsaler Kantenabbruch - Barton Fraktur
• palmarer Kantenabbruch - Reversed-Barton Fraktur, Smith II Fraktur
• radialer Keilbruch - Chauffeur Fraktur
Diese Bezeichnungen sind bis zum heutigen Tag im klinischen Alltag geläufig.
1.4.2 Frakturklassifikation der AO
Die Fraktureinteilung der AO ist die häufigste in der neueren Weltliteratur. Ihr soll im
Folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Klassifikation der
Fraktur ergibt sich durch die anatomische Lokalisation und die morphologische
Beschaffenheit der Fraktur. Jedem Knochen wird eine Nummer zugewiesen. Paarige
Knochen (Radius/Ulna und Tibia/Fibula) werden wie ein langer Knochen klassifiziert.
Die langen Röhrenknochen werden in je drei Segmente eingeteilt. Bei Tibia und
Fibula kommt ein viertes Segment dazu für die Malleolarfrakturen.
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• 1=proximales Segment.
• 2=mittlers, diaphysäres Segment.
• 3=distales Segment.
Die AO - Klassifikation fasst die Metaphyse und die Epiphyse als ein Segment
zusammen. In den proximalen und distalen Segmenten (Ausnahme: prox. Humerus,
prox. Femur, Malleolensegment) werden drei Frakturtypen unterschieden, die sich
durch folgende Eigenschaften auszeichnen:
• Typ A – extraartikuläre Fraktur,
• Typ B – partiell artikuläre Fraktur,
• Typ C – vollständig artikuläre Fraktur.
Die Frakturen können anhand eines binären Fragenmusters weiter subklassifiziert
werden. So ergeben sich Frakturgruppen und Untergruppen.
Die AO - Klassifikation wird durch die Klassifikation der Weichteilverletzungen der AO
ergänzt:
• Hautverletzungen (IC, IO),
• Muskel und Sehnenverletzungen (MT),
• Neurovaskuläre Verletzungen (NV).
Für den distalen Radius ergibt sich die „23“ als Knochen und Segmentbezeichnung.
• Knochen (Radius - 2)
• Segment (distal - 3)
Folgende Frakturgruppen werden am distalen Radius subklassifiziert:
AO 23 A
Abb.6: AO - Klassifikation nach Müller (1987) et al.
AO 23 A - extraartikuläre Frakturen
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• A 1 - der Ulna, Radius intakt,
• A 2 - des Radius, einfach,
• A 3 - des Radius, mehrfragmentär.
AO 23 B
Abb.7: AO - Klassifikation nach Müller (1987) et al.
AO 23 B - partiell intraartikuläre Frakturen
• B 1 - in der Sagialebene.
• B 2 - der dorsalen Kante (Barton).
• B 3 - der volaren Kante (reversed Barton).
AO 23 C
Abb. 8: AO - Klassifikation nach Müller (1987) et al.
AO 23 C - intraartikuläre Frakturen
• C 1 - artikulär einfach, metaphysär einfach.
• C 2 - artikulär einfach, metaphysär mehrfragmentär.
• C 3 - artikulär mehrfach, metaphysär mehrfragmentär.
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In der vorliegenden Studie werden die Frakturen vom Typ A2, A3 und C1 untersucht.
Für diese Frakturen gibt es folgende Untergruppen:
• A 2.1 - einfach ohne Abkippung,
• A 2.2 - einfach mit dorsaler Abkippung,
• A 2.3 - einfach mit volarer Abkippung,
• A 3.1 - mehrfragmentär impaktiert mit axialer Verkürzung,
• A 3.2 - mehrfragmentär impaktiert mit einem Fragmentkeil,
• A 3.3 - mehrfragmentär komplex,
• C 1.1 - artikulär und metaphysär einfach mit posteriorem - medialem
Gelenkfragment,
• C 1.2 - artikulär und metaphysär einfach mit sagitaler, artikulärer Frakturlinie,
• C 1.3 - artikulär und metaphysär einfach mit frontal, artikulärer Frakturlinie.
1.5 Klinik der distalen Radiusfraktur
Der klinischen Untersuchung geht eine genaue Unfallanamnese voraus. Diese ergibt
nicht selten einen ersten Hinweis auf das Verletzungsmuster. Die Sturzursache sollte
abgeklärt werden. Auf Begleiterkrankungen, bestehende neurologische
Erkrankungen und eventuell vorausgegangene Verletzungen des betreffenden
Armes ist zu achten. Weichteilverletzungen und Prellmarken geben einen Hinweis
auf weitere Begleitverletzungen. Der Patient klagt häufig über massive Schmerzen,
Instabilität und einen Funktionsverlust [52, 89]. Bei der Inspektion fällt meist eine
schmerzbedingte Schonhaltung des gesamten verletzen Armes auf. Die
Radiusfraktur in „loco classico“ ist durch ihre typische Fehlstellung, die Bajonett- und
Fourchette-Stellung charakterisiert. Diese wird durch eine Dorsalkippung und
Radialverschiebung des peripheren Fragments hervorgerufen. Die Funktionen der
Hand sind erheblich, teilweise schmerzbedingt eingeschränkt. Bei der
anschließenden Palpation des verletzten Unterarmes findet man oft eine
Hämatombildung und eine Weichteilschwellung im Verletzungsgebiet. Auf palpable
Stufen des tastbaren Knochens ist zu achten. Auch ist es manchmal möglich, ein
Krepitieren festzustellen. Undislozierte Frakturen zeigen oft nur eine Schwellung,
Druckschmerzhaftigkeit und eine eingeschränkte Funktion. Bei dieser Art der
Verletzung sollten die peripheren Enden der Ulna und des Radius abgetastet, und ihr
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gegenseitiges Verhältnis verglichen werden. Der Processus styloideus radii sollte
halbfingerbreit distal des Processus styloideus ulnae stehen. Bei verkeilten Brüchen
ist diese Beziehung häufig verloren gegangen und die Griffelfortsätze stehen in einer
Ebene [5]. Die aktive Beweglichkeit der Fingergelenke sollte geprüft werden.
Frakturen und Luxationen im Handwurzelbereich sind auszuschließen. Des Weiteren
erfolgt die klinische Überprüfung von Begleitverletzung der Nerven und der Gefäße.
Starke Fragmentdislokationen können zu einer Läsion des N. medianus führen.
Abb. 9: Fractura radii in loco typico [5]
1.6 Diagnostik der distalen Radiusfraktur
Nach der klinischen Untersuchung erfolgen a.-p. und seitliche Röntgenaufnahmen
des Handgelenkes. Es wird beurteilt [7]:
• die Gelenkbeteiligung,
• die metaphysäre Trümmerzone,
• die relative Radiusverkürzung,
• die Dislokationsrichtung der Fragmente. Beide Aufnahmen erfolgen mit einer Aufnahmespannung von 45-55 kV. Der
Zentralstrahl ist bei beiden Aufnahmen auf die Mitte des Handgelenks gerichtet. In
der seitlichen Aufnahme sind Radius und Ulna direkt übereinander abgebildet, der
Handgelenksspalt ist frei einsehbar. Anhand dieser Aufnahmen erfolgt die
Klassifikation der Fraktur nach der AO-Klassifikation [73]. Durch Röntgen-
Schrägaufnahme in 45°-Pronation und -Supination kann man bei intraartikulären
Frakturen die Fossa lunata und die Fossa scaphoidea genauer beurteilen. Die
konventionelle Durchleuchtung dient der Darstellung von Gelenkstufen. CT-
Aufnahmen werden zur Beurteilung von Gelenkstufen, dem DRUG und der Fossa
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lunata angefertigt. Bei dem Verdacht auf eine ligamentäre Begleitverletzung sollte
eine MR-Untersuchung stattfinden. Die genannten Bildgebungen können in
Ausnahmefällen durch Röntgenaufnahmen der Gegenseite, Sonographie und
Arthrographie ergänzt werden. Eine Arthroskopie sollte nur mit einer therapeutischen
Absicht, oder als weiterführende Diagnostik bei einem therapieresistentem ulnaren
Handgelenkschmerz und ausgeschöpfter nichtinvasiver Bildgebung erfolgen [12, 15].
1.7 Die konservative Behandlung der distalen Radiusfraktur
Die konservative Behandlung umfasst eine Reposition sowie einen retinierenden
Unterarmhartverband, sie sollte nur bei stabilen extraartikulären Frakturen oder bei
gering dislozierten, intraartikulären Frakturen erfolgen [56]. Auch wenn lokale und
allgemeine Kontraindikationen einer Operation entgegenstehen, ist eine konservative
Behandlung die therapeutische Alternative. Eine relative Indikation stellt eine Fraktur
mit Instabilitätskriterien dar, die sich gut reponieren und primär retinieren lässt. Es
gibt unterschiedliche Schulen der konservativen Frakturbehandlung [8, 22, 28]. Die
Anästhesie erfolgt über eine streng aseptische Bruchspaltanästhesie. Mit
„Mädchenfängern“ wird der Arm des Patienten ausgehängt. Der Ellenbogen sollte
etwa 90° gebeugt sein und der Oberarm in der Schulter um 90° abduziert. An den
Oberarm wird über eine gepolsterte Schlaufe für 5 bis 10 Minuten ein
Extensionsgewicht von 3 - 5 kg gehängt. Anschließend erfolgt die Reposition durch
Ulnarduktion, Flexion im Handgelenk und durch Druck auf das distale Fragment. Die
Gipsanlage erfolgt in Neutralstellung des Handgelenkes. Eine Beschriftung mit
folgenden Daten sollte erfolgen: Unfalldatum, Datum der Gipsanlage, Befristung der
Gipsanlage, Datum der nächsten Röntgenkontrolle, Name des behandelnden Arztes,
der Einrichtung [52]. Der Gips wird bis zur letzten Faser gespalten. Die Flexion der
Finger und des Ellenbogens darf nicht eingeschränkt sein. Der Handrückengips
sollte plan geformt sein. Am nächsten Tag wird die Durchblutung, Motorik und
Sensibilität kontrolliert. Der Gips kann verschlossen werden, die Beschriftung wird
erneuert. Am 7., 14. und 21. Tag sollten eine Gipskontrolle mit etwaiger
Gipserneuerung und eine Röntgenkontrolle stattfinden. Klinisch, radiologische
Gipskontrollen sollten am 2., 7., 14. und 30. Tag nach Gipsanlage erfolgen. Ab dem
30. Tag kann der Gips abgenommen werden. Eine klinische und radiologische
Stellungskontrolle ist erforderlich.
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Beschriebene Risiken und Komplikationen einer konservativen Behandlung sind [76]:
• Redislokationen,
• Reflexdystrophie-Syndrom (M. Sudeck),
• Nervenkompression (z.B. N. medianus),
• Allergie,
• Druckstellen durch den Hartverband,
• Funktionsbehinderung durch Bewegungseinschränkung und Kraftminderung,
• Verzögerte Heilung oder Entstehung einer Pseudarthrose,
• Refraktur bei erneuter Gewalteinwirkung innerhalb der ersten 3 Monate,
• Arthrose,
• Verschlimmerung einer vorbestehenden Arthrose,
• Schulterschmerzen infolge einer Fehlhaltung.
1.8 Die operative Behandlung der distalen Radiusfraktur
Zur operativen Frakturversorgung der distalen Radiusfraktur stehen folgende
Methoden zur Verfügung:
• Bohrdraht-Fixierung (Kirschner-Draht-Spickung),
• Palmare Plattenosteosynthese,
• Dorsale Plattenosteosynthese,
• Palmare winkelstabile Plattenosteosynthese,
• Fixateur externe,
• Schraubenosteosynthese,
• Intramedulläre Implantate.
Die Behandlung von instabilen extraartikulären Frakturen, wie auch die von
dislozierten intraartikulären Frakturen mit Weichtelschaden (Integument Open), sollte
operativ erfolgen. Schwere begleitende Verletzungen (Muscle-Tendon; Nerve-
Vessel) können ebenfalls eine operative Therapie erfordern. Dislozierte Smith- und
Barton-Frakturen, sowie Handgelenks- und Handwurzelverletzungen stellen eine
weitere OP-Indikation dar.
Nach Poigenfürst und Tuchmann (1978), sowie Boszotta (1991) et al. und Jupiter
(1991) sollten folgende Instabilitätskriterien berücksichtigt werden:
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• Dorsalkippung des peripheren Fragmentes über 20°,
• Dorsalkippung des peripheren Fragmentes bei schrägem Frakturverlauf,
• Abbruch einer beugeseitigen Gelenklippe,
• dorsale und/oder palmare dislozierte Kantenfragmente,
• Trümmerzonen mit Verkürzung des Radius um mehr als 2mm,
• basisnaher Abbruch des Ellengriffelfortsatzes und/oder dislozierte
Trümmerfrakturen,
• Radio-ulnare Separation/Instabilität,
• Begleitende Ulnafraktur.
Wenn zwei der genannten pathologischen Veränderungen vorliegen, wird eine
operative Therapie empfohlen. Nach erfolgloser konservativer Therapie ist ein
sekundärer Wechsel zu einem operativen Verfahren möglich. Folgende Probleme,
Risiken und Komplikationen werden beim operativen Vorgehen beschrieben:
• Hautverschluss kann bei starker Schwellung nicht möglich sein,
• Nachblutungen,
• Gefäß, Nerven, Läsion z.B. N. medianus, Ramus superficialis des N. radialis,
• Wundheilungsstörungen,
• Infektion von Weichteilen, Knochen und Gelenken,
• Achsabweichungen,
• Implantatbrüche,
• Implantatfehllage,
• sekundäre Dislokation der Implantate,
• Funktionsstörungen des Handgelenkes und der Finger,
• Perforation von Bohrdrähten,
• Reflexdystrophie Syndrom,
• sekundäre Strecksehnenrupturen.
Die operative Versorgung von dislozierten distalen Radiusfrakturen sollte
unverzüglich erfolgen. Geschlossene und gering dislozierte Frakturen können
temporär im gespaltenen Unterarmgips retiniert werden.
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1.8.1 Die Kirschner-Draht-Spickung
Die K-Draht-Spickung stellt den Mittelweg zwischen der konservativen Behandlung
mit Hartverbänden und den operativen Verfahren, wie der Platten- und Fixateur-
externe-Osteosynthese, dar. Diese Methode ist minimalinvasiv, weichteilschonend
und wenig materialaufwendig. Wichtig für das postoperative Ergebnis sind eine
sorgfältige Eingriffsplanung, eine gute Operationstechnik und eine korrekte
Nachbehandlung. Das Prinzip der K-Draht-Spickung besteht darin, die dislozierte
Fraktur nach ihrer Reposition in einer korrekten oder wenig dislozierten Stellung,
durch Fragmentabstützung oder -fixierung zu retinieren. Die Indikation zur K-Draht-
Spickung besteht bei [30, 20]:
• jungen Pateinten (<15 LJ),
• alten Patienten (>65 LJ),
• Dislokationen nach dorsal,
• extraartikulären Frakturen,
• intraartikulären Frakturen mit nur eine Frakturlinie,
• problematischer Weichteilsituation (Fixateur externe).
Die operative Versorgung von distalen Radiusfrakturen mittels K-Draht-Spickung
sollte jedoch der Behandlung der Frakturtypen AO 23 A2, A3 und C1 vorbehalten
sein, wenn eine geschlossene Reposition möglich ist [58, 62, 63]. Die K-Draht-
Spickung kann technisch, methodisch unterschiedlich durchgeführt werden [58, 20,
23, 30, 69]. Die Basis ist ein geschlossenes Repositionsmanöver, die Fragmente
können jedoch auch über K-Draht-„Joy-Sticks“ manipuliert und in Position gebracht
werden.
In unserer Klinik wird zur definitiven Retention der Fraktur zumeist die kombinierte K-
Draht-Spickung durchgeführt. Bei diesem Verfahren handelt es sich um die
Kombination aus der statischen K-Draht-Spickung nach Willenegger [91] und der
dynamischen Fixierung nach Kapandji [37, 38], dies erhöht nach Fritz (1997) et al.
die biomechanische Stabilität der Osteosynthese.
Die Kirschner-Drähte werden direkt transkutan oder über eine bedarfsgerechte
Längsinzision eingebracht. Es werden hauptsächlich Kirschner-Drähte der Stärke 1,6
mm und ein Handbohrfutter verwendet. Die Drähte können umgebogen in den
Verband eingebettet werden. Die äußere Ruhigstellung ist obligat. Ein Versenken der
Drähte in der Tiefe führt häufig zu Weichteilirritationen. Es ist mit einer
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frakturtypabhängigen Konsolidierungszeit von 6-8 Wochen zu rechnen [69].
Regelmäßige Röntgenkontrollen zur Verlaufskontrolle und zur Bestimmung des
Zeitpunktes der Drahtentfernung sind erforderlich. Weitere 1-2 Wochen sollte eine
dorsale Longuette angelegt und mit vorsichtigen aktiven Bewegungsübungen
begonnen werden. Folgende technische Möglichkeiten ergeben sich und sind durch
Kombinationen erweiterbar:
Abb. 10: Fächerförmige Fixierung aus Richtung des Processus styloideus radii
Nach De Palma und Willenegger [91], Abbildung nach Otto (1998)
Abb. 11: Direkte Fixierung von dorsalen Kantenfragmenten,
Abbildung nach Otto (1998)
Abb. 12: Retrograde Abstützung der Fragmente, Abbildung nach Otto (1998)
Abb. 13: Quere subartikuläre Stabilisierung, Abbildung nach Otto (1998)
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Abb. 14: Korbartige Abstützung der Fraktur nach Kapandji [37, 38]
Abbildung nach Otto (1998)
Die Kirschner-Draht-Fixierung bietet folgende Vorteile:
• die mögliche Regionalanästhesie (Bier’sche Venenanästhesie, Plexus-
blockade),
• die weichteilschonende Reposition,
• die ambulante Durchführbarkeit,
• geringe Zugangs- und Implantat bedingte Komplikationen.
Die K-Draht-Osteosynthese erfordert eine Gipsschiene für etwa sechs Wochen [30,
58], welche für ergotherapeutische Übungen und zu Körperpflege abgelegt werden.
Das Handgelenk sollte nicht aktiv beübt werden, um K-Draht-Dislokationen und -
Lockerungen zu verhindern. Eine zweite Röntgenkontrolle sollte am 10.
postoperativen Tag stattfinden. Bei Beschwerden sollte jederzeit eine ärztliche
Vorstellung möglich sein. Nach sechs Wochen erfolgt eine klinische und
radiologische Verlaufskontrolle. Frühestens nach acht Wochen sollten die K-Drähte
in Lokalanästhesie entfernt werden. Die Gipsschiene kann dann noch eine Woche
bis zur Abheilung der Pin-Portalstellen belassen werden.
1.8.2 Die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese
Die operative Versorgung von dislozierten distalen Radiusfrakturen erfolgt im Idealfall
unverzüglich. Bei geschlossenen oder gering dislozierten Frakturen ist eine
temporäre Retention im gespaltenen Unterarmgips möglich. Der operative Eingriff
erfolgt in Regional- oder Allgemeinanästhesie. Der Patient ist in Rückenlage und der
verletzte Arm auf einem Armtisch gelagert. Eine pneumatische Blutsperre wird am
Oberarm angelegt. Der Unterarm wird bis zur Blutsperre steril abgewaschen. Der
Operateur sitzt zwischen dem abgespreizten Arm und dem Rumpf des Patienten. Die
Hautinzision des radio-palmaren Zugangs erfolgt entlang der radialen Seite der
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Sehne des M. flexor carpi radialis. Nach dem Spalten der Unterarmfaszie wird diese
Sehne, der N. medianus und die weiteren Beugesehnen nach ulnar gedrängt [16].
Anschließend wird unter Schonung der Vasa radialia der M. pronator quadratus
dargestellt. Dieser wird durch eine L-förmige Inzision distal und radialseitig abgelöst,
um die Frakturzone darzustellen. Ein weiterer Zugang zur Darstellung des distalen
Radioulnargelenkes ist möglich [16].
Abb. 15: Darstellung des palmaren operativen Zugangsweges [16]
Die hierfür notwendige Hautinzision beginnt an der Thenarfalte und wird bogenförmig
nach ulnar über die Handgelenksfalte geführt. In proximaler Richtung verläuft sie
entlang der radialen Begrenzung der Sehne des M. flexor carpi ulnaris. Der N.
medianus kann durch Spaltung des Karpaltunnels und der N. ulnaris durch die
Spaltung der Guyon-Loge entlastet werden. Die Präparation in die Tiefe erfolgt
zwischen den Vasa ulnaria und den tiefen Flexoren. Der M. pronator quadratus wird
bei Bedarf an der ulnaren oder radialen Insertion abpräpariert. Der Processus
styloideus radii ist über diesen Zugangsweg nicht erreichbar. Bei massiven
Quetschverletzungen kann dieser Zugang bis zur Ellenbeuge erweitert werden um
die Flexorenloge zu fasziotomieren. Nach Darstellung und Säuberung des
Frakturspaltes kann die Reposition und Retention der Fraktur erfolgen. Die neuen
winkelstabilen Implantate, deren Funktion als Fixateur interne anzusehen ist, bieten
dem Operateur folgende Möglichkeiten zur Reposition und Retention der Fraktur [50]:
1. Reposition über den T-Schenkel der Platte
Bei intaktem metaphysärem Fragment wird der T-Schenkel mit winkelstabilen
Schrauben in der Metaphyse fixiert. Über den langen Schenkel der Formplatte wird
die Fraktur reponiert und am Radiusschaft befestigt.
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2. Reposition über den langen Schenkel der Platte
Bei frakturierter Metaphyse wird der lange Schenkel in einem Gleitloch am Radius-
schaft fixiert. Unter Extension und Flexion erfolgt die Reposition der Fraktur.
Anschließend erfolgt das Vorbohren der Schrauben. Nach dem Einbringen der
winkelstabilen Schrauben wird das Repositionsergebnis gehalten.
Im nächsten Schritt wird die pneumatische Blutsperre geöffnet und die Wunde
schichtweise über einer Redondrainage verschlossen. Die Anlage eines schienenden
Verbandes bis zur abgeschlossenen Wundheilung ist möglich. Der Arm sollte
postoperativ erhöht gelagert werden.
Die palmaren winkelstabilen Plattenosteosynthesen des distalen Radius sind
übungsstabil [16]. Bis zur sicheren Wundheilung kann eine Ruhigstellung mittels
palmarer Unterarmgipsschiene erfolgen. Eine funktionelle Nachbehandlung und
Lymphdrainage sollten frühzeitig erfolgen. Das Ausmaß einer bestehenden
Osteoporose oder einer höhergradigen Instabilität (AO-Frakturtyp 23 C3) kann eine
Ruhigstellung von bis zu drei Wochen erzwingen.
1.9 Die Nachbehandlung der operativen Frakturversorgung
Die Nachbehandlung von Radiusfrakturen erfolgt individuell. Die genaue Kenntnis
des Therapeuten über die Belastungsfähigkeit der Osteosynthese ist eine wichtige
Voraussetzung für die weitere Behandlung [18, 40]. Des Weiteren richtet sich die
Behandlung nach dem Frakturtyp, den Begleitverletzungen (Weichteile, anderer
Extremitäten) und der Mitarbeit des Patienten. Eine bestmögliche Wiederherstellung
der Funktionen des verletzten Armes wird angestrebt. Ziel ist es, dem Patienten eine
frühzeitige Rückkehr in seinen Alltag zu ermöglichen. In der Frühphase ist eine
Dystrophieprophylaxe von entscheidender Bedeutung [18, 40]. Die
Schmerzlinderung und die Entstauung des posttraumatischen Ödems stehen im
Vordergrund. Der verletzte Unterarm sollte über dem Ellenbogenniveau gelagert
werden. Muskelaktivität ohne Belastung erhält die Beweglichkeit der durch den
Verband freigegebenen Gelenke und führt über die Ausnutzung der Muskelpumpe
und der erhöhten Durchblutung zur schnelleren Ödemresorption. Kurze, mäßige
Kühlphasen führen durch die anschließende, reaktive Mehrdurchblutung ebenfalls
zur Ödemresorption. Wenn Übungsstabilität vorliegt, sollte das Handgelenk in die
Übungen (vorsichtig) mit einbezogen werden. Aktives und assistiertes Beüben erhöht
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den Bewegungsumfang. Die Fingerflexion erfordert eine muskulär stabilisierte
Dorsalextension im Handgelenk. Diese sollte durch kontinuierliches Üben stetig
verbessert werden. Die Aktivitäten des alltäglichen Lebens sollten mit in die
Übungsbehandlung einfließen [18, 40]. Eine Algodystrophie der verletzten Extremität
kann eine stationäre Behandlung erzwingen, eine interdisziplinäre Behandlung ist oft
unumgänglich [18, 40].
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