1. Grundlagen 1.1 Was ist ein Kreuzzug? -...

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1. Grundlagen 1.1 Was ist ein Kreuzzug? Christus führt die Kreuzfahrer an, Miniatur einer englischen Handschrift, erstes Viertel 14. Jhd. Def. nach N. Jaspert: „Kreuzzüge sind von Päpsten ausgerufene und/oder durch Gnadenerweise unterstützte, bewaffnete Unternehmungen gegen Heiden, Andersgläubige oder gegen Christen, welche als Feinde des Glaubens oder der Kirche angesehen wurden... Im engeren Sinn versteht man unter Kreuzzügen die Versuche zur Rückgewinnung oder Verteidigung der Heiligen Stätten Palästinas, insbesondere Jerusalems.“

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1. Grundlagen 1.1 Was ist ein Kreuzzug?

Christus führt die Kreuzfahrer an, Miniatur einer englischen Handschrift, erstes Viertel 14. Jhd.

Def. nach N. Jaspert:

„Kreuzzüge sind von Päpsten ausgerufene und/oder durch Gnadenerweise unterstützte, bewaffnete Unternehmungen gegen Heiden, Andersgläubige oder gegen Christen, welche als Feinde des Glaubens oder der Kirche angesehen wurden...

Im engeren Sinn versteht man unter Kreuzzügen die Versuche zur Rückgewinnung oder Verteidigung der Heiligen Stätten Palästinas, insbesondere Jerusalems.“

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1. Grundlagen 1.2 Aufbau der Vorlesung

1. Grundlagen

2. Clermont 1095 - Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen

3. Der Erste Kreuzzug 1096-1099 - Machtpolitik und Volksfrömmigkeit

4. Nationbuilding - Die lateinischen Kreuzfahrerstaaten

5. Der Fall Edessas und der Zweite Kreuzzug

6. Saladin und der Dritte Kreuzzug

7. Venedig, Konstantinopel und der Vierte Kreuzzug

8. Die Kreuzzugsbewegung des 13. Jahrhunderts - Reaktionen und Rituale

Papst Urban II. predigt den Kreuzzug, Buchmalerei 14. Jhd.

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1. Grundlagen 1.3 Quellen und Forschungen

Als Einführungen: * H. E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 2005 * N. Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt 2010 * J. Riley-Smith, Art. Kreuzzüge, in: Lexikon des Mittelalters V, Stuttgart 2002, 1508ff. Als neuerer Literaturüberblick: * A. V. Murray (Hrsg.), The Crusades. An Encyclopedia. 4 Bde., Santa Barbara/Calif. u.a. 2006, (Fachwissenschaftliche Enzyklopädie, berücksichtigt die Forschungsliteratur bis etwa 2005.)

Für Quellen und ältere Literatur: * H. E. Mayer, Bibliographie zur Geschichte der Kreuzzüge. 2. Aufl., Hannover 1965 Einführung in Karten / Bilder: * J. Riley-Smith (Hrsg.): Großer Bildatlas der Kreuzzüge, Freiburg/B. 1992 * H. J. Kotzur (Hrsg.): Die Kreuzzüge - Kein Krieg ist heilig. Mainz 2004 (Katalog) Einführung in die Quellen: * J. Bak, Mittelalterliche Geschichtsquellen, Wiesbaden 1987, S. 62-65 * F. Gabrieli: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Augsburg 2000

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen

2.1. Die Rede Papst Urbans II. in Clermont 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee 2.3. Die Überlieferung des Kreuzzugsaufrufs

Papst Urban II. auf dem Konzil in Clermont. Miniatur 1490

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.1. Die Rede Papst Urbans II. in Clermont

Fulcher von Chartres, Geschichte Jerusalems I, 3 (um 1100): "Weil Ihr Ihm, o Söhne Gottes, gelobt habt, untereinander Frieden zu halten und für die Rechte der heiligen Kirche aufrichtiger als bisher treu einzustehen, verbleibt Euch eine wichtige Aufgabe, die jüngst durch göttlichen Eingriff wachgerüttelt sich sowohl für Euch als auch für Gott ziemt, bei der Ihr die Ernsthaftigkeit Eures guten Willens erweisen könnt. Denn Ihr müßt euch sputen, um Euren im Osten lebenden Brüdern, die Eure Unterstützung brauchen, um die sie oft dringend nachsuchten, Hilfe zu bringen. Denn die Türken, ein persisches Volk, haben sie angegriffen, wie viele von Euch bereits wissen, und sind bis zu jenem Teil des Mittelmeers, den man den Arm des heiligen Georg nennt, auf römisches Territorium vorgedrungen. Sie haben immer mehr Länder der Christen an sich gerissen, haben sie bereits siebenmal in ebensovielen Schlachten besiegt, viele getötet oder gefangengenommen, haben Kirchen zerstört und haben Gottes Königreich verwüstet. Wenn Ihr ihnen gestattet, noch viel länger weiterzumachen, werden sie Gottes gläubiges Volk auf weiter Flur unterwerfen. Und deshalb ermahne ich, nein, nicht ich, ermahnt Gott Euch als inständige Herolde Christi mit aufrechter Bitte, Männer jeglichen Standes, ganz gleich welchen, Ritter wie Fußkämpfer, reiche und arme, wiederholt aufzufordern, diese Feinde Christi in unseren Ländern auszurotten und den christlichen Bewohnern rechtzeitig zu helfen.

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.1. Die Rede Papst Urbans II. in Clermont

Ich richte mich an die Anwesenden, ich verkündige es jenen, die abwesend sind; überdies befiehlt es Christus. All jenen, die dorthin gehen, ob sie auf dem Landweg marschieren oder übers Meer fahren oder im Kampf gegen die Heiden das Ende dieses Lebens in Gefangenschaft finden, werden ihre Sünden vergeben. Dies gewähre ich all denen, die gehn, kraft der Vollmacht, mit der Gott mich ausgestattet hat. O welche Vorwürfe werden Euch vom Herrn selbst zur Last gelegt, wenn Ihr nicht jenen geholfen habt, die wie Ihr dem christlichen Glauben zugerechnet werden!" "Jene," sagte er, "die leichtfertig einen persönlichen Krieg gegen die Gläubigen zu führen pflegen, mögen nun gegen die Ungläubigen in einen Krieg ziehen, der jetzt begonnen und siegreich zu Ende gebracht werden sollte. Jene, die lange Räuber gewesen sind, mögen nun zu Streitern Christi werden. Die, die einst gegen Brüder und Verwandte kämpften, mögen nun rechtmäßig gegen Barbaren kämpfen. Jene, die käuflich gewesen sind für einige Stücke Silbers, sollen nun ewigen Lohn empfangen. Jene, die sich selbst zum Nachteil von Körper und Seele erschöpft haben, sollen nun um doppelten Ruhm arbeiten. Zur einen Hand, fürwahr, werden die Traurigen und die Armen sein, zur anderen die fröhlichen und die Wohlhabenden, hier die Feinde des Herrn, dort Seine Freunde. Nichts möge jene, die sich anschicken zu gehen, aufhalten. Sie sollen ihre Angelegenheiten regeln, Geld anhäufen, und wenn der Winter vorbei und der Frühling gekommen ist, die Reise unter der Führung des Herrn voll Eifers antreten."

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.1. Die Rede Papst Urbans II. in Clermont

Urbans Argumentation nach Fulcher I, 3: * Hilfe für die christlichen Brüder im Byzantinischen Reich * Gewalt gegen Kirchen und Christen durch Türken (Seldschuken) * Allgemeine Gefahr für das christliche Leben * Hilfe als Auftrag Gottes an christliche Kämpfer (milites Christi) * Sündenvergebung (Ablass) für Kreuzzugsteilnehmer * Appell an jeden Einzelnen (Seelenheilgedanke)

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Leitfragen: * Hilfe für die christlichen Brüder im Byzantinischen Reich Welche Rolle spielt Byzanz bei der Ausrufung des Kreuzzugs? Wie ist das Verhältnis zwischen Byzantinern und westlichen Christen? * Gewalt gegen Kirchen und Christen durch Türken (Seldschuken) Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095? * Allgemeine Gefahr für das christliche Leben Wie realistisch ist das hier von Fulcher gezeichnete Bild? * Hilfe als Auftrag Gottes an christliche Kämpfer (milites Christi) Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg? * Sündenvergebung (Ablass) für Kreuzzugsteilnehmer Was bedeutet Ablass? Welche Belohnungsstrategie verfolgte Papst Urban II.? * Appell an jeden Einzelnen (Seelenheilgedanke) Welche Motive hatten die Kreuzfahrer?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielt Byzanz bei der Ausrufung des Kreuzzugs? Wie ist das Verhältnis zwischen Byzantinern und westlichen Christen?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielt Byzanz bei der Ausrufung des Kreuzzugs? Wie ist das Verhältnis zwischen Byzantinern und westlichen Christen?

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395 Nach der Teilung des römischen Imperiums gehört Palästina zum Oströmischen Reich.

637 Die Araber nehmen Palästina und Jerusalem ein.

um 1000 Jerusalem-Wallfahrten werden immer beliebter. Bis 1078 haben christliche Pilger uneingeschränkten Zutritt zu den heiligen Stätten in Jerusalem.

1046-1075 Reform der Gesamtkirche, Reformpapsttum; Abspaltung der Ostkirche (1054)

1071 Schlacht von Manzikert, die türkischen Seldschuken nehmen Anatolien und Antiochia ein.

1074 Erste Pläne für einen Kreuzzug durch Papst Gregor VII. und Kaiser Michael v. Byzanz

1078 Türkische Seldschuken erobern Syrien und auch Jerusalem. Christliche Wallfahrten nach Jerusalem sind nicht mehr uneingeschränkt möglich.

1095 Kaiser Alexios I. Komnenos (1081-1118) schickt Gesandte zu Papst Urban II. nach

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielt Byzanz bei der Ausrufung des Kreuzzugs? Wie ist das Verhältnis zwischen Byzantinern und westlichen Christen? Ks. Alexios I. Komnenos, * um 1050 - aus byzantinischer Offiziersfamilie stammend; setzt sich nach Verfall der Kaiserherrschaft nach 1071 aufgr. seiner militärischen Erfahrung durch - schließt 1082 Vertrag mit Venedig gegen die südital. Normannen - schließt um 1082 Friedensvertrag mit Seldschuken unter Anerkennung ihrer Herrschaft in Kleinasien - ab 1095 sucht er Ausgleich mit dem Papsttum zur Rückeroberung Kleinasiens Hauptquelle: Anna Komnena, Alexias, dt. übers. v. D. Reinsch, Köln 1996

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

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Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

Schiiten: Fatimiden / Almoraviden Die schiitischen Fatimiden aus Nordafrika, die ihre Abstammung auf Mohammeds Tochter Fatima zurückführen, nehmen im 10. Jahrhundert den Kalifentitel an, was sich gegen das sunnitische Kalifat der Abbasiden in Bagdad richtet. 969 n.Chr. erobern sie Ägypten und regieren von Kairo aus. Noch im 10. Jahrhundert erobern sie Palästina und Syrien und kontrollieren Mekka und Medina, Syrien und Palästina verlieren letztere aber 1071/1076 an die Seldschuken. Im 11. Jahrhundert gründen sie die Al-Azhar- Universität in Kairo. Sie sind die wichtigste schiitische Herrscherdynastie des Mittelmeerraums in der Kreuzzugszeit. Im westlichen Nordafrika (Marokko, Maghreb) und auf der iberischen Halbinsel herrscht in der Kreuzzugszeit die Berberdynastie der Almoraviden, die den Fatimiden nahe steht.

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Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

Sunniten: Abbasiden / Seldschuken Die in Bagdad regierende Herrscherdynastie der Abbasiden führt seit 750 (bis 1258) die sunnitische Religionsrichtung des Islam. Sie lehnt den verwandtschaftlich begründeten Herrschaftsanspruch der 'Schiat Ali' (Schiiten) ab und begründet ihr Kalifat auf Recht und Gesetz (arab. sunna). Im 11. Jahrhundert geraten die Abbasiden militärisch unter die Hegemonie der Seldschuken, eines zum sunnitischen Glauben bekehrten turkkstämmigen Reitervolks, das seit etwa 1050 verstärkt im Schwarzmeer- und östl. Mittelmeerraum auftritt.Ihr Herrscher Alp Arslan (1063–1072) leitet mit Sieg in der Schlacht von Manzikert im Jahr 1071 die Eroberung Kleinasiens ein. Ebenfalls im Jahre 1071 erobern die Seldschuken Jerusalem von den Fatimiden. Unter Malik Schah (1072–1092), dem Nachfolgers Alp Arslans, umfasst das Reich Anatolien, Iran und den ganzen Nahen Osten außer Ägypten. Nach seinem Tod zerfällt die seldschuk. Herrschaft in kleinere Territorien. 1098 erobern die Fatimiden Jerusalem zurück.

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Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?

Zitadelle von Aleppo, spätes 11. Jh.

Machtzentren der Seldschuken, um 1100

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Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

Fulcher I, 3: Nunc fiant Christi milites, qui dudum extiterunt raptores. „Jene, die lange Räuber gewesen sind, mögen nun zu Streitern Christi werden. Die, die einst gegen Brüder und Verwandte kämpften, mögen nun rechtmäßig gegen Barbaren kämpfen.“ Lit: J. Oberste, Rittertum der Kreuzzugszeit im Spiegel religiöser Deutungen. Zur Konstruktion von Gesellschaftsbildern im 12. Jahrhundert, in: Francia 27/1 (2000), S. 53-87.

Betender Kreuzritter in einer Chronik von Matthäus von Paris, 13. Jahrhundert

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Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

Neben dem alttestamentar. Tötungsverbot ist bes. das NT als Friedensbotschaft konzipiert: „Und siehe, einer aus denen, die mit Jesus waren, reckte die Hand aus und zog sein Schwert aus und schlug des Hohenpriesters Knecht und hieb ihm ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm; Stecke dein Schwert an seinen Ort! denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“ (Mt. 26, 51f.) Paulus benutzt die militärische Metapher zur Kennzeichnung des wahren Christen: „Ziehet an den Harnisch Gottes, daß ihr bestehen könnet gegen die listigen Anläufe des Teufels... Vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichtes; und nehmet den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. (Eph. 6, 11-17) milites Christi = Mönche, Kleriker, Fromme Im 10. Jh. sind liturgische Segensformeln für Schwerter u.a. Waffen überliefert. Im 11. Jh. spricht P. Gregor VII. von der militia s. Petri und meint weltliche Fürsten und Ritter, die auf der Seite des Papstes kämpfen (Laikalisierung der militia Christi).

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Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

Cluny Um ihre Herrschaft zu legitimieren, gründeten viele Adlige Klöster oder Kirchen. Typische Formen adliger Frömmigkeit werden im 10. und 11. Jahrhundert unter dem Einfluss der Reformabtei Cluny (Burgund) auch die Seelenheilstiftung, der Eintrag in das klösterliche Totenbuch, das Begräbnis auf dem Klostergelände und der Klostereintritt gegen Lebensende. Der Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. (eines ehemaligen Mönchs von Cluny) traf mithin gerade in Frankreich auf einen verchristlichten Adel. Aufgrund von Konflikten mit dem Papsttum standen allerdings 1095 weder der französische König Philipp I. (Ehekonflikt) noch der römisch-deutsche Kaiser Heinrich IV. (Investiturstreit) zur Verfügung. Der Kreuzzugsappell richtete sich in erster Linie an den französischen Hochadel (wie Raimund von Toulouse).

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Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

Gottesfriede (mlat. pax Dei). Unter Führung der Äbte von Cluny und der regionalen Bischöfe kommt es seit 994 zu religiösen Friedensbündnissen zwischen regionaler Kirche und Adel. Bischöfe und Äbte drängten den Landesadel unter Androhung von Kirchenstrafen (Kirchenbann, Sakraments- und Grabverweigerung usf.) zur Friedenspflicht gegenüber Unbewaffneten (Klerikern, Frauen, Kindern, Kaufleuten, Bauern) und an kirchlichen Feiertagen (= Treuga Dei) . Die Territorialherren verpflichteten sich, Friedensbrecher zu bestrafen. Gottesfrieden erlangten ihre zeitlich begrenzte Wirkung erst durch den feierlichen Schwur der Friedenswilligen. Wer den selbstverpflichtenden Schwur verweigerte, stellte sich selbst außerhalb des Friedens. Insgesamt gingen durch die Wirkung der Gottesfrieden die Fehden der milites stark zurück, kam es zu einer „Ethisierung des Kriegerberufes“ (J. Fleckenstein).

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Wie steht der westliche Adel zu Kirche und Papsttum? Wie steht die christliche Kirche zum Krieg?

Ihre positive Haltung zum (Heiden-)Krieg begründete die hochmittelalterliche Kirche meist mit Bezug zum lat. Kirchenvater Augustinus (gest. 430), der die Lehre vom gerechten Krieg (bellum iustum) formuliert hatte. Folgende Bedingungen waren dafür einzuhalten: Krieg muss das letzte Mittel sein (ultima ratio). Es muss einen gerechten Grund dafür geben (Verteidigung gegen Angriffe, Rückerlangung geraubten Gutes, Wiederherstellung der göttlichen Ordnung). Er muss von einer legitimen Instanz ausgerufen werden (Gott oder Herrscher). Er muss dem Ziel dienen, den Frieden wiederherzustellen.

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Was bedeutet Ablass? Welche Belohnungsstrategie verfolgte Papst Urban II.?

Die katholische Kirche des Mittelalters vertrat den Anspruch, die einzige irdische Institution mit dem Recht auf Sündenvergebung zu sein. Dazu entwickelte sie bereits in der Spätantike das Bußsakrament. 3 Schritte zur wirksamen Buße (Sündenvergebung): 1) Beichte vor einem katholischen Priester (confessio) 2) wahre Reue (contritio) 3) Ertragen einer Sündenstrafe (poena) Sündenstrafen gliedern sich in irdische Strafen (für lässliche Vergehen) und jenseitige Strafen (Zeit im Fegefeuer) für schwere Vergehen. Bereits vor dem Ersten Kreuzzug war die Praxis verbreitet, für bestimmte religiöse Leistungen (Wallfahrten, Spenden an rel. Einrichtungen) Nachlass bei der Zeit im Fegefeuer zu erlangen.

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Was bedeutet Ablass? Welche Belohnungsstrategie verfolgte Papst Urban II.?

Erst seit 1095/96 gibt es den Plenarablass. Kreuzfahrer konnten durch Teilnahme am Kreuzzug ihre irdischen und jenseitigen Sündenstrafen vollständig tilgen (= remissio peccatorum). Vgl. den Aufruf Papst Alexanders II. an südfranzösische Ritter zur Unterstützung des Kampfes gegen spanische Mauren, 1063, mit dem Versprechen eines Ablasses der irdischen Sündenstrafen (Reconquista) Es ist umstritten, ob Urban II. oder die nachfolgenden Kreuzzugsprediger die Formulierung des Plenarablasses erfanden. Vgl. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, S. 34-40

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Was bedeutet Ablass? Welche Belohnungsstrategie verfolgte Papst Urban II.?

Neben dem religiösen Lohngedanken operierte die Kreuzzugswerbung auch mit weltlichen Belohnungsstrategien: 1) Herrschaftsanspruch über eroberte Territorien 2) Privilegien für Kreuzfahrer a) Während des Kreuzzugs stehen alle Güter des Kreuzfahrers unter kirchlichem Schutz. b) … unterstehen alle Kreuzfahrer der kirchlichen Gerichtsbarkeit. c) … werden die Schulden eines Kreuzfahrers gestundet. In Clermont selbst hatte Urban II. den Sündenerlass ausdrücklich an die religiöse Motivation geknüpft: „Quicumque pro sola devotione, non pro honoris vel pecunie adeptione, ad liberandam ecclesiam Dei profectus fuerit, item illud pro omni penitentia ei reputetur“, aus Decreta Claromontesia, AHC, Supplement 1, Amsterdam 1972.

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Welche Motive hatten die Kreuzfahrer?

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Motive hatten die Kreuzfahrer?

Wallfahrten im 11. Jahrhundert * Hauptziele sind Santiago de Compostela, Rom und Jerusalem * Apostelgräber in Europa * Idee der Buße und des Begräbnisses am Grab der Heiligen * wirtschaftliche Bedeutung des Pilgerwesens: Konkurrenz um Heilige * Organisation: Klöster entlang der Pilgerwege; Bußbescheinigungen * Kreuzzug = peregrinatio

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Welche Motive hatten die Kreuzfahrer?

Jerusalem im 11. Jahrhundert * Heilige Stadt für Juden, Christen und Muslime * 639 übernehmen arab. Muslime J. * 1012 zerstören die Fatimiden die Grabeskirche * ab 1048 gibt es ein Johannes-Hospital für dt. Pilger in Jerusalem * 1064/65 ziehen Bf. Gunther von Bamberg und Ebf. Wilhelm von Mainz mit mehr als 7.000 Pilgern nach J. * 1071 übernehmen Seldschuken J. * 1098 erobern Fatimiden J. zurück * Jerusalemfrömmigkeit / „Himml. J.“ Londoner Psalterkarte, 13. Jh.

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Motive hatten die Kreuzfahrer?

Brief Kaiser Alexios' I. an Graf Robert von Flandern, Anfang 1095

An den ruhmreichen Herrn Grafen Robert von Flandern und an alle Fürsten des gesamten Königreichs...

O hochberühmter und großer Verteidiger des christlichen Glaubens! Der Zweck dieses Briefes ist es, Euch aufzurufen, mit Eurer Weisheit darüber zu richten, wie schwer das allerheiligste christliche Kaiserreich der Griechen von den Petschenegen und Türken tagtäglich bedrückt, ausgeplündert und fortwährend überfallen wird, wobei Christen getötet und auf mannigfache, unbeschreibliche Art verhöhnt werden...

Mittlerweile haben sie sich de facto über das ganze Gebiet von Jerusalem bis Griechenland ausgebreitet wie auch über ganz Griechenland mit seinen oberen Provinzen. Außer Konstantinopel bleibt fast nichts, was sie uns nicht in Kürze wegzunehmen drohen, wenn uns nicht Gottes Beistand und die Gläubigen der lateinischen Christenheit zu Hilfe kommen...

Falls nun die aus dem Abendland sich weigern sollten, dafür zu kämpfen, weil sie lieber Gold sehen möchten, so werden sie in der Stadt mehr davon finden als auf der ganzen übrigen Welt. Die Schätze der Kirchen Konstantinopels allein quellen über von Silber, Gold, Juwelen, Edelsteinen und seidenen Gewändern oder Ornaten, genug für alle Kirchen dieser Welt...

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Motive hatten die Kreuzfahrer? Französischer Adel im 11. Jh. * Erstgeborenenrecht * Schwäche des Königtums * Faktische Unabhängigkeit der Fürstentümer (Normandie, Aquitanien, Toulouse, Champagne...) * Entwicklung eines Ritterstandes im Dienst kleinerer Burgherren * Aufstiegschancen durch den Kreuzzug * Hauptkontingente: Normandie, Flandern, Vermandois, Blois, Toulouse (alle F), Niederlothringen (D), Sizilien (Normannen) * Beispiel Familie Lusignan

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.3. Die Überlieferung des Kreuzzugsaufrufs

Urbans Kreuzzugsrede in Clermont ist nicht im Original erhalten geblieben. Es gibt mehrere zeitgenössische Geschichtsschreiber, die sie wiedergeben. 1. Fulcher von Chartres, Geschichte Jerusalems (verf. um 1100) F. nahm am Ersten Kreuzzug im Gefolge Balduins von Boulogne teil. Er blieb nach 1099 im Hl. Land und wurde königlicher Kaplan. Möglicherweise auch in Clermont anwesend. 2. Gesta Francorum (verf. um 1100/1110) Der anonym. Vf. der Gesta nahm im Gefolge Bohemunds von Tarent am Ersten Kreuzzug teil. 3. Robert von Reims, Geschichte Jerusalems (verf. vor 1107) Kein Teilnehmer des Kreuzzugs, möglicherweise aber des Konzils von Clermont. 4. Guibert von Nogent, Gesta Dei per Francos (verf. um 1108) Der nordfranz. Abt war weder Teilnehmer des Konzils noch des Kreuzzugs 5. Balderich von Dol, Geschichte Jerusalems (verf. um 1110) Der spätere Ebf. von Dol (Bretagne) war möglicherweise Teilnehmer des Konzils.

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.3. Die Überlieferung des Kreuzzugsaufrufs

* Allgemeine Gemeinsamkeiten im Aufbau * Guibert und Balderich sind gelehrte Theologen (Betonung der Eschatologie) * Bei Robert von Reims appelliert Urban stark an ritterliche Ehre: „Mögen die Taten eurer Vorfahren euch in Bewegung setzen und eure Seelen zu mannhaftem Mut anspornen – die Verdienste und Größe Karls des Großen, seines Sohn Ludwig und eurer anderen Könige, welche die heidnischen Königreiche zerstörten und sie den Grenzen der Christenheit einverleibten. Und mögen euch ganz besonders das Heilige Grab unseres Herrn des Erlösers und die heiligen Stätten, die jetzt von ihren schmutzigen Praktiken mißbraucht und frevlerisch besudelt werden, dazu veranlassen. O ihr allermutigsten Krieger und Nachfahren siegreicher Ahnen, entsprecht an Mut den Erwartungen eurer Vorväter und laßt euch davon anfeuern.“ * Wichtigste Differenz: Fulcher erwähnt als Ziel Jerusalem nicht, sondern nur die Hilfe an die Byzantiner. Alle anderen Berichte der Kreuzzugsrede stellen deutlich Jerusalem ins Zentrum. * Vgl. Urbans Brief an die Flamen, Dezember 1095 (mit Erwähnung Jerusalems) * Vgl. Erklärung v. Riley-Smith

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2. Clermont 1095. Voraussetzungen, Überlieferungen, Folgen 2.2. Die Entstehung der Kreuzzugsidee

Welche Rolle spielen die Seldschuken für den Kreuzzugsgedanken? In welchem Zustand befindet sich die islamische Welt um 1095?