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MODUL: Grundlagen der Modellbildung 1 1 Grundlagen der Modellbildung 1.1 Einführung wieso, weshalb, warum! Viele Systeme und Prozesse der heutigen Welt sind geprägt durch das komplexe Zusammenwirken unterschiedlichster Komponenten. Einfache Beispiele hierfür können sein: - das Sonnensystem (Physik, Astronomie) - das Herz-Kreislaufsystem (Biologie) - die Ökosyteme (Biologie, Geographie) - das Wirtschaftssystem (Gesellschaftskunde oder kleinere, konkretere Systeme wie - Feder-Masse-System (Physik) Will man diese Systems verstehen, so muss man sich u.a. mit ihren Komponenten und deren Beziehungen zueinander auseinandersetzen. Kurz gesagt: Ein System ista) eine Gesamtheit von Elementen, b) die in Beziehung zueinander stehen und c) von seiner Umgebung durch klare Grenzen getrennt, d) kann mit dieser aber auch in Wechselwirkung treten. In der Literatur findet man viele Unterscheidungsmöglichkeiten von Systemen: Nach ihrer Entstehung: Natürliche Systeme (anorganische: Planeten-, Atomsystem; organische: Pflanzen und Tiere), künstliche (von Menschen gestaltete) Systeme (logische Systeme: Alphabet, Logiksymbole, Zahlensysteme, Kontenplan; mechanische Systeme: Technische Maschinen, Automaten; soziale Systeme: Familiengemeinschaft, Staatsvolk, Religionsgemeinschaften; kombinierte Systeme: Haushaltung, Unternehmung, Staatsorganisation, Kirche). offene und geschlossene Systeme statische (Koordinatensystem) und dynamische Systeme (Herz-Kreislaufsystem). Für eine weitere Betrachtung interessieren die dynamischen Systeme- zeitabhängige Prozesse, die durch geeignete mathematische Modelle abgebildet werden können. Mit Hilfe von Modellbildungswerkzeugen (Simulationsprogrammen) können diese Systeme simuliert und Wirkungszusammenhänge graphisch dargestellt werden. Dabei kann man Informationen und Erfahrungen sammeln, Schlüsse ziehen, Vergleiche anstellen, Alternativen bewerten, Entscheidungen treffen, Strategien entwickeln, ... und alles ohne etwas zu zerstören (Stabilität von Bauwerken und Fahrzeugen, Auswirkungen sozialer Bewegungen und Prozesse, Stadt und Bevölkerungsentwicklung, Umwelt- und Klimaveränderung ...) Die Simulation ist viel kostengünstiger, schneller und weniger risikobehaftet bzw. gefährlich als andere Vorgehen z.B. Experimente. Voraussetzung für Simulation ist Modellbildung. Modelle müssen das Systemverhalten möglichst realitätsnah beschreiben und die System- Parameter, Ein- und Ausgabegrößen miteinander in Beziehung setzen.

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MODUL: Grundlagen der Modellbildung 1

1 Grundlagen der Modellbildung

1.1 Einführung – wieso, weshalb, warum!

Viele Systeme und Prozesse der heutigen Welt sind geprägt durch das komplexe

Zusammenwirken unterschiedlichster Komponenten.

Einfache Beispiele hierfür können sein:

- das Sonnensystem (Physik, Astronomie)

- das Herz-Kreislaufsystem (Biologie)

- die Ökosyteme (Biologie, Geographie)

- das Wirtschaftssystem (Gesellschaftskunde

oder kleinere, konkretere Systeme wie

- Feder-Masse-System (Physik)

Will man diese Systems verstehen, so muss man sich u.a. mit ihren Komponenten und deren

Beziehungen zueinander auseinandersetzen. Kurz gesagt:

Ein System ista) eine Gesamtheit von Elementen, b) die in Beziehung zueinander stehen und

c) von seiner Umgebung durch klare Grenzen getrennt, d) kann mit dieser aber auch in

Wechselwirkung treten.

In der Literatur findet man viele Unterscheidungsmöglichkeiten von Systemen:

Nach ihrer Entstehung:

Natürliche Systeme (anorganische: Planeten-, Atomsystem; organische: Pflanzen und

Tiere), künstliche (von Menschen gestaltete) Systeme (logische Systeme: Alphabet,

Logiksymbole, Zahlensysteme, Kontenplan; mechanische Systeme: Technische

Maschinen, Automaten; soziale Systeme: Familiengemeinschaft, Staatsvolk,

Religionsgemeinschaften; kombinierte Systeme: Haushaltung, Unternehmung,

Staatsorganisation, Kirche).

offene und geschlossene Systeme

statische (Koordinatensystem) und dynamische Systeme (Herz-Kreislaufsystem).

Für eine weitere Betrachtung interessieren die dynamischen Systeme- zeitabhängige

Prozesse, die durch geeignete mathematische Modelle abgebildet werden können.

Mit Hilfe von Modellbildungswerkzeugen (Simulationsprogrammen) können diese Systeme

simuliert und Wirkungszusammenhänge graphisch dargestellt werden. Dabei kann man

Informationen und Erfahrungen sammeln, Schlüsse ziehen, Vergleiche anstellen, Alternativen

bewerten, Entscheidungen treffen, Strategien entwickeln, ... – und alles ohne etwas zu

zerstören (Stabilität von Bauwerken und Fahrzeugen, Auswirkungen sozialer Bewegungen

und Prozesse, Stadt – und Bevölkerungsentwicklung, Umwelt- und Klimaveränderung ...)

Die Simulation ist viel kostengünstiger, schneller und weniger risikobehaftet bzw. gefährlich

als andere Vorgehen – z.B. Experimente. Voraussetzung für Simulation ist Modellbildung.

Modelle müssen das Systemverhalten möglichst realitätsnah beschreiben und die System-

Parameter, Ein- und Ausgabegrößen miteinander in Beziehung setzen.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 2

Begriffe

Ein System ist a) eine Gesamtheit von Elementen, b) die in Beziehung zueinander stehen und

c) von seiner Umgebung durch klare Grenzen getrennt, d) kann mit dieser aber auch in

Wechselwirkung treten.

Ein Modell ist immer eine vereinfachte, strukturgleiche Abbildung eines

interessierendenRealitätsausschnitts. Es soll nur für diesen Ausschnitt eine gültige Aussage

vermitteln. Ein Modell zur Simulation von dynamischem Verhalten muss selbst dynamisches

Verhalten erzeugen können.

Sinn der Modellbildung

- Hilfsmittel im Umgang mit der Realität

- Verallgemeinerung

- Verstehen von Systemen und Prozessen

- Verhaltensprognosen

- Testen gefährlicher/teurer Vorgänge

- Veranschaulichung komplexer Zusammenhänge

- Training (Fahr-, Flugsimulatoren)

Vorteile

- Das Originalsystem muss nicht angegriffen werden.

- Der Eingriff in das Originalsystem kann aus moralischen, wirtschaftlichen oder

sonstigen Gründen nicht akzeptabel sein.

- Die Analyse mikroskopischer und makroskopischer Prozesse wird ermöglicht.

- Sowohl extrem schnelle als auch extrem langsame Prozesse können beobachtet

werden

Beispielfragestellungen

- Wirtschaft:Was passiert, wenn wir unsere Produktionskapazitäten verändern?

- Technologie: Läuft ein Verbrennungsmotor sparsamer, wenn man dieses oder jenes

Bauteil verändert?

- Management: Welche Folgen hat eine Umstrukturierung der Verwaltung?

- Umweltschutz: Wann wird das Waldsterben zu einer ökologischen Katastrophe

führen, wenn wir nicht unsere Mobilitätsgewohnheiten ändern?

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 3

Beispiel zur Einführung

Prozess „M&M“

Aufgabe: Eine Tüte M&M wird auf den Tisch geschüttet.

Die Anzahl der M&Ms, deren M sichtbar ist, wird notiert und

die anderen M&Ms werden gegessen. Der Prozess wird in

einer Tabellenkalkulation tabellarisch erfasst und grafisch

dargestellt. Anschließend mit Hilfe mathematischer

Beziehungen simuliert.

Ergebnis:

Experiment:

Nr. M sichtbar

0 100

1 54

2 30

3 14

4 6

5 2

6 1

Simulation:

Nr. M sichtbar

0 100

1 50

2 25

3 12

4 6

5 3

6 1

verwendete Formel: =ABRUNDEN(B14/2;0)

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 4

Beispiel zur Einführung

Prozess „Flüssigkeitsheber“

Aufgabe: Aus einem mit 100 ml Wasser gefüllten

Standzylinder (A) wird durch Eintauchen eines

Glasrohres und Verschließen mit dem Daumen eine

Flüssigkeitsmenge abgehoben und in einen gleich großen

Standzylinder (B) gefüllt. Dies wird so lange wiederholt,

bis kaum noch Flüssigkeit in A zurückbleibt. Bei jeder

Hebung ist die entnommene Menge dem jeweiligen

Flüssigkeitsstand proportional.

(Ohne durchgeführtes Experiment gilt: Bei der ersten

Hebung werden 10 ml vom Standzylinder A in den

Standzylinder B gehoben.)

1. Bilden Sie diesen Prozess in einer

Tabellenkalkulation nach und bestimmen Sie die

Flüssigkeitsmenge im Standzylinder A nach der 10. Hebung. Stellen Sie in einem

Diagramm die Flüssigkeitsmenge in den Standzylindern A in Abhängigkeit von der

Anzahl der Hebungen dar.

2. Stellen Sie in einem Diagramm zusätzlich die Flüssigkeitsmenge in dem Standzylinder B

in Abhängigkeitvon der Anzahl der Hebungen dar.

Ergebnis:

Nr. Zylinder A Zylinder B

0 100 0

1 90 10

2 81 19

3 73 27

4 66 34

5 59 41

6 53 47

7 48 52

8 43 57

9 39 61

10 35 65

11 31 69

12 28 72

13 25 75

14 23 77

15 21 79

Zylinder A: =B2-B2*0,1

Zylinder B: =C2+B2*0,1

allgemein: Zylinder A neu = Zylinder A alt – Zylinder A alt *0,1

Zylinder B neu = Zylinder B alt + Zylinder A alt *0,1

(A) (B)

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 5

1.2 System Dynamics Notation

Die System Dynamics oder Systemdynamik ist eine von Jay W. Forrester1Ende Mitte der

1950er Jahreentwickelte Methodik zur ganzheitlichen Analyse und Simulation komplexer und

dynamischer Systeme.

Die System Dynamics Notation ist eine Darstellungsform von Abläufen und

Zusammenhängen in einem Flussdiagramm. Es werden Zustands- und Flussgrößen

(Änderungsraten) unterschieden, so dass eine numerische Simulation durch diskret getaktete

Iterationsschritte mit festem Zeitintervall dt erfolgen kann. Mathematischer Hintergrund ist

die numerische Integration von Differenzengleichungssystemen. Die System-Dynamics-

Notation besteht nur aus wenigen Symbolen, die je nach verwendetem

Programm etwas unterschiedlich aussehen:

Zustandsgröße des Modells. Vorstellbar als Behälter (Integrator), in dem das

Material, die Größe gelagert (akkumuliert) wird. Sie muss zu Beginn einen

Anfangswert besitzen. Ihr Wert ändert sich additiv im Laufe der Simulation.

Die Änderung der Zustandsgröße wird durch eine Änderungsrate beschrieben.

Sie verhält sich wie ein Ventil. Die Einheit ist immer Menge pro Zeiteinheit.

Die Änderungsrate besitzt keinen vorzugebenen Anfangswert. Er wird zu jedem

Zeitpunkt aus den einwirkenden Systemelementen berechnet.

Hilfsvariable, Konstante und Berechnungen strukturieren den Informationsfluss.

Pfeile zeigen Zusammenhänge und Wirkungsrichtungen an.

Die Umwelt des Modells, die nicht genauer untersucht wird (Senken, Quellen),

wird durch Wolken dargestellt.

1Jay Wright Forrester; * 14. Juli 1918; US-amerikanischer Pionier der Computertechnik und der

Systemwissenschaft. Er gilt als Begründer der Systemdynamik.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 6

Beispiel zur System Dynamics Notation

Prozess „Flüssigkeitsheber“

Aufgabe: Entwickeln Sie für den Prozess aus der Einführung ein dynamisches Modell.Verwenden Sie die im Unterricht verwendeten Symbole zur Darstellung von Modellen(System Dynamics).Bestimmen Sie die erforderlichen Modellgleichungen und alle Startwerte für dieSimulation.

Ergebnis: Zustände Startwert

Zylinder_A = 100

Zylinder_B = 0

Zustandsänderung

Hebung = dA*Zylinder_A

Konstante

dA = 0,10

Zustandsgleichungen

Zylinder_A.neu = Zylinder_A.alt + dt∙(–Hebung)

Zylinder_B.neu = Zylinder_B.alt + dt∙(Hebung)

Bemerkung: Zylinder B kann hier entfallen und als Umwelt

gekennzeichnet werden, um die Verwendung der

Umwelt verständlich zu machen.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 7

Beispiel zur System Dynamics Notation

Prozess „Radioaktiver Zerfall mit Tochterkern“

Aufgabe: Der Prozess „Flüssigkeitsheber“ stellt auch ein Modell für den radioaktiven Zerfall eines Isotops dar. Ordnen Sie die entsprechenden Größen in den Modellgleichungen den Größen zu, die den radioaktiven Zerfall beschreiben. Radioaktive Materialien zerfallen oft nicht in einem Zerfall zu einem stabilen Isotop, sondern die Tochterkerne sind ebenfalls instabilund zerfallen wieder mit einer anderen Zerfallskonstante. Erweitern Sie das Modell, um dieses Verhalten einer radioaktiven Substanz zu simulieren! Ergebnis:

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 8

Beispiel zur System Dynamics Notation

Prozess „Flüssigkeitsheber 2“

Aufgabe: In einem neuen Versuch wird wieder vom

Standzylinder A (voll) in den Standzylinder B (leer) mit

einem Glasrohr Wasser gehoben. Im Unterschied zur

Durchführung des Versuchs „Flüssigkeitsheber“ wird

aber die sich im Standzylinder B sammelnde Flüssigkeit

um die Menge vermindert, die sich beim vollen

Eintauchen im Standzylinder B im Glasrohr sammelt.

Diese Menge wird wieder in den Standzylinder A

zurückgeführt.

1. Erweitern Sie das Modell „Flüssigkeitsheber“ entsprechend der neuen

Aufgabenstellung.

2. Skizzieren Sie rein qualitativ in einem Diagramm den Flüssigkeitsstand in den

beidenStandzylindern A und B in Abhängigkeit von der Zahl der Hebungen.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 9

1.3 Modellbildung - Vorgehensweise

Folgende Schritte haben sich zur Entwicklung eines dynamischen Modells bewährt:

Das reale System wird beobachtet und analysiert. Definition der

Problemstellung und des Modellzwecks. Dem Modellzweck entsprechend

wird definiert, was zu dem System und was zu seiner Umgebung gehört.

Alle Komponenten, die zum System gehören, werden benannt und deren

Zusammenhang beschrieben. Es wird jetzt festgelegt, welche Größen als

externe Umwelteinwirkungen betrachtet werden sollen und welche als Teil

des zu untersuchenden Systems angesehen und im Modell verwendet

werden müssen.

Im Wortmodell erfolgt die Beschreibung des Systems und seiner Elemente,

seiner Funktionen und ihrer strukturellen Verknüpfungen in der

Umgangssprache. Es lassen sich jetzt bereits die wichtigen Systemelemente

feststellen und in die entsprechenden Kategorien einteilen (externe Parameter,

Prozessparameter, zeitabhängige Umwelteinwirkungen, Zustandsgrößen,

Anfangsbedingungen, Änderungsraten der Zustandsgrößen, Zwischengrößen)

Das Wirkungsdiagramm ist ein Diagramm der Systemelemente und ihrer

Verknüpfungen. Die Systemelemente werden hier zunächst durch ihre

umgangssprachlichen Namen gekennzeichnet und mit Pfeilen verbunden, die

in der Richtung der Wirkungen verlaufen, die in den vorhergehenden

Modellierungsschritten ermittelt wurden.Im Wirkungsdiagramm werden nur

die Verbindungen zwischen Systemelementen gezeigt, nicht aber deren

jeweilige Funktion.

Das Flussdiagrammist im Wesentlichen ein quantifiziertes

Wirkungsdiagramm, das alle Informationen für das Simulationsprogramm

enthält. Es wird entworfen, nachdem die Elemente, ihre Funktionen, ihre

Struktur, alle Parameter sowie die funktionalen Verknüpfungen zwischen den

Prozesselementen bestimmt worden sind. Desweiteren müssen alle externen

oder Prozessparameter, die Anfangswerte der Zustandsgrößen und zusätzlich

die Quantifizierungen aller funktionalen Verknüpfungen zwischen den

Prozesselementen bestimmt werden.

Anschließend erfolgt das Durchrechnen des Modells über eine vorgegebene

Zeitperiode für einen vorgeschriebenen Satz von Umwelteinwirkungen,

Parametern und Anfangsbedingungen – die Simulation. Unter Umständen

sind mehrere Läufe notwendig, um das System und sein Verhalten zu

verstehen und um die richtigen Eingriffsstrategien zu entwickeln

Anschließend erfolgt die Gültigkeitsprüfung, um die Strukturgültigkeit, die

Verhaltensgültigkeit, die empirische und die Anwendungsgültigkeit zu

überprüfen. Das führt im Allgemeinen dazu, dass noch Fehler und

unbefriedigende Formulierungen gefunden werden, die Verbesserungen und

Umformulierungen von Teilen des Modells verlangen.

Reales System

Systemstudie:

Wortmodell

Wirkungsplan:

Kausaldiagramm

Simulation:

Flussdiagramm

Modelltest

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 10

Beispiel zur Modellbildung – technischer Zweig

Prozess „Mechanisches Schwingersystem“

Aufgabe: Wir betrachten eine Masse m,

die auf einer glatten Oberfläche gleiten kann.

- Die Masse ist über eine Feder mit einem

festen Punkt verbunden.

- Falls sie aus ihrer Ruheposition ausgelenkt

und dann freigelassen wird, wird die Feder die Masse zurückziehen (oder drücken).

- ZA: In Abhängigkeit von der Größe der Gleitreibung wird die Masse über den Ruhepunkt

hinausschießen, sich verlangsamen, die Richtung ändern und in dieser Weise mehrfach hin

und her schwingen, bis alle kinetische Energie durch die Gleitreibung absorbiert worden

ist.

Wortmodell:

- Wenn die Feder durch eine Anfangsauslenkung gestreckt wird, entsteht eine Federkraft,

die dieser Auslenkung entgegenwirkt.

- Die Federkraft hängt von der Federkonstante ab, d. h. der Kraft pro Auslenkung.

- Die Bewegung der Masse bewirkt außerdem eine Reibungskraft, die der Bewegung

entgegenwirkt. Wenn wir laminare Reibung für diesen Gleitvorgang annehmen, so hängt

die Dämpfungskraft vom Dämpfungsparameter, d. h. der Dämpferkraft pro

Geschwindigkeit, ab.

- Die auf die Masse einwirkende Verzögerungskraft ist die Summe der beiden Kräfte.

- Die Verzögerung der Masse ist geringer, wenn die Masse selbst größer ist.

- Je größer die Beschleunigung, umso höher wird die daraus resultierende Geschwindigkeit

der Masse sein.

- Je größer außerdem die Geschwindigkeit der Masse ist, umso größer wird wiederum die

daraus resultierende Auslenkung. Diese verursacht wiederum eine Federkraft, während die

Geschwindigkeit eine entsprechende Dämpfungskraft verursacht.

Wirkungsdiagramm:

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 11

Flussdiagramm:

ohne Dämpfung mit Dämpfung

Bemerkung:

Bei unpassenden Parameter-Einstellungen kann es zu fehlerhaften Ergebnissen kommen. Hier

zeigt sich die absolute Notwendigkeit, Simulationsergebnisse – und seien die Graphen und

Kurven auch noch so schön – genau zu interpretieren und zu überprüfen. Nur durch eine

exakte Planung der Simulation

(Integrationsverfahren, Parameter-

einstellung, auszugebende Werte, Art

der Darstellung) lassen sich verwertbare

Ergebnisse erzielen.

Der nebenstehende Graph entsteht bei

negativer Federkonstante.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 12

ohne Dämpfung

mit Dämpfung

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 13

Beispiel zur Modellbildung – nichttechnischer Zweig

Prozess „Tilgungsplan“

Aufgabe: Für ein Darlehen von D=100.000 € beträgt die jährliche

Rückzahlung(Annuität) A=6.000 €.

Darin enthalten sind der jährliche Darlehenszins von DZ=5 % auf den

jeweiligen Darlehensrest und die Tilgung T.

Erstellen Sie einen Tilgungsplan, der die jeweilige Restschuld und den

aktuellen Zinsbetrag Z angibt.

Wortmodell

Der jährliche Zinssatz und die aktuelle Darlehenssumme bestimmen die jährliche

Zinszahlung.

Die Annuität setzt sich aus der jährlichen Zinszahlung und der jährlichen Tilgung

zusammen.

Die jährliche Tilgung reduziert die aktuelle Darlehenssumme.

Wirkungsplan

Flussdiagramm

Zustandsgleichungen Darlehenneu = Darlehenalt+ dt∙(-Rückzahlung)

Parameter Annuität A = 6.000 €

Zinssatz ZS = 5,0 %

Zwischengrößen Zinsbetrag = Darlehen * Zinssatz

Tilgung = Annuität – Zinsbetrag

Anfangswert der Zustandsgröße D0 = 100.000 €

Änderung der Zustandsgröße Rückzahlung = Tilgung (pro Zeiteinheit)

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 14

1.3 Modellbildung –grundlegende Modelle

Mit Hilfe der Modellbildung lassen sich grundlegende, auf mathematischen Funktionen beruhende, natürlich vorkommende Abläufe simulieren.

Diese kann man in 5 Modelltypen unterscheiden.

Modelltyp 1 Modelltyp 2 Modelltyp 3 Modelltyp 4 Modelltyp 5

Kausal-

diagramm

A B A B C A B

A B C

A B C

Fluss-

diagramm

Modell-

gleichungen

Bt:= Bt-1 + A∙dt

A=const

Bt:= Bt-1 + A∙dt

Ct := Ct-1 + Bt∙dt

A=const

Bt:= Bt-1 + A∙dt

At := b ∙ Bt-1

Bt:= Bt-1 + At∙dt

Ct := Ct-1 + Bt∙dt

At:= – c ∙ Ct-1

At := At-1 – Bt-1∙dt

Ct := Ct-1 + Bt-1∙dt

Bt:= At ∙ Ct ∙ const

typischer

Verlauf des

Graphen

analytischer

Lösungstyp

𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑥 + 𝑏 𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑥2 + 𝑏 ∙ 𝑥 + 𝑐 𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑏𝑥 + 𝑐 𝑦 = a ∙ sin(𝑥) 𝑦 =𝑏

1 + 𝑒 𝑥−𝑐

𝑎

+ 𝑑

Fallbeispiele

Badewanne füllen,

gleichförmige Bewegung,

Ratensparen,

Mieteinnahmen, konstante

Akkumulation

gleichförmig

beschleunigte

Bewegung, freier Fall

Zinseszins, Wachstum

einer Population,

radioaktiver Zerfall

Räuber-Beute-System,

Federpendel,

elektrischer

Schwingkreis

logistisches Wachstum,

Ausbreitung einer

Krankheit

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 15

1.3 Modellbildung –grundlegende Modelle

Mit Hilfe der Modellbildung lassen sich grundlegende, auf mathematischen Funktionen beruhende, natürlich vorkommende Abläufe simulieren.

Diese kann man in 5 Modelltypen unterscheiden.

Modelltyp 1 Modelltyp 2 Modelltyp 3 Modelltyp 4 Modelltyp 5

Kausal-

diagramm

Fluss-

diagramm

Modell-

gleichungen

typischer

Verlauf des

Graphen

analytischer

Lösungstyp

Fallbeispiele

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 16

Modelltyp 1 – Additives Wachstum

Die Wachstumsgröße B (im Beispiel Population genannt)

wird durch Addition des alten Wertes der Größe B und einem

konstanten Zuwachs A berechnet.

Lineares oder additives Wachstum kann in der Natur über

einen längeren Zeitraum nicht beobachtet werden. Lediglich

für kurze Zeiträume können Wachstumsvorgänge durch

additives Wachstum angenähert werden.

SDN – Beispiel

Flussdiagramm Zeitdiagramm

Zustandsgleichungen

Population.neu = Population.alt + dt∙(Zuwachs)

Startwert Population = 0

Zuwachs = 1

Beispiele:

Badewanne füllen, gleichförmige Bewegung, Ratensparen, Mieteinnahmen, konstante

Akkumulation

A B

Bt:= Bt-1 + A∙dt

A=const

𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑥 + 𝑏

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 17

Beispiel zu Modelltyp 1

Prozess „Die gleichförmige Bewegung“

Aufgabe: Bei einer gleichförmigen

Bewegung wird der Ort in Abhängigkeit von der

konstanten Geschwindigkeit v beschrieben. Es

gilt x = v∙t. Hierbei ist die Geschwindigkeit die

Änderungsrate des zurückgelegten Weges:

𝑣 = 𝑥 =𝑑𝑥

𝑑𝑡 .

Es gilt demnach dx = v∙dt mit dx = xt – xt-1 bzw. 𝑥 = 𝑣 ∙ 𝑑𝑡𝑡

𝑡−1

Erstellen Sie das Modell „Bewegung 1“ zur Darstellung des Weges in Abhängigkeit von der

Zeit.

Wortmodell:

- Der Weg beschreibt den aktuellen Zustand (Ort) des Körpers

- Die Änderungsrate des Weges ist die Geschwindigkeit

Wirkungsdiagramm:

Flussdiagramm:

Zustandsgleichungen Wegt = Wegt-1 + dt ∙ (Geschwindigkeit)

Startwert Weg = 0

Zustandsänderungen Geschwindigkeit = 10

Zeitdiagramm

Geschwindigkeit Weg

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 18

Beispiel zu Modelltyp 1

Prozess „Erdgasverbrauch 1“

Aufgabe: Die Gesamtreserven des

Erdgasvorkommens betrugen 2007 ca.

180 Billionen m3.

Nimmt man eine konstante Förderung

von 3,0 Billionen m3 pro Jahr an, so

kann man leicht abschätzen, wie lange

der Reserven ausreichen – die

statistische Reichweite.

Erstellen Sie das Modell „Erdgasverbrauch 1“ zur Darstellung der Reserven in Abhängigkeit

von der Zeit.

Wortmodell:

-

-

Wirkungsdiagramm:

Flussdiagramm:

Zustandsgleichungen Reservent = Reservent-1 + dt ∙ (-Förderung)

Startwert Reserven = 180

Zustandsänderungen Förderung = 3,0

Zeitdiagramm

Förderung Reserven

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 19

Modelltyp 2 – Quadratisches Wachstum

Bei diesem Wachstum wird auch der Zuwachs durch eine dritte

Größe beeinflusst.

gleichförmig beschleunigte Bewegung, freier Fall

A B C

Bt:= Bt-1 + A∙dt

Ct:= Ct-1 + Bt∙dt

A=const

𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑥2 + 𝑏 ∙ 𝑥 + 𝑐

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 20

Beispiel zu Modelltyp 2

Prozess „Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung“

Aufgabe: Bei einer gleichmäßig beschleunigten

Bewegung wird der Ort in Abhängigkeit von der

Geschwindigkeit v beschrieben. Auch hier gilt: 𝑣 = 𝑥 =𝑑𝑥

𝑑𝑡

.Die Geschwindigkeit wird aber auch durch eine konstante

Beschleunigung (oder Verzögerung) beeinflusst. Es gilt

v = a∙t. Hierbei ist die Beschleunigung die Änderungsrate

der Geschwindigkeit: 𝑎 = 𝑣 =𝑑𝑣

𝑑𝑡 .

Es gilt demnach dv = a∙dt mit dv = vt – vt-1 und

dx = v∙dt mit dx = xt – xt-1 .

Erstellen Sie das Modell „Bewegung 2“ zur Darstellung des Weges in Abhängigkeit von der

Zeit.

Wortmodell:

- Der Weg beschreibt den aktuellen Zustand (Ort) des Körpers

- Die Änderungsrate des Weges ist die Geschwindigkeit

- Die Änderungsrate der Geschwindigkeit ist die Beschleunigung

Wirkungsdiagramm:

Flussdiagramm:

Zustandsgleichungen

Wegt = Wegt-1 + dt ∙ (Geschwindigkeit)

Startwert Weg = 0

Geschwindigkeitt = Geschwindigkeitt-1 + dt ∙ (Beschleunigung)

Startwert Geschwindigkeit = 0

Zustandsänderungen Wegänderungsrate = Geschwindigkeit

Beschleunigung = 1

Zeitdiagramm

Geschwindigkeit Weg Beschleunigung

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 21

Beispiel zu Modelltyp 2 (3)

Prozess „Der freie Fall mit Luftwiderstand“

Aufgabe: Der freie Fall ist ein Sonderfall der

gleichmäßig beschleunigten Bewegung. Die

Beschleunigung wird durch die Gewichtskraft des

fallenden Körpers verursacht, die durch Luftreibung

verringert wird. Für kleine Fallstrecken kann man von

einer konstanten Gewichtskraft und einer konstanten

Dichte der Luft ausgehen. Damit gilt für die Reibungskraft

FR = ½∙cw∙A∙ρL∙v2. (cw=0,78; A=0,64m

2;ρL=1,23kgm

-3).

Passen Sie das Modell „Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung“ an

und verändern Sie es dahingehend, dass es dem freien Fall (z.B. eines

Tischtennisballes) mit Einfluss des Luftwiderstandes entspricht. Passen

Sie die Parameter entsprechend an.

Wortmodell

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm

Zustandsgleichungen

v.neu<-- v.alt + dt*(dv)

Startwert v = 0 s_theoretisch.neu<-- s_theoretisch.alt + dt*(ds)

Startwert s_theoretisch = 0

Zustandsänderungen

dv = a ds = v

Konstanten Luftdichte = 1,23

m = 0,0027

g = 9,81 Widerstandsbeiwert = 0,45

Querschnittsfläche = 0,001257 (Tischtennisball d = 4,0cm)

Zwischenwerte

Gewichtskraft = m*g

Strömungswiderstandskraft = Widerstandsbeiwert*Querschnittsfläche*Luftdichte*Quadrat(v)/2

a = (Gewichtskraft-Strömungswiderstandskraft)/m

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 22

Beispiel zu Modelltyp 2

Prozess „Erdgasförderung 2“

Aufgabe: Über einen längeren

Zeitraum betrachtet ist die Annahme einer

konstanten Förderung nicht realistisch. In

den letzten 25 Jahren stieg der

Erdgasverbauch nahezu konstant um

1,5 Billionen m3.

Erstellen Sie das Modell

„Erdgasförderung 2“ zur Darstellung der Reserven in Abhängigkeit von der Zeit.

Wortmodell:

-

-

-

Wirkungsdiagramm:

Flussdiagramm:

Zustandsgleichungen

Reservent = Reservent-1 + dt ∙ (Förderung)

Startwert Reserven = 180

Förderungt = Förderungt-1 + dt ∙ (Fördermengenzuwachs)

Startwert Förderung = 3,0

Zustandsänderungen dReserven = Förderung

dFörderung = Fördermengenzuwachs = 1,5/25

Zeitdiagramm

Förderung Reserven Fördermengenzuwachs

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 23

Modelltyp 3 – Freies Wachstum – Exponentielles Wachstum

Bei dieser Art des Wachstums ist der Zuwachs selbst abhängig

von der Wachstumsgröße. Beispielsweise gilt für die

Vermehrung von Bakterien, dass auch die Zahl der Nachkommen

bei zunehmender Population ansteigt. Im einfachsten Fall ist der

Zuwachs ein Bruchteil der vorhandenen Zahl von Bakterien.

Flussdiagramm Zeitdiagramm

Zustandsgleichungen

Population.neu = Population.alt + dt∙(Zuwachs)

Startwert Population = 10

Zustandsänderungen

Zuwachs = Zuwachsrate*Population

Parameter

Zuwachsrate = 0,05

Beispiele:

Zinseszins, Wachstum einer Population, radioaktiver Zerfall

Mathematische Beschreibung

In der Analysis erfolgt die Beschreibung solcher Zusammenhänge über Differenzial-

gleichungen der Form Z‘(t) = c∙Z(t).

Die Lösung dieser Differenzialgleichung ist die Exponentialfunktion𝑍 𝑡 = 𝑍0 ∙ 𝑒 𝑐∙𝑡 .

(vgl.: Mathematik 13.6 Gewöhnliche Differentialgleichungen)

Daher heißt dieser Wachstumstyp "Exponentielles Wachstum".

In der Modellbildung werden solche Differentialgleichungen nicht algebraisch-analytisch

gelöst, sondern numerisch (vgl. die Rechenverfahren nach "Euler-Cauchy" und "Runge-

Kutta"), denn für die meisten Differentialgleichungen gibt es keine "geschlossenen"

Lösungen.

Modelltyp 3

A B

Bt:= Bt-1 + A∙dt

At := b ∙ Bt-1

𝑦 = 𝑎 ∙ 𝑏𝑥 + 𝑐

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 24

Beispiele zu Modelltyp 3

1. Prozess „Kernzerfall“

Schauen Sie sich diesen Prozess hinsichtlich Flussdiagramm und Zustandsgleichungen

an und vergleichen Sie diese mit dem einführenden Beispiel.

2. Prozess „Der freie Fall mit Luftwiderstand“

Für welche Größe ist der Modelltyp 3 anwendbar? Stellen Sie diese Größe im

Zeitdiagramm dar.

3. Prozess „Abkühlen einer Tasse Tee“

Aufgabe: Die Temperatur einer heißen Tasse Tee nimmt im Laufe der Zeit ab.

Der Vorgang läuft aber nicht linear ab. Die Abkühlung erfolgt um so schneller, je

größer die Temperaturdifferenz zur Umgebungstemperatur ist (und wird durch die

Tasseneigenschaft – Leitfähigkeit des Materials bestimmt).

Erstellen Sie ein geeignetes Modell (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

4. Prozess „Entladen eines Kondensators“

Aufgabe: Ein Kondensator wird über einen ohmschen Widerstand entladen.

Dabei nimmt die Ladung auf den Kondensatorplatten ab, da ein Strom 𝐼 =𝑈

𝑅 fließt. Es

gilt 𝐼 =𝑑𝑄

𝑑𝑡und 𝑈 =

𝑄

𝐶. (Parameter: C = 4∙10

-6F; R = 10 kΩ; Q = 4,8∙10

-5C)

Erstellen Sie ein geeignetes Modell (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

5. Prozess „Aufladen eines Kondensators“

Aufgabe: Ein Kondensator wird über einen Widerstand R durch eine

Spannungsquelle U0 aufgeladen. In dieser Reihenschaltung gilt: U0 = UR + UC. Die

Stromstärke wird durch den ohmschen Widerstand bestimmt.

(Parameter: C = 4∙10-6

F; R = 100 kΩ; U0 =12 V)

Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Ladung Q und Stromstärke I während des

Ladevorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

6. Prozess „Einschalten einer Spule“

Aufgabe: Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Stromstärke I während des

Einschaltvorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

(Parameter: L = 50 H; R = 1000 Ω; U0 =10 V)

Finden Sie selbstständig die physikalischen Gleichungen, die diesem Vorgang zu

Grunde liegen.

7. Prozess „Ausschalten einer Spule“

Aufgabe: Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Stromstärke I während des

Ausschaltvorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

(Parameter: L = 5 H; R = 100 Ω)

Finden Sie selbstständig die physikalischen Gleichungen, die diesem Vorgang zu

Grunde liegen.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 25

Das Euler-Cauchy-Verfahren (aus „http://www.kohorst-lemgo.de/modell/euler.htm“)

Aufgabe:

Von einer Zustandsgröße Z seien bekannt:

der aktuelle Wert Z(t0) zum Zeitpunkt t0, d.h. anschaulich: ein Punkt A(t0;Z(t0)).

eine Differentialgleichung Z'(t) = f(t;Z(t)) für die momentane Änderungsrate Z'(t)

bzw. für die Steigung m = m(t) = Z'(t) zu einem beliebigen Zeitpunkt t .

Gesucht ist nun ein Prognosewert P(t0 + dt) für den leider unbekannten tatsächlichen

Wert Z(t0 + dt) nach einer gewissen Zeitspanne dt.

Verfahren - Lineare Fortsetzung von Z mit der Tangentenfunktion P

Aus den obigen Angaben (Punkt A und Steigung

m = m(t0) im Punkt A ) lässt sich mit Hilfe des

Steigungsdreiecks eine lineare Funktion P ermitteln,

denn es ist (vgl. Skizze):

m t0 =dP

dt=

P t0+dt −P(t0)

dt bzw.

P t0 + dt = P t0 + m t0 dt

Diese lineare Funktion P lässt sich interpretieren als "Lineare Fortsetzung" der Funktion Z

vom Zeitpunkt t0 bis zum Zeitpunkt t0+dt.

Mathematisch ausgedrückt:

Die Prognose-Funktion P ist die Tangentenfunktion zur (differenzierbaren) Funktion Z im

Zeitpunkt t0.

In all den Fällen, in denen der Graph von Z im

betrachteten Zeitintervall dt nur wenig von einer

Geraden abweicht, stellt der nach dem obigen Euler-

Cauchy-Verfahren ermittelte Wert P(t0+dt) einen

brauchbaren Prognosewert für den vorherzusagenden

Wert Z(t0+dt) dar, denn in diesen Fällen gilt:

Z(t0+dt) ≈ P(t0+dt)

Der zugehörige Punkt B(t0+dt;P(t0+dt) wird als der gesuchte "nächste" Kurvenpunkt

prognostiziert und dient als Startpunkt für den nächsten Euler-Cauchy-Iterationsschritt.

Wie sich die Funktion Z bzw. ihr Graph allerdings zwischen den Punkten A und B genau

verhält, bleibt unbekannt und könnte nur durch eine Verfeinerung der Schrittweite

näherungsweise ermittelt werden; dadurch würde sich jedoch auch der Prognosepunkt B

ändern.

... manchmal aber auch nicht ...

Unglücklicherweise braucht die fragliche Funktion Z

natürlich im betrachteten Zeitintervall dt nicht

annähernd linear zu sein (vgl. Skizze).

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 26

Beispiel nach Euler-Cauchy

Das folgende konkrete Beispiel zeigt, wie schnell das Euler-Cauchy-Verfahren durch den

Verfahrensfehler zu im Grunde unbrauchbaren Prognosewerten führen kann.

Gegeben sei die

DifferentialgleichungZ'(t) = Z(t) + t - 1 mit

Anfangswert Z(0) = 1.

Die hier zur Verdeutlichung gewählte

Schrittweite dt=0,25 ist allerdings untypisch

groß - üblich wäre etwa dt=0,1 mit spürbarem

Genauigkeitsgewinn.

Prognose nach Euler-Cauchy:

m(0) = Z'(0) = Z(0) + 0 - 1 = 1-1 = 0

Z(0,25) = Z(0)+m(0)dt = 1 + 0 = 1

m(0,25) = Z'(0,25) = 0,25

Z(0,5)=Z(0,25)+m(0,25)dt=1,0625

m(0,5) = Z'(0,5) = 0,5625

Z(0,75)=Z(0,5)+m(0,5)dt=1,203125

m(0,75) = Z'(0,75) = 0,953125

Z(1)=Z(0,75)+m(0,75)dt=1,4414...,

und damit weicht der "Euler-Cauchy-

Prognosewert" nach nur 4 Schritten bereits um

ca. 0,28 vom exakten Wert ab (gemessen an

der tatsächlichen Zunahme beträgt die

Wachstums- Fehlerquote also bereits ca. 39%).

Verfahrensfehler/Rundungsfehler Man versuchtdurch eine Verkleinerung der

Schrittweite bzw. des Zeitintervalls dt zu vermindern. Dieser Verfahrensfehler wird zwar

umso kleiner, je kleiner die Schrittweite dt gewählt wird, andererseits führt aber die

Verkleinerung von dt zu einem höheren Rechenaufwand, und damit nimmt die Gefahr von

spürbaren Rundungsfehlern erheblich zu, denn Computer rechnen bekanntlich nur mit einer

endlichen Stellenzahl. Dies gilt in besonderem Maße für periodische Abläufe, so dass hier

leicht der Eindruck eines chaotischen Verhaltens entstehen kann.

Insgesamt ist festzustellen, dass sich der Gesamtfehler beim Euler-Cauchy-Verfahren bei

jeder festen Schrittweite dt mit zunehmender Schrittanzahl n sehr schnell spürbar vergrößern

kann. Wegen der Größenordnung des Fehlers und der damit einhergehenden schnellen

Fehlervergrößerung wendet man bei kontinuierlichen Systemen nicht das Euler-Cauchy-

Verfahren, sondern das Runge-Kutta-Verfahren (in der Regel 4.Odnung) an.

Exakte analytische Berechnung

Das gegebene Anfangswertproblemhat die

LösungsfunktionZ(t) = et - t , also ist der

exakte Funktionswert

Z(1) = e - 1 = 1,71828...

Graphische Darstellung des(einfachen)

Euler-Cauchy-Verfahrensmit eingetragener

Lösungsfunktion

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 27

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 28

Das Runge-Kutta Verfahren (aushttp://www.kohorst-lemgo.de/modell/runge.htm)

Aufgabe:

Von einer Zustandsgröße Z seien bekannt:

der aktuelle Wert Z(t0) zum Zeitpunkt t0, d.h. anschaulich: ein Punkt A(t0;Z(t0)).

eine Differentialgleichung Z'(t) = f(t;Z(t)) für die momentane Änderungsrate Z'(t) bzw. für

die Steigung m = m(t) = Z'(t) zu einem beliebigen Zeitpunkt t .

Gesucht ist nun ein Prognosewert P(t0 + dt) für den leider unbekannten tatsächlichen Wert Z(t0 +

dt) nach einer gewissen Zeitspanne dt.

Verfahren –Verbesserung des Euler-Cauchy-Verfahrens

Aus den obigen Angaben (Punkt A und Steigung m = m(t0)

im Punkt A ) lässt sich mit Hilfe des Steigungsdreiecks eine

lineare Funktion P ermitteln, , deren Wert P(t0+dt) nach

dem Euler-Cauchy-Verfahren als Prognosewert für Z(t0+dt)

dient.

Aufbauend auf dem Euler-Cauchy-Verfahren kann man - so

Runge-Kutta - den gesuchten Prognosewert nur dadurch grundsätzlich verbessern, dass man den für

die lineare Fortschreibung Z(to+dt) = Z(to) + m(to)*dt benutzten Steigungswert m nicht nur aus der

anfänglichen Steigung Z'(to) bestimmt, sondern von dem (mittels der gegebenen Differentialgleichung

bekannten) weiteren Steigungsverhalten der Funktion Z abhängig macht, indem man zunächst mit

einer gewissen Teil-Schrittweite "Hilfsprognosen" erstellt und schließlich die dabei gewonnenen

"Hilfssteigungen" passend mittelt.

Das Runge-Kutta-Verfahren 4.Ordnung verwendet dabei "Halbschritte" im Zeitintervall dt und

gewinnt dadurch 4 "Hilfssteigungen" m1, m2, m3, m4, deren gewichtetes arithmetisches Mittel m = 1/6*(m1+2m2+2m3+m4) dann die zur linearen Fortsetzung der Funktion Z benutzte Steigung

darstellt. Durch die doppelte Gewichtung der beiden "mittleren Hilfssteigungen" m2 und m3 wird

dabei i.A. ein durchaus spürbarer zusätzlicher Genauigkeitsgewinn erzielt.

Beispiel nach Runge-Kutta (verbessertes Euler-Cauchy)

Gegeben sei die Differentialgleichung Z'(t) = Z(t) + t - 1 mit Anfangswert Z(0) = 1 und gewählten

(untypisch großen) Schrittweite dt=1.

Mit m1=Z'(to) als 1. Hilfssteigung wird zunächst ein "Euler-

Halbschritt" gemacht. Dadurch erhält man einen

1. Prognosehilfswert Z1 = Z(to) + m1*0,5dt.

m1 = Z'(0) = Z(0)+0-1 = 0

Z1 = Z(0)+m1*0,5dt = 1+0*0,5 = 1

Punkt P1(to+0,5dt;Z1) sei ein Punkt des Graphen der gesuchten

Funktion Z, und errechnet die zugehörige Steigung als 2.

Hilfssteigung m2 = f ( to+ 0,5dt ; Z1 ).

m2 = Z'(0+0,5dt) = Z1+(0+0,5dt)-1 = 0,5

Mit dieser Hilfssteigung m2 führt man nun den ersten "Euler-

Halbschritt" erneut durch und erhält daraus einen

2. Prognosehilfswert Z2 = Z(to) + m2*0,5dt.

Z2 = Z(0)+m2*0,5dt = 1+0,5*0,5 = 1,25

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 29

Wieder unterstellt man, der Punkt P2(to+0,5dt;Z2) sei ein Punkt

des Graphen der gesuchten Funktion Z,und errechnet durch

Einsetzen des Punktes P2 in die gegebene Differentialgleichung die

zugehörige Steigung als

3. Hilfssteigung m3 = f ( to+ 0,5dt ; Z2 ).

m3 = Z'(0+0,5dt)=Z2+(0+0,5dt)-1 = 0,75

Mit dieser Hilfssteigung m3 führt man nun einen ganzen "Euler-

Schritt" durch und erhält einen

3. Prognosehilfswert Z3 = Z(to) + m3*dt

Z3 = Z(0)+m3*dt = 1+0,75*1 = 1,75

sowie - wieder durch Einsetzen des als Kurvenpunkt interpretierten

Punktes P3(to+dt;Z3) in die gegebene Differentialgleichung - die

zugehörige Steigung als

4. Hilfssteigung m4 = f ( to+ dt ; Z3 ).

m4 = Z'(0+dt) = Z3+(0+dt)-1 = 1,75

Aus den so berechneten 4 Hilfssteigungen m1,m2,m3,m4 wird nun

das gewichtete arithmetische Mittel

m = 1/6*( m1+2m2+2m3+m4 )

berechnet, das dann als Prognosesteigung bei der linearen

Fortsetzung der Funktion Z benutzt wird.

m = 1/6*(m1+2m2+2m3+m4) = 0,70833...

Man erhält so beim

Runge-Kutta-Verfahren 4.Ordnung den

Prognosewert Z(to+dt) = Z(to) + m * dt.

Der zugehörige Punkt B( to+dt ; Z(to+dt ) wird als der

gesuchte "nächste" Kurvenpunkt prognostiziert und dient als

Startpunkt für den nächsten Runge-Kutta-Iterationsschritt.

also ist der "Runge-Kutta-Prognosewert"

Z(1) = Z(0+dt)=Z(0)+m*dt=1+m= 1,70833...

Wie sich die Funktion Z bzw. ihr Graph allerdings zwischen den

Punkten A und B genau verhält, bleibt unbekannt.

Fehlerüberlagerung Die Theorie lehrt, dass (für dt< 1)

dieser Verfahrensfehler bei Verwendung des Euler-Cauchy-

Verfahrens von der Größenordnung (dt)2, beim Runge-Kutta-

Verfahren dagegen lediglich von der Größenordnung (dt)5 ist.

Man kann also Fehler prinzipiell nicht vermeiden, und es bleibt

obendrein unklar, in welcher Weise Verfahrens- und Rechen-

bzw. Rundungsfehler den Gesamtfehler vergrößernd oder

verkleinernd beeinflussen. Es ist vielmehr durchaus möglich,

dass sich die Fehler bis zu ersichtlich unsinnigen

Rechenergebnissen verstärken. Dies gilt in besonderem Maße

für periodische Abläufe, so dass hier leicht derEindruck eines

chaotischen Verhaltens entstehen kann, obwohl dieses in der

Realität gar nicht vorliegt.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 30

Prozess „Aufladen eines Kondensators“

Aufgabe: Ein Kondensator wird über einen Widerstand R durch eine Spannungsquelle

U0 aufgeladen. In dieser Reihenschaltung gilt: U0 = UR + UC. Die Stromstärke wird

durch den ohmschen Widerstand bestimmt.

(Parameter: C = 4∙10-6

F; R = 100 kΩ; U0 =12 V)

Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Ladung Q und Stromstärke I während des

Ladevorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

Wortmodell Die Ladung beschreibt den Zustand des Kondensators.

Die Änderungsrate ist der Stromfluss.

Der Stromfluss wird durch die Spannung URbestimmt:I = UR/R

Die Spannung UR ergibt sich nach UR = U0- UC

Die Spannung UC wird durch die Ladung und Kapazität bestimmt: Q/C

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm

Zustandsgleichungen

Ladung Strom

Spannung UR Kapazität Widerstand

Ladung

dQ

R UC C

UR

Spannung UC

Spannung U0

U0

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 31

Prozess „Entladen eines Kondensators“

Aufgabe: Ein Kondensator wird über einen ohmschen Widerstand entladen. Dabei

nimmt die Ladung auf den Kondensatorplatten ab, da ein Strom 𝐼 =𝑈

𝑅 fließt.

Es gilt 𝐼 =𝑑𝑄

𝑑𝑡und 𝑈 =

𝑄

𝐶.

(Parameter: C = 4∙10-6

F; R = 10 kΩ; Q = 4,8∙10- 5

C)

Erstellen Sie ein geeignetes Modell (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

Wortmodell Die Ladung beschreibt den Zustand des Kondensators.

Die Änderungsrate ist der Stromfluss.

Der Stromfluss wird durch die Spannung U = Q/C und den Widerstand R nach

I = U/R bestimmt.

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm

Zustandsgleichungen

Ladung t = Ladung t-1 + (-dQ)*dt

Startwert Ladung = 4,8E-5

Zustandsänderung dQ = I = U/R

Parameter C = 4E-6

R = 10000

Zwischenwerte U = Ladung/C

Hinweis: Endzeit 0,5 Zeitintervall dt = 0,005

Ladung Strom

Spannung

Kapazität

Widerstand

Ladung

dQ

R

U C

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 32

Prozess „Einschalten einer Spule“

Aufgabe: Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Stromstärke I während des

Einschaltvorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

(Parameter: L = 50 H; R = 1000 Ω; U0 =10 V)

Finden Sie selbstständig die physikalischen Gleichungen, die diesem Vorgang

zu Grunde liegen.

Wortmodell Der Strom durch die Spule beschreibt den Zustand der Spule (Energieinhalt).

Die Änderungsrate ist wird durch die Spannung an der Spule und die

Induktivität bestimmt.

Die Spannung an der Spule lässt sich aus U0 und UR = R*I ermitteln

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm Zustandsgleichungen

Strom dI

Spannung UL Induktivität Spannung UR

Spannung U0

Widerstand R

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 33

Prozess „Ausschalten einer Spule“

Aufgabe: Erstellen Sie ein geeignetes Modell für die Stromstärke I während des

Ausschaltvorganges (Flussdiagramm, Zustandsgleichungen …).

(Parameter: L = 5 H; R = 100 Ω)

Finden Sie selbstständig die physikalischen Gleichungen, die diesem Vorgang

zu Grunde liegen.

Wortmodell Der Strom beschreibt den Zustand der Spule (Energieinhalt).

Die Änderungsrate des Stromes wird durch Spannung und Induktivität

bestimmt.

Die Spannung U ist vom Widerstand R und dem Stromfluss U = R*I abhängig.

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm/Zustandsgleichungen

Strom dI

Spannung Widerstand Induktivität

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 34

Modelltyp 4 – Schwingende Systeme

Dieser Modelltyp ähnelt Modelltyp 2. Jedoch erfolgt eine

Rückkoppelung von C auf A. Damit die Anordnung schwingen

kann, muss die Rückkoppelung natürlich negativ (A = -C) sein.

Negative Rückkoppelungen (Umkehrung des Wirkungssinns) sind

die Grundlage aller Regelungen.

Merke: • positive Rückkopplungen: gleiche Beziehungen:

- je mehr, desto mehr bzw. je weniger, desto weniger

- nur positive Beziehungen: Aufschaukeln

• negative Rückkopplungen: ungleiche Beziehungen:

- je mehr, desto weniger bzw. je weniger, desto mehr

- ungerade Zahl von negativen Rückkopplungen: Regelkreis

Ergebnis ist ein harmonischer Schwinger, wenn als Integrations-

verfahren Runge-Kutta gewählt wurde. Stellt man stattdessen Euler

als Integrationsverfahren ein, ergibt sich ein Aufschaukeln der

Schwingung. Dieses Aufschaukeln ist nur auf die Integrationsfehler

zurückzuführen, denn dass dieses Modell eine harmonische

Schwingung ergeben muss, dürfte einleuchten.

Flussdiagramm Zeitdiagramm

Zustandsgleichungen Phasendiagramm

Modelltyp 4

A B C

Bt:= Bt-1 + At∙dt

Ct:= Ct-1 + Bt∙dt

At:= – c ∙ Ct-1

𝑦 = a ∙ sin(𝑥)

Räuber-Beute-System,

Federpendel,

elektrischer

Schwingkreis

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 35

Führen wir eine weitere Rückkoppelung von B auf A ein, stellt das Modell eine gedämpfte

Schwingung dar.

Flussdiagramm Zeitdiagramm

Zustandsgleichungen Phasendiagramm

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 36

Beispiele zu Modelltyp 4

1. Prozess „Federschwinger“

Die Differentialgleichung der freien ungedämpften Schwingung lautet:

𝑚 ∙ 𝑥 𝑡 + 𝐷 ∙ 𝑥 𝑡 = 0 bzw. 𝑚 ∙ 𝑥 𝑡 = −𝐷 ∙ 𝑥 𝑡

Die Differentialgleichung der freien gedämpften Schwingung lautet:

𝑚 ∙ 𝑥 𝑡 + 𝑘 ∙ 𝑥 𝑡 + 𝐷 ∙ 𝑥 𝑡 = 0 bzw. 𝑚 ∙ 𝑥 𝑡 = − 𝑘 ∙ 𝑥 𝑡 + 𝐷 ∙ 𝑥 𝑡

Vergleichen Sie die Differentialgleichungen mit den Zustandsgleichungen.

2. Prozess „Das Fadenpendel“

Erstellen Sie für dasFadenpendel ein geeignetes Modell.

3. Prozess „Der elektromagnetische Schwingkreis“

Erstellen Sie für den elektromagnetischen Schwingkreis ein geeignetes Modell.

I. Wir beginnen beim Kondensator: Sein Zustand ist durch die Ladung gekennzeichnet. Daher

wird Q unsere erste Zustandsgröße. Vom Kondensator fließt Ladung ab. Zu beachten ist, dass

es sich hierbei immer um die erste Ableitung handelt.

II. Ladung und Kapazität des Kondensators bestimmen die Spannung am Kondensator UC.

III. Die erste Ableitung der Ladung nach der Zeit ist die Stromstärke I. Zur besseren Darstellung

im Diagramm rechnen wir diese noch in Milliampere um. Da deren erste Ableitung ebenfalls

eine Rolle spielt, ist auch das eine Zustandsgröße (Rechteck).

IV. Der Stromfluss führt zu einem Spannungsabfall am Widerstand. Wie groß UR ist hängt auch

vom elektrischen Widerstand R ab.

V. Die Differenz von UR und UC ist UL: Die Spannung an der Spule.

VI. Diese Spannung ist eine Induktionsspannung, die zusammen mit der Induktivität der Spule für

eine mehr oder weniger schnelle Änderung der Stromstärke sorgt. Beachten Sie, dass es sich

dabei um einen Zuwachs handelt.

VII. Startwert: Q = 4*10-5

C

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 37

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 38

Prozess „Elektromagnetischer Schwingkreis“

Aufgabe: Erstellen Sie für den elektromagnetischen Schwingkreis ein geeignetes Modell.

Wortmodell Der Strom beschreibt den Zustand der Spule (Energieinhalt). Die Ladung

beschreibt den Zustand des Kondensators (Energieinhalt). Die Änderungsrate

des Stromes wird durch die Induktivität und die Spannung an der Spule

bestimmt. Die Spannung der Spule ist gleich der Kondensatorspannung. Die

Spannung am Kondensator wird durch dessen Ladung und Kapazität bestimmt.

Wirkungsdiagramm

Flussdiagramm/Zustandsgleichungen

Zeitdiagramm

Strom dI

Spannung UC

Spannung UR

Induktivität

Ladung

Spannung UL

Kapazität Widerstand

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 39

Modelltyp 5 – Schwingende Systeme

Mit Hilfe des Modelltyps 5 lassen sich logistische

Wachstumsvorgänge darstellen – Wachstumsvorgänge, die nicht

exponentiell gegen Unendlich wachsen, sondern sich asymptotisch

einem Endwert annähern.

Folgende Gleichung stellt die Lösung für eine solche s-förmige

Kurve dar:

f x =b

1+e(x-c)

a

+d

Dabei haben die Parameter folgende Wirkungen:

Horizontale Dehnung a > 1

Horizontale Stauchung 0 < a < 1

Spiegelung an der y-Achse a = -1

Vertikale Dehnung b > 1

Vertikale Stauchung 0 < b < 1

Spiegelung an der x-Achse b = -1

Verschiebung nach rechts / links c > 0 / c < 0

Verschiebung nach oben / unten d > 0 / d < 0

Beispiele für diesen Modelltyp sind alle logistischen Wachstumsvorgänge, Ausbreitung einer

Krankheit oder auch das Verhalten von Regelstrecken höherer Ordnung.

Mit diesem Modelltyp ließe sich ein einfaches Modell für die Ausbreitung von Krankheiten

entwickeln. Zustand A sollen die Gesunden, Zustand C die Kranken darstellen. Die

Änderungsrate B soll die Infektionen, beeinflusst durch die Zahl der Kranken und die Zahl

der Gesunden, abbilden. Im einfachsten Fall wären nach Ablauf der Simulation aus allen

Gesunden Kranke geworden.

Beispiel 1

Modelltyp 5

A B C

At := At-1 – Bt-1∙dt

Ct := Ct-1 + Bt-1∙dt

Bt:= At ∙ Ct ∙ const

y=b

1+e x-c

a

+d

logistisches Wachstum,

Ausbreitung einer

Krankheit

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 40

Beispiel 2: Darstellung von Ansteckungsvorgängen (Krankheiten) in abgeschlossenen

Populationen

Beschreibung: Der angesteckte Teil einer Population hat Kontakte mit dem noch nicht

angesteckten Teil. Die Infektionsrate hängt von der Zahl der Infizierten, der Zahl der noch

Infizierbaren, der Häufigkeit von Kontakten und der Zahl der Infektionen pro Kontakt ab. Bei

einem Teil der Kontakte erfolgt Ansteckung, die den noch nicht angesteckten

Bevölkerungsteil entsprechend verringern, bis schließlich alle potentiell Infizierbaren erreicht

worden sind.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 41

1.4 Nachweis der Modellgültigkeit

Ob ein Modell richtig ist, lässt sich im Allgemeinen nicht beweisen. Bestenfalls lässt sich die

Gültigkeit des Modells für den vorgegebenen Zweck nachweisen. Die Gültigkeit hat in

diesem Zusammenhang vier verschiedene Aspekte, die jeweils verschiedene

Gültigkeitsprüfungen verlangen.

Strukturgültigkeit:

Um die Strukturgültigkeit nachzuweisen, muss gezeigt werden, dass die Struktur des Modells

den Strukturbeziehungen des realen Prozesses entspricht und dass die Strukturbeziehungen,

die für den Zweck der Prozessstudie Bedeutung haben, tatsächlich auch im Modell vorhanden

sind.

Verhaltensgültigkeit:

Um Verhaltensgültigkeit nachzuweisen, muss gezeigt werden, dass für die gesamte Menge

der möglichen Anfangsbedingungen und Umwelt-einflüsse, die im realen Prozess anzutreffen

sind, der Modellprozess das gleiche dynamische Verhalten wie der reale Prozess erzeugt.

Empirische Gültigkeit:

Um empirische Gültigkeit nachzuweisen, müssen die empirischen oder logischen Ergebnisse

über das relevante Verhaltensspektrum des Modells mit den empirischen Daten des realen

Prozesses verglichen werden und mit diesen weitgehend übereinstimmen. Wo empirische

Daten nicht verfügbar sind, müssen die Modellergebnisse mindestens auf Plausibilität und

Konsistenz überprüft werden.

Anwendungsgültigkeit:

Um Anwendungsgültigkeit nachzuweisen, muss gezeigt werden, dass die Modelldarstellung

dem Zweck der Prozessstudie entspricht und dass das Modell die Art von Informationen

erzeugen kann, die von ihm erwartet wird.

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 42

Grundlegende Modelltypen

Kausaldiagramm

Flussdiagramm

Modellgleichungen

typischer Verlauf des Graphen

Fallbeispiele

Darstellung in einer Matrix Vermittlung eines ersten Gespürs für

kausale Zusammenhänge

Schritte der Modellbildung

reales System beobachten und analysieren

Problembeschreibung

Wortmodell

Wirkungsplan

Flussdiagramm

Simulation erstellen

Modelltest

Kausaldiagramm, dimensionale Analyse

je nach verwendetem Programm mit unterschiedlichen Notationen

Verifikation, evtl. Modellverbesserung

Simulation durch Anwendungssoftware

z. B. Boris, PowerSim, Dynasys, Stella,

ithink, Vensim, …

Modellbildung, Anwendung

Planung der Vorgehensweise

Recherche und Beschaffung von Daten

Erstellung des Modells Dokumentation, Präsentation und Bewertung der

Ergebnisse

Gültigkeitsprüfung

Strukturgültigkeit

Verhaltensgültigkeit

empirische Gültigkeit

Anwendungsgültigkeit

Planung eines umfangreicheren Vorhabens

Modelle aus der Physik (schiefer Wurf mit

und ohne Berücksichtigung der Luftreibung) nichttechnische Modelle (Bevölkerungsentwicklung

o. ä.)

Erstellung von Modellen je nach Simulationsprogramm Einsatz in anderen Klassen und Jahrgangsstufen

im Unterricht

MODUL: Grundlagen der Modellbildung 43

Quellennachweis

Wolfgang Eiden, Markus Heidenreich: Modellierung und Simulation dynamischer Systeme

mit DYNASYS-Anwendungsbeispielen; Februar 1999